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Bundesblatt

Bern, den 23. März 1967

119. Jahrgang

Band I

Nr. 12 Erscheint wöchentlich Preis Fr 36.- im Jahr, Fr. 20- im Halbjahr, zuzüglich Nachnahme- und Postzustellungsgebuhr

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9655 Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Teilrevision des Militärstrafgesetzes

(Vom 6. März 1967) Herr Präsident, Hochgeehrte Herren, Das auf den I.Januar 1928 in Kraft getretene Militärstrafgesetz erfuhr bis heute zwei Revisionen: Während durch die Gesetzcsnovelle vom IS.Juni 1941 die Anpassung an das schweizerische Strafgesetzbuch vollzogen wurde, verfolgte das Bundesgesetz vom 21.Dezember 1950 - nebst der durch Teilrevision des bürgerlichen Strafgesetzbuches notwendig gewordenen erneuten Anpassung - den Zweck, einerseits verschiedene in der Aktivdienstzeit 1939-1945 geschaffene notrechtliche Bestimmungen ins ordentliche Recht überzuführen und anderseits für Dienstverweigerer aus Gewissensgrunden ein besonderes Statut zu schaffen, Die vorliegende Revision steht mit der ebenfalls im Gange befindlichen Teilerneuerung des schweizerischen Strafgesetzbuches in keinem Zusammenhang. Es erwies sich als notwendig, der durch wiederholte parlamentarische Vorstösse aufgeworfenen Frage der Behandlung der Dienstverweigerer aus Gewissensgründen nachzugehen und nach neuen Lösungen zu suchen. Gleichzeitig gilt die Revision zur Hauptsache - den Bestimmungen über die Verletzung des Völkerrechts, - der Disziplinarstrafordnung, - dem Strassenverkehrsrecht, - dem Artikel 106 (Verletzung militärischer Geheimnisse).

I

Dienstverweigerung aus Gewissensgründen

Durch Gesetzesnovelle vom 21. Dezember 1950 wurde in Artikel 29, Absatz 3 des Militärstrafgesetzes bestimmt: Hat der Tktcr aus religiösen Gründen in schwerer Seelennot gehandelt, so ist von der Einstellung in der bürgerlichen Ehrenfahigkeit abzusehen; der Richter kann zudem verfügen, dass die Gefängnisstrafe in den Formen der Haftstrafe vollzogen wird.

Bundesblatt. 119. Jahrg. Bd. I.

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In seiner Botschaft vom 22. Juli 1949 zum Gesetzesentwurf (BBJ 1949 II, 137fF.) nahm der Bundesrat eingehend zu den einschlägigen Problemen Stellung. Er verwarf das Begehren nach Einführung eines Zivildienstes als Ersatzleistung für Militärdienst, indem er einerseits auf die fehlende verfassungsrechtliche Grundlage hinwies und anderseits betonte, dass Zweifel in den ethischen Gehalt der Wehrhaftigkeit und des Einsatzes von Leib und Leben für das Volksganze zu setzen bedeuten würde, die Landesverteidigung zu unterhöhlen. Die Schweiz sei als kleines Land auf die volle Ausnützung der Wehrkraft angewiesen und dürfe nicht durch Anerkennung des Grundsatzes, sich aus persönlichen Gründen der allgemeinen Wehrpflicht entziehen zu können, geschwächt werden. Der Bundesrat widersetzte sich auch dem Begehren, den Artikel 81 des Militärstrafgesetzes, der die Bestrafung für Dienstverweigerer vorsieht, durch eine Bestimmung zur Leistung von Zivildienst zu ersetzen. Die Ablehnung der Erfüllung der Wehrpflicht mit dem Mittel des Ungehorsams müsse mit Straffolgen verknüpft bleiben, indem jede andere Lösung zur Privilegierung von Staatsbürgern führe, welche die Vorschriften der Verfassung für sich nicht anerkennen wollen. Der Bundesrat hielt es immerhin als angezeigt, den aus rein religiösen und daher achtbaren Gründen handelnden Dienstverweigerern eine Sonderbehandlung zuzugestehen. Es sollte vor allem vermieden werden, diese Täter ihre Strafe im Gefängnis zusammen mit gewöhnlichen Rechtsbrechern verbüssen zu lassen.

Das gesetzgeberische Ziel - strafrechtliche Besserstellung des religiösen Dienstverweigerers - konnte indessen bis heute nur zum Teil verwirklicht werden. Hiefür ist vor allem die Tatsache bestimmend, dass zufolge Fehlens eigentlicher Haftanstalten den Kantonen im Vollzug militärgerichtlicher Urteile Schwierigkeiten erwachsen, zumal wenn die Dauer der Gefängnisstrafe das für die Haftstrafe vorgesehene Maximum von 3 Monaten übersteigt. Der wenig befriedigende Strafvollzug bildete seitdem vielfach Gegenstand öffentlicher Kritik. Aus den Kreisen der Sympathisanten der Dienstverweigerer wird ferner beanstandet, dass der aus ethisch-humanitären Gründen handelnde Täter nicht dem religiösen Täter gleichgestellt wird; es sei zudem nicht zu verstehen, dass der an seiner Überzeugung festhaltende Dienstverweigerer
im Rückfall schärfer bestraft werde. Parlamentarische Vorstösse fordern die Einführung eines Zivildienstes, der denjenigen Bürgern offenstehen sollte, die glauben, aus Gewissensgründen keinen Dienst in der Armee leisten zu können.

Der Bundesrat hat sowohl anlässlich der Beantwortung einer Motion von Nationalrat Borei, die in Form eines Postulates im Jahre 1957 angenommen wurde, wie in der Stellungnahme vom 25. Juni 1965 zum Postulat von Nationalrat Sauser die Einführung eines Zivildienstes als Ersatzleistung für Militärdienst abgelehnt. Der Bundcsrat ist nach wie vor der Auffassung, dass hicf ür eine Verfassungsgrundlage zu schaffen wäre. Ebensowenig ist es zulässig, den Militärdienst in Form des Zivilschutzdicnstes erfüllen zu lassen, indem die durch Artikel 2213'8 der Bundesverfassung geschaffene Zivüschutzpflicht als zivile Organisation von der in Artikel 18 der Bundesverfassung verankerten Wehrpflicht streng geschieden ist. Weiterhin kann auch Artikel 18, Absatz 4 der Bundesver-

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fassung, der den Bund zur Aufstellung einheitlicher Bestimmungen über den Militärpflichtersatz als subsidiäre Ersatzleistung ermächtigt, keineswegs für die Einführung eines Zivildienstes angerufen werden. Schliesslich bietet auch Artikel 13 des Gesetzes über die Militärorganisation keine Handhabe zur Eingliederung der Dienstverweigerer aus Gewissensgründen, indem die hier geschaffenen Kategorien der Notwendigkeit entspringen, die Tätigkeit bestimmter öffentlicher Dienste auch während Zeiten des Aktiv- oder Kriegsdienstes zu gewährleisten.

Im Rahmen der geltenden Rechtsordnung ist es anderseits möglich, der besondern Lage der Dienstverweigerer aus Gewissensgründen nach der sanitarischen und der strafrechtlichen Seite Rechnung zu tragen. Es wird auch geprüft, ob und wie Wehrmänner, die die Sanitätsrekrutenschule bestanden haben, spätere Dienstleistungen in rückwärtigen Formationen wie Militärsanitätsanstalten oder in Zivilspitälern absolvieren könnten.

Bevor auf die Erläuterungen der zu revidierenden strafrechtlichen Bestimmungen eingetreten wird, sollen einige Zahlen über die Entwicklung der Dienstverweigerung aus Gewissensgründen in den letzten Jahren Aufschluss erteilen.

Jahr

1956 1957 1958 1959 1960 1961 1962 1963 1964 1965 1966

cttiisch-wcltanscUaulichc Gründe

7 4 3 4 3 5 2 7 8 18 13

religiöse Gründe

total

28 20 19 27 24 30 29 47 54 50 86

35 24 22 31 27 35 31 54 6268 99

Die steigende Tendenz aufweisenden Zahlen halten sich, gemessen an den jährlichen Aufgeboten, in bescheidenem Rahmen (ca. 0,015%). Bemerkenswert ist, dass sich unter den 99 Dienstverweigerern des Jahres 1966 62 Zeugen Jehovas, also nahezu 3/3, befinden. Die Statistik ergibt weiter, dass es sich in der Mehrzahl um junge Männer handelt, die sich der Stellungspflicht oder der Pflicht zur Absolvierung einer Sanitäts-Rekratenschule entziehen.

