# S T #

88.049

Botschaft über die Gewährleistung der Verfassungen der Kantone Luzern, Freiburg, Graubünden und Genf

vom 17. August 1988

Sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen den Entwurf zu einem Bundesbeschluss über die Gewährleistung der geänderten Verfassungen der Kantone Luzern, Freiburg, Graubünden und Genf mit dem Antrag auf Zustimmung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

17. August 1988

1988-394

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Stich Der Bundeskanzler: Buser

22 Bundesblatt. 140.Jahrgang. Bd.III

509

Übersicht Nach Artikel 6 Absatz l der Bundesverfassung sind die Kantone verpflichtet, für ihre Verfassung die Gewährleistung des Bundes einzuholen. Nach Absatz 2 des gleichen Artikels gewährleistet der Bund kantonale Verfassungen, wenn sie weder die Bundesverfassung noch das übrige Bundesrecht verletzen, die Ausübung der politischen Rechte in republikanischen Formen sichern, vom Volk angenommen worden sind und revidiert werden können, sofern die absolute Mehrheit der Bürger es verlangt. Erfüllt eine kantonale Verfassung diese Voraussetzungen, so muss sie gewährleistet werden; erfüllt eine kantonale Verfassungsnorm eine dieser Voraussetzungen nicht, so darf sie nicht gewährleistet werden.

Die vorliegenden Verfassungsänderungen haben zum Gegenstand: - im Kanton Luzern: die Herabsetzung der Wartefristfür die Erlangung des politischen Wohnsitzes; - im Kanton Freiburg: die Einführung eines variablen Grenzbetrages für die Unterstellung von Ausgaben unter das Finanzreferendum sowie die Aufhebung der Bewilligungspflicht für Liegenschaftsverkäufe und -teilungen der Gemeinden; - im Kanton Graubünden: die Organisation der kantonalen Erziehungskommission und der kantonalen Sanitätskommission sowie die Zuständigkeit für die Bewilligung von Nachkrediten; - im Kanton Genf: die Gleichberechtigung von Mann und Frau.

Alle Änderungen entsprechen dem Artikel 6 Absatz 2 der Bundesverfassung; sie sind deshalb zu gewährleisten.

510

Botschaft I

Die einzelnen Revisionen

II

Verfassung des Kantons Luzern

In der Volksabstimmung vom 6. Dezember 1987 haben die Stimmbürger des Kantons Luzern einer Änderung der Paragraphen 27 und 28 Absatz l ihrer Staatsverfassung mit 56 085 Ja gegen 35 648 Nein zugestimmt. Mit Schreiben vom 7. Januar 1988 ersucht der Staatsschreiber um die eidgenössische Gewährleistung.

III

Wartefrist zur Erlangung des politischen Wohnsitzes

Der bisherige und der neue Text lauten: Bisheriger Text § 27 Stimmberechtigung im Kanton Im Kanton ist stimmberechtigt, wer stimmfähig ist und seit mindestens zwei Monaten im Kantonsgebiet seinen gesetzlich geregelten Wohnsitz hat.

§ 28 Abs. l Stimmberechtigung in den Gemeinden 1 In der Einwohnergemeinde ist stimmberechtigt, wer stimmfähig ist und seit mindestens zwei Monaten im Gemeindegebiet seinen gesetzlich geregelten Wohnsitz hat.

Neuer Text § 27 Stimmberechtigung im Kanton Im Kanton ist stimmberechtigt, wer stimmfähig ist und im Kantonsgebiet seinen politischen Wohnsitz hat. Das Gesetz bestimmt, wie und bis zu welchem Zeitpunkt vor einer Wahl oder Abstimmung der politische Wohnsitz zu begründen ist.

§ 28 Abs. l Stimmberechtigung in der Gemeinde 1 In der Einwohnergemeinde ist stimmberechtigt, wer stimmfähig ist und im Gemeindegebiet seinen politischen Wohnsitz hat. Das Gesetz bestimmt, wie und bis zu welchem Zeitpunkt vor einer Wahl oder Abstimmung der politische Wohnsitz zu begründen ist.

Mit der Änderung soll die bisherige Wartefrist von zwei Monaten für die Erlangung des politischen Wohnsitzes in kantonalen und kommunalen Angelegenheiten auf fünf Tage herabgesetzt und so an die Regelung des Bundesgesetzes über die politischen Rechte (Art. 4 Abs. 2; SR 161.1) angepasst werden. Zu diesem Zweck wird die konkrete Festlegung der Frist an den Gesetzgeber delegiert.

