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Schweizerisches Bundesblatt.

XX. Jahrgang. ll.

Nr. 25.

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1. Juni

1868.

Bericht de...

schweizerischen Generalkonsul in London (Hrn.

von Basel) über das Jahr

John R a p p

1867.

(Vom 31. Dezember 1867.)

An den hahen Bundesrath.

Tit..

Das verflossene Jahr ist in politischer Beziehung für England ein sehr wichtiges gewesen. Einerseits herrsehten darin sortdauernde Erschlafsung des Handels, innere Unruhen , die hauptsächlich in dem Zustande Jrlauds ihren Grund haben, und dann noch der abyssinische Krieg. Auf der andern Seite steht im Vordergrund die in diesen. Jahre angenommene Resormbill, deren Wirkungen indessen erst mit dem neuen, im Jahr 186.) ins .Leben tretenden ..Parlament zur Reise gedeihen werden und deren Diskussion beinahe die ganze Session ansschliesslieh in Anspruch nahm, so dass weitere dringende Massregeln, .oie z. B. die Bill sur die Erziehung des Volkes, eine Landbill für Jrland , die Reform der Vankerottgeseze ..e. für die kommende Zession verschoben werden mui.ten.

Der Handel lag im ganzen Jahre darnieder, und in Folge der derben Lektionen vom Jahr l 866, sowie der schweren Gewitterwolken, welche fortwahrend den politischen Horizont Europas verdüsterten, blieb

Bundesblatt. Jahrg. XX. Bd. II.

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576 das sonst den Unternehmungen gewogene Kapital in den Banken begraben oder in allen ersten Obligationen angelegt.

^luch Banmwolle ist um zirka 50 .^ gefallen und hat besonders in Liverpool Ruin und unsägliche Katastrophen nach sieh gezogen.

Der Diseonto,^ der Anfangs 1867 aus 3^ stand, ist allmählig aus 2 und sogar aus 1^ .^ zurükgegangeu, und selbst zu lezterm Saze

ist gutes Vapier selten.

Der Werth der Ausfuhrartikel Englands im Jahre 1867 betrug in runden Summen. ^ 181,183,97l gegen ^ 188,917,536 in 1866, ^ 165,835,725 in 1865, der der Einfuhr in den 11 ersten Monaten

^ 196,884,787 gegen ^ 21 1,541,1 .l 8 in 1866 pro 30. Rovember, ^ 180,417,221 in 1865 pro 30. Rovember.

Eonsols fluktuirten zwischen 90^ ..nid 94^.

Hier folgen einige Details über die hauptsächlichsten Jmportartikel der Schweiz nach Großbritannien.

Seidenwaaren.

Es scheint aus den mir gewordenen Mittheiluugeu hervorzugehen, dass im Ganzen die Verhältnisse die gleichen geblieben sind wie im Jahr 1866.

Es sind weder Veränderungen in der relativen Vosition der Schweizersabrikate gegenüber derjenigen anderer Rationen , noch VerBesserungen der allgemeinen Geschästsverhältuisse eingetreten. Der Han-

del mit Zürich in breiten Seid en sto s f e n ist jezt noch so gedrükt wi...

im lezten Jahre.

Basel behauptet dagegen für Seid e n b a n d e r seine Stellung gegeuüber allen andern Rationen, und es ist zu hoffen, dass Zürich bald in ...hnlieher Weise emporblühen moge.

W e i s s e St. G a l l e r u n d A p p e n ^ e l l e r B a u m w o l l e n . o a a r e n , gewoben, gestikt, und Vorhänge.

Rach den mir gewordenen Mittheilungen ist das Jahr 1867 sür Schweizer .. Bau^uwollenwaaren ein beispiellos schlechtes gewesen^ nieht nur der allgemeinen Stoknng des Handels in England und des immer wechselnden Standes des Baumwollmarktes, sondern auch der mehr und mehr zunehmenden Aenderungen in Gesehmak und Mode wegen.

Die ausserordeutliche Krisis oder, richtiger gesagt, der schrekliehe Schwindel vom Jahr 1866 hat sich in seinen ernsten Folgen erst später recht sühlbar gemacht und aus den Verkehr eingewirkt ^ es hat an Zutrauen im

Allgemeine^ gefehlt. .

