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Bundesblatt

Bern, den 21. September 1967

119. Jahrgang

Band II

Nr. 38 Erscheint wöchentlich. Preis Fr. 36.-- im Jahr, Fr. 20.- im Halbjahr, zuzüglich Nachnahme- und Postzustellungsgebühr

9767 Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreifend die Genehmigung des zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung von Frankreich abgeschlossenen Abkommens über die Ausdehnung des Geländes der Europäischen Organisation für kernphysikalische Forschung auf französisches Hoheitsgebiet # S T #

(Vom 5. September 1967) Herr Präsident, Hochgeehrte Herren, Nach Einsicht in unsere Botschaft vom 15. August 1953 beschlossen Sie am 30.September 1953, das am I.Juli 1953 in Paris unterzeichnete Abkommen betreffend die Errichtung einer Europäischen Organisation für kernphysikalische Forschung zu genehmigen.

Dieses Abkommen sah den Bau eines bedeutenden, heute unter dem Namen CERN wohlbekannten Laboratoriums in Meyrin bei Genf vor.

Die Grundausrüstung dieses Laboratoriums bilden zur Zeit, wie im Abkommen vorgesehen, zwei Teilchenbeschleuniger, nämlich - ein Synchro-Zyklotron von 600 Millionen Elektronenvolt ; - ein Protonen-Synchrotron von 28 Milliarden Elektronenvolt.

Diese Ausrüstung hat alle in sie gesetzten Hoffnungen erfüllt und die Durchführung zahlreicher Experimente ermöglicht, die zu interessanten Entdeckungen geführt haben. Diese Erfolge haben wesentlich zur Förderung und Entwicklung der für Europa neuartigen zwischenstaatlichen Gemeinschaftsarbeit auf dem Gebiet der wissenschaftlichen Forschung beigetragen.

Im Bestreben, das CERN auf dem Gebiet der Forschung in einer Vorrangstellung und den aus ihrer Zusammenarbeit gezogenen Nutzen zu erhalten, haben sich die Mitgliedstaaten mit der Frage der weiteren Zukunft der Organisation auseinandergesetzt. Dabei stellten sie fest, dass seit der Gründung der Organisation auf diesem Gebiet äusserst rasche Fortschritte erzielt worden sind; Bundesblatt. 119.Jahrg. Bd.II.

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selbst die rationellste Ausnützung der bestehenden Anlagen vermöchte die Forschung nicht mehr auf einem dem Ruf des CERN angemessenen Stand zu halten.

Um sich nicht sofort auf den sehr kostspieligen Bau eines neuen und mächtigeren Teilchenbeschleunigers festzulegen, suchten die Mitgliedstaaten nach Mitteln und Wegen, um die bereits bestehenden Anlagen zu verbessern und zu ergänzen.

Nachdem sie verschiedenen kleineren Verbesserungen zugestimmt hatten, beschlossen sie am 15.Dezember 1965 un ter anderem, den Protonen-Synchrotron mit «überschneidenden Speicherringen» zu ergänzen. Dabei handelt es sich um zwei ringförmige Vakuumkammern mit einem Durchmesser von nahezu 300 Metern, die sich in acht Punkten überschneiden. In die beiden Ringe werden vom gegenwärtigen Protonen-Synchrotron Protonen eingeschossen, die gegenläufig in ihnen kreisen. Elektromagnete, welche den Ringen entlang verteilt sind, bringen die Protonen in Umlauf. Bei genügend hoher Dichte werden die beiden Teilchenbündel in den Schnittpunkten der Ringe zum Zusammenprall gebracht.

Mit auf den Schnittpunkten angebrachten Detektoren können die Auswirkungen solcher Kollisionen geprüft werden.

Dieser Beschluss liess verschiedene Vorteile erkennen. Vor allem kann damit aus einem der bereits bestehenden Beschleuniger grösstmöglicher Nutzen gezogen werden. Andererseits können durch die Verbindung Synchrotron und Speicherring gewisse kernphysikalische Versuche bei wesentlich höheren Energien als die bisher verfügbaren unternommen werden, ohne dass den Mitgliedstaaten des CERN die mit einem neuen und mächtigeren Beschleuniger verbundenen grossen Ausgaben erwachsen. Mit einem vernünftigen Kostenaufwand wird die Anlage, noch bevor ein grösserer Beschleuniger gebaut werden kann, interessante Ergebnisse über die Zukunft der Hochenergiephysik zeitigen.

Schliesslich gestatten es die enge Verbindung zwischen dem bereits bestehenden Synchrotron und den zu bauenden Speicherringen sowie die Übereinstimmuiig ihres Baues mit den Zielen der Organisation, das Projekt als «Zusatzprogramm» gemäss Artikel II des Abkommens zu betrachten, womit sich eine Revision dieses Artikels erübrigt.

Von den Problemen, welche im Zusammenhang mit dem Projekt der sich überschneidenden Speicherringe gelöst werden mussten, war dasjenige des Geländes eines der wichtigsten. Die
Ausdehnung dieser Ringe und die Notwendigkeit, sie in unmittelbarer Nähe des Protonen-Synchrotrons zu installieren, erforderten ein Gelände von der ungefähren Grosse des gegenwärtigen CERNGrundstückes und in dessen unmittelbarer Nachbarschaft. Ein derartiges Gelände konnte in der Schweiz nicht gefunden werden. Dagegen war Frankreich in der Lage, ein den Erfordernissen völlig entsprechendes Grundstück anzubieten, da das CERN direkt an der schweizerisch-französischen Grenze gelegen ist. Die französische Regierung hat in der Folge der Europäischen Organisation für kernphysikalische Forschung 40 Hektaren Land zur Verfügung gestellt, die an die 40 Hektaren angrenzen, welche die Organisation auf schweizerischemHoheitsgebiet besitzt. Der entsprechende Pachtvertrag ist am 13. September 1965 ab-

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geschlossen worden. Er sieht eine symbolische Miete für die Dauer von 99 Jahren vor, welche in gegenseitigem Einvernehmen der Parteien erneuert werden kann.

