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Bundesblatt

Bern, den l J. Mai 1967

119. Jahrgang

Band I

Nr. 19 Erscheint wöchentlich. Preis Fr. 36.- im Jahr, Fr. 20.- im Halbjahr, zuzüglich Nachnahme- und Postzustellungsgebühr

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreifend die Genehmigung des Abkommens zwischen der Schweiz und der Bundesrepublik Deutschland über die Erleichterung von Rettungseinsätzen und Rücktransporten mit Luftfahrzeugen (Vom 2l. April 1967)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen das am 29. April- 1965 mit der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossene Abkommen über die Erleichterung von Rettungseinsätzen und Rücktransporten mit Luftfahrzeugen zur Genehmigung zu unterbreiten.

Bei Unglücksfällen im Gebirge, aber auch bei sonstigen Notfällen ermöglicht oft nur noch der Einsatz von Luftfahrzeugen rechtzeitige Hilfeleistung und somit unter Umständen die Rettung von Menschenleben. In der Schweiz werden diese Rettungsflüge vor allem von der Schweizerischen Rettungsflugwacht, einer auf privater Grundlage aufgebauten zivilen Such- und Rettungsorganisation, organisiert. Dabei werden neben Luftfahrzeugen, die der Schweizerischen Rettungsflugwacht gehören, häufig auch solche anderer Personen oder Gesellschaften gestützt auf zum voraus abgeschlossene Verträge eingesetzt.

Es sind zwei grundverschiedene Arten von Hilfeleistungen zu unterscheiden : die eigentlichen Rettungseinsätze und die Rücktransporte verunfallter oder erkrankter Personen. Bei den eigentlichen Rettungseinsätzen fliegen die Rettungsmannschaften an die Unglücksstelle, um dort die Verunfallten zu bergen und abzutransportieren. Immer mehr wird unsere Rettungsflugwacht auch für Rettungseinsätze in den umliegenden Staaten angefordert. Die andere Art der Hilfeleistung besteht vor allem darin, dass im Ausland verunfallte oder erkrankte Personen, die in ausländischen Spitälern untergebracht sind, in die Schweiz zurückgeflogen werden. Auch diese Tätigkeit wird von der Schweizerischen Bundesblatt. 119.Jahrg, Bd.I.

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Rettungsflugwacht organisiert. Ähnliche Such- und Rettungsorganisationen bestehen auch in ändern Staaten.

Die wirksame Durchführung von Rettungseinsätzen auf ausländischem Gebiet und von dringenden Rücktransporten im Auslande verunfallter oder erkrankter Personen wird oft dadurch erschwert, ja in Frage gestellt, dass, wie dies auch in der schweizerischen Gesetzgebung (Art. 9 des Luftfahrtgesetzes vom 21.Dezember 1948, AS 1950, 473; Art.6 der Luftzollordnung vom T.Juli 1950, AS 1950, 624) vorgesehen ist, nach den einzelstaatlichen Zollvorschriften Abflug und Landung von Luftfahrzeugen, die die Zollgrenze überfliegen, auf Zollflugplätzen erfolgen müssen. Wohl können die zuständigen in- und ausländischen Behörden die Benützung anderer Abflugs- und Landungsstellen ausnahmsweise gestatten. Aber die mit dem Einholen einer Sonderbewilligung verbundenen Umtriebe verzögern oft die zeitlich dringende Hilfeleistung.

Angesichts der Aufgabe, die die zivilen Such- und Rettungsorganisationen erfüllen, erachten wir es als ein Gebot der Menschlichkeit, die Grenzformalitäten für Rettungsflüge zu vereinfachen. In verlässlicher Weise kann dies nur durch den Abschluss von Staatsverträgen erreicht werden. Wir haben daher unseren Nachbarstaaten den Entwurf zu bilateralen Abkommen unterbreitet und ihnen die Aufnahme von Verhandlungen vorgeschlagen. Unser Vorstoss hat bis jetzt einzig mit der Bundesrepublik Deutschland ein Ergebnis gezeitigt, das der dargelegten Zielsetzung entspricht. Das vorliegende Abkommen wurde am S.November 1964 in Bern paraphiert und am 29. April 1965 in Bonn unterzeichnet.

Wenn sich die mit Deutschland getroffene Regelung einmal bewährt haben wird, so wird dies, wie wir hoffen, ein Argument sein, mit dem wir auch die übrigen Nachbarstaaten von der Zweckmässigkeit einer solchen Regelung überzeugen können.