Die Verweigerung des militärischen Dienstes äussert sich praktisch darin, dass der Wehrmann einem Aufgebot zur Stellungs- oder Dienstpflicht keine Folge gibt. Es erschien daher geboten, die rechtliche Regelung nicht im Allgemeinen Teil des Militärstrafgesetzes, sondern im Besonderen Teil, der von den einzelnen Vergehen und Verbrechen handelt, vorzunehmen. Da die Gerichtspraxis seit langem das Bedürfnis nach Bestrafung der fahrlässigen Begehung bejahte, ergab sich als zweckmässige und klare Lösung die Aufteilung der Artikel 81 und 82 des Militärstrafgesetzes in ein Vorsatz- und ein Fahrlässigkeitsdelikt. Wer vorsätzlich einem Aufgebot nicht gehorcht, macht sich der Dienstver-

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Weigerung schuldig, wer aus blosser Fahrlässigkeit handelt, erfüllt den Tatbestand des Dienstversäumnisses. Im geltenden Recht wird auf den Beweggrund abgestellt: Wird das Motiv des Nichteinrückens vorwiegend durch den Dienst als solchen erzeugt (z.B. Ablehnung aus weltanschaulichen Gründen oder aus Abscheu vor den Mühsalen des Dienstes), so ist der Täter wegen Dienstverweigerung zu bestrafen, liegt das Motiv mehr in den persönlichen Verhältnissen (z.B. Nichteinrücken wegen anderweitiger Beanspruchung der Arbeitskraft des Täters), so liegt der Tatbestand des Dienstversäumnisses vor. Die Unterscheidung nach der Absicht (einem innern Vorgang) hat den Gerichten seit jeher Mühe bereitet; zudem hat die Lehre die nicht eindeutige Fassung dieses Deliktpaares verschiedentlich angefochten. Im Rahmen der neuen Fassung kann nun die Dienstverweigerung aus Gewissensgründen eingebaut werden, wobei um der völligen Klarheit willen die Behandlung der Nebenfolgen, des Rückfalles und des Vollzuges im Artikel 81 selbst Aufnahme finden soll.

Im einzelnen ist zu bemerken: a. Die Sonderbehandlung soll nicht nur wie bisher dem aus religiösen Gründen handelnden Täter zuteil werden, sondern sie soll sich inskünftig auch auf den Täter, der aus rein ethischen Gründen handelt, erstrecken. Diese Ausdehnung der Privilegierung auf die aus ethischen Gründen den Militärdienst verweigernden Wehrpflichtigen, ist von bundesräthcber Seite schon mehrfach angekündigt worden. Ihr Grundgedanke liegt darin, dass die echte und ehrliche Überzeugung berücksichtigt werden soll, auch wenn sie nicht religiös begründet ist. Es wird Aufgabe der Rechtsprechung sein, in dieser Hinsicht gültige Kriterien zu finden. Dabei muss aber Gewähr geboten sein, dass nur jener Täter auf die entgegenkommende Behandlung rechnen kann, der sich in einer schweren und kaum lösbaren Gewissensnot befindet; diese ist Tatbestandsmerkmal. In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass zahlreiche ausländische Staaten, die für Dienstveiweigejer ein besonderes Statut kennen, das Gewissen als solches, also ohne Beziehung auf ein religiöses Gebot, als Kricgsdicnstausschliessungsgrund anerkennen.

b. Die Strafandrohung lautet, im Gegensatz zum geltenden Recht, das nur Gefängnis absolut als Strafe kennt, auf Gefängnis bis zu sechs Monaten oder Haft. Damit die gleiche Behandlung
im Vollzug gesichert ist, soll auch die Gefängnisstrafe in den Formen der Haft zu vollziehen sein.

c. Der Bundesrat wird ermächtigt, die Einzelheiten des Haftvollzuges zu regeln. Er erhält damit analog dem militärischen Strafvollzug (Art. 30 MStG) die Kompetenz, für einen einheitlichen und möglichst wenig diskriminierenden Vollzug zu sorgen. Dabei soll dem Begehren nach Ermöglichung externer Beschäftigung (z.B. Spitaldienst) Rechnung getragen werden. Es ist erfreulich, feststellen zu können, dass auf eine Rundfrage des Eidgenössischen Militärdepartementes hin die Mehrzahl der Kantone sich bereit erklärt hat, in eigener Zuständigkeit oder in Verbindung mit den Organen der Strafvollzugskonkordate die Voraussetzungen für einen einheitlichen Strafvollzug zu schaffen.

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d. Von der Nebenstrafe der Einstellung in der bürgerlichen Ehrenfähigkrit ist in allen Fällen Umgang zu nehmen.

e. Der Ausschluss aus dem Heere, der als Nebenstrafe bisher nur bei Ausfallung einer Zuchthaus- oder Gefängnisstrafe verfügt weiden kann, soll auch bei der Verurteilung zu einer Haftstrafe Anwendung finden können.

/ Die in Artikel 48 des Militärstrafgesetzes für den Rückfall vorgesehene obligatorische Strafschärfung soll dann nicht angewendet werden, wenn der wegen Dienstverweigerung aus Gewissensgründen bestrafte Täter nach Verbüssung der Strafe erneut wegen des gleichen Delikts sich zu verantworten hat.

Das Dienstversäumnis wird als Fahrlässigkeitsdelikt bloss mit Haft geahndet, wobei in leichten Fällen disziplinarische Bestrafung möglich ist.

II

Verletzung des Völkerrechts

1. Überschrift des Sechsten Abschnittes und Artikel 108 (Anwendungsbereich) Das völkerrechtliche Kriegsrecht fand ui sprünglich nur Anwendung, wenn Kriegszustand im Sinne des Völkerrechts vorlag, d. h. wenn zwischen zwei oder mehreren Staaten entweder Krieg erklärt oder der Kriegszustand anerkannt wurde. Da bei den bewaffneten Konflikten der letzten Jahrzehnte, abgesehen vom Zweiten Weltkrieg, in den meisten Fällen weder Krieg erklärt noch der Kriegszustand anerkannt wurde, erwies es sich als notwendig, den Anwendungsbereich des Kriegsrechts neu zu umschreiben. Die seit dem Zweiten Weltkrieg neu ausgearbeiteten kriegsrechtlichcn Abkommen (vier Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über Verwundete und Kranke, Kriegsgefangene und den Schutz von Zivilpersonen sowie das Haager Abkommen vom 14. Mai 1954 für den Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten) umschreiben den Anwendungsbereich nunmehr wie folgt: Abgesehen von den Bestimmungen, die schon in Friedenszeilen wirksam werden, findet dieses Abkommen Anwendung im Falle eines erklärten Krieges oder eines anderen bewaffneten Konflikts, der zwischenzwci oder mehrcrenHohen Vertragsparteien entsteht, selbst wenn der Kriegszusland von einer oder mehreren von ihnen nicht anerkannt wird.

Das Abkommen findet auch in allen Fallen teilweiser oder vollständiger Besetzung des Gebietes einer der Hohen Vertragsparteien Anwendung, selbst wenn diese Besetzung auf keinen bewaffneten Widerstand stösst.

(Gemeinsamer Art. 2 der vier Genfer Abkommen vom 12. August 1949 und Art. 18 des Haager Abkommens vom 14. Mai 1954 für den Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten.)

Die vorgeschlagene Neufassung der Überschrift des Sechsten Abschnittes und die neue Fassung von Artikel 108 tragen dieser neuen Umschreibung Rechnung. Die bisherige Überschrift «Verletzung des Völkerrechts im Kriege» wird ersetzt durch «Verletzung des Völkerrechts im Falle bewaffneter Konflikte».

586 In Artikel 108, Absatz l wird der Anwendungsbereich der Bestimmungen dieses Abschnittes auf alle «bewaffneten Konflikte» ausgedehnt. Ein bewaffneter Konflikt liegt vor, wenn Truppen zweier Vertragsparteien in bewaffnete Auseinandersetzungen miteinander verwickelt werden. Belanglos ist, welchen Umfang diese Auseinandersetzungen annehmen. Auch Neutralitätsverletzungen, die mit Waffengewalt erfolgen und denen mit Waffengewalt begegnet wird, sind als bewaffnete Konflikte zu betrachten (übereinstimmend Artikel 3 desBG vom 6. Oktober 1966 über den Schutz der Kulturgüter bei bewaffneten Konflikten).