Zudem stipuliert er, dass dem CERN die Pacht des Geländes, in welcher Form auch immer, nicht ohne Einwilligung des französischen Aussenministeriums und Finanzministeriums abgetreten werden darf. Das rechtliche Statut der Organisation auf französischem Hoheitsgebiet wurde in einem Abkommen zwischen der französischen Regierung und der Organisation geregelt, das seinerseits ebenfalls am 13. September 1965 abgeschlossen wurde.

Diese Ausdehnung der Europäischen Organisation für kernphysikalische Forschung auf französisches Hoheitsgebiet und der Umstand, dass ihr Gelände inskünftig von der Grenze zweier souveräner Staaten durchzogen wird, erforderte auch die Regelung gewisser zwischen der Schweiz und Frankreich bestehender Fragen. Verhandlungen haben zwischen den beiden Staaten stattgefunden. Sie fanden ihren Abschluss am 13. September 1965 mit der Unterzeichnung eines «Abkommens zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung der Französischen Republik über die Ausdehnung des Geländes der Europäischen Organisation für kernphysikalische Forschung auf französisches Hoheitsgebiet». Dem Abkommen ist ein «Anhang» beigefügt. Am gleichen Tag haben das Politische Departement und das CERN einen Briefwechsel vorgenommen, in dem gewisse Bestimmungen des erwähnten Abkommens präzisiert werden. Die Texte der drei Vereinbarungen sind am Ende der vorliegenden Botschaft wiedergegeben.

I. Inhalt des Abkommens Weil das CERN in der Schweiz niedergelassen ist und um der Organisation in ihrer Gesamtheit eine einheitliche rechtliche Ordnung zu geben, bemühte sich die schweizerische Delegation zu Beginn der Verhandlungen um eine Regelung, welche das von Frankreich zur Verfügung gestellte Land dem schweizerischen Recht unterstellt und die schweizerischen Behörden mit ihrem Vollzug beauftragt hätte. Eine derartige Lösung schien Frankreich indessen unannehmbar.

Das vorliegende Abkommen - welches weder dasjenige vom I.Juli 1953 noch das Abkommen vomii. Juni 1955 über das rechtliche Statut der Organisation in irgendeiner Weise berührt - sieht vor, dass jeder der beiden Staaten auf dem zu seinem Hoheitsgebiet gehörenden Teil des Geländes der Organisation seine
eigenen Gesetze und Vorschriften anwendet. Auf diese Weise können die Bediensteten jedes der beiden Staaten ihre Aufgaben grundsätzlich nur auf dem Teil des Geländes der Organisation ausüben, der auf dem Hoheitsgebiet ihres eigenen Staates liegt. Die praktische Tragweite dieser Bestimmung wird offensichtlich beschränkt durch die Unverletzlichkeit der zur Organisation gehörenden Grundstücke und Gebiete gemäss Artikel 3 des Abkommens vom 11. Juni 1953. Ohne ausdrückliche Zustimmung des Generaldirektors der Organisation oder seines Stellvertreters dürfen sie von Vertretern der schweizerischen Behörden nicht betreten werden. Dieselbe Immunität ist der Organisation von Frankreich mit Artikel III des von ihr mit diesem Staat abgeschlossenen Ab-

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kommens über das rechtliche Statut der Organisation auf französischem Hoheitsgebiet zugestanden worden.

Anderseits hat sich die Organisation aus Gründen der Sicherheit und zur Erleichterung der Zoll- und Polizeikontrollen gegenüber den beiden Staaten verpflichtet, ihr Gelände mit einer Einfriedung zu umgeben. Auf Wunsch der französischen Regierung ist auf der französischen Seite der Umzäunung eine Toranlage vorgesehen, die, im Einverständnis zwischen dem Generaldirektor der Organisation und den zuständigen französischen Behörden, bei besonderen Ereignissen geöffnet werden kann.

Ferner hat sich die Organisation verpflichtet, nicht zu dulden, dass ihre Grundstücke und Gebäude Personen als Zuflucht dienen, die zum Vollzug eines Gerichtsentscheides gesucht oder auf frischer Straftat ertappt werden oder gegen die ein Haftbefehl vorliegt. Bei dieser Bestimmung handelt es sich übrigens nur um einen Anwendungsfall der allgemeinen Regel, wonach die Immunitäten nur zur Erleichterung der Tätigkeit der Organisation gewährt werden. Obwohl in anderen Sitzabkommen eine entsprechende Verbotsbestimmung fehlt, ist internationalen Organisationen nie ein Asylrecht zugestanden worden.

Auf Grund des Unverletzbarkeitsprinzips ist die Organisation grundsätzlich zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf ihrem Gelände und in ihren Gebäuden verpflichtet. Dadurch werden die Amtshandlungen der Beamten beider Staaten auf dem Gelände der Organisation auf ein Minimum reduziert.

Die schweizerischen Behörden sind jedoch nach Artikel 23 des vorerwähnten Abkommens von 1955 gehalten, zur Erleichterung derordnungsgemässenRechtsanwendung und Befolgung der Polizeivorschriften mit der Organisation zusammenzuarbeiten. In Anwendung von Artikel IV des zwischen ihr und der Organisation abgeschlossenen Abkommens über deren rechtliches Statut stellt die französische Regierung den Schutz des Geländes der Organisation und die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung in dessen unmittelbaren Umgebung sicher; auf Ersuchen des Generaldirektors der Organisation werden die französischen Behörden die zur Aufrechterhaltung der Ordnung innerhalb des Geländes notwendigen Polizeikräfte zur Verfügung stellen. Da das Strafrecht beider Staaten innerhalb des Geländes der Organisation zur Anwendung kommt, werden die zuständigen Polizeibehörden
nötigenfalls bei der Abklärung strafbarer Handlungen mitzuwirken haben. Dabei könnte es sich als notwendig erweisen, dass die Polizeiorgane beider Staaten auf dem Hoheitsgebiet des ändern Staates tätig werden müssen. Um zu vermeiden, dass sie dabei, insbesondere in Fällen drohender Gefahr, durch eine Staatsgrenze behindert werden, waren die Rechte und Pflichten festzulegen, nach denen sie auf dem Hoheitsgebiet des anderen Staates zu verfahren haben. Um das Hauptabkommen zu entlasten, wurden die diesbezüglichen Bestimmungen in einen Anhang aufgenommen, der einen integrierenden Bestandteil des Abkommens bildet.

