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82.233

Parlamentarische Initiative Änderung des Landwirtschaftsgesetzes Bericht der Kommission des Nationalrates vom 28. Oktober 1982

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren.

Die Kommission des Nationalrates zur Behandlung der Volksinitiative «gegen übermässige Futtermittelimporte und sowie für die bestmögliche Nutzung des einheimischen Bodens» hat in ihrer Sitzung vom 16. August 1982 eingehend über Revisionsvorschläge zu den Artikeln 19-19 d des Landwirtschaftsgesetzes beraten. Die von der Kommission mehrheitlich beschlossenen Vorschläge stellen eine Alternative zur Volksinitiative auf Gesetzesstufe dar und sollen wenn möglich den Rückzug des Volksbegehrens ermöglichen.

Die Kommission unterbreitet Ihnen mit dem vorliegenden Bericht gestützt auf Artikel 21octles GVG eine Initiative zur Revision des Landwirtschaftsgesetzes.

Sie wird den Mitgliedern des Rates zur Kenntnis gebracht und dem Bundesrat zur Stellungnahme überwiesen. Die Kommission hat beschlossen, ihrem Bericht eine Stellungnahme der Kommissionsminderheit beizufügen.

Antrag

Die Kommission beantragt, ihrem Gesetzesentwurf zuzustimmen.

Beilagen 1 2 3 4

Text der Initiative Minderheitsanträge Erläuterungen der Kommission Stellungnahme der Kommissionsminderheit

28. Oktober 1982

1982-1068

8 Bundesblatt. 135. Jahrg. Bd. I

Namens der Kommission Der Präsident: Thévoz

181

Beilage l

Landwirtschaftsgesetz

Entwurf

Änderung vom

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf die Artikel 31bis und 32 der Bundesverfassung, nach Prüfung einer parlamentarischen Initiative, nach Einsicht in den Bericht einer Kommission des Nationalrates vom 28. Oktober 1982» und die Stellungnahme des Bundesrates vom 19832), beschliesst: I

Das Landwirtschaftsgesetz3) wird wie folgt geändert: Art 19 Abs. l (Ergänzung am Schluss) 1 ... anfallen. Ferner kann der Bundesrat, wenn die übrigen Massnahmen nicht ausreichen oder sich als unzweckmässig erweisen, die Futtermittelimporteure und -hersteller zur ausgewogenen Belieferung der Verbraucher verpflichten, sowie die Futtermittelzuteilung an die Betriebe begrenzen.

Art. 19 a Bst. b b. Beiträge ausrichten an kleine und mittelgrosse bäuerliche Betriebe nach der Zahl ihrer Tiere oder Tierplätze ; Art. 19b Abs. l erster Satz und Abs. 4 zweiter Satz (neu) 1 ... der bei rationeller Haltung ein ausreichendes Einkommen ermöglicht. Hält ein ...

4 ... zu befreien. Bei Betrieben, welche während der Karenzzeit durch missbräuchliche Teilung entstanden sind, wird die Abgabe auf der Summe der Teilbestände berechnet und verhältnismässig aufgeteilt.

D BEI 1983 1181 > BEI 1983 I ...

> SR 910.1

2

3

182

Landwirtschaft

Art. 19 c Abs. l und 2 1 Die Beiträge nach Artikel 19 a Buchstabe b sind so zu bemessen, dass die bäuerlichen Betriebe gefördert werden, und unter Beachtung der Besonderheiten der einzelnen Betriebszweige möglichst viel inländisches Futter eingesetzt wird. Die Kostenvorteile der Grossbetriebe gegenüber rationell geführten kleinen und mittelgrossen Betrieben sind mindestens auszugleichen.

2 Der Bundesrat begrenzt die Beitragsberechtigung je Nutztierart durch eine für alle Betriebe geltende Höchstzahl. Er kann auch den Beitragssatz nach der Zahl der Nutztiere abstufen. Er setzt ein Betriebseinkommen fest, ab dem die Beiträge nicht mehr vollumfänglich ausgerichtet werden und einen Mindestbeitrag, ab dem Beiträge überhaupt ausbezahlt werden.

Art. 19 d Abs. 3 und 4 sowie Abs. 5 (neu) 3 Stallbauten können bewilligt werden, wenn auf die Verkehrsmilchproduktion verzichtet wird, um auf angemessener betriebseigener Futtergrundlage Fleisch zu produzieren.

4 Findet Absatz 3 im Einzelfall keine Anwendung, werden Stallbauten, mit denen eine Erweiterung des Tierbestandes verbunden ist, nur bewilligt, wenn ein angemessener Teil des Einkommens weiterhin aus Zweigen der Landwirtschaft stammt, wo keine Stallbaubewilligungspflicht besteht und wenn in zumutbarem Umfang Ackerbau betrieben wird. Die Bewilligung wird zudem nur erteilt, wenn entweder auf dem Betrieb anfallende Nebenprodukte der Milch aus der örtlichen oder regionalen Milchverarbeitung verfüttert werden oder wenn auf dem Betrieb trotz rationeller Führung ohne die Erweiterung kein ausreichendes Einkommen erzielt werden kann.

5 Das Gesuch für Vorhaben nach den Absätzen 3 und 4 wird jedoch ganz oder teilweise abgelehnt, wenn bei der betreffenden Tierart die Produktion längerfristig den Bedarf übersteigt. Können bei einer Tierart aufgrund der Aufnahmefähigkeit des einheimischen Marktes nicht alle Gesuche bewilligt werden, haben Vorhaben, die nach Absatz 3 bewilligt werden und alsdann diejenigen den Vorrang, bei denen auf dem Betrieb anfallende Nebenprodukte der Milch aus der örtlichen oder regionalen Milchverarbeitung verfüttert werden.

II 1 2

Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.

183

Beilage 2

Minderheitsanträge (Schwarz, Eisenring) 1

Art. 19 Abs. l

Bisheriger Text

2

Art. 19a Bst. b

Bisheriger Text

3

Art. 19 b Abs. l

Bisheriger Text

4

Art. 19 c Abs. l

Minderheit I (Schwarz): 1

Die Beiträge nach Artikel 19 a Buchstabe b sind so zu bemessen, dass damit rationell geführte kleine und mittelgrosse Betriebe gefördert werden.

Minderheit II (Eisenring): Bisheriger Text

5

Art. 19 d 1

... (bisheriger Text) ... (bisheriger Text)

2 3

Stallbauten, mit denen eine Erweiterung des Tierbestandes verbunden ist, werden nur bewilligt, wenn a. in zumutbarem Umfang Ackerbau betrieben wird und b. ein angemessener Teil des Einkommens weiterhin aus Zweigen der Landwirtschaft stammt, wo keine Stallbau-Bewilligungspflicht besteht und c. auf dem Betrieb trotz rationeller Führung ohne die Erweiterung kein ausreichendes Einkommen erzielt werden kann oder d. wenn auf die Ablieferung von Verkehrsmilch verzichtet wird.

4

Stallbauten werden ebenfalls bewilligt, wenn auf dem Betrieb Nebenprodukte aus der Milchverarbeitung verwertet werden und die Bedingungen nach den Buchstaben a und b erfüllt sind.

184

5

Das Gesuch wird jedoch ganz oder teilweise abgelehnt, wenn bei der betreffenden Tierart die Produktion längerfristig den Bedarf übersteigt.

6 Lässt die Aufnahmefähigkeit des Marktes nur eine beschränkte Anzahl neuer Stallbauten zu, so werden in erster Dringlichkeit Gesuche von Betrieben berücksichtigt, die trotz rationeller Führung ohne die Erweiterung kein ausreichendes Einkommen erzielen.

185

Beilage 3 Erläuterungen der Kommission

A. Allgemeiner Teil I

Grundlagen der Agrargesetzgebung

II

Verfassungsstufe

Mit der Annahme des Artikels 31bis im Jahre 1947 ist in der Bundesverfassung eine gute Grundlage für die Agrarpolitik eingefügt worden. Diese Bestimmung lautet: 3 Wenn das Gesamtinteresse es rechtfertigt, ist der Bund befugt, nötigenfalls in Abweichung von der Handels- und Gewerbefreiheit, Voschriften zu erlas-

b. zur Erhaltung eines gesunden Bauernstandes und einer leistungsfähigen Landwirtschaft, sowie zur Festigung des bäuerlichen Grundbesitzes ; c. zum Schütze wirtschaftlich bedrohter Landesteile;

Aus diesem Wortlaut ergibt sich die Kompetenz zur Gesetzgebung zugunsten des Bauernstandes und der Landwirtschaft. Es ergibt sich auch die Kompetenz für Sondermassnahmen in wirtschaftlich bedrohten Regionen. In den Bergregionen, welche sich wirtschaftlich noch besonders stark auf die Landwirtschaft stützen, ist somit eine gezielte Förderung dieses Wirtschaftszweiges möglich und geboten.

Der Verfassungsartikel begrenzt aber auch ganz klar diese Kompetenz auf die Bevölkerungsgruppe Bauernstand und den Wirtschaftszweig Landwirtschaft.

Beide Begriffe stellen den Zusammenhang her mit der Bebauung oder Bewirtschaftung des Bodens zum Zwecke der Nahrungsmittelproduktion. Die Ausdehnung von Schutzbestimmungen auf Betriebe, welche mit der Bewirtschaftung des einheimischen Bodens oder der Veredlung von im Inland erzeugtem Futter nicht in direktem Zusammenhang stehen, ist vom Verfassungstext nicht abgedeckt. Noch weniger gilt das für Betriebe, welche den Zielsetzungen der Verfassung zuwiderlaufen. Zwar bestimmt das Landwirtschaftsgesetz in Artikel l Absatz l zurecht die Anwendung des Gesetzes «auf andere Wirtschaftszweige, soweit diese von den darin enthaltenen Bestimmungen betroffen werden». Diese Ausweitung ermöglicht es, Entwicklungen unter Kontrolle zu halten, welche den Zielsetzungen des Verfassungsartikels nicht entsprechen oder entgegenstehen. Bei den wirtschaftlichen Massnahmen des Landwirtschaftsgesetzes erfo.lgt diese Abgrenzung ungenügend, in anderen Bereichen der Agrargesetzgebung wird sie richtig gehandhabt. So sind z. B. Tierproduktionsbetriebe, welche nicht Bestandteil einer wirtschaftlich überwiegenden landwirtschaftlichen Pacht sind, 186

der Pachtzinskontrolle nicht unterstellt, also logischerweise von den Schutzbestimmungen der Agrargesetzgebung ausgenommen.

12

Stufe Landwirtschaftsgesetz

Die nicht erfüllten Ziele der Initiative sind in allgemeiner Form im Landwirtschaftsgesetz vom S.Oktober 1951 auf Gesetzesstufe bereits enthalten. Anlass zur Futtermittel-Initiative gab vor allem die Tatsache, dass Gesetz und Wirklichkeit in zunehmendem Masse nicht mehr übereinstimmen. Nicht das Gesetz, sondern faktische Entwicklungen sind im Grunde zu korrigieren.

Die Präambel des Landwirtschaftsgesetzes lautet wie folgt: ... in der Absicht, einen gesunden Bauernstand und im Dienste der Landesversorgung eine leistungsfähige Landwirtschaft zu erhalten und sie unter Wahrung der Interessen der schweizerischen Gesamtwirtschaft zu fördern, beschliesst..:

Ebenso deutlich wie im Verfassungsartikel, wird in der Präambel der Geltungsbereich des Landwirtschaftsgesetzes umrissen. Die Förderung von Produktionsbetrieben, welche nicht im Interesse der Landbewirtschaftung stehen, nicht der Mobilisierung inländischer Produktionskapazitäten für Nahrungsmittel! dienen und in Zeiten von Einfuhrschwierigkeiten keinen Beitrag an die Landesversorgung leisten können, widerspricht dem Wortlaut der Präambel, die für die Auslegung des Gesetzes massgebend ist. Von den Bestimmungen des Landwirtschaftsgesetzes ist primär Artikel 18 verletzt: Die Bestimmungen dieses Abschnittes (Art. 19-31) sind unter Berücksichtigung der durch die Natur gegebenen Verhältnisse so anzuwenden, dass die landwirtschaftliche Produktion die Landesversorgung soweit als möglich gewährleistet, der Aufnahmefähigkeit des einheimischen Marktes entspricht und den Möglichkeiten der Ausfuhr genügt.

:

Die landwirtschaftliche Produktion soll die Landesversorgung soweit als möglich gewährleisten. Postuliert wird also eine möglichst hohe Versorgung aus dem eigenen Boden. Dem widersprechen die heutigen tatsächlichen Gegebenheiten: Die Milchproduktion, die zum grössten Teil auf landeseigener Futterbasis erfolgt, unterliegt zurzeit den einschneidendsten Produktions-Einschränkungen.

Die Produktionslenkung bei Milch und Fleisch ist wiederum ganzheitlich zu betrachten.