511

112

Bundesrechtmässigkeit

Die neue Regelung lehnt sich an das geltende Bundesrecht und die bereits in den Kantonen Zürich, Uri, Schwyz, Nidwaiden, Glarus, Solothurn, Basel-Landschaft, Schaffhausen, Appenzell-Innerrhoden, Aargau, Thurgau, Neuenburg und Jura geltenden Bestimmungen an, welche zwar die Wartefrist vollständig aufgehoben haben, sei es auf Verfassungsebene, sei es auf Gesetzesebene, aber die Wahlregister in der Regel fünf Tage vor der Abstimmung schliessen. Nach Artikel 74 Absatz 4 der Bundesverfassung können die Kantone das Stimm- und Wahlrecht für ihren Bereich selbständig regeln, und Artikel 43 Absatz 5 der Bundesverfassung, der auf eine Wartefrist von drei Monaten hinweist, ist seit jeher nur als bundesrechtliche Maximalfrist verstanden worden (Fleiner/Giacometti, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, Zürich 1949, S. 270). Da die Änderung weder die Bundesverfassung noch sonstiges Bundesrecht verletzt, ist ihr die eidgenössische Gewährleistung zu erteilen.

12

Verfassung des Kantons Freiburg

In der Volksabstimmung vom 8. Juni 1986 haben die Stimmbürger des Kantons Freiburg der Änderung von Artikel 28b!s Absätze 2 und 3 der Kantonsverfassung sowie der Einfügung eines Absatz 4 in Artikel 28bis mit 7265 Ja gegen 5454 Nein zugestimmt; in der Volksabstimmung vom 5. April 1987 haben sie ferner der Änderung von Artikel 52 Absatz l Buchstabe f der Kantonsverfassung mit 31 829 Ja gegen 9480 Nein zugestimmt. Mit Schreiben vom 22. März 1988 ersucht der Staatsrat um die eidgenössische Gewährleistung.

121

Finanzreferendum

Der bisherige und der neue Text lauten: Bisheriger Text Art. 28bis Abs. 2 und 3 2 Jedes Gesetz oder Dekret, das eine ausserordentliche Ausgabe von über 500 000 Franken zur Folge hat, ist auf Verlangen eines Viertels der Grossräte oder von 6000 Aktivbürgern der Volksabstimmung zu unterstellen.

: 3 Jedes Gesetz oder Dekret, das eine ausserordentliche Ausgabe von mehr als 3 000 000 Franken (drei Millionen) zur Folge hat, muss der Volksabstimmung unterbreitet werden.

Neuer Text Art. 28bis Abs. 2-4 2 Jedes Gesetz oder Dekret, das eine neue Nettoausgabe zur Folge hat, die l % des Totais der Ausgaben der letzten vom Grossen Rat genehmigten Staatsrechnung übersteigt, muss der Volksabstimmung unterbreitet werden.

3 Jedes Gesetz oder Dekret, das eine neue Nettoausgabe zur Folge hat, die Vt % dieses Totais übersteigt, ist auf Verlangen von 6000 Aktivbürgern oder eines Viertels der Grossräte der Volksabstimmung zu unterstellen.

512

4

Als letzte massgebliche Staatsrechnung gilt jene, die vor der Annahme des Gesetzesoder Dekretsentwurfs durch den Staatsrat vom Grossen Rat genehmigt worden ist.

Mit der Änderung wird anstelle einer festen Limite für die Unterstellung einer Ausgabe unter das Finanzreferendum eine variable Limite eingeführt. Diese wird durch einen prozentualen Anteil am Ausgabentotal der letzten vom Grossen Rat genehmigten Staatsrechnung gebildet, womit sich insbesondere eine periodische Anpassung an die Teuerung erübrigt.

122

Verkauf und Teilung von Gemeindegrundstücken

Der bisherige und der neue Text lauten: Bisheriger Text Art. 52 Abs. l Bst. f f. er1' überwacht die Verwaltung der Gemeinden und Pfarreien und bewilligt den Verkauf oder die Teilung ihrer Liegenschaften (die Kirchengüter sind nicht mit inbegrif f en) ;

Neuer Text Art. 52 Abs. l Bst. f f. er1' überwacht die Verwaltung der Gemeinden;

Nach bisherigem Verfassungsrecht benötigten Liegenschaftsveräusserungen durch die Gemeinden eine Bewilligung des Staatsrates. Mit der Änderung wird die Bewilligungspflicht durch ein allgemeines Aufsichtsrecht des Staatsrates ersetzt.