Falls internationale Abkommen einen weiteren Anwendungsbereich als den in Absatz l umschriebenen vorsehen, ist gemäss Absatz 2 dieser weitere Anwendungsbereich massgebend. Dies ist insbesondere der Fall bei widerstandsloser Besetzung des Gebietes einer Vertragspartei durch Streitkräfte einer anderen Vertragspartei (vgl. Abs. 2 des vorhin zitierten gemeinsamen Art. 2 der Genfer Abkommen und des Art. 18 des Haager Abkommens), ferner bei der Verpflichtung neutraler Staaten, die Abkommen gegenüber Internierten anzuwenden (Art, 4 des 1. Genfer Abkommens, Art. 5 des 2. Genfer Abkommens, Art. 4, Buchstabe B, Ziffer 2, des 3. Genf er Abkommens) und bei nichtinternationalen Konflikten, soweit die Abkommen auch in solchen Anwendung finden (vgl.

gemeinsamer Art. 3 der vier Genfer Abkommen und Art. 19 des Haager Abkommens).

Die Aufhebung des geltenden Artikels 108 wird am Schluss der Bemerkungen zu Artikel 109 begründet.

2. Art. 109 (Verletzung kriegsrechtlicher Bestimmungen) Artikel 109, der die Verletzung kriegsrechtlicher Bestimmungen unter Strafe stellt, ist in verschiedener Hinsicht revisionsbedürftig.

Zunächst erweist sich die geltende Formulierung «Wer den Vorschriften internationaler Abkommen über Kriegführung und zum Schütze von Kriegsopfern zuwiderhandelt» als zu eng, indem Zuwiderhandlungen gegen das Haager Abkommen von 1954 über den Schutz der Kulturgüter dadurch nicht erfasst werden. Die vorgeschlagene Bestimmung erklärt nun in allgemeiner Weise: «Wer den Vorschriften internationaler Abkommen über Kriegführung sowie über den Schutz von Personen und Gütern zuwiderhandelt, . . . » Nach dem neuen Wortlaut soll neben der Verletzung internationaler Abkommen auch die Verletzung «anderer anerkannter Gesetze
und Gebräuche des Krieges» unter Strafe gestellt werden. Gewisse anerkannte kricgsrechtliche Normen sind nicht in Abkommen niedergelegt, sondern ergeben sich aus dem Völkergewohnheitsrecht, was im geltenden Militärstrafgcsetz, abgesehen von Artikel 108, nicht berücksichtigt wird. Sowohl die in Abkommen niedergelegten wie auch die gewohnheitsrechtlichen Bestimmungen des Kriegsrechts sind heute in dem von der schweizerischen Armee herausgegebenen «Handbuch über die Gesetze und Gebräuche des Krieges» zusammengefasst.

Gemäss dem heute geltenden Wortlaut des Artikels 109 ist die Verletzung internationaler Abkommen als Dienstverletzung im Sinne des Artikels 72 zu bestrafen. Es erweist sich als wünschenswert, anstelle dieser Verweisung Arti-

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kel 109 zu einer selbständigen Strafbestimmung auszugestalten. Einer DienstVerletzung im Sinne von Artikel 72 kann sich nämlich grundsätzlich nur schuldig machen, wer der Dienstgewalt der schweizerischen Armee untersteht. Verletzungen internationaler Abkommen müssen aber auch geahndet werden, wenn sie von Zivilpersonen oder Ausländern begangen werden. Ferner erscheint die Strafandrohung des Artikels 72 (Gefängnis bis zu sechs Monaten) als ungenügend, um Verletzungen internationaler Abkommen, die die Schwere von Verbrechen aufweisen (z.B. Verschleppung von Zivilpersonen, Hinrichtung ohne ordentliches Gerichtsverfahren), zu ahnden. Zwar kann in Kriegszeiten auf Zuchthaus oder Gefängnis ohne bestimmte Höchstdauer erkannt werden, doch bestehen gemäss Artikel 5 Kriegszeiten nur, wenn die Schweiz selbst sich im Kriege befindet oder wenn der Bundesrat bei unmittelbar drohender Kriegsgefahr die Anwendung der für Kriegszeiten aufgestellten Bestimmungen beschliesst. Eine Person, die im Ausland Kriegsverbrechen begeht, ohne dass die Schweiz selbst sich im Krieg oder in Kriegsgefahr befindet, könnte deshalb unter Umständen nicht angemessen bestraft werden. Der neu vorgeschlagene Strafrahmen (Gefängnis, in schweren Fällen Zuchthaus) ohne Bezugnahme auf Kriegszeiten dürfte den Erfordernissen entsprechen. Sofern das Militärstrafgesetz für Delikte, die zugleich Abkommensverletzungen sind (z. B. Tötungsdelikte gegenüber den durch die Abkommen geschützten Personen), schärfere Straf bestimmungen enthält, sind diese anwendbar. Für leichte Fälle ist disziplinarische Bestrafung vorgesehen, Gemäss Artikel 192 können Disziplinarstrafen auch gegenüber Zivilpersonen ausgesprochen werden.

Man könnte sich fragen, ob nicht anstelle einer Gcneralklausel, wie Artikel 109 sie darstellt, die einzelnen Tatbestände angeführt werden könnten, die durch Artikel 109 erfasst werden sollen. Eine Prüfung hat jedoch ergeben, dass eine derartige Aufzählung außerordentlich lang würde, wobei nicht einmal mit Sicherheit alle Fälle erfasst würden. Denkbar wäre, nur die in den vier Genfer Abkommen von 1949 ausdrücklich genannten «schweren Verletzungen» der Abkommen zu gesonderten Tatbeständen auszugestalten. Zu den «schweren Verletzungen» gehören z.B. die Folterungen, die unmenschliche Behandlung einschhesslich biologischer Versuche, die
rechtswidrige Verschleppung und Verschickung und der Entzug des Anrechts auf ein ordentliches, den Vorschriften der Abkommen entsprechendes Gerichtsverfahren. Aber auch eine Aufzählung nur dieser wichtigsten Tatbestände würde nicht befriedigen, da auch in diesem Fall auf eine Generalklausel nicht verzichtet werden könnte.

Eine Generalklausel kann im übrigen um so eher verantwortet werden, als die völkerrechtlichen Abkommen in der Schweiz Gesetzesrang haben und von der Armee in hinreichendem Masse publiziert und bekanntgemacht werden.

Durch die neue Fassung von Artikel 109 wird der geltende Artikel 108 hinfällig, der mit Strafe bedroht, «wer dem Feinde gegenüber Kampfmittel oder Kampfweisen anwendet oder anwenden làsst, die im schweizerischen Heere ausdrücklich verboten sind». Diese Bestimmung ist schon durch die im Jahre 1950 angenommene heutige Fassung des Artikels 109 weitgehend gegenstandslos geworden, indem fast alle Verbote von Kampfmitteln und Kampfweisen in

588 nternationalen Abkommen niedergeleg t sind. Einzig die gewohnheitsrechtlichen Verbote wurden durch Artikel 109 bisher noch nicht erfasst. Nachdem nun die neue Fassung des Artikels 109 neben der Verletzung internationaler Abkommen auch die Verletzung anderer anerkannter Gesetze und Gebräuche des Krieges unter Strafe stellt, wird Artikel 108 vollends gegenstandslos. Auf den geltenden Artikel 108 kann aber auch deshalb verzichtet werden, weil ein Angehöriger der schweizerischen Armee, der ein in der Armee ausdrücklich verbotenes Kampfmittel anwendet, sich der Nichtbefolgung von Dienstvorschriften gemäss Artikel 72 schuldig macht und auf Grund dieser Bestimmung bestraft werden kann. Artikel 108 in seiner geltenden Fassung ist nur ein Sondertatbestand der Nichtbefolgung von Dienstvorschriften.

3. Artikel 110 (Missbrauch internationaler Schutzzeichen) Die einzige Änderung dieses Artikels besteht darin, dass ausser dem Zeichen des Roten Kreuzes, des Roten Halbmondes und des Roten Löwen mit der roten Sonne neu auch der Kulturgüterschild gemäss dem Haager Abkommen von 1954 vor Missbrauch geschützt wird.

