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B e r icht der

nationalräthlichen Kommission die Verfassung von Obwalden betreffend.

(Vom 18. Dezember 1867.)

Tit. l Landammann und Regierungsrath des Kantons Unterwalden ol..

den. Wald suchen mit Eingabe vom 28. Rovember l. J. bei den Bnndesbehörden die Gewährleistung der von der Landsgemeinde am 27. Oktober 1867 angenommenen neuen Verfassung nach. Rach Art. 6 der Bundesverfassung übernimmt der Bund diese Gewährleistung, wenn die betreffende Verfassung ... die Ausübung der politischen Rechte nach republikanischen. Formen sichert, b. vom Volke angenommen worden ist und aus Verlangen der absoluten Mehrheit der Bürger revidirt werden kann, und c. nichts den Vorschristen der Bundesverfassung Zuwiderlaufendes enthält.

Es unterliegt keinem Zweifel, dass die beiden ersten Bedingungen

durch die vorliegende Verfassung vollständig erfüllt sind , da das Volk dieses Halbkantons alle seine politischen Rechte theils in den UrverSammlungen, theils in der Landsgemeinde ausübt und die Frage über Revision der Verfassung aus Verlaugen pon 500 stimmfähigen Bürgern jederzeit der Abstimmung der Landsgemeinde vorgelegt werden muss.

100 Die neue Verfassung enthält auch keine solche Bestimmungen, welche eine Verweigerung der eidgenossischen Garantie sur ^ die Verfassung selbst begründen konnten, wohl aber einige Vunkte, deren Be^ deutuug und Tragweite sur das eidgenossische Recht durch entsprechende ausdrükliche Erklärungen und Vorbehalte näher festzustellen ist : 1) Die Art. 26 und 79, hu. h, sprechen von Bürgern, welche kein Gemeindebürgerrecht be^en. Rach den Bestimmungen des Bundesgesezes über die Heimatlosigkeit soll aber diese Klasse von Bürgern, wenn sie nicht schon vollständig verschwunden ist, ganz in der Gesammt..

heit der vollberechtigten Bürger ausgehen , und erscheint es demnach unangemessen , in einem Grundgeseze von unbeschränkter Dauer von dieser Bürgerklasse zu sprechen. Diese Bestimmungen hindern nun aber den Vollzug des bezeichneten Bundesgesezes nicht und es genügt, wenn der Bundesrath den Thatbestand eruirt und aus dem Voll^i.ehungswege die uothigen Anordnungen trisst.

2) Der Art. .^5 scheint seinem Wortlaute naeh die s ä m m t l i c h e n

K a n t o n s b ü r g e r ohne Rüksicht aus ihr Ausdomizil im Heimath-

kantone wehrpflichtig zu erklären , während die in andern Kantonen niedergelassenen ^bwaldner nach. der eidgenossischen Militärorganisation

in ihren resp. Riederlassungsorten die Militärpflicht zu erfüllen haben.

Obwohl nun die gleiche Bestimmung schon in der Verfassung vou 1850 sich findet und damals uieht beanstandet wurde, und obwohl seit 1850 von Obwalden der eidgenossischen Militärorganisation nachgelebt worden ist , es sieh demnach allem Anscheine naeh nur um eine mangelhaste Redaktion des betreffenden Artikels handelt , so findet es Jhre Kom^.

mission doch angemessen, mit der bundesräthliehen Botsehast die Geltung

der eidgenossischen Militärgesezgebung ausdrüklich vorzubehalten.

3) Der Art. 32 macht seiner wortlichen ^assnug nach die .^tiu.u.und Wahlfähigkeit auch in eidgenössischen Angelegenheiten von dem Erwerbe der N i e d e r l a s s u n g abhängig, während die eidgenossisehe

Verfassung und Gesetzgebung, speziell die Art. 42 und 63 der ersteru, nur die Requisite des 20. Altersjahres und der al^tivbürgerrechtlichen Eigeusehasten ausstellt , somit auch die sogenannten Ausenthalter stimm-

und wahlfähig u.aeht. Es darf zwar mit Rüksicht ans den Art. 44,

welcher bei der Abstimmung über Revision der Bnndesversassnug der Ausenthalter ansdrüklich erwähnt, und daraus, dass die gleiche Bestimmung st^h auch in der 1850ger Versassung vorfindet, ohne dass sie damals augefochten worden wäre oder zu Klagen uber Ver^ümmeruug von Stim^n- und Wahlberechtigung Stosf geboten hätte, angenommen werden , dass auch hier nur ein Redaktionsversehen vorliege . allein es rechtfertigt sieh dennoch aueh hier, uach dem Antrage des Bnndesrathes .

die Buudesgesezgebung zu verwahren.

l 0l 4) Die Art. 33 und 6..) verlangen zur Stimmsähigkeit in SchulAngelegenheiten nebst den allgemeinen Requisiten unbedingt die k a t h o l i s c h e Konsession. Zugleich erklärt aber der Art. 26 alle in einer Gemeinde wohnhaften .^rtsbürger und die Niedergelassenen ohne Unterschied des Religionsbekenntnisses für schulsteuerpslichtig, sosern die Kinder der verschiedeneu Konsessionen die gleiche Schule besuchen.