123

Bundesrechtmässigkeit

Sowohl die Bestimmungen über das Finanzreferendum als auch die Regelung der Aufsicht über die Gemeinden liegen vollständig im Bereiche der kantonalen Organisationskompetenz. Da sie weder die Bundesverfassung, noch sonstiges Bundesrecht verletzen, ist ihnen die eidgenössische Gewährleistung zu erteilen.

13

Verfassung des Kantons Graubünden

In der Volksabstimmung vom 6. Dezember 1987 haben die Stimmbürger des Kantons Graubünden einer Änderung der Artikel 18 und 27 der Kantonsverfassung sowie der Aufhebung von Artikel 32 Absatz 2 der Kantonsverfassung mit 20674 Ja gegen 17880 Nein zugestimmt; in der Volksabstimmung vom 20. März 1988 haben sie ferner der Änderung von Artikel 19 Absätze 2-4 der

') d. h. der Staatsrat.

513

Kantonsverfassung mit 11 580 Ja gegen 5815 Nein zugestimmt. Mit Schreiben vom 16. Dezember 1987 sowie vom 29. März 1988 ersucht die Standeskanzlei um die eidgenössische Gewährleistung.

131

Kantonale Erziehungs- und Sanitätskommission

Der bisherige und der neue Text lauten: Bisheriger Text Art. 18 Der Grosse Rat wählt frei aus allen stimmberechtigten Kantonseinwohnern das Kantonsgericht, das Verwaltungsgericht, den Bankrat der Graubündner Kantonalbank sowie die Erziehungs--und Sanitätskommission und setzt die Geschäftsordnungen dieser Be!

hörden fest.

Art. 27 1 Dem Erziehungsdepartement wird zur Behandlung aller wichtigen Geschäfte des Erziehungs- und Schulwesens eine Kommission beigegeben.

2 Die Erziehungskommission besteht aus fünf Mitgliedern. Der jeweilige Vosteher des Erziehungsdepartementes ist von Amtes wegen Präsident der Kommission. Die übrigen vier Mitglieder werden vom Grossen Rat auf vier Jahre gewählt. Sie sind wieder wählbar. Amtierende Lehrer der Primär-, Sekundär- und Mittelschulstufe sind nicht wählbar. Für die Aufgaben und den Tätigkeitsbereich der Erziehungskommission stellt die Regierung ein Reglement auf.

3 Ebenso wird dem Sanitätsdepartement zum gleichen Zweck eine Kommission von zwei Mitgliedern beigegeben, welche ebenfalls für die gleiche Amtsdauer vom Grossen Rat gewählt wird.

Art. 32 Abs. 2 , 2 Bei allen Wahlen, welche das Erziehungs- und Sanitätswesen betreffen, müssen bezügliche Vorschläge von der Erziehungs- respektive Sanitätskommission vorliegen.

Neuer Text Art. 18 Der Grosse Rat wählt frei aus allen stimmberechtigten Kantonseinwohnern das Kantonsgericht, das Verwaltungsgericht und den Bankrat der Graubündner Kantonalbank.

Er setzt die Geschäftsordnung dieser Behörden fest.

: Art. 27 1 Den Departementen wird zur Behandlung aller wichtigen Fragen des Erziehungs- bzw.

Gesundheitswesens je eine von der Regierung gewählte Kommission beigegeben.

2 Die Erziehungskommission besteht aus neun, die Sanitätskommission aus fünf Mitgliedern. Der jeweilige Departementsvorsteher ist von Amtes wegen Präsident der Kommission. Die übrigen Mitglieder der Kommission werden auf vier Jahre gewählt und sind wieder wählbar.

3 Die Kommissionen nehmen insbesondere Stellung zu Gesetzes- und Verordnungsvorlagen und bereiten alle bedeutenden Wahlgeschäfte vor. Die Erziehung'skommission entscheidet über Beschwerden im Mittelschulbereich und äussert sich zu Fragen über Schutz und Pflege der sprachlichen Minderheiten in der Schule.

4 Die Regierung regelt die Aufgaben und den Tätigkeitsbereich der Kommissionen.

514

Art. 32 Abs. 2 Aufgehoben

Mit der Änderung wird die Mitgliederzahl der kantonalen Erziehungskommission auf neun, diejenige der kantonalen Sanitätskommission auf fünf erhöht/ Neue Wahlbehörde ist anstelle des Grossen Rates der Regierungsrat. Die Erziehungskommission übernimmt zudem neue Funktionen als Beschwerdeinstanz im Mittelschulbereich.

