127

# S T #

Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend Fristverlängerung für die Eisenbahnen Vivis-Palézieux, Bulle-Thun und die Wynenthalbahn.

(Vom 2. Juni 1877.)

Tit. !

Indem wir mit Bezug auf die von den Potenten zur Begründung ihrer Gesuche vorgebrachten Details auf die diese Botschaft begleitenden Akten zu verweisen uns erlauben, beschränken wir uns auf folgende Bemerkungen :

a. Bezüglich Vivis-Palézieux.

Die Konzessionäre, 9 Einwohner von Vivis, sind seit Ertheilung der Konzession (21. Dezember 1875) nicht unthätig gewesen. Sie haben das Projekt neuerdings studiren lassen und sind zu einer erheblichen Modifikation desselben gelangt, wonach die Linie im Ganzen zirka 700 Meter, insbesondere der Tunnel oberhalb Corsier um mehr als 2 Kilometer und die nach einemSpezialsystemn (Agudio, eventuell pneumatischesSystem)) zu betreibende schiefe Ebene um beinahe 500 Meter kürzer würde, der Voranschlag aber sich um fast 2 Millionen Franken reduzirt. Die Unterhandlungen mit Herrn Agudio über die praktische Anwendung seines Systems auf die in Frage liegende Linie konnten jedoch aus verschiedenen, theils

128

äußeren, theiïs mehr inneren Gründen noch nicht zum Abschluß gedeihen. Aus diesem Grunde scheint in finanzieller Beziehung noch nioht viel geschehen zu sein; immerhin rechnen die Petenten sicher darauf, unter Beihilfe von Staat und Gemeinden die 5 Millionen Franken (Fr. 454,545 pro Kilometer) betragenden Baukosten gegen Aktien und hypothekarische Obligationen aufbringen zu können.

Während in Folge Vereinfachung des Projektes die Konzessionäre mit der ursprünglichen Frist für Vollendung der Bahn auszureichen glauben, wünschen sie eine Verlängerung der Ausweisund Baubeginnsfrist um 15 Monate.

Die betheiligten Kantone erheben keine Einwendung. Immerhin bemerkt die Regierung von Freiburg, daß man bei Ertheilung von Konzessionen sich zu wenig um die von den Bewerbern gebotenen Garantien bekümmere.

Wir werden später (bei Erledigung eines einschlägigen ständeräthlichen Postulates) Gelegenheit haben, im Allgemeinen die von Freiburg aufgeworfene allgemeine Frage zu erörtern. Im Spezialfall verdient unseres Erachtens die Versicherung der Petenten, daß sie keine Privatzweke verfolgen, Glauben, wenn man sich erinnert, daß ursprünglich eine Kommission des Gemeinderathes Vivis um die Konzession nachgesucht hat und daß nur wegen der mit dem Nachweis der Autorisation verbundenen Umständlichkeiten die jezigen Konzessionäre an die Stelle derselben getreten sind.

In Berüksichtigung sodann der ernstlichen Vorarbeiten, die vorliegen, und des Umstandes, daß den Konzessionären zur Aufnahme der Pläne erst ein Sommer zu Gebote stand, glauben wir das Gesuch zur Entsprechung empfehlen zu sollen.

b. Bezüglich Bulle-Thun.

Mit Eingabe vonl 13. März stellte der Inhaber der Konzession das Gesuch, daß die Frist zur Einreichung der technischen und finanziellen Vorlagen um l Jahr (bis zum 23. März 1878) erstrekt werde, indem er den Vollendungstermin iune halten zu können glaube; eine spätere Eingabe vom 22. Mai ist auf eine zwei-o jährige Verlängerung gerichtet, welche selbstverständlich alle konzessionsmäßigen Fristen begreifen würde Begründet wird das Begehren durch die namentlich für die Eisenbahnunternehmungen schlimmen finanziellen Zeitverhältnisse.

Ueber den Stand des Projektes wird, wie das schon in dem analogen Gesuche vom März 1876 geschehen war, berichtet: Mit einem Generalunternehmer sei am 25. August 1875 ein Vertrag abgeschlossen worden, wodurch jener um den fixen Preis

129

von 18 Millionen Franken die ganze Bahn zu bauen übernommen habe. Nach den am gleichen Tage stipulirten Gesellschaftsstatuten betrage das Aktienkapital 9'/2 und das Obligationenkapital 10 1/2 Millionen Franken; von jenem seien bereits Fr. 7,550,000 gezeichnet.

Die technischen Vorarbeiten seien ziemlich weit vorgerükt und das i m Simmenthal f ü r d a s Projekt gebildete Komite lasse d i e Die Regierungen der betheiligten Kantone erklären sich mit der verlangten Verlängerung einverstanden. Bern schlägt indessen die Bedingung vor, daß der Konzessionär die Vorstudien und Planaufnahmen während der neuen Frist fortzusezen und zu vollenden habe.