4. Artikel 111 (Feindseligkeitengegen international geschützte Personen und Sachen) Wie m Artikel 110 wird auch hier die Einführung des Kulturgüterschildes neu berücksichtigt. Ferner wird riebt)gerweise nicht nur mit Strafe bedroht, wer gegen eine geschützte Person Feindseligkeiten verübt, sondern auch, wer eine solche an der Ausübung ihrer Funktionen behindert (z. B. das Sanitätspersonal oder das mit dem Schutz des Kulturgutes betraute Personal).

5. Artikel 2, Ziffer 9 (Persönliche und sachliche Geltung) Die vier Genfer Abkommen von 1949 verpflichten in gleichlautenden Bestimmungen (Art. 49,50,129,146) alle Vertragsparteien, Personen, die sich einer der in den Abkommen umschriebenen schweren Verletzungen der Abkommen schuldig gemacht haben, zu ermitteln und sie ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit vor ihre eigenen Gerichte zu stellen oder sie gemäss den in ihrem eigenen Recht vorgesehenen Bedingungen einer anderen an der gerichtlichen Verfolgung interessierten Vertragspartei zur Aburteilung zu übergeben. Artikel 28 des Haager Abkommens von 1954 für den Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten enthält eine Verpflichtung gleicher Art. Gemäss dem geltenden Wortlaut von Artikel 4, Ziffer 2 des
Militärstrafgesetzes können Zivilpersonen nur «in Kriegszeiten» wegen Verletzung des Völkerrechts vor Gericht gestellt werden, d.h.

nur dann, wenn die Schweiz selbst sich im Krieg oder in unmittelbar drohender Kriegsgefahr befindet (Art. 5 des MStG). Um ihren Verpflichtungen gemäss den genannten Abkommen Genüge zu tun, muss die Schweiz in der Lage sein, auch dann, wenn sie sich nicht selbst im Krieg oder in Kriegsgefahr befindet, Personen zu verfolgen, die sich im Ausland schwerer Verletzungen der Genfer Abkommen

589 oder Verletzungen des Haager Abkommens schuldig gemacht haben. Zwar werden solche Personen normal er weise ausgeliefert werden, doch ist die Auslieferung nicht in allen Fällen zulässig oder möglich. Eine blosse Ausweisung wäre mit den erwähnten Bestimmungen nicht vereinbar.

Artikel 2 ist dementsprechend durch eine Bestimmung zu erganzen, wonach dem Militarstrafrecht unterstehen «Personen, die sich schuldig machen der Verletzung des Völkerrechts im Falle bewaffneter Konflikte (Art. 108-114)».

Anderseits sind in Artikel 4, Ziffer 2 die Worte «einer Verletzung des Völkerrechts im Krieg (Art, 108-114)» zu streichen.

m Disziplinarstrafordnung

Die Disziplinarstrafordnung bedarf nach folgenden Richtungen einer Reform: L Disziplinarstrafmittel Die Degradation (Art. 190 MStG) ist fallen zu lassen, indem sie den Rahmen der übrigen Disziplinarstrafen sprengt. Im Gegensatz zu Verweis, Arrest und Busse ist die Degradation von dauernder Wirkung und selbst einer Begnadigung nicht zugänglich. Deren Abschaffung drangt sich um so mehr auf, als sie bis heute praktisch ausserst selten angewendet wurde. Fällt eine Degradation in Betracht, so liegen aller Regel nach Umstände vor, die einer gerichtlichen Beurteilung des Falles rufen, wobei die Degradation als Nebenstrafe verfugt werden kann (Art 37 MStG).

Die gelegentlich angeregte Einführung der Busse für im Dienst begangene Verfehlungen - nach Artikel 191 Müitärstrafgesctz kann die Busse statt Arrest bei ausserhalb des Dienstes begangenen Disziplinarfehlem verhängt werden erscheint als unzweckmässig, indem der Webrmann im Militärdienst auf den Sold angewiesen ist. Eine erzieherische Wirkung kann überdies nicht erzielt werden. Dagegen erweist es sich als nötig, die Zivilpersonen treffende Bussen den gegenwärtigen Geldwerten anzupassen (Art. 192 MStG). VerstÖsse wie Nichtstellen von Fahrzeugen und Pferden müssen zum vorneherein unrentabel werden, was bei dem bisherigen Bussenrahmen nicht immer der Fall war.

Der Vollzug von Arreststrafen ausserhalb des Dienstes obliegt nach Artikel 187, Absatz 5 Militârstrafgcsetz bei Dienstpflichtigen dem Einteilungskanton. Das Dienstreglement (Ziff. 83) sieht die Möglichkeit der Übertragung an den Wohnortskanton vor. Bei der heute herrschenden Freizügigkeit wohnen sehr viele Bestrafte nicht im Eintcüungskanton; so wird in der Praxis vielfach von der Delegation Gebrauch gemacht. Es bedeutet so eine wesentliche Vereinfachung, wenn von Beginn an der Wohnkanton als für den Vollzug verantwortlich bestimmt wird. Der ausserdienstliche Vollzug des einfachen Arrestes - er lässt sich per definitionem nur während des Dienstes vollziehen (Art. 185 MStG) stösst in der Praxis auf grosse Schwierigkeiten. Wird von kantonalen Militär-

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Behörden für ausserdienstliche Verfehlungen «Arrest» ausgesprochen, so sind auch hier verschiedene zum Teil ungesetzliche Vollzugsformen festzustellen. Es läge nahe, den einfachen Arrest als Strafart fallen zu lassen - die Busse steht als Ersatz zur Verfügung - doch dürfte die Ausfällung von Arreststrafen von 1-2 Tagen den zuständigen. Instanzen weiterhin willkommen sein. Die in Artikel 187, Absatz 6 Militärstrafgesetz vorgesehene Lösung - Vollzug des einfachen Arrestes wie scharfer Arrest - ermöglicht so den gleichen Vollzug von dienstlich ausgesprochenen Strafen, die ausnahmsweise ausser Dienst vollzogen werden müssen, und von ausserdiensthch verhängten Arreststrafen. - Die neue Fassung von Artikel 189, Absatz 3 Militärstrafgesetz (Unterstützung von Arrestanten) entspricht der heutigen Regelung.

2, Disziplinarstrafgewalt und -befugnisse

Die Neuformulierung von Artikel 195 Militärstrafgesetz will klarstellen, dass grundsätzlich nur die Kommandanten Disziplinarstrafgewalt besitzen, und zwar nur für ihre direkten Untergebenen, also z.B. der Regimentskommandant nur für die Angehörigen des Regimentsstabes. Der Bataillonskommandant und der Regimentskommandant haben keine Strafgewalt gegenüber einem Angehörigen einer Kompagnie; dagegen besitzen sie eine grössere Strafbefugnis als der Hauptmann, der gegebenenfalls die Strafbefugnis des höhern Kommandanten anrufen kann, wenn seine eigene nicht ausreicht. Mit der Unterscheidung von Strafgewalt und Strafbefugnis kann vermieden werden, dass höhere Kommandanten ohne Antrag in die Einheiten hinein strafen, dies besonders im Anschluss an eine durch den militärischen Untersuchungsrichter durchgeführte vorläufige Beweisaufnahme.

Die Bestimmungen über die Strafbefugnisse (Art. 197-202 MStG) bedürfen einer Anpassung an die gegenwartige Organisation der Armee und der eidgenössischen Militärverwaltung. Die Strafkompetenzen sollen nicht mehr nach dem militärischen Grad, sondern nach der militärischen Funktion und Verantwortlichkeit abgestuft werden. Die Disziplinarstrafgewalt ist Ausfluss der militärischen Kommandogewalt. Sie ist daher beschränkt auf diejenigen Offiziere, die mit dem Kommando einer Einheit, eines Truppenkörpers oder eines ändern Verbandes betraut sind, während alle Mitarbeiter des Stabes keine Strafgewalt besitzen. Diese Beschränkung der Disziplinarstrafgewalt kommt bei der neuen Umschreibung eindeutig zum Ausdruck, während die bisherige Stufung nach Graden die irrtümliche Auffassung wecken konnte, die Strafbefugnisse würden allen Offizieren eines bestimmten Grades zustehen. Die Truppenordnung 61 kennt zudem sogenannte Doppelgrade; so kann Kommandant eines Regiments ein Oberstleutnant oder Oberst sein. Die Abstufung der Strafbefugnisse nach Funktion schliesst so den Nachteil aus, dass Regimentskommandanten je nach Grad verschiedene Strafbefugnisse haben. Die Liste der obersten Kommandostellen und der Militärbehörden (Art, 200) bedarf der Ergänzung durch den Ausbildungschef, den Kommandanten der Flieger- und Fliegerabwehrtruppen und die Kommandanten der Brigaden. Da letztere nun einheitlich den Grad