Das Abkommen ist in vier Teile gegliedert, von denen der erste und der letzte die allgemeinen Bestimmungen enthalten, während sich der zweite mit den Rettungseinsätzen und der dritte mit den Rücktransporten befasst.

Artikel ] definiert die im Abkommen verwendeten Begriffe. Artikel 2 legt den Anwendungsbereich des Abkommens fest und ermächtigt die Vertragsstaaten, nicht vertrauenswürdige Rettungsorganisationen von den Vorteilen des Abkommens auszuschliessen. In Artikel 3 sind die Mitteilungen
erwähnt, die sich die Vertragsstaaten auf diplomatischem Weg zu machen haben.

Artikel 4 leitet den zweiten, den Rettungseinsätzen gewidmeten Teil des Abkommens ein. Er enthält die zollrechtlichen Erleichterungen, die bei Rettungseinsätzen gewährt werden: Start und Landung ausserhalb der Zollflugplätze (Abs. 1); Fiktion einer formlosen Zwischenabfertigung des Luftfahrzeugs, der Bordvorräte, Betriebs- und Hilfsstoffe (Abs. 2), immerhin verbunden mit dem Verbot, andere Waren mitzuführen und einer gewissen Beschränkung in bezug auf Mitführen und Verwenden von Betäubungsmitteln (Abs. 3) ; Befreiung des bei Rettungseinsätzen verbrauchten Materials von allen Eingangsabgaben; Pflicht zur Wiederausfuhr dieser Waren, sofern sie nicht verbraucht worden sind; bei Unmöglichkeit der Wiederausfuhr Pflicht zur Anzeige, wobei diese Waren dem

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nationalen Recht des Bestimmungsstaates unterstehen, also u. U. verzollt werden müssen (Abs. 4) ; Nichtanwendbarkeit der Verbote und Beschränkungen der Ein- und Ausfuhr für die nach den Absätzen 2 und 4 abgabenfreien Waren; Vorsichtsmassnahmen und Kontrollmöglichkeit in bezug auf Betäubungsmittel (Abs. 5).

Eine Bewilligung für den Rettungsflug muss nicht eingeholt werden. Statt dessen bestimmt Artikel 5, dass bevorstehende Rettungseinsätze, wie auch ihr Abschluss und die Bergung von Personen, von der Einsatzstelle über die Meldestelle des Abgangsstaates an die Meldestelle des Bestimmungsstaates gemeldet werden müssen. Als Meldestelle ist in der Schweiz das Eidgenössischen Luftamt vorgesehen, das gemäss Bundesratsbeschluss vom 11. März 1955 über den Suchund Rettungsdienst der zivilen Luftfahrt (AS 1955, 311) schon die Such- und Rettungsmassnahmen für die schweizerischen zivilen und die ausländischen zivilen und militärischen Luftfahrzeuge leitet.

Artikel 6 bestimmt den Inhalt der von der Einsatzstelle dem Luftfahrzeugführer zu übergebenden Bescheinigung.

Nach Artikel 7 Absatz l benötigen weder Retter noch Gerettete ein Grenzübertrittspapier (z.B. Pass). Dafür verpflichten sich die beiden Vertragsstaaten in den Absätzen 2 und 3 des gleichen Artikels, die von ihrem Gebiet aus zu einem Rettungseinsatz gestarteten und die auf ihrem Gebiet geretteten Personen ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit zurückzunehmen sowie die für diese Personen dem ändern Staat erwachsenden anfälligen Fürsorge- und Rückschaflungskosten zurückzuerstatten. Besitzen jedoch gerettete Personen die Staatsangehörigkeit des Staates, von dem aus das Flugzeug zur Rettung startete, oder wohnten sie vor ihrer Rettung ordnungsgemäss auf dessen Gebiet, fallen diese Verpflichtungen dahin.

Artikel 8 verwehrt es den im Rahmen eines Rettungseinsatzes aus dem Ausland hergeflogenen Personen, grundsätzlich, Ermittlungen über den Unfall vorzunehmen; die zuständigen Behörden des Bestimmungsstaates können Ausnahmen gestatten.

