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Bundesblatt

Bern, den 9. Februar 1967

119. Jahrgang

Bandi

Nr. 6 Erscheint wöchentlich. Preis Fr. 36.- im Jahr, Fr. 20.- ini Halbjahr, zuzüglich Nachnahme- und Postzustellungsgebühr

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9635 V.Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über den Stand der Beschaffung von Kampfflugzeugen Mirage-IÜ (Vom 24. Januar 1967)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

In Ausführung des uns in Artikel 4 des Bundesbeschlusses vom 7. Oktober 1964 über die Beschaffung vom Kampfflugzeugen Mirage-III erteilten Auftrages, Ihnen bis zur Ablieferung der 57 Flugzeuge je auf die Frühjahrs- und Herbstsession über den Stand der Beschaffung zu berichten, beehren wir uns, Ihnen nachfolgend den V. Bericht zu unterbreiten. Er gibt den Stand der Beschaffung von Mirageflugzeugen am 31. Dezember 1966 wieder. Abschnitt 3 enthält eine Übersicht über die 1961 gestellten hauptsächlichsten Anforderungen an das Kampfflugzeug Mirage-III S und das bis 1966 tatsächlich Erreichte. Damit wird einem von der Militärkornmission des Nationalrates anlässlich der Behandlung des IV. Berichtes gestellten Begehren Rechnung getragen.

1. Revision der Verträge infolge Reduktion des Lieferumfanges

Die Ermittlung der Ansprüche der Fabrikanten aus der Herabsetzung des Lieferumfanges nahm in der Berichtsperiode ihren Fortgang und konnte in weiteren Fällen zum Abschluss gebracht werden. Die Revision der Verträge entspricht unseren Erwartungen.

Die dem Kommissär zur Führung der Verhandlungen zugewiesenen 34 Lieferanten wurden in drei Gruppen gegliedert.

a. Die Firma Sulzer, Kopfwerk für die Lizenzfabrikation des Triebwerkes mit über 40 Unterlieferanten.

b. Die 5 hauptsächlichen Zellenfabrikanten.

c. Die 28 weiteren Hauptlieferanten der Zelle.

Die Verhandlungen mit der Firma Gebr. Sulzer AG und ihren Unterlieferanten sind abgeschlossen. Über die Ansprüche auf Schadloshaltung wurde eine Einigung erzielt.

BundesbläU, 119.Jahrg. Bd.I.

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266 Mit den fünf Zellenfabrikanten der Gruppe b konnten auf Grund des fortgeschrittenen Fabrikationsstandes die Preisverhandlungen, deren Abschluss die Voraussetzung für die Ermittlung der Entschädigungsansprüche durch den Kommissär bildet, ausnahmslos eröffnet und bei zwei Firmen zum Abschluss gebracht werden. Bei einer dieser Finnen ist die Ermittlung der Entschädigungsansprüche durch den Kommissär bereits im Gang. Mit den drei übrigen Zellenfabrikanten sollten die Preisverhandlungen trotz heute noch bestehenden Differenzen im ersten Semester 1967 abgeschlossen werden können.

Mit 21 Hauptlieferauten der Zelle (Gruppe c) hat der Kommissär eine Einigung erzielt. Mit fünf weiteren Firmen sind die Verhandlungen im Gange und zum Teil schon weit fortgeschritten. Lediglich mit zwei an der Lizenzfabrikation beteiligten Unternehmen waren Verhandlungen bis jetzt noch nicht möglich. Der Kommissär rechnet zuversichtlich, diese ganze Gruppe im ersten Semester 1967 abscbliessen zu können. Die noch offenen Revisionen und Preisfestsetzungen können das Gesamtpreisgefüge nicht wesentlich ändern.

2. Finanzielle Situation

2.1 Eingegangene Verpflichtungen Für die Beschaffung der 57 Kampfflugzeuge Mirage-III sind bis jetzt folgende Mittel bewilligt worden: 828 Millionen Franken mit Bundesbeschluss vom 21. Juni 1961 200 Millionen Franken mit Bundesbeschluss vom 7. Oktober 1964 150 Millionen Franken mit Bundesbeschluss vom 12. Oktober 1965.

Der ursprünglich bewilligte Betrag von 828 Millionen sowie der Überbrückungskredit von 200 Millionen Franken sind voll engagiert.

Der zuletzt gesprochene Zusatzkredit von 150 Millionen Franken ist auch heute noch - obschon in der laufenden Berichtsperiode weitere Verpflichtungen eingegangen wurden - erst zu einem Teil beansprucht.