591 des Oberstbrigadiers bekleiden, ist es gerechtfertigt, ihnen die gleiche Strafbefugnis zu geben wie den Kommandanten der Heereseinheiten. Das gleiche gilt für die Kommandanten der Territorialbrigaden sowie für die Kommandanten der Flugwaffe, der Flugplätze und der Fliegerabwehrwaffe. Dass anderseits der Oberbefehlshaber der Armee, die Kommandanten der Armeekorps, Divisionen und Brigaden die gleichen Strafbefugnisse besitzen, kann ohne Nachteil hingenommen werden. - Die Truppenordnung kennt für Einheiten und Truppenkörper eine Reihe von Sonderbezeichnungen, die zweckmässigerweise nicht in das Gesetz selbst aufgenommen werden. Die sinngemässe Einstufung dieser Formationen der Armee wie die bis jetzt in Ziffer 34 des Dienstreglements verankerte Disziplinarstrafbefugnis in Rekruten- und Kaderschulen soll durch bundesrätlichen Erlass erfolgen (Art. 201 MStG). In gleicher Weise soll durch den Bundesrat die Disziplrnarstrafgewalt von Formationen - es handelt sich hauptsachlich um Formationen des Hilfsdienstes - geregelt werden, deren Kommandanten keinen Offiziersgrad bekleiden.

Artikel 207 des Militärstrafgesetzes, der von der Straf an derung handelt, erhält eine klarere Fassung : Es soll nur der direkte Vorgesetzte des Strafenden die Strafverfügung aufheben, herabsetzen oder erhöhen können. Absatz 2 regelt den Fall, da eine Bestrafung zu Unrecht nicht erfolgt; ein Vorgesetzter (es kann auch ein höherer als der direkte sein) kann befehlen, dass bestraft wird, nicht aber wie, d.h. mit welcher Strafe.

3. Disziplinarbeschwerde (Art. 208-214 MStG) Im Gegensatz zur Dienstbeschwerde (Ziff. 85-101 DR) sieht das geltende Disziplinarstrafrecht keine Weiterziehung eines Disziplinarbeschwerdeentscheides vor. Das ist ein Mangel. Die Erfahrung lehrt, dass Strafverfügungen vielfach ohne genügende Abklärung, zuweilen noch durch die falsche Instanz, getroffen werden. Zudem zeigt sich bei der Erledigung der Disziplinarbeschwerde die Tendenz, den untergebenen Strafenden zu decken, besonders wenn schon vor der Ausfällung der Strafverfügung eine «Fühlungnahme nach oben» stattgefunden hat. Schliesslich ist, zum Teil bedingt durch die lOtägige Beschwerdefrist, die schleppende Erledigung nachteilig in Erscheinung getreten. Die Schaffung einer zweiten Instanz erweist sich daher als geboten. Allein schon durch die Möglichkeit
des Weiterzuges werden die Truppenkommandanten zu grösserer Sorgfalt in der Entscheidung von Disziplinarbeschwerden veranlasst werden.

Die Neuordnung des Abschnittes will in erster Linie das Verfahren zu rascher Abwicklung führen. Die Fristen sind, verschieden für Beschwerden während und ausserhalb des Dienstes, stark gekürzt. Im Zusammenhang damit steht die Frage der Aussetzung des Strafvollzuges. Im Gegensatz zur geltenden Regelung wird in erster und zweiter Instanz der Erhebung der Beschwerde vollzugshemmende Wirkung zuerkannt. Es soll damit verhindert werden, dass das Beschwerdeverfahren durch vorzeitigen Vollzug illusorisch wird. Die Weiterziehung des Entscheides über eine Disziplinarbeschwerde ist dann zuzu-

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lassen, wenn wesentliche Verfahrensvorschriften verletzt oder der Beschwerdeentscheid in offensichtlicher Missachtung erheblicher Tatsachen gefällt wurde.

Dies bedeutet eine bewusste Einschränkung des Weiterziehungsrechtes. Eine unbeschränkte Weiterziehung würde Gelegenheit zu trölerischer und willkürlicher Ausübung bieten. Es ist schon gesagt worden, dieEinfülirung einer zweiten Instanz verpflichte allein schon den Strafenden wie die erste Beschwcrdeinstanz zu gewissenhaftester Prüfung des Disziplinarfallss. Als zweite Beschwerdeinstanz ist der Oberauditor der Armee vorgesehen. Er bietet Gewähr für einen raschen, sachkundigen und unabhängigen Entscheid; in verwickelten Fällen hat der Oberauditor die Möglichkeit, Offiziere seines Stabes mit weiteren Abklärungen zu beauftragen. Demgegenüber vermöchte die Schaffung einer Kommission mit ständigem Sekretariat die erforderliche rasche Erledigung kaum zu gewährleisten. Endlich erscheint auch der Einsatz des nächsthöheren Vorgesetzten als zweite Instanz nicht geeignet, gewisse Schwächen der geltenden Regelung zu beheben. Es ist unerlässlich, dem sich zu Unrecht bestraft Fühlenden die Gewisshcit zu verschaffen, dass sein Fall in voller Unabhängigkeit und Sachlichkeit geprüft und entschieden wird.

IV

Militärstrassenverkchrsrecht Nach der Grundkonzeption unseres Militärstrafgesetzbuches sind die dem Militärstrafrecht unterstehenden Personen für strafbare Handlungen, die im Militärstrafgesetz nicht vorgesehen sind, der bürgerlichen Gerichtsbarkeit unterworfen (Art. 219, Abs. l MStG). Missachtet daher eine Militärperson Vorschriften der bürgerlichen Strassengesetzgebung, so hat sie sich vor dem bürgerlichen Richter zu verantworten. Steht die Handlung mit dem militärischen Dienstverhältnis im Zusammenhang, so kann die Verfolgung nur mit Ermächtigung des Eidgenössischen Militärdepartements erfolgen (Art. 219 MStG). Ist neben der Verletzung des Strassenverkehrsgesetzes und zudienender Verordnungen auch eine Widerhandlung gegen einen Straftatbestand des MStG erfolgt, z.B.

Fahren in angetrunkenem Zustand und fahrlässige Tötung, so ist durch Beschluss des Eidgenössischen Militärdepartements, sofern nicht eine getrennte Beurteilung als zweckmässig erscheint, die gemeinsame Beurteilung dem militärischen oder bürgerlichen Gericht zu übertragen.

Diese Ordnung befriedigt nicht. Einmal ist das Verfahren kompliziert und schwerfällig und entspricht nicht dem gesetzgeberischen Willen nach Raschbeit und Einfachheit. Im Zeichen der stark entwickelten Motorisierung der Armee sodann erscheint es gegeben, die Beurteilung von Straftaten, die im Zusammenhang mit dem motorisierten Militärdienst stehen, dem Militärrichter zu übertragen. Zwei Wege stehen offen: - Neufassung des Artikels 169bls des Militärstrafgesetzes, indem in kasuistischer Form bestimmte Widerhandlungcn gegen das Strassenverkehrsgesetz unter Strafandrohung gestellt werden;

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- Generelle Zuständigkcitsordnung unter Durchbrechung des in Absatz l des Artikels 219 des Militärstrafgesetzcs enthaltenen Prinzips.

Der letzteren Lösung ist - weil einfacher und klarer - der Vorzug zu geben.

Immerhin ist die militärgerichtliche Zuständigkeit einzuschränken, indem nurder Verkehrsverstoss bei dienstlichem Anlass erfasst werden soll. Reine Verkehrswiderhandlungen, die mit dem Dienstbetricb der Truppe in keinem oder nur losem Zusammenhange stehen, wie Verstôsse mit Fahrzeugen im Urlaub, beim Einrücken oder nach der Entlassung, bei der Fahrt zur Erfüllung der Schiesspflicht oder zur Vorführung stellungspflichtiger Fahrzeuge u. a., sollen der bürgerlichen Gerichtsbarkeit zur Behandlung überlassen bleiben. Wiederum sind ohne Durchführung eines Delegationsverfahrens die Organe der militärischen Strafrechtspflcge dann zuständig, wenn eine Verkenrswiderhandlung im Zusammenhang mit einer im Militarstrafgcsctz vorgesehenen strafbaren Handlung steht. Dies gilt z. B, wenn eine Militàrperson auf der Fahrt mit einem Dienstfahrzeug Sicherheitslinien missachtet, Stopsignale nicht beachtet und anschliessend einen Unfall verursacht, der Personen- oder Materialschaden bewirkt.