132

Bewilligung von Nachtragskrediten

Der bisherige und der neue Text lauten: Bisheriger Text Art. 19 Abs. 2 und 3 2 Er1' prüft jährlich die Staatsrechnung, sowie die Jahresrechnungen der Kantonalbank; er bestimmt (mit Vorbehalt der Beschränkung in Art. 2 Ziff. 6) den jährlichen Voranschlag der Einnahmen und Ausgaben des Staatshaushaltes nach Massgabe der bestehenden Gesetze und Beschlüsse, sowie die zur Deckung des Ausfalles nötige Steuer auf Grund des jeweiligen Steuergesetzes.

3 Stehen grössere Defizite des Kantons im Zusammenhang mit Massnahmen des Bundes zur Förderung einer ausgeglichenen konjunkturellen Entwicklung und zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, kann der Grosse Rat vorübergehend auf Steuererhöhungen verzichten.

Neuer Text Art. 19 Abs. 2-4 - Er1' prüft jährlich die Staatsrechnung sowie die Jahresrechnungen der Kantonalbank.

3 Er 1 ' bestimmt, wenn die Verfassung (Art. 2 Ziff. 6) oder, ausnahmsweise für Nachtragskredite, das Gesetz keine andere Zuständigkeit vorsieht, den jährlichen Voranschlag der Einnahmen und Ausgaben des Staatshaushaltes nach Massgabe der bestehenden Gesetze und Beschlüsse. Er setzt die zur Deckung des Ausfalles nötige Steuer aufgrund des jeweiligen Steuergesetzes fest.

Der bisherige Absatz 3 wird zu Absatz 4

Die Änderung ermöglicht es, dass Nachtragskredite zum Voranschlag nicht nur vom Grossen Rat, sondern wie im neuen Finanzhaushaltsgesetz vorgesehen, ausserhalb der Sessionszeiten auch von der Geschäftsfprüfungskommission des Grossen Rates bewilligt werden können.

133

Bundesrechtmässigkeit

Nach der heute im Rahmen der Bundesvefassung praktizierten Kompetenzverteilung werden sowohl das Schul- und Erziehungswesen als auch das Gesundheitswesen im Grundsatz als Sache der Kantone betrachtet. Entsprechend liegt '' d. h. der Grosse Rat. ·

·

, .

515

die vorliegende Änderung der Kantonsverfassung vollständig im Bereiche der kantonalen Organisationskompetenz. Ebenfalls im Rahmen der kantonalen Organisationskompetenz liegt die Zuständigkeitsregelung für die Bewilligung von Nachtragskrediten. Da die Änderungen weder der Bundesverfassung noch sonstigem Bundesrecht widersprechen, ist ihnen die eidgenössische Gewährleistung zu erteilen.

, , 14

Verfassung des Kantons Genf

In der Volksabstimmung vom 6. Dezember 1987 haben die Stimmbürger des Kantons Genf der Aufnahme des Artikels 2A in die Kantonsverfassung mit 55 701 Ja gegen 9383 Nein zugestimmt. Mit Schreiben vom 20. Januar 1988 ersucht der Staatsrat um die eidgenössische Gewährleistung.

141

Gleichberechtigung von Mann und Frau

Der neue Text lautet: Neuer Text Art. 2A Gleichheit 1 Mann und Frau sind gleichberechtigt.

zwischen Mann und 2 Die gesetzgebenden und ausführenden Behörden haben Massnahmen zu Frau treffen, um die Verwirklichung dieses Grundsatzes sicherzustellen; die richterlichen Behörden haben darüber zu wachen, .dass dieser Grundsatz eingehalten wird.

Der bisherige Art. 2A wird zu Ait. 2B

Der neue Verfassungsartikel bezweckt, den Grundsatz der Gleichberechtigung von Mann und Frau im Genfer Recht zu verwirklichen und die Aufgaben der gesetzgebenden, ausführenden und richterlichen Behörden zur Verwirklichung dieses Grundsatzes zu präzisieren.