Artikel 9 Absatz l erklärt die Artikel 4-8 bei Bergung von Leichen im Rahmen eines Rettungseinsatzes für sinngemäss anwendbar. Beim Abtransport von Leichen, die ohne Zwischenlandung vom Bestimmungsstaat in den Abgangsstaat verbracht werden, tritt an Stelle des im Internationalen Abkommen über Leichenbeförderung vom
10. Februar 1937 (BS 12, 460), in der Vereinbarung vom 10./15. Dezember 1909 zwischen der Schweiz und dem Deutschen Reiche über die gegenseitige Anerkennung von Leichenpässen (BS 12, 467) und auch in der bundesrätlichen Verordnung vom 6. Oktober 1891/3. Mai 1963 betreffend den Leichentransport (BS 4, 411 und AS 1963, 365 und 386) für Leichentransporte von der Schweiz nach Deutschland und umgekehrt vorgeschriebenen Leichenpasses ein Bericht des Luftfahrzeugführers an die Meldestelle des Abgangsstaates. Die erwähnten internationalen Abkommen über Leichenbefördenmg finden gemäss Artikel 9 Absatz 3 auf diese Abtransporte ohnehin keine Anwendung und die Verordnung betreffend den Leichentransport enthält in

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ihrem Artikel 15 einen ausdrücklichen Vorbehalt zugunsten besonderer Vereinbarungen mit ändern Staaten.

Der dritte Teil regelt die Rücktransporte, d. h. die Beförderung Verunglückter oder Kranker in den Staat, dessen Staatsangehörige sie sind oder in dem sie ordnungsgemäss wohnen. Solche Rücktransporte bedürfen - im Unterschied zu den Rettungseinsätzen - der Bewilligung der zuständigen Behörden beider Vertragsstaaten. Die Erlaubnis wird nur in Fällen erteilt, in denen die Beförderung auf dem Luftweg nach ärztlicher Ansicht dringend erforderlich ist. Die Bewilligung gilt aber als erteilt, wenn der Meldestelle binnen 24 Stunden keine Entscheidung zugeht (Art, 10).

Nach Artikel 11 gelten die Bestimmungen über die Rettungseinsätze (mit Ausnahme derjenigen über das Meldeverfahren und die Pflicht zum Kostenersatz) für bewilligte Rücktransporte sinngemäss.

Unter den Schlussbestimmungen ist die den zuständigen Behörden der Vertragsstaaten eingeräumte Befugnis zu erwähnen, Personen, die Bestimmungen dieses Abkommens verletzt oder sich anderer Zuwiderhandlungen schuldig gemacht haben, von der weiteren Mitwirkung bei Rettungseinsätzen und Rücktransporten auszuschliessen (Art. 12), sowie die Sicherheitsklausel hervorzuheben, nach der jeder der beiden Vertragsstaaten die Gewährung der im Abkommen vorgesehenen Erleichterungen aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit vorübergehend verweigern kann (Art. 14).

In einem Schlussprotokoll wurde vor allem noch der Begriff des «ordmmgsgemässen Wohnens» näher bestimmt, der sowohl für die Rücknahmeverpflichtung und die Pflicht zum Ersatz der Fürsorge- und Rückschaffungskosten bei Rettungseinsätzen als auch für die Umschreibung des Begriffes des Rücktransportes von entscheidender Bedeutung ist. Danach behält sich jeder Vertragsstaat vor, Personen nur dann als ordnungsgemäss auf seinem Gebiet wohnend zu betrachten, wenn sie dort zu einem mindestens ein Jahr dauernden Aufenthalt zugelassen worden sind oder seit mindestens einem Jahr eine Aufenthaltserlaubnis besitzen.

Bei der Unterzeichnung des Abkommens tauschten die Bevollmächtigten Briefe aus, in denen die in Artikel 7 Absatz 3 vorgesehene Pflicht zur Erstattung der Fürsorge- und Rückschaffungskosten in Anlehnung an die schweizerischdeutsche Vereinbarung vom 14. Juli 1952 über die Fürsorge
für Hilfsbedürftige (AS 1953, 423) genauer umschrieben wird. Der Inhalt der Briefe ist nach dem Schlussprotokoll wiedergegeben.

Das Abkommen kann jederzeit gekündigt werden und tritt drei Monate nach seiner Kündigung ausser Kraft. Es untersteht deshalb nicht dem Staatsvertragsreferendum gemäss Artikel 89 Absatz 4 der Bundesverfassung.

