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nationalräthlichen kommission in Aachen des Rekurses des Hrn. Altlandammann Vinzens Muller,. von Altdorf, gegen das in Injurienstreitsache des Hrn. Albert Curti in Rorschach gegen genannten Herrn Vinzens Muller erlassene Urtheil des Bezirksgerichts St. fallen vom 19. September und 19. November 18^, beziehungsweise den bundesräthlichen Rekursentscheid vom 1.^. Juni 18^7.

(Vom l 6. Dezember 1867.)

Tit. .

Ju einer Forderungsstreitsache des Herrn Vinzens Müller, Klägers und Wiederbeklagten , gegen Herrn Karl Emanuel Müller, Altlandammanu , von Altdorf , und Mithaste , Beklagte und Wiedertläger . herrührend aus dem Verkaufe der Herrschast Eernek in Slavonien , war nach 14 des Vertrages vom 1. September 1858 zur Aburtheilung ein Schiedsgericht ausgestellt worden , welches nach dem Vertrage nur in einer der vier Waldstätte sitzen sollte nnd zu dessen Obmann unterm 17. Juli 1863 Herr Ständerath Häberlin in Weinselden gewählt und als dessen Versammlungsort vorläufig, uuvorgreiflieh dem Entscheide des vollzählig versammelten Schiedsgerichtes, von den anwesenden drei Schiedst richtern die Stadt Luzern bezeichnet wurde. - Zugleich verständigten sieh die Parteien und Schiedsrichter dahin , dass für Richter und Barteien dasjenige Verfahren zur Anwendung komme, welches durch Bundesgesetz bein. Bundesgerichte vorgeschrieben ist. --- Vom Obmann wurde sodann Herr Kantonsgerichtsschreiber Thomma in St. Gallen al.s Aktuar bezeichnet.

Herr Vinzens Müller wurde vom Hrn. Obmann Häberlin

mit schreiben vom 21. März 1864 dahin verständigt, dass die Korrespondenz (Schristenwechsel) in erster Linie mit dem Aktuarius vermittelt werden solle.

Ju Folge dessen sandte der Rekurrent seine Replik an Herrn Thomma nach St. Gallen, bei dem sie am 23. Jänner 1865 eing.eng und von welchem ue gemäss Verfügung vom 24. Jänner an Herrn Fürsprech Hoffmann, ebenfalls in St. Gallen, als Gegenadvokaten versandt wurde.

Herr Albert Eurti, Altkantonsrath, in Rorschaeh, fand nun, es enthalte diese Replik und eine als Beilage beigegebene Drucksehrist gegen seine Person Ehrenkränkungen beziehungsweise Verläumdungen und erhob desshalb gegen den Replikanten vor den St. Gallischen Gerichten , als kornm del^ti, eine Strasklage. Jn der That sind vom St. Gallischen

Strasges^e von 1857, ^ 112 u. ss., Ehrenkränkungen als Vergehen

behandelt und dem Strasrichter zugewiesen . sur den Vrozessgang sind durch das gleiche Gesetz die Formen des Eivilpr.^esses vorgeschrieben.

Der Strafpunkt bildet dabei das Hauptmoment , Aushebung ^er Ver-

letzung und Schadensersatz, als Eivilsolgen des Vergehens, sind Aeees-

sorien. Rekurrent, vor die St. Gallischen Gerichte vorgeladen, protestate gegen das Forum. Richts desto weniger wurde derselbe vom Bezirks-

geriete St. Gallen, ebensalls als korrektionelles Gericht habilitirt, un-

term 1.). September 1866 wegen Unterlassung der Einreichuug der Gegeuprozesseingabe in eine Ordnungsbusse von Fr. 10 versällt , und unterm 19. Rovember 1866 der Verläumdung des Klägers Albert Eurti schuldig erklart und zu Deiner Busse von ^r. 300 verurtheilt, welchen Urtheileu , wie wir ans der neuesten Eingabe des Returrenten vom 6. Dezember 1867 entnehmen, die Regierung von Uri bereits das Ex^e^uatur ertheilt hat.

..^egen die genannten Urtl^.ile rekurrirte Herr Vinzens Müller unter Berufung ans die ^ 3, 50 und 53 der Bundesverfassung und aus die Verfassung des Kantons Uri, wonach die Gerichte von Uri den einigen gesel^lichen Gerichtsstand in Sachen bilden sollen, an den Bundesrath und verlangte Aushebung dieser Urtheile. Vom Bundesrathe wurde un-

term l 2. Juni 1867 der Rekurs als uicht begründet abgewiesen.

Mit Eingabe des Herrn Vinzens Müller. beziehungsweise seines

Anwaltes G.^r, von. l 7. August 1867, rekurrirt nun derselbe gegen diesen bnndesräthlichen Entscheid an die Bundesversammlung.

Es entsteht nun die Frage , ob das Bezirksgericht ^t. Gallen in Aachen kompetent gewesen, oder ob Reknrrent seinem gesetzlichen Richter entrückt worden sei. Als massgebendes, die kantonalen Gesetzgebungen domiuireudes Bundesrecht steht dermalen , nach Ausgleichung frühere...

