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Schweizerisches Bundesblatt mit schweizerischer Gesetzsammlung.

68. Jahrgang.

Bern, den 27. Dezember 1916.

Band IV

Erscheint wöchentlich. Preis 10 Franken im Jahr, B Franken im Halbjahr, zuzüglich ,,Nachnahme- und Postbestellungsgebühr".

Einrückungsgebühr : 15 Kappen die Zeile oder deren Raum, - Anzeigen franko an die Buchdruckerei Stämpfli & de. in Bern.

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Bundesgesetz über die

Nutzbarmachung der Wasserkräfte.

(Vom 22. Dezember 1916.)

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, in Anwendung der Art. 23 und 24bis der Bundesverfassung ; nach Einsicht der Botschaft des Bundesrates vom 19. April 1912, beschliesst: j Erster Abschnitt.

Die Verfügung über die Gewässer.

Oberaufsicht Art. 1. Der Bund übt die Oberaufsicht aus über die Nutz- A. des Bundes.

barmachung der Wasserkräfte der öffentlichen und der privaten : Gewässer.

· Als öffentliche Gewässer im Sinne dieses Gesetzes gelten die Seen, Flüsse, Bäche und Kanäle, an denen nicht Privateigentum nachgewiesen ist, und die Gewässer, die zwar ini Privateigentum stehen, aber von den Kantonen in bezug auf die Nutzbarmachung der Wasserkräfte den öffentlichen Gewässern gleichgestellt werden.

Art. 2. Das kantonale Recht bestimmt, welchem Gemein- B. Verfügung kraft öffentwesen (Kanton, Bezirk, Gemeinde oder Körperschaft) die Ver- lichen Rechts.

1.

Rechte fügung über die Wasserkraft der öffentlichen Gewässer zusteht. * Kantone.der Wo das gegenwärtige kantonale Recht die Verfügung über die 1. Bestimmung des VerfüWasserkraft öffentlicher Gewässer den Uferanstössern zuspricht, gungsberechtigten.

bleibt es bis zu seiner Aufhebung durch die Kantone in Kraft.

Art. 3. Das verfügungsberechtigte Gemeinwesen kann die 2. Befugnisse dei VerfüWasserkraft selbst nutzbar machen oder das Recht zur Benutzung gungsberechtigten.

Andern verleihen.

«. Im allgemeinen.

Bundesblatt. 68. Jahrs. Bd. IV.

44

600 Einem Gemeinwesen kann das Nutzungsrecht auch in anderer Form als der der Verleihung eingeräumt werden.

b. Genehmigung des Kantons.

Art. 4. Steht die Verfügung über die Wasserkraft Bezirken, Gemeinden oder Körperschaften zu, so bedarf die Einräumung des Nutzungsrechtes an Dritte und die Benutzung durch die Verfügungsberechtigten selbst jeweilen der Genehmigung der kantonalen Behörde.

Die Genehmigung ist zu verweigern, wenn die in Aussicht genommene Art der Benutzung dem öffentlichen Wohle oder der zweckmässigen Ausnutzung des Gewässers zuwiderläuft.

II. Kochte des Bundes.

1. Im allgemeinen.

Art. 5. Der Bundesrat erlässt die allgemeinen Bestimmungen, die erforderlich sind, um die zweckmässige Nutzbarmachung der Wasserkräfte zu fördern und zu sichern.

Er kann überdies für bestimmte Gewässer oder Gewässerstrecken besondere Vorschriften erlassen.

Er ist befugt, die Pläne der anzulegenden Werke daraufhin zu prüfen, ob sie in ihrer generellen Anlage der zweckmässigen Nutzbarmachung der Wasserkräfte entsprechen.

2. Bei Gewässern auf dem Gebiete mehrerer Kantone.

Art. 6. Soll eine Gewässerstrecke, die im Gebiete mehrerer Kantone Hegt, oder sollen in ein und demselben Wasserwerk mehrere Gewässerstrecken, die in verschiedenen Kantonen liegen, nutzbar gemacht werden und können sich die beteiligten Kantone nicht einigen, so entscheidet nach Anhörung der Kantone der Bundesrat.

Er hat die Gesetzgebung der Kantone und die Vor- und Nachteile des Werkes für sie in billiger Weise zu berücksichtigen.

Wenn die geplante Wasserwerksanlage durch die Veränderungdes Wasserlaufs oder durch die Inanspruchnahme von Grund und Boden die Ansiedelung oder die Erwerbsverhältnisse der Bevölkerung eines Kantons erheblich und unverhältnismässig beeinträchtigen würde, so soll der Bundesrat die Verleihung nur mit Zustimmung dieses Kantons erteilen.

3. Bei internationalen Gewässern.

Art. 7. Bei Gewässerstrecken, welche die Landesgrenze berühren, steht es dem Bundesrate zu, nach Anhörung der beteiligten Kantone die Nutzungsrechte zu begründen oder die Nutzbarmachung der Wasserkräfte durch den Verfügungsberechtigten selbst zu bewilligen.

Art. 8. Die Ableitung von Wasser und die Abgabe der aus einem Gewässer erzeugten Kraft ins Ausland bedarf der Bewilligung des Bundesrates.

Die Bewilligung soll nur erteilt werden, wenn das öffentliche Wohl durch die Ausfuhr nicht beeinträchtigt wird und nur so weit, als voraussichtlich das Wasser oder die Kraft für die Zeit der Bewilligung im Inlande keine angemessene Verwendung findet.

Sie wird auf bestimmte Dauer und unter den vom Bundesrat festzustellenden Bedingungen erteilt, kann aber jederzeit aus Gründen des öffentlichen Wohles gegen Entschädigung widerrufen werden.

Die Entschädigung ist nach Massgabe der Bewilligung oder, falls diese nichts darüber enthält, nach billigem Ermessen zu bestimmen i:.nd im Streitfall durch das Bundesgericht als Staatsgerichtshof fästzusetzen.

4*Ableitung von v Wasser oder elektrischer Kraft ins Ausland.