Die wichtigsten Bestimmungen des Abkommens sind die folgenden : Artikel /erklärt, dass die Bestimmungen des Abkommens vom I.Juli 1953, welche Genf als Sitz der Organisation bezeichnen, nicht geändert werden.

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Artikel II bestimmt den Grundsatz, wonach als Folge ihrer Verbindung mit verschiedenen Staaten in jedem der Teile des Geländes der Organisation eine andere Rechtsordnung Anwendung findet.

Artikel III versteht sich aus dem Vorhergehenden. Er bestimmt, dass die Behörden jedes der beiden Staaten jeweils nur auf dem im Hoheitsgebiet ihres eigenen Staates gelegenen Teil des Geländes der Organisation und selbstverständlich nur mit besonderer Ermächtigung tätig werden können. Der Artikel bestimmt weiter, dass von diesem Grundsatz nur unter den im Anhang ausdrücklich festgelegten Voraussetzungen und Bedingungen abgewichen werden darf. Die einschreitenden Behörden sind gemäss Absatz 2 gehalten, die der Organisation von beiden Staaten zugestandenen Rechte und Vorrechte zu beachten.

Die Artikel l und 2 des Anhangs umschreiben die Anwendungsfälle dieser Ausnahmeregelung.

Artikel IV überlässt ein gemeinsames Vorgehen aus Gründen des allgemeinen Interesses dem Ermessen beider Regierungen. Dabei werden diese ihre Anstrengungen aufeinander abstimmen.

Artikel V überlässt es den Zivil- und Militärbehörden beider Staaten, die im Interesse der Staatssicherheit gebotenen Massnahmen zu treffen. Es kann sich dabei auch eine Zusammenarbeit zwischen den interessierten Behörden ergeben.

Artikel VI und VII sind die notwendige Folge der von beiden Staaten dem Gelände der Organisation zugestandenen Unverletzlichkeit.

Der ersterwähnte Artikel drängte sich aus zollrechtlichen Gründen auf; er untersagt im Sinne einer allgemeinen Regel den Personen- und Warenverkehr durch die auf französischem Hoheitsgebiet errichtete Toranlage. Er ergänzt die im Abkommen zwischen Frankreich und der Organisation über diese Toranlage enthaltene Bestimmung. Nach Massgabe von Artikel 5 des Anhangs kann die Toranlage jedoch unter besonderen Umständen, bei Verhaftungsfällen und beim Transport von sichergestellten Gütern, benützt werden.

Artikel VII ermächtigt die französischen Beamten, bei Amtshandlungen den auf schweizerischem Hoheitsgebiet gelegenen Haupteingang zu benützen, da ihnen die auf französischem Hoheitsgebiet gelegene Toranlage normalerweise nicht offen steht.

Artikel VIIIenthält Vorschriften, die sich aus der Durchquerung des CERNGeländes durch die Staatsgrenze ergeben. Es handelt sich einerseits um die Massnahmen, die im Falle
der Beschädigung von Grenzmarken getroffen werden müssen, anderseits um das Verbot von Bauten zu beiden Seiten entlang dieser Grenze.

Artikel IX wurde für den Fall der Auflösung der Organisation, Artikel Xînr die sich bei der Auslegung oder Anwendung des Abkommens ergebenden Streitigkeiten aufgenommen.

Artikel XI verpflichtet die Vertragsstaaten zum gegenseitigen Austausch von Informationen im Zusammenhang mit der besonderen Lage der Organisation auf den beiden Staatsgebieten.

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Artikel XII und XIII regeln die Inkraftsetzung des Abkommens und die Bedingungen seiner Beendigung.

II. Analyse des Anhangs Wie Artikel III des Abkommens andeutet, kann es geschehen, dass Beamte eines Vertragsstaates unter aussergewöhnlichen Umständen gezwungen sind, Amtshandlungen auf dem Gelände der Organisation im Hoheitsgebiet des anderen Staates auszuüben. Denkbar sind dabei in erster Linie Amtshandlungen im Rahmen einer Strafuntersuchung wegen Verbrechen oder Vergehen, die auf dem Gelände der Organisation begangen wurden oder bei der Verfolgung von Rechtsbrechern, die darauf Zuflucht gesucht haben. Der Anhang enthält diesbezüglich gewisse Bestimmungen, insbesondere über das dabei zu beachtende Verfahren und das anwendbare Recht. Es muss hervorgehoben werden, dass diese Ausnahmeregelung nur Anwendung finden wird, wenn die Mitwirkung der zuständigen Bediensteten des ändern Staates aus zeitlichen Gründen unmöglich angefordert werden kann.

Artikel l berechtigt die Strafverfolgungsbehörden beider Staaten zur Vornahme unaufschiebbarer Amtshandlungen auf dem im Hoheitsgebiet des ändern Staates gelegenen Gelände. Als solche Handlungen gelten Verhaftungen und Sicherstellungen von Gegenständen, die aus einer strafbaren Handlung herrühren oder als Beweisstücke dienen können. Die verhafteten Personen und sicher gestellten Gegenstände sind dabei den Behörden des Nachbarstaates sofort zu übergeben ; das weitere Vorgehen richtet sich nach den Bestimmungen über die Auslieferung, die Rechtshilfe in Strafsachen und nach den für Strafanzeigen von Amtes wegen geltenden Grundsätzen.

Nach Artikel 2 gelten diese Regeln auch für den Fall, dass Beamte eines Staates unter gewöhnlichen Verhältnissen für den Schutz oder die Aufrechterhaltung der Ordnung auf dem Gelände der Organisation einschreiten müssen.

Artikel 3 und 4 legein die Modalitäten der gegenseitigen Informationspflicht der Vertragsstaaten.

Artikel 5 sieht, zur Vereinfachung des Verfahrens, eine Abweichung von der Bestimmung des Artikels VI des Hauptabkommens vor. Die Ausschaffung verhafteter Personen oder sichergestellter Gegenstände soll stets durch das Tor erfolgen, das sich auf dem Teil des Geländes der Organisation befindet, in dem die Verhaftung oder Sicherstellung erfolgte. Dank dieser Bestimmung erübrigte sich eine besondere Regelung der
Ausschaffung solcher Personen oder Gegenstände vom französischen Teil des Geländes nach Frankreich durch den auf schweizerischer Seite befindlichen Haupteingang und über die Strasse von Meyrin nach St-Genis.