Den ,, B l a t t s t i e h w a a r e n ^ (Rullen und Bou^uets^ sind leichtere Fabrikate vorgezogen worden, und der regelmässige Verkauf ist aus hie-

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sigem Bla^ überdiess durch Zwangsverkäuse von namhasten Bartien unter den St. Galler Kostenpreisen erschwert worden , was sieh aus den eingetretenen Bankerotten erklären liess. Unsere Fabrikanten verderben sich und andern gar oft den Handel durch den leichtsinnigen Kredit, den sie Häusern gewähren , welche .veder Vrinzipien noch Mittel haben.

Der Fabrikation von G a z e - V o r hä n g e n ist mehr Aufmerksamkeit geschenkt, u..d es sind Bestrebungen gemacht worden, um das Vorurteil gegen diesen Artikel ^u bekämpfen, Bestrebungen, die nicht ganz ohne Erfolg geblieben sind. Garne von besserer uud feinerer Qualität sind verwendet worden, und namentlich das Blumengarn, wodurch die Zeichnung fester und kräftiger aus dem Boden hervortritt. Dessen ungeachtet ist zu bekennen, dass, in Bezug auf das Ansehen und den Gesehmak, die Schotten einen gewissen Vorsprung vor uns haben, und es unverdrossener, anhaltender Mühe bedarf, um denselben einigermaßen beizukommen. Die Arbeitslohn sind so viel niedriger in der Schweiz, dass anzunehmen ist, man konnte mit etwas grosserm Unteruehmung^geist, soliderer Waare und natürlichen, geschmackvollen Dessins grossere Geschäfte in den. Artikel machen.

Hinsichtlich der G e f t i k t e n M o u s s e l i n e und Tülle-V o r h ä n g e , welche troz aller andern Porten, die damit in Konkurrenz kommen, den Rang gewissermaßen und mit Recht behaupten, kann mit einigem Rükhalt das Gleiche gesagt werden. Bei dem Fortschritt in allen Zweigen der Kunst, Wissenschaft und Fabrikation thun die Zeichner gut , beständig bestrebt zu sein, dass sie von Jahr zu Jahr die Zeichnungen vollständig ändern, soust konnten wir durch die Rottingl.^amer , .die uusere Dessins genau nachmachen und verbessern, zum Theil verdrängt werden.

An der Solidität unserer gestillten Vorhänge wird hie und da gezweifelt, namentlich weil osters Stellen im Tülle vorkommen sollen, die, wie es scheint , b^.i der Fabrikation gelitten haben nnd ausgebessert worden sind. Ein wichtiger^.lmstand ist die Bleiche . denn die .Waaren werden dadurch ost verdorben, besonders die Ga^es, aber auch die andern Vorhänge. Das gan^e System in der Ausrüstung ist bekanntlich mangelhast, und es darf angenommen werden, dass .oir, wenn einmal établisseinente gegründet werden , wo Bleiche und Appretur vereint vorgenommen werden, anstatt, wie bisher, zwei Geschäfte daraus zu machen, in vielen Artikeln den Schotten und Franzosen gleichkommen werden.

Der Verkauf von

Mo d e w a a r e n im eigentlichen Sinne, in Handstikerei, wird immer unbedeutender. Das scheinbare Bestreben der Damen n.ich Einsachheit , indem sie noch der

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578 Mode anhangen, die kleinen glatten fragen und Manchetten von Leinwand zu tragen, thut Bossen Eintrag. Für andern Gebrauch, Unterroke, ^inderkleider ..e. sollen Madeira-Stikereie.. den unsrigen porgevogen werden.

Entr^d.....^ von

M a schi u e n - S t i k e r e i e n seheinen für montirte Sachen theilweise durch Valeneie..nes- und El..ngSpi^eu ersezt zu werden.

E^ soll überhaupt in England schwieriger werden, ein Weisswaarengeschäft^ von Sehwei^er^Manusakturen als Spezialität ^u betreiben. es soll vielmehr gerathen sein , Fabrikate anderer .Länder beizuziehen und die Artikel zu vervielfachen , was die meisten hiesigen Stikerel- und S^izeuhäudler bereits ins Auge gesasst und darnach gehandelt haben.