Das Beschreiten getrennter Wege in der Produktionslenkung bei der Milch und beim Fleisch erlaubt es in der heutigen Form nicht, die Produktionslenkung entsprechend den Grundanliegen der Verfassung und des LG zu gestalten: nämlich die Produktion dort zu beschränken, wo sie auf landesfremder Futterbasis erfolgt und dort zu privilegieren, wo auf betriebseigener Futtergrundlage produziert wird.

Dieses Ziel der rationellen Ausnützung der einheimischen Futtergrundlage ist durch folgende Massnahmen anzustreben:

187

- Durch Produktionsverlagerungen von der Milch zum Ackerbau und zur Fleischproduktion auf betriebseigener Futterbasis, soweit es die gesamten Umstände zulassen, insbesondere unter Rücksichtnahme auf die bestehenden Verwertungsstrukturen in der Käsereiwirtschaft. Die freiwerdende Milch ist im Graswirtschaftsgebiet zusammen mit vermehrter Aufzucht von Vieh zu produzieren.

- Durch Förderung der Fleischproduktion auf betriebseigener Futterbasis bei entsprechender Reduktion der Futterimporte.

Die Veredlungsproduktion von zugekauftem Futter (sog. äussere Aufstockung) soll die Existenz von Zuerwerbsbetrieben erhalten, zusammen mit den Beiträgen an kleine und mittelgrosse bäuerliche Tierhaltungsbetriebe.

Tatsächliche Entwicklungen der letzten 20 Jahre

21

Entwicklung der tierischen Produktion und der Futterversorgung

Dank einer verbesserten Nutzung der einheimischen Futtergrundlage zusammen mit bedeutenden Futtermittel-Importen, konnten in den letzten 20 Jahren Produktion und Selbstversorgungsgrad bei allen tierischen Produkten erheblich gesteigert werden.

Entwicklung der inländischen tierischen Produktion

Tabelle l 0 1959(60

Verkehrsmilch . . . . (Mio. q) Rindfleisch .

(1000t)

Kalbfleisch .

(1000t)

Schweinefleisch

(1000 1)

0 1969/70

01979/80

absolut

in%

absolut

in%

absolut

in%

22,5 68 5 279 119,1

100 100 100

25,1 92,1 38,9 196,6

112 134 139 165

30,1

1252 399

134 183 143 228

100

271,1

Aus Tabelle l gehen die enormen Zunahmen der tierischen Produktion deutlich hervor. Die mit Abstand grösste Zunahme ist beim Schweinefleisch zu verzeichnen, was zu einem grossen Teil durch die Entwicklung der Preise zu erklären ist. Der Detailverkaufspreis für Rindsbraten stieg in den letzten 15 Jahren um rund 56 Prozent, derjenige für Kalbsbraten um rund 78 Prozent, während Schweinebraten um knapp 40 Prozent teurer geworden ist. Dank hohen Kraftfuttermittelimporten und Rationalisierungseffekten in der Produktion konnte sich eine relativ kostengünstige Schweinefleischproduktion entwickeln.

Die massive Produktionszunahme wurde absorbiert durch eine steigende Nachfrage und einen erhöhten Selbstversorgungsgrad wie sie aus Tabelle 2 hervorgehen.

188

Verbrauch je Kopf in Kilo und Selbstversorgungsgrad in Prozent

Tabelle 2 1964/65

Milch, Milchprodukte Rindfleisch Kalbfleisch Schweinefleisch

1979/80

Verbrauch je Kopf

Selbstversorgungsgrad

Verbrauch je Kopf

Selbstversorgungsgrad

424 176 58 28 1

103 6~> 95 93

460 21 2 63 43 4

108 91 98 98

Der gesamte Futterbedarf, bezogen auf die Energie, wurde zu Beginn der sechziger Jahre zu rund 13 Prozent, anfangs der siebziger Jahre zu rund 26 Prozent und Ende der siebziger Jahre zu rund 19 Prozent über eingeführte Futtermittel gedeckt.

In Tabelle 3 ist die Situation in bezug auf die Versorgung Ende der siebziger Jahre dargestellt. Dabei bleibt zu beachten, dass durch die Verwendung der neuen Grosse «Umsetzbare Energie» an Stelle von Stärke-Einheiten das,Rauhfutter aufgewertet worden ist und sich daraus eine höhere Eigenfutterversorgung ergibt.

Prozentanteil der in- und ausländischen Futtermittel am gesamten Futterverbrauch Jahre

Inländische Futtermittel Rauhfutter

Ergänzungsfutter

Tabelle 3

| Ausländische Futtermittel Total

! Rauhfutter 1

Gesamtverbrauch

Ergänzungsfutter .

Total

1.7 0,7 0.8 0,7 0,8

19,9 17,6 18,6 17,1 17,9

21,6 18,3 19,4 17,8 18,7

100 100 100 100 100

1.3 0,3 0,5 0,5 0,6

25,3 23,8 24,1 23,0 23,1

26,6 24,1 24,6

100 100 100 100 100

Umsetzbare Energie (UE) Wiederkäuer 1976 1977 1978 1979 1980

63,7 68,9 66,5 67,4 67,6

14,7 12,8 14,1 14,8 13,7

78,4 81,7 80,6 82,2 81,3

Verdauliches Rohprotein (VP)

1976 1977 1978

1979 .

1980

59.8 63,7 61,7 62.1 61,9

13,6 12,2 13,7 14,4 14,4

73,4 75,9 75,4 76,5 76,3

23,5 23,7

Berechnungen des Schweizerischen Bauernsekretariates.

Über die Herkunft von Kraftfuttermitteln gibt Tabelle 4 Aufschluss.

189

Herkunft von Kraftflittermitteln (1000 q)

Tabelle 4 Jahr

Inland 1 *

Total

Ausland

absolut

in%

absolut

in%

1960/61 1965/66 1970/71

4492 4291 5257

43,0 29,5 28,0

5995 10349 13646

57,0 70,5 72,0

10487 14640 18903

1973/74 1976 1977 1978 1979 1980

6696 8 157 7 155 8415 9 108 8355

31,5 38,0 39,0 41,5 44,5 42,5

14509 13389 11 085 11903 11 357 11 347

68,5 62,0 61,0 58,5 55,5 57,5

21205 21 546 18240 20318 20415 19702

') 'Inkl. Nebenprodukte von im Inland verarbeiteten Nahrungsmittelrohstoffen.

Tabelle 4 zeigt für die letzten 20 Jahre praktisch eine Verdoppelung der inländischen Kraftfutterproduktion. Der Selbstversorgungsgrad liegt praktisch in gleicher Höhe wie vor 20 Jahren. Das bedeutet, dass sich im gleichen Zeitraum auch die Futtermittel-Importe, die Mitte der siebziger Jahre den Höhepunkt erreicht haben, verdoppelt haben. Die grossen Mengen importierter Kraftfuttermittel weisen auf die praktisch einzige bedeutsame Ausweichmöglichkeit für die Inlandproduktion der kommenden Jahre hin, nämlich auf die Ausdehnungsmöglichkeiten im Futtergetreideanbau.

Entwicklung der Tierbestände und der Tierhalterzahl in der Rindvieh-, Schweine- und Geflügelhaltung 1965

Schweine Stück (Mio.)

Halter Stück/Halter Geflügel Stück (Mio ) Halter Stück/Halter

190

1980

1975

%

absolut

%

absolut

%

100 100 100

1 862 89818 21,0

1159 744 157,9

1 919 80827 23,7

1194

120 690 13,3 1 457 101 404

100 100

1348 586 229,2

2 131 46778 45,5

1462

14,4

1 964 59453 33,0

46 1 316,0

5427 97 574 56,1

100

100

6455 54 198

100

119,1

1189 55 5 .212,3

6 585 50009 131,7

121 3 51 2 234,8

absolut

Rindvieh Stück (Mio.)

Halter Stück/Halter

Tabelle 5

1 608

100

67 0 178,2

Die Bestände haben sich im Beobachtungszeitraum unterschiedlich entwickelt: Während die Rindviehbestände und das Geflügel um rund 20 Prozent zunahmen, wuchsen die Schweinebestände um gut 46 Prozent. Grössere Unterschiede sind im Ausmass der Konzentration festzustellen. Am geringsten ist, sie in der am stärksten bodengebundenen Rindviehproduktion. Die Zahl der Halter ist hier um rund einen Drittel zurückgegangen, und der durchschnittliche Bestand je Halter wuchs um 78 Prozent. Am grössten ist die Konzentration in der Schweinehaltung, wo sich die Zahl der Halter um mehr als die Hälfte verringerte und sich die Bestände mehr als verdreifachten. Etwas bescheidener ist die Konzentration in der Geflügelhaltung. Ein etwas präziseres Bild über die Konzentration in der Schweinehaltung vermittelt Tabelle 6.

Konzentration in der Schweinehaltung Tabelle 6 Besitzer mit

!

1980

1975

1965

Prozentantei l am Total Besitzer

Tiere

Besitzer

Tiere

Besitzer

< 20 21 50 51-100 . . .

101-350 351-500 >500

854

102 23 17 02 01

30,6 220 11 0 22,4 6,4 75

741 134

58 49 0,8 09

12,5 13 3 P5

272 10,1 245

67 5 15 3 77 70 1,0 15

12 1 280 22,1 309

Total in 1000 In Prozent .

101,4 100

1457 100

59,45 586

1964 135

46,78 46 1

2131 146

Tiere

82

11 0

Die Betrachtung der relativen Veränderungen innerhalb der einzelnen Grössenklassen ergibt für sich allein genommen noch kein vollständiges Bild, deshalb wurde auch noch die Entwicklung der absoluten Zahlen der Besitzer und Tierbestände aufgeführt, welche die bekannte gegenläufige Tendenz aufweist: Abnahme um mehr als die Hälfte bei den Besitzern, Zunahme um beinahe die Hälfte bei den Beständen.

Ohne alle Zahlen in Tabelle 6 eingehend zu kommentieren, ist doch die erhebliche Konzentration der letzten 15 Jahre ganz offensichtlich. Während 1956 über 95 Prozent der Besitzer noch mehr als die Hälfte der Schweine in Beständen bis zu 50 Stück hielten, wurden 1980 nicht einmal mehr 20 Prozent der Schweine innerhalb dieser Bestandesgrösse gehalten. In den ; Beständen mit über 350 Schweinen fand dagegen eine ganz erhebliche Konzentration statt: 0,3 Prozent der Besitzer hielten 1965 noch rund 14 Prozent der! Schweine; 15 Jahre später wurde innerhalb dieser Grössenklasse mehr als die Hälfte der Schweine gehalten.

Etwas weniger ausgeprägt ist die unerwünschte Strukturentwicklung in der Schweinezucht, die in Tabelle 7 dargestellt ist.

191

Strukturentwicklung in der Schweinezucht Tabelle 7 Besitzer mit

1969

1980

1975

Prozentante 1 am Total Besitzer

1- 5

6-10 11-20 21-50 >50

Tiere

Besitzer

Tiere

Tiere

768 13 4

344

67 1

189

600

195

148

13 1

158

64 2,6

17,7 14,9 13 5

98

164 20,8 308

11 4

40

245 370

153 6

21 2

100

71 4

1804 117 5

172 57 8

1949 1259

08 297 100

Total in 1000 In Prozent

Besitzer

5,9 25

129 107 149

8,9

Die Verteilung der Schweinebestände, aufgegliedert nach Betriebsfläche, hat sich zwischen 1965 und 1980 wie folgt entwickelt:

Entwicklung der Schweinebestände nach der Betriebsfläche Tabelle 8 Prozentanteil am Bestam

Betriebsfläche

0- 1 ha 1,01- 5 ha 5 01-10 ha 10,01-20 ha >20ha

. .

1965

1980

263 127

290 9,5 11 9 277 220

190 267 15 3

Auffallendste Tendenz in der obigen Zusammenstellung ist der relative Rückgang der Schweineproduktion in Betrieben mit mehr als l ha, aber weniger als 10ha zugunsten bodenunabhängiger und bezogen auf die Fläche grösserer Betriebe.

Entwicklung der Schweinebestände nach Berufskategorien Tabelle 9 Berufskategorie

1965

1978

Prozentanteil am Total der Besitzer

Landwirte -- hauptberuflich - nebenberuflich und Nichtlandwirte -- davon Milchverarbeitung Total in 1000 . . . .

192

Tiere

Besitzer

Tiere

76,2

73,6

78,6

75,4

23,8

26,4

21,4

24,6

17,0

1,9

15,7

1,16 101,4

1457,2

46,47

2114,8

In bezug auf die Verteilung des Schweinebestandes auf die einzelnen Berufskategorien haben sich zwischen 1965 und 1978 keine sehr wesentlichen Verschiebungen ergeben. Die Konzentrationstendenz entwickelte sich also in allen Berufskategorien ungefähr in gleicher Weise. Aus den Tabellen 8 und 9 zusammen ist zu entnehmen, dass rund 14 Prozent der Schweine in Betrieben gehalten werden, die wenig oder nichts mit der Landwirtschaft zu tun haben, die aber vermutlich in mehreren Fällen Schlacht- oder Hotellerieabfälle verwenden.