Die Übernahme der bürgerlichen Vorschriften über den Strassenverkehr schliesst die Anwendung der entsprechenden Strafbestimmungen ein. Dies hat zur Folge, dass die Busse als Strafe in die militärische Gerichtsbarkeit hineingetragen wird. Abgesehen davon, dass das Militärstrafgesetz die Busse verschiedentlich vorsieht (Art. 124, Ziff.l, Abs. l, 137, 141, 144, 145-148, 163, Abs.2) ist festzustellen, dass ein Militärgericht nur ganz selten in die Lage käme, eine Busse auszusprechen: Handelt es sich um einen geringfügigen Fall, und dies dürfte die überwiegende Zahl betreffen, so erfolgt disziplinarische Bestrafung; ist der Fall so gelagert, dass er gerichtlich abzuwandeln ist, so wird regelmässig die blosse Busse als Strafmittel nicht ausreichen.

In Artikel 90 des Strassenverkchrsgcsetzes wurde festgelegt, dass Artikel 237 Strafgesetzbuch (Störung des öffentlichen Verkehrs) bei Verkehrsgefährdungen, die durch Verletzung von Strassenvcrkehrsregeln begangen werden, keine Anwendung finden soll. Obschon in der Folge die Militärgerichte entschieden haben, dass der analog formulierte Aitikel 169lis des Militärstrafgesetzes ebenfalls nicht mehr anzuwenden sei, empfiehlt es sich, den Ausschluss gesetzlich festzulegen.

V

Artikel 106 (Verletzung militärischer Geheiminisse) Artikel 106 und Artikel 86 des Militarstrafgesctzes wiesen das gleiche Marginale auf. In ihrem Inhalt unterscheiden sie sich dadurch, dass dem Artikel 106 das besondere Tatbestandsmerkmal des Verrates des Geheimnisses an einen fremden Staat, dessen Agenten oder die Öffentlichkeit fehlt. Zudem findet Artikel 106 nur in Zeiten aktiven Dienstes auf Zivilpersonen Anwendung (Art. 3, Ziff. l MStG). Durch Vollmachtenrecht (Verordnung betreffend Abänderung und Ergänzung des Müitärstrafgesetzes vorn 28. Mai 1940) erhielt Artikel 106 folgende ergänzende Fassung:

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« l. Wer vorsätzlich Gegenstände, die mit Rücksicht auf die Landesverteidigung geheim gehalten werden, widerrechtlich an sich nimmt, abbildet oder vervielfältigt, wer vorsätzlich von ihm ausgespähte oder ihm sonst bekannte Tatsachen, Vorkehren, Verfahren oder Gegenstände, die mit Rücksicht auf die Landesverteidigung geheim gehalten werden, Unberechtigten zugänglich macht oder sonst preisgibt, wird mit Zuchthaus oder Gefängnis bestraft.

2. Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Gefängnis oder Busse.

3. Vorbehalten bleibt Artikel 86 des Militärstrafgesetzbuches.» Die Ziffer l, Absatz 2 sollte eine Lücke ausfüllen, indem nicht nur der Verrat von Geheimnissen gegenüber der Öffentlichkeit, sondern die Preisgabe von Geheimnissen jedem Unberechtigten gegenüber als strafbar erklärt wurde. Mit Kriegsende fiel dieser Absatz dahin, wodurch eine empfindliche Lücke im Staatsschutz geschaffen wurde. Abgesehen davon, dass der Begriff der «Öffentlichkeit» in der Gerichtspraxis auf erhebliche Schwierigkeiten stösst, erweist es sich als notwendig, auch Fälle zu erfassen, in welchen Geheimnisse einem Unberechtigten preisgegeben werden, ganz unabhängig davon, ob man annehmen müsse, diese würden die geheimen Tatsachen für sich behalten oder weitergeben. Damit kann vor allem auch das leichtfertige Ausplaudern von militärischen Geheimnissen bestraft werden. Nach wie vor muss gelten: «Wer nicht schweigt, schadet der Heimat.» Zu diesen Erwägungen tritt ein weiterer wichtiger Umstand: Der Bund beauftragt in zunehmendem Masse schweizerische Unternehmer mit der Ausführung von Arbeiten, die die militärische Landesverteidigung betreffen. Dabei müssen den Vertragspartnern Dokumente und Materialien zur Verfügung gestellt werden, deren Verscbluss gegenüber aussen ein unabdingbares Gebot ist. Die Erfahrung lehrt leider, dass die vertraglichen Sicherungsmittel nicht genügen, die Geheimhaltung zu wahren. Die Neufassung von Artikel 106 mit gleichzeitiger Geltung auf Zivilpersonen in Friedenszeiten (Art, 2, Ziff. 8 Entwurf) ist deshalb geeignet, der alarmierenden Lage Rechnung zu tragen.

VI

1. Zu Artikel 3, Ziffer 4: Während der Zeit, da Flüchtlinge durch militärische Organe (Betreuungsdienst) betreut werden, sollen sie der militärischen Disziplinar- und Gerichtsordnung unterstellt sein.

2. Zu Artikel 12, Absatz 4: Hat das Gericht gemäss Artikel 12 Absatz l auf Ausschliessung aus dem Heere erkannt, so ist ein solcher Entscheid weder auf gerichtlichem noch administrativem Wege rückgängig zu machen. Den dadurch entstehenden Härtefällen soll durch die Aufnahme des neuen Absatzes begegnet werden.

3. Zu Artikel 124: Nach der bisherigen Fassung lautet die Strafandrohung bei schwerer Schädigung auf Gefängnis, die fakultativ mit Busse verstärkt werden kann. Demgegenüber sieht Artikel 120 (Fahrlässige Tötung) als

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Strafe Gefängnis oder Busse vor. Dass das schwerere Delikt die geringere Strafandrohung enthält, wird in der Gerichtspraxis zu Recht als störend empfunden. Durch Streichung der Ziffer 2 wird hinsichtlich der Strafandrohung Übereinstimmung mit dem bürgerlichen Strafrecht erreicht.

4. Zu Artikel 25 Militärstrafgerichtsordnung: Die Ergänzung « . . . und das Militärstrafgesetz» nimmt Bezug auf die in Artikel 212 Militärstrafgesetz dem Oberauditor zugewiesene Funktion.

5. Zu Artikel 209 Müitärstrafgerichtsordnung: Nach Einführung der Haftstrafe ist es selbstverständlich, dass deren Vollzug den Kantonen obliegt.

VII Die Zuständigkeit des Bundes zur Gesetzgebung über das Heerwesen und im Gebiete des Strafrechts beruht auf den Artikeln 20 und 64bis der Bundesverfassung.

Wir beehren uns, Ihnen den beiliegenden Entwurf zu einem Bundesgesetz betreffend die Änderung des Militärstrafgesetzes zur Annahme zu empfehlen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 6. März 1967.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident : Bonvin Der Bundeskanzler : Ch. Oser

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(Entwurf)

Bundesgesetz betreffend die Änderung des Militärstrafgesetzes Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 6. März 1967, beschliesst:

Das Militärstrafgeset2 vom 13.Juni 19271) wird wie folgt geändert: Art. 2, Ziff. 8 und Ziff. 9 (neu) 8. Zivilpersonen, die sich schuldig machen der landesverraterischen Verletzung militärischer Geheimnisse (Art. 86), der Sabotage (Art. 86bis), der Schwächung der Wehrkraft (Artikel 94-96), der Verletzung militärischer Geheimnisse (Art. 106) oder des Ungehorsams gegen militärische und behördliche Massnahmen, die der Vorbereitung oder Durchführung der Mobilmachung der Armee oder der Wahrung des militärischen Geheimnisses dienen (Art. 107).

9. Zivilpersonen, die sich schuldig machen der Verletzung des Völkerrechts im Falle bewaffneter Konflikte (Art. 108-114).

Art. 3, Ziff. 4 (neu) 4. Internierte Militärpersonen aus kriegsführenden Staaten, die ihren bewaffneten Streukräften, ihren Milizen und Freiwilligenkorps einschliesslich organisierter Widerstandsbewegungen angehören, internierte Zivilpersonen sowie militärisch betreute Flüchtlinge,

Art. 12, Abs. 4 (neu) Der Ausschluss aus dem Heere gemäss Absatz l kann durch das Eidgenössische Militärdepartement aufgehoben werden, wenn 4

l

)BS3,391; AS 1951, 437.