Art. 9. Die Ableitung von Kraft in andere Kantone darf nur insoweit beschränkt werden, als die öffentlichen Interessen des Ausfuhrkantons es rechtfertigen.

j Im Streitfall entscheidet der Bundesrat.

i

5. Ableitung aus einem Kanton in einen andern.

Vertragliche Art. 10. Die Eigentümer von Wasserwerken! die elektrische G. Beschränkung Kraft abgeben, haben die Vereinbarungen mit andern Wasser- des Absatzwerken, durch die ihnen die Abgabe von Kraft nach einem be- gebietes.

sitimmten Gebiet untersagt wird, auf Verlangen jdem Bundesrat vorzulegen. Der Bundesrat ist berechtigt, ihre [Abänderung zu verfugen, wenn sie dem öffentlichen Interesse zuwiderlaufen.

Die Vorschriften dieses Artikels finden auf Zwischenhändler entsprechende Anwendung.

;

Art. 11. Wenn verfügungsberechtigte Bezirke, Gemeinden oder Körperschaften ein Gewässer trotz angemessener Angebote ·während langer Zeit ohne wichtigen Grund weder selbst nutzbar machen noch durch andere benutzen lassen, so kann die kantonale l^egierung in deren Namen das Nutzungsrecht erteilen.

Gegen die Entscheidung der kantonalen Regierung können die Beteiligten innert sechzig Tagen an den Bundesrat rekurrieren.

7. Verfügung über unbenutzte G-cwässcr.

Art. 12. Der Bund ist berechtigt, für die Erfüllung der ihm obliegenden Aufgaben die Benutzung eines Gewässers in Anspruch zu nehmen.

Ist die Gewässerstrecke schon benutzt, so ist der Bund berechtigt, das Nutzungsrecht und die bestehenden Anlagen auf

8. Inanspruchnahme .für Bundeszwecke.

a. Recht des Bundes.

602

dem Wege der Enteignung oder durch Geltendmachung des Rückkaufs- oder Heimfallsrechtes von dem Nutzungsberechtigten zu erwerben.

Hat · er für die erworbene Wasserkraft noch keine Verwendung, so ist er befugt, das Nutzungsrecht inzwischen einem Dritten zur Ausübung zu überlassen.

6. Schadloshaltnng des verfügungsberechtigten Gemeinwesens.

Art. 13. Nimmt der Bund eine noch unbenutzte Gewässerstrecke in Anspruch, so hat er das verfügungsberechtigte Gemeinwesen für den Ausfall der Konzessionsgebühr und des Wasserzinses schadlos zu halten.

· D War die Gewässerstrecke schon benutzt, so hat der Bund das verfügungsberechtigte Gemeinwesen für die Einbusse, die es ' durch die Inanspruchnahme des Nutzungsrechtes erleidet, insbesondere für den Wegfall des Wasserzinses und, wenn es im einzelnen Falle begründet ist, für den Wegfall des Rückkaufsoder Heimfallsrechtes schadlos zu halten.

Erhebt ein Kanton im Zeitpunkt der Inanspruchnahme eine besondere Steuer im Sinne des Art. 49, Abs. 3, so ist er für deren Wegfall schadlos zu halten.

Können sich die Beteiligten über die Schadloshaltung nicht einigen, so entscheidet das Bundesgericht als Staatsgerichtshof.

c. Steueransgleich.

Art. 14. Der Bund hat den Kantonen, auf deren Gebiet er Wasserkräfte in Anspruch nimmt, als Ausgleich des Ausfalles an kantonalen, kommunalen und weitern Steuern eine Entschädigung von einem Franken für die ausgebaute Bruttopferdekraft im Jahre zu bezahlen. Werden mit verhältnismässig grossen Auslagen Sammelbecken geschaffen, so soll, sofern die Umstände es rechtfertigen, eine entsprechend geringere Zahl von Pferdekräften in Anschlag gebracht werden.

Befinden sich die benutzten Wasserstrecken auf dem Gebiete mehrerer Kantone, so bemisst sich der Anteil jedes Kantons nach dem Verhältnis, in dem er zur Gewinnung der Wasserkraft beiträgt.

Sache des Kantons ist es, die ihm zukommende Entschädigungganz oder teilweise den durch den Steuerausfall betroffenen Gemeinden, Bezirken oder andern Körperschaften zuzuwenden.

Streitigkeiten über die Anwendung des ersten und zweiten Absatzes beurteilt das Bundesgericht als Staatsgerichtshof.

603

Art. 15. Der Bund kann, nach Anhörung :der beteiligten 9. Ausgleich desAbflusses.

Kantone, im Interesse einer bessern Ausnutzung der Wasserkräfte a. Ausführung r.nd der Schiffahrt Arbeiten zur Regulierung des Wasserstandes von Arbeiten.

ind des Abflusses der Seen, sowie die Schaffung künstlicher fciammelbecken anordnen. Wenn die Inanspruchnahme von Grund und Boden die Ansiedlung oder die Erwerbsverhältnisse der Bevölkerung eines Kantons erheblich und unverhältnismässig beeinträchtigen würde, so soll die Erstellung nur mit Zustimmung dieses Kantons erfolgen.

i Über die Ausführung solcher Werke und die Verteilung der Kosten auf Bund und Kantone entscheidet die Bundesversammlung.

Sind mehrere Kantone daran beteiligt, so wird der Anteil (iines jeden im Verhältnis seines Interesses bestimmt.

Beteiligte Gemeinden, Körperschaften und Private können von der zuständigen kantonalen Behörde im Verhältnis der Vorl.eile, welche ihnen aus der Ausführung dieser Werke erwachsen, üu den Kosten herangezogen werden. Entsteht | über die Verkeilung der Kosten Streit, so entscheidet das Bundesgericht als l îtaatsgeri chtshof.

Art. 16. Der Bund ist berechtigt, den Abfluss der Seen ·ind der unter seiner Mitwirkung geschaffenen Sammelbecken :su regulieren.

b. Regulierung des Abflusses.

Art. 17. Zur Nutzbarmachung der Privatgewässer oder der öffentlichen Gewässer kraft Privatrechts der Uferanstösser (Art. 2, Abs. 2) bedarf es der Erlaubnis der zuständigen kantonalen Behörde.

Die Behörde wacht darüber, dass die wasserbaupolizeilichen Vorschriften des Bundes und der Kantone beobachtet und dass bestehende Nutzungsrechte nicht verletzt werden.

C. Verfügung kraft Privatrechts.

I. Aufsicht über die Benutzung durch den Berechtigten.

Die Bestimmungen der Artikel 5, 8, 11 und der zweite Abschnitt dieses Gesetzes finden sinngemäss Anwendung.