Die Verfassungsmässigkeit des vorgeschlagenen Bundesbeschlusses ergibt sich aus Artikel 8 der Bundesverfassung, wonach dem Bund das Recht zusteht, Staatsverträge mit dem Ausland einzugehen. Der Beschluss über die Genehmigung des Abkommens fällt nach Artikel 85 Ziffer 5 der Bundesverfassung in die Zuständigkeit der Bundesversammlung.

853 Indem wir Ihnen beantragen, durch Annahme des beiliegenden Entwurfes zu einem Bundesbeschluss das Abkommen zu genehmigen, versichern wir Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 2J. April 1967.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident : Bonvin Der Bundeskanzler: Ch. Oser

(Entwurf)

Bundesbeschluss betreffend die Genehmigung des von der Schweiz mit der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossenen Abkommens über die Erleichterung von Rettungseinsätzen und Rücktransporten mit Luftfahrzeugen Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 8 und 85, Ziffer 5 der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 21. April 1967, beschliesst: Einziger Artikel 1

Das von der Schweiz am 29. April 1965 mit der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossene Abkommen über die Erleichterung von Rettungseinsätzen und Rücktransporten mit Luftfahrzeugen wird genehmigt.

2 Der Bundesrat wird ermächtigt, das Abkommen zu ratifizieren.

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(Originaltext)

Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland über die Erleichterung von Rettungseinsätzen und Rücktransporten mit Luftfahrzeugen Die Schweizerische Eidgenossenschaft und die Bundesrepublik Deutschland in dem Wunsch, die Rettung und Heimkehr Verunglückter und Kranker mit Luftfahrzeugen zu erleichtern, haben folgendes vereinbart: Teil I: Allgemeine Bestimmungen Artikel l 1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

Im Sinne dieses Abkommens bedeuten die Begriffe: «Rettungseinsatz» die Massnahmen zur Auffindung, zur Bergung (einschliesslich Betreuung) und zum Abtransport Verunglückter oder Kranker; «Rücktransport» die Beförderung (einschliesslich Betreuung) Verunglückter oder Kranker in den Staat, dessen Staatsangehörige sie sind oder in dem sie ordnungsgemäss wohnen; «Abgangsstaat» den Staat, von dessen Gebiet aus das Luftfahrzeug zum Rettungseinsatz oder zum Rücktransport eingesetzt wird; «Bestimmungsstaat» den Staat, in dem der Rettungseinsatz stattfindet oder aus dem der Rücktransport durchgeführt wird; «Einsatzstelle» die Stelle, die mit der Durchführung der Rettungseinsätze oder Rücktransporte betraut ist; «Meldestelle» die Zentralstelle, der Rettungseinsätze zu melden und über die Ersuchen um Bewilligung von Rücktransporten zu leiten sind; «Hilfsstoffe» die zur Hilfeleistung bei Rettungseinsätzen geeigneten Gegenstände, z.B. Arzneimittel, Seren, Impfstoffe, Stärkungsmittel, diagnostische Mittel, ärztliche Instrumente, Werkzeuge und Geräte für Rettungsexpeditionen.

Artikel 2 1

Dieses Abkommen findet Anwendung auf Luftfahrzeuge, die von zivilen Such- und Rettungsorganisationen des einen Staates für Rettungseinsätze im ändern Staat oder Rücktransporte aus dem ändern Staat eingesetzt werden, auf

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das Flug-, Rettungs- und Betreuungspersonal, auf die mit solchen Luftfahrzeugen beförderten Verunglückten oder Kranken und auf mitgeführte Bordvorräte, Betriebs- oder Hilfsstoffe.

2 Jeder Vertragsstaat kann dem ändern gegenüber unter Angabe der Gründe das Tätigwerden der Such- und Rettungsorganisationen ablehnen. Abgelehnten Such- und Rettungsorganisationen werden die Erleichterungen dieses Abkommens nicht gewährt.

3 Das Abkommen wird auf Staatsluftfahrzeuge nur angewendet, wenn diese mit ausdrücklicher Bewilligung der zustandigen Behörden des Bestimmungsstaates eingesetzt werden.