142

Bundesrechtmässigkeit

Nach Lehre und Praxis haben die Grundrechte der Kantonsverfassungen soweit selbständige Bedeutung, als sie einen über das Bundesrecht hinausgehenden Schutz gewähren (BGE 702 la 469 f.). Das bedeutet, dass die Kantone dasselbe wie der Bund oder mehr garantieren können, aber auch, dass die Gewährleistung nicht erteilt werden darf, wenn der Kanton mit ausdrücklicher und zwingender Vorschrift einen geringeren Schutzumfang festlegt, als der Bund mit seinen geschriebenen oder ungeschriebenen Grundrechten (vgl. BB1 1987 II 648).

Der neue Artikel 2A Absatz l der Genfer Verfassung stellt den Grundsatz der Gleichberechtigung von Mann und Frau auf, indem er wortwörtlich Artikel 4 Absatz 2 erster Satz der Bundesverfassung wiedergibt. Dieser Grundsatz ist bereits (in etwas anderer Terminologie) in anderen Kantonsverfassungen enthal-

516

ten (Art. 11 KV Uri; Art. 7 KV Solothurn; Art. 8 KV Basel-Landschaft; Art. 10 KV Aargau; Art. 2 Abs. 3 KV Waadt; Art. 6 Abs. l KV Jura). Die Bedeutung dieses ersten Absatzes entspricht derjenigen von Artikel 4 Absatz 2 Satz l der Bundesverfassung.

Absatz 2 der neuen Bestimmung der Genfer Verfassung weicht zum Teil von Artikel 4 Absatz 2 Satz 2 der Bundesverfassung ab. Er präzisiert nämlich, dass die Verwirklichung dieses Grundsatzes der Gleichberechtigung von Mann und Frau nicht nur dem Gesetzgeber obliegt, sondern auch den ausführenden und richterlichen Behörden. Er erkennt also den mit der Rechtsanwendung betrauten Behörden und insbesondere den Gerichten eine grössere Rolle zu, als Artikel 4 Absatz 2 der Bundesverfassung. Dabei berücksichtigt der neue Artikel 2A Absatz 2 der Genfer Verfassung die Tatsache, dass kantonale Gesetze im formellen Sinn auf ihre Verfassungsmässigkeit geprüft werden können, während auf Bundesebene die Gesetze im formellen Sinn (auf die Artikel 4 Absatz 2 BV besonders abzielt) nicht der Verfassungsgerichtsbarkeit unterliegen (Art. 113 Abs. 3 und 114bis Abs. 3 BV). Selbstverständlich ändert der neue Artikel 2A Absatz 2 nichts an den Schranken für die Kontrolle der Verfassungsmässigkeit von gesetzgebenden Akten des Bundes.

Da dieser Artikel weder die Bundesverfassung noch sonstiges Bundesrecht verletzt, ist ihm die eidgenössische Gewährleistung zu erteilen.

2

Verfassungsmässigkeit

Die Bundesversammlung ist nach den Artikeln 6 und 85 Ziffer 7 der Bundesverfassung zuständig, die Kantonsverfassungen zu gewährleisten.

517

Bundesbeschluss Entwurf über die Gewährleistung geänderter Kantonsverfassungen

vom

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 6 der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 17. August 1988'', beschliesst:

Art. l Gewährleistet werden: 1. Luzern

die in der Volksabstimmung vom 6. Dezember 1987 angenommenen Paragraphen 27 und 28 Absatz l der Kantonsverfassung; 2. Freiburg

der in der Volksabstimmung vom 8. Juni 1986 angenommene Artikel 28bis Absätze 2, 3 und 4 der Kantonsverfassung sowie der in der Volksabstimmung vom 5. April 1987 angenommene Artikel 52 Absatz l Buchstabe f der Kantonsverfassung; 3. Graubünden

die in der Volksabstimmung vom 6. Dezember 1987 angenommenen Artikel 18 und 27, die Aufhebung des Artikels 32 Absatz 2 der Kantonsverfassung sowie der in der Volksabstimmung vom 20. März 1988 angenommene Artikel 19 Absätze 2-4 der Kantons Verfassung; 4. Genf

der in der Volksabstimmung vom 6. Dezember 1987 angenommene Artikel 2A der Kantonsverfassung.

Art. 2 Dieser Beschluss ist nicht allgemeinverbindlich; er untersteht nicht dem Referendum.

2697

') BB1 1988 III 509 518

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft über die Gewährleistung der Verfassungen der Kantone Luzern, Freiburg, Graubünden und Genf vom 17. August 1988

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1988

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

38

Cahier Numero Geschäftsnummer

88.049

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

27.09.1988

Date Data Seite

509-518

Page Pagina Ref. No

10 050 836

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.