2.2 Ermittlung der Gesamtkosten In der Berichtsperiode konnten weitere Verträge sowie die Flugversuche im Ausland abgeschlossen werden. Die Tätigkeit des Kommissärs ist vorangeschritten. Damit wurden weitere Daten zur Beurteilung und Ermittlung der Gesamtkosten gewonnen. Lediglich beim Zellenpreis muss immer noch auf Schätzungen abgestellt werden, da die Preisverhandlungen und die anschliessende Ermittlung der Entschädigungsansprüche durch den Kommissär, zum finanziell gewichtigen Teil, noch nicht abgeschlossen sind. Auf Grund der letzten Prüfung der Gesamtkostcnsituation kommen wir jedoch zum Schluss, dass die Kosten für 57 Flugzeuge einschliesslich Teuerung 1,3 Milliarden Franken nicht überschreiten werden. (Schätzung im Bericht der vom National- und Ständerat eingesetzten Kommissionen an die eidgenössischen Räte über

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die Abklärung der Mirage-Angelegenheit; 1,3-1,4 Milliarden Franken für 50 Flugzeuge.) Nachdem bis heute durch die eidgenössischen Räte 1,178 Milliarden Franken bewilligt worden sind, wird - wie bereits in den Berichten II und Tfl ausgeführt - sobald alle Preise und Entschädigungsansprüche aus der Zellen-Lizenzfabrikation fixiert und ermittelt sind, noch der letzte, teuerungsbedingte Zusatzkredit angefordert werden.

3. Der Vergleich der Zielsetzung mit dem Erreichten

Anlässlich der Behandlung unseres Berichts IV in der Militärkommission des Nationalrates wurde der Wunsch nach schriftlicher Formulierung der ursprünglich mit dem Mirage-III angestrebten Zielsetzungen im Vergleich mit dem tatsächlich Erreichten ausgedrückt. Wir entsprechen diesem Anliegen mit nachstehender Tabelle.

Im Jahre 1961 formulierte Anforderungen

Heutiger Stand Mirage-III S Mirage-III RS (Kampfverälon) CAufklaterversion)

1. Bekämpfung von Erdzielen bei hoher Unterschallgeschwindigkeit in Bodennähe, bei gegebener Kampf last und gegebenem Aktionsradius

erreicht

ebenfalls möglich, jedoch nur mit Kanonen

2. Bekämpfung von Luftzielen mit LuftLuft-Lenkwaffen, dabei grosse Steigfähigkeit auf die gegebene Einsatzhohe und Beschleunigungsfähigkeit auf mindestens l,S-2fache Schallgeschwindigkeit

erreicht, 2fache Schallgeschwindigkeit als Dauergeschwindigkcit zulässig, Einsatzhöhe und Wendigkeit vorhanden

erreicht, jedoch mit weniger Lenkwaffen ausgerüstet

3. Nah- und Fernaufklärung zugunsten des Armeekommandos, der Heereseinheiten sowie zur Beschaffung der Zielunterlagen für die Flugwaffc

verzichtet

erreicht

4. Gleich gute Eignung für 1., 2., 3., rasch umrüstbar von einer zur ändern Mission

für ] . und 2. erreicht (3. ist Aufgabe des

für T. und 2.

teilweise erreicht (siehe oben), für 3.

speziell ausgerüstet

m RS)

5. Einsatz ab Kriegsstützpunkten (Kavernenunterkunft, Pistenlänge, Enge der Täler)

erreicht

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Im Jahre 1961 formulierte Anforderungen

6. AUwettertauglichkcit im Sinne des Standes der heutigen Technik, d.h. die navigatorische Ausrüstung muss bei bestimmten minimalen Wetterbedingungen auf dem eigenen Stützpunkt und im Gebiet der Erdziele den Hin- und Rückflug ohne Bodensicht erlauben. Luftziele müssen auch in den Wolken und bei Nacht bekämpft werden können 7, Grundsätzliche Eignung und spätere Ausbaufähigkeit für die Verwendung von Kurzstart- und -Landevorrichtungen

