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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung über Aenderung der Konzession für Pferdeeisenbahnen auf Genfergebiet.

(Vom 28. September 1877.)

Tit.

Mit Schreiben vom 9. April d. J. legte uns die Direktion der Genfer Straßenbahngesellschaft einen neuen Personentarif mit dem Anfügen zur Genehmigung Tor, daß die Taxen desselben im Einverständniß mit den Genfer Staats- und Stadtbehörden festgestellt worden seien. Die Prüfung desselben erzeigte neben einigen beachtenswerthen Vergünstigungen für das Publikum Taxerhöhungen, die das im Art. 15, Alinea 5 der Konzession vom 17. September 1875 festgesezte Maximum überschritten. Es bestimmt nämlich dieser Artikel: ,,Für den Verkehr im Innern der Stadt Genf wird schon jezt ,,als Maximum eine Taxe von 10 Cts. per Plaz für das Befahren ,,einer der 3 Sektionen, welche von Place du Molard bis Place ,,Neuve, nach Cours de Rive und nach Montbrillant reichen, und ,, eine Taxe von 15 Cts. für das Befahren zweier Sektionen fest,,gesezt."

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Demnach betrugen die ursprünglichen Taxen: Moutbrillant-Place Neuve 15 Cts.

,, -Cours de Rive 15 ,, ,, -Carouge, zusammengesezt aus den Taxen bis und ab Place Neuve .

.

. 30 ,, ' Der neue Tarif fixirte diese Beträge auf 20 Cts., beziehungsweise 35 Cts.

Die Vortheile dieses leztern bestehen: 1) In der Zusammenlegung der beiden Sektionen Cours de Rive-Molard und Molard-Place Neuve in eine einzige Sektion, in der Ausdehnung derselben einerseits rükwärts bis zur Terrassière und andererseits in der Richtung nach Carouge bis zum städtischen Octroi in Plainpalais und in der Festsezung einer beide Sektionen umfassenden Maximaltaxe von 10 Cts.

2) In der Anwendung einer Zwischentaxe von 10 Cts. einerseits von Place Neuve bis La Cluse und andererseits von La Cluse bis Carouge.

Konzessionsgemäß würde die sub l bezeichnete Taxe 20 Cts.

und die sub 2 1 5 Cts. betragen. Diese Ermäßigungen wiegen die angeführten Erhöhungen mehr als auf; nichtsdestoweniger trugen wir Angesichts der bestimmten Vorschrift von Art. 35, Ziffer l des Eisenbahngesezes Bedenken, den Erhöhungen zuzustimmen, ehe die Bundesversammlung sich über eine Aenderung der betreffenden Konzessionsbestimmungen ausgesprochen. Seitens des Eisenbahndepartements wurde diesen Bedenken sowohl gegenüber der Gesellschaft als gegenüber dem Staatsrathe von Genf Ausdruk geliehen ; erstere wurde eingeladen, die Erhöhungen einstweilen ruhen, und der leztere ersucht, sich in der Angelegenheit des Nähern vernehmen zu lassen. Der Staatsrath von Genf bestätigte, daß der neue Tarif das Resultat von Verhandlungen zwischen ihm, den städtischen Behörden und der Gesellschaft sei; er hob die bereits angeführten Vortheile desselben ebenfalls hervor und zog daraus den Schluß, daß er den allgemeinen Interessen bessere Rechnung trage als der bisherige Tarif. Ueberdies falle damit die sowohl für das Publikum wie für das Fahrpersonal bestandene lästige Komplikation bezüglich der Fahrtausweise dahin. Da nämlich, um von Montbrillant nach Place Neuve oder Cours de Rive zu gelangen, auf dem Place Molard, wo die 3 Sektionen der Genfer Tramways zusammenlaufen, umgestiegen werden müsse, und da bei der Eigenartigkeit des Billetsystems direkte Billets ab Montbrillant über den Place Molard hinaus nicht haben ausgegeben werden können, so

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seien die betreffenden Passagiere genöthigt gewesen, vom Kondukteur jeweilen einen besondern Ausweis (carte de correspondance) zu verlangen, um an der Hand derselben anstatt der üblichen Sektionstaxe von 10 Cts. nur noch die Resttaxe von 5 Cts. bezahlen zu müssen.

