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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung zu einem Bundesgesez betreffend den Schuz der Eisenbahnen gegen Beschädigung, Gefährdung des Verkehrs auf denselben und Ueberschreitung bahnpolizeilicher Vorschriften.

(Vom 3. Dezember 1877.)

Tit.!

Art. 31 des Eisenbahngesezes vom 23. Dezember 1872*) ruft einer Reihe von Vorschriften, welche einerseits den Dienst der Eisenbahnen sowohl gegen die eigene Nachläßigkeit der Bahnverwaltungen und ihrer Organe, als gegen das mit der Eisenbahn in Berührung kommende Publikum sichern, und welche andererseits das Publikum vor der Verlezung durch den Bahnbetrieb schüzen sollen.

*) Die schweizerischen Bahnen sollen möglichst nach einheitlichen Grundsäzen verwaltet werden.

Der Bundesrath stellt nach Anhörung der Bahnverwaltungen auf dem Wege des Reglements diejenigen Vorschriften auf, nach welchen auf allen schweizerischen Bahnen gleichmäßig zum Behuf der Sicherheit des Dienstes verfahren werden soll.

Dem Bunde liegt es oh, dafür zu sorgen, daß die Eisenbahnverwaltungen die Bahnen und das Bahnmaterial jederzeit in einem die nöthige Sicherheit Bundesblatt. 29. Jahrg. Bd. IY:

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Wenn sich die in dieser Absicht anzuordnenden Maßregeln nicht scharf nach dem Zweke derselben ausscheiden lassen, indem diejenigen , welche Schädigungen der Bahn durch das Publikum verhüten sollen, vielfach zugleich auch das leztere vor Verlezungen durch die Bahn zu bewahren bestimmt sind, und umgekehrt, und indem man Störung des Betriebes namentlich mit Rüksicht auf Leben und Gesundheit der Reisenden zu vermeiden sucht, so lassen eich die aufzustellenden Vorschriften dagegen nach d e r Richtung genau auseinander halten, daß die einen für die Bahnverwaltungen und ihre Organe, die andern für die denEisenbahnverwaltungenn fremden Personen zugeltenahaben..

Leztere Ausscheidung liegt denn auch nach unserer Ansicht d e m citirten Artikel 3 1 z u Grunde. D i e f ü r d i e Bohnen kum zu beobachtenden auf dem Wege des Gesezes erlassen werden; Lemmata 2 und 5 stehen demLemmao 6 gegenüber. Mittelbar gehören auch die im Absaz 4 vorgesehenen zu den Vorschriften ersterer Art.

Dieser Unterschied in der Behandlung hat seine innere Begründung. Die Pflichten der Bahnverwaltungen und ihrer Angestellten können krall des Oberaufsichtrechtes durch den Bundesrath, und kraft der Disziplinargewalt, resp. der Anstellungsbedingungen, durch die Bahnverwaltungen kurzer Hand normirt werden.

Von der Bahn unabhängigen Personen dagegen Pflichten gegen die Bahn aufzuerlegen, hat der Gesezgeber sieh vorbehalten.

Mit der einheitlichen Regulirung der vom Art. 31 umfaßten Verhältnisse haben sich bisher die Bundesbehörden noch nicht beschäftigt. Von den kantonaler Behörden und sodann namentlich von den Gesellschaften selbst unter der Herrschaft des alten Gesezes aufgestellte Vorschriften und Grundsäze versahen für einmal gewahrenden baulichen Zustande erhalten und die Bahnen mit Betriebsmaterial so ausrüsten, wie das Verkehrsbedürfniß es erheischt.

In dieser Beziehung wird der Bundesrath bestimmte Normen aufstellen, welche, gestüzt auf die Verkehrsbewegung jeder Bahn, das Minimum des von ihr zu beschaffenden Betriebsmaterials fixiren Ebenso -wird er die Bahngesellschaften HU den nöthigen Maßnahmen anhalten gegen die Gefährdung des Verkehrs auf öffentlichen Straßen und Wegen durch den Manövrirdienst auf den Bahnhöfen.

