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Bundesgesez betreffend

die Wasserbaupolizei im Hochgebirge.

(Vom 22. Brachmonat 1877.)

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, in Ausführung des Art. 24 der Bundesverfassung; nach Einsicht der Botschaft des Bundesrathes vom 6. März 1876, beschließt: I. Oberaufsicht des Bundes.

Art. 1. Der Bund übt die Oberaufsicht über die Wasserbaupolizei im Gebiete des schweizerischen Hochgebirges aus.

Diese Oberaufsicht erstrekt sich : a. auf alle Wildwasser innerhalb der Abgrenzung des eidg. Forstgebietes, wie solche in Vollziehung vom Art. 24 der Bundesverfassung festgesezt ist; b. auf diejenigen Gewässer außerhalb des Forstgebietes, welche der Bundesrath im Einverständniß mit den betreffenden Kantonsregierungen, oder in Fällen, wo ein solches nicht erzielt werden kann, die Bundesversammlung bezeichnet.

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Art. 2. Der Bund wacht darüber, daß die Kantone die Verpflichtungen erfüllen, welche ihnen nach Maßgabe der eidgenössischen und kantonalen Geseze und Verordnungen bezüglich der Wasserbaupolizei obliegen. Er hat, wenn ein Kanton, nach Ablauf einer hiezu anberaumten Frist, säumig bleibt, das Recht, die im Rükstand befindlichen Arbeiten auf dessen Kosten von sich aus ausführen zu lassen und überhaupt alle diejenigen Maßregeln zu treffen, welche durch die Umstände geboten erscheinen.

Art. 3. Der Bundesrath wacht im Allgemeinen darüber, daß von Gewässern, welche der Oberaufsicht des Bundes unterliegen, kein dem öffentlichen Interesse nachtheiliger Gebrauch gemacht werde.

Gewässer, deren Korrektion, Verbauung oder Eindämmung mit Beiträgen des Bundes ausgeführt wurde, dürfen zu gewerblichen Zweken nur benuzt werden unter schüzenden Bestimmungen, welche vom Bundesrathe festzusezen sind.

In gleicher Weise wird der Bundesrath über die Benuzung solcher Gewässer zum Flößen besondere Bestimmungen erlassen.

Der Bundesrath ist berechtigt, Arbeiten, deren Wirkungen nachtheilig sind, zu untersagen, und wo solche schon hergestellt wären, deren Entfernung zu verlangen.

Art. 4. Dem Bundesrath wird für die Ausübung der Oberaufsicht das erforderliche technische Personal zur Verfügung gestellt.

II. Pflichten der Kantone.

Art. 5. An Gewässern, welche unter die Oberaufsicht des Bundes fallen, sollen mit thunlicher Beförderung die vom öffentlichen Interesse verlangten Verbauungen, Eindämmungen und Korrektionen ausgeführt werden, sowie alle übrigen Vorkehren, welche geeignet sind, Bodenbewegungen zu verhindern.

298 Die Obsorge hiefür, sowie für den künftigen Unterhalt der ausgeführten Arbeiten ist Sache der Kantone, in deren Gebiet diese Arbeiten fallen. Denselben steht der Rükgriff auf die pflichtigen Gemeinden, Korporationen oder Privaten zu.

Für die durch Bundesbeiträge zu unterstüzenden Arbeiten sind die technischen Vorlagen vor Inangriffnahme der Arbeiten1 von den betreffenden Kantonsregierungen dem Bundesrathe zur Prüfung und Genehmigung vorzulegen.

Art. 6. In Fällen, wo bei derartigen Bauten unzweifelhaft ein wesentliches Interesse mehrerer Kantone in Frage steht, hat, wenn über die Ausführung und Beitragleistung unter denselben eine Vereinbarung nicht erzielt werden kann, der Bundesrath über die daherigen Anstände zu entscheiden.

Art. 7. Die Kantone erlassen in der Frist von zwei Jahren die für die Ausführung des Art. 5 erforderlichen Geseze oder Verordnungen.