Hentigisr Stand Mirage-UIRS Mirage-III S (AufMärervcrsion) (Kampfversion)

erreicht

navigationsseitig erreicht, jedoch kein Waffeneinsatz im Blindflug

erreicht

8. Einsatz durch unsere Piloten, ohne dass vom Grundsatz der Miliz abgewichen werden muss

Vs Milizpiloten vorgesehen

9. Wartungs- und Unterhaltsansprüche im Rahmen der schweizerischen personellen und finanziellen Möglichkeiten

Im Vergleich zu bekannten, ähnlich leistungsfähigen Waffensystemen im Ausland günstig. Im Rahmen der eigenen Erfahrung entspricht die Steigerung Vampire-Venom-HunterMirage den Erwartungen

10. Weitgehender Lizenzbau der Zelle und des Triebwerks in der Schweiz

2/3 Milizpiloten vorgesehen

im Gange

Aus der Tabelle geht hervor, dass heute mit den Mirage-Flugzeugen die seinerzeitigen schweizerischen Anforderungen mit Ausnahme der vollen Polyvalenz bezüglich Aufklärung erfüllt sind. Die Resultate der Flug- und Schiessversuche und die bisher im Einsatz bei den Fliegertruppen gewonnenen Erfahrungen zeigen, dass der Mirage-III S/RS ein leistungsfähiges und auf unsere speziellen Einsatzbedingungen zugeschnittenes Kampfmittel darstellt.

4. Stand der Seriebeschaffung und Fabrikation 4.1 Lizenzfabrikation der Zelle und Gesamtmontage der Flugzeuge in der Schweiz Die Fabrikations- und Montagearbeiten in der Schweiz laufen weiterhin planmässig ab.

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Per Ende 1966 waren von den Flugzeugen des Typs III S aus den schweizerischen Werken 7 den Fliegertruppen abgegeben, 5 in der Phase des Einfliegens und 9 weitere auf der Endmontagelinie im Eidgenössischen Flugzeugwerk Emmen.

4.2 Lizenzfabrikation des Triebwerkes in der Schweiz Der Triebwerkbau in der Schweiz wickelte sich in der Berichtsperiode ebenfalls planmässig ab. Die Zahl der abgelieferten Einheiten ist auf 36 (von total 70 bestellten) angestiegen. Weitere 11 Triebwerke befanden sich gegen Jahresende in der Phase der Prüfläufe. Hinsichtlich der Produktion nähert sich damit der Triebwerkauftrag seinem Ende.

Mit einem Triebwerk aus der Schweizer Fabrikation wurde während der vergangenen Monate ein stark erweitertes Kontroll- und Abnahmeprogramm als Typenprüfung durchgeführt. Es umfasst Vollast- und Dauerversuche auf dem Prüfstand sowie eingehende technologische Zustandsinspektionen, Dieses Programm war erfolgreich. Ebenso positiv verliefen weiterhin die Erfahrungen mit den Schweizertriebwerken im praktischen Flugdienst. Gegenüber den vom französischen Lizenzgeber für die anfänglichen schweizerischen Bedürfnisse gelieferten vollständigen Triebwerkeinheiten wurde im Inland durchwegs Gleichwertigkeit erreicht.

4.3 Ersatzmaterial und Bodenausrüstungfür die Direktion der Militärflugplätze und die Fliegertruppen In der Berichtsperiode wurde die Bearbeitung von Bestellungen für Reserve- und Ersatzmaterial fortgesetzt. Der noch nicht bearbeitete Umfang beträgt zur Zeit noch etwa 10 Prozent. Diese Bearbeitungen laufen grösstenteils parallel zur Spezialisten-Ausbildung und erfordern einen relativ grossen zeitlichen Aufwand.

Lieferungen bereits bestellter Ersatzteile an die Nachschubmagazine erfolgen laufend.

Die Bereitstellung des Bodenmaterials für die Einheiten der Fliegertruppen ist auf den vorgesehenen Umrüstungs-Zeitpunkt sichergestellt.

Für verschiedene Bedürfnisse werden in den Werkstätten der Direktion der Militärflugplätze Prüfgeräte aus dem bisherigen Bestand den Mirage-Bedingungen angepasst.

4.4 Das Ablieferungsprogramm der Flugzeuge an die Fliegertruppen Das Ablieferungsprogramm der Flugzeuge an die Fliegertruppen kann eingehalten werden, nämlich 33 Kampfflugzeuge Mirage-III S zwischen Mitte 1966 und Anfang 1968 17 Aufklärer Mirage-m RS zwischen Mitte 1968 und Mitte 1969.

Vorübergehende Engpässe treten noch stets vorwiegend während des Einfliegens, infolge Schlechtwetterperioden und Mangels an Fachpersonal, auf.