Diese Klausel, wenn sie nicht etwas Selbstverständliches zum Ausdruk bringen soll, kann wohl keinen andern Zwek haben, als die Bundesbehörden zur Kontrole über den Fortgang der Vorarbeiten zu berechtigen, resp. zu verpflichten, in der Meinung, daß die Fristverlängerung und damit die Konzession auch schon vor Ablauf der zwei Jahre als dahingefallen erklärt werden könnte, wenn jene Arbeiten nicht sachgemäß befördert würden. Wir glauben nun, ein solches Verfahren wäre mit viel Uebelständen und Gefahren verbunden und der Vorschlag sei daher abzulehnen.

Der von Bern angestrebte Zwek läßt sich durch ein weit einfacheres Mittel erreichen, indem keine so lange Frist gewährt und wenn innerhalb derselben die technischen und finanziellen Vorlagen nicht eingereicht werden, eventuell nicht ein erheblicher Forlschritt in der Ausführung des Projektes nachgewiesen wird, der Androhung des Gesezes (Verwirkung der Konzession) Folge gegeben wird.

Es wären einige Gründe vorhanden, um diese Folge jezt schon eintreten zu lassen. Bereits bei der Konzedirung machte sich in der Bundesversammlung ein gewisses Mißtrauen gegen das Projekt geltend. Zumal in den gegenwärtigen Zeitläuften hai dasselbe noch sehr große Schwierigkeiten zu überwinden. Seit einem Jahr scheint es kaum merklich vorwärts gekommen zu sein. Der Werth des zitirten Generalbauvertrages entzieht sich der Beurtheilung u. s. w.

Allein nachdem drei Kantonsregierungen das Gesuch empfehlen, nachdem durch die Verbindung des Konzessionärs mit dem Simmenthaler Komite das Unternehmen bei der Bevölkerung festere Wurzeln gefaßt hat, glauben wir die Gewährung noch eines vollen Jahres (vom Beschlüsse an) beantragen zu sollen, wobei der Vollendungstermin wieder in ein richtigeres Verhältniß zum Arbeitsbeginn zu sezen ist.

Bundesblatt. 29. Jahrg. Bd. III.

130

c. Bezüglich der Wynenthalbahn.

Die Konzession datirt vom 28. Februar 1872 und ist.schon viermal verlängert worden. Das vorberathende Departement hat daher, indem es die Regierung von Aargau zur Vernehmlassung über das neue Fristerstrekungsgesuch einlud, seine Bedenken gegen eine nochmalige Entsprechung nicht verhehlt. Nun empfiehlt aber die Kantonsregierung dringend das Gesuch, und zwar nicht nur, wie es ursprünglich lautete (um l Jahr Verlängerung), sondern wie es seither erweitert worden ist (um zweijährige Verlängerung).

Nach einem vorliegenden ausführlichen Bericht des Komite ist das Unternehmen in eine neue Phase getreten, durch Ausarbeitung eines neuen Detailprojektes sowohl in technischer Beziehung als was die Rentabilitätsberechnung und das Finanzprogramm betrifft.

Die Linie (Suhr-Gränichen-Teufenthal-Kulm-Zezwyl-Reinach-Menziken) würde 171/s Kilometer lang werden, eine Maximalsteigung von 14 °/oo erhalten, 2,300,000 Franken kosten und eine kilometrische Bruttoeinnahme von jährlich zirka Fr. 9700 abwerfen. 2 /s des Ba.ukapitals hätten die Gemeinden, 1/z die durch den sog. Westbahnvertrag verpflichteten Gesellschaften der Nordostbahn und der Centralbahn zu beschaffen.

Die Einholung der neuen Verpflichtungserklärungen der Gemeinden und namentlich die Regulirung des Verhältnisses mit den beiden genannten Eisenbahngesellschaften erfordere eine längere Frist. Bei Gewährung derselben sei aber alle Aussicht vorhanden, daß der Landesgegend die Realisirung des Projektes gelinge, welches sie als eine Lebensfrage betrachte.

Mit Rüksicht auf die warme Fürsprache der aargauischen Regierung und nachdem der Fortbestand der Konzession keiner andern Eisenbahnbestrebung im Wege steht, können wir uns zu dem Antrag verstehen, dem Gesuche dieses Mal noch zu entsprechen.

Wir empfehlen Ihnen die Annahme der nachfolgenden Beschlußentwürfe und versichern Sie, Tit.-, neuerdings unserer vollkommensten Hochachtung.

B e r n , den 2. Juni 1877.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Vizepräsident:

Schenk.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schiess.

131

(Entwurf)

Bundesfoescliluss betreffend

Fristverlängerung für die Eisenbahn Vivis-Palézieux.