Gegen Beschädigung der Eisenbahn, Gefährdung des Verkehrs auf derselben und Ueberschreitung bahnpolizeilicher Vorschriften wird die Bundesgesezgebung die nöthigen Bestimmungen aufstellen, wobei auch das in solchen Bällen einzuhaltende Verfahren näher zu ordnen ist.

679 den Dienst noch in so genügender Weise, daß es nicht nöthig erschien, die Ausführung jenes Artikels unter die dringenden Traktanden einzureihen, zumal es an laufenden Geschäften und unaufschiebbaren Aufgaben im Eisenbahnwesen niemals fehlte.

Zuerst machte sich deutlicher fühlbar das Bedürfniß nach einheitlichen Bestimmungen über die Bahnpolizei im engern Sinne.

Mehrere größere Bahngesellschaften strebten in den lezten zwei Jähren auf diesem Gebiete eine Unifikation für ihre betreffenden Neze an und stießen dabei auf den Widerspruch einzelner Kantonsregierungen.

In die schärfste prinzipielle Opposition trat die Regierung von . Bern, indem sie sich über den von der Centralbahn vorgelegten Entwurf in folgender Weise äußerte : ,,Durch Art. 32 des Bundesgesezes vom 23, Dezember 1872 *) wird die Handhabung der Bahnpolizei zunächst den Bahngesellschaften übertragen und der Grundsaz aufgestellt, daß die näheren Vorschriften betreffend die Handhabung der Bahnpolizei in einem von den betreffenden Gesellschaften zu erlassenden, jedoch der Genehmigung des Bundesrathes zu unterlegenden Réglemente aufgestellt werden. Dagegen spricht Art. 31 des nämlichen Gesezes klar und deutlich das Prinzip aus, daß gegen Beschädigung der Eisenbahn, Gefährdung des Verkehrs auf derselben und U e b e r schreitung b a h n p o l i z e i l i c h e r Vorschriften die Bundesg e s e z g e b u n g die nöthigen Bestimmungen aufstellen werde, wobei auch das in solchen Fällen einzuhaltende V e r f a h r e n näher zu ordnen, sei. Fragt man sich nun, welche Bestimmungen nach Maßgabe dieser Prinzipien von den einzelnen Bahngesellschaften in ihren Bahnpolizeiregleinenten gültig getroffen werden können, so kann die Antwort hierauf kaum zweifelhaft sein. Die Bahngesellschaften sind lediglich berechtigt, Normen über die H a n d h a b u n g der Bahnpolizei zu treffen, d, h. zu bestimmen, welche Bahnbeamte den Bahnpolizeidienst zu versehen haben und über welche im Interesse der Bahnpolizei unzuläßige Handlungen Dritter diese zu vigiliren haben. Ihre Kompetenz beschränkt sich also auf die Abgrenzung der Funktionen ihrer eigenen Angestellten und die Er*) Art. 32. Die Handhabung der Bahnpolizei liegt zunächst den Gesellschaften ob. Dabei bleiben jedoch der kantonalen Polizei die mit der Ausübung ihres Aufsichtsrechts verbundenen Befugnisse in
vollem Umfange vorbehalten.

Die näheren Vorschriften betreffend die Handhabung der Bahnpolizei werden, in einem von der betreffenden Gesellschaft za erlassenden, jedoch der Genehmigung des Bundesrathes zu unterlegenden Réglemente aufgestellt.

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theilung von Instruktionen an dieselben. Dagegen sind diese Gesellschaften nicht befugt, zu bestimmen, daß diese oder jene bahnpolizeiliche Ueberschreitung den Thatbestand einer strafrechtlich zu ahndenden Handlung in sich enthalte und daher mit, gleichgültig welcher , Strafe zu belegen sei, und sind sie ferner nicht befugt, s t r a f p r o z e s s u a l i s e h e Vorschriften betreffend das bei Bahnpolizeiübertretungen zu beobachtende Verfahren aufzustellen. Es ist dies vielmehr, wie sich aus dem Wortlaute des citirten Art. 31 zur Evidenz ergibt, lediglich Sache der Bundesgesezgebung und nicht Sache autonomischer Festsezung einer Privatgesellschaft. Dies ergibt sich übrigens auch schon aus allgemeinen staatsrechtlichen Grundsäzen, welche eine Delegation der staatlichen Gesezgebungsgewalt an Private als ausgeschlossen erscheinen lassen."