Artikel 3 Die Vertragsstaaten teilen einander auf diplomatischem Wege mit 1. ihre zivilen Such- und Rettungsorganisationen und deren Einsatzstellen (Art. l, Ziff. 5); 2. ihre Meldestellen (Art. l, Ziff. 6); 3. Ablehnungen von Such- und Rettungsorganisationen (Art. 2, Abs. 2); 4. die Behörden, die zur Bewilligung eines Einsatzes von Staatsluftfahrzeugen in dem Bestimmungsstaat zustandig sind (Art. 2, Abs. 3); 5. die Behörden, die zur Bewilligung von Rücktransporten zuständig sind (Art. 10); 6. die Behörden, die zu Ausschlüssen von der Mitwirkung bei Rettungseinsätzen und Rücktransporten zuständig sind (Art. 12); 7. vorübergehende Verweigerungen von Erleichterungen (Art. 14); 8. Änderungen der nach den Ziffern l bis 7 mitgeteilten Verhältnisse.

Teil II: Rettungseinsätze Artikel 4 1

Luftfahrzeuge (Art. 2) dürfen bei Rettungseinsätzcn auch ausserhalb der Zollflugplätze beider Staaten starten und landen.

2 Für Luftfahrzeuge wird kein Zollpapier verlangt oder ausgestellt. Das Luftfahrzeug, die Bordvorrate und die Betriebs- und Hilfsstoffe gelten im Bestimmungsstaat im Rahmen des Einsatzes als zur abgabenfreien vorübergehenden Verwendung abgefertigt.

3 Die Luftfahrzeuge dürfen ausser den zur Durchführung des Rettungseinsatzes notwendigen Bordvorräten, Betriebs- und Hilfsstoffen keine Waren mitführen. Betäubungsmittel im Sinne der internationalen Abkommen dürfen nur im Rahmen des dringlichen medizinischen Bedarfs mitgeführt und nur durch qualifiziertes Personal verwendet werden.

4 Die mitgeführten ßordvorräte, Betriebs- und Hilfsstoffe sind, soweit sie beim Rettungseinsatz oder zur Pflege von verunglückten Personen verbraucht werden, von allen Eingangsabgaben befreit. Soweit sie dabei nicht verbraucht wer-

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den, sind sie wieder auszuführen. Lassen besondere Verhältnisse die Ausfuhr nicht zu, so sind ihre Art und Menge sowie ihr Aufbewahrungsort der Meldestelle des Bestimmungsstaates anzuzeigen, die die zuständige Zollstelle benachrichtigt; in diesem Falle gilt das nationale Recht des Bestimmungsstaates.

3 Für Waren, die nach den Absätzen 2 und 4 abgabenfrei sind, finden die Vorschriften über die Verbote und Beschränkungen für den Warenverkehr über die Grenze keine Anwendung. Die mitgeführten Betäubungsmittel und ihre Verwendung unterstehen den gesetzlichen Bestimmungen des Abgangsstaates. Dieser hat im Rahmen seiner Bestimmungen angemessene Vorsichtsmassnahmen zur Vermeidung missbräuchlicher Verwendung von Betäubungsmitteln zu treffen. Diese Vorschrift berührt nicht das Recht des Bestimmungsstaates, an Ort und Stelle Kontrollen vorzunehmen.

Artikels 1

Die Einsatzstelle teilt der Meldestelle des Abgangsstaates den bevorstehenden Rettungseinsatz so frühzeitig wie möglich auf dem schnellsten Wege, z.B.

telephonisch, mit. Die Meldestelle des Abgangsstaates benachrichtigt hierauf unverzüglich die Meldestelle des Bestimmungsstaates.

2 Die Einsatzstelle benachrichtigt unverzüglich die Meldestelle des Abgangsstaates über den Abschluss des Rettungseinsatzes sowie über eine Bergung von Personen. Die Meldestelle des Abgangsstaates leitet diese Meldung an die Meldestelle des Bestimmungsstaates weiter.

Artikel 6 Vor jedem Rettungsemsatz hat die Einsatzstelle dem Luftfahrzeugführer eine Bescheinigung zu übergeben, die den Auftrag, den Abgangs- und Bestimmungsort, die Bezeichnung des zum Einsatz gelangenden Luftfahrzeuges, sowie die Namen, Vornamen, das Geburtsjahr und die Staatsangehörigkeit der eingesetzten Personen enthält.