Man glaubt, es .oäre gnt, wenn von unsern Fabrikanten in der Schweiz wieder etwas Reues geschafft würde, uni den. Handel in ihren Artikeln mehr Aufschwung zu geben.

T o g g e n l. u r g e r - .^ a b r i k a t e , gefärbt, gewobene Baumwollenwaareu.

Betreffend die Importation dieser schweizerischen Fabrikate nach Großbritannien durfte man im Jahr l 866 der Hoffnung Raum geben, es werde das Jahr l867 sür die Produzenten etwas günstigere Resultate ^u Tage fordern, und ^ar im Hinblik auf den ^u Ende des erstern Jahres eingetretenen, bedeutenden Abschlag der rohen Baumwolle, die, Middlin^Upplaud als Basis angenommen, am 6. Januar l 867 ans 15^ d. per ^sund herabging, ^oelche^.. Abschlag dann die täglich ein.^ laufenden ungünstigen Ernteberichte, namentlich diejenigen aus den Süd^ staaten Nordamerikas, Halt ^u gebieten schienen. Diese zwar noeh von Vielen mit Misstrauen aufgenommenen Berichte erwahrten sieh auch nicht in dem Mass... , um grosses Vertrauen hervorzurufen , denn der Ausfall Amerikas wurde reichlich dureh enorme Jmportationen aus andern Baumwollläudern, nanientlieh aus Judien, das in der Eultivation der Baum..

wolle im Vergleiche zu den ^rühern Jahren unglaubliche Fortschritte machte, aufgewogen.

Dnrch neue, verbesserte Reinignngsmasehinen wurde die indische Bauu.wolle aus eine ..^tufe gebracht , die es ihr er..

^nogliehte, gegenüber der amerikanischen Baumwolle , so weit es namlieh die grobern Gespinnste bis auf Rr. ^/.^ anbetrifft, eine nicht unwichtige

Rolle zu spielen.

Liverpool wurde also reichlich versorgt . anch die für die feinern Gespinnste notwendigen Qualitäten, wie die ägyptische u. s. w., fehlten ^.icht, so dass Jnhaber von allen Sorten immer willige Verkäufer waren.

^n diesen wiehtigeu Gründen gesellten sich nun aber, wie zu erwarten

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stand, die immer lauter und unheimlicher werdenden BaumwollenwaarenMarktberichte der am meisten kons..mirenden Exportpläne , wie Manila, Japan, Jndien, Afrika, W.stiudien, Rord- .....nd Südamerika, die sämmtlich bedeutende Konsumenten unserer Schwei^erfabrikate sind.

Wie gewohnt, nahm die Krisis in Amerika ihren Ansang, dehnte sich aber ans die Nachricht von der unaufhaltsam fallenden Tendenz des Baumwollmarktes in Liverpool auf alle übrigen Exportpläne ans. Der Handel gerieth während vielen Monaten in totale Stokung.

Diese Verhältnisse hatten nun anch aus die Toggenburger-Artikel einen ungünstigen Einsinss^ Asrika allein schien ihrer noch zu bedürfen, denn von dorther war beinahe ununterbrochen ziemlich Rachfrage, wenn auch zu nicht sehr lukrativen preisen. Westiudien kaufte in den ersten Monaten des Jahres ebenfalls , aber in keinem Vergleich zu andern Jahren. Den Gegensaz zu Afrika bilden J^pan und Manila , in gewohnlichen Reiten sonst grosse Konsumenten der schweizerischen Fabrikate.

Die dortigen Märkte waren aussergewohnlieh stark mit unseru. Artikeln übersührt, was um so mehr zu deren Entwertung beitrug, so dass Ex^ porteurs, um Verkäufe zu erzielen, ost weit unter dem Postenpreis losschlagen mussten. Jn Yokohama sollen ^. B. zirka 160,000 Stük Tasfaehellas, zum grossten Theil ^hweizerwaare, theilweise direkt, theil^ weise durch holländische Häuser importirt, im Vorrath gewesen sein und sieh jezt noch auf zirka 1^0,000 ..^tük belausen . wahrend nur wenig.