Für diese Abgrenzung und Ausscheidung der Begriffe konnte sich die Regierung von Bern auch auf den Inhalt der von diesem Kanton s. Z. (am 24. November 1852) der Centralbahn ertheilten Konzession berufen, welche lautet: ,,Art. 29. Die Handhabung der Bahnpolizei wird , unvorgegriffen den Befugnissen der Landespolizei, der Gesellschaft überlassen , welche hierüber, unter Genehmigung der Regierung, die erforderlichen Réglemente aufstellen wird.

"Die mit der Handhabung und Ausführung dieser Réglemente zu betrauenden Bahnbeamten ,,Art. 30. Die Regierung wird, vorbehalten die von den Bundesbehörden auszugehenden Geseze, für Erlassung besonderer Strafbestimmungen gegen Beschädigung der Eisenbahn, Gefährdung des Verkehrs auf derselben und Ueberschreitung bahnpolizeilicher Vorschriften besorgt sein."

Wie die Vergleichung ergibt, haben diese Bestimmungen der bernischen Konzession, welche sieh ähnlich auch in den meisten übrigen kantonalen Konzessionen vorfinden , beinahe wörtlich und jedenfalls dem Sinne nach Eingang in das Eisenbahngesez vom 23. Dezember 1872 gefunden.

Solothurn und Basel-Stadt stellten sich auf den nämlichen Standpunkt wie Bern.

(Im Hinblik auf das damals in Bearbeitung und jezt vor Ihrer Berathung liegende Gesez zog die Centralbahn das Gesuch um Genehmigung ihres Reglements zurük.)

Von ähnlicher Anschauung ausgehend, remonstrirte Aargau gegen einige Bestimmungen des Bahnpolizeireglementes der Nord-

682 engern, insofern, streng genommen, nur Straf- (resp. Bußen-) Bestimmungen gegen Ueberschreitung bahnpolizeiliche- Vorschriften, nicht aber diese Polizeivorschriften selber postulirt sind.

Wir glauben aber doch, die gegenwärtige Vorlage genau innerhalb des Rahmens der sogenannten Bahnpolizeireglemente halten zu sollen.

Die Artikel 67 und öS des vorerwähnten Bundesstafrechtes)) haben sich bisher als durchaus zwekmäßig und ausreichend erwiesen, umEisenbahngefährdungenn zu verfolgen. Die allgemeine Begriffsbestimmung und der große Spielraum für die Strafzumessung ist entschieden einer detaillirten Aufführung der verschiedenen Arten, auf welche solche Gefährdungen begangen werden können, und einer entsprechenden Abstufung der angedrohten Strafen vorzuziehen. So bliebe kaum etwas Anderes übrig, als diese Artikel unverändert ins neue Gériez aufzunehmen. Wir sehen um so mehr davon ab, als dannzumal konsequenter Weise auch die allgemeinen Bestimmungen über die Theilnahme amVerbrechenn. über die Zurechnung der Strafe etc. kopirt und Bestimmungen über das einzuhaltende Verfahren aufgestellt, oder aus dem bereits kodifizirten Rechte herausgeschält werden müßten. Ein allgemeiner Vorbehalt, wie wir ihn im Art. 10 des gegenwärtigen Entwurfes formuliren, scheint uns eine bessere Lösung der Frage zu sein.