In der Kälbermast ist die relevante Strukturentwicklung nicht weit zurück statistisch erfasst. Für die letzten paar Jahre können keine allzugrossen Strukturverschiebungen festgestellt werden. 1975 und 1980 wurde die folgende Aufteilung der Bestände nach Grössenklassen registriert.

Kälbermastbetriebe nach Bestandesgrösse

Tabelle 10 Bestandesgrösse (Mastkälber)

1975

1980

Prozentanteil am Total der

1-10 1 1-20 21-50

>51

Total

Besitzer

Tiere

Besitzer

Tiere

94,9 2,2 1,7 1,2

48,9 7,2 11,9 32,0

94,6 2,5 1,7 1,2

49,0 7,5 11,2 32,3

16753

77470

20 159

99 146

1980 wurden je 11 Prozent der Kälber in Betrieben mit weniger als l ha, bzw.

mit 1,01-5 ha Kulturfläche gehalten, 35 Prozent in, solchen mit 5,01-15 ha und 43 Prozent in Betrieben mit mehr als 15 ha.

Ausgeprägter als in der Kälbermast ist die unerfreuliche Struktur und Strukturentwicklung in der Geflügelhaltung. Tabelle 11 gibt Aufschluss über die Konzentration in der Legehennen- und Zuchthennenhaltung.

Konzentration in der Legehennen und Zuchthennenhaltung

Tabelle 11 Besitzer mit . . . Tieren

1965

1980

Prozentanteil am Total der Tiere Besitzer

1- 24 25- 150 151-1000 1001-4000 >4000

Total in 1000 . . .

'

Tiere

1,1 0,3 0,05

29,0 23,3 15,8 19,4 12,5

88,75

2778,3

80,5 18,1

Besitzer

81,3 17,2 0,7 0,4 0,4 46,56

Tiere

13,9 10,4 4,3 16,2 55,1 3019,4

193

Während 1965 noch über 52 Prozent der Hennen in Beständen unter 150 Tieren gehalten wurden, waren es 15 Jahre später nur noch gut 24 Prozent. Dafür ist die Konzentration in den grössten Betrieben mit mehr als 4000 Hennen enorm.

Innerhalb von nur 15 Jahren haben sich die Tierbestände in dieser Gruppe fast verfünffacht! In der Mastgeflügelhaltung ist die Konzentration noch ausgeprägter: 1980 wurden 3,8 Prozent der Tiere in Beständen unter 1000, 31 Prozent in Beständen zwischen 1000 und 5000, und 65 Prozent der Tiere in Beständen mit mehr als 5000 Tieren gehalten.

Die Konzentration in der Geflügelproduktion hat sich sehr stark in den bodenunabhängigen Betrieben vollzogen, wie aus der Tabelle 12 hervorgeht.

Entwicklung der Geflügel bestände nach Betriebsfläche

Tabelle 12 Betriebsfläche

0 00- 1 ha 1 01- 5 ha 501 10ha 1001 20ha >20ha

22

Korrekturbestrebungen

221

Überblick

Prozentanteil am Bestanc

1965

1980

27,8 28,1

397

156 183 102

11 3 184 147

158

Die Bestrebungen zur Lenkung der tierischen Produktion in unserem Land sind nicht neu. Bei allen Bemühungen kann dabei zwischen Anstrengungen zur Lenkung der mengenmässigen Produktion und zur Beeinflussung der Strukturentwicklung unterschieden werden. Es fällt aber auf, dass die Bemühungen um das Angebot zu beschränken nicht nur älter sind, sondern auch mit grösserer Konsequenz durchgezogen worden sind als die Anstrengungen zur Beeinflussung der Struktur. Die Angebotsbeschränkung betraf vor allem die Milchproduktion.

Die erste Rechtsgrundlage für eine Milchkontingentierung wurde 1933 geschaffen. Der Bundesrat wurde darin ermächtigt «... geeignete Massnahmen zur Regelung, Verbesserung und Einschränkung der vieh- und milchwirtschaftlichen Produktion zu treffen. ... Er kann ferner die Ausrichtung von Subventionen von einer Einschränkung der Milchproduktion oder von deren Kontingentierung abhängig machen ...» Gestützt auf diese Bestimmungen beantragte der Bundesrat dem Zentralverband und seinen Sektionen, die Milchproduktion nach Bedarf und in Anpassung an die örtlichen Verhältnisse zu kontingentieren. Dabei ermächtigte der Bundesrat die Verbände, «besonders über die Verwendung von Ersatzfuttermitteln und über die Düngung» einschränkende Bestimmungen aufzustellen. Von Bedeutung ist der später immer wiederkehrende Gedanke, die Produktion dort zu begrenzen, wo sie auf landesfremder Futterbasis erfolgt. Konkretisiert wurde dieses Anliegen erneut 1962 in der sogenannten «Lex Piot», die auf die

194

sogenannten Bahnhofbauern abzielte. Der neu unter dem Gesichtspunkt der Produktionshemmung festgelegte Rückbehalt sollte, soweit er nicht verwendet wurde, um die Verwertungsverluste zu decken, nur an Produzenten zurückerstattet werden, die pro Hektare Nutzfläche weniger als den Genossenschaftsdurchschnitt plus 30 Prozent oder 5000 kg pro Hektare produzieren. Der an sich vernünftige Grundsatz erwies sich als nicht realisierbar und musste bereits nach kurzer Zeit wiederum aufgegeben werden.

Anfangs der siebziger Jahre stieg die Milchproduktion parallel zu den Kraftfutter-Importen erneut stark an. Dabei wurden die strukturellen Fehlentwicklungen in der Fleisch- und Eierproduktion immer offensichtlicher. Am 14. April 1974 gelangte der ZVSM schriftlich an Bundesrat Brugger mit dem Begehren, eine wirksame Futtermittelbewirtschaftung zu studieren. Am 30. Oktober 1974 fand die erste Sitzung einer Expertenkommission unter dem Vorsitz von Direktor Piot statt. Sie hatte vom Vorsteher des EVD zwei Aufträge erhalten: Eine Subkommission Glättli prüfte die Futtermittelbewirtschaftung, eine Subkommission Rudolf die Milchkontingentierung. Das Ergebnis der beiden Kommissionen wurde inhaltlich im wesentlichen zum Landwirtschaftspaket 1976. In der nationalrätlichen Kommission wurde das Konzept der bäuerlichen Organisationen - zuerst Futtermittelbewirtschaftung, dann Milchkontingentierung - auseinandergerissen. Die Beratung der Milchkontingentierung wurde zeitlich vorgezogen und mündete in einen dringlichen Bundesbeschluss zur Einführung der Milchkontingentierung auf Frühjahr 1977.

Anschliessend begann in der nationalrätlichen Kommission ein zähes Seilziehen um die Futtermittelbewirtschaftung, welches zu einer eigentlichen Pattsituation führte. Bundesrat Brugger beklagte sich im Nationalrat über die gewaltige Lobby von allen Seiten. In dieser Situation, im Spätherbst 1977, entschloss sich der ZVSM, dem Willen der bäuerlichen Basis durch eine Volksinitiative Nachachtung zu verschaffen. Innert sechs Monaten wurden im bäuerlichen Lager 165 000 gültige Unterschriften gesammelt. Mit Befriedigung kann festgestellt werden, dass das Volksbegehren die Revision des Landwirtschaftsgesetzes in der gewünschten Richtung beeinflusst hat. Wichtige Postulate der Initiative bleiben aber nach wie vor offen.

:'

222

Hauptgründe für die Volksinitiative

Es sind im wesentlichen drei Gründe, die zur Volksinitiative geführt haben, und auf die nochmals kurz einzutreten ist: Die dauernde und zunehmende Tendenz zu Überschüssen im gesamten tierischen Bereich, die ungünstige Entwicklung der Struktur in der Fleisch- und Eierproduktion, sowie die Herauslösung und dringliche Einführung der Milchkontingentierung aus dem Agrarpaket von 1976.

Überschüsse, die, wie aus den Tabellen 3 und 4 hervorgeht, zu einem wesentlichen Teil mit importiertem Futter erzeugt werden, sind aus mehreren Gründen widersinnig. Sie haben für die Produzenten direkte, und wegen der Unelästizität landwirtschaftlicher Märkte, hohe Einkommeriseinbussen zur Folge. Dem Staat verursachen sie Aufwendungen für die Überschussverwertung. Eine gedrückte 195

Ertragslage führt zu unerwünschten strukturellen Veränderungen in der Produktion, wie es oben (Ziff. 21) dargestellt worden ist. Die Fleisch- und Eierproduktion verlagert sich in grosse bodenunabhängige Betriebe, und entzieht dadurch bäuerlichen Betrieben Einkommen, so dass deren Zahl zurückgeht. Damit aber kann der Leistungsauftrag an die Landwirtschaft, die Versorgung in Notzeiten, die Pflege der Umwelt, die dezentralisierte Besiedelung des Landes und die staatspolitische Funktion der Erhaltung möglichst vieler selbständiger Einheiten nicht mehr wahrgenommen werden. Auf der ändern Seite belastet eine starke, vom Boden losgelöste Produktion diesen und die Gewässer als wichtige Lebensgrundlage. Die heutige Verwendung der Import-Futtermittel entspricht in keiner Weise mehr den -ursprünglichen Absichten des Gesetzgebers, heisst es doch in Artikel 18 Absatz l der Allgemeinen Landwirtschaftsverordnung: «... Die Verwendung ausländischer Futtermittel soll im wesentlichen nur dazu dienen, die Mängel einseitig zusammengesetzter und für eine rationelle Produktion ungenügender eigener Futtermittel auszugleichen.» Der Bundesrat hat die unerwünschte Stmkturentwicklung in der tierischen Produktion stets zuwenig ernst genommen. In der Sommersession 1974 reichte Nationalrat Joachim Weber (Schwyz), Präsident des Schweizerischen Bauernverbandes, eine Kleine Anfrage ein, welche sich gegen die «Verindustrialisierung» der viehwirtschaftlichen Produktion wandte. Er fragte den Bundesrat an, was dieser zu unternehmen gedenke, damit die Geflügel- und die Schweinehaltung als bedeutender Anteil des landwirtschaftlichen Einkommens den bäuerlichen Betrieben vorbehalten bleiben. Ein rasches und energisches Handeln dränge sich auf, auch im Blick auf die Gefahr der Entstehung von riesigen «Mammutbetrieben», wie sie das Ausland bereits kenne. In seiner Antwort bestätigte der Bundesrat die damals schon sichtbaren Konzentrationstendenzen, schränkte aber ein, dass der überwiegende Teil der Produktion noch auf die bäuerlichen Betriebe entfalle. Die Landesregierung stellte dann selber auch fest, eine weitere Konzentration der Fleisch- und Eierproduktion auf sehr grosse, bezüglich der Futterbeschaffung völlig abhängige Betriebe sei aus Gründen der Landesversorgung in Notzeiten sowie des Umweltschutzes nicht erwünscht.

Von ganz
entscheidender Bedeutung, und in diametralem Gegensatz zum allgemeinen Grundsatz der bevorzugten Behandlung der betriebseigenen Futtergrundlage steht die Milchkontingentierung, die in der geschilderten Weise eingeführt worden ist. Es ist richtig, dass ein erheblicher Teil des in der Milchviehhaltung eingesetzten Kraftfutters im Sinne des oben zitierten Artikels 18 der Allgemeinen Landwirtschaftsverordnung verwendet wird. Bedenklich ist aber die Tatsache, dass heute die Rauhfuttergrundlage in zahlreichen Betrieben wegen der Milchkontingentierung bei weitem nicht mehr optimal genutzt werden kann.

Eingehende Untersuchungen in buchführenden Betrieben des Kantons Freiburg haben gezeigt, dass 5 Prozent der Betriebe pro Kuh mehr als 5000 kg aus dem Grundfutter produzieren, 10 Prozent der Betriebe produzieren zwischen 4500 und 4999 kg, 75 Prozent zwischen 3000 und 4499 kg, und 10 Prozent produzieren weniger als 3000 kg Milch aus dem bodeneigenen Grundfutter.

Diese Ergebnisse in Spitzenbetrieben lassen erahnen, welche Produktionsreserven in der betriebseigenen Futtergrundlage heute noch brachliegen. Geht man von einer durchaus realistischen Dichte von 1,3 Kühen pro Hektare und von ei196

ner überdurchschnittlichen Produktion aus dem Grundfutter pro Kuh von 4500 kg aus, so kann pro Hektare 5850 kg Milch aus Rauhfutter produziert werden. Dieses Ergebnis liegt um 2000 kg über der durchschnittlichen gesamten Verkehrsmilchproduktion aus Grund- und Kraftfutter in der Talzone, der voralpinen Hügelzone und der Bergzone I. Diese Überschlagsrechnung vermittelt einen Eindruck, wie stark Produzenten in ihren Möglichkeiten eingeengt sind, die heute pro Hektare weniger als 4000 kg produzieren, und kaum Alternativen zur Milchproduktion haben.