Art. 18. Wird von Wasserwerken, die auf Grund privatrechtlichen Verhältnisses errichtet sind, vom Kanton eine besondere staatliche Abgabe oder Steuer von der erzeugten Kraft erhoben, so soll sie die Werke nicht stärker belasten als die verliehenen Werke der in Art. 49 vorgesehene Wasserzins.

II. Besteuerung der Wasserwerke.

604 III. Enteignung.

Art. 19. Bedarf eine dem öffentlichen Wohle dienende Unternehmung der Wasserkraft eines Gewässers, dessen Nutzbarmachung Gegenstand eines Privatrechts ist (Art. 17), und gewährt ihr der Kanton nicht das Recht der Enteignung dieser Wasserkräfte, sowie der für das Werk erforderlichen Grundstücke oder dinglichen Rechte, so kann ihr der Bundesrat das Enteignungsrecht nach Bundesrecht gewähren.

Bei Enteignungen durch den Bund findet in allen Fällen das eidgenössische Enteignungsrecht Anwendung.

IV. Steueransgleich.

Art. 20. Wenn der Bund die Wasserkraft eines öffentlichen Gewässers vom verfügungsberechtigten Uferanstösser (Art. 2, Abs. 2) erwirbt, so hat er den Kanton für die besondere Steuer oder Abgabe schadlos zu halten, die er im Zeitpunkt des Erwerbes gemäss seiner Gesetzgebung (Art. 18) von der erzeugten Kraft zu erheben berechtigt ist.

Ferner hat der Bund dem Kanton als Ausgleich des Ausfalles an kantonalen, kommunalen und weitern Steuern eine Entschädigung von einem Franken für die ausgebaute BruttoPferdekraft im Jahre zu bezahlen ; die Bestimmungen des Art. 14 finden sinngemäss Anwendung.

Zweiter Abschnitt.

Die Benutzung der Gewässer.

A. Aufsicht der Behörden.

I. Wahrung der WasserbauPolizei.

Art. 21. Die Wasserwerke sollen den wasserbaupolizeilichen Vorschriften des Bundes und der Kantone entsprechen.

Vor Beginn der Bauten sind die Pläne der Wasserwerke unter Ansetzung einer angemessenen Einsprachefrist öffentlich bekanntzumachen.

Werden Wasserwerke an Gewässern erstellt, die mit Hülfe von Bundessubventionen korrigiert worden sind, so bedürfen sie der vorherigen Genehmigung des Bundesrates.

II. Wahrung der Schönheit der Landschaft.

Art. 22. Naturschönheiten sind zu schonen und da, wo das allgemeine Interesse an ihnen überwiegt, ungeschmälert zu erhalten.

Die Wasserwerke sind so auszuführen, dass sie das landschaftliche Bild nicht oder möglichst wenig stören.

III. Wahrung der Fischerei.

Art. 23. Die Werkbesitzer sind verpflichtet, zum Schutze der Fischerei die geeigneten Einrichtungen zu erstellen und sie, wenn es notwendig wird, zu verbessern, sowie überhaupt alle zweckmässigen Massnahmen zu treffen.

605 Art. 24. Die Wasserwerke sind so anzulegen, dass die ·IV. Wahrung der Schifffahrt.

Schiffbarkeit, in dem Masse, wie sie besteht, nicht beeinträchtigt 1. Anlage der und dass auch auf die zukünftige Entwicklung der Schiffahrt Wasserwerke.

Rücksicht genomin en wird.

Der Bundesrat bezeichnet nach Anhörung jder beteiligten Kantone die Gewässerstrecken, die als schiffbar zu betrachten sind, sowie diejenigen, deren Schiffbarmachung in Aussicht genommen ist, und erlässt die erforderlichen Vorschriften.

Die Mehrkoston, die dem Wasserwerk durch die Berücksichtigung der Schiffbarmachung des Gewässers jentstehen, sind durch den Bundesrat nach Billigkeit zu verteilen. Der Bund kann ebenfalls einen Anteil davon übernehmen.

Art. 25. Die Besitzer von Wasserwerken an schiffbaren Gewässerstrecken haben das zur Speisung von ; Schleusen oder andern Schiffahrtseinrichtungen nötige Wasser abzutreten, und zwar ohne Entgelt, soweit es sich um das Fortbestehen der frühem Schiffbarkeit handelt, im andern Fall auf Enteignung hin.

Die Enteignung wird nach Bundesrecht durchgeführt.

An die Kosten der Erstellung und des Betriebes von Schifffahrtseinrichtungen können die Werkbesitzer nur so weit herangezogen werden, als ihnen Vorteile aus der Schiffahrt erwachsen.

Sofern der Bund nicht selbst die Schiffahrtsanlage ausführt oder ausführen lässt, kann er dem Unternehmer Beiträge gewähren.

Erleidet der Betrieb der Wasserwerke durch! die Ausführung der Arbeiten eine erhebliche Beeinträchtigung, so sind die Werkbesitzer dafür vom Unternehmer der Schiffahrtsanlage unter Berücksichtigung der Vorteile zu entschädigen.

Weitergehende, durch die Verleihung vorgeschriebene Verpflichtungen der Wasserwerkbesitzer bleiben vorbehalten.

Über die Anwendung der Absätze 2--4 entscheidet im Streitfalle das Bundesgericht als Staatsgerichtshof.

2. Abgabe von Wasser a. durch die Wasserwerkbesitzer.

Art. 26. Die Verfügungs- und Nutzungsberechtigten an Wasserläufen können aus Gründen des öffentlichen Wohls gegen billige Entschädigung zur Abgabe des für die Speisung von Schleusen, Kanälen oder andern Schiffahrtseinrichtungen nötigen Wassers verpflichtet werden.

Über das Recht zur Entnahme des Wassers entscheidet im Streitfälle der Bundesrat, über die Höhe der Entschädigung das Bundesgericht als Staatsgerichtshof.

b. in andern Fallen.

606 3. Verbot von Bauten.

Art. 27. Der Bundesrat wird nach Anhörung der beteiligten Kantone dafür sorgen, dass die Schiffbarkeit der vou ibm bezeichneten Grewässerstrecken nicht durch Bauten oder künstliche Veränderung der Wasserrinne beeinträchtigt wird.

Werden die Arbeiten dadurch verteuert, so kann der Bund an die Mehrkosten einen Beitrag gewähren.