Dieselben sollen : a. die Bestimmungen für Handhabung der kantonalen Wasserbaupolizei und für die hiezu nöthigen staatlichen Organe feststellen und b. die Grundsäze enthalten, nach welchen die Baukosten der bezüglichen Werke, sowie deren Unterhalt von den Interessenten zu tragen sind.

Diese Geseze und Verordnungen der Kantone unterliegen der Genehmigung des Bundesrathes.

Wenn ein Kanton mit deren Erlassung im Rükstande bleibt, so ist der Bundesrath berechtigt, einstweilen im Sinne von Litt, a und b dieses Artikels die erforderlichen maßgebenden Bestimmungen zu erlassen.

Art. 8. Abtretungen von Privatrechten, welche behufs der Ausführung von Arbeiten, wie sie gegenwärtiges Gesez vorsieht, nothwendig werden, sind nach dem eidg. Expropriationsgeseze vom 1. Mai 1850 zu behandeln.

299 Dem nemlichen Geseze gemäß können bereits erworbene Rechte an Gewässern, sowie Rechte zu Wasserableitungen oder industriellen Wasserverwendungen, wenn das Interesse der Wasserbaupolizei es erheischt, aufgehoben werden.

IH. Bundesbeiträge.

Art. 9. Der Bund betheiligt sich an den im vorliegenden Geseze vorgesehenen Bauwerken durch Beiträge aus der Bundeskasse.

Unterstüzungsbegehren müssen stets durch die Kantonsregierung dem Bundesrathe, mit den nöthigen Angaben über die Beschaffenheit und Wichtigkeit, sowie über die Kosten der auszuführenden Arbeiten versehen, eingereicht werden.

Die vom Bunde zu leistenden Beiträge sollen in der Regel 40 °/o der wirklichen Kosten nicht überschreiten.

Ausnahmsweise können dieselben, wo die Kräfte der Kantone nicht ausreichen und ein namhaftes öffentliches Interesse an dem Zustandekommen eines Werkes in Frage liegt, bis auf die Hälfte der Kostensumme erhöht werden.

Art. 10. Der Bundesrath sezt alljährlich die Beiträge an die Kantone nach Maßgabe der im eidgenössischen Budget bewilligten Summen fest.

Ueber Beiträge, welche für ein und dasselbe Werk die Summe von 50,000 Franken überschreiten, entscheidet die Bundesversammlung durch besondere Beschlüsse.

Wenn die wirklichen Auslagen den Kostenvoranschlag überschreiten, so ist für die Berechnung des Bundesbeitrages in der Regel und soweit die Ueberschreitung nicht unzweifelhaft durch unvorherzusehende außerordentliche Ereignisse oder nothwendig gewordene Mehrarbeiten gerechtfertigt werden kann, der mit den Ausführungsplänen eingereichte definitive Voranschlag maßgebend.

Art. 11. Wenn infolge von Naturereignissen und ungeachtet sorgsamen Unterhaltes Werke von größerer Be-

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deutung zerstört werden, so leistet der Bund an deren Wiederherstellung angemessene Beiträge.

Unter dem gleichen Vorbehalte können bei solchen Werken, an deren Wiederherstellung andere Kantone wesentlich mitinteressirt sind, auch diese zu verhältnißmäßigen Beiträgen durch den Bundesrath angehalten werden.

Art. 12. Gegen Beschlüsse dés Bundesrathes findet Rekurs an die Bundesversammlung, soweit aber dieselben die Verlegung der Kosten auf die betheiligten Kantone betreffen, an das Bundesgericht statt.

IV. Strafbestimmungen.

Art. 13. Die Widerhandlungen gegen die Bestimmungen über die Wasserbaupolizei unterliegen folgenden Bußen nebst der Verpflichtung zu vollem Schadenersaz : 1) Unberechtigtes oder vorschriftwidriges Holzflößen Fr. 10--500.