Artikel 6 unterstellt Handlungen, die von Beamten des einen Staates auf dem im Hoheitsgebiet des ändern gelegenen Geländeteil vorgenommen werden, dem Recht ihres eigenen Staates. Der Waffengebrauch ist ausser in Fällen von Notwehr verboten.

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Nach Artikel 7 stehen die Beamten eines jeden Vertragsstaates während ihrer Tätigkeit im Sinne von Artikel l und 2 in dem auf dem Hoheitsgebiet des Nachbarstaates gelegenen Gelände unter dem gleichen Schutz, wie dessen eigene Bediensteten. Dasselbe gilt in Bezug auf ihre Amtshandlungen.

Artikel 8 verpflichtet die Vertragsstaaten, gemäss ihrem eigenen Recht diejenigen ihrer Staatsangehörigen zu verfolgen, die auf dem im Hoheitsgebiet des ändern Staates gelegenen Teil des Geländes der Organisation Straftaten begangen haben. Es versteht sich, dass diese Bestimmung nur in denjenigen Fällen anwendbar ist, in denen der Täter nicht in dem Staat vor Gericht gestellt werden kann, in welchem er die Straftat begangen hat.

Artikel 9 bestimmt, dass Klagen auf Ersatz von Schäden, die Beamte des einen Staates in Ausübung ihrer Tätigkeit auf dem im Hoheitsgebiet des ändern Staates gelegenen Geländeteil verursacht haben, bei den Gerichten des Staates anhängig gemacht werden, dem der Urheber angehört. Wegen seiner Staatsangehörigkeit darf ein Geschädigter mit keinen Rechtsnachteilen belastet werden.

III. Schlussbemerkungen

Gestützt auf die vorstehenden Ausführungen unterbreiten wir Ihnen den Entwurf eines Bundesbeschlusses betreffend die Genehmigung des erwähnten Abkommens und seines Anhangs.

Die Verfassungsmässigkeit der Vorlage ergibt sich aus Artikel 8 der Bundesverfassung, welcher dem Bunde das Recht zum Abschluss von Staatsverträgen mit dem Auslande einräumt. Die Zuständigkeit der Bundesversammlung beruht auf Artikel 85, Absatz 5 der Bundesverfassung. Da das vorliegende Abkommen solange wie das am l I.Juni 1955 zwischen dem Bundesrat und der Organisation abgeschlossene Abkommen in Kraft bleibt und dieses auf zwei Jahre kündbar ist, unterliegt der Bundesbeschluss dem fakultativen Staatsvertragsreferendum, gemäss Artikel 89, Absatz 4 der Bundesverfassung nicht.

Wir versichern Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer ausgezeichneten Hochachtung.

Bern, den 5. September 1967.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident : Bonvin Der Bundeskanzler : Ch. Oser

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(Entwurf)

Bundesbeschluss betreifend die Genehmigung des zwischen dem Bundesrat der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Regierung der Französischen Republik abgeschlossenen Abkommens über die Ausdehnung des Geländes der Europäischen Organisation für kernphysikalische Forschung auf französisches Hoheitsgebiet Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf die Artikel 8 und 85, Ziffer 5 der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 5. September 1967, beschliesst: Einziger Artikel Das Abkommen vom 13. September 1965 zwischen dem Bundesrat der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Regierung der Französischen Republik, samt Anhang, betreffend die Ausdehnung des Geländes der Europäischen Organisation für kernphysikalische Forschung auf französisches Hoheitsgebiet wird genehmigt.

Der Bundesrat wird ermächtigt, das Abkommen zu ratifizieren.

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Abkommen zwischen dem Bundesrat der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Regierung der Französischen Republik betreffend die Ausdehnung des Geländes der Europäischen Organisation für kernphysikalische Forschung auf französisches Hoheitsgebiet # S T #

Der Bundesrat der Schweizerischen Eidgenossenschaft (im folgenden «Bundesrat» genannt) einerseits, die Regierung der Französischen Republik (im folgenden «Französische Regierung» genannt) andererseits, in Erwägung, dass die Schweiz und Frankreich der Europäischen Organisation für kernphysikalische Forschung (im folgenden «Organisation» genannt) zur Erleichterung ihrer Aufgaben je ein in der Schweiz und in Frankreich gelegenes Gelände zur Verfügung gestellt haben, auf denen diese Organisation die Bauten und Anlagen errichtet hat oder noch errichten wird, deren sie zur Ausübung der Tätigkeit bedarf, welche ihr durch das am I.Juli 1953 in Paris unterzeichnete Abkommen betreffend die Errichtung einer Europäischen Organisation für kernphysikalische Forschung und durch andere Abkommen über zusätzliche Tätigkeitsprogramme übertragen worden ist; in Erwägung, dass das Gelände der Organisation von einer Grenzlinie durchquert wird, die zwei verschiedene Staatshoheiten trennt, was zu besonderen Situationen Anlass geben kann; haben folgendes vereinbart: Artikel I Die Bestimmungen des Absatzes 2 von Artikel I des Pariser Abkommens vom I.Juli 1953, die den Sitz der Organisation in Genf festlegen, werden durch das vorliegende Abkommen in keiner Weise geändert.

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Artikel II Unter Vorbehalt der Bestimmungen der Abkommen, die vom Bundesrat am 11. Juni 1955 und von der Französischen Regierung am 13.September 1965 mit der Organisation abgeschlossen wurden, sowie der Bestimmungen des vorliegenden Abkommens und des ihm als integrierenden Bestandteil beigefügten Anhangs finden die Gesetze und sonstigen Rechtsvorschriften der Schweizerischen Eidgenossenschaft und diejenigen der Französischen Republik Anwendung, die erstgenannten auf dem Geländeteil der Organisation, der auf schweizerischem Hoheitsgebiet gelegen ist, die zweitgenannten auf dem Geländeteil der Organisation, der auf französischem Hoheitsgebiet gelegen ist.

Artikel III Die Behörden eines jeden der beiden Staaten sind nur befugt, auf dem im Hoheitsgebiet ihres Staates gelegenen Geländeteil der Organisation tätig zu werden. In Abweichung von dieser Regel können sie, aus den Gründen und zu den Bedingungen, die im Anhang zum vorliegenden Abkommen bezeichnet sind, auf dem im Hoheitsgebiet des anderen Staates gelegenen Geländeteil der Organisation einschreiten.