V. Flösserei.

Art. 28. Bei neuen Wasserwerksanlagen ist der Besitzer zum Bau der notwendigen Flössereieinrichtungen und zu deren Bedienung verpflichtet, wenn die daraus erwachsenden Kosten mit der Bedeutung der Flösserei in einem angemessenen Verhältnis stehen.

Bei schon bestehenden Wasserwerken kann der Besitzer nur gegen billige Entschädigung zum Bau und zur Bedienung neuer Anlagen für die Flösserei verhalten werden. Entsteht Streit über die Entschädigung, so entscheidet das Bundesgericht als Staatsgerichtshof.

VI. Hydrometrie.

Art. 29. Die Besitzer von Wasserwerken an öffentlichen und privaten Gewässern können verpflichtet werden, alle zur Messung der Wasserstände und Wassermengen dienenden Einrichtungen im Bereiche der Anlage auszuführen und zu besorgen. Soweit daraus eine unbillige Belastung entsteht, übernimmt der Bund die Kosten.

An Wasserstrecken, wo kein Wasserwerk besteht, haben die zuständigen Behörden das Recht, Messungen vorzunehmen.

VII. Zutritt der Behörden.

Art. 30. Die Wasserwerkbesitzer und Uferanstösser sind verpflichtet, den mit der Wasserbau-, der Fischerei- und Schifffahrtspolizei, sowie mit hydrometrischen Arbeiten betrauten kantonalen und eidgenössischen Beamten den Zutritt zu gestatten.

VIII. Wasserrechtsverzeichnis.

B. Verhältnis der Nutzungsberechtigten untereinander.

I. Gegenseitige Rücksichtnahme.

a. Im allgemeinen.

Art. 31. Die Kantone haben über die an den Gewässern bestehenden und für die Nutzbarmachung der Wasserkräfte in Betracht fallenden Rechte und Anlagen ein Verzeichnis zu führen.

Über die Einrichtung und Führung dieses Wasserrechtsverzeichnisses erlässt der Bundesrat die erforderlichen Vorschriften» Art. 32. Die Nutzungsberechtigten haben Anspruch darauf, dass bei der Regelung des Wasserstandes und Wasserabflusses, sowie bei der Ausübung der Nutzungsrechte auf alle Beteiligten nach Möglichkeit Rücksicht genommen wird.

Die nähere Regelung des Gebrauchs, insbesondere auch der Stau des Wasserlaufes und die Wegnahme treibender Gegenstände wird unter Wahrung der bestehenden Nutzungsrechte

i

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von den Kantonen, und wenn Anlagen, die in verschiedeaen Kantonen oder an Grenzgewässern liegen, an der Regelung beteiligt sind, vom Bundesrate geordnet.

Lässt sich bei Wahrung der bestehenden Rechte ein zweckmässiger Ausgleich unter den Nutzungsberechtigten nicht erzielen, so kann auf Antrag die zustandige Behörde einzelne Nutzungsberechtigte in der Ausübung ihrer Rechte einschränken gegen eine von den dadurch Begünstigten zu zahlende: Entschädigung.

Die von der kantonalen Behörde bestimmte Entschädigung kann binnen zwanzig Tagen beim Zivilrichter, die vom Bundesrat bestimmte beim Bundesgericht als einziger Zivilgerichtsinstanz angefochten werden.

Art. 33. Ziehen Wasserwerkbesitzer aus Vorrichtungen, die Andere auf eigene Kosten bereits errichtet haben, bleibend erheblichen Nutzen, so können sie von diesen zu periodischen oder einmaligen Beiträgen an die Kosten des Baues und Unterhaltes verhalten werden, soweit sie von deren Nutzen wirklieh Gebrauch machen und der Kostenbeitrag den Nutzen nicht übersteigt.

Die Beiträge werden von der zuständigen Behörde des Kantons und, wenn Wasserwerke verschiedener Kantone in Betracht kommen, des Bundes festgesetzt, in beiden Fällen unter Vorbehalt des Rekurses an das Bundesgericht als Staatsgerichtshof.

Die zuständige Behörde kann, wo die Umstände es rechtfertigen, nachträglich eine Genossenschaft aller Beteiligten anordnen.

b. Beitragspflicht.

Art. 3e. Nutzungsberechtigte eines Gewässers oder einer Gewässerstrecke können sich zum Zwecke der Anlage von Vorrichtungen, durch welche Wasserkraft gewonnen oder vermehrt wird, zu einer Genossenschaft vereinigen.

;

II. Bildung von Genossenschaften insbondere.

1. Freiwillige.

a. Gründung.

Art. 3ö. Jeder Nutzungsberechtigte hat Anspruch darauf, in die Genossenschaft der an demselben Gewässer oder derselben Gewässerstrecke Beteiligten aufgenommen zu werden, wenn er ein Interesse daran hat.

Können sich die Parteien nicht einigen, so entscheidet über den Beitritt und die Beteiligung des Beitretenden an den Lasten und Vorteilen der Genossenschaft und erforderlichenfalls über die Änderung der Statuten die zuständige kantonale Behörde und, wenn die Anlagen in verschiedenen Kantonen liegen, der Bundesrat.

Andere Streitigkeiten unter den Genossenschaftern werden von den ordentlichen Gerichten beurteilt.

b. Recht zum Beitritte.

608 2. Erzwungene.

a. Voraussetzungen.

Art. 36. Erwächst dem grössern Teil der Nutzungsberechtigten desselben Gewässers oder derselben Wasserstrecke aus der Bildung einer Genossenschaft ein erheblicher Vorteil, so kann die zuständige kantonale Behörde oder, wenn die Nutzungsrechte in verschiedenen Kantonen liegen und diese sich nicht einigen, der Bundesrat die Genossenschaft zwangsweise anordnen.

Diese Anordnung darf dann erfolgen, wenn die Mehrheit der Beteiligten, die zugleich die grössere Menge der Wasserkräfte besitzen, darum nachsucht und die Kosten der genossenschaftlichen Anlagen die Leistungsfähigkeit der einzelnen nicht übersteigen.

Wird nach der Errichtung der Genossenschaft ein Wasserrecht begründet, so kann der neue Nutzungsberechtigte von der zuständigen Behörde zum Beitritt und zur Zahlung einer angemessenen Einkaufssumme verhalten werden.

b. Statuten.

Art. 37. Die von einer Zwangsgenossenschaft festgesetzten Statuten bedürfen der Genehmigung der zuständigen Behörde ; können sich die Mitglieder nicht einigen, so werden die Statuten durch die Behörde festgesetzt.