Die Bundesversammlung der s c h w e i z e r i s c h e n E i d g e n o s s e n s c h a f t , nach Einsicht 1) eines Gesuches der Inhaber der Konzession für die Eisenbahn Vivis-Palézieux, vom 9. März 1877 ; 2) einer Botschaft des Bundesrathes vom 2. Juni 1877, beschließt: * 1. Die im Art. 5 des Bundesbeschlusses vom 21. Dezember 1875, betreffend Konzession einer Eisenbahn von Vivis nach Palézieux, angesezten Fristen werden um 15 Monate verlängert. Es sind daher bis zum 21. Juni 1878 dem Bundesrath die vorschriftmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichen und bis zum 1. November 1878 die Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu beginnen.

2. Der Bundesrath ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

132 (Entwurf)

Bundesbeschluss betreffend

Fristverlängerung für die Eisenbahn Bulle-Thun.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1) der Gesuche des Herrn de St. Léger in Freiburg, datirt den 13. März und 22. Mai 1877; 2) einer Botschaft des Bundesrathes vom 2. Juni 1877, beschließt: 1. Die in den Artikeln 5 und 6 des Bundesbeschlusses vom 23. September 1873, betreffend Konzession einer Eisenbahn von Bulle nach Thun, angesezten und durch Bundesrathsbeschlüsse vom 9. September 1874, 25. Oktober 1870 und 19. April 1876*) erstrekten Fristen werden in folgender Weise verlängert: a. Bis zum 30. Juni 1878 sind dem Bundesrathe die vorschriftmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichen.

b. Vor dem 31. Juli 1878 ist der Anfang mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu machen.

c. Bis zum 1. Juli 1881 ist die ganze kondezirte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

2. Der Bundesrath ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

*) Eisenbahnaktensammlung, neue Folge, Band IV, Heft I, Seite 23.

133

(Entwurf)

Bundesbeschluss betreffend

Fristverlängerung für die Wynenthalbahn.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g d e r g e h weizerischen E i d g e n o s s e n s c h a f t , nach Einsicht 1) eines am 27. April 1877 beim Bundesrath und am 24. Mai 1877 durch Vermittlung der Regierung des Kantons Aargau gestellten Gesuches des Komite für eine Wynenthalbahn ; 2) einer Botschaft des Bundesrathes vom 2. Juni 1877, beschließt: 1. Die im Artikel 3 des Bundesrathsbeschlusses vom 12. Juni 1872, betreffend die am 28. Februar 1872 vom Kanton Aargau ertheilte Konzession für eine Eisenbahn von Aarau über Kulm und Reinach bis an die Kantonsgrenze bei Menziken und von Reinach nach Beinwyl, eventuell bis zur Kantonsgrenze, festgesezte und durch Bundesbeschluß vom 25. Juli 1872, sowie durch Bundesrathsbeschlüsse vom 27. März 1874, 21. April 1875 und 26. Mai 1876 *) erstrekte Frist für Leistung des Finanzausweises und Beginn der Erdarbeiten wird abermals, und zwar bis zum 12. Juni 1879, verlängert.

2. Der Bundesrath ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

*) Eisenbahnaktensammlung, neue "Folge, Band IV, Heft I, Seite 25.

134

# S T #

Botschaft des

(

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend Zusazartikel zu den Geschäftsreglementen des Nationalund des Ständerathes.

(Vom 4. Juni 1877.)

Tit.!

Zufolge einer Motion des Herrn Nationalrathes Stämpfli über den Berathungsmodus bei eidgenössischen Justizgesezen hat der Nationalrath das Postulat beschlossen : ,,Der Bundesrath wird eingeladen, das Bundesgesez über ,,den Geschäftsverkehr zwischen dem Nationalrath und dem ,,Ständerath etc. vom 22. Dezember 1849 einer Revision zu ,,unterstellen und einen bezüglichen Gesezentwurf der Bundes,,versammlung vorzulegen." (Bundesblatt 1876, I, S. 844.)

In Ausführung dieses Beschlusses wurde von unserm Departemente des Innern, in Verbindung mit einer aus Mitgliedern der beiden Räthe zusammengesezten Kommission, das zu revidirende Gesez einer Berathung unterzogen und ein neuer Entwurf aufgestellt, welcher sich bei den zu dieser Botschaft gehörenden Akten befindet. Allein der Bundesrath mußte- sich alsbald überzeu gen, daß die angebahnte Revision, ohne wahrscheinliche Resultate von großer praktischer Bedeutung zu Tage zu fördern, doch zu weit-

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend Fristverlängerung für die Eisenbahnen Vivis-Palézieux, Bulle-Thun und die Wynenthalbahn. (Vom 2. Juni 1877.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1877

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

27

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

16.06.1877

Date Data Seite

127-134

Page Pagina Ref. No

10 009 600

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.