Die einschreitenden Behörden haben die Rechte und Vorrechte zu beachten, welche der Organisation in den Abkommen zuerkannt wurden, die von einem jeden der beiden Staaten mit ihr abgeschlossen worden sind.

Artikel IV Obwohl der Schweiz oder Frankreich wegen der Tätigkeit der Organisation auf ihren Hoheitsgebieten keinerlei internationale Verantwortlichkeit für Handlungen oder Unterlassungen der erwähnten Organisation oder der in ihrem Auftrag handelnden Personen erwächst, werden der Bundesrat und die Französische Regierung ihr Vorgehen in denjenigen Fällen abstimmen, in welchen sich die Behörden beider Staaten aus Gründen des allgemeinen Interesses zu gemeinsamem Handeln veranlasst sehen.

Artikel V Die zuständigen Zivil- oder Militärbehörden beider Staaten werden innerhalb ihres Zuständigkeitsbereiches alle Massnahmen treffen, die ihnen zur Wahrung der Sicherheit dieser Staaten geboten scheinen.

Diese Behörden können sich unter besonderen Verhältnissen über Art und Umfang dieser Massnahmen verständigen, um eine nützliche Zusammenarbeit unter sich und auch mit der Organisation zu erwirken, die eine möglichst weitgehende Berücksichtigung aller betroffenen Interessen erlauben soll.

Artikel VI Jeglicher Durchgang von Personen oder Waren durch den auf französischem Hoheitsgebiet gelegenen Eingang zum Gelände der Organisation ist untersagt; vorbehalten bleiben die in Artikel 5 des Anhangs zu diesem Ab-

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kommen sowie in Artikel IX, Absatz 5 des Vertrages betreffend das auf französischem Hoheitsgebiet gelegene und der Organisation verpachtete Gelände vorgesehenen Ausnahmen.

Artikel VII Jede gehörig befugte und mit der Durchführung eines amtlichen Auftrags betraute französische Amtsperson, ob in Uniform oder nicht, hat unter Benützung der Strasse, welche die Gemeinden St-Genis und Meyrin verbindet, unbehinderten Zugang zur Organisation durch den auf schweizerischem Hoheitsgebiet gelegenen Eingang. Sie hat sich über ihre Identität, ihre Amtsbefugnis und ihren Auftrag durch Vorzeigen amtlicher Schriftstücke auszuweisen.

Artikel VIII Die Organisation hat sich gegenüber der Französischen Regierung verpflichtet, die Unversehrtheit der Grenzmarken zu erhalten, die der Grenzlinie entlang aufgestellt sind, welche auf ihrem Gelände das französische vom schweizerischen Hoheitsgebiet trennt.

Im Falle der Beschädigung oder Versetzung eines dieser Grenzsteine werden die französischen und die schweizerischen Behörden der Organisation auf deren Anzeige hin die Massnahmen bezeichnen, mit welchen der status quo ante wiederhergestellt werden soll; nach Abschluss der entsprechenden Arbeiten werden sie sich davon überzeugen, dass den Rechten der beiden betroffenen Staaten Nachachtung verschafft worden ist.

Der Bundesrat und die Französische Regierung nehmen davon Vormerk, dass keinerlei Bauten oder Anlagen von der Organisation auf und entlang dem schweizerisch-französischen Grenzabschnitt errichtet werden dürfen, der auf beiliegender Karte mit roter Farbe bezeichnet ist und der, von der Grenze beider Staaten aus gemessen, auf französischem Hoheitsgebiet auf eine Breite von 10 Metern, und auf schweizerischem Hoheitsgebiet auf eine Breite von 2 Metern festgelegt ist.

Sollte indessen die Organisation auf der in Absatz 3 bezeichneten Zone eine Baute oder eine Anlage errichten wollen, die sie für die ordnungsgemässe Durchführung ihrer Arbeiten für unerlässlich hält, werden sich der Bundesrat und die Französische Regierung auf Ersuchen der Organisation gegenseitig beraten, wie der geplante Bau ausnahmsweise bewilligt werden könnte.

Eine Karte, auf welcher die Grenzen des Geländes der Organisation festgehalten sind, ist diesem Abkommen beigelegt.

Artikel IX Falls die Schweiz den ihr durch Artikel XIV des Pariser Abkommens
überbundenen Liquidationsauftrag auszuführen hat, wird der Bundesrat dazu Sorge tragen, dass die von ihm hierfür bezeichneten Amtspersonen strikte die Rechte und namentlich die Vorrechte beachten, welche der Französischen Regierung durch das Abkommen und den Pachtvertrag zuerkannt worden sind,

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die sie mit der Organisation am 13. September 1965 betreffend die Bedingungen der Besetzung und der Benützung des auf französischem Hoheitsgebiet gelegenen und der Organisation zur Verfügung gestellten Geländes abgeschlossen hat.

Eine beglaubigte Abschrift des Abkommens und des Pachtvertrages vom 13.September 1965 wird Von der Französischen Regierung dem Bundesrat zu allen rechtlichen Zwecken übermittelt.

Artikel X Jede Streitigkeit über die Auslegung und Anwendung des vorliegenden Abkommens, die nicht auf dem Wege direkter Verhandlungen erledigt werden kann, wird nach Massgabe der Bestimmungen des Obligatorischen Vergleichs- und Schiedsvertrages erledigt werden, der zwischen der Schweiz und Frankreich am O.April 1925 in Paris unterzeichnet wurde; es versteht sich indessen, dass eine solche Streitigkeit nicht als Anwendungsfall der Bestimmungen von Artikel 2 des vorerwähnten Vertrages betrachtet werden kann.

Artikel XI Der Bundesrat und die Französische Regierung werden sich gegenseitig alle Auskünfte erteilen, von denen sie Kenntnis haben und die sich auf Verhältnisse im Zusammenhang mit der besonderen Lage der Organisation innerhalb ihrer Hoheitsgebiete und auf das ihr dort zuerkannte rechtliche Statut beziehen und die geeignet sind, die Beschlussfassung im Rahmen dieses Abkommens zu bestimmen.