...Nachfrage vorhanden sei. Mauritius war in der ersten Hälfte des^ Jahres wegen des dort ausg..broche..eu Fiebers nicht im Markte, gegen Ende des Jahres ^igte sich aber eiue^ ganz kleine ^essernn^. Rordund ^üdamerik.^ blieben unter Rull, und von einer erwähnenswerthen Rachsrage in den bedeutendsten ...^chweizermanufakturen, wie Ginghams, war bei der eintretenden Herbstsaison auch nicht die mindeste ^pnr..

Die folgen dieser Depression waren für unsere ^ehweizerfabritanten sehr ungünstig ; dagegen hielten sich die schottischen Fabrikanten , so weit es Produzenten von gefärbt gewobeneu Vaumwolleuwaare.. anbetrifft, zientlieh gut, da sie dem ...^rnudsaze zu huldigen scheinen . ,,der erste Verlust der beste^ und demgewäss il.^re Vorräthe schon iu deu erste.n Monaten des Jahres losschlugen und Ordres in .Antizipation von noch niederern
Vreisen aeeeptirten, wodurch sie die .Konkurrenz der Schweizersabrikanten für lange aus dem Felde hielten. Die leztern würden vielleicht gnt thun, mehr aus zuverlässige Berichte Rüksieht zu nehmen, da sich hiednreh ihre Lage manchmal besser gestalten ^würde.

U h r en .

Jm soeben zn Ende gegangenen Jahre war der Handel hierin so zn sagen ans den Absaz im Jnnern beschränkt, denn die Bestellungen für die .^olouien si.nd seit manchen Jahren nicht mehr so gering gewesen.

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Jn Australien liegen die ^eschäste allgemein darnieder ; Westindien wurde durch die Elemente verwüstet ; aber die heutige Stokung.

ist hauptsächlich eine. Folge der Kriege in Südamerika und der allzu hohen Tarife in Nordamerika.

Die Mittelklasse in England steht noch unter den. Drnke der uuglükliehen kommerziellen Ereignisse von 1.^66, und es wurde der grosste Theil der Uhren, und zwar in den geringsten Sorten, an Arbeiter oder Handwerker verkaust, um so mehr als sie in den Fabriken noch nie auf einem so niedern Breise standen.

Strohwaaren.

^aeh den mir zugegangenen Berichten scheint das verflossene Jahr für den Strohhandel eines der schwierigsten, die man jemals dnrehznmachen hatte , gewesen zu sein , indem diese Branche neben der allge-

meinen Gesehästsstokung in Folg.. der lezten Geldkrisis auch durch die

fortdauernde Mode der Ehignons gelahmt war. Ju unserm .^ande musste man den vielen Brodloseu in den Strohdistrikten durch Arbeitgeben zu Hülse kommen, so dass derWerth der in England versertigten Strohgefleehte durchschnittlich uu. 40 ^ siel, was natürlich wieder zur ^olge hatte , dass di... Importation von allen Sorten von Schweizergeflechten äusserst limitirt war und hauptsächlich ans Vuzartikeln zur Ausstassirung von Herren^ und Damenhüten bestand . da der Werth dieser Artikel nicht sehr gross ^ist und der Verbranch von Rosshaargeweben auch sehr gering war, so ist nicht anzunehmen, dass der Werth der Totalimportation von Sehn.eizerwaaren sich ans mehr als zirka ^ 35,000

bis ^ 40,000 belaufen habe.

Es sollen sich indessen einige Symptome von Besserung zeigen , die aber, wie es den Anschein hat, dadurch etwas paralisirt werden . dass die erwähnten Ehignons stets noch in der Mode sind, so dass die ..^onsumation von Strohwaaren notwendigerweise limitirt bleiben mnss , aus dem nämlichen Grunde ist , im Vergleich mit srnhern Jahren , wenig mit Amerika gemacht worden.

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Bericht des schweizerischen Generalkonsul in London (Hrn. John R a p p von Basel) über das Jahr 1867. (Vom 31. Dezember 1867.)

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