Wenn Absaz 6 vom Art. 31 des Eisenbahngesezes sodann nicht ausdrüklich von den materiellen Polizeivorschriften spricht, so beruht *) Art. G7. Gegen Beschädigung und Gefährdung von Post- oder Eisenbahnzügen gelten folgende Vorschriften: a. Wer durch irgend eine Handlung absichtlich Personen oder Waaren, die sich auf einem zur Beförderung der Post dienenden Wagen oder Schiffe, oder auf einer Eisenbahn befinden, einer erheblichen Gefahr aussezt, wird mit Gefängniß, und wenn ein Mensch bedeutend verlezt oder sonst ein beträchtlicher Schaden- verursacht worden ist, mit Zuchthaus bestraft.

b. Wer leichtsinniger oder fahrläßiger Weise durch irgend eine Handlung oder durch Nichterfüllung einer ihm obliegenden Dienstpflicht eine solche erhebliche Gefahr herbeiführt, ist mit Gefängniß bis auf ein Jahr, verbunden mit Geldbuße und, wenn ein beträchtlicher Schaden entstanden ist, mit Gefängniß bis auf drei Jahre und mit einer Geldbuße zu belegen.

Art. 68. Gegenüber von Beamten und Angestellten der Posten, Telegraphen,
Eisenbahnen oder Dampfschiffe, die sich einer der in den Artikeln 66 und 67, Litt, a vorgesehenen Handlungen schuldig machen, findet überdies Entsezung statt.

In den Fällen des Art. 67, Litt, b kann bei schwereren Vergehen ebenfalls Amtsentsezung ausgesprochen werden.

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dies wohl auf einer undeutlichen Redaktion. Denn einerseits findet sich im Eisenbahngesez, nirgends eine Bestimmung darüber, wer denn diese Vorschriften zu erlaasen nahe; andererseits würde sich ein Gesez sonderbar ausnehmen welches zur Strafen festsezen, aber die Handlungen, welche mit Strafe bedroht .sind, nicht bezeichnen oder sie zu Zeichnen irgend einer Behörde oder Bahnverwaltung vorbehalten würde Es lag iahe., in dns Gesez eine weitere Reihe von Rechtsverhältnissen einzubeziehen. In auswärtigen Staaten und in einigen, namentlich, westschweizerischen Kantonen bestehen ziemlich ins Detail gehende Vorschriften über die läng, den Bahnen liegenden Zonen, in welchen neue Gebäude, Stroh- und Schindeldächer nicht errichtet, Steine, Erde und brennbare Materialien nicht abgelagert, Grabungen nicht vorgenommen. Bäume nicht gepflanzt, werden dürfen u. s. w. Nur ein Theil dieser Vorschriften bezwekt den Schuz der Bahnen gegen Beschädigungen und betriebstörende Vorfälle (Herabfallen >'ou Holz und Steinen etc.): andere haben ihren Grund in polizeilichen Rüksichten allgemeiner Art.

Wir fanden, es liege kein hinreichendes Bedürfniss vor, dieses schwierige, tief ins Privatrecht(Nachbarrecht)), in die bau- und feuerpolizeilichen Instituteeingre eifende Gebiet a u sei es gemeine,Spezialgesezgebung/.gebung helfen genügend aus.

Eine Ausdehnung des Gesezes in dem augedeuteten Sinne hätte möglicher weise auch für die Bahnen bei ihrer heutigen Situation sehr unliebsame Folgen haben können servituten).

Die allgemeinen Vorbemerkungen abschließend, erinnern wir noch daran, daß Bahnpolizei neben dem hier bisher immer angenommenen engern noch einen weitern Begriff hat. Das deutsche Bahnpolizeireglement z. B. enthält außer den Vorschriften für das Publikum (welche wesentlich dem vorliegenden Entwurf entsprechen) noch Bestimmungen über Zustand, Unterhaltung und Bewachung der Bahn, Einrichtung und Zustand der Betriebsmittel, Einrichtungen und Maßregeln" für die Handhabung des Betriebes, d. h. alle die zahlreichen, sehr ins Detail gehenden und je nach den Fortschritten der Technik wechselnden Bestimmungen, welche bei uns in das von Lemma 2 vorgesehene Reglement gehören.

Diesem Reglement werden passenderweise auch die von Lemma 5 postulirten, den oben bezeichneten ganz adäquaten Maßnahmen einzuverleiben sein.