Artikel XII Jede Vertragspartei notifiziert der anderen den Vollzug der nach ihrer Verfassung zur Inkraftsetzung des vorliegenden Abkommens erforderlichen Formalitäten. Dieses Abkommen tritt am Tage der letzten dieser Notifikationen in Kraft.

Artikel XIII Das vorliegende Abkommen bleibt in Kraft, solange das am l I.Juni 1955 zwischen dem Bundesrat und der Organisation unterzeichnete Abkommen sowie das am 13. September 1965 zwischen der Französischen Regierung und der Organisation unterzeichnete Abkommen in Kraft bleiben. Falls das eine oder andere dieser Abkommen gekündigt wird, tritt das vorliegende Abkommen am gleichen Tag wie das betreffende Abkommen ausser Kraft.

Geschehen in Genf am 13. September 1965 in zwei Ausfertigungen.

Für den Bundesrat der Schweizerischen Eidgenossenschaft :

Für die Regierung der Französischen Republik :

(gez.) J.Burckhardt

(gez.) Jacques Martin

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Anhang

Arti Bei strafbaren Handlungen, die auf dem im Hoheitsgebiet eines der beiden Staaten gelegenen Geländeteil der Organisation begangen \verden, können die Behörden dieses Staates in dringenden Fällen auf dem im Hoheitsgebiet des ändern Staates gelegenen Teil des Geländes der Organisation alle geeigneten Massnahmen zur Verfolgung und Untersuchung solcher strafbarer Handlungen vornehmen. Sie können insbesondere durch ihre Amtspersonen den mutmasslichen Täter verhaften und die aus der strafbaren Handlung herrührenden Gegenstände oder Beweisstücke auf dem erwähnten Geländeteil der Organisation sicherstellen lassen.

Die Amtspersonen, die eine der erwähnten Vorkehren getroffen haben, übergeben die verhaftete Person oder die sichergestellten Gegenstände den Amtspersonen desjenigen Staates, auf dessen Hoheitsgebiet die Verhaftung oder Sicherstellung stattgefunden hat. Die Übergabe wird in einem in doppelter Ausfertigung erstellten Protokoll zuhanden jedes der beiden Staaten festgehalten.

Die zwischen den beiden Staaten in Kraft stehenden Bestimmungen über Auslieferung und Rechtshilfe sind dabei anwendbar.

Bis zum Vorliegen eines Gesuchs um vorläufige Verhaftung zwecks Auslieferung kann die hiervor erwähnte Haft während 48 Stunden aufrecht erhalten werden.

Art. 2 Die Bestimmungen von Artikel l des vorliegenden Anhangs finden auch Anwendung, wenn in dringenden Fällen Amtspersonen des einen oder ändern Staates auf Ersuchen des Generaldirektors der Organisation zum Schutz oder zur Aufrechterhaltung der Ordnung auf dem Gelände der Organisation tätig werden müssen.

Art. 3 Der Staat, auf dessen Hoheitsgebiet die in den Artikeln l und 2 hiervor vorgesehenen Amtshandlungen stattgefunden haben, ist davon durch die Behörden des ändern Staates unverzüglich in Kenntnis zu setzen.

Art. 4 Jeder der beiden Staaten muss ab Inkrafttreten des vorliegenden Abkommens dem ändern die Amtsbefugnis und den Sitz der Behörden bekanntgeben, welche in Anwendung von Artikel 3 des vorliegenden Anhangs zu unterrichten sind.

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Art. 5 Die Amtspersonen eines jeden der beiden Staaten benützen zur Überführung verhafteter Personen oder sichergestellter Gegenstände auf das Hoheitsgebiet des Staates, in dessen Dienst sie stehen, die Toranlagen der äusseren Umfriedung der Organisation.

Art. 6 Die Handlungen, die auf einem im Hoheitsgebiet eines der beiden Staaten gelegenen Geländeteil der Organisation durch Amtspersonen des ändern Staates vorgenommen werden, unterstehen dem Recht des letztgenannten Staates. Diese Amtspersonen dürfen von ihren Waffen nur im Falle von Notwehr Gebrauch machen.

Art. 7 Die Behörden eines jeden der beiden Staaten gewähren den Amtspersonen des ändern Staates und den von ihnen in Ausübung ihrer amtlichen Tätigkeit vorgenommenen Handlungen den Schutz wie den, welchen ihre eigene Gesetzgebung vorsieht.

Art. 8 Strafbare Handlungen, die von Personen, welche die Staatsangehörigkeit eines der beiden Staaten besitzen, auf einem im Hoheitsgebiet des ändern Staates gelegenen Geländeteil der Organisation begangen wurden, werden von den Behörden desjenigen Staates, dem die mutmasslichen Täter angehören, nach Massgabe der Gesetzgebung dieses Staates verfolgt und geahndet.

Art. 9 Klagen auf Ersatz von Schäden, die von den Amtspersonen eines der beiden Staaten auf dem Hoheitsgebiet des ändern Staates verursacht wurden, unterliegen der Gerichtsbarkeit des Staates, dem der Urheber angehört. Es wird über sie entschieden, wie wenn die Schadenshandlung auf dem Hoheitsgebiet des letztgenannten Staates begangen worden wäre und zwar ohne jede unterschiedliche Behandlung je nach Staatsangehörigkeit des Geschädigten.

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(Übersetzung)

Eidgenössisches Politisches Departement Bern, den 13. September 1965.

An die Europäische Organisation für kernphysikalische Forschung 1211 Genf 23

Herr Generaldirektor, Im Bestreben, die sich infolge der Ausdehnung des Geländes der Europäischen Organisation für kernphysikalische Forschung (CERN) auf französisches Hoheitsgebiet für die Schweiz ergebenden rechtlichen und praktischen Auswirkungen zu regeln, schien es uns zweckmässig, im gegenseitigen Einvernehmen folgendes festzulegen: 1. Ohne Einschränkung der Bestimmungen von Artikel 3 des Abkommens vom l I.Juni 1955 betreffend das Statut des CERN in der Schweiz wird es die Organisation nicht zulassen, dass ihr Gelände und ihre Räumlichkeiten als Zufluchtstätte für Personen dienen, die zum Vollzug eines Gerichtsurteils gesucht oder auf frischer Tat ertappt und verfolgt würden oder gegen die ein richterlicher Befehl erlassen worden wäre.