23

Beurteilung der Revision des Landwirtschaftsgesetzes von 1979

Die Ziele für die Revision des Landwirtschaftsgesetzes, die sich die zuständige nationalrätliche Kommission in ihrem Bericht vom 7. September 1978 gesetzt hat, besitzen nach wie vor Gültigkeit, nämlich: - Verhinderung der Massentierhaltung und Rückführung grosser Bestände auf ein tragbares Mass.

- Begünstigung der rationellen Produktion in kleineren und mittleren Betrieben sowie Bevorzugung der landwirtschaftlichen Aufstockungsbetriebe.

- Erhaltung und Wiedergewinnung der tierischen Veredlungswirtschaft für die Betriebe mit eigener landwirtschaftlicher Nutzfläche.

- Anpassung der viehwirtschaftlichen Produktion an die Absatzmöglichkeiten.

Eine Beurteilung heute darf nicht bei diesen allgemeinen Zielvorgaben stehen bleiben, vielmehr sind die Bestimmungen des Landwirtschaftsgesetzes an den genannten, von der Kommission vorgegebenen Zielen sowie an den Postulaten der Futtermittel-Initiative zu messen. Mit einer allgemeinen Beurteilung drängt sich ein kurzer Abriss über die Entstehungsgeschichte der Artikel 19 ff. auf.

231

Höchstbestände

Bereits die nationalrätliche Kommission, welche die Revision des Landwirtschaftsgesetzes 1979 vorbereitet hat, machte gewisse Überlegungen bezüglich der oberen Grenze, auf die die grossen Bestände abgebaut werden sollten. Sie ging dabei davon aus, dass Familien, die sich hauptsächlich mit der tierischen Veredlungswirtschaft beschäftigen, die Möglichkeit haben sollen, ein angemessenes Einkommen zu erzielen. Dies sei der Fall - so die Kommission -, wenn die vorhandenen Tiere durch l '/»-l l/z Arbeitsplätze betreut werden können. Die aus diesen Überlegungen abgeleiteten Zahlen ergeben sich aus der Tabelle 13, wobei der Grundsatz der Auslastung eines bestimmten AK-Besatzes, zum Teil (Mastgeflügel) bereits von der Kommission aufgegeben werden musste. Der Vorschlag der nationalrätlichen Kommission bezüglich der Festlegung der Höchstbestände passierte die parlamentarischen Verhandlungen ohne wesentliche Änderungen und ist Gesetz geworden. Der für die endgültige Festlegung der Höchstbestände zuständige Bundesrat hat, wie aus Tabelle 13 hervorgeht, an den Vorstellungen der nationalrätlichen Kommission noch einige Korrekturen nach unten vorgenommen.

197

Vorstellungen über die oberen Bestandesgrenzen Tabelle 13 ^"^^^^ Vorstellung ^~~-^^^ der/des Tiergattung ---^^^

Mastgeflügel Mastschweine Mutterschweine Mastkälber

NR-Kommission

Bundesrates (VO über Höchstbestände)

SBV/ZVSM

UPS Pächterverband, WWF usw.

12000 12000

12000 12000

1 500

1 200 150 300 300

1 000

8000 6000 800/750 100/120 150 80

150 250 200

250 40 40

Der Schweizerische Bauernverband und der Zentralverband schweizerischer Milchproduzenten haben die Höchstbestände stets als zu hoch erachtet. Als störend wurde dabei stets zweierlei empfunden, nämlich erstens, dass in Artikel 19 b Absatz l für die Festlegung der Höchstbestände von einer wirtschaftlichen Existenz im Sinne eines Kriteriums der Auslastung einer minimalen AK-Zahl ausgegangen worden ist, in Artikel 19 d dagegen von einem Kriterium des ausreichenden Einkommens im Sinne eines Minimaleinkommens, das im Ergebnis wesentlich tiefer liegt als dasjenige in Artikel 19 b Absatz 1; zweitens, dass die Höchstbestandesvorschriften losgelöst von der betriebseigenen Futtergrundlage gelten sollen, während bei der Stallbaubewilligung - richtigerweise - verlangt wird, dass nach der Aufstockung mindestens die Hälfte des Betriebseinkommens aus bodenabhängiger Produktion stammt.

Der aus den bereits erwähnten Gründen ohnehin recht stumpfen Waffe der Höchstbestände (zu hoch angesetzte Limite, relativ lange Übergangsfrist zum Abbau) wurde bald nach Inkrafttreten des Gesetzes weiter an Wirkung genommen, indem zu grosse Betriebe in mehrere juristische Personen aufgeteilt worden sind, um so die Höchstbestandes-Vorschriften zu umgehen. Es ist ganz klar, dass solche Gesetzesumgehungen nicht toleriert werden können, und es nicht angeht, Rechtsinstitute wie die Aktiengesellschaft zu verwenden, um das Landwirtschaftsgesetz zu unterlaufen. Wenn schon allein die Ausdehnung des Agrarschutzes auf Betriebe, die mit den ursprünglichen Aufgaben der Landwirtschaft wenig gemein haben, fragwürdig ist, so ist es noch viel systemwidriger, wenn auch noch Aktiengesellschaften, die ja primär der Kapitalbeschaffung und der Risikobeschränkung dienen, von den Schutzbestimmungen des Landwirtschaftsgesetzes profitieren sollen. Die Bildung von Aktiengesellschaften muss deshalb für die Anwendung der Höchstbestandes-Vorschriften unbeachtlich sein, und die aufgeteilten Betriebe sind nach wie vor als Einheit zu betrachten. Die Abgabe für zu hohe Bestände ist deshalb auf der Summe der Teilbestände zu berechnen und verhältnismässig auf diese aufzuteilen.

Abschliessend noch einige Bemerkungen zu den Übergangsfristen für den Abbau der Höchstbestände: Die nationalrätliche Kommission erachtete 15 Jahre für den Bestandesabbau mehrheitlich für richtig,
ohne dass von Enteignung gesprochen werden könne. Sie bemerkte, es handle sich bei dieser Frist um die in der landwirtschaftlichen Kostenrechnung übliche Dauer der Abschreibungen

198

für Ställe und Einrichtungen. Eine Kommissionsminderheit, vorwiegend bäuerlicher Vertreter beantragte eine Übergangszeit von 10 Jahren, und ein Einzelantrag lautete auf 20 Jahre. Der Nationalrat diskutierte lange um diese Übergangszeit. Schliesslich obsiegte der Minderheitsantrag auf 10 Jahre. Die ständerätliche Kommission entschied sich mit 6 zu 5 Stimmen, die Frist ebenfalls auf 10 Jahre festzusetzen. Das Ratsplenum folgte dann aber einem Minderheitsantrag für eine 15jährige Übergangsfrist. Die schlussendlich, resultierende Übergangsfrist von 12 Jahren ging aus dem Differehzbereinigungsverfahren hervor.

232

Beiträge an Tierhalter

Bereits die nationalrätliche Kommission sah in ihrem Projekt die Ausrichtung von Beiträgen vor zur Förderung der Produktion in kleineren und mittleren Beständen. Diese Beiträge sollen aber grundsätzlich auf den Ausgleich des Kostenvorteils der Produktion in sehr grossen Beständen gegenüber rationell geführten Klein- und Mittelbetrieben begrenzt werden. Im Vordergrund der abzugeltenden Kostenvorteile standen die Rabatte beim Futtermittelzukauf. In ihrem Bericht erwog die Kommission die folgenden drei Varianten für die auszurichtenden Beiträge.

Festsetzung der Beiträge I: 6.-- Franken je Zentner Futter II: 5.-- Franken je Zentner Futter III: 3.-- Franken je Zentner Futter Kiaftfutterverbratich pro Jahr Zentner

Legehennen je Tier Mastschweine je Tierplatz .

Zuchtschweine, je Muttersau . . . .

Grossviehmast, je geschlachtetes Tier Kälbermast je Tierplatz . .

Beitrag pro Tierplatz, pro Tier und Jahr Franken

i

ir

in

12,80

2.70 41.40 76.80

2.25 34.50 64.00

1.35 20.70 38.40

53 68

31.80 40.80

2650 3400

1590 2040

0,45

690

Mehrheitlich war die Kommission der Auffassung, dass eher mit tieferen Ansätzen begonnen werden sollte, um die Produktion nicht übermässig anzuheizen.

Beiträge in der Grössenordnung zwischen Variante II und III hielt die Kommissionsmehrheit für richtig. Über die Anzahl der beitragsberechtigten Tierzahlen erwog die Kommission folgendes: Die beitragsberechtigte Tierproduktion soll so hoch sein, dass eine rationelle Produktion nicht beeinträchtigt wird. Gleichzeitig sollen sich aber auch eine möglichst grosse Zahl von aufstockungsbedürftigen Betrieben an der Produktion beteiligen können. Als Richtzahlen für die obere Grenze der Ausrichtung von Beiträgen wurden folgende Bestände genannt: 199

Legehennen Mastschweine Mutterschweine Grossviehmast Kälbermast

:

2000-3000 Stück 150-200 Tierplätze 20- 30 Stück 80- 100 Stück 50- 80 Tierplätze

In Absatz 2 von Artikel 19 c schuf die Kommission ebenfalls die Grundlage, um die Beiträge vor allem aus administrativen Gründen nach unten zu begrenzen.

Ausdrücklich abgelehnt hat jedoch die Kommission einen Antrag, die Beiträge nur an Betriebe mit angemessener eigener Futtergrundlage auszurichten. Dies aus administrativen Gründen, und weil befürchtet wurde, kleinflächige Betriebe würden dadurch benachteiligt. In den bisher vorliegenden Verordnungsentwürfen des Bundesamtes für Landwirtschaft für die Ausrichtung der Beiträge wird am Erfordernis des bäuerlichen Charakters des beitragberechtigten Betriebes stets festgehalten, sodass sich hier die Frage der Gesetzmässigkeit dieser sicher begrüssenswerten Auflage stellt.

Im Nationalrat wurden die Beiträge durch einen Minderheitsantrag bekämpft, der dann aber mit deutlicher Mehrheit abgelehnt worden ist. Im Ständerat waren die Beiträge unumstritten.

Die Beiträge sind bisher entgegen wiederholten bäuerlichen Begehren nicht ausgerichtet worden. Die begrenzte Einführung für die bäuerliche Kälbermast auf den I.Januar 1982 scheiterte an der zu engen Fassung des Gesetzestextes. Die gesetzliche Beschränkung der Beiträge auf den Produktionskosten-Ausgleich liess es nicht zu, die Beiträge in sinnvoller Ausgestaltung den agrarpolitisch erwünschten Betrieben zukommen zu lassen, weil ein entsprechender Kostennachteil in der bäuerlichen Kälbermast gegenüber der industriellen nicht ausgewiesen ist. In den parlamentarischen Debatten um den Budgetposten für die Beiträge an Kälbermäster wurde von bundesrätlicher Seite versichert, die Behandlung der Futtermittel-Initiative werde Anlass geben, um auf die gesetzliche Grundlage für die Beiträge an Tierhalter zurückzukommen.

Mit der vorgeschlagenen neuen Fassung von Artikel 19 c Absatz l Landwirtschaftsgesetz wird die ursprüngliche Zielsetzung der Beiträge positiv zum Ausdruck gebracht: sie sollen die Aufstockungsproduktion in bäuerlichen Betrieben erhalten und fördern helfen.

233

Bewilligungspflicht für Stallbauten

Diese dritte Massnahme der Revisionsvorlage wurde bereits gestützt auf das vor der Revision geltende Recht eingeführt. Die nationalrätliche Kommission beantragte, die Bewilligungspflicht für Stallbauten, allerdings mit anderen Kriterien zur Bewilligungserteilung weiterzuführen. Insbesondere sollen Bewilligungen nur an Gesuchsteller erteilt werden, die eine bestimmte landwirtschaftliche Nutzfläche bewirtschaften. Schon in ihrem Bericht stellte die nationalrätliche Kommission fest, dass von dieser Massnahme zur Lenkung der Produktion kurzfristig keine allzugrosse Wirkung zu erwarten sei, da die Stallkapazitäten vor allem für Schweine und Mastkälber (schon damals) zu gross seien. Diese Einschätzung erwies sich sehr bald als richtig, wurde doch gestützt auf Arti200

kel 19 d mit dem Inkrafttreten der revidierten ;Artikel 19 ff. ein absolutes Stallbauverbot verfügt, das seither nur in der Hühnerhaltung gezielt gelockert worden ist. Mit der Neuordnung des Bewilligungsverfahrens sollte die Entwicklung zu bodenunabhängigen, von der Landwirtschaft losgelösten Betrieben verhindert werden. Die vorgesehenen Kriterien für die Erteilung von Stallbauten lassen sich wie folgt umschreiben: Erstens sollte die Notwendigkeit eines zusätzlichen Einkommens ausgewiesen sein. Dieser Nachweis hat über das Betriebseinkommen zu erfolgen. Weiter soll nach vollzogener Aufstockung ein bestimmter Anteil des Betriebseinkommens aus der bodenabhängigen Landwirtschaft stammen, und drittens wird von den zu berücksichtigenden Betrieben erwartet, dass sie in zumutbarem Umfang Ackerbau betreiben. Gleichzeitig wurde die gesetzliche Grundlage für das bereits erwähnte Stallbauverbot geschaffen.