( n a c

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Sobald das hier vorgelegte Gesez die Berathungen Ihrer hohen Behörde passirt haben wird, werden wir das zulezt genannte Reglement in Behandlung ziehen und gedenken dabei in ähnlicher Art zu verfahren, wie s. Z. bei der Feststellung des Transportreglementes, d. h. wir werden die Gesellschaften einladen, uns einen einheitlichen Entwurf desselben vorzulegen, und über die hervortretenden Differenzen eine Einigung zu erzielen suchen.

Betreffend die einzelnen Bestimmungen unseres Entwurfes können wir uns kurz fassen, da sie durch sich selbst klar sind und im Wesentlichen nur enthalten, was, hier so, dort etwas anders kombinirt, im größten Theile der Schweiz bereits zu Recht besteht.

Wir erwähnen im Folgenden die wichtigeren Anträge, welche geltend gemacht, aber nicht berüksichtigt worden sind, und die Gründe, warum dies nicht geschah.

Zu Artikel 1. Während einige Bahngesellschaften sich die Kontrole über diejenigen öffentlichen Beamten, welche das Bahngebiet ungestraft betreten dürfen, durch den Antrag sichern wollen, daß diese Beamten mit Legitimationskarten der Bahnverwaltungen versehen werden müssen, dringen eine Reihe von Kantonen auf eine unabhängigere Stellung ihrer Beamten; sie sollen nicht als bloße Geduldete erscheinen, sondern es soll ihnen das Bahngebiet kraft eigenen und höheren Rechtes offen stehen. In der Hauptsache müssen wir uns dem leztern Standpunkte anschließen; die Eisenbahnen dürfen nicht gewissermaßen einen Staat im Staate bilden und die öffentlichen Beamten in der Ausübung ihrer Funktionen nicht von der Bewilligung jener abhangig sein. Aber auf der andern Seite darf das Amt seinem Träger, doch auch nicht einen Freibrief gewähren, vermöge dessen er etwa zur Mehrung seiner Bequemlichkeit die Linie statt der Siraße benuzen könnte.

Daher die Beifügung ,,zur Ausübung ihres Dienstes". Allfällige Anstände hierüber würden in dem durch Art. 7 normirten Verfahren zum natürlichen Austrag gelangen. - Die Forstbeamten sind, obwohl sie im weitem Sinne den Polizeibeamten beizuzählen sind, aufgenommen worden, um für eine Kategorie von Beamten, welche sehr häufig in den Fall kommen, z. B. die Bahn au andern Orten als bei Uebergängen zu überschreiten, jeden Zweifel zu beseitigen. Daß von Privaten oder Privatkorporationen angestellte Förster nicht zu den Berechtigten gehören, verstellt sich nach der Fassung des Artikels von selbst; die Opposition einer Bahnverwaltung gegen die Aufnahme solcher Privatförster ist daher gegenstandslos.

685 Mehrere Bahndirektionen haben beantragt, die Frage der Haftpflicht für Unfälle, welche solchen zum Betreten des Bahngebietes Berechtigten zustoßen möchten, in diesem Geseze besonders zu regeln, und zwar in einem die Haftpflicht ganz oder wesentlich aufhebenden Sinne. Wir halten das Haftpflichtgesez vom 1. Juli 1875 für vollkommen zutreffend.

Die Rüksicht auf sichere Abwiklung des Dienstes gebietet, nicht nur den zum Kursiren der Züge bestimmten Bahnkörper, sondier» auch die Wärterhäuser und die nicht der öffentlichen, Benuzung übergebenen Räume der Bahnhöfe und Stationspläze dem Publikum zu verschliessen.

Zu Artikel 2, Absaz 2. Nachdem den Bahnpolizeibediensteten durch den jezigon Artikel 7 bloß die Verzeigung, nicht die Bestrafung der Uebertretungen zukommt, und nachdem der öffentlichen Polizei ihre Befugnisse vorbehalten sind, werden sieh kaum Konflikte aus dem Umstand orgeben, daß viele Statiouspläze nicht im Eigenthum der Gesellschaften stehen, sondern öffentliche Pläze sind, wo die Ortspolizei die Ordnung aufrecht zu halten hat.