2. Wenn der Generaldirektor, in Anwendung der Artikel III und IV des Abkommens zwischen Frankreich und dem CERN über das rechtliche Statut der Organisation, die französischen Polizeibehörden um Hilfe ersucht, wird er gleichzeitig die zuständigen schweizerischen Behörden von seinem Entschluss in Kenntnis setzen ; diese sind befugt, sofern sie dies für zweckmässig halten, der Durchführung der anbegehrten Massnahmen beizuwohnen, wenn sich diese Massnahmen auf den im schweizerischen Hoheitsgebiet gelegenen Teil des Geländes der Organisation erstrecken sollten.

3. Für den Fall, dass die Organisation Mitgliedstaaten oder internationalen Institutionen oder Organisationen, deren Ziele mit ihren eigenen eng verbunden sind, kostenlos oder gegen Entschädigung auf ihrem Gelände befindliche Räumlichkeiten zur Verfügung stellen würde, die jenen zur Durchführung von Arbeiten nützlich wären, die in den Bereich der Tätigkeiten der Organisation fallen und deren Ausübung erleichtern könnten, erwächst der

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Schweiz aus der Tätigkeit Dritter auf dem Gelände der Organisation keinerlei internationale Verantwortlichkeit.

Für den Fall, dass die Organisation die auf ihrem Gelände in der Schweiz errichteten Bauten und Anlagen nicht länger benützen sollte, würden die von ihr gegenüber Dritten, sei es in der Form eines Miet- oder Leihvertrages gegen Entgelt oder unentgeltlich, oder in der Form einer einfachen Bewilligung zur unentgeltlichen Benützung von Gebäuden, Laboratorien oder Ausrüstungsgegenständen zugestandenen Rechte von Rechts wegen dahinfallen. Die Schweiz würde dann keinerlei Haftung für die Schäden übernehmen, die hieraus bei vorzeitiger Kündigung solcher Vereinbarungen für Dritte entstehen könnten.

Die Organisation wird dafür sorgen, dass die Unversehrtheit der auf ihrem Gelände stehenden und die schweizerisch-französische Staatsgrenze bezeichnenden Grenzmarken erhalten bleibt. Im Falle, dass eine derselben beschädigt oder gar versetzt würde, hätte die Organisation sowohl die zuständige französische als auch schweizerische Behörde unverzüglich davon in Kenntnis zu setzen ; hernach würde die betreffende Grenzmarke in Anwesenheit der genannten Behörden und auf Kosten der Organisation wiederhergestellt oder an ihren ursprünglichen Standort zurückversetzt werden.

Ohne besondere Bewilligung, bei deren Erteilung auch die Französische Regierung mitwirken würde, darf die Organisation weder Gebäude noch Anlagen auf und zu beiden Seiten des innerhalb des CERN-Geländes gelegenen schweizerisch-französischen Grenzabschnittes errichten. Ausserdem wird auf dem schweizerischen Teil des Geländes der Organisation eine Zone non aedificandi von einer Breite von 2 Metern und entlang der ganzen Grenze festgelegt.

Aus Gründen der Sicherheit und zur Erleichterung allfälliger Zoll- und Polizeikontrollen wird die Organisation um den im schweizerischen Hoheitsgebiet gelegenen Teil ihres Geländes, jedoch mit Ausnahme der an das im französischen Hoheitsgebiet gelegene Gelände grenzenden Seite, eine Umzäunung errichten.

Wenn sich der Generaldirektor und die zuständigen französischen Behörden in Anwendung von Artikel IX, Absatz 5 des zwischen der Französischen Regierang und der Organisation abgeschlossenen Pachtvertrages im gegenseitigen Einvernehmen die Öffnung der Toranlage der auf französischem Hoheitsgebiet stehenden
Umzäunung beschliessen, wird der Generaldirektor die schweizerischen Behörden davon in Kenntnis setzen.

Um den schweizerischen Zollbehörden die Durchführung ihrer Überwachungstätigkeit zu ermöglichen, verpflichtet sich die Organisation, auf dem im schweizerischen Hoheitsgebiet gelegenen Teil ihres Geländes einen Rondenweg von zwei Metern Breite entlang der Umzäunung und auf deren Aussenseite zu errichten.

Die zivilrechtliche Haftung der Organisation wird durch Versicherungen gedeckt, die sie zu diesem Zwecke abschliesst.

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8. Die Organisation verpflichtet sich, zum Zwecke des Strahlenschutzes und zur Vermeidung von Abwasserverschmutzung die in den internationalen und nationalen Regelungen vorgesehenen oder dem jeweiligen Stand der Fachkenntnis entsprechenden Sicherheits- und Hygienevorschriften zu beachten.

9. Die Abtretung der Pacht, der Bauten oder Anlagen an Dritte, wie sie in Artikel IV des zwischen der Regierung der Französischen Republik und der Organisation vorgesehenen Pachtvertrages vorgesehen ist, kann nur mit Zustimmung des Schweizerischen Bundesrates erfolgen; ohne wichtigen Grund wird diese Zustimmung nicht verweigert.

Wir wären Ihnen dankbar, wenn Sie uns Ihr Einverständnis bestätigen wollten. Unser Briefwechsel würde dann als Vereinbarung zwischen dem Bundesrat und der Europäischen Organisation für kernphysikalische Forschung betrachtet.

Wir versichern Sie, Herr Generaldirektor, unserer ausgezeichneten Hochachtung.

(gez.) J. Burckhardt

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(Übersetzung)

Europäische Organisation für kernphysikalische Forschung Meyrin-Genf, den 13. September 1965.

An das Eidgenössische Politische Departement Abteilung für Internationale Organisationen 3003 Bern Herr Minister, Ich beehre mich, Ihnen den Empfang des Schreibens anzuzeigen, das Sie mir im Namen der Regierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft am 13. September 1965 zukommen Hessen und das folgenden Wortlaut hat: «Im Bestreben, die sich infolge der Ausdehnung des Geländes der Europäischen Organisation für kernphysikalische Forschung (CERN) auf französisches Hoheitsgebiet für die Schweiz ergebenden rechtlichen und praktischen Auswirkungen zu regeln, schien es uns zweckmässig, im gegenseitigen Einvernehmen folgendes festzulegen: 1. Ohne Einschränkung der Bestimmungen von Artikel 3 des Abkommens vom l I.Juni 1955 betreffend das Statut des CERN in der Schweiz wird es die Organisation nicht zulassen, dass ihr Gelände und ihre Räumlichkeiten als Zufluchtstätte für Personen dienen, die zum Vollzug eines Gerichtsurteils gesucht oder auf frischer Tat ertappt und verfolgt würden oder gegen die ein richterlicher Befehl erlassen worden wäre.

