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Schweizerisches Bundesblatt.

XX. Jahrgang. ll.

Nr. 24.

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27. Mai 1868.

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des

schweizerischen Konsuls in San Francisco (Hrn. V e r t o n von Genf) über das Jahr 1867.

.

.

(Vom Dezember 1867.)

An den hohen Bundesrath.

Tit. .

Jch beginne meinen Bericht über das Jal.r 1867 mit einem knrzen Ueberblik aus die Stadt San Franeiseo . ihre Institutionen und die Fortschritte des verflossenen Jahres.

Während dieses Jahres hatte sich die Stadt einer fortwährenden Entwiklung aller Elemente der Civilisation. zu erfreuen , auch war die Vevolker..ugszunahme eiue stärkere als je znvor.

Nach der Volkszählung vom 1. August 1867 besizt San Franeiseo 132,000 Einwohner.

Jm Laufe des mit dem 30. Jnni zu Ende gegangenen Jahres wurden 1050 Hänser erbaut, wovon 340 aus Baksteinen, so dass sich nun die Gesammtzahl der Häuser aus 17,368 belä..st, wovon 3857 aus Steiu.und Bakstein. Die Kosten der im Lause des Jahres ausgesührten Bauten beliefen sich aus .) Millionen Dollars.

Von dem Jahre 1864 war das Grundeigenthum grossen Schwankungen unterworfen ; seit diesem Zeitpunkte aber hat das Land in der

Bunde...blatt. Jahrg. XX. Bd. II.

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^

Eutwiklung seiner Hülssmittel, und zwar solcher, die^ mit der Goldgräberei nichts zu thun haben, rasche Fortschritte gemacht.

Die Jnaugrisfnahme der Arbeiten an der Eisenbahn nach dem .

stillen Ozean, verbundeu mit den. Umstande, dass man ihrer Vollendung vor dem Ablaufe von drei Jahren beinahe gewiss ist , hat znr Consolidirung der Breise des l^rundeigenthums mächtig beigetragen.

Unsere städtischen Schulen find folgende : eine Rormalschule , eine Vorbildungssehule sur Solche, die sich dem Lehrfach widmen wollen, eine hohere Knabenschule , eine hohere Toehtersehule , eine Lateinschule, acht Elementarschulen, vier und zwanzig .Primarschulen, nebst einer solchen sür die farbigen Kinder.

Die Zahl der von der Stadt besoldeten Lehrer beträgt 21^ ihr Gesammtgehalt belies sich im verflosseneu Jahre ans 20.),874 Dollars.

Von den Brivaterziehungsanstalten , deren es 70 gibt , rede ich hier

nicht.

Die Stadt besizt 10 Spitäler und 21 Wohllhäti^eitsgesell^ schaffen.

Zwei Quellen , in gusseisernen Rohren hergeleitet , versehen die Stadt mit Trinkwasser.

Wir besten jezt Wollmauusakturen ,chemischeFabrikate , Glashinten, Giessereieu, Werkstätten zur Verfertigung von Sehifsstauen, Zukerrassiuerien n. s. w.

Die Bolizei der Stadt besteht ans einem Ehes, 4 Hauptlenten und 100 Volizeisoldaten.

Hiezn konnnt noch eine gew.sse Anzahl solcher Boli^eisoldaten, welche die Hauseigeuthü^uer in einigen .^nartieren selbst besolden.

Bei ^enersbrünsten ersolgt das Allarn.^eiehen ^ermittelst der in den verschiedenen ^trassen aufgestellten Büchsen (bo^es), welche, 70 an der Zahl, durch einen elektrischen Drath mitdem^tadtrathhanse in Verbindung stehen. Jeder Volizist besizt e^en ^hlüssel zn diesen Büchsen, und es bedarf bloss des Her.^udrehens eines darin angebrachten Knopfes , um das Allaru^eiehen zu geben. Rach Empfang der Meldung werden von..

Telegrafisten des ^.tadtrathhauses , ebenfalls durch das Mittel der Elektrizität, vier in den vier .verschiedenen Stadttheilen befindliche Gloken in Bewegung g^ezt, wobei die Zahl der Glokensehläge zur Bezeiehnnng des ^rtes der ^euersbruust , d^ h. ^ur Bezeichnung der Büchse dient , ans welcher das Signal erfolgt ist. Da die Vferde jederzeit bereit stehen, so eilen die Spri^en sofort der Brandstätte zu ; während der ^ahrt wird die Maschine geheizt, und es bedarf uieht mehr als sünf ^Minuteu, um sie sür den Dienst in Bereitschaft zu sezen.