270 Seit vergangenem Herbst werden erstmals nicht nur Ausbildungsund operationelle Flüge der Fliegertruppen, sondern auch Einflüge der Kriegstechnischen Abteilung unter Blindflugbedingungen durchgeführt, indem die Eigen-Navigationsfähigkeit des Elektroniksystems Taran dazu ausgenützt wird. Damit ist das Einfhigprogramm für die Serieflugzeuge in seinen späteren Phasen witterungsunabhängiger geworden, was weiter zur Konsolidierung der Gcsamtterminlage beitragen dürfte.

5. Truppenerfahrungen mit dem Mirage-III 5.1 Wartung und Unterhalt Im zweiten Halbjahr 1966 verfügte die Truppe über folgende Flugzeuge : 2 Flugzeuge Mirage-IlI BS l Flugzeug Mirage-IH RS 7 Flugzeuge Mirage-III S, davon l Flugzeug ab 10.8.1966 1 Flugzeug ab 26.9.1966 2 Flugzeuge ab 7.11.1966 l Flugzeug ab 20.12.1966 und 2 Flugzeuge bereits in der früheren Berichtsperiode.

Die obenerwähnten Flugzeuge wiesen per 31. Dezember 1966 zusammen eine Gesamt-Flugleistung von 981 Stunden auf. Davon entfielen in die Berichtsperiode: auf Mirage-III BS : 119 Stunden auf Mirage-III RS : 59 Stunden auf Mirage-III S : 140 Stunden Total 2. Hälfte 1966:

318 geflogene Stunden.

Eingesetzt wurden die Flugzeuge fast ausschliesslich auf ihren Haupttrainingsstützp unkten.

Die Vorschriften für die Bereitstellung (Wartung) der Flugzeuge sind fertig erstellt. Die Betriebsvorschriften werden laufend bearbeitet und unsern Verhältnissen angepasst.

Im Rahmen der Ausbildung von Bodenpersonal wurde für 18 Instruktions-Offiziere und -Unteroffiziere der Fh'eger-Rekrutenschulc vom 7. November bis 3. Dezember 1966 ein erster Einführungskurs auf MirageIII S durchgeführt.

Im Verlaufe des Flugbetriebes traten keine besondern Störungen oder Defekte auf.

5.2 Flugdienst Nachdem vor dem Juli 1966 vorwiegend Lehrpersonal und Werkpiloten auf Mirage-III eingesetzt worden waren, begann Anfang August die Schulung von Piloten der zukünftigen Kampfstaffeln.

271 Die Umschulung der Berufspiloten aus dem Überwachungsgeschwader verlief erwartungsgemäss. Nach wenigen Einführiingsflügen mit Doppelsteuer-Flugzeugen Mirage-III BS konnten alle Piloten zum Alleinflug auf dem Kampfflugzeug unter allen Wetterbedingungen zugelassen werden. Vom Ausbildungsstandpunkt aus wirkt es sich als Nachteil aus, dass nur 2 Mirage-III BS zur Verfügung stehen.

Trotz der kleinen Zahl verfügbarer Mirage-III S gelang es, bis Ende 1966 die Angriffsverfahren gegen Luftziele mit allen Waffen technisch zu schulen. Die Bedienung der vielseitigen Einrichtungen des Flugzeuges bot den Piloten keine unerwarteten Schwierigkeiten. Der Flugdienst verlief ohne Zwischenfälle.

6. Zusammenfassung Die Revision der Verträge ist weiter vorangeschritten und kann die Gesamtkosten der Mirage-Beschaffung nicht mein: in unerwarteter Weise beeinflussen.

Der Vergleich der ursprünglich an den Mirage gestellten Anforderungen mit dem heutigen Mirage-III S/RS zeigt, dass die Ziele mit Ausnahme der vollen Polyvalenz bezüglich Aufklärung erreicht worden sind.

Die Fabrikation in der Schweiz läuft planmässig und hat teilweise den Kulminationspunkt bereits überschritten.

Die Eingliederung des neuen Materials bei den Fliegertruppen vollzieht sich weiterhin ohne Störungen und Überraschungen.

Gestützt auf die vorstehenden Ausführungen beehren wir uns, Ihnen zu beantragen, vom vorliegenden V. Bericht Kenntnis zu nehmen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 24. Januar 1967.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident: Bonvin Der Bundeskanzler: Ch. Oser 93SS

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V. Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über den Stand der Beschaffung von Kampfflugzeugen Mirage-III (Vom 24. Januar 1967)

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