Sie sollen Bestimmungen enthalten über die Mitgliedschaft und die Organisation der Genossenschaft, die Beteiligung an den Vorteilen und Lasten der gemeinsamen Anlagen, die Abänderung der Statuten und die Auflösung der Genossenschaft.

Jede Abänderung der Statuten muss von der zuständigen Behörde genehmigt werden.

Wegen veränderter Umstände oder aus Gründen der Billigkeit kann die Behörde nach Anhörung der Genossenschaft die Statuten von sich aus nachträglich abändern.

Streitigkeiten über die Beitrittspflicht, die Beteiligung der Beitretenden an den Vorteilen und Lasten und die Änderung der Statuten oder die Auflösung entscheidet die zuständige Behörde ; andere Streitfälle unterstehen den ordentlichen Gerichten.

Dritter Abschnitt.

Die Verleihung von Wasserrechten.

A. Zuständigkeit

Art. 38. Die Verleihung von Wasserrechten steht der zuständigen Behörde desjenigen Kantones zu, in dessen Gebiet die in Anspruch genommene Gewässerstrecke liegt.

609 Wasserrechte an Gewässerstrecken, die in verschiedenen Kantonen liegen, werden durch die beteiligten Kantone im gemeinsamen Einverständnis verliehen. Können sich die Kantone innert angemessener Frist nicht einigen, so erteilt der Bundesrat die Verleihung. Er entscheidet ebenfalls, wenn sich die Kantone über den Umfang oder über die gemeinschaftliche Ausübung ihrer Rechte aus der Verleihung nicht einigen können.

Im weitern verleiht der Bundesrat die Wasserrechte an ·G-evvässerstrecken, die die Landesgrenze berühren.

Art. 39. Die Behörde berücksichtigt bei ihrem Entscheide das öffentliche Wohl, die wirtschaftliche Ausnutzung des Gewässers und die an ihm bestehenden Interessen.

B. Berücksichtigung der öffentlichen Interessen.

Art. 40. Die Verleihung wird einer bestimmten, natürlichen ·oder juristischen Person oder einer Personengemeinschaft erteilt.

Die natürlichen Personen und die Mitglieder von Personengemeinschaften müssen Schweizerbürger sein und müssen während ·der ganzen'Dauer der Verleihung ihren Wohnsitz in der Schweiz haben.

Juristische Personen müssen während der ganzen Dauer der Verleihung ihren Sitz in der Schweiz haben. Mindestens zwei Drittel der Mitglieder der Verwaltung müssen aus Schweizerbürgern bestehen, die ihren Wohnsitz in der Schweiz haben.

Vereinbarungen betreffend die Gewässer, welche die Landesgrenze berühren, bleiben vorbehalten.

C. Der Beliehene.

I. Im allgemeinen.

Art. 41. Unter mehreren Bewerbern gebührt demjenigen ·der Vorzug, dessen Unternehmen dem öffentlichen Wohl in grösserem Masse dient und, wenn sie darin einander gleichstehen, demjenigen, durch dessen Unternehmen für die wirtschaftliche Ausnutzung des Gewässers am besten gesorgt ist.

II. Bei Mitbewerbung mehrerer.

Art. 42. Die Verleihung kann nur mit Zustimmung der III.

Verleihungsbehörde auf einen Andern übertragen werden.

Die Behörde soll ihre Zustimmung nicht verweigern, wenn der neue Erwerber allen Erfordernissen der Verleihung genügt und keine Gründe des öffentlichen Wohles der Übertragung entgegenstehen.

Gegen die 0 Verweigerung kann beim Bundesrat Beschwerde geführt werden.

Übertragung.

610 D. Das Nutzungsrecht.

L Zurückziehung durch die Behörde.

Art. 43. Die Verleihung verschafft dem Beliehenen nach Massgabe des Verleihungsaktes ein -wohlerworbenes Recht auf die Benutzung des G-ewässers.

Das einmal verliehene Nutzungsrecht kann nur aus Gründen des öffentlichen Wohles und gegen volle Entschädigung zurückgezogen oder geschmälert werden.

Über die Berechtigung der Zurückziehung entscheidet im Streitfalle der Bundesrat, über die Höhe der Entschädigung das^ Bundesgericht als Staatsgerichtshof.

II. Störung durch öffentliche Bauten.

Art. 44. Wird der Beliehene in der Ausnutzung seiner Wasserkraft durch öffentliche, den Wasserlauf verändernde Arbeiten bleibend beeinträchtigt, und kann er die Einbusse durch Anpassung seines Werkes an den veränderten Wasserlauf nicht oder nur mit unverhältnismässig grossen Kosten vermeiden, so hat er Anspruch auf Entschädigung.

Wird der Bau oder Betrieb eines Wasserwerkes durch Korrektionsbauten oder andere wasserpolizeiliche Arbeiten vorübergehend erschwert oder unterbrochen, so hat der Beliehene keinea Anspruch auf Schadenersatz, es sei denn, dass die Arbeiten unnötig verzögert .werden.

Streitigkeiten entscheidet das Bundesgericht als Staatsgerichtshof.

III. Verhältnis zu Dritten.

1. Im allgemeinen.

2. Enteignung.

a. Gewährung des Enteignungsrechtes.

Art. 45. Durch die Verleihung werden die Privatrechte Dritter und die früheren Verleihungen nicht berührt.

Art. 46. Wenn Gründe des öffentlichen Wohles vorliegen, soll die Verleihungsbehörde dem Beliehenen das Recht gewähren, die zum Bau, zur Umänderung oder Erweiterung seines Werkes nötigen Grundstücke und dinglichen Rechte, sowie die entgegenstehenden Nutzungsrechte zwangsweise zu erwerben.

Streitigkeiten über die Abtretungspflicht entscheidet die Verleihungsbehörde und im Falle der Enteignung eines früher von ihr verliehenen Nutzungsrechtes der Bundesrat.

Ist die Verleihung durch den Bundesrat erteilt worden oder müssen zur Ausführung eines Werkes Grundstücke in einem andern Kantone in Anspruch genommen werden, so gewährt der Bundesrat das Enteignungsrecht.

611

Art. 47. Vorbehältlieh der Bestimmungen des vorstehenden Artikels richten sich das Enteignungsverfahren und die Entschädi.gungspflicht nach dem eidgenössischen Enteignungsgesetze.