561 Wir besten 3 Omnibusgesellschafteu, welche zu dem massigen Breis^ von 6 Sous die Reisenden auf Eisenbahnschienen nach allen Stadttheile..

transportiren.

Gehen wir nun zu der großen Eisenbahn über, welche den stillen Ozean mit dem atlantischen verbinden wird.

Schonet lassen sich die Wirkungen verspüren. welche die durch.

die Eisenbahn ermöglichten Verkehrserleichterungen ans das Gesehästsleben des nächsten Jahres ausüben werden. So ist z. B. im Laufe de....

verflossenen Monats die Reise von Rew.^ork nach San ^raneiseo in 16 Tagen^zurükgelegt worden.

Jm Jahr 1869 wird die Eisenbahn, sowohl von der Richtung de.^ atlantischen als des st.llen Ozeans ans . bis zum Salzsee vorrül.en.

Täglich vermindern sieh die Entfernungen, welche im .Postwagen zurük^

zulegen sind.

Jst einmal die ganze Linie vollendet , so berechnen sieh Zeit und, Entfernungen wie folgt.

Entsernung.

Zeit.

^Von Rew-^ork nach Ehieago Stunden.

,, Ehieago nach .^n.aha ,, Omaha bis zum Felseugebirge .. ^ bereits vollendet Vom ^els.^gebirge zum ^al^see (noch zu bauen) ,. Salzsee bis zur Grenze Ealiforniens (noch zu bauen) noch zu bauen Von der Grenze Ealisorni^ eus naeh Sacramento Eith (vollendet) ,, S.^ramento Eit^ nach Sau ^raneiseo (noch zu bauen) ^.

911 Meilen.

492 ,, 5l7

1920

507 541

39 20 21 25

1048

26

101

200

30l Total 3269 Meilen 143 Stunden.

Rechnet man, des Unterschiedes wegen zwischen der Tageszeit von Rew-^ork und San ^raneiseo, einige Stunden hinzu, so wird die Reise in weniger als 6 Tagen zurükgelegt werden. Wie sich aus Vorfteheu-

dem ergibt , bleiben noch die 2 Bahnstüke vom Felsengebirge bis znm

562 Salzsee und von der Grenze Ealisorniens bis zum Salzsee , in einer Länge von 1048 Meilen zu bauen übrig. Diese Arbeiten werden ini Frühjahr energisch in Angriff genommen werden, und man glaubt all-

gemein, dass die ein.e Halste zu Ende des Jahres 1868 zur Vollendung

gelangt, wodurch die im Bostwagen zuzulegende Eutseruuug auf ^00 Meilen und die Fahrzeit von Sau ^raueiseo nach Reu.^^ork aus 13 Tage reduzirt wird. Die Sicherheit der ^ahu nimmt mit jedem .Schritte zu, den sie vorwärts thut, da zu gleicher Zeit ein entsprechendes Vor.^ rüken der Bevol^erung stattsiudet. Znerst wird sich ein änsserst starker Personenverkehr entwil.eln , und zwar wird derselbe nicht^ bloss die Ausiedlung längs der Bahn , sondern auch die Endpunkte der ganzen Linie zum ^lele haben. Es unterliegt keinem .^weisel , dass sich, ähnlich wie auf der Eisenbahn von Rew-^ork nach Erie , Emigrantenzüge organisiren, uud diese ihre Bassagiere ^u ä^sserst uiedrigen preisen hieher bringen werden.

Die Linie , welche aus den östlichen Staaten nach dem Salzsee vorrükt , trägt den Ramen ^lnion^Baeisie-Railroad^ . diejenige , welche von San Franeiseo entgegenkommt, uni sieh beim Salzsee mit ihr zu vereinigen, heissl. ,,Eeutral-Railroad^.

Wie schon bemerkt, ist die Linie ,,Uuion^ bereits bis Ehe^enne, d. h. aus eine Länge von 517 Meilen, westlich von Omaha , in Ve-

trieb gefegt uud nähert sich dem Salzsee mit grosser Schnelligkeit. Alle 24 Stunden werden bis zwei Meilen Wegs mit Schienen belegt.

Die ,,Eentrallinie^ ,^ welche vom stillen Ozean herkommt , bleibt ihrerseits auch nicht zurük. Grossartige und äusserst s^hwier^ge Arbeiten wurden in der Sierra Revada ausgeführt, und es steigen nun die Roll-

wägen bis zu den Gipfeln empor, 7000 ^nss über der Meeresfläche.

Nächstes ^rühjahr wird die .^ehienenlegung aus der ostliehen Abdachung der Sierra Revada stattfiuden , wobei keine grosse Terrainschwierigkeiten zu überwinden sein werden.