Diese Bestimmung statuirt nun aber eine Ungleichheit der Bürger vor dem Geseze, welche nicht zugelassen werden kann, und es n.uss darum von. Standpunkte des Buudesrechtes aus, in Uebereinstimmnng mit der bundesräthlichen Botschast, verlangt werden , dass die betreffende Ver^ fassungsbestimmung nur in.. Sinne der Gleichberechtigung angewendet werde.

Die ständeräthliche .kommission hat auch noch den Art. 8. 29 Schlusssaz und den Schlusssaz des zweiten Alinea im Art. 33 erortert und sich gefragt , ob nicht im ersten eine Art von Ausnahmsgerichten auf-

gestellt, im zweiten bundeswidrige Zugrechtsstreitigkeiten reaktipirt und

im lezten Beschränkung der religiosen Freiheit eiugesührt werden wollen.

Allein es bieten diese Bestimmungen keinerlei ernstliche Bedenken dar.

Die Ausstellung von Schiedsgerichten in Zivilsachen und die Znschei^

dung einer Strafkompetenz an ..Ortsbehorden.^ gegenüber von Freveln .gegen Korporationsgüter kann ofsenbar nicht als Schonung von A u s n a h m s g e r i c h t e n angesehen werden, der Art. 29 bestimmt im Allgemeinen nur den Gerichtsstand sür Zugrechtsstreitigkeiten , woruuter keineswegs die im Art. 51 der Bundesverfassuug abolirten .,Zugreehte vou Bürgeru verschiedener Kantone^ gegen einander zu verstehen sind, und der Art. 33 behält in dem bezeichneten Alinea dem Staate nur das Recht por , eine sieh bildende protestantische Gemeinde als K o r p or a t i o n anzuerkennen, was mit der in Art. 44 der Bundesverfassung garantirle.. Religionsfreiheit um so weuiger ^.sammenfäl.... , als der Art. 3, zweiter Saz der vorliegenden Versafsung, den ..anerkannt christlichen Konfessionen die freie Ausübung des Gottesdienstes^ nach dem angeführten Artikel der Bundesperfassung ,,garautirt^.

Es kann demuach über diese Bunkte um so .eher hinweggegangen werden, als auch die ständeräthliehe Kommission keiue diessfälligen Anträge sormulirt hat.

Es wird in der vorliegenden Verfassung wiederholt der Rechte uud der Billigkeit, den ortlichen Uebungen un.^ Gewohnheiten gerufen. .^b^

wohl diese Ausdrüke zieu.lich elastisch sind und über deren rechtliche Trag-

weite keinerlei Anhaltspuukte zur Beurtheilung vorliege., so will Jhre Kommission doch auch darüber hinweggehen, indem sie es sür selbstverständlich hält, dass unter solchen Uebungen und Gewohnheiten nichts Bundeswidriges verstanden sein konne.

l 02 Seit Erlassung des ständeräthlichen Beschlusses vom 14. dies, welcher den bundesräthlichen Beschlussesantrag adoptirt hat , ist Jhrer kommission eine von Herrn Dr. Franz Schmid, Fürsprech in Altdorf, Samens ,,des lobl. Eomite der Beisassensehast von Alpnach^

an den Bundesrath gerichtete Eingabe d. d. 14. l. M. zuge-

stellt worden, in welcher Sistirung des Entscheides über die Garantie der vorliegenden Verfassung bis nach Erledigung eines beim Bundesxathe anhängigen Rekurses nachgesucht , eventuell aber verlangt wird, die Bundesversammlung wolle den Art. 8, hu. h dahin interpretiren, dass unter den dort ausgesührten zuständigen Ortsbehorden^ als Strafbehorden in Frevelsaehen nicht die Bürgerge.neinderathe, sondern die .

Einwohnergemeinderäthe zu verstehen seien. Jhxe Kommission hat nun aber keinen Grund finden kounen, in diese Begehren einzugehen. Der fragliche Rekurssall ist unter der Herrsehast der alten Verfassung entstanden und muss um so eher nach derselben erledigt werden, als leztere noch bis April 1868 in Kraft bleiben wird. Auf der andern Seite kann es für einmal nur den kantonalen Behörden zukommen, die Auslegung eines allerdings verschiedener Auffassung zugänglichen Verfassung^ axtikels für einen einzelnen Fall zu geben und in concreto um so mehr, als die Bestimmung der Kompetenz einer Strafbehorde sür Frevelfachen ohnehin in den Bereich der Kantonalsonveränetät gehört.

Die Kommission trägt Jhnen demnach in Uebereinstimmung mit dem schweizerischen Ständerathe daraus an, den bundesräthlichen Vorschlag zum Beschlösse zu erheben.

B e r n , den 18. Dezember 1867.

Ramens der nationalräthlichen Kommission, Der Berichterstatter :

^nter.

.^t.^er ^.. ^...tntis^n : .Herren .

^ug. Suter, ln St. fallen.

.^. A. Cre^n, in ..^artign^^Burg.

.^. v. Schmld, in Basteln (Aarg...^.

^ote. Beschluß .^18. Dez.) nach Antrag. ^ .^ergl. den lm Wesentlichen übereinstimmenden Bericht des ^errn Cretton feuille fédérale^.

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II. Bericht der nationalräthlichen Kommission die Verfassung von Obwalden betreffend.

(Vom 18. Dezember 1867.)

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1868

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01.02.1868

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