295 Vermehrt sich nicht vielmehr die Zahl derselben von Jahr zu Jahr?

Andere Uebelstände und Mißbrauche, z. B. daß die. Arbeiterklasse, die sieh am meisten über katholische Feiertage. beklagt , regelmäßig alle Montage ihre Arbeit aussezt und so im Jahr 52 Tage profanixt, übergeht die Minderheit Jhrer Kommission mit Stillschweigen.

Nach diesen kurzen rechtlichen Erörterungen und Betrachtungen exlaubt sie sieh den Antrag zu stellen : Es s e i d e m R e k u r s e a l s w o h l b e g x ü n d e t F o l g e zu g e b e n .

B e r n , den 21. Juli 1868.

J. .M. Stählin, Ständerath.

#ST#

Bericht und Antrag der

Commission des Ständerathes, , betreffend einige Abänderungen der Staatsverfassung des Kantons Solothurn., vom 24. November 1867.

(Vom 15. Juli 1868.)

Tit.!

Der Bundesrath beantragt Jhnen, den Abänderungen der Ver-

fassung des Kantons Solothurn, wie sie in den Artikeln 8, 9, 11, 12, 16, 23, 24, 25, 27, 28, 30, 36, 48 und 49 enthalten und von der Mehrheit des Solothurnischen Volkes angenommen worden sind, die Bundesgenehmigung ohne Vorbehalt zu ertheilen, hingegen .der Abänderung des Art. 18, lentes Lemma, die eidg. Garantie zu versagen.

.

^

Jhre kommission stimmt mit und dessen Motipirung überein.

diesem Antrage des Bundesrathes

Der umgeänderte .Art. 18 bestimmt, dass wer nicht Bürger oder Niedergelassener der W.^hngemeinde ist, sich vor dem Abstimmuugstage auch bei eidg. Wahlen und Abstimmungen über einen Aufenthalt von sechs Monaten in derselben auszuweisen habe. Die Kommission , ^wie der Bundesrath, findet diese Bestimmung nicht in Uebereinftimmung mit der Bundesverfassung , nach .welcher das Wahl- und ...lbstimmungsrecht der Aufenthalter bei eidg. Wahlen und Abstimmungen an keinen kürzern

oder längern Ausenthalt geknüpft ist. Zwar entspricht die Bestimmung der alten Verfassung von Solothurn , welche für die Ausenthalter vier ^ Wochen zur Ausübung dieses Rechtes anseht, dem^ Wortinhalt der Buudesversassuug ebeufalls uicht, aber mau kann zugeben, dass dieselbe, die zugleich eine massige ist, nicht ohne praktischen Werth sei, indem sie ge-

eignet sein dürste, allsällige M.ssbräuche zu verhüteu. Ueberdem handelt

es sich heute nur um die Frage der Gewährleistung der Abäuderungen, welche an dieser Verfassung gemacht wurden, so dass die Kommission von dieser Bestimmung, welche die dazumalige Bundesversammlung vielleicht einfach übersehen hat , absehen kann. Durch die neue Zeitbestimmung aber von sechs Monaten würde das Stimm- und Wahlrecht der Aufeuthalter in eidg. Dingen im Kanton ^olothuru ein vollkommen illusorisches und gleichsam aufgehoben. Es liegt daher aus der Hand . dass dieser Abänderung die übliche Garantie nicht ertheilt werden soll, so dass die bezügliche Bestimmuug der alten Verfassung an der Stelle derselben in Kraft verbleibt.

Hinsichtlich des ueuen ^lrt. 24 ist zu bemerken, dass die alte Verfassung von Solothurn, vom Jahr 1856, in Uebereinstimmuug mit dem Art. 42 der Bundesverfassung uebst den im Kanton wohnenden Kantonsbürgern nur die n i e d e r g e l a s s e n e n ausserkantoualeu SchweizerBürger zu den kantonalen Wahlverhaudlungen zulasst ^ der neue Art. 24 hingegen dehut diese Stimmberechtignng auch auf die blossen Auseuthalter aus, eine Ausdehnung, die Jhre Kommission, wie der Bundesrath , als einen Fortschritt nn eidg. Leben freudig begrüsst und welche