Kalifornien... ^ulfsmittel.

Gehen wir nun zu den Hülfsmittelu Ealisorniens über. Folgendes sind die Ausschlüsse, welche .ich aus zuverlässiger Quelle und nämlich aus den Beriehteu einer Gesellschast gesehopst habe , die sieh hier zu dem Zweke gebildet hat, den Einwanderern bei ihrer Ausiedlung in unserm Lande helfend an die Hand zu gehen. Diese Gesellschaft nennt sich die ,,Jmmigration Soeiet..^ und besteht ans hochft ehrenwe^then Bersonlichkeiten.

Grosserer Klarheit und Bestimmtheit wegen will ich den Gegenstand frags- und antwortweise behandeln.

563 E r s t e F r a g e . Jst über alle jene.Ländereien , welche der Bundesxegierung augehoren, bereits verfügt^ A n t w o r t . Rein. Es gibt in Ealisornien noch Millionen Morgen Landes (.^cre .^ Aker) , welche der Regierung der Vereinigten Staaten angehoren , und zu einem Dollar per Aker kauflieh sind.

^u bemerken ist aber, dass sich die von den Regie...ungs-Feldmessern aufgenommenen Karten auf die Rachbarschaft der grosses Vexkehrseentren , der schiffbaren Flüsse , der Eisenbahnen nnd der Minendistrikte beschränken. Die Gesammtbevölkerung der Staaten Kalifornien, .^regon , Revada und des Territoriums von Washington übersteigt nicht eine Million Seelen, und doch ist der Flächenraum dieser .Länder grosser als derjenige von ganz Deutschland mit seinen 60 Millionen Einwohnern. Es sehlt nicht an fegenden, wo sieh kleine Emigrauteukolonien ansiedeln konnten und Jahre laug den Feldmesser der Regierung nicht zu Gesichte bekämen. Kommt dieser dann endlich , so ist der an die Regierung zu entrichtende Dollar per Aker. längst schon durch den Ertrag des Bodens realisirt worden.

J.. dem Thale San Joachim , das von Stockton , einer Stadt von 5000 Einwohnern, die von ^an ^raueiseo aus per Dampf in einer Racht erreicht wird, finden sich noch viele Läudereieu, die bei der Bnudesbehorde in Stockton zu ei^em Dollar per Aker verkäuflich sind. Bei einer Länge von ungefähr 100 Meilen besizt dieses Thal eine Breite von 10 bis 30 Meilen . ein schiffbarer Fluß, der Sau Joachim, welcher dasselbe durehstromt, ergiesst sich iu den .^aeramento. Der Boden ist tiesgrundig und ertragreich, und die Hochebene, die sich dem .^luss entlaug hinzieht, ausserordenttieh fruchtbar. Dieses Thal einzig bietet Raum für hunderttausend Emigranten.

Mr. Merr^ von Red Bluff (eiue kleine ^tadt von 2000 Einwohnern, welche von San Franeiseo aus mittelst Dampfboot in 2 Ta-

gen erreicht wird) h ..t über die landwirtschaftlichen Verhältnisse und über die Vorzüge dieser Gegend in kommerzieller Beziehung einen Berieht verosfen^ticht, worin gesagt wird. ,,Die Abgänge der Sierra und ^der Coast l.^n^es liesern , da sie gut bewässert sind , eine treffliche

,,Weide für das Vieh, namentlich für die Schafe. Das Akerland liegt ,,in der Ebene zwischen dem Saeramento und seinen Rebenflüssen

..liefert per Aker 16 bis 40 Sehefsel Getreide.

und

,,Der Besiztitel zn den besten Ländereien (Grafsehast Tel^an.a^ be,,ruht auf mexikanischen Eoneesssonen, die durch Vatente des Präsidenten ,,der Vereinigten Staaten bestätigt worden sind.

.,Die jezigen Eigenthümer verkaufen diese Ländexeien zu 10 oder ,,15 Dollars per A k e r . Korn, Kartoffeln und Runkelrüben gedeihen hier ,,vortrefflieh, ebenso alle Gemüse und Früchte. auch die Schafzucht ist

,,vortheilhast. Mau zählt gegenwärtig ungefähr 100,000 Stük Schafe;

564 ,,ihre Wolle ist auf unserm Blaze ein sehr geschälter Artikel und wird mit ^,25 Sous per Bsund bezahl. Butter und Käse, hier erzeug, sind sel..r gesucht und kennen zu einer für die Grafschaft bedeutenden Industrie ^werden.

,,Für die Schweinezucht gibt es kein besseres Land. Mehr als "4000 mit Korn gemästete Schweine sind in diesem Jahre verkauft ..worden. Bereits ist ei.. Etablissement zum Einsalben des ^leisches ^entstanden . welches gute Geschäfte macht. Eine Wollspinnerei würde.