Die Direktion ihrerseits machte die nämlichen Gründe geltend, und ersuchte neuerdings um Anerkennung des inzwischen ohne Zustimmung der Aufsichtsbehörde eingeführten Tarifes. Das Departement sprach über diesen Schritt seine Mißbilligung aus, glaubte aber, da auch das Publikum die erhöhten Taxen ohne Beanstandung hinnahm, bei dieser Sachlage uns den Antrag einbringen zu sollen, den neuen Tarif in provisorischer Weise und in dem Sinne zu Sanktioniren, daß die Gesellschaft ohne Verzug die zur Abänderung der Konzession nöthigen Vorkehrungen zu treffen habe und daß für den Fall, als die Bundesversammlung ein solches Gesuch ablehnend bescheiden würde, die namhaft gemachten Taxen sofort auf das konzessionsgemäße Maximum zu reduziren seien. Wir pflichteten diesem Vorschlage bei und die Direktion der Gesellschaft, unserer Verfügung nachkommend, stellte unterm 7. Mai d. J. das förmliche Begehren um eine Konzessionsänderung, dem wir zu entsprechen empfehlen. Wir beantragen Ihnen demnach die Annahme des nachstehenden Beschlußentwurfes, und benuzen diesen Anlaß, Sie unserer vollkommensten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 28. September 1877.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Dr. J. Heer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Schiess.

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(Entwurf)

Bundesbeschluss betreffend

Aenderung der Konzession für Pferdeeisenbahnen auf Genfergebiet.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 28. September 1877, und eines Gesuches der Genfer Straßeneisenbahngesellschaft vom 7. Mai 1877, beschließt: 1. Die Alinea l und 5 vom Art. 15 des Bundesbeschlusses vom 17. September 1875, betreffend Konzession von Pferdeeisenbahnen auf Genfergebiet, erhalten folgende Fassung: a. Alinea 1.

Die Gesellschaft wird ermächtigt, für den Transport einer Person im Maximum 15 Cts. für den ersten angefangenen Kilometer und 5 Cts. für jeden weitern Kilometer oder Bruchtheil eines solchen zu beziehen. Ausnahmsweise darf für die Linie von Carouge (Place du Rondeau) nach Genf (Place Neuve) die Taxe 15 Cts. nicht übersteigen. Von Place Neuve nach der Zwischenstation La Cluse und von La Cluse nach Carouge (Place Rondeau) wird eine Taxe von 10 Cts. erhoben.

b. Alinea 5.

Für den Verkehr im Innern der Stadt Genf, beziehungsweise für das Befahren der Streken von la Terrassière bis zum äußersten Ende der Rue du Conseil général (Octroi de Plainpalais) einerseits und von Place Molard bis Montbrillant (Place de Cornaviu) andererseits wird als Maximum eine Taxe von 10 Cts. festgesezt.

2. Der Bundesrath ist mit der Ausführung dieses Beschlusses beauftragt.

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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend das Begnadigungsgesuch des Johann Friedrich Gustav Nieserwitzky aus Blankensee (Preussen).

(Vom 12. Oktober 1877.)

Tit.!

In der Nacht vom 3/4. August abhin wurde im Laden des Herrn K. J. Wyß, Buchdrukers in Bern, welcher im Café National, vis-à-vis der Kaserne in Thun, sich befindet, Fr. 183 nebst verschiedenen weiteren Gegenständen , wie Rauchutensilien, Porte-Monnaies u. s. w. , gestohlen. Die Ladentöchter des Herrn Wyß warfen den Verdacht sofort auf Nieserwitzky, der während längerer Zeit als Bedienter mit seinem Herrn, Artillerieoberlieutenant von Sonnenberg, im nämlichen Café National logirt und den betreffenden Laden öfters besucht hatte. Dieser Verdacht steigerte sich bis zu einem hohen Grade von Gewißheit, als man plözlich entdekte, daß der Schlüssel zum Zimmer des Herrn von Sonnenberg ganz genau in das Thürschloß des Ladens paßte. In Folge sofort ergriffener Maßregeln wurde Nieserwitzky noch am nämlichen Tage in Luzern verhaftet, wohin sich derselbe, da der Militärdienst seines Herrn am 4. August in Thun zu Ende ging, per Eisenbahn begeben hatte. Vor dem Statthalteramt Luzern am 6. August 1877 verhört, legte Nieserwitzky sofort ein umfassendes Geständniß ab. Laut demselben war er wirklich mittelst Gebrauchs

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Botschaft des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung über Aenderung der Konzession für Pferdeeisenbahnen auf Genfergebiet. (Vom 28. September 1877.)

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Jahr

1877

Année Anno Band

4

Volume Volume Heft

48

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

27.10.1877

Date Data Seite

74-78

Page Pagina Ref. No

10 009 728

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