Freude nicht getrübt werden soll durch das Missverhältniss, dass ein .^luf-

enthalter , um das Stimmrecht in kantonalen Dingen auszuüben , den grossen Zeitraum von sechs Monaten in der Wohugemeiude stch ausgehalten haben m...ss , während der Niedergelassene sofort mit der Erwerbung der Niederlassung dieses Recht erhält. Es liesse sich fragen, ob der Besorgniss von .sogenannten ambulanten Wählern u. dal. nicht besser in anderer Weise hätte begegnet werden konnen. Die^ Ausgabe der Kommission ist es aber nicht , Mittel und Wege hiefür ^u bezeichnen,

indem sie lediglich den bundesrechtlichen Standpunkt einzunehmen, d. h^

zu prüfen hat,

ob dieser Art. 24 mit den Gesezen des Bundes im

297 Widerspruch stehe oder aber nicht. Jhre Kommission theilt nun ebenfalls die Ansicht des Bundesrathes hierüber , nach welcher , weil nach Art. 42 der Bundesverfassung die Kantone nicht verpflichtet sind , auch die blossen Aufenthalter zum ...^timm- und Wahlrecht in den kantonalen Angelegenheiten zuzulassen, diese folgerichtig gar kein bezügliches Recht in Anspruch nehmen können , somit auf dem bundesrechtliehen Standpunkte gegen die fragliche Bestimmung des Art. 24 keine Einwendung gemacht werden kann.

Wenn die Kommission auch hinsichtlich der übrigen neuen Bestimmungen dieser Verfassung zu keinen.. andern Resultat gelaugt , als wie der Bundesrath, so sieht sie sich dennoch veranlasst, in Kürze ihrem Be^richte noch folgende weitere Auseinandersetzungen beizufügeu, durch deren nächstfolgende die Zustimmung der Kommission zu deu Anträgen . des^ Bundesrathes besonders motivirt wird.

Ju ^Art. 24 ist nämlich die Bestimmung der alten Verfassung dieses Kautons, dahin lautend, dass nur die im Kanton wohueuden Kantonsbürger und Schweizerbürger w e l t l i eh e n S t a n d e s st i m m b e r e c h t i g t seien, wieder ausgenommen.

Es ist bekauut, dass ua.h der schweig. Bundesverfassung die Geistlichen unfähig^ sind , Mitglieder des Nationalrathes, des Bundesrathes und des Bundesgerichtes zu sein ; im ^täuderathe können sie sonderbarerweise si^en. Aehuliehe Bestimmungen finden wir in England, wo.

die katholischen sowohl als die protestantischen Geistlichen im Uuterhause ausgeschlossen sind. Ebenso enthalten einzelne Verfassungen der Ein^ zelustaaten de.^ nordamerikanischen Union gewisse Verbote der Ausübung politischer Funktionen von Seite der Geistliehen. Dass aber die Geistlichen nicht einmal stimmberechtigt sein sollen , erscheint der Kommission denn doch wie eine schreiende Absonderlichkeit. Diese Beschränkuug findet si.h bei mehrern Kantonsverfassuugeu in der Schweiz , welche alle die Genehmigung des Bundes erhalteu haben. So enthält die ^erfassuug des Kantons .....essin vom l. M.^ 1855 folgende Bestimmung, lV. 7.

Gli esercenti professione eccles^stic^ , secolari e re^ol.^ri , non potr^nno essere n.^ elettori ne ele^ibili .^lle cariche coslit.^ion^h ^ die Verfassung des Kantons ^reibnrg Art. 25 : .^on.. citoyens actifs.

c'est^dire , habiles .^ voter dan^ les assemblées politiques et éleclo^.
r.^les . Tons les Fribour^eois ^^.^^ etc. ^ die Verfassung des Kantons Wallis , Art. 64. ll y .i mcomp.^ililé ealre les fonctions civiles et les fonctions ecclesias^qnes ^ die Verfassung des Kautons Zug, Art. 14 : politischer Aktivbürger ist mit Ausnahme der Geistlichen jeder ....in.vohuex des Kantons, welcher ^.

Bekanntlich herrschen bei den Katholiken andere Anschanuugeu hinsichtlich des Aktivbürgerrechtes der Geistlichen , als diess bei den Brotestanten der Fall ist. Jn den meisten protestantischen Kantonen konnen

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^ 8

die .Geistlichen alle mogliehen politischen Stellungen einnehmen, während sie, wie wir gesehen , in einem Theile der .katholischen Kantone starken