.,alle Aussicht aus. Erfolg haben. Bauholz ist zu billigen preisen, ..,Brennhol^ im Ueberfluss zu haben . vielerorts kennen die vorhandenen ,,Bäche als bewegende Krafl benu^t werden.

.,Bauernknechte verdienen monatlich 30 Dollars nebst Nahrung.

"Schmiede und Wagner machen hier gute Gesehäste. An guten bürneuerlichen Kostorteu bezahlt mau monatlich 20 bis 25 Dollars .. der ,,Miethpreis eines kleinen Hauses ^Eottag..^ beträgt 8 bis 15 Dollars ^monatlich. Keine andere Gegend uusers Staates eignet sich so gut ,,wie diese zum Weinbau. Tanseude Morgen Landes sind , ^n l...^ .Dollar, noch zu kaufen.^ Der Landestheil, von welchem Mr. Merrh spricht, vermochte noch Hunderttausend^ von Menschen mehr ^u ernähren , als deren gegenwärtig vorhanden sind.

Jn den Gras^chasteu südlich von San ^raueiseo, z. B. in Montere^, in einer Entfernung, die mau mit dem .^ostwa^en i^.. zwei Tagen zurül^legt, werden von den gegenwärtigen Bessern , beinahe lanter Spa^ nier von Geburt, grosse La.^ereien zu billigen preisen feilgeboten oder auch unter vorteilhaften .Bedingungen verpachtet. Der Kaufpreis be^ trägt 1 oder 2 Dollars per Aker; als Bachtsumme wird ein Viertel des

Jahr^sertrags gefordert. Ein grosses Hiuderuiss li...gt aber in den Ko^ sten der Einzäunungen.

^

Vielerorts gibt es alte Ansiedler , die dreissig bis süns^igta..se..d ^lker besinn, Alle^ nnabgetheilt und ohne Umzäunung. .^ornviel.^ , ^n Tausenden von ^tuken, weidet und stirbt daraus, ohne sealiche Eo^trole

und ohne dass die. .Eigenthümex , die in patriarchalischer Wohlhabenheit

und von der übrigen Welt beinahe vollständig abgeschieden dahinleben, sich im Geringsten darum bekümmerten.

Bald aber werden gan^e ..Schwärme von Emigranten von all.^u Seiten iu diesen ererbten Grn...^^esiz hereinbrechen ^und der Rnhe der bisherigen Eigenthümer ein Ende n^achen.

Weiterhin nach ^üden , in der Richtung von ^os Angeles , verkaufen solche alte Ansiedler das beste ..^and zu einem Dollar per Aker und noch billiger .^alieiu in diesem Theile Ealisorniens ist Holzmangel.

565 Um in dieser Gegend eine Niederlassung zu begründen, sollten sich mehrere Familien in Dorsern oder auch in Gesellschaften vereinigen und

sich gegenseitig Beistand leisten. Akerw..rkzeuge sind hier billiger zu kaufen als in England. Akerpferde kosten das Stuk 20 bis 40 Dollars, Milchkühe 20 bis 30 Dollars.

Die Transportkosten von hier bis aus die^ Regiernngslandereien sind auf 20 Dollars zu berechnen. Ma.. fände daselbst einen vortheilhasten Markt für den Verkauf pou Getreide, Butter, Käse, Wolle ...nd Früchten i.. allen ....Quantitäten.

^ Der Weiustok liesert keinen so raschen , aber nach Verlaus vou 4 oder 5 Jahren einen sichern Ertrag. Ealisorni^.. verspricht sich hievon eine dereinstige grosse Jndustrie.

Das Klima ist fast durchgehends gesnnd und gemässigt . im Süden ist weder Schnee noch ^rost ^n befürchten.

Die Gesammtbepolkerung Ealiforuieus beträgt 500,000 Seelen, 50,000 Chinesen und 10,000 Reger. Die Ehinesen sind nicht beliebt, und es e^istirt eine grosse ^ahl von ..Auti^Eoolie^ Elubs.

darunter

Achttausend Chinesen arbeiten au der Baeifie^ Eisenbahn und zwan^gtansend andere in den Minen ; die übrigen sind in den Städten zerstreut als Wäscher, Fischer und Dienstboten.

Z w e i t e Frage.