Artikel 7 1

Für Grenzübertritte zwischen den beiden Staaten im Rahmen eines Rettungsemsatzes benötigen die für die Rettung eingesetzten und die geretteten Personen kein Grenzübertrittspapier.

a Die Vertragsstaaten verpflichten sich, die von ihrem Gebiet aus zu einem Rettungseinsatz gestarteten und die auf ihrem Gebiet im Rahmen eines Rettungseinsatzes geborgenen und auf das Gebiet des ändern Staates transportierten Personen ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit zurückzunehmen. Bei geretteten Personen, die nicht Staatsangehörige des Bestimmungsstaates sind, besteht diese Verpflichtung nur dann, wenn sie nicht Staatsangehörige des Abgangsstaates sind oder vor der Rettung auf dessen Gebiet ordnungsgemäss wolmten. Die Verpflichtung erlischt, wenn die Rückübernahme nicht binnen sechs Monaten seit dem Grenzübertritt verlangt wird.

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Der rücknahmepflichtige Vertragsstaat erstattet dem ändern die diesem durch die Anwesenheit der geretteten Personen erwachsenden Fürsorge- und Rückschaffungskosten. Bei Angehörigen der beiden Vertragsstaaten wird die schweizerisch-deutsche Vereinbarung vom 14. Juli 1952 über die Fürsorge für Hilfsbedürftige, mit Ausnahme der Artikel 2, 6 und 8, angewendet.

Artikel S Im Gebiet des Bestimmungsstaates dürfen die eingesetzten Personen Ermittlungen über den Unfall nur mit Zustimmung der zuständigen Behörden dieses Staates vornehmen.

Artikel 9 1

Die Artikel 4-8 gelten sinngemäss bei der Bergung von Leichen im Rahmen eines Rettungseinsatzes. Beim Abtransport von'Leichen, die ohne Zwischenlandung vom Bestimmungsstaat in den Abgangsstaat verbracht werden, tritt an Stelle des Leichenpasses ein Bericht des Luftfahrzeugführers an die Meldestelle des Abgangsstaates. Diese gibt der zuständigen Behörde ihres Staates und der Meldestelle des Bestimmungsstaates davon Kenntnis.

2 Die Leichen sind in einer den Umständen angemessenen Umhüllung, z. B.

einem Leichensack, zu befördern.

3 Internationale Abkommen über Leichenbefördcrung sind auf diese Einsätze nicht anzuwenden.

Teil III: Rücktransporte

Artikel 10 1

Rücktransporte sind nur mit Bewilligung der zuständigen Behörden beider Vertragsstaaten zulässig. Sie werden nur bewilligt, wenn sie nach ärztlicher Ansicht dringend erforderlich und wenn sie von Pflegepersonal begleitet sind. Die zuständige Einsatzstelle teilt der Meldestelle des Abgangsstaates den beabsichtigten Rücktransport mit. Diese leitet das Ersuchen um Bewilligung des Rücktransportes an die zustandigen Behörden beider Vertragsstaaten weiter, die hierauf der Einsatzstelle ihre Entscheidung über die Meldestelle des Abgangs Staates mitteilen.

1 Die Entscheidung über das Ersuchen um Bewilligung des Rücktransportes ist binnen 24 Stunden zu treffen ; geht der Meldestelle binnen dieser Frist keine Entscheidung zu, gilt die Bewilligung als erteilt.

Artikel 11 Für bewilligte Rücktransporte gelten die Artikel 4, 6 und 7, Absatz l und 2, sinngemäss.

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Teil IV: Schlussbestimmungen Artikeln 1

Die zuständigen Behörden der beiden Vertragsstaaten sind befugt, in ihrem Gebiet wohnende Personen, die Bestimmungen dieses Abkommens verletzt oder sich anderer Zuwiderhandlungen schuldig gemacht haben, von der weiteren Mitwirkung bei Rettungseinsätzen und Rücktransporten auszuscbliessen. Für ausgeschlossene Personen werden die Vergünstigungen dieses Abkommens nicht gewährt.

2 Wenn der andere Vertragsstaat einen Ausschluss gemäss Absatz l verlangt, ist seinem Begehren zu entsprechen.

Artikel 13 Die zuständigen Behörden der beiden Vertragsstaaten treffen im gegenseitigen Einvernehmen die zur Durchführung dieses Abkommens erforderlichen Verwaltungsmassnahmen.

Artikel 14 Jeder der beiden Vertragsstaaten kann die Gewahrung der in diesem Abkommen vorgesehenen Erleichterungen aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit vorübergehend verweigern.