Beschränkungen unterliegen. Es ist richtig, die gleichen Gründe, welche

für die Ehelosigkeit der Geistliehen ausgeführt werden, sind auch auf den Ausschluß derselben vom Aktivbürgerrecht anwendbar. Auch wird Riemand glauben, dass die diesssälligen .Forschriften obiger Verfassungen aus einer unkirchlichen Gesinnung hervorgegangen seien, denn der Bischof pon Freiburg z. B. hat ja im Jahr 1857 selbst erklärt ,,dass der Klerus

aus politische Rechte wenig Werth se.^e und dass die Geistlichen selbst nicht wünschen, in die oberste Kantonsbehorde wählbar zu sein. .. Freilieh hat dann der gleiche Bischof eine Brotestation seiner Amtsbrüder über

die fragliche Jnkompatibilität ebenfalls unterzeichnet, was nicht ganz im..^ Einklang mit obiger Erklärung steht. Die Anschauung mancher Katholiken hinsichtlich des Aktivbürgerrechts hängt wohl überhaupt mit der bei ihnen vorherrschenden Auffassung des Klerus als eines den Laien streng geschieden gegenüberstehenden Standes zusammen.

Jhre Kommission findet nun aber dennoch , dass der Ausschluß der Geistlichen sogar von dem Stimmreeht in kantonalen und Gemeindeangelegenheiten, sowie au.h bei allsälligen Vetogemeinden u. dgl. mit dem in Art. 4 der Bundesverfassung enthaltenen Grundrechte im Widerspruch stehe und dass, wenn die Bundesversammlung seiner Zeit Bestimmungen der Kantonsversassungen , welche diesen Ausschluss enthalten ,^ die eidg.

Garantie ertheilt habe, diess aus willkürlicher, künstlicher Auslegung dieses

Artikels der Bundesversassung und aus ihrer Nachgiebigkeit gegen Wünsche der Kantone beruhe, die glaubten, nur mit diesem abnormen Verbote den Frieden erhalten z.i konnen. Solcher Ausschluß der Geistlichen steht auch im Widerspruche mit Schlussnahmen der gleichen Bundesver^ sammlung, die sie gegenüber den Kantonen Ludern und Baselstadt seiner Zeit bei Genehmigung ihrer Verfassungen fasste. Die in der Verfassung des erstern Kantons enthaltene Bedingung eines Vermogensre^uisites für die Stimmsähigkeit der Bürger wurde von der Bundesversammlung als eine Verlegung der durch Art. 4 der Bundesverfassung garantirten Rechtsgleichheit angesehen, mit welcher ein Vorrecht des Vermögens gewiss ebenso unvereinbar sei,^ wie die Vorrechte des Orts, der Geburt u. s.w.

Ebenso wurde einer Bestimmung der Verfassung des Kantons Baselstadt, die den Ausschluß der Dienstboten vom Grossen Rathe vorschrieb , gemäss desselben Art. 4 der Bundesverfassung die eidgenössische Garantie nicht

ertheilt.

Ueberdem ^ist unbestreitbar , dass die Berechtigung eines Kantons ^um Ausschlusse des geistlichen Standes von einem der ersten und allgemeinsten staatsbürgerliehen Rechte, nämlich von dem Stimmrechte, einer ...esondern Bestimmung der Bundesverfassung im Sinne einer Ausnahme von Art. 4 derselben bedurfte, die nun aber nicht vorliegt, um genügend begründet zu erscheinen.

2^9 Solcher Ausschluss der Geistliehen steht aber nicht nur i.n Widerspruch mit Art. 4 der Bundesverfassung und wird dieser Widerspruch^ durch keine der diesem Artikel vor- oder nachstehenden Bestimmungen d.^r Buudesverfassung, so viele mau auch anrnfen mag, ausgehoben,. so.tdern ex verstosst auch gegen das moderne Staatsreeht, gege^n die Humanität,.