2) Unbefugte Ausführung von Arbeiten an einem Wasserlaufe Fr, 50--500.

Diese Arbeiten sind auf Kosten des Schuldigen zu beseitigen.

Im Wiederholungsfalle können diese Bußen bis auf das Doppelte erhöht werden.

Die Untersuchung und Beurtheilung dieser Straffälle, sowie die Verwendung der Bußen, bleibt den Kantonsbehörden überlassen.

V. Uebergangs- und Schlussbestimimmgen.

Art. 14. Durch gegenwärtiges Gesez werden der Bundesbeschluß vom 21. Heumonat 1871, betreffend Bewilligung von Bundesbeiträgen für Schuzbauten, und alle mit ersterem im Widerspruche stehenden Geseze und Verordnungen der Kantone, außer Kraft gesezt.

301 Die' im genannten Bundesbeschluß enthaltenen Bestimmungen über die Verwendung der aus den Liebesgaben von 1868 abgesonderten Million Franken für Schuzbauten bleiben vorläufig noch in Kraft, unter Vorbehalt weiterer, nach Ablauf des im Art. 2 des fraglichen Beschlusses auf Ende 1877 festgesezten Termines zu treffenden Schlußnahmen.

Art. 15. Der Bundesrath ist beauftragt, auf Grundlage der Bestimmungen des Bundesgesezes vom 17. Brachmonat 1874, betreffend die Volksabstimmung über Bundesgeseze und Bundesbeschlüsse, die Bekanntmachung dieses Gesezes zu veranstalten und den Beginn der Wirksamkeit desselben festzusezen.

Also beschlossen vom Ständerathe, B e r n , den 21. Brachmonat 1877.

Der Präsident: Hoffmann.

Der Protokollführer: J. L. Lutscher.

Also beschlossen vom Nationalrath, Bern, den 22. Brachmonat 1877.

Der Präsident: Marti.

Der Protokollführer: Schiess.

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Der schweizerische Bundesrath beschließt: Aufnahme des vorstehenden Bundesgesezes in das Bundesblatt.

B e r n , den 27. Brachmonat 1877.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Vizepräsident: Schenk.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft:

Schiess.

N o t e , Datum der Publikation: 7. Heumonat 1877.

Ablauf der Einspruchfrist: 5. Weinmonat 1877.

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Bericht der

Kommission des Nationalraths über die vom Bunde an die Kantone für die Bekleidung und Ausrüstung der Rekruten für das Jahr 1877 zu leistende Entschädigung.

(Vom 23. März 1877.)

Tit.!

Die Frage der vom Bunde den Kantonen zu bezahlenden Entschädigung für Bekleidung und Ausrüstung des Wehrmannes, sowie für den U n t e r h a l t der betreffenden Effekten, wird noch lange zu Anständen oder Reklamationen zwischen dem Bunde einerseits und den Kantonen anderseits Anlaß geben.

Darüber darf man sich nicht verwundern; solche Anstände bleiben nicht aus, sobald es sich darum handelt, verschiedene Interessen geltend zu machen, zumal bei so verwikelten Fragen.

Sollen wir diese Reibereien beklagen? Wir denken nicht, da dieß eine ganz natürliche Erscheinung ist.

Wir glauben jedoch, daß eine Verständigung sehr leicht wäre, wenn einerseits die Bundesbehörde sich herbeiließe, die Kantone etwas billiger zu entschädigen, und die Kantone ihrerseits sich bemühten, die Bekleidung und Ausrüstung von möglichst guter Qualität und Verarbeitung zu liefern.

Bei besserer Bezahlung hätte der Bund das Recht, bei Annahme der Lieferungen strenger zu sein. Dabei würde man sich allseitig

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Bundesgesez betreffend die Wasserbaupolizei im Hochgebirge. (Vom 22. Brachmonat 1877.)

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Jahr

1877

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

31

Cahier Numero Geschäftsnummer

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

07.07.1877

Date Data Seite

296-303

Page Pagina Ref. No

10 009 635

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