597

die Voraussetzungen, die dazu geführt haben, hinfällig geworden sind.

Art. 29, Abs. 3 aufgehoben.

Art. 81 1. Wer vorsätzlich einem Aufgebot zur Aushebung oder zum Militärdienst nicht gehorcht, wird mit Gefängnis bestraft.

2. Wer aus religiösen oder ethischen Gründen in schwerer Seelennot einem Aufgebot zur Aushebung oder zum Militärdienst nicht gehorcht, wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit Haft bestraft. Von der Einstellung in der bürgerlichen Ehrenfähigkeit ist abzusehen. Der Richter kann den zu Gefängnis oder Haft Verurteilten aus dem Heere ausschliessen.

Die Gefängnisstrafe ist in den Formen der Haftstrafe zu vollziehen. Der Bundesrat erlässt die Vorschriften über den Vollzug der Haftstrafe.

Bei Rückfall findet Artikel 48 keine Anwendung, wenn die verbüsste Strafe wegen Dienstverweigerung aus Gewissensgriraden ausgesprochen wurde und der Täter einzig wegen einer solchen Tat erneut verurteilt wird.

3. Im Fall aktiven Dienstes kann auf Zuchthaus erkannt werden.

4. Stellt sich der Täter nachträglich aus eigenem Antrieb zum Dienst, so kann der Richter die Strafe nach freiem Ermessen mildern (Art. 47).

Art. 82 1 Wer fahrlässig einem Aufgebot zur Aushebung oder zum Militärdienst nicht gehorcht, wird mit Haft bestraft.

2 In leichten Fällen erfolgt disziplinarische Bestrafung.

3 Im Fall aktiven Dienstes kann auf Gefängnis erkannt werden.

DienstVerweigerung

DienstVersäumnis

Art. 106 Wer vorsätzlich Akten oder Gegenstände, Vorkehren, Ver- Verletzung fahren oder Tatsachen, die mit Rücksicht auf die Landesverteidi- "eSS gung oder auf Grund vertraglicher Abmachungen geheim gehalten werden, widerrechtlich veröffentlicht, Unbefugten zugänglich macht oder sonstwie preisgibt, solche Akten oder Gegenstände widerrechtlich an sich nimmt, abbildet oder vervielfältigt, wird mit Zuchthaus bis zu 5 Jahren oder mit Gefängnis bestraft.

2 Im Fall aktiven Dienstes ist die Strafe Zuchthaus.

3 Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Gefängnis oder Busse.

1

Bundesblati. 117.Jahrg.Bd H.

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Sechster Abschnitt Verletzung des Völkerrechts im Falle bewaffneter Konflikte

Art. 108 Anwendungsbereich

1

Die Bestimmungen dieses Abschnittes finden Anwendung im Falle erklärter Kriege und anderer bewaffneter Konflikte zwischen zwei oder mehreren Staaten; ihnen gleichgestellt sind Neutralitätsverletzungen und deren Zurückweisung mit Gewalt.

2 Die Verletzung internationaler Abkommen ist überdies strafbar, wenn die Abkommen einen weiteren Anwendungsbereich vorsehen.

Art. 109 Verletzung kriegsrechtLicher Bestimmungen

1

Wer den Vorschriften internationaler Abkommen über Kriegführung sowie über den Schutz von Personen und Gütern zuwiderhandelt, wer andere anerkannte Gesetze und Gebräuche des Krieges verletzt, wird, sofern nicht schärfere Strafbestimmungen zur Anwendung gelangen, mit Gefängnis, in schweren Fällen mit Zuchthaus bestraft.

s In leichten Fällen erfolgt disziplinarische Bestrafung.

Art, 110 M isabrauch Internationaler Schutzzeichen

Feindseligketten gegen international geschützte Personen und Sachen

Wer das Zeichen oder den Schutz des Roten Kreuzes, des Roten Halbmondes, des Roten Löwen mit der roten Sonne oder des Kulturgüterschildes zur Vorbereitung oder zur Ausführung von Feindseligkeiten missbraucht, wird mit Gefängnis, in schweren Fällen mit Zuchthaus bestraft.

Art. 111 Wer gegen Personen, die unter dem Schütze des Roten Kreuzes, des Roten Halbmondes, des Roten Löwen mit der roten Sonne oder des Kulturgütcrschildes stehen, Feindseligkeiten verübt oder sie an der Ausübung ihrer Funktionen hindert, wer Material, das unter dem Schutz des Roten Kreuzes, des Roten Halbmondes oder des Roten Löwen mit der roten Sonne steht, zerstört oder beschädigt, wer Kulturgüter oder Material, die unter dem Schutz des Kulturgüterschildes stehen, unberechtigt zerstört oder beschädigt, wird mit Gefängnis, in schweren Fallen mit Zuchthaus bestraft.

2 In leichten Fällen erfolgt disziplinarische Bestrafung.

1

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Art. 124, Ziff. 2 2. ... aufgehoben ArU69blä 1. Wer vorsätzlich oder fahrlässig den öifentlichen Verkehr, na- Störung des mentlich den Verkehr auf der Strasse, auf dem Wasser oder in Verkehrs der Luft hindert, stört oder gefährdcrt und dadurch wissentlich Leib und Leben von Menschen in Gefahr bringt, wird mit Gefängnis bestraft.

Handelt der Tater fahrlässig, so wird er in leichten Fällen disziplinarisch bestraft.

2. Bringt der Täter wissentlich Leib und Leben vieler Menschen in Gefahr, so kann auf Zuchthaus bis zu 10 Jahren erkannt werden.

3. Ziffer l findet keine Anwendung auf Verkehrsgefährdungen, begangen durch Verletzung von Strassenverkehrsvorschriften.

Art. 187, Abs. 5 und 6 (neu) 6

Mit dem Vollzug ausserhalb des Dienstes zu verbüssender Arreststrafen und Bussen ist der Wohnortskanton zu beauftragen.

6 Einfacher Arrest wird ausserhalb des Dienstes in gleicher Weise vollzogen wie der scharfe Arrest.

Art. 189, Abs. 3 s

Angehörige eines Arrestanten, die infolge des Vollzuges der Arrcststrafe in Not geraten, werden \ora Eidgenössischen Militärdepartement unterstützt.

Art. 190 aufgehoben

Art. 192, Abs. l Zivilpersonen können, soweit sie der Disziplinarstrafordnung unterstehen, mit Arrest oder mit Busse bis zu zweihundert Franken, im Wiederholungsfälle bis zu fünfhundert Franken bestraft werden.

Art. 195 1

1

Für die im Dienste begangenen Disziplinarfehler steht die i ZuständigDisziplinarstrafgewalt den Truppenkommandanten zu a. gegenüber den Angehörigen ihrer Einheit (Stab) ; b. gegenüber direkt unterstellten Truppenkommandanten; c. gegenüber ändern Personen, die unter ihre Befehlsgewalt gestellt sind, wie Personen, die in Kriegszeiten dem Heere folgen, Kriegsgefangene, Internierte, Flüchtlinge oder Zivil-

600 personen, die dauernd oder zu besonderen Verrichtungen bei der Truppe oder zur Bedienung einzelner zum Heere gehörender Personen angestellt sind.

2 In allen übrigen Fällen steht die Disziplinarstrafgewalt dem Eidgenössischen Militärdepartement und den zuständigen kantonalen Militärbehörden zu.

3 Der Bundesrat bezeichnet die Fälle, in denen die Disziplinarstrafgewalt delegiert werden kann.

4 Vorbehalten bleibt Artikel 204.

Art, 197 2. Strafbefug-nisse.I f (--, Einheit skommandant

Der Kommandant einer Einheit kann verhängen: a. Verweis; b. einfachen Arrest bis zu fünf Tagen ; c. scharfen Arrest von drei Tagen.

Bataillons- und AbteilungsKommandant

Der Kommandant eines Bataillons oder einer Abteilung kann verhängen : a. Verweis; b. einfachen Arrest bis zu zehn Tagen; c. scharfen Arrest bis zu fünf Tagen.

Art. 198

Art. 199 Regimen tskommandant

OlKtstc KomznandosteMcn und Militärbehörden

Der Kommandant eines Regiments kann verhängen : a. Verweis; b. einfachen Arrest bis zu zehn Tagen; c. scharfen Arrest bis zu fünfzehn Tagen.

a.

b.

c.

d.

e.

/.

g.