mit deren Ausdehnung sich üuser Zeitalter auch in der Schweif so seh.^ .beschäftigt. Man mnss zudem den religiösen Eharakter uuseres Zeitalters^ schlecht kennen, wenn man^ noeh so ernstliche Befürchtungen^ hegt vor^den Bestrebungen der^ultramontanen Vartei (gewisse protestantische Theologen-^ Kollegien übergehen wir hier^ dass man glaubt, gezwungen zu seiu, die geistlichen von Gesezes wegen von den^taatsgeschästen ferne zu halten und sie dadurch zu einem besondern ...Stande, der^sieh gleichsam ausserhalb^ ^des Staates befindet^ zu machen. Die ultramontane Bärtei hat sich übe^r den Grundcharakter unsers Zeitalters stets getäuscht ^und^ .vird^sich^ stets täuschen , denn sicherlich hat jeder Sturmlaus der^ Rea^tion^ keiu^ .Hoffnung^ ans dauernden Ersolg. ^ie heutigen Volker überhaupt^ und auch die Schweiz sind wohl religiöser, aber dessw.^gen nicht wieder hier.archiesreuudlich geworden. Dem Geist unserer Zeit ist jeder auch nur annaherude Gedanke der mittelalterliche^ Hierarchie sremd. Gewiss^ bedarf es des gewalttätigen Ausschlusses des betreffenden Standes nicht, welcher eiue Grosszahl ausgezeichneter, das schweizerische^ Vaterland und uicht die ^urie oder überhaupt die Hierarchie über Alles seiende Bürger in sich .enthält. Von dem liberalen Danton Solothurn namentlich durste erwartet .werden , dass er die vielgenannte Ausschlussbestimmung bei Anlass der Abänderung seiner^ Verfassung beseitigen werde , was nun sreilich nicht geschehen ist.

Es durste diese Erwartung un. so mehr gehegt werden, als in diesem Kantone die Volksbildung so weit vorgerückt sein wird, dass die ultramontane Bartei in der Unwissenheit des Volkes wohl keine Verstärkung ihrer Bestrebungen finden konnte. .

^ Ans dem Gesagten ersehen Sie , dass Jhre Kommission nur aus dem Grunde einen Antrag und eine noch tiefer gehende Begründung des-

selben aus Richtgeuehmiguug die.ser^ Ausschlussbesti.^mung nicht stellt, weil .heute lediglich die ...lbäuder..ugen der Verfassung von Solothnru in Frage kommen, und der Ansschluss der Geistliche^ nicht als eiue Abänderung.

sondern als eine alte von^der Bundesversammlung. schon gewährleistete Bestimmung dieser^ Verfassung erscheint. Würde eine neue Verfassung mit dieser Beschränknug vorliegen, so läge der Antrag Jhrer Kommission auf Richtgenehmigung der ledern ans der Hand.

Schliesslich erlaubeu wir nns noch eine Bemerkung über Art. 27, ^ Zusal.. zu Lemma 1 , welcher lautet . ,,Jnhaber solcher Stelleu , m i t

Ausuahme der Mitglieder des Regieruugsrathes, sind als Mitglieder des Kantonsrathes nicht wählbar.^ Der bisherige, noch gültige Art. 27 lantet hingegen . ^ U n v e r e i n b a r mit der B^ndesbla^. ^ahrg.XX. Bd. III.

24

300 Stelle eines Mitgliedes des Kantonsrathes sind die Beamtungen eines R e g i ex un g s r ..the s^ u. s. w. Obiger Znsat^ zu diesem Artikel scheint einen Widerspruch ^u enthalten , der sieh wohl dadurch aufhebt, dass angenommen wird, es sei mit diesem Paragraphen gemeint, dass die übrigen Amtsstellen , wie Oberamtmann , Amtsschreiber u. s. w. pon der Wahl in den Grossen Rath absolut ausgeschlossen seien , wogegen die Regierungsräthe wohl in den Grossen Rath .gewählt werden konnen, sieh ^dann aber im ^all der Annahme der Wahl sofort ^u erklären haben, dass sie^aus der Regierung austreten.

Die Kommission empfiehlt ^) nun dem Ständerathe die Annahm^ der von dem Bundesrathe gestellten Zutrage : 1. Das abgeänderte letzte Lemma des ^ 1 8 darf bei Volksabstimmungen und Wahlen in. eidgenössischen Angelegenheiten keine Anwendung finden.

2. Den übrigen Abänderungen wird die Bundesgenehmigung ohne .Vorbehalt ertheilt.

Mit

vollkommener Hochachtung und Ergebenheit unterzeichnet

Bern, den 15. Juli 1868.

Für

die .Kommission ,

Der Berichterstatter :

Dr. ^th.

^) .^...m Ständerath angenommen am 1..... J..ll 18^8.

Mitgl.eder der Kommission.

Herren .

1^. J. .^oth^ Teufen.

.I^r. .^. ^. Blumer, ^Iarus.

Aug. Turrel.tmi, ..^enf.

.^. A. Landtwing, Zug.

.^. Stan.m, in Schaf^hausen.

^

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Bericht und Antrag der Commission des Ständerathes, betreffend einige Abänderungen der Staatsverfassung des Kantons Solothurn. vom 24. November 1867. (Vom 15. Juli 1868.)

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1868

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12.09.1868

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