Sehwaukung..... für Ehrverletzungsklagen folgendes fest.--- Wird nur das eivilrechtliche Moment sestgel..alteu und richtet sich die Klage nur aus Gutmachuug der Verletzung und Schadensersatz oder liegt dieses Vriu.^p

6 der Gesetzgebung des betreffenden Kantons, in welchem die Ehrverle^ung vorgefallen , zu Grunde , wenn auch mit allsälliger aeeessorischer BussAndrohung , so ist die Klage ......im Richter des Wohnorts des ausrechtstehenden Beklagten anzubringen und kann jedenfalls da angebracht werden.

Werden hingegen in einem betreffenden Kantone die daselbst vorgekommeuen Ehrverlel^uugeu als Gegenstand des Strasrechtes, d. h. als Vergehen behandelt, wo die Strafe die Hauptsolge und Restitution der

Ehre und Entschädigung als Eivilsolgen ae^essorisch sind , wie in St.

Gallen, so ist für daselbst begangene Ehrverle^ung , wenn die ^trasklage intentionirt wird, der dortige Richter kompetent.

Die ganze Losnng der vorwürfigen Ausgabe richtet sieh daher nach der Beantwortung der Frage , ob die behauptete Ehrverle^ung in St.

Gallen erfolgt sei oder nicht.

Ehrverle^ungen bedürfen zu ihrer rechtlichen Existenz eines äusserlichen Momentes . sie sind wirtlich A e u s s e r u n g e n gegen Dritte, welche die schuldige Achtung verleben oder Verleumdungen enthalten , welche aber sür die bürgerliche Gesellschaft erst ins Leben treten, wenn der Träger der betreffenden Gedanken sich dieser gegen einen Andern ent.^ äussert hat. Eben so wie das bloss gedachte bleibt auch das geschrien bene Wort so lauge alleiniges Eigentum seines Erzeugers, bis es, sei es durch das Organ des ..^hres oder des Gesichtes zur Keuutniss des Adressaten oder überhaupt eines Andern gebracht wird, und erst von da an datirt seine Existenz n.ach Aussen.

Es kann somit keinem Zweifel nnterli.^en , dass die Ehrverle^nn-

gen , die in den Replik-Eingaben des Rekurreuten sür das Schiedsgericht

liegen sollen, erst da, und mithin in ...^t. Gailen, perfekt geworden und sich zu wirtlichen greisbaren und rechtlich verfolgbaren Ehrenkränkungen ^ualisieirten, als sie in St. Gallen zur Kenntniss des Adressaten. Hrn.

Kautonsgerichtsehreiber Thomma, dem die betreffenden Aktenstücke pfliehtmassig zuzuschicken waren, und der sie eben so^pfliehtmässig zu eroffnen, Einsicht davon zu uehmen un^ dieselben der Gegenpartei zur weitern Vernehmlassung zu^ übermitteln hatte, gelangten und sodann ebendaselbst zur Kenntniss des Herrn Anwaltes Hoffmann kamen. dass somit naeh St. Gallischer Gesetzgebung dem Verlebten der Weg der Strasklage erösfuet, und demnach buudesreehtlich der St. Gallische Richter in Aachen kompetent war.

Mit Uebergehung anderer Einwendungen, deren Uubegründetheit sieh nach obigen prinzipiellen Erörterungen von selbst ergibt, stellt Jhre Kom^ mission den einstimmigen A n t r a g : Rach Einsicht des bundesräthliehen Entscheides vom 12. Juni 1.^67, des Rekurses .^es Herrn Altlandammann Vin^ens Müller von Altdorf

.^m 15. August 1867 und daheriger Vernehmlassung des Herrn Albert Eurti, Altkantonsrath, in Rorschach, vom .....ovember 1867, wird beschlossen :

Der Rekurs des Herrn Vinzens Müller, als nicht begründet, ist abgewiesen.

Bern, den 16. Dezember 1867.

Ramens der .kommission , Der Referent: ^. ^ l ^

..^t.-Rath.

^it^lie^er de... ^mmisüon.

.Herren .

.^. Bünzu^ ln Sd^thurn.

. ^resole. .^ivls.

^. Theller, ln Luzern.

t

^n fran^sts.her Spraye feuille t.édérale^ entsprießt diesem Berichte der ln gIel^her Tendenz gehaltene , ^edveh etwa.^ ausführlichere Bericht de^ französischen Berichterstatters, .^errn Cérés.^Ie.

Der Rekurs Kuller wurde abgewiesen (Nationalrath, 1.^. Dezember.^ Stände rath, 18. Dezember).

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Bericht der nationalräthlichen Kommission in Sachen des Rekurses des Hrn.

Altlandammann Vinzens Müller, von Altdorf, gegen das in Injurienstreitsache des Hrn.

Albert Curti in Rorschach gegen genannten Herrn Vinzens Müller erlassene Urtheil des Bezirk...

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04.01.1868

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