Werden Besitzer von bestehenden Wasserwerken oder andere Nutzungsberechtigte in ihrem Nutzungsrechte beeinträchtigt, so können sie nach dem Ermessen des Gerichtes ganz oder teilweise durch Abgabe von Wasser oder Kraft entschädigt werden.

b. Anwendbares Recht.

Art. e8. Die Verleihungsbehörde setzt nach Massgabe des kantonalen Rechtes die Leistungen und Bedingungen fest, gegen die dem Beliehenen das Nutzungsrecht erteilt wird, wie : Gebühren, Wasserzins, Abgabe von Wasser oder Kraft, Verleihungsdauer, Bestimmungen über Strompreise, Beteiligung des Gemeinwesens am Gewinn, Heimfall der Verleihung und Rückkauf.

Diese Leistungen in ihrer Gesamtheit dürfen die Ausnutzung ·der Wasserkräfte nicht wesentlich erschweren.

Werden dem Bewerber Leistungen zugemutet, welche die Ausnutzung der Wasserkräfte wesentlich erschweren, so kann ·der Bundesrat nach Anhörung des Kantons die Leistungen bestimmen, die dem Bewerber über den Wasserzins und die Gebühren hinaus höchstens auferlegt werden dürfen. Er kann für den Fall, dass sich die Umstände zugunsten des Beliehenen wesentlich verändern, die Erhöhung der Leistungen vorbehalten.

E. Pflichtendes Beliehenen.

I. Kraft Verleihung.

1. Im allgemeinen.

Art. 49. Der Wasserzins darf jährlich sechs Franken für ·die Bruttopferdekraft (75 Meterkilogramm in der Sekunde) nicht übersteigen.

Bei Unternehmungen, die mit verhältnismässig grossen Auslagen ein zur Ausgleichung der Wassermengen geeignetes Sammelbecken schaffen, soll, sofern die Umstände es rechtfertigen, der Wasserzins für diese Kraftvermehrung angemessen herabgesetzt werden.

Die auf Verleihung beruhenden Wasserwerke und die von solchen Werken erzeugte Kraft dürfen nicht mit besondern Steuern belegt werden. Jedoch kann in Kantonen, in denen der Maximalwasserzins gesetzlich auf weniger als sechs Franken festgesetzt ist, eine besondere kantonale Steuer erhoben werden, die zusammen mit dem maximalen Wasserzins nicht mehr als -höchstens sechs Franken für die Bruttopferdekraft ausmacht.

Die Gebühren, Wasserzinse und sonstigen Abgaben sollen für die nach andern Kantonen ausgeführte Kraft nicht höher sein, als für die irn Kanton selbst verwendete.

«

2. Gebühren und Wasserzinsè.

a. Im allgemeinen.

612 6. Ermässigung während der Bauperiode.

c. Berechnung des Wasserzinses.

Art. 50. Während der für den Bau bewilligten Frist soll kein Wasserzins erhoben werden.

Während der ersten sechs Jahre nach Ablauf der Baufrist kann der Beliehene verlangen, dass der Wasserzins im jeweiligen Verhältnis der wirklich ausgenutzten zur verliehenen Wasserkraft, jedoch höchstens bis zur Hälfte herabgesetzt werde.

Art. 51. Die für die Berechnung des Wasserzinses massgebende Bruttokraft ist die aus den nutzbaren Gefallen und Wassermengen berechnete mittlere mechanische Bruttoleistung des Wassers.

Als nutzbares Gefalle wird angesehen der Höhenunterschied des Wasserstandes zwischen dem Ort der Entnahme des Wassers aus dem öffentlichen Gewässer und dessen Wiederabgabe in dasselbe.

Als nutzbare Wassermengen werden die wirklich zufliessenden Mengen angesehen, soweit sie nicht die Aufnahmefähigkeit der in der Verleihung bewilligten Anlagen überschreiten.

Der Bundesrat wird die nähern Vorschriften für die Berechnung aufstellen.

3. Bei VerleiArt. 52. In den Fällen, wo der Bundesrat die Verleihung hungen des Bundesrates. (erteilt, bestimmt er nach Anhörung der beteiligten Kantone und

in billiger Rücksichtnahme auf ihre Gesetzgebung die ihnen zu entrichtenden Leistungen.

H. Kraft Gesetzes.

F. Inhalt der Verleihung.

I. Obligatorischer.

Art. 53. Der Beliehene hat den Gemeinden Wasser zu öffentlichen Zwecken im Umfange des dringenden Bedürfnisses zur Verfügung zu stellen, soweit sie es sich sonst nur mit unverhältnismässigen Kosten beschaffen könnten. Doch darf der Wasserbezug die Benutzung der Wasserkraft nicht ernstlich beeinträchtigen.

Bei Feuerwehrübungen soll der Betrieb des Wasserwerkes möglichst wenig gestört werden.

Art. 54. Alle Verleihungen sollen bestimmen: a. die Persop des Beliehenen; b. den Umfang des verliehenen Nutzungsrechtes mit Angabe der Wassermenge in Sekundenkubikmetern und die Art der Benutzung ; £. die Dauer der Verleihung;

UlO

d. die dem Beliehenen auferlegten wirtschaftlichen Leistungen wie Wasserzins, Abgabe von Wasser oder Kraft und andere Leistungen, die sich nicht aus allgemein verbindlichen Vorschriften ergeben.

Die Verleihungen über mehr als fünfzig Pferdekräfte sollen ausserdem Bestimmungen enthalten: e. über die Fristen für den Anfang der Bauarbeiten und die Eröffnung des Betriebes ; f. über das Recht des Heimfails oder des Rückkaufes des Werkes zugunsten des verleihenden Gemeinwesens.

Art. 55. Die Verleihungen können auch andere als die gesetzlich vorgeschriebenen Bestimmungen enthalten, insbesondere :

II. Fakultativer.

a. über die Verwendung der nutzbar gemachten Wasserkraft; b. über den Ausweis eines genügenden Baukapitals und die Bau- und die jährlichen Betriebsrechnungen des Unternehmens ; c. über die Beteiligung des verleihenden Gemeinwesens an der Verwaltung und am Gewinn des Unternehmens; d. über die Tarife für die Abgabe der erzeugten Kraft, über die unentgeltlich oder zu Vorzugspreisen abzugebende Kraft, über die Herabsetzung der Strompreise bei erhöhtem Gewinn, über die Versorgung einer Gegend mit Kraft; e. über die Beteiligung des Beliehenen an der Unterhaltung und Korrektion des Gewässers.