Sind Arbeiter gesucht ^

A u t w o r t . Die Einwanderungsgesellsehaft , von der oben die Rede war, zieht a..s das Sorgsältigste überall Erkundigungen ein , um ein Hülfsbü.hlein für die Emigranten herauszugeben. Jhr Streben geht dahin, aus Europa und den ostliehen Staaten eine Einwanderung in großartigem Massstabe herbeizuziehen ; zugleich aber will fi^ Jedermanu vor Jrrthum behüten. Es ..^äre überflüssig, zu wiederholen , dass wir in unsern Feldern und Minen Raum und Arbeit sür Millionen besinn ; allein die grosse Frage ist ^ie , sür alle diese .Leute so lange eine Unterkunst zu finden, bis Jeder eine seiner physischen Beschaffenheit, feinen Gewohnheiten und Fähigkeiten entsprechende Beschäftigung gefnnden haben wird.

Viele, die nach Ealisoruieu kommen, haben keine andere Absicht, als Gold in den Minen zu sammeln , rasch ihr Glük zu machen und mit dem eilig erworbenen Gold Bieder den Heimweg anzutreten. Dieses ist die Klippe , au welcher schon viele unserer Einwanderer ^.scheitert sind. Bergleute allein dürfen sich einer solchen Minenarbeit unterziehen.

Sofort nach der Entdel.ung der kalisornisehen Goldminen ftromten während mehreren Jahren Arbeiter jeglicher Art nach den Minen. Einige machten ihr Glul^. im Lause der legten Jahre aber erschienen die Eh^

566 uesen ans den.. Blaz und überschwemmten die Blaeers (die ans der Bodenoberfläche liegenden Goldgruben). Da sie als Kompagnien organ.sirt arbeiten und von beinahe nichts leben , so kennen sie mit dem Dnrchseharren und Wiederwaschen der Erde in den von den frühern Besi^ern verlassenen Goldgruben immerhin noch etwas verdienen.

Der hauptsächlich.^ Bergbau Californias besteht in der Ausbeulung.

des goldhaltigen .^uar^es. Das Verfahren hat mit dem Bergbau ans Eisen nnd Kohlen Aehnlichkeit. Man dringt in das Jnnere der Erde bis auf eine Tiefe von mel.reren hundert Fnss ; die Leute arbeiteu abtheiluugsweise 4 bis 8 Stunden, so dass bei Tag und bei Racht keine Unterbrechung eintritt. ^ Bei einem Tagesverdienst von 4 Dollars beträgt

ihr wöchentlicher Unterhalt in den Umgebungen des Bergwerks 8 bis 10 Dollars.

Die Ei.^neseu, die an der Eisenbahn arbeiten, erhalten täglich 1 Dollar . der gleiche Lohn würde anch den Weissen ausbezahlt , aber keiner von ihnen will zu diesen. Breise arbeiten.

Wir wollen nun z.. den geschikteu Arbeitern übergehen , zu den ^immerleuten, Maurern, Gipsern, Schmieden, Maschinisten , Giessern, Schneidern , Schustern u. s. w. Arbeiter dieser Kategorie verdienen

täglich 3 bis 5 Dollars iu jeder Stadt und in jeden. Dorse am stillen

Ozean. Was hingegen die Eommis, Ladendiener und alle die anbetrifft, welche leichte Arbeit suchen, so ist sür Solche nur ger.nge Aussicht vorhanden. Diese Art Leute sind das Brodnkt eines fehlerhaften Erziehnngssi.stems, welches das Kind von der Arbeit ferne gehalten hat , so dass es ohne. Hülfsmittel und Beruf iu das männliche Alter tritt und daher iu einem Lande, wie Kalifornien . wo Alles erst noch geschaffen werden muss, fein Fortkommen nieht zu finden vermag. Wer aber zur ^lrbeit, sei es welche es wolle, sest entschlossen. ist, der wird auch, moge er nun jnng oder alt sein , in unserm Lande a^n Ende sein Glük machen.

Unsere niedrigsten Arbeitslohne übersteigen diejenigen in ^ew-^ork

ungesähr um die Hälfte , und diejenigen in England^ und Deutschland

um das Vierfache. Die Mehlpreise sind uni die Halste billiger als diejenigen in Liverpool und Rew-^ori. und betragen durchschnittlich 8

Dollars für 200 Vsnnd. Tl..ee, Zuker und Kassee stehen ungefähr gleich

hoch wie in Rew-^ork u n l.. in England.

Kleider und Wohnuug kosten

noch einmal so viel als iu England. Dies ist ein Vunkt, der wohl Wichtigkeit für die Städter, nicht aber fiir die ländliche Beoolkeruug

besizt.

D r i t t e F r a g e . Bringt die Arbeit in den Minen grossern Vortl..eil als die Landwirthsehaf^

^

.

