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Botschaft zum Bundesbeschluss über die Ermächtigung des Bundesrates zur Erhöhung der Höchstzahl der Taggelder in der Arbeitslosenversicherung vom 23. März 1983

Sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, Mit dem Antrag auf Zustimmung unterbreiten wir Ihnen die Botschaft zum Bundesbeschluss über die Ermächtigung des Bundesrates zur Erhöhung der Höchstzahl der Taggelder in der Arbeitslosenversicherung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

23. März 1983

1983-228

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Aubert Der Bundeskanzler: Buser

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Übersicht Der Bundesbeschluss ermächtigt den Bundesrat, die Höchstzahl der ArbeitslosenTaggelder von 180 bis auf 240 pro Kalenderjahr zu erhöhen, falls die arbeitsmarktliche Situation dies erfordert. Diese Massnahme soll verhindern, dass Arbeitslose - vor allem die in wirtschaftlich bedrohten Regionen sowie ältere und behinderte Personen - ausgesteuert werden und damit in eine wirtschaftliche Notlage geraten. Aufgrund der geltenden Gesetzgebung kann eine solche Erhöhung nur durch einen allgemeinverbindlichen, dem Referendum entzogenen Bundesbeschluss vorgenommen werden.

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Botschaft l

Gegenwärtige Regelung und Rechtsgrundlagen

Mit dem Bundesbeschluss vom 20. Juni 1975 über Massnahmen auf dem Gebiete der Arbeitslosenversicherung und des Arbeitsmarktes zur Bekämpfung von Beschäftigungs- und Einkommenseinbrüchen (SR 837.10) wurden der Bundesrat und die Bundesversammlung ermächtigt, die Höchstzahl der Taggelder zu erhöhen. Artikel 32 des Bundesgesetzes vom 22. Juni 1951 über die Arbeitslosenversicherung (A1VG) erhielt dabei folgende neue Fassung der Absatzes und 4: 3

Bei längerdauernder Arbeitslosigkeit kann der Bundesrat durch Verordnung die Höcrlstzahl von 120 Taggeldern für die ganze Schweiz oder für einzelne Erwerbszweige oder Landesgegenden bis auf 180 Taggelder erhöhen.

4 Durch allgemeinverbindlichen Bundesbeschluss, der nicht dem Referendum unterliegt, kann der Höchstanspruch auf über 180 Taggelder erhöht werden. i

Der Bundesrat hat die ihm erteilte Kompetenz weitgehend ausgeschöpft und durch Verordnung die Höchstzahl generell auf 150 sowie für einzelne Personengruppen und besonders bedrohte Regionen auf 180 Tage festgelegt (Verordnung vom 7. Juli 1982 über die Erhöhung der Höchstzahl der Taggelder in der Arbeitslosenversicherung; AS 1982 1228).

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Begründung der Erhöhung

Angesichts der kritischen Arbeitsmarktlage verlangten die Unterzeichner der Motion Deneys voni 22. September 1982 bereits im vorigen Jahr die Erhöhung der Höchstzahl der Taggelder. In seiner Antwort stellte der Bundesrat die Prüfung dieses Anliegens für das Jahr 1983 in Aussicht.

Die Arbeitslosigkeit, hat sich seit der Behandlung dieses Vorstosses verschärft.

Im Zeitpunkt der Abfassung dieser Botschaft scheint sich indessen eine gewisse Tendenz zur Stabilisierung der Arbeitslosigkeit anzubahnen, doch sind noch keine Anzeichen für einen kräftigen Umschwung erkennbar. Jedenfalls darf der vorliegende Antrag nicht als Ausdruck einer pessimistischen Haltung des Bundesrates hinsichtlich der künftigen wirtschaftlichen Entwicklung in unserem Lande betrachtet werden. Es gilt aber, in realistischer Weise Vorsorge zu treffen für den Fall, dass die erhoffte wirtschaftliche Erholung gesamthaft oder sektoriell nicht rechtzeitig oder nur zögernd eintritt.