Art. 200 Auf alle Disziplinarstrafen können erkennen: der Oberbefehlshaber der Armee; der Generalstabschef; der Ausbildungschef; die Kommandanten der Armeekorps, der Kommandant der Flieger- und Fliegerabwehrtruppen, die Kommandanten der Divisionen und Brigaden; der Chef des Eidgenössischen Militärdepartements ; die Chefs der Dienstabteilungen des Eidgenössischen Militärdepartements ; die zuständigen kantonalen Militärbehörden.

601

Art. 201 DcrBimdesratregeltsinngemässdieDisziplinarstrafbefugnisse Andere Koma. der Kommandanten von Formationen, die andere Bezeich- man anten nungen tragen als die in den Artikeln 197-200 erwähnten Formationen ; b. im Armeestab; c. in Rekruten- und Kaderschulen.

Art. 202 Die Disziplinarstrafgewalt kommt nur Kommandanten von Sonderfälle Truppeuformationen zu, die einen Ofliziersgrad bekleiden oder in einer entsprechenden Funktion des Hilfsdienstes eingereiht sind.

2 Für Formationen, deren Kommandant keinen Offiziersgrad bekleidet, werden die Strafbefugnisse durch den Bundesrat geregelt.

Art. 206 1 Die Strafverfügung ist dem Beschuldigten mündlich oder Eröffnung der schriftlich unter Hinweis auf den begangenen DisziplinarfehlerStrafverfügungs zu eröffnen. Lautet die Verfügung auf fünf Tage scharfen Arrest oder mehr, so ist sie dem Bestraften schriftlich unter Angabe der Gründe mitzuteilen.

2 In der Strafverfügung sind die Beschwerdeinstanz und die Beschwerdefrist anzugeben.

1

Art. 207 Findet der Vorgesetzte des Strafenden, dass die Diszipli- Strafänderung narstrafverfügung unzulässig oder nicht angemessen sei, so kann er sie nach Anhören des Strafenden aufheben, herabsetzen oder erhöhen.

2 Stellt ein Vorgesetzter fest, dass ein Fehlbarer nicht bestraft worden ist, so kann er die disziplinarische Bestrafung befehlen.

1

Art. 209 Die Disziplinarbeschwerde ist zu richten Beschwerdea. gegen die Disziplinarstrafverfügung des zuständigen Vorge- instanz setzten an den nächsthöheren Vorgesetzten; b. gegen die Disziplmarstrafverfügimg des Generalstabschefs, des Ausbildungschefs oder eines Armeekorpskommandanten an den Chef des Eidgenössischen Militärdepartements, solange kein Oberbefehlshaber der Armee ernannt ist; c. gegen die Disziplinarstrafverfügung einer kantonalen Militärbehörde an den Chef des Eidgenössischen Militärdepartements; Bundesblatt. 119. Jahrg. Bd,I.

"

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602

d. gegen die Disziplinarstrafverfügung des Chefs des Eidgenössischen Militärdepartements an den Bundesrat,

Art. 210 Form und Frist; Aussetzung des Strafvollzuges

1

Während des Dienstes ist die Disziplinarbeschwerde innert vierundzwanzig Stunden nach Eröffnung der Disziplinarstrafverfügung schriftlich oder mündlich anzubringen.

2 Ausserhalb des Dienstes ist die Disziplinarbeschwerde innert fünf Tagen nacb Eröffnung der Disziplinarstrafverfügung schriftlich anzubringen.

3 Die Erhebung der Disziplinarbescbwerde hemmt den Vollzug der Disziplinarstrafe.

Art. 211 Verfahren und ErBflhung des Beschwerdeentscheides

1

Die Disziplinarbeschwerdeinstanz gibt der Stelle, deren Strafverfügung angefochten ist, Gelegenheit, sich mündlich oder schriftlich zur Beschwerde zu äussern. Sie kann auch den Disziplinarbeschwerdeführer einvernehmen.

2 Der Entscheid über eine Disziplinarbeschwerde ist den Beteiligten unter Angabe der Gründe schriftlich zu eröffnen.

Gleichzeitig sind die zweite Beschwerdeinstanz, die Voraussetzungen und die Frist für die Weiterziehung zu nennen.

Art. 212 Weiterziehung

Vorfahren und Erüflnung des Entscheides

1

Während des Dienstes kann der Entscheid über eine Disziplinarbeschwerde von beiden Beteiligten innert drei Tagen von der Zustellung an schriftlich an den Oberauditor weitergezogen werden, sofern wesentliche Verfahrensvorschriften verletzt oder der Entscheid in offensichtlicher Missachtung erheblicher Tatsachen gefällt wurde. Der angefochtene Disziplinarbeschwerdeentscheid ist der Weiterziehungserklärung beizulegen.

2 Ausserhalb des Dienstes beträgt die Weiterziehungsfrist zehn Tage.

3 Die Weiterziehung hemmt den Vollzug der Disziplinarstrafe.

* Gegenüber einem Disziplinarbeschwerdeentscheid des .Bundesrates, des Chefs des Eidgenössischen Militärdepartements oder des Oberbefehlshabers der Armee findet keine Weiterziehung statt.

Art. 213 1

Der Oberauditor entscheidet auf Grund der Akten. Er ist jedoch befugt, Beteiligte, Zeugen und Sachverständige einzuvernehmen oder einvernehmen zu lassen.

2 Der Entscheid ist den Beteiligten schriftlich unter Angabe der Gründe zu eröffnen.

603 3

Gegen den Entscheid des Oberauditors findet keine Weiterziehung statt.

Art. 218 Soweit eine Person dem Militärstrafrecht untersteht, so ist sie auch der Militärgerichtsbarkeit unterworfen.

2 Diese Unterstellung gilt auch, wenn die strafbare Handlung im Ausland begangen wird.

3 Die dem Militärstrafrecht unterstehenden Personen sind ferner der Militärgerichtsbarkeit unterworfen, wenn sie bei einer militärischen Übung, bei einer dienstlichen Verrichtung der Truppe oder im Zusammenhang mit einer in diesem Gesetz vorgesehenen strafbaren Handlung eine Widerhandlung gegen die Gesetzgebung des Bundes über den Strassenverkehr begehen.

Die Strafbestimmungen des bürgerlichen Rechts sind anwendbar.

In leichten Fällen erfolgt disziplinarische Bestrafung.

1

Militärgerichtsbarkeit

Art. 219 1

Unter Vorbehalt von Artikel 218, Absatz 3 bleiben die dem Bürgerliche Gerichtsbarkeit Militärstrafrecht unterstehenden Personen für strafbare Handlungen, die in diesem Gesetz nicht vorgesehen sind, der bürgerlichen Strafgerichtsbarkeit unterworfen.

2 Steht die strafbare Handlung mit dem militärischen Dienstverhältnis des Täters im Zusammenhang, so kann die Verfolgung nur mit Ermächtigung des Eidgenössischen Militärdepartements erfolgen, tst ein Oberbefehlshaber der Armee ernannt worden, so ist die Ermächtigung zur Verfolgung von diesem zu erteilen, wenn der Täter dem Armeekommando untersteht.

n 1. In Artikel 2, Ziffer 6 wird der Wortlaut «und die Angehörigen der Luftschutztruppen» gestrichen.

2. In Artikel 3, Ziffer l wird die Klammer nach «einer Störung der militärischen Sicherheit» wie folgt geändert : (Art. 98-105,107).

3. In Artikel 4, Ziffer 2 wird der Wortlaut «eine Verletzung des Völkerrechts im Krieg (Art. 108-114)» aufgehoben.

III

Die Müitärstrafgerichtsordnung vom 28. Juni 18891) wird wie folgt geändert: 0 BS 3, 456; AS 1951, 437.

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Art. 25, Abs. l x

Der Oberauditor steht der gesamten Militärstrafrechtspflege vor. Er leitet und überwacht sie unter Aufsicht des Eidgenössischen Militärdepartements und trifft die ihm durch dieses Gesetz und das Militärstrafgesetz übertragenen Verfügungen und Entscheide.

Art. 209, Abs. l 1

Zuchthaus-, Gefängnis- und Haftstrafen werden, wenn nicht der militärische Vollzug der Freiheitsstrafen Platz greift (Art. 30 Militärstrafgesetz), in der Regel von demjenigen Kanton vollzogen, in dem der Verurteilte seinen Wohnsitz hat.

IV

Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes.

9473

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Teilrevision des Militärstrafgesetzes (Vom 6. März 1967)

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