..^7

A n t w o r t . Die Beantwortung dieser Frage ist eine fehr schwierige. Die Landwirtschaft hat in den legten Zeiten eiue solide Grundlage gewonnen^ Die gute Qualität des ealisornischen Getreides und Mehles, die grossen Quantitäten Wolle, Butter, Früchte und Wein, so wie die hohen Breis.., welche für diese Brodukte in Rew^ork und Liverpool bezahlt werden, haben viele .Leute vermocht, sich der .Landwirt..^ schast zu widmen.

Die Verluste, welche den Landwirt^ mitunter treffen, entstehen aus langen, trokenen Sommern.

Die Witterung ^er legten drei Jahre war günstig ^ Regen und Sonnenschein wechselten in entsprechendem Verhältnisse ab . die Landwirthe erhielten schone Ernten, die sie zu vorteilhaften Breisen lossehlugen. Vor vier Jahren aber herrschte eine lang andauernde Trokenheit, in Folge derer viel Vieh zu ..Grunde ging , die Mehlpreise zu einer außerordentlichen Hohe emporstiegen und die. Bevolkerung iu eiuige Be-

drängniss gerieth. Dies Alles ist aber , angesichts der gegenwärtigen

Brosperität, bereits vergessen. Doch ist ...s gnt, wenn die Einwanderer auch die Schattenseite der hiesigen Verhältnisse vor ihrer Ankunft im .. .Lande kennen lernen.

Gewöhnlich fällt im J.^r während sieben Monaten kein Tropfen Regen .^ der reichliche Thau aber kommt der Vegetation zu Hülfe. ^ann

folgen 4 bis .^ Monate hindurch starke Regengüsse , die den Boden

hinlänglich erweichen, nm dessen Bearbeitung und Anpflanzung zu ermöglichen . zugleich liefern sie den Arbeitern iu den trokeueu Blaeers das zum Waschen ..der goldhaltigen Er.^e benötigte Wasser.

^er Tolalertrag unserer Gold- und ..^ilbermineu wird jährlich aus 50 oder 60 Millionen Dollars berechnet. Unsere landwirthseha.stliehen Brodukte werden, wenn dies nicht schon iu. verflossenen Jahre geschehen

ist, die Ziffer von 50 Millionen Dollars iu Bälde erreichen.

Der Werth des seit der lezten Ernte aus Kalifornien e^portirten Getreides und Mehles beläuft sich auf .) Millionen Dollars. Sobald sieh in unserer Bai ein verfügbares Sehisf vorfindet , wird es augen-

^liklich gemietet und mit Getreide, Mehl, Wolle und .Ledex befrachtet.

V i e r t e ^rage.

nien heimisch^ sind^

Gibt es besondere Krankheiten, die in Ealifor-

A n t w o r t . Das Klima Kaliforniens ist das allergesuudefte. Es .bleibt sich während des ganzen Jahres gleich. Der Thermometer va^ riirt zwischen 50 und 90 Grad Fahrenheit.

Es gibt hier weder Frost noch Schueesall , ausgenommen in der Sierra Revada und den Eoast Ronges (einer mit den. stillen Ozean

568 parallel lausenden Gebirgskette, die sich ^wischen diesem und der Sierra Nevada befindet).

. Die einige Schattenseite in den gesundheitlichen Verhältnissen befindet sich in der Rachbarsehast der Minen, wo das Wasser oftmals mit mineralischen Stosfeu geschwängert ist , die ein eigentümliches Fieber erzeugen.

Der kalifornische Weiu beginnt in Rew^ork vorteilhaft bekannt zu werden ^ mit jeden. neuen Jahre vermehrt sieh seine Güte und sein Rus. Da die Reben, nach Ablauf der ..rsten fünf Jahre, einen starken Ertrag liefern, so wird der Wein, nebst der .^eide. in einigen Jahren einen der hauptsächlichsten Anssnhrartikel Kaliforniens bilden.

Früchte sind in Kalifornien in solcher Güte und in solchem Ueberflusse vorhanden, dass sie die Landwirthe bereits in getroknetem und gepresstem Zustande nach den Landern des atlantischen Meeres zu e^portiren beginnen.

Die Seidenraupenzucht ist geglü.t und der beweis geleistet , dass unser .^lima sich hiefür besser eignet als dasjenige von Frankreich oder Jtalien, denn es gibt hier im Sommer keine Gewitter und also selbstverständlich weder Feuchtigkeit noch Elektrizität, die diesem Jusekt so verderblich sind. Ueberall im Staate wurden Millionen von Maulbeerbäumen gepflanzt ; diese Jndustrie ist zu einer grossen Entwikiung be^ rufen und wird zur Vermehrung der ..^ülfsmittel des Landes vieles beitragen.