2. Wenn der Generaldirektor, in Anwendung der Artikel III und IV des Abkommens zwischen Frankreich und dem CERN über das rechtliche Statut der Organisation, die französischen Polizeibehörden um Hilfe ersucht, wird er gleichzeitig die zuständigen schweizerischen Behörden von seinem Entschluss in Kenntnis setzen; diese sind befugt, sofern sie dies für zweckmässig halten, der Durchführung der anbegehrten Massnahmen beizuwohnen, wenn sich diese Massnahmen auf den im schweizerischen Hoheitsgebiet gelegenen Teil des Geländes der Organisation erstrecken sollten.

3. Für den Fall, dass die Organisation Mitgliedstaaten oder internationalen Institutionen oder Organisationen, deren Ziele mit ihren eigenen eng verbunden sind, kostenlos oder gegen Entschädigung auf ihrem Gelände befindliche Räumlichkeiten zur Verfügung stellen würde, die jenen zur Durch-

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f ührung von Arbeiten nützlich wären, die in den Bereich der Tätigkeiten der Organisation fallen und deren Ausübung erleichtern könnten, erwächst der Schweiz aus der Tätigkeit Dritter auf dem Gelände der Organisation keinerlei internationale Verantwortlichkeit.

Für den Fall, dass die Organisation die auf ihrem Gelände in der Schweiz errichteten Bauten und Anlagen nicht länger benützen sollte, würden die von ihr gegenüber Dritten, sei es in der Form eines Miet- oder Leihvertrages gegen Entgelt oder unentgeltlich, oder in der Form einer einfachenBewilligung zur unentgeltlichen Benützung von Gebäuden, Laboratorien oder Ausrüstungsgegenständen zugestandenen Rechte von Rechts wegen dahinfallen.

Die Schweiz würde dann keinerlei Haftung für die Schäden übernehmen, die hieraus bei vorzeitiger Kündigung solcher Vereinbarungen für Dritte entstehen könnten.

4. Die Organisation wird dafür sorgen, dass die Unversehrtheit der auf ihrem Gelände stehenden und die schweizerisch-französische Staatsgrenze bezeichnenden Grenzmarken erhalten bleibt. Im Falle, dass eine derselben beschädigt oder gar versetzt würde, hätte die Organisation sowohl die zuständige französische als auch schweizerische Behörde unverzüglich davon in Kenntnis zu setzen; hernach würde die betreffende Grenzmarke in Anwesenheit der genannten Behörden und auf Kosten der Organisation wiederhergestellt oder an ihren ursprünglichen Standort zurückversetzt werden.

5. Ohne besondere Bewilligung, bei deren Erteilung auch die Französische Regierung mitwirken würde, darf die Organisation weder Gebäude noch Anlagen auf und zu beiden Seiten des innerhalb des CERN-Geländes gelegenen schweizerisch-französischen Grenzabschnitts errichten. Ausserdem wird auf dem schweizerischen Teil des Geländes der Organisation eine Zone non aedificandi von einer Breite von 2 Metern und entlang der ganzen Grenze festgelegt.

6. Aus Gründen der Sicherheit und zur Erleichterung allfälliger Zoll- und Polizeikontrollen wird die Organisation um den im schweizerischen Hoheitsgebiet gelegenen Teil ihres Geländes, jedoch mit Ausnahme der an das im französischen Hoheitsgebiet gelegene Gelände grenzenden Seite, eine Umzäunung errichten.

Wenn sich der Generaldirektor und die zuständigen französischen Behörden in Anwendung von Artikel IX, Absatz 5 des zwischen der Französischen Regierung
und der Organisation abgeschlossenen Pachtvertrages im gegenseitigen Einvernehmen die Öffnung der Toranlage der auf französischem Hoheitsgebiet stehenden Umzäunung beschliessen, wird der Generaldirektor die schweizerischen Behörden davon in Kenntnis setzen.

Um den schweizerischen Zollbehörden die Durchführung ihrer Überwachungstätigkeit zu ermöglichen, verpflichtet sich die Organisation, auf dem im schweizerischen Hoheitsgebiet gelegenen Teil ihres Geländes einen Rondenweg von zwei Metern Breite entlang der Umzäunung und auf deren Aussenseite zu errichten.

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7. Die zivilrechtliche Haftung der Organisation wird durch Versicherungen gedeckt, die sie zu diesem Zwecke abschliesst.

8. Die Organisation verpflichtet sich, zum Zwecke des Strahlenschutzes und zur Vermeidung von Abwasserverschmutzung die in den internationalen und nationalen Regelungen vorgesehenen oder dem jeweiligen Stand der Fachkenntnis entsprechenden Sicherheits- und Hygienevorschriften zu beachten.

9. Die Abtretung der Pacht, der Bauten oder Anlagen an Dritte, wie sie in Artikel IV des zwischen der Regierung der Französischen Republik und der Organisation vorgesehenen Pachtvertrages vorgesehen ist, kann nur mit Zustimmung des Schweizerischen Bundesrates erfolgen; ohne wichtigen Grund wird diese Zustimmung nicht verweigert. » Namens der Europäischen Organisation für kernphysikalische Forschung nehme ich von dieser Mitteilung Kenntnis und erkläre mich mit Ihnen einig, dass dieser Briefwechsel als Vereinbarung zwischen dem Bundesrat und der Europäischen Organisation für kernphysikalische Forschung betrachtet wird.

Ich versichere Sie, Herr Minister, meiner ausgezeichneten Hochachtung.

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(gez.) Victor F. Weisskopf Generaldirektor

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Genehmigung des zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung von Frankreich abgeschlossenen Abkommens über die Ausdehnung des Geländes der Europäischen Organisation für ker...

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