Zu Artikel 3. Eine Regierung verlaugt eine Bestimmung, wie lange vor Ankunft eines Zuges die Barrieren geschlossen werden dürfen. Gemäß dem in der Einleitung Gesagten gehört die Regulirung dieses Punktes nicht in dieses Gesez, sondern in das von Lemma 2 postulate Reglement.

Der von einer Seite, konform manchem bisher bestandeneu Reglement, beantragte Zusaz zum z'weiteu Absaz : ,,nach geschehener Abmahnung" wurde nicht aufgenommen, um die natürliche Pflicht des Treibers einer Herde, über die Nähe von Bahnzügen sich zu erkundigen, nicht abzuschwächen.

Zu Artikel 4. Die von einer Regierung vorgeschlagene Vorschrift, daß Pferde und Vieh bei Bahnübergängen geführt werden sollen, ist gerade im wichtigsten Falle, wo viele Thiere zugleich die Bahn passiren sollen, erstens nicht durchführbar und würde zweitens zu einer Stokung führen, welche viel gefährlicher wäre, als das Uebel, welches man damit vermeiden will.

Manche Bahnpolizeireglemente enthalten die Bestimmung, deren Reception gewünscht wurde: ,,Pferde und andere Zug!liiere, mit welchen auf den die Bahn begrenzenden Grundstüken gearbeitet, oder auf den Wegen neben der Bahn gefahren wird, müssen beim Herannahen eines Zuges geführt und von dem leztern abgewendet werden. In der Nähe der Bahn darf ohne hinreichende Aufsicht kein Vieh geweidet werden." Der erste Saz geht in der Regle-

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mentirung zu weit; auch gewöhnen sich die Thiere in der Regel bald an die Bahnzüge. Der Zwek, welchen der zweite Saz im Auge hat, ist durch Artikel 2, Absaz l bereits erreicht.

Artikel 5 zählt die schwereren Polizeiübertretungen auf. Daher würde eine auf die Beschimpfung von Bahnpolizeibeamten gesezte Bußandrohung jedenfalls nicht hieher gehören. Eine solche Bestimmung wird aber überhaupt besser weggelassen; ein Bedürfniß ist nicht vorhanden, die genannten Angestellten anders als andere Bürger, resp. andere Polizeibedienstete zu stellen.

Wenn einige Regierungen wünschen, daß die schwereren Polizeiübertretungen, resp. die Vergehen ausgeschieden und die bloßen Polizeillbertretungen nur mit kleineren Bußen belegt werden, so ist wiederholt daran zu erinnern, daß dieses ganze Gesez sich nur mit den Polizeiübertretungen befaßt und diejenigen Fälle, wo ein Vergehen vorliegt, dem Bundesstrafrecht vorbehält.

Art. 6 stempelt zu Polizeiübertretungen und bedroht mit Buße eine Reihe von Handlungen, welche wegen ihres Zusammenhangs mit ändern Materien in Reglementen der Bahnverwaltungen , insbesondere im Transportreglement, als unzulässig erklärt sind und welche wegen des leicht erfolgenden Wechsels der Anschauungen und Bedürfnisse in der Tha,t besser in solchen beweglicheren Reglementen als in einem Greseze behandelt werden. Wir heben beispielsweise folgende Verbote heraus : a. in einen bereits in Bewegung gesezten Zug einzusteigen oder aus einem noch im, Gang befindlichen Zuge auszusteigen; b. während der Fahrt auf den Gängen oder der Plattform sich aufzuhalten oder eigenmächtig die Thüren zu öffnen ; c. in den Räumen, wo dies verboten' ist, zu rauchen ; d. Hunde (ausgenommen Schoßhunde) in die Personenwagen mitzunehmen ; e. gefährliche Gegenstände (geladene Gewehre, Schießpulver etc.), Gepäk, welches Schaden drohende Flüssigkeiten etc. enthält, in die Personenwagen mitzunehmen oder als Gepäk aufzugeben; f. von der Beförderung ausgeschlossene oder nur bedingungsweise zum Transport zugelassene Güter unter falscher oder ungenauer Deklaration zum Transport aufzugeben u. s. w.