Mit einem Gefühle des Stoßes füge ich hinzu , dass unser ehemalige Schwei^rkousul , Hr. Heinrich H e u t s e h , zuerst es war, der den Maulbeerbaum und den Seidenwurm aus kalifornischen ^odeu verpflanzte.

Der Betrieb unserer Mannsaktnren liegt no^h in der Kindheit , doch ist auch hier der Fortschritt unverkennbar. Jm Juneru des Landes ^ibt es ziemlich zahlreiche Gerbereien, deren Erzeugnisse ^u guteu ^reisen Absaz finden. Eine Stiesel- u^.d ^.chuhsabrik ist so eben erosfnet wor^

deu und beschäftigt 200 Arbeiter. V^pierfabril^u würden ein lohnendes Unternehmen sein.

Jch habe mich, ein- für allemal, etwas weitläufig über Kalifornien verbreitet.

Es leitete mich hiebei die Abfich^ denjenigen unserer schweizergehen Mitbürger , die sieh mit Auswanderungsplänen nach Amerika tragen , zuverlässige Rachweise ^u liefere. Jch glaube mich in keiner Beziehung der Untertreibung schuldig gemacht ^u haben ; denn ieh habe aus den besten Quellen geschopft und bewohne zudem dieses Land seit 18 Jahren. Mehr als irgend anderswo erfordert es hier der augestrengten Arbeit , dagegen aber ist anch die Bezahlung grosser , als irgeud auders.vo in Amerika.

569 Durch den Zolltarif , der nahezu einem Brohibitionss^stem gleich^ kommt, wird die Einsuhr schweizerischer Erzeugnisse in Sau ^raueiseo vollständig gelähmt. Jch habe daher über die diesjährige schweizerische Einsuhr nur Weniges zu sagen, ^denn ste ist --- die Uhrenmacherei, die Seidenwaaren und Baumwolleugewebe ausgenommen -- nicht von Bedeutuug. Bei dieser Gelegenheit empfehle ich den Uhreufabrikauten, das Gold und Silber an den Uhrengehäusen nicht zu sparen , indem

dieser Umstand die Verkäuflichkeit der. Waare wesentlich bedingt , und eine Uhr , die in der Schweiz als stark gilt , nach hiesigen Begriffen allzu leicht ist. Die amerikanischen Uhren eine starke .Konkurrenz.

machen den schweizerischen

Raeh einem unlängst vom Kongress erlassenen Geseze dürfen keine .Loueurs in Listen oder Fässern von weniger als 30 Gallonen (die Gallone ungefähr 4 .Liter) in den Vereinigten Staaten eingeführt wer-

den. Demgemäß erfolgte seitens des hiesigeu Zollamts die Beschlagnahme von 400 Kisten mit

französischem Absinth im Augeublike ihrer

Ankunft, da jede derselben nicht mehr als 12 Liter enthielt.

Ans die

Reklamationen des Importeurs wurde von der Regierung in Washington die Beschlagnahme, gegen Entrichtung einer Bnsse gleich dem Eingangszolle, sür einmal aufgehoben.

Die so eben ins ^eben getretene Dampsbootlinie, welche die Verbindung ^an Franeiseo^s mit Japan und Ehiua sich zur Ausgabe sezt,

ist ein grosses kommerzielles Ereig..iss. Es würde mich zu weit führen, wollte ich alle die Vortheile aufzählen, welche die Vereinigten Staaten, und ^an ^.raneiseo insbesondere , hieraus ziehen werden. Jeder aus Ehina oder Japan kommende Dampfer bringt uns Reisende , die sich nach Europa begeben und diese Route. derjenigen über Jndien und das rothe Meer vorziehen. Jst einmal die grosse Eisenbahn vollendet , so zweifle ich nicht, dass der grossle Theil des Waaren- und Versoneutrausits sich unser... Kontinent zuwenden und hierbei eine Zeit-. und Geldersparuiss erzielen wird.

Drei ^hweizergesellschasten sind in .^..an ^raneiseo in voller Thä-

tigkeit.

1) Die schweizerische Wohlthätigkeitsgesellschaft, die, obgleich aus dem Prinzip der Gegenseitigkeit beruhend , dennoch einen ^ond gesa^umelt hat, der ihr gestattet, alle bedürftigen Schweizer, besonders aber die neuen A.^ommlinge zu unterstüzen. Diese Gesell-

schast zählt bei 400 Mitgliedern und thut im stillen viel Gutes.

2) Die schweizerisch.. Schüze..gesellschaft , mit ungefähr 50 Mitgliedern, die i^u Gebrauch des Stuzers Vorzügliches leisten.