Art. 56. Wenn sich die Verleihungsbehörde Rechte ausbedungen hat, die mit der Geschäftsführung des Beliehenen im Zusammenhang stehen, wie Rückkauf, Beteiligung am Gewinn, Herabsetzung der Strompreise nach Massgabe des Reingewinnes, so sind für deren Geltendmachung mangels besonderer Bestimmungen der Verleihungsurkunde die allgemeinen Grundsätze einer guten und vorsorglichen Wirtschaft massgebend.

Die Verleihungsbehörde ist berechtigt, von der Geschäftsführung des Beliehenen Einsicht zu nehmen, sofern sie ein Interesse daran glaubhaft macht.

Das gleiche Recht steht ihr auch gegenüber dritten Personen zu, wenn anzunehmen ist, dass die Beleihungsbedingungen mit ihrer Hülfe umgangen werden.

III. Rechnungswesen.

614 IV. Normalverleihnng.

Art. 57. Der Bundesrat kann innert den Schranken dieses Gesetzes Normalbestimmungen für die Verleihungen oder bestimmte Arten derselben aufstellen, die den Verleihungsbehörden zur Eegel dienen sollen.

G. Dauer der Verleihung.

Art. 58. Die Verleihung hat eine Dauer von höchstens achtzig Jahren von der Eröffnung des Betriebes an.

Gemeinwesen können nach Ablauf der Dauer verlangen, dass ihnen die Verleihung erneuert werde, wenn nicht Gründe des öffentlichen Wohles entgegenstehen. Die erneuerte Verleihung kann nicht an Private übertragen werden.

Wenn sich die Verleihungsbehörde und das Gemeinwesen über die Erneuerung der Verleihung und über deren Bedingungen nicht einigen können, so entscheidet der Bundesrat. Ebenso entscheidet der Bundesrat in interkantonalen Fällen, wenn sich die Beteiligten nicht einigen können.

H. Aufnahme in das Grundbuch.

Art. 59. Die auf wenigstens dreissig Jahre verliehenen Wasserrechte können als selbständige und dauernde Rechte in das Grundbuch aufgenommen werden.

J. Verleihnngsverfahren.

I. Bei kantonalen Gewässern.

Art. 60. Das Verfahren für die Verleihung durch die Kantonalbehörde wird unter Vorbehalt der folgenden Bestimmungen durch die Kantone geregelt.

Die Gesuche um Verleihung sollen veröffentlicht werden unter Ansetzung einer angemessenen Frist, während welcher wegen Verletzung öffentlicher oder privater Interessen Einsprache gegen die Verleihung erhoben werden kann.

Mit der Veröffentlichung darf die Androhung, dass nicht rechtzeitig angemeldete Rechte verwirkt seien, nicht verbunden werden.

Der Bundesrat kann weitere Vorschriften über das Verfahren aufstellen.

II. Bei interkantonalen Gewässern.

Art. 61. Werden mehrere Kantone durch die Verleihung berührt, so ist das Verfahren in jedem nach dessen Vorschriften durchzuführen.

Die Anstände, die hieraus entstehen, entscheidet der Bundesrat.

III. Bei Verleihung durch den Bnndesrot.

Art. 62. Das Verfahren für die Verleihung durch die Bundesbehörde bestimmt der Bundesrat.

615 Art. 63. Der Rückkaüfstermin darf nicht vor Ablauf eines Drittels der Verleihungsdauer, vom Tage der Verleihung an gerechnet, angesetzt werden5 der Rückkauf 'ist mindestens zwei Jahre zum voraus anzukündigen.

Art. 64.

Die Verleihung erlischt ohne weiteres :

K. Ende der Verleihung.

I. Durch Rückkauf.

II. Durch Erlösehung.

a. durch Ablauf ihrer Dauer ; ö. durch ausdrücklichen Verzicht.

Art. 65. Die Verleihung kann durch die Verleihungsbehörde als verwirkt erklärt werden: «. wenn der Beliehene die ihm durch die Verleihung auferlegten Fristen, namentlich für den Finanzausweis, den Bau und die Eröffnung des Betriebes, versäumt, es sei denn, dass nach den Umständen eine Verlängerung billigerweise nicht verweigert werden könnte ; b. wenn der Beliehene den Betrieb zwei Jahre unterbricht und ihn binnen angemessener Frist nicht wieder aufnimmt; c. wenn der Beliehene wichtige Pflichten trotz Mahnung gröblich verletzt.

III. Durch Ver·wirkung.

Art. 66. Sofern die Verleihung nichts anderes bestimmt, ist der Beliehene, dessen Anlagen nach Ablauf oder Hinfall der Verleihung nicht weiter benutzt werden, verpflichtet, die Sicherungsarbeiten vorzunehmen, die durch das Eingehen des Werkes ·nötig werden.

IV. Folgen der Erlöschung.

1. Im allge( meinen.

Art. 67. Beim Heimfall der Werke ist, sofern die Verleihung nichts anderes bestimmt, das verleihungsberechtigte Gemeinwesen befugt : a. die auf öffentlichem oder privatem Boden errichteten Anlagen zum Stauen oder Fassen, Zu- oder Ableiten des Wassers, die Wassermotoren mit den Gebäuden, in denen sie sich befinden, und den zum Betriebe des Wasserwerks dienenden Boden unentgeltlich an sich zu ziehen ; &. Anlagen zum Erzeugen und Fortleiten elektrischer Kraft gegen eine billige Entschädigung zu übernehmen.

Der Beliehene ist berechtigt, zu verlangen, dass das Gemeinwesen die zum Erzeugen und Fortleiten elektrischer Kraft bestimmten Anlagen übernehme, wenn es sie für die fernere Ausnutzung der Kraft vorteilhaft verwenden kann.

Bundesblatt. 68. Jahrg. Bd. IV.

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2. Infolge Heimfalls.

a. Bei kantonalen Gewässern.

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Der Beliehene ist verpflichtet, die Anlagen und Einrichtungen, an denen das Heimfallsrecht besteht, in betriebsfähigem Zustand zu erhalten.

». Bei Gewässern auf dem Gebiete mehrerer Kantone.

Art. 68. Befinden sieh die benutzten Gewässerstrecken auf dem Gebiete mehrerer Kantone, so wird das Wasserwerk beim Heimfall, soweit es von ihm betroffen wird, Miteigentum dieser Kantone. Der Anteil der Kantone am Miteigentum bemisst sich nach dem Verhältnis, in dem jeder Kanton zur Gewinnung der Wasserkraft beiträgt.