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Um einer allzu scharfen Anwendung dieser Vorschriften und daraus leicht hervorgehenden Reibungen zwischen Publikum und Bahnangestellten vorzubeugen, empfehlen sich wohl die Bedingungen am Schlüsse des Artikels.

Zu Art. 7, Im ursprünglichen Entwürfe war in etwas gemilderter Form das System adoptirt, welches im größten Theile der Ostschweiz gilt, in der Hauptsache die kantonalen Verschiedenheiten aufgehoben hätte, durch Einfachheit und rasche Abwandlung der Uebcrtretungen sich auszeichnet und daher in vielen Fällen auch dem Contrarvenienten gut zusagt. Es war folgender Artikel (10) : ,,Der Betrag der Buße ist in der Regel sofort nach Wahrnehmung einer Uebertretung von der Bahnpolizei, und zwar, wenn mehrere Angestellte ,,gegeuwärtig sind, jeweilen von dem seiner dienstlichen Stellung nach am höchsten stehenden, zu bestimmen und von dem Fehlbaren gegen Empfangschein, in welchem die Art der Uebertretung und die verfügte Buße anzugeben ist, baar zu entrichten oder durch Hingabc eines Faustpfandes sicher zu stellen.

,,Kann oder will der Gebüßte nicht zahlen oder Sicherheit leisten, so darf er der nächsten Ortspolizeibehörde zur weiteren Verfügung zugeführt werden ; es ist ein kurzer, die Art der Uebertretung und die verhängte Buße bezeichnender Bericht mitzugeben, welcher als Klage (Denunciation) gilt.

,,Der Gebüßte hat das Recht, binnen acht Tagen von der Verfügung der Buße an, auch wenn leztere bereits bezahlt ist, bei der Direktion der betreffenden Eisenbahnunternehmung Ueberweisung des Falles an die staatlichen Behörden zu verlangen.

,,Alsdann hat die Bahnverwaltung, wenn sie auf der Bestrafung beharrt, Klage bei der zur Verfügung von Polizeibußen des fraglichen Betrages zuständigen kantonalen Behörde zu erheben und lezterer zugleich den Bußenbetrag oder das Pfand zuzustellen.

,,Die kantonalen Behörden beurtheilen die Uebertretung gemäß den Strafbestimmungen dieses Gesczes, im Uebrigen, was das Verfahren , die Kompetenz, die Rechtsmittel u . s. w. anbetrifft, nach den jeweilen bestehenden kantonalen Vorschriften.

,,Wird innerhalb der genannten Frist von acht Tagen Beurtheilung durch die kantonalen Behörden nicht verlangt, so gilt die Buße einer von. den Staatspolizeibehörden rechtskräftig verhängten gleich.

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,,Bei Nichteinbringlichkeit derselben tritt Gefängniß an deren Stelle, und zwar l Tag für 5 Franken Buße."

Und daran reihte sich folgender Artikel (11) : ,,Die kraft dieses Gesezes verhängten Geldbußen fallen, wenn sie von den Bahnpolizeibeamten verfügt worden sind und die Ueberweisung an die Staatsbehörden (Art. 10) nicht verlangt wird, in die Kranken- und Unterstüzungskasse der Angestellten der betreffenden Bahnunternehmung. Im andern Falle ist darüber gemäß den kantonalrechtlichen Bestimmungen über Polizeibußen zu verfügen."

Verschiedene Kantone und auch einzelne Bahnverwaltungen haben sich mit mehr oder minder Entschiedenheit gegen dieses System ausgesprochen. Und Ihre Entscheidung des Rekurses von Aargau gegen einzelne Artikel des Reglements der Nordostbahn schien uns ein Fingerzeig, daß auch Sie demselben nicht günstig wären.