Neu- und Umbauten von Ställen mit denen keine Erweiterung verbunden ist, sollen zwar bewilligungspflichtig sein, doch besteht in diesen Fällen im Rahmen der Höchstbestände ein Anspruch auf eine Bewilligung. Das gilt selbst für die Betriebe ohne eigenen Boden, also Betriebe mit geringer gemeinwirtschaftlicher Leistung.

Stallbauten für kleine Bestände sollten bereits nach den Vorstellungen der nationalrätlichen Kommission ohne Bewilligungsverfahren möglich sein. Eine entsprechende Bestimmung ist denn auch Gesetz geworden (letzter Satz von Art. 19 d Abs. 1). Interessant und ein Hinweis auf die sich verschärfende Situation in der Lenkung der tierischen Produktion gibt eine Gegenüberstellung der unteren Grenzen für die Bewilligungspflicht, wie sie die Verwaltung in der nationalrätlichen Kommission vertreten hat, und der Zahlen, die dann in der Stallbauverordnung festgelegt worden sind.

Unter dem Druck der Entwicklungen wurden die bewilligungspflichtigen Limiten also ganz massiv herabgesetzt. Im Rahmen einer Anpassung der Stallbauverordnung wurde 1981 vom Bundesamt für Landwirtschaft beantragt, die in Tabelle 14 erwähnten Limiten nochmals herabzusetzen. Durch entsprechenden Druck in der Vernehmlassung und aus administrativen Gründen wurde dann auf dieses Vorhaben verzichtet, und eine Aufstockungsmöglichkeit in bescheidenem Rahmen wenigstens noch offen gelassen.

Richtzahlen für die untere Grenze der Bewilligungspflicht

Tabelle 14

Legehennen Mastpoulets . . . .

Mastschweine . , Mutterschweine .

Mastkälber Grossviehmast . .

(Stück) (Plätze) (Plätze) (Stück) (Plätze) (Stück)

Gemäss Bericht der nationalrätHchen Kommission

Gemäss Stallbauverordnung

1000-1500 7000

500 1000 60 10 10 10

751525 40-

100 20 40 50

Die Konzeption für die Stallbaubewilligungspflicht passierte die parlamentarischen Verhandlungen ohne materielle Änderungen. Indessen erweist sie sich 201

heute aus der eingangs dargelegten Sicht der Privilegierung der Produktion aus dem eigenen Boden als völlig ungenügend. Nach den Vorstellungen der Initianten der Futtermittel-Initiative sollte die Bewilligungspflicht für Stallbauten gezielt in den Dienst einer Lockerung der Milchkontingentierung in Betrieben gestellt werden, wo eine optimale Nutzung der betriebseigenen Futtergrundlage nicht möglich ist. Ausserdem sollte sie eine Ausdehnung der Fleischproduktion auf landeseigener Futterbasis ermöglichen. Zwischen den beiden Postulaten besteht ein enger Zusammenhang: Die Lockerung der Milchkontingentierung setzt zusätzliche Milchmengen voraus, die in Zeiten stagnierender Märkte vor allem aus Produktionsaufgaben beschaffen werden müssen. Die heutige Fassung von Artikel 19 d des revidierten Landwirtschaftsgesetzes erlaubt keine gezielte Lokkerung der Bewilligungspflicht dort, wo auf die Milchproduktion verzichtet wird, und aus Gründen der Einkommenssicherung ein Betriebszweig der inneren Aufstockung erforderlich ist. Für Betriebe, die auf die Milchproduktion verzichten, sollen in erster Priorität Stallbauten ermöglicht werden, sofern und in dem Umfange, wie sie den Nachweis der betriebseigenen Futtergrundlage erbringen und sie auf eine Aufstockungsproduktion aus Einkommensgründen angewiesen sind.

Die freiwerdende Milch soll dann Betrieben im Grünlandgebiet zugewiesen werden, die am stärksten auf die Aufstockung ihres Milchkontingents angewiesen sind.

234

Freiwilliger Bestandesabbau oder Stillegung von Betrieben

Bereits in ihrem Bericht hebt die nationalrätliche Kommission das eminente Interesse der Landwirtschaft am Abbau bestehender Grossbestände hervor. Mit den Abbau- oder Stillegungs-Beiträgen sollen nach Vorstellung der Kommission die mit dem vorzeitigen Bestandesabbau verbundenen Verluste bei Gebäuden und Einrichtungen abgegolten werden. Auch diese Massnahme wurde durch die parlamentarischen Verhandlungen praktisch unverändert Gesetz. Wie auch aus der folgenden Zusammenstellung hervorgeht, hat die Massnahme zum Teil recht erhebliche, marktentlastende Wirkung entfaltet und zweifellos die gezielte Lockerung des Bewilligungsstopps in der Legehennenhaltung ermöglicht.

Abbau oder Stillegung von Betrieben bis zum 31. Dezember 1981

Tabelle 15 Tierkategorie

Grossviehmast Kälbermast Schweinezucht Schweinemast Legehennen Geflügelaufzucht Geflügelmast .

202

Anzahl Bestände

15

23 43 95 30 16 4

Anzahl Tierplätze

1 545 4710

3 441 28414 137240 138721 85 520

In Prozent aller Tierplätze

080 3,40

1 75

200 440 11,50 5,00

Anteil der Betriebe ohne Land in Prozent 660

7830 7000 73 70 8660 8750 10000

Erfreulich ist im weiteren die Tatsache, dass in überwiegender Mehrheit bodenunabhängige Betriebe stillgelegt worden sind; in höchstem Masse bedenklich dagegen die Strukturentwicklung in den Grossbeständen der Schweinehaltung während der letzten vier Jahre. Diese Zahlen weisen darauf hin. dass ein erheblicher Anteil der durch den bewilligten Bestandesabbau geschaffenen Kapazitäten durch Aufstockungen in grossen Betrieben mit über 1000 Schweinen beansprucht worden ist.

Entwicklung der Schweinebestände in Grossbetrieben mit mehr als 1000 Schweinen Zahlung

April Oktober April Oktober April Oktober April Oktober

Betriebe insgesamt

1978 1978 1979 1979 1980 1980 1981 1981

Differenz Oktober 1978-1981

Tabelle 16 Spezialisierte Mastbetriebe

Betriebe

Tiere

Betriebe

Tiere

161

272 702 288777 287781 301442 331 385 333 238 322 345 303 133

44 45 44 50 51 52 50

64989 66052 65880 78549 76386 75560 81 997

174 172 179 193 198 192 177

14356 = +5%

17008 = +26%

Der Rückgang insgesamt zwischen April und Oktober 1981 muss mit Vorsicht interpretiert werden, und es darf nicht angenommen werden, dass die 15 Betriebe, die bei der Oktoberzählung nicht mehr in der Statistik auftreten, verschwunden sind, vielmehr hielten sie am Stichdatum der Oktober-Zählung weniger als 1000 Schweine.

235

Zusammenfassende Beurteilung der Artikel 19 ff.

Landwirtschaftsgesetz

Um das Positive vorwegzunehmen: Die Entwicklung neuer bodenunabhängiger Betriebe konnte durch die Revision des Landwirtschaftsgesetzes unterbunden werden. Misst man aber die Revision an den eingangs zu Abschnitt 23 erwähnten Zielsetzungen der nationalrätlichen Kommission, fällt die Bilanz ernüchternd aus: - Die Rückführung grosser Bestände auf ein tragbares Mass dürfte unter heutigen Voraussetzungen nur in sehr bescheidenem Rahmen gelingen. Dafür verantwortlich sind die zu hohen Höchstbestände, die weit gefassten Ausnahmebestimmungen und die Umgehungspraktiken.

- Von einer Begünstigung der rationellen Produktion in kleineren und mittleren Betrieben sowie von der Bevorzugung der landwirtschaftlichen Aufstockungsbetriebe kann kaum gesprochen werden: Die Beiträge fehlen bis heute, und 203

das Stallbauverbot sowie die tiefen Limiten für die Bewilligungspflicht von Stallbauten weisen auf die unerfüllte Zielsetzung hin.

- Von Wiedergewinnung der tierischen Veredlungswirtschaft für Betriebe mit eigener landwirtschaftlicher Nutzfläche kann - abgesehen von kleinen Ausnahmen - keine Rede sein.

- Die Anpassung der viehwirtschaftlichen Produktion an die Absatzverhältnisse ist nur sehr beschränkt erreicht. Es dürfte für die kommenden Jahre äusserst schwierig sein, das landwirtschaftliche Einkommen über paritätische Preisanpassungen bei Milch und Fleisch zu erreichen. Die Gefahr ist gross, dass ein überproportionaler Anteil des Einkommenmankos über die Milch abgegolten werden muss, und damit jede vernünftige Produktionslenkung illusorisch wird. Ausserdem sind die Prioritäten in der Produktionslenkung nach wie vor völlig falsch gesetzt, indem dort am stärksten eingegriffen und beschränkt wird, wo auf landeseigener Futterbasis produziert wird, statt bei den Importen.

Durch die Revision des Landwirtschaftsgesetzes sind in gewisser Hinsicht sogar Rückschritte gegenüber der ursprünglichen agrarpolitischen Konzeption festzustellen, indem durch die Festlegung von Höchstbestandesgrenzen für bodenunabhängige Betriebe deren Existenz vom Gesetzgeber ausdrücklich garantiert worden ist. Auf der anderen Seite sind durch die massive Einschränkung der inneren Aufstockung und durch die Milchkontingentierung der Produktion aus dem eigenen Boden Schranken auferlegt worden, die den ursprünglichen Zielsetzungen der Agrarverfassung diametral widersprechen.

3

Die Fleischproduktion auf betriebseigener Futtergrundlage als Alternative zur Milchproduktion

Wiederholt wurde im Vorangehenden auf die Bedeutung hingewiesen, die Produktionslenkung im tierischen Bereich ganzheitlich zu betrachten, und nach Gesichtspunkten der Standortgerechtigkeit zu gestalten. Es wurde auch dargelegt, was das konkret heisst: vermehrt Milch im Graswirtschaftsgebiet produzieren.

In Zeiten stagnierender Märkte muss dieses Ziel vor allem mit einer Produktionsverlagerung vom Ackerbaugebiet in die ausgesprochenen Grünlandbetriebe angestrebt werden. Auf die Milchproduktion kann aber in vielen Ackerbaubetrieben mit knapper Fläche ohne Einkommenseinbusse nur verzichtet werden, wenn auf Produktions-Alternativen ausgewichen werden kann, die eine mit der Milch vergleichbare Einkommenswirksamkeit haben. Im folgenden geht es vor allem darum, die Grenzen der Fleischproduktion auf betriebseigener Futtergrundlage in produktionstechnischer und betriebswirtschaftlicher Hinsicht abzustecken. Wo Erfahrungszahlen aus der Praxis fehlen, müssen die Lücken mit Kalkulationen geschlossen werden. Dabei gilt es stets die Relativität zu bedenken, die den nachfolgend aufgeführten Zahlen eigen ist. Selbst durch umfangreiche Stichproben abgesicherte Mittelwerte stammen aus einer Grundgesamtheit, deren Streuung enorm gross ist, wie Buchhaltungsergebnisse immer wieder zeigen.

204

31

Flächenbedarf für die Fleischproduktion auf betriebseigener Futtergrundlage

Der Flächenbedarf für die Fleischproduktion auf betriebseigener Futtergrundlage für die einzelnen Produktionsrichtungen ist von verschiedenen Einflüssen wie Ertragsfähigkeit der Flächen, Produktionsintensität, Anteil des betriebseigenen Futters an der Ration sowie deren Zusammensetzung usw. abhängig. In der Tabelle 17 sind für die einzelnen Produktionsrichtungen mögliche Werte aufgeführt.

Flächenbedarf für Betriebszweige der tierischen Produktion (Ansprüche je Tierplatz)

Tabelle!?

Betriebszweig

Flächenbedarf in Aren

Begrenzender Faktor, Eigenversorgung in Prozent

Quelle

Rindviehmast

13

Mutterkuhhaltung . . .

Ammenkuhhaltung . .

50 -70 j_ 60 -90 J

Eigenversorgung Energie >90 100 (EigenL versorgung

Kalkulationen Betriebskontrollen Kalkulationen B etriebskontrollen

Schweinezucht

12 20 5 8

Schweinemast . . .

Milchviehhaltung . . . .

48 90

-26

5-20 -30 -9 -14

50 ] 80 Eigen50 versorgung Energie BH-Ergebnisse: Rindviehhaltungsbetriebe Talgebiet Aufzuchtbetriebe Berggebiet

Im intensiv geführten Ackerbaubetrieb dürften, ohne eine geordnete Fruchtfolge zu gefährden, pro Hektare etwa die folgende Anzahl Mastplätze, bzw. folgende Anzahl Tiere eingerichtet oder gehalten werden, um auf betriebseigener Futtergrundlage zu produzieren: 4 - 71/2 Rindviehmastplätze IVi- 2 Mutterkühe l - P/z Ammenkühe 4 - 8 Muttersauenplätze 7 -14 Mastsauenplätze

32

Einkommenswirksamkeiten der Fleischproduktion auf betriebseigener Futtergrundlage

Die Einkommens wirksamkeit bezogen auf die Fläche ergibt sich aus der Anzahl gehaltener Tiere pro Flächeneinheit und dem erzielten wirtschaftlichen Erfolg je Tier, bzw. je Tierplatz. Da bekannterweise auch die wirtschaftlichen Erfolgs205

grössen grosse Streuungen aufweisen, verbreitert sich der Streuungsbereich des wirtschaftlichen Erfolges im Vergleich zu den Flächenansprüchen nochmals.

Dennoch werden in Tabelle 18 mögliche Werte einander gegenübergestellt. Als Vergleichsgrösse wird der Direktkostenfreie Ertrag (DfE) herangezogen.

Einkommenswirksamkeit verschiedener Betriebszweige bezogen auf die Fläche

Tabelle 18

Betriebszweig

DfE pro Tierplatz Fr.

DfE pro Hektare Fr.

Quelle

Rindviehmast

1000

4000-7500

5300-7900

Kalkulationen Betriebskontrollen

1500-5300 2300-6700

{Dissertation Burger ) Betriebskontrollen

Mutterkuhhaltung . . .

Ammenkuhhaltung . .

Schweinezucht Schweinemast Milchviehhaltung . . . .

Weizen Raps Kartoffeln Zuckerrüben

1200 ") 18002> 470') 6502>

6000-9600 5940-9000 5170-9400 4640-8125 6202 3736 4222 7601 7774

i

-Kalkulationen

B H- Ergebnisse:

0 Talbetriebe 1978/80

') 50% Eigenversorgung ) 80% Eigenversorgung

2

Zieht man die Milchviehhaltung als Vergleichsgrösse heran, so stellt man fest, dass mit der Rindviehmast und der Schweinehaltung auf betriebseigener Futtergrundlage sowie mit Kartoffeln und Zuckerrüben ebenso hohe oder höhere Erträge erzielt werden können; die Ammen- und Mutterkuhhaltung sowie der Raps und Weizen stellen aber gegenüber der Milch, bezogen auf die Flächenproduktivität, eine Extensivierung dar. Würde man die Produktivität auf die Produktionsfaktoren Arbeit oder Kapital beziehen, sähe die Reihenfolge anders aus. Beim DfE pro Arbeitsstunde würden der. Raps- und Weizenanbau die Rangliste anführen. Entscheidend jedoch ist die Einkommenswirksamkeit bezogen auf die Fläche, da dieser Faktor, nicht die Arbeit, minimal ist für die überwiegende Zahl der Betriebe, die auf die Milchproduktion verzichten sollten. Es kommen deshalb zur Einkommenssicherung primär Betriebszweige zum Zuge, die bezogen auf die Fläche eine hohe Einkommenswirksamkeit haben. Zu diesen gehört auch der Zuckerrübenanbau, wie aus Tabelle 18 hervorgeht. Eine Ausdehnung dieses Anbaus sollte deshalb realisiert werden, vor allem auch unter Berücksichtigung des Selbstversorgungsgrades.

206

4

Die Aufteilung des Kraftfutterverbrauchs auf die einzelnen Tiergattungen

Der Kraftfutterverbrauch der einzelnen Tiergattungen ist statistisch nirgends erfasst und lässt sich nur aufgrund von Schätzungen annäherungsweise ermitteln.

Die Ergebnisse eines Versuchs sind in der Tabelle 19 festgehalten, wobei die höheren und tieferen Resultate verschiedener Rechengänge zum Teil Berechnungen früherer Jahre gegenübergestellt werden.

Eine weitere Aufteilung des Verbrauchs nach landeseigenen und landesfremden Rohstoffen ist aus Mangel an Berechnungsgrundlagen nicht möglich.

Wie der Tabelle 19 zu entnehmen ist, werden nach; den Berechnungen des ZVSM zwischen 19,60 und 22,00 Prozent des totalen : Kraftfutterverbrauchs in der Milchviehhaltung eingesetzt. Die berechneten Werte liegen im Bereich anderer Modellrechnungen, aber über dem Ausstoss an Milchviehfutter der VSFMitglieder. Der höhere Wert ergibt sich nach den in den Buchhaltungen ausgewiesenen Ausgaben für Zusatzfutter. Der tiefere Wert basiert auf der Annahme, dass pro Liter produzierte Milch 100 g Kraftfutter eingesetzt werden, oder anders ausgedrückt, dass rund 20 Prozent des Energiebedarfs für die Milchproduktion über Kraftfutter gedeckt wird.

In der, Rindermast werden 5,10-5,20 Prozent des Kraftfutters verwendet. Der Verbrauch wurde nach dem in den Buchhaltungen ausgewiesenen Kraftfuttereinsatz pro Kilogramm Zuwachs berechnet.

Die Geflügelhaltung braucht je nach Berechnungsart zwischen 9,80 und 10,90 Prozent des Kraftfutters. Diese Angaben decken sich mit den Zahlen der Modellrechnung des ZVSM. Sie liegen aber rund 5 Prozent unter dem Ausstoss an Geflügelfutter der VSF-Mitglieder. Von den total rund 200 0001 wird ein Fünftel in der Mast und vier Fünftel an die Leg- und Zuchthühner, sowie an die Jungtiere verfüttert. Der Verbrauch wurde aufgrund von Tagesbedarfen und dem Bedarf pro Kilogramm Zuwachs berechnet.

In der Schweinehaltung werden nach den Berechnungen des ZVSM rund 64 Prozent des Kraftfutters eingesetzt. Die Werte wurden über den Futterverbrauch1 pro Kilogramm Zuwachs, beziehungsweise pro Tier berechnet. Die höheren Werte ergeben sich unter Verwendung der Buchhaltungsdaten, die an der FAT ausgewertet werden. Die tieferen Werte basieren auf den Angaben des COTEC.

Nach den Berechnungen wird in der Schweinemast 850 000-900 000 t Kraftfutter eingesetzt. Dies entspricht einem prozentualen Anteil von 42,
beziehungsweise 46 Prozent. Nach den Berechnungen des ZVSM werden in der Schweinezucht prozentual rund 20 Prozent des totalen Kraftfutters eingesetzt. Der Bedarf schwankt je nach Berechnungsart zwischen 350 000 und 440 0001.

Im Vergleich zum effektiven Verbrauch im Durchschnitt der Jahre 1979/80 werden; nach der ersten Berechnungsvariante rund 120000t zu viel verbraucht.

Nach der zweiten Berechnungsvariante bleiben etwa 160 0001 übrig für andere Tiergattungen. Prozentual variieren die Werte der beiden Berechnungsvariauten angesichts der möglichen Genauigkeit sehr wenig und decken sich auch mehr und minder mit anderen Vergleichszahlen.

207

208

Tabelle 19

Die Aufteilung des Kraftfutterverbraucbs auf die einzelnen Tiergattungen

Berechmmgen des ZSVM " Hochster Wert absolut

%

%

Tiefster Wert absolut

ZVSM2' Modellrechnung %

VSF3> Absatz

ETH"> 75/76 %

SLT"

%

%

Milchvieh inkl. Aufzucht Rindviehmast

468 700 112000

22,00 5,30

362 400 94000

19,60 5,10

18,30 4,00

16,00 5,00

21,00 5,20

16,00

Rindvieh total

580700

27,30

456 400

24,70

21,00

26,20

absolut 440000

absolut 326 000

Geflugelmast Geflugelzucht und Eierproduktion . .

51700 157 000

2,40 7,40

43 700 157000

2,40 8,50

2,10 8,80

Gefliigel total

208 700

9,80

200 700

10,90

10,90

Schweinezucht

900 300 439 800

42,30 20,70

846 000 346 500

45,70 18,70

46,00 16,80

1 340 100

63,00

1 192 500

64,40

62,80

Schweine total

2 129 500

1 849 600

1 944 400

Effektiver Verbrauch 0 79/806)

2 008 000

2 008 000

2 059 000

Rest

+ 121 500

-158400

3,90

!)

4

2

5)

Vergleiche Berechnungsgrundlagen im Anhang > ZVSM, Konzept einer wirksamen Futtermittelbewirtschaftung 3 > Handelsborse, Mischfutterabsatz der VSF-Mitglieder, 1981

15,70

55,30

4,50

> ETH, Prof. Schilrch, Prof. Bickel SLT, Dr. Sonderegger > Statistische Erhebungen und Schatzungen, 1981

6

B.

Die Revisionsvorschläge im einzelnen

l

Grundanliegen

Grundanliegen der Ihnen von der Kommission beantragten Revisionsvorschläge ist es, den ursprünglichen Vorstellungen des Gesetzgebers unter veränderten politischen und wirtschaftlichen Bedingungen Nachachtung zu verschaffen. Artikel 31bis der Bundesverfassung begrenzt die ; Kompetenzen zur Gesetzgebung auf die Bevölkerungsgruppe Bauernstand und den Wirtschaftszweig Landwirtschaft. Das bedeutet konkret: Begrenzung des.Agrarschutzes in erster Linie auf die Bewirtschaftung und die Produktion aus dem einheimischen Boden.

Dieser Grundsatz wird in der Präambel und in Artikel 18 des Landwirtschaftsgesetzes wiederholt: Die landwirtschaftliche Produktion soll die Landesversorgung soweit als möglich gewährleisten. Postuliert wird also eine möglichst hohe Versorgung aus dem eigenen Boden. Dem widersprechen die heutigen tatsächlichen Gegebenheiten. Die Milchproduktion, die zum grössten Teil auf landeseigener Futterbasis erfolgt, unterliegt zurzeit den einschneidendsten Produktions-Einschränkungen. Es geht also auch darum, die Produktionslenkung bei Milch und Fleisch wiederum ganzheitlich zu betrachten. Das Beschreiten getrennter Wege in der Produktionslenkung bei der Milch und beim Fleisch erlaubt es in der heutigen Form nicht, die Produktionslenkung entsprechend den Grundanliegen der Verfassung und des Landwirtschaftsgesetzes zu gestalten: nämlich die Produktion dort zu beschränken, wo sie auf landesfremder Futterbasis erfolgt und dort zu privilegieren, wo auf betriebseigener Futtergrundlage produziert wird.

Materiell sind die vorliegenden Revisionsvorschläge eine Alternative zur Futtermittel-Initiative, die im wesentlichen die folgenden Zielsetzungen beinhaltet: 1. Förderung der betriebs- und landeseigenen Futterbasis.

2. Richtige Dosierung der Futtermittel-Einfuhren: Soviel als notwendig, um die Inlandversorgung mit Fleisch und Eiern sicherzustellen, aber ohne Überschüsse zu produzieren.

3. Richtige Verteilung der Futtermittel sicherstellen: An aufstockungswürdige bäuerliche Klein- und Mittelbetriebe sowie an gewerbliche, Abfallprodukte verwertende Betriebe.

Die Zielsetzungen des Verfassungsartikels würden an sich nahelegen, die aufgeworfenen Probleme primär über eine Steuerung und Verteilung der FuttermittelImporte zu lösen. Rücksichten auf das historisch Gewachsene, das politisch und technisch Mögliche
legen es aber nahe, am Bestehenden weiterzubauen, und es darf auch festgestellt werden, dass das 1979 revidierte Landwirtschaftsgesetz einen Schritt in die richtige Richtung ist. Da die geltende Verfassurigsgründlage als ausreichend angesehen werden kann, ist eine Revision auf Gesetzesstufe anzustreben.

Die Kommissionsminderheit ist der Ansicht, die Revisionsvorschläge der Kommissionsmehrheit entsprächen nicht den Vorstellungen aller landwirtschaftlichen Produktionsrichtungen. Wohl hätten Hearings stattgefunden, doch hätte die Zeit nicht ausgereicht, um vertieft auf die Zusammenhänge einzugehen.

Auch hätten die Protokolle der Kommission Keller, die sich jahrelang mit diesen Fragen befasst hat, ebensowenig zur Verfügung gestanden, wie der Bericht 209

der bundesrätlichen Expertenkommission über die Verteilungsprobleme von Futtermitteln. Auch hätten die Fachleute des Bundesamtes für Landwirtschaft nicht in gewohnter Weise mitarbeiten können.

Bezüglich der Zusammenhänge zwischen der Produktionslenkung bei Milch und Fleisch ist die Kommissionsrninderheit der Ansicht, mit der Milchkontingentierung sei die Milchproduktion nicht eingeschränkt, sondern nur gebremst worden, bei der Milchkontingentierung handle es sich nicht um eine Produktionseinschränkung, sondern um eine Stabilisierungsmassnahme im Gegensatz zu den Vorschriften über die Höchstbestände, wo es darum gehe, bestehende Betriebe echt zu redimensionieren. Die Kommissionsminderheit muss sich aber in diesem Punkt entgegenhalten lassen, dass in sehr vielen Betrieben, nicht nur in den grossen, mit der Milchkontingentierung die Milchproduktion von einem Tag auf den ändern und ohne Übergangsfrist teilweise recht massiv entschädigungslos gekürzt worden ist.

Im weiteren macht die Kommissionsminderheit geltend, dass die Futtermitteleinfuhren einer Kontingentierung unterliegen und in den letzten Jahren stark gedrosselt worden sind. Die richtige Verteilung der Futtermittel, wie sie in der erweiterten Generalklausel in Artikel 19 angestrebt werde, komme nicht ohne Tierkontingentierung und Futtermittelrationierung aus. Damit seien derart schwere Eingriffe in die unternehmerische Freiheit verbunden, dass solche einzelbetrieblichen Futtermittelzuteilungen nur in Notzeiten verantwortbar und durchführbar sind. Neben einem riesigen administrativen Aufwand würden sie zu einer völligen Zementierung der bestehenden Strukturen führen und keine Lösung des Milchproblems bringen.

2

Begründung zu den Abänderungsanträgen im einzelnen

21

Artikel 19 Absatz l

Artikel 19 ist die Generalklausel zu den in Artikel 19 a folgenden Massnahmen.

Sie ist wohl direkt anwendbar, doch gehen die Massnahmen nach den Artikeln 19 äff. als Spezialgesetz der Generalklausel vor. Artikel 19 enthält im wesentlichen die Zielsetzungen für den ganzen Abschnitt der Artikel 19-19/und die Generalklausel für Bestandes- oder Produkt-Kontingentierungen im tierischen Bereich. Die Ziele der Futtermittel-Initiative sind durch den Verweis auf Artikel 18 in Artikel 19 Absatz l enthalten und für die Anwendung und Auslegung der Artikel I9a-Ì9d massgebend. Dagegen ist auf der Ebene der Mittel das Instrumentarium insofern unvollständig, als die Möglichkeiten einer geordneten Futtermittelzuteilung nicht abgedeckt sind.

Absatz l von Artikel 19 ist im Sinne der dargelegten Grundsätze in zweierlei Hinsicht zu erweitern: 1. Im Falle einer Einschränkung der Futtermittel-Importe, um einer drohenden Überschussproduktion zu begegnen, soll der Bundesrat die Futtermittel-Importeure und -Hersteller zur ausgewogenen Belieferung der Verbraucher verpflichten können. Es soll damit ermöglicht werden, dass bei einer Verknappung nötigenfalls auch die unattraktivsten Futterbezüger (z. B.

kleinere Betriebe in abgelegenen Regionen) beliefert werden.

210

2. Statt der Produktion soll der Bundesrat als ultima ratio aber auch die Futtermittelzuteilung an die Betriebe begrenzen können, Die beiden Instrumente soll der Bundesrat nur subsidiär einsetzen, und zwar gemäss dem vorgeschlagenen Text, wenn die übrigen Massnahmen nach Artikel 19 äff. und die Tierkontingentierung nach Artikel 19 Absatz l Buchstabe b nicht ausreichen oder sich als unzweckmässig erweisen.

Die Kommissionsminderheit beantragt den Zusatz in Artikel 19 Absatz l ersatzlos zu streichen in der Meinung, ein Futtermittelzuteilungssystem sei zu komplex und daher undurchführbar. Dem wird aber entgegengehalten, es sei nicht verantwortbar, denjenigen Produzenten, die den Boden bewirtschaften, drakonische Massnahmen aufzuerlegen, aber stillschweigend jene in den industriellen Betrieben produzieren zu lassen.

Ausserdem wird nochmals betont, dass eine vollständige Futtermittelzuteilung bis zum einzelnen Betrieb nur dann zur Anwendung gelangen soll, wenn alle übrigen Massnahmen nicht zum Ziel führen.

22

Artikel 19 a Buchstabe b

Der Zusatz, dass die Beiträge an kleine und mittelgrosse bäuerliche Betriebe ausgerichtet werden können, will Betriebe, die nichts mit der Landwirtschaft zu tun haben, von der Beitragsberechtigung ausschliessen. In den bisher vorliegenden Verordnungs-Entwürfen des Bundesamtes für Landwirtschaft wurde die Ausrichtung von Beiträgen stets auf bäuerliche Betriebe beschränkt, d.h. beitragsberechtigte Betriebe mussten einen bestimmten Anteil des Einkommens aus der bodenabhängigen Produktion erwirtschaften. Der Zusatz «bäuerlich» ist eine notwendige Präzisierung zur gezielten Ausrichtung der Beiträge, denn in der nationalrätlichen Kommission Keller zur Revision des Landwirtschaftsgesetzes wurde ein Antrag abgelehnt, der die Beiträge auf bäuerliche Betriebe beschränken wollte. : ' Bei der Grössenabgrenzung soll der Gesamtbetrieb und nicht die Tierbestände einzelner Kategorien massgebend sein.

Ein Minderheitsantrag auf Streichung des Zusatzes wird damit begründet, dass daraus eine zu starke Betonung der Bodenabhängigkeit resultieren könnte, die in eine Benachteiligung kleiner Betriebe münden würde.

' 23

Artikel 19 b

231

Absatz l

Die bäuerlichen Vertreter haben es stets als störend empfunden, dass in Artikel 19 b Absatz l für die Festlegung der Höchstbestände von einer wirtschaftlichen Existenz im Sinne eines Kriteriums der Auslastung einer minimalen AKZahl ausgegangen worden ist, in Artikel 19 d dagegen von einem Kriterium des ausreichenden Einkommens im Sinne eines Minimaleinkommens, das im Ergebnis wesentlich tieferliegt als dasjenige in Artikel 19b Absatz 1. Wenn in dieser Bestimmung nun die wirtschaftliche Existenz durch die ausreichende Existenz 211

ersetzt wird, soll der Bundesrat damit verpflichtet werden, die Höchstbestände herabzusetzen, und zwar auf ein Mass, das ein ausreichendes Einkommen gewährleistet, z. B. bei den Mastschweinen auf 875 Plätze (= 70 000 Fr. StandardBetriebseinkommen (St-BE) dividiert durch 80 Fr. St-BE pro Platz).

Die Kommissionsminderheit hält eine weitere Herabsetzung der Höchstbestände für nicht vertretbar. Sie komme einer materiellen Enteignung gleich und lasse die Tatsache ausser Betracht, dass solche Betriebe legal entstanden und gewachsen sind. Während es bei der Festlegung der Höchstbestände um die Schaffung von Produktionskapazitäten gehe, sei die Einkommensgrenze primär ein Zuteilungsinstrument für freigewordene Produktionskapazitäten.

232

Absatz 4

Der Zusatz erlaubt diejenigen Betriebe ins Recht zu fassen, die zur Umgehung der Höchstbestandesvorschriften missbräuchlich in mehrere selbständige juristische Personen aufgeteilt worden sind.

24 241

Artikel 19 c Absatz l

Die geltende Fassung, die die Beiträge auf den Ausgleich des Kostenvorteils der grossen Betriebe beschränken will, hat sich insbesondere für die Beiträge an Kälbermäster als zu eng erwiesen. Die vorgeschlagene neue Fassung nimmt den Wortlaut des bundesrätlichen Vorschlages aus dem Landwirtschaftspaket vom 22. Dezember 1976 wieder auf. Die Zielsetzung der Beiträge wird positiv zum Ausdruck gebracht: die bäuerlichen Betriebe sollen damit gefördert werden, und zwar so, dass im Sinne des Landwirtschaftsgesetzes und der FuttermittelInitiative - unter Beachtung der Besonderheiten der einzelnen Betriebszweige möglichst viel inländisches Futter eingesetzt wird.

Die Kostenvorteile der Grossbetriebe gegenüber kleinen und mittelgrossen Betrieben sollen dabei mindestens ausgeglichen werden.

Eine Kommissionsminderheit I beantragt, die Beiträge so zu bemessen, dass damit rationell geführte kleine und mittelgrosse Betriebe gefördert werden. Eine allzustarke Bindung der Beiträge an die bodenabhängige Produktion führe zu einer die Klein- und Mittelbetriebe benachteiligenden Bodennachfrage.

Eine Kommissionsminderheit II beantragt wegen der Begünstigung der Überproduktion und der Bundesfinanzlage Streichung von Absatz 1.

242

Absatz 2

Die Ergänzung von Absatz 2 des Artikels 19 c verpflichtet den Bundesrat, die Beiträge pro Betrieb in Abhängigkeit des Betriebseinkommens nach oben zu begrenzen und einen Mindestbetrag festzusetzen, ab dem die Beiträge überhaupt ausbezahlt werden.

212

25

Artikel 19 d

Die beiden Postulate «Lockerung» der Milchkontingentierung und Ausdehnung der Fleischproduktion auf landeseigener Futterbasis setzen voraus, dass zusätzliche Kategorien bewilligungsfähiger Betriebe geschaffen werden und die Bewilligungspflicht für Stallbauten auf Gesetzesstufe geändert wird. Die heutige Fassung von Artikel 19 d rev. Landwirtschaftsgesetz erlaubt keine gezielte Lockerung der Bewilligungspflicht dort, wo auf die Milchproduktion verzichtet wird, und aus Gründen der Einkommenssicherung ein Betriebszweig der inneren Aufstockung erforderlich ist. Der neue Absatz 3 möchte für diejenigen Betriebe Stallbauten ermöglichen, die auf die Milchproduktion verzichten, sofern und in dem Umfang wie sie den Nachweis der betriebseigenen Futtergrundlage erbringen.

Absatz 4 gilt für Stallbauten, mit denen eine Erweiterung des Tierbestandes verbunden ist, ohne dass auf die Milchproduktion verzichtet wird. Die Bestimmung umschreibt im ersten Satz die Voraussetzungen für eine Stallbaubewilligung allgemein. Im ersten Teil des zweiten Satzes wird die Grundlage geschaffen, um eine sinnvolle Verwertung von Nebenprodukten der Milch in bäuerlichen Betrieben zu ermöglichen. Der zweite Teil des Satzes erfasst die übrigen Betriebe, die in den Genuss von Stallbaubewilligungen kommen sollen. Es handelt sich um die gleichen, die mit der geltenden Regelung erfasst werden.

Der erste Satz in Absatz 5 ist die Grundlage für ein Stallbauverbot, wenn es die Marktsituation erfordert. Der zweite Satz von Absatz 5 ist die Grundlage für eine Prioritätsordnung einer gezielten Lockerung des Bewilligungsstopps. Die Bestimmung ist praktisch ausserordentlich bedeutsam, da es kaum jemals möglich sein wird, das Stallbauverbot auch im Rahmen der geltenden, engen Verordnungsbestimmungen generell aufzuheben.

Die Kommissionsminderheit äussert die Befürchtung, dass der Antrag der Mehrheit, grössere Milchproduktionsbetriebe zu Lasten kleinerer und mittlerer Betriebe, die auf eine Aufstockungsproduktion angewiesen sind, bevorzuge. Sie ist der Ansicht, ein Ausstieg aus der Milchproduktion sollte erst dann mit einer Veredelungsproduktion kompensiert werden können, wenn die Produktionsreserven nicht vollständig von Betrieben beansprucht werden, die wegen ihrer Einkommenssituation auf eine Aufstockungsmöglichkeit angewiesen sind. Die
Kommissionsmehrheit ist überzeugt, dass es mit dieser Regelung praktisch aussichtslos wäre, die Milchproduktion zugunsten benachteiligter Betriebe gemäss den Grundsätzen einer standortgerechten Produktion zu verlagern.

9 Bundesblatt. 135. Jahrg. Bd. I

213

Anhang Berechnungsgrundlagen zur Bestimmung des Kraftfutterverbrauchs Quelle Milchvieh

Bestand 1981 Ergänzungsfutter 0 1978-1980 . . .

Kosten pro 100kg Kraftfutter . . . . , Kraftfutter je Kilo Milch Milchleistung 0 1980

867000 424.-- 85.-- 100 4180

Stück Franken Franken Gramm Liter

Statistische Erhebungen FAT-Buchhaltungen 1980 Schätzung Dr. Sonderegger, SLT SES 1980

200300 153200 130 60

Stück Stück Kilo Kilo

SES 1981 SES 1981 LBL-Daten LBL-Daten

2.-- 90.-- 241 950 490 120 181 857

Franken Franken Stück Kilo Kilo Stück

FAT-Buchhaltungen 1980 Schätzung Monatszahlen (Nr. 2/82) Monatszahlen Schätzung Landwirtschaftszählung 1980

77,500 3,320 81.80 81 3,380 3 288 100

Kilo Kilo Franken Kilo Kilo Stück

COTEC 1980/81 COTEC 1980/81 COTEC 1980/81 FAT-Buchhaltungen 1980 FAT-Buchhaltungen 1980 Monatszahlen

l 778 84.80 l 964.-- 87.-- 194 887

Kilo Franken Franken Franken Stück

COTEC 1980/81 COTEC 1980/81 FAT-Buchhaltungen 1980 Schätzung Landwirtschaftszählung 1980

Aufzucht

Aufzucht Kälber Rinder älter als zweijährig Aufzuchtfutter für Kälber Milchviehfutter für Rinder Rindermast

Mastfutter pro Kilo Zuwachs . . . . . .

Preis je 100 kg Mastfutter Schlachtungen 0 1980/81 LG-Schlachtung LG-Einstallung Rindvieh zur Grossviehmast Schweinemast

Zuwachs Kilo Futter pro Kilo Zuwachs . . . .

Preis pro 100 kg Futter Zuwachs Futter pro Kilo Zuwachs Schlachtungen 0 1980/81 Schweinezucht

Futter pro Mutterschwein Preis pro 100 kg Futter Futter pro Mutterschwein Preis pro 100 kg Futter Zuchtschweine Geflügel

Lege- und Zuchthennenbestand...

214

3 019 429 Stück

Landwirts chaftszählung 1980

Quelle

Jungtiere

1112 140 Stück

Mastgeflügel

2 422 713

Umtriebe in der Mast Futterverbrauch Legehennen pro Tag Futterverbrauch Aufzucht pro Tag Futterverbrauch pro Kilo Zuwachs Mast Zuwachs Mast

1

Stück

6· · 120 Gramm 60 Gramm 2,150 Kilo 1,655 Kilo

Landwirtschaftszählung 1980 Landwirtschaftszählung 1980 LBL-Daten LBL-Daten Schätzung LBL-Daten LBL-Daten

215

Beilage 4 Stellungnahme der Kommissionsminderheit l

Generelle Bemerkungen der Kommissionsminderheit zu den Anträgen der Kommissionsmehrheit

Sämtliche Anträge entsprechen den Vorstellungen des Zentralverbandes schweizerischer Milchproduzenten (ZVSM). Experten anderer landwirtschaftlicher Produktionsrichtungen wurden zwar (zusammen mit vielen anderen Stimmen) in Hearings angehört, aber die Zeit reichte nicht aus, um vertieft auf die Gesamtzusammenhänge eingehen zu können. Leider standen auch die Protokolle der Kommission Keller, welche sich jahrelang mit diesen Fragen befasst hatte, nicht zur Verfügung. Ebenso fehlte der Bericht der bundesrätlichen Expertenkommission über die Verteilungsprobleme von Futtermitteln. Da es sich um eine parlamentarische Initiative handelt, konnten die Fachleute des Bundesamtes für Landwirtschaft nicht in gewohnter Weise mitarbeiten.

Die Kritik der Kommissionsmehrheit an der bestehenden Gesetzgebung bezieht sich nicht nur darauf, dass die sogenannte bodenunabhängige Produktion in ungerechtfertigter Weise vom Agrarschutz profitierte, sondern auch, dass die Milchproduktion, die zum grössten Teil auf landeseigener Futterbasis erfolge, zur Zeit den einschneidendsten Produktions-Einschränkungen unterliege.

Obwohl die Milchkontingentierung natürlich keine grossen Expansionsbestrebungen mehr zulässt, darf nicht ausser acht gelassen werden, dass die Milchproduktion durch die unliebsame Massnahme nicht eingeschränkt wurde, sondern der Gesetzgeber versuchte, die weitere Zunahme der Milcheinlieferungen zu bremsen, was auch nur teilweise gelungen ist. Immerhin stieg die Verkehrsmilchproduktion von 25,0 Mio. q im Jahre 1970 auf 30,0 Mio. q im Jahre 1977 und erreichte 1981 trotz Kontingentierung 30,5 Mio. q. Bei der Milch-Kontingentierung handelt es sich also nicht um eine Produktionseinschränkung, sondern um eine Stabilisierungsmassnahme, im Gegensatz zu den Vorschriften über die Höchstbestände, wo es darum geht, bestehende Betriebe echt zu redimensionieren.

Wenn die Kommissionsmehrheit mit ihren Anträgen die Förderung der betriebs- und landeseigenen Futterbasis und eine Dosierung der Futtermittel-Einfuhren fordert, so darf darauf hingewiesen werden, dass die gesetzlichen Grundlagen zur Erreichung dieser Zielsetzung gegeben sind, und dass die Einfuhren schon seit Jahrzehnten einem Kontingentierungssystem unterliegen und in den letzten Jahren stark gedrosselt wurden. Die Kommissionsmehrheit verlangt zusätzlich die
richtige Verteilung der Futtermittel an aufstockungswürdige bäuerliche Klein- und Mittelbetriebe sowie an gewerbliche, Abfallprodukte verwertende Betriebe. Diese Forderung kommt nicht ohne Tierkontingentierung und Futtermittelrationierung aus. Damit verbunden sind derart schwere Eingriffe in die unternehmerische Freiheit, dass solche einzelbetrieblichen Futtermittelzuteilungen nur in Notzeiten verantwort- und durchführbar sind. Neben einem riesigen administrativen Aufwand würden sie zu einer völligen Zementierung der bestehenden Struktur führen und keine Lösung des Milchproblems bringen.

216

Da es im Rahmen dieser kurzen Stellungnahme nicht möglich ist, vertieft auf die zum Teil recht schwierigen Fragen einzugehen, verweisen wir auf verschiedene Untersuchungen und Publikationen, in welchen die einzelbetrieblichen Futtermittelzuteilungen als verfehlt und undurchführbar beurteilt werden (vgl.

z. B. Redaktor Müller in der Schweizerischen Handelsbörse vom 9. Juli 1982 oder Bericht der Arbeitsgruppe «Verteilung der Futtermittel bei reduzierten Futtermittelimporten» vom 25. Sept. 1980).

2

Die Abänderungsvorschläge der Kommissionsmehrheit

21

Artikel 19 Absatz l

Antrag der Kommissionsminderheit: Beibehalten des bisherigen Textes.

Begründung Die vorgeschlagene Ergänzung geht von der unseres Erachtens falschen Idee aus, mit einer Einschränkung der Futtermittelimporte und nachfolgender einzelbetrieblicher Futtermittelzuteilung könne die Produktion gesteuert werden. Verschiedene Untersuchungen haben gezeigt, dass nur in der Schweineproduktion mittels Kürzung der Kraftfutterzuteilung ein Bestandesabbau erzwungen werden könnte. Bei den übrigen Produktionszweigen mit periodischen Überschüssen (Rindfleisch, Kalbfleisch, Milch) wäre die Massnahme wirkungslos. Ausser Betracht fällt die Geflügelhaltung mit einer inländischen Eiproduktion, die im besten Falle den Gesamtbedarf zu 65 Prozent zu decken vermag.

Wenn die Verfügbarkeit von Futtermitteln so stark reduziert werden müsste, bis sie wirklich produktionslenkend wirkt, würden vorher kriegsähnliche Versorgungsschwierigkeiten auftreten mit kaum lösbaren Problemen, wie beispielsweise Schwarzhandel mit Futtermitteln oder Coupons, unkontrollierbare Teuerung der Futtermittel und der landwirtschaftlichen Produkte, Verteilungsprobleme, unerträgliche Monopolstellung der Importkontingentinhaber usw.

Eine Belieferung der Verbraucher nach den Vorschlägen der Kommissionsmehrheit ist praktisch nicht durchführbar, weil keine Bemessungsgrundlagen und Zuteilungskriterien vorhanden sind. Jede Lösung wäre im höchsten Masse ungerecht, willkürlich und wirkungslos.

22

Artikel 19 a Buchstabe b

Antrag: Beibehalten des bisherigen Textes.

Begründung Mit der heute bestehenden Einschränkung der Ausrichtung der Beiträge an kleine und mittelgrosse Betriebe werden die agrarpolitischen Zielsetzungen befriedigt. Es stellt sich auch die Frage, was «bäuerlich» heisst.

10 Bundesblatt. 135. Jahrg. Bd. I

217

23

Artikel 19 è Absatz l

Antrag: Beibehalten des bisherigen Textes.

Begründung

Eine weitere Herabsetzung der Höchstbestände ist nicht vertretbar, denn sie kommt einer materiellen Enteignung gleich und lässt die Tatsache ausser Betracht, dass solche Betriebe legal entstanden und gewachsen sind. Es handelt sich in den meisten Fällen um Familienbetriebe, die sich aufgrund äusserer Zwänge wie Erbteilungen, Landverlust usw. spezialisiert haben, ohne dabei Subventionen oder Investitionskredite zu beanspruchen. Mit grosser Eigendynamik haben sie in die Praxis umgesetzt, was die landwirtschaftliche Beratung und die landwirtschaftlichen Organisationen während vieler Jahre empfohlen haben.

Die Existenz dieser Familien darf mit einer weiteren Herabsetzung der Höchstbestände nicht gefährdet oder zerstört werden.

Während es bei der Festlegung der Höchstbestände in erster Linie um die Schaffung von Produktionskapazitäten im Rahmen unserer Rechtsordnung ging, ist die Einkommensgrenze für künftige aufstockungswürdige Betriebe primär ein Zuteilungsinstrument eben dieser freigewordenen Produktionskapazitäten.

24

Artikel 19 c Absatz l

Antrag: Annahme des Minderheitsantrages I (Beilage 2).

Begründung

Eine Definition des «bäuerlichen Betriebes» gibt es nicht. Als zusätzliches Kriterium der Bemessung der Beiträge wird die Berücksichtigung der Verwendung von inländischem Futter verlangt. Der Ackerbaubetrieb wird damit unverhältnismässig bevorteilt. Eine allzu starke Forcierung der bodenabhängigen Produktionsberechtigung führt zu Bodenspekulationen, bei denen der Klein- und Mittelbetrieb das Nachsehen hat. Es stellt sich auch die Frage, mit welchen Mitteln der inländische Futteranteil im zugekauften Mischfutter bestimmt und ausgewiesen werden soll. Eine Kontrolle der ständig wechselnden Verhältnisse wäre praktisch unmöglich.

Der Antrag einer Minderheit II lautet:

Ersatzlos streichen, weil sonst der Überproduktion Vorschub geleistet wird und die Bundesfinanzlage eine weitergehende Belastung nicht erträgt.

25

Artikel 19 d

Antrag: Annahme des Minderheitsantrages (Beilage 2).

\

Begründung

Der Vorschlag der Kommissionsmehrheit stellt eine krasse Bevorzugung der Milchwirtschaft dar und geht wegen seiner Prioritätenordnung in Richtung extremer Grossbauernpolitik. Der Schutz der kleinen und mittleren Betriebe ist 218

leere Versprechung, weil die bevorzugte Behandlung der Acker- und Milchwirtschaftsbetriebe und ihre Finanzstärke dafür sorgen werden, dass die vorhandenen Produktionsreserven in Betriebe fliessen, die weit weniger auf ein Zusatzeinkommen angewiesen sind als kleine und mittlere Betriebe, die aufgrund der Zuteilungskriterien nicht zum Zuge kommen. Viele Landwirte im Voralpen-, Alpengebiet und reinen Graswirtschaftsgebieten sind vollständig auf die Milchproduktion angewiesen. Oftmals wären sie froh, zusätzlich auf den Eier- und Fleischsektor zu diversifizieren. Der Entwurf der Kommissionsmehrheit wird sie dieser Möglichkeit berauben, weil die Bevorzugung der aus der Milchproduktion aussteigenden Landwirte keine Produktionsreserven übrig lassen kann.

Mit aller Schärfe sind sämtliche Versuche zurückzuweisen, die darauf abzielen, legal gewachsene Betriebe, die sich dem Landwirtschaftsgesetz mit den Höchstbeständen unterordnen, auf indirektem Wege abzuwürgen.

Mit dem Gegenantrag der Kommissionsminderheit wird die Forderung der Milchwirtschaft berücksichtigt, wonach ein Ausstieg aus der Milchproduktion mit einer Veredelungsproduktion kompensiert werden kann. Im Gegensatz zur Kommissionsmehrheit sollen aber diese Betriebe nicht bevorzugt behandelt werden, sondern sie werden erst zum Zuge kommen, wenn die Produktionsreserven nicht vollständig von Betrieben beansprucht werden, die wegen ihrer Einkommenssituation auf eine Aufstockungsmöglichkeit angewiesen sind.

Namens der Komrnissionsminderheit: Nationalrat Schwarz

8935

219

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Parlamentarische Initiative Änderung des Landwirtschaftsgesetzes Bericht der Kommission des Nationalrates vom 28. Oktober 1982

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Jahr

1983

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

03

Cahier Numero Geschäftsnummer

82.233

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

25.01.1983

Date Data Seite

181-219

Page Pagina Ref. No

10 048 884

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