Die Arbeitslosen in den als wirtschaftlich bedroht geltenden Regionen sowie ältere und behinderte Personen haben es besonders schwer, eine neue Stelle zu finden. Sie können deshalb bereits nach geltender Regelung bis 180 Taggelder beziehen; sie werden diese Limite, sofern sie seit Jahresbeginn ununterbrochen entschädigt werden Imussten, Anfang August erreichen. Ohne eine weitere Heraufsetzung der Höchstzahl wird ihnen alsdann bei fortdauernder Arbeitslosigkeit bis Jahresende keine Arbeitslosenentschädigung mehr ausgerichtet werden können. In einigen Kantonen könnten sie noch während einer beschränkten 273

Zeit Leistungen der Arbeitslosenfürsorge beziehen. Viele müssten wohl von der öffentlichen Fürsorge unterstützt werden.

Die Erhöhung der Höchstzahl der Taggelder wird unseres Erachtens dringend notwendig, sofern sich die Arbeitsmarktlage bis im Sommer nicht entscheidend verbessert. Nur so können wir verhindern, dass eine grössere Zahl von Arbeitslosen (vor allem ältere und behinderte) in eine schwere Notlage geraten. Auch gilt es, einer Überbelastung der Fürsorgefonds der ohnehin wirtschaftlich besonders stark betroffenen Kantone und Gemeinden vorzubeugen.

Die vorgeschlagene Lösung - Kompetenzerteilung an den Bundesrat anstelle der Festlegung einer neuen Höchstzahl der Taggelder im Bundesbeschluss selbst - hat den ganz wesentlichen Vorteil einer grossen Flexibilität. Sie erlaubt es, den endgültigen Entscheid darüber, ob die Höchstzahl der Taggelder erhöht werden soll oder nicht, bis in den Monat Juli hinauszuschieben; zu diesem Zeitpunkt werden sich die wirtschaftlichen Aussichten und damit auch die des Arbeitsmarktes für das zweite Halbjahr besser als heute beurteilen lassen. Ausserdem kann der Bundesrat dannzumal die Höchstzahl - wie im Rahmen seiner bisherigen Kompetenz - nach den Verhältnissen differenziert festlegen, indem er z. B. die Erhöhung auf bestimmte Regionen oder Personengruppen wie ältere und behinderte Arbeitslose beschränkt. Möglich wäre es schliesslich, die Kompetenz vorerst durch Festsetzung einer Höchstzahl unter der neuen Höchstgrenze (240) nur teilweise auszunutzen und wenn nötig in einem späteren Zeitpunkt eine weitere Erhöhung vorzunehmen.

Es bleiben somit alle Möglichkeiten offen, um eine Regelung zu treffen, die der veränderlichen Arbeitsmarktlage angepasst ist. Der Bundesrat wird selbstverständlich, wie bisher, von der ihm übertragenen Kompetenz nur in dem Masse Gebrauch machen, als dies nach den Verhältnissen erforderlich erscheint.

Zu erwähnen ist schliesslich, dass eine allfällige Erhöhung nur für das laufende Jahr 1983 gelten wird. Auf den I.Januar 1984 ist das Inkrafttreten des neuen Arbeitslosenversicherungsgesetzes vom 25. Juni 1982 (AS 1982 2184) vorgesehen. In der Neuordnung bemisst sich die Höchstzahl der Taggelder innerhalb einer zweijährigen Rahmenfrist nach der Beitragszeit des Versicherten.

Zusammenfassend halten wir fest, dass es sich bei dieser Vorlage
nicht um eine Massnahme handelt, die - im Hinblick auf weiterbestehende Schwierigkeiten im Beschäftigungsbereich - unter allen Umständen zur Anwendung kommen soll. Es geht vielmehr darum, zeitgerecht die nötigen Dispositionen zu treffen, damit der Bundesrat in der zweiten Jahreshälfte 1983 gegebenenfalls in der Lage ist, auftretenden Beschäftigungsproblemen und sozialen Härten wirksam zu begegnen.

