192 gütlichem oder gerichtlichem Wege verfolgen. aber fein Brotest kann von den Räthen in keinerlei Würdigung gezogen werden , resp. die Ertheilung der neuen Konzessionen weder verhindern noch verzogern. Die kommission findet desshaib, dass über diese Brotestation einsach z u r T a g e s o r d n u n g zu s c h r e i t e n , resp. davon Umgang zu nehmen ist.

B e r n , den 15. Juli 1868.

Ramens der Mehrheit der ständeräthlichen Eisenb.ahn-Eommission , Der Berichterstatter:

Kappeler.

#ST#

Be richt der

Minderheit der ständeräthlichen Eisenbahnkommission , betreffend die Konzessionen fur die tessinischen Bahnlinien ChiassoLugano und Locarno-Bellinzona-Biasca

(Vom 14. Juli 1868.)

Tit. l Ein Mitglied Jhrer kommission k...nn dem Ständeräthe die Annahme zweier Anträge nicht empfehlen , welche die Mehrheit derselben zu dem bundesräthlichen Entwurf über Genehmigung der vom Grossen Rathe des Kantons Tessin unterm 16. Mai 1868 zuhanden zweier tessiuischen Komites für die Eisenbahnlinien Ehiasso-Lugano und Locarno Bellinzona-Biasea ertheilten Konzessionen stellen zu sollen glaubt.

Diese beiden Anträge bilden Amendements zu den Artikeln 2 und 6 des bundesräthliehen Beschlussentwurfs. Es sei dem Unterzeichneten

193 Bestattet, die Gründe kurz auseinanderzusezen , welche ihn veranlassen, steh gegen diese Amendements auszusuchen.

1) Die Kommission beantragt folgenden Zusaz zum Art. 2 : ,,Ausser diesen Rükkaussreehten nimmt dex Bund das dem Kanton Hessin in ^ 12 dieser Konzession vorbehaltene besondere Rükkaufsreeht

für sich gleichfalls in Anspruch.^

Der Unterzeichnete anerkennt, dass laut Art. 14 des Bundesgesezes vom 28. Juli l 852 über den Bau und Betrieb von Eisenbah.^nen, der Bund da.s Recht hat, in jedem einzelnen Falle die Frist zu bestimmen, nach deren Ablauf er, gegen Entschädigung, eine Eisenbahn mit allem Material rükkaufen und die Bedingungen sestsezen kann, unter..

denen dieser Rükkauf stattzufinden hat. aber er konstatirt auch, dass bis heute die konstaute Brax.is der eidgenössischen Räthe niemals dahin ging, den. Bunde ein solches Rükkaufsrecht vorzubehalten, wie die Kommission es an die beiden tester Bahnen knüpfen will.

Es genügt, die zahlreichen, in die Gesezsammlung ausgenommenen .^..enehmigungsbeschlusse zu durchgehen , um sich zu überzeugen , dass dex Bund sich in keinen. einzigen Falle ein unbedingtes Rükkaussrecht vorbehielt, ohne A..sezung einer Frist für dessen Geltendmachung, ein Rükkaussrecht, welches jedes Jahr und unter der einzigen Bedingung ausgeübt werden kann , dass eine Konzession für eine Alpenbahn ertheilt sein wird.

Daher kann denn aueh der Unterzeichnete nicht einsehen , warum die Kommission im ersten Theile des Art. 2 sieh weitläufig über die

Ausübung des eidg. Rül.kaufsrechts verbreitet , welche gestattet sein soll nach Verflnss des 30., 45, 60., 75., 90. und 99. Jahrs, vom 1. Mai 1858 an gerechnet, und mit den.. Bediug, dass der Rükkaus mindestens fünf Jahre zum Voraus erklart werde, - da sie dann doch im legten

Saze des nämlichen Artikels dieses ganze Gerüst von Klauseln und

Bedinguugen um.virst, um ein viel einsacheres System anzunehmen, indem einsach der Eidgenossenschaft d^s unbedingte , jedes Jahr und ohne .Voranzeige auszuübende Rükkanssreeht eingeräumt wird.

Diese Bestimmung seheint uns also zunächst eine ausnahmsweise und es findet der Unterzeichnete die zur Rechtfertigung dieser Neuerung angesüßten Gründe nicht stichhaltig genng, nm deren Annahme im vorliegenden Falle empfehlen zu konneu.

Das Gesez vom 28. Juli 1852 hat das Recht des Baues von Eisenbahnen aus Sehweizergebiet in die Kompetenz der Kantone gelegt, beziehungsweise der Brivatindustrie überlassen. Dank diesem , an anregenden Jmpulsen sichtbaren Gruudsaz ist unser Land bereits vielseitig mit Eisenbahnen durchzogen. Es ist unbestreitbar, dass wenn de..:

194 Eifenbahnban dem Bunde vorbehalten worden wäre , dieses erfreulich...

Resultat nicht mit so grosser Raschheit und Thatkraft zu Stande gekommen sein würde. Warum will man nun heute dieses Brin^ip vereinzelt antasten ^ warum die konstante Brax^is preisgeben, aus welche sieh wohlerworbene Rechte gründen und die ^auch ferner verspricht, im Eisenbahnwefen den Unternehmung- und freien Konkurreuzgeift rege ^u erhalten ^ Man spricht sreilich von ...llgemeinen Jnteressen , welche zu berül.^ sichtigen seien . man will vorab den Schwindlern entgegentreten, welche versucht sein konnten, das Unternehmen einer Alp.nbahn auszubeuten, demselben übertriebene tasten au^nhalsen und dem Bau einer grossen internationalen Linie, die von Kantonen und Eisenbahngesellschaften im Jnteresse der Erhaltung des Transits und Handels mit Jtalieu herbei^wünscht wird , Hindernisse zu bereiten. Diese Besürehtnng scheint mir eine zu weit gehende, ungerechtfertigte, und es kann steh der Unter..

zeichnete nicht herbeilassen, unter diesem uu.hr oder weniger gesch.ikt eingekleideten Vorwande dem Recht der Kou^essiousertheilung des Kantons Hessin und der Stellung derjenigen seiner Bürger, welche die schwere Last ans sich nehmeu , in diesem Kanton Eisenbahnen ^u erstellen , so empfindlich zu nahe ^u treten. Warum von ....^..hwindlern , Agioteurs reden, während nichts in dieser Konzession annehmen lässt , dass solche wirklich e^istiren , und dass eine solche Zulage den Konzessionären -alles respektable Dessiner - gemach.. werden dürfe ^ Welche Gesellschaft, fragen wir , wird es ans sich nehmen , mit grossen Kosten eine Eisenbahn zu bauen , wenn sie jedes Jahr riskirt, e^propriirt zu werden und demnach die ^rüchle ihrer Betriebsamkeit nud Bemühungen ^ein^.büssen , ohne andere Entschädigung als den Ersaz ihrer ausgewiesenen nnd schiedsrichterlich festgestellten Auslagen.^ Mau wird zwar einsenden, der Kantou Tes.iu habe selbst sich das Rükkaufs^ recht vorbehalten, welches die Kommission dem Bunde einräumen will.

Der Unterzeichnete glaubt, dass dieser Vorbehalt sich durch kantonale Jnteressen re.htfertigen mag , über die er si.h nicht zum Richter auf..

werfen will . allein es folgt daraus uicht, dass diese Last auch noch im Rameu des Bundes anserlegt werden müsse , denn sie erschwert die Stellung .^r Konzessionäre und macht dieselbe
prekär. Dieser Vorbehalt wurde in der mit Hessin abg^.schloss..u..n Uebereiukuust angenonm.en und die Vertragsehliessenden kannten die Tragweite ihrer gegeuseiti^u Konzessionen wohl, dagegen konnten sie nicht eine neue, zu Gunsteu der Eidgenossenschaft aufzustellende Bedingung voraussehen und sieh ihr unterziehen.

Endli.h kann die Ausübung dieses ausn.^hmswei.sen Rükka^ssr^.hts den Bund n. zahlreiche Verwikelungen hineinziehen und viel weiter

1.^5 führen, als die .kommission dies zu glauben scheint.

nachweisbar.

es ist dies leicht

Die konzedirten Linien sind die Thal - Linien des .Kantons Tessin . um das Rez zu vervollständigen , wird man von der Kantonsregierung, welche nach dem Geseze von 1852 hiezn allein kompetent ist, noch die Konzession für die ^llpenbahn sowohl als sür die Linie, welche Lugano mit Loearno-Bellinzona über den Monte Eenere verbindet , erwirken müssen. Es kann der Fall eintreten . dass die zuständige tessi^ nische Behörde diese Konzessionen nicht ertheilt , oder dass sie Bedinguugen an dieselben knüpft , welche wir nicht voraussehen können ; dass si.. selbst diese Linien bauen , oder durch Rükkauf an sich ziehen will. Welche Stellung soll die Eidgenossenschaft bei solchen Komplikationen einnehmen ^ Wird sie etwa ^ ihr Vermögen und die kantonalen Geldkontingente zum ^lukaus dieser Linien verwenden ^ Werden wir eine eidgenössische ^llpenbahn, über den Gotthard oder den Lukmanier, und eine Bahn in den tesfiner Ebenen haben ^ Wird dann nicht sofort die brennende Frage d..r Bundessubsidien, des ..idg. Monopols, an uns herantreten, sowie ^ die ^rage, ob die Eidgenossenschaft dem Kauton Hessin Zwang anthun, demselben, in Mißachtung der Grundsäze des Gesezes von l 852, ihren souveränen Willen auferlegeu wollet Soll die Eidgeuofsenschast dann den. Kanton Tessin erklären, ihr Rükkaussreeht gehe dem im ...lrt. 12 vorgehaltenen kantonalen Rükkaussrechte vor, und es auf ^ einen .^treithan.^el um das ^iesfällige Briori..

tätsrecht ankommen lassen^ Die Znknnft wird uns belehren, ob diese Befürchtungen zu weit gehend, illusorisch seien. allein der Unterzeichnete konnte nicht umhin, sie auszuspreehen, um dem Ständerath alle die unvorhergesehenen Gefahren anzudeuten. welche ein^ ^lbweichnng von der Bra^is, wie solche bisher bei Ratifikation vou kautoualerseits ertheilteu Eisenbahnkonzessioneu beobachtet wurde, .^uit sich bringen konnte.

Die tessinischen Eisenbahnen sind Landesangehörigen konzedirt. Es ist nicht nothig und es ^axe nicht recht, ihr Unternehmen mehr zu erschweren, als diejenigen ihrer schweizerischen oder ausländischen Vorgänger in den andern Kantonen, und ihnen in Bezug auf die eidgenössischen Rükkaussrechte beschwerlichere Bedingungen aufzuerlegen.

Es ist nicht rathsam, nicht erspriesslich, die Eidgenossenschaft in alle Verwiklungen eines ausnahmsweise^ Rükkaufs der Tessiuer-Bahnen hineinzuziehen.

Di^ Minderheit kann demnach den von der Kommissionsmehrheit beantragten Züsaz zn Art. 2 nicht aeeeptiren.

196 2) Die kommission beantragt folgende. Redaktion des Art. 6 : ,,Die gegenwärtige Konzession darf ohne Bewilligung des Bundesxathes nicht abgetreten werden.^ Dex Unterzeichnete kann auch diesem Vorschlage nicht beistimmen, vielmehr hält er sich an den Art. 6, wie er vom Bundesrathe redigirt ist.

Er bezieht sich diessalls auf die Motivirung der Botschaft selbst.

Die von der Kommission vorgeschlagene Bestimmung ist eine ansnahmsweise und scheint nicht durch ernstliche Gründe gerechtfertigt^ sie kann zu Komplikationen führen , sie räumt dem Bundesrathe ein Recht ein, welches er sich in Bezug auf die andern^ ans die schweizerische Grenze einmündenden Eisenbahnen nicht vorbehielt ...e. ..e.

Man sieht immer deutlicher das Bestreben. hervortreten, den Bundesbehorden eine Rolle anzuwehen, die ihnen gemäss dem Geseze von 1852 nicht Ankommt: sie sollen Stellung nehmen in den Eisenbahnhandeln, sie sollen ihre genehmen, ihre privilegiri.en Gesellschaften haben, welche mit ihrer hohen Gunst beehrt werden und die als sauber von jedem Verdachte schwindelhaster Spekulation gelten, währenddem andere, vielleicht ebenso nüzliche und nationale Unternehmungen bei Seite gesezt und ihre Jnteressen an Konkurrenten geopfert sehen werden.

Der Unterzeichnete will die schweizerischen Eisenbahngesellschaften nicht unter eidgenossische Vormundschaft stellen. er stellt sie alle auf den Fuss der ..Gleichheit; er will ihre Existenz oder das Gedeihen ihrer Be-

triebsamkeit nicht von der Bewilligung des Bundesrathes abhängig sehen.

B e r n , den 14. Juli 1868.

Die Minderheit: .

^ule.^ ^mn.

Ständeräthliche Eisenbahnkommission : C. .^appeler. von ^rauenfeld, in Zürich.

J. Weber, ln Lnzern.

.^d. Desor^ in ^euenburg.

G. .....lngier, in .^arau.

^uIe... Moguln, ^erd...n.

197 .^ o t e. Der Beschluß des Ständeraths vom 1^. ^uli 1.^8 weicht in Fol..

^endem vom bundesräthlichen .^ntwurse ab^ 1) ^u.^ ..u ^rt^l ^.

,,Außer diesen .^ükkaufsre^ten nimmt der Bund das dem .Danton Tessin in ^ 12 dieser Konzession vorbehalte besondere .^ükkaussrecht. bis zum Eintritt des ..rsten .^ükkauf..ermins für fich gleichfalls in Anspruch.^ Die kommission des Nationalraths, welcher am 25. ^uli diesen Gegenstand seinerseits verschob. beantragte Streichung dieses ^usazes.

2) Zwischen ^rt. 3 u^ 4 (lezterer wird dadurch Art. 5) ein neuer Artikel.

Art. 4. Die Bauarbeiten sind im .^erhältniß zu den in der Konzession fest^ ^esezten .^ollendungsterminen zu fordern. Sollte dieser Forschrift zuwidergehandelt werden, ohne daß hohere Gewalt dazu ^eranlaßung gegeben. so wird der Bundes.

rath die erforderlichen Maßregeln ergreisen, um ihr ^achachtung zu verschaffen, und es kann im äußersten .^all die Bundesversammlung die Genehmigung des Bundes für die vorliegende Konzession als erloschen erklären.

3) Zusaz zu ^t 5 l.^) .

,,^^enso soll die durch Art. .^ zweiter Saz dieser Konzession den Konzessionären zugesicherte unentgeltliche Abtretung von Gemeinde^ und Patriziatsgut u. s. w. de.n

durch das ^eidgenössische ^proprlatlonsgesez vom 1. Mai 1850 (Art. 1 und .^)

jedermann zugesicherten ^rsazrecht unprä^udizirlich sein..^ Die nationalräthliche .kommission beantragt in ihrer Mehrheit Streichung, in ihrer Minderheit Annahme dieses ^usaze^.

4) Art. ^. (7^. ,,Die gegenwärtige Konzession darf ohne Bewilligung des Bun..

desrathes nicht abgetreten werden.^ Die nationalräthliche .kommission nimmt die bundesräthliche .Redaktion wieder auf .

,,.^ine Abtretung der vorliegenden Konzession an Andere, schweizerische GeselI.

schasten ausgenommen, darf ohne Einwilligung des Bundesrathes nicht stattfinden.^

(Siehe die bundesräthliche Botschaft vom 2.^. .^uni 18.^.8 . BundesbIatt von

18^8, Bd. II, S. .^.)

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht der Minderheit der ständeräthlichen Eisenbahnkommission, betreffend die Konzessionen fur die tessinischen Bahnlinien Chiasso-Lugano und Locarno-BellinzonaBiasca. (Vom 14. Juli 1868.)

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1868

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39

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29.08.1868

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192-197

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