Artikel 15 1

Dieses Abkommen soll sobald wie möglich ratifiziert werden. Die Ratifikationsurkunden sollen in Bern ausgetauscht werden.

2 Dieses Abkommen tritt einen Monat nach Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft.

3 Dieses Abkommen kann jederzeit gekündigt werden; es tritt drei Monate nach seiner Kündigung ausser Kraft.

Geschehen zu Bonn am 29. April 1965 in zwei Urschriften in deutscher Sprache.

Für die Schweizerische Eidgenossenschaft (gez.) Troendlc

Für die Bundesrepublik Deutschland (gez.) Carstens

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Schlussprotokoll Aulässlich der heutigen Unterzeichnung des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland über die Erleichterung von Rettungseinsatzen und Rücktransporten mit Luftfahrzeugen haben die Vertragsstaaten zusätzlich folgendes vereinbart : 1. Tn diesem Abkommen bedeutet der Begriff «Staatsangehörige» in Bezug auf die Bundesrepublik Deutschland Deutsche im Sinne des Grundgesetzes.

2. Jeder Vertragsstaat behält sich vor, Personen nur dann als ordnungsgemäss auf seinem Gebiet wohnend im Sinne von Artikel l, Ziffer 2, und Artikel 7, Absatz 2, anzusehen, wenn sie dort zu einem mindestens ein Jahr dauernden Aufenthalt zugelassen worden sind, oder wenn sie seit mindestens einem Jahr eine Aufenthaltserlaubnis besitzen.

Geschehen zu Bonn am 29. April 1965 in zwei Urschriften in deutscher Sprache.

Für die Schweizerische Eidgenossenschaft (gez.) Troendle

Für die Bundesrepublik Deutschland (gez.) Carstens

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Bonn, den 29. April 1965

Herr Staatssekretär !

Ich habe die Ehre, Ihnen unter Bezugnahme auf das heute unterzeichnete Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland über die Erleichterung von Rettungseinsätzen und Rücktransporten mit Luftfahrzeugen zu bestätigen, dass über folgendes Übereinstimmung besteht: 1. Die Verpflichtung zur Erstattung der Fürsorge- und Rückschaflungskosten nach Artikel 7 Abs. 3 des Abkommens für gerettete Personen, die weder die schweizerische noch die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, betrifft diejenigen Kosten, die nach dieser Bestimmung in Verbindung mit Artikel l der schweizerisch-deutschen Vereinbarung vom 14. Juli 1952 über die Fürsorge für Hilfebedürftige zu erstatten wären, wenn die gerettete Person die schweizerische oder die deutsche Staatsangehörigkeit besässe.

2. Für den Fall, dass die gerettete Person selbst oder dass andere privatrechtlich Verpflichtete zum Ersatz der Kosten imstande sind, bleiben die Ansprüche an diese vorbehalten. Auch sichern sich die vertragschliessenden Teile die nach den Landesgesetzen zulässige Hilfe zur Geltendmachung dieser Ansprüche zu, 3. Die Verpflichtung zur Erstattung von Fürsorge- und Rückschaffungskosten nach Artikel 7 Abs. 3 des Abkommens besteht nicht, soweit dem Staate, in dessen Gebiet die Behandlung gewährt wird, gegen einen dritten Staat, dessen Staatsangehörigkeit die gerettete Person besitzt, ein Anspruch auf Erstattung dieser Kosten zusteht.

4. Soweit nach Artikel 7 Abs. 3 des Abkommens Erstattungen für Aufwendungen zugunsten geretteter Personen zu gewähren sind, gelten für die Durchführung und Abrechnung der Erstattungsansprüche die Bestimmungen sinngemäss, die jeweils für die Erstattung von Fürsorgekosten nach der schweizerischdeutschen Fürsorgevereinbarung vom 14. Juli 1952 in Geltung sind.

Genehmigen Sie, Herr Staatssekretär, den Ausdruck meiner ausgezeichneten Hochachtung.

(gez.) Troendle 9534

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Genehmigung des Abkommens zwischen der Schweiz und der Bundesrepublik Deutschland über die Erleichterung von Rettungseinsätzen und Rücktransporten mit Luftfahrzeugen (Vom 2l.

April 196...

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Jahr

1967

Année Anno Band

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Volume Volume Heft

19

Cahier Numero Geschäftsnummer

9699

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

11.05.1967

Date Data Seite

849-860

Page Pagina Ref. No

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