3) Der schweizerische Gesangverein.

570 Jm Allgemeinen zeichnet sich unsere schweizerische Bevölkerung durch

Moralität, Thätigkeit und Menschenfreundlichkeit aus, sie besizt anch, in so w^eit mir darüber ein Urtheil zusteht, die Achtung der Amerikaner,

in deren Mitte sie sieh bewegt.

Zum Schlusse dieses Berichts noch einige Details über die Einfuhr der Seidenwaaren und Baumwollengewebe.

Der Werth der diesjährigen Einsuhr von Seideuwaaren (haupt^ sächlich Zürchersabrikat) berechnet steh aus 60,000 Dollars, europäische..

Aukaufspreis. Sie bestehen fast ausschliesslich aus schwarzen und karrirten Seideustosfen.

Die Fabrikate von L.^on und Roubai^ sind hier viel beliebter, da sie im Allgemeinen grossere Dichtigkeit besten als die schweizerischen .

leichte Seidenwaaren werden nur wenige perkaust , L^oner fasset aber, halbstark und stark, im Genre der Manusaktur ^Bounel^ in L^on, erfreuen sich eines starken Absazes. Schmale Breiten sind .hier nicht beliebt , man verlangt Breiten von 26, 28 und 40 ^oll.

Seit einigen Jahren wird von Rheinpreussen, namentlich pon Elberfeld, den schweizerischen ^eidenwaareu starke Konkurrent gemacht. Gestreifte und karrirte Waare. halbstark (nicht leicht) , nach neuester Mode, wird iu grossen Breiten (^0 bis 00 Zentimeter) g..t verkaust.

^Der Absaz für Basler Seideubänder ist beschränkt , der Werth der jährlichen Einsnhr beläuft sich ans kaum mehr als zwan^igl.ausend Dollars.

Einfarbige Bänder von Ballen ^un.n..ern bestehen mit Vortheil die Konkurrenz jedes andern Landes.

Die St. Galler Artikel (Monsseline , Rainsook , Bishop Lawns, Jaeonnats) vermi.^en mit den ..^lasgower Mauusakturwaaren nicht zukonkurriren. Brodirte Rideaur^, namentlich in Tüll, haben einen zien.lieh guten , dagegen solche in brodirter Mousseline einen sehr geringen

Absaz.

Der Gesammtbetrag der importirten ^t. Galler Artikel darf auf nicht mehr als 15,000 bis 20,000 Dollars augeschlagen werden.

Schweizerische Stikereien, insosern sie Kragen und Manehetl.en und andere Toilettegegenstände für Damen betreffen, vermogen u.it Rotting^ ham nicht ^u kouk^.rriren . selbst Frankreich hat hie^u keine Aussicht, die Artikel in allerueuestem Gesehmak ausgenomu.en , die eine Spezialität

dieses Landes bilden.

Jn Be^ng ans Julienne, bedrukte Jaeonnats, wie glatte Leinwand und Damast - Tis.hgedeke u. s. w. beherrscht England unsern Markt.

Dasselbe gilt auch von Mouchoirs jeder Art . bedrukt , gefärbt uud Adriauopels. All' dieses findet hier keiue Abnehmer, es sei denn, es werde im Eutrepot verkauft, um nach Mexiko ausgesührt ^u werden.

571 Schweizerische Ginghams mit kleinen Dessins würden sieh auf ...nserm Markte gut verkaufen , wenn nicht der Konsum durch die hohen Einsuhrzölle beschränkt worden wäre.

Die Aussichten sür die ganze europäische Einsuhr des Jahres 1868 sind nicht vielversprechend, und dieses ^wird so lange der Fall sein, bis der Kongress eine namhaste Ermässigung der Einsuhrzolle bewilligt.

Bereits sind die Ramen und Adressen von siebenhundert und sechs in Ealisornien niedergelassenen Schweizern in dem neuen Register dieses .Konsulats eingetragen , und jede Woche bringt uns neue Verzeichnisse aus dem Jnnern des Landes.

Diese 706 Schweizer gehören 21 Kantonen an, nämlich.

365 dem Kanton Tessin , 54

,,

,, ^

^

,,

,,

Zürich,

41 30

,, ,,

,, ,,

Aargau, Graubiinden ,

26 21

,, ,,

19 ,,

,, ,,

,,

Waadt , Gens,

17

,,

,,

Renenbnrg ,

17

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Bericht des schweizerischen Konsuls in San Francisco (Hrn. Verton von Genf) über das Jahr 1867. (Vom Dezember 1867.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1868

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

24

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

27.05.1868

Date Data Seite

559-571

Page Pagina Ref. No

10 005 774

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

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