Können sich die Kantone über die fernere Benutzung und den Anteil jedes Kantons daran nicht einigen, so entscheidet der Bundesrat (Art. 6").

S. Infolge AbArt. 69. Findet die Verleihung ihr Ende durch Ablauf l»nfs, Verwirkung 'ohne Heimfall oder durch Verwirkung oder Verzicht, so bleiben oder Vermangels anderer Vorschrift der Verleihung die auf privatem zichts.

Boden errichteten Anlagen ihrem bisherigen Eigentümer, während die auf öffentlichem Boden stehenden Anlagen an das verleihungsberechtigte Gemeinwesen übergehen.

Sollten die Anlagen auf öffentlichem Boden weiter benutzt werden, so hat das Gemeinwesen dem Beliehenen eine nach billiger Erwägung aller Umstände zu bemessende Vergütung zu leisten.

· Bei Verwirkung oder Verzicht bleibt dem Gemeinwesen das Recht vorbehalten, das Werk nach Massgabe der Vorschriften der Verleihung über Rückkauf oder Heimfall zu erwerben, unter Berücksichtigung der vorzeitigen Geltendmachung dieser Rechte.

i,. Streitigkeiten.

1. Zwischen Nutzungsberechtigten.

Art. 70. Entsteht zwischen dem Beliehenen und andern Nutzungsberechtigten Streit über den Umfang ihrer Nutzungsrechte, so entscheiden darüber die Gerichte.

H. Zwischen der Verleihungsbehürae und dem Beliehenen.

Art. 71. Entsteht Streit zwischen dem Beliehenen und der Verleihungsbehörde über die aus dem Verleihungsverhältnisse entspringenden Rechte und Pflichten, so entscheidet, wo dieses Gesetz oder die Verleihung nichts anderes bestimmt, in erster Instanz die zuständige kantonale Gerichtsbehörde und in zweiter das Bundesgericht als Staatsgerichtshof.

Ist die Verleihung von mehreren Kantonen oder vom Bundesrat erteilt worden, so entscheidet das Bundesgericht erst- und letztinstanzlich als Staatsgerichtshof.

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Vierter Abschnitt.

Ausführungs- and Übergangsbestimmungen.

Art. 72. Der Bundesrat wird mit der Vollziehung dieses Gesetzes beauftragt; er erlässt alle dazu erforderlichen eidgenössischen Ausführungsbestimmungen.

Er bezeichnet auf dem Wege der Verordnung die Bestimmungen des Gesetzes, die auf kleinere Wasserwerke keine Anwendung finden.

Die Entscheidungen, die der Bundesrat in Anwendung dieses Gesetzes von Amtes wegen oder auf Beschwerde hin zu treffen hat, sind, wo nichts anderes vorgesehen ist, endgültig.

A. Ausfühi-ungebestimmungen.

I. Im allgemeinen.

Art. 73. Der Bundesrat wird zur Vorbereitung und Begutachtung von Fragen und Geschäften aus dem Gebiete der Wasserwirtschaft eine Kommission ernenpen, deren Befugnisse und Organisation durch Verordnung zu bestimmen sind.

II. WasB«rwirtBChafUkommission.

Art. 74. Die Artikel 8, 9, 12--16 des ersten Abschnittes und die Vorschriften des zweiten Abschnittes finden auf alle bestehenden Wasserrechte Anwendung.

Vom dritten Abschnitte gelten für die vor dem 25. Oktober 1908 begründeten Wasserrechte nur die Bestimmungen über die Störung eines Wasserwerkes durch öffentliche Bauten (44), über das Enteignungsrecht (46, 47), über die Abgabe von Wasser zu öffentlichen Zwecken (53) und über die Entscheidung von Streitigkeiten (Art. 70 und 71j. Wenn jedoch dem Inhaber eines altern Wasserwerkes nach diesem Zeitpunkt neue Wasserkräfte verliehen worden sind oder noch verliehen werden, so gilt bezüglich der für diese neuen Wasserkräfte zu entrichtenden wiederkehrenden Leistungen ebenfalls das gegenwärtige Gesetz.

Art. 40, Absatz 2, findet auf die nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes vorgenommenen Übertragungen vermöge Rechtsgeschäftes auch dann Anwendung, wenn die Verleihung selbst vor diesem Zeitpunkt erfolgt ist.

Art. 50 findet nicht Anwendung auf Wasserreehte, die vom 25. Oktober 1908 an bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes gegeben worden sind.

Das Verfahren, das bei den im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes hängigen Verleihungsbegehren zu beobachten ist, wird vom Bundesrat geordnet.

B. Übergangsbestimmungen.

I. Rückwirkende Kraft.

618 II. Ausführungsmassnahmen der Kanton«.

Art. 75. Innert einer vom Bundesrat festzusetzenden Frist haben die Kantone die erforderlichen Ausführungsbestimmungen zu erlassen und das Wasserrechtsverzeichnis für ihr Gebiet anzulegen.

Sie können es auf dem Verordnungswege tun.

Die schon bestehenden Rechte sind durch ein Aufgebotsverfahren zu ermitteln, mit dem die Wirkung verbunden werden kann, dass nicht angemeldete Rechte untergehen oder als nicht bestehend vermutet werden.

Art. 76. Der Bundesrat setzt den Beginn der Wirksamkeit dieses Gesetzes fest.

Also beschlossen vom Ständerate, B e r n , den 21. Dezember 1916.

D,er Vizepräsident: H. Bolli.

Der Protokollführer: David.

Also beschlossen vom Nationalrate, B e r n , den 22. Dezember 1916.

Der Präsident: Dr. A. Büeler.

Der Protokollführer: Schatzmann.

Der schweizerische Bundesrat beschliesst: Das vorstehende Bundesgesetz ist gemäss Art. 89, Absatz 2, der Bundesverfassung und Art. 3 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874 betreffend Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse zu veröffentlichen.

B e r n , den 22. Dezember 1916.

Im Auftrag des Schweiz. Bundesrates, Der Kanzler der Eidgenossenschaft:

Schatzmann.

Datum der Veröffentlichung: 27. Dezember 1916.

Ablauf der Referendumsfrist: 27. März 1917.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bundesgesetz über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte. (Vom 22. Dezember 1916.)

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