Ist einmal das Prinzip, die Bußen durch die Bahnpolizeibeamten bestimmen und vollziehen zu lassen, verworfen, so ist kaum zweifelhaft, was an dessen Stelle zu setzen sei. Denn die Unzukömmlichkeiten desselben schließt auch jeder der vermittelnden Anträge in sich, deren mehrere gestellt worden sind.

Und sobald die Bahnpolizeiübertretungen mit Bezug auf das Verfahren im Wesentlichen gleich andern Polizeiübertretungen behandelt und unter das kantonale Gesez gestellt werden , so empfiehlt es sich , das leztere auch über den Anfall der Bußen und deren eventuelle Umwandlung in Gefängniß und über die Verjährung erkannter Strafen entscheiden zu lassen. Dasselbe wird natürlich auch maßgebend sein für die von mehreren Seiten aulgeworfene Frage, wer die Gefängnißkosten zu tragen habe.

Die Simplonbahn hat beantragt, das Eisenbahndepartement als Rekursinstanz für Bußen verfugungen der Bahn Verwaltungen einzusezen , und die Regierung von Zürich, die erkannten Bußen der Bundeskasse zuzuweisen. "Wir beschränken uns darauf, diese Anregungen zu erwähnen.

Zu bestimmen, wem der durch das kantonale Recht allenfalls dem Verzeiger zugeschiedene Verzeigerlohn zufallen soll, ob dem die Uebertretung wahrnehmenden und zur Vorzeigung bringenden Angestellten oder, was ohne Zweifel den Vorzug verdient, der Unterstüzungskasse der betreffenden Bahn Verwaltung, bleibt dem durch Art. 32 des Eisenbahngesezes vorgesehenen Reglement jeder Bahnverwaltung überlassen, welches überhaupt die Verpflichtungen des Bahnpolizeibediensteten seiner Verwaltung gegenüber näher zu regeln hat.

689 Zu Art. 12. Der ursprüngliche Entwurf wollte die Bezeichnung der mit der Ausübung der Bahnpolizei betrauten Bahnangestellten dem soeben erwähnten Réglemente vorbehalten. Von verschiedenen Seiten wurde aber das Gegentheil gewünscht, und es ist in der That zwekmäßig, wenn das Publikum durch die gleichen Plakate, welche ihm das Gesez in Erinnerung bringen, auch diejenigen Personen kennen lernt, welche mit dessen Handhabung betraut sind.

Dadurch wird auch.die Bestimmung überflüssig, daß sie durch äußere Zeichen oder besondern Ausweis sich zu legitimiren haben.

Die im Entwurf aufgeführten Kategorien sind ziemlich vollständig diejenigen, welche schon bisher bei der einen oder andern Gesellschaft für die Bahnpolizei in Funktion standen.

Die Kantone, welche verlangen, daß diese Bahnpolizeibediensteten in Eidespflicht oder ins Handgelübde genommen werden, haben in der Regel in den von ihnen ausgegangenen Konzessionen diesen Akt vorgesehen; sie mögen die Uebung fortsezen. Dieselbe neu vorzuschreiben, halten wir für kein Bedürfniß.

Wir beantragen Ihnen Annahme des nachfolgenden Gesezentwurfs, und benuzen den Anlaß, um Sie, Tit., neuerdings unserer vollkommensten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 3. Dezember 1877.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B und es p r ä s i d e n t :

Dr. J, Heer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schiess.

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(Entwurf)

Bundesgesez betreffend

den Schuz der Eisenbahnen gegen Beschädigung, Gefährdung des Verkehrs auf denselben und Ueberschreitung bahnpolizeilicher Vorschriften.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, in Ausführung von Art. 31, Absaz o des Bundesgesezes über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen aus dem Gebiete der schweizerischen Eidgenossenschaft, vom 23. Christmount 1872; nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 3. Dezember 1877, beschließt:

Art. 1.

Es ist verboten, ohne Erlaubniß der Bahnverwaltung an andern als an den ihrer Bestimmung nach dem Publikum geöffneten Stellen die Bahnebene einer dem Betriebe übