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des schweizerischen Bundesgerichtes an die h. Bundesversammlung über feine Geschäftsführung im Jahr

1867.

(Vom 30. April 1 868.)

Tit..

Jm abgelaufeuen Geschäftsjahre hatte das Bundesgericht in pleno, wohl zum ersten Mal seit dem iu der Schweiz in Augriss genommenen Eisenbahnbau, keine Expropriationsstreitigkeiten mehr zu beurtheilen,

deren z. B. noch im Jahr 1860 178 (grossl.eutheils freilich nur bei den

bundesgeriehtlichen Kommissionen) zur Behaudlung gelangt waren. Es.

hat dies seinen natürlichen Grund darin . dass im schweizerischen Eisenbahnbau ein Stillstand eingetreten ist, fei e s , weil das schweizerische Eiseubahnnez seinem vorlänfigen Absehluss eutgegen geht, sei es, weil das.

Kapital für Eisenbahnnnternehmungen dermalen überhaupt sehr schwer erhältlich scheint. Einzig vo.n der Jongnebahn im Kanton Waadt und von der Toggenburgerbahn im Kanton St. fallen gingen während des Berichtjahres Expropriationsrekurse ein , die erftern wurden noch im Spätherbste durch eine bundesgerichtliche Kommission untersucht und theilweise erledigt, die ledern dagegen werden (so weit sie nicht zurückgezogen worden sind) erst im lausenden Jahre in Behandlung fallen.

Von den durch das Bundesgericht bebandelten Eivilfällen betras die Mehrzahl neuerdings Ehescheidungen, und zwar wieder vorzugsweise Angehörige des Kantons St. Gallen. Da der leztere in seiner an Hand genommenen neuen Gesetzgebung für die Scheidung paritätischer Ehen

420 durch kantonale Behörden Vorsorge treffen wird und zu gewärtigen ist, dass sein Beispiel auch bei andern , in ähnlicher Lage befindlichen Kantonen allmälig Nachahmung finden werde ; so steht sür das BundesBericht auch eine erhebliche Abnahme der Ehescheidungsprozesse zum Theil schon in nächster Zeit in sicherer Aussicht , was übrigens nicht zu bedauern ist, denn es ist nicht zu verkennen , dass die Beurtheilung pon Konsistorialsachen der Stellung des Bnndesgerichtes kaum angemessen erscheint.

Dagegen werden durch die erhebliche Abnahme, beziehungsweise dureh

das zeitweise ganzliche Wegfallen der Er^ropriationsanstände und Eheseheidungen die bundesgerichtlichen Geschäfte sich bald so sehr reduzirt finden,

dass es sich fragen dürste, ob nicht dieser schönen Schöpfung unserer jezigen Bundesverfassung eine angemessene Entwil.lung gegeben werden könne und solle.

Die Gesehäftsübersicht des Jahres 1867 stellt sich in Zahlen wi...

^.

Ans dem Jahre 1866 waren mit Beginn des Berichtjahres pendent geblieben .

.

. . . . . ) Brozesse.

Jm Lause des Jahres 1867 gingen neu ein .

. 39 ,,

Total 48 Brousse.

Von

diesen Streitsachen wurden im

erledigt: ^ a. durch Urtheil .

.

.

Berichtjahre

.

11

b. durch Annahme des Kommissionalgntachtens .

9 c. durch Vergleich und Abstandserklärnng .

. 1 1 .

zusammen

31

Ueberdies wurden bis auf Weiteres s u s p e n d i r t .

Definitiv oder vorläufig erledigt sind demnach .

2

so dass von 1867 aus 1868 noch pendent bleiben

33 .

.,

15 Prozesse.

Von den dureh Urtheil erledigte.. Vrozessen^brtrasen 6 Ehescheidungen, wovon 4 aus dem Danton St. Gallen, 1 aus dem Kanton Graubünden und 1 aus dem Kauton Wallis.

Von den übrigen 5 durch das Bundesgericht beurtheilten Streitsachen bezogen sich zwei aus Heimathrechtssragen (in Sachen zwischen .

den Kantonen Bern und Solothurn und zwischen dem Bund und dem Kanton Schw...z). Ein Streitsall zwischen der Eisenbabn Lausanne..

Freiburg.^Bern und Waadtländerprivaten betras die ^rage des Rükkaufs eines von ersterer ex^propriirten Grundstückes ; ein anderer, welcher durch

freiwillige Uebereinkunst der Bartheien dem Entscheide des Bundesgerichts

421 unterstellt wurde, waltete zwischen der Berner-Staatsbahn und der Berner-Torsgesellschast, und betraf Forderungen.

prinzipielle Wichtigkeit dürste einzig dem Vrozess zukommen , der zwischen dem Bund einerseits und Bichard und Eullaz anderseits waltete und eine Frage des eidgenössischen Bulvermonopols beschlug. Bekanntlich wurde sie zu Gunsten des Bundes entschieden.

Aus fünf eingegangene Beschwerden wurde wegen mangelnder Kom^etenz nicht eingetreten.

^..as Bundesgericht hielt im Berichtjahre wieder drei Si^ungen (im Frühling,. Sommer und Spatherbst), und zwar alle in Bern, und hatte im Ganzen 14 Sitznugstage, in welchen, nebst den erwähnten, noch verschiedene laufende Geschäfte besorgt wurden.

Jn S t r a f s a c h e n hatte keine Abtheilung des Bundesgerichts zu funktioniren.

Genehmigen Sie die Versicherung achtung.

.

unserer vollkommensten Hoch-

Glarus, den 30. April 1868.

Jm Ramen des Bundesgerichts,

Der Präsident: .^ .^. .^. Blnmer.

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Bericht des schweizerischen Bundesgerichtes an die h. Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im Jahr 1867. (Vom 30. April 1868.)

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Bundesblatt

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Jahr

1868

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

22

Cahier Numero Geschäftsnummer

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

16.05.1868

Date Data Seite

419-421

Page Pagina Ref. No

10 005 766

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