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Höchstgrenze der Erhöhung

Wir schlagen vor, die Höchstgrenze, innerhalb der der Bundesrat die Höchstzahl der Taggelder festsetzen kann, von 180 auf 240 zu erhöhen. Mit den zusätzlichen 60 Taggeldern könnte ein Zeitraum abgedeckt werden, der im ungünstigsten Fall, d. h. bei ununterbrochener Entschädigung seit Jahresbeginn, bis in den Monat Oktober hineinreicht. Es darf aber nicht übersehen werden, dass 274

zahlreiche Arbeitslose nicht ununterbrochen Arbeitslosenentschädigung beziehen müssen. Jeder Unterbruch - z. B. durch eine Beschäftigungsperiode oder durch Krankheit - schiebt das Ende der Anspruchsberechtigung weiter hinaus.

Nach unserer Auffassung darf die Höchstzahl der Taggelder jedenfalls nicht so hoch angesetzt werden, dass das Jahr vollständig oder nahezu vollständig abgedeckt ist. Es darf in diesem Zusammenhang auch auf die zum Teil vom Bund unterstützten Anstrengungen vieler Kantone, die Arbeitsvermittlung effektiver zu gestalten, hingewiesen werden. Für die Fälle, für die auch die vorgeschlagene Verlängerung nicht ausreicht, steht immer noch die kantonale Arbeitslosenfürsorge zur Verfügung, die in der Regel eine Leistungsdauer von mindestens 90 Tagen kennt.

i· 4

Kompeten/erteilung an den Bundesrat

Die Kompetenzdelegation an den Buhdesrat ist rechtlich unbedenklich, sofern, wie im vorliegenden Entwurf, die Kompetenz begrenzt wird; sie hat - wie unter Ziffer 2 dargelegt - den gewichtigen Vorteil, dass je nach der arbeitsmarktlichen Entwicklung rasch und flexibel gehandelt werden kann.

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Finanzielle und personelle Auswirkungen

Mit dem Bundesbeschluss sind keine finanziellen oder personellen Auswirkungen verbunden. Die Mehrausgaben gehen zu Lasten des Arbeitslosenversicherungsfonds; es sind keine allgemeinen Bundesmittel notwendig.

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Richtlinien der Regierungspolitik

Die Vorlage ist in den Richtlinien der Regierungspolitik 1979-1983 nicht vorgesehen; sie stimmt aber mit den Zielsetzungen unserer Sozialversicherungspolitik überein.

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Rechtsgrundlagen

Artikel 32 Absatz 4 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes verlangt für die Erhöhung der Höchstzahl der Taggelder in der Arbeitslosenversicherung über 180 hinaus einen allgemeinverbindlichen Bundesbeschluss, der nicht dem Referendum unterstellt ist.

Der Bundesbeschluss stützt sich auf Artikel 32 Absatz 4 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes in der Fassung vom 20. Juni 1975, das Gesetz selbst auf Artikel 34novies der Bundesverfassung.

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Bundesbeschluss Entwurf über die Ermächtigung des Bundesrates zur Erhöhung der Höchstzahl der Taggelder in der Arbeitslosenversicherung

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft,

gestützt auf Artikel 32 Absatz 4 des Bundesgesetzes vom 22. Juni 195l1) über die Arbeitslosenversicherung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 23. März 19832\ beschliesst:

Art. l Der Bundesrat kann in Abweichung von Artikel 32 Absatz 3 des Bundesgesetzes über die Arbeitslosenversicherung die Höchstzahl der Taggelder für die ganze Schweiz oder für einzelne Erwerbszweige, Personengruppen oder Landesgegenden durch Verordnung bis auf 240 Taggelder erhöhen.

Art. 2 1

Dieser Beschluss ist allgemeinverbindlich; er untersteht jedoch nicht dem Referendum.

1 Er tritt am 1. Juli 1983 in Kraft.

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D SR 837.1 und SR 837.10 Ziff. I 2 > BB1 1983 II 271

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Botschaft zum Bundesbeschluss über die Ermächtigung des Bundesrates zur Erhöhung der Höchstzahl der Taggelder in der Arbeitslosenversicherung vom 23. März 1983

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1983

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83.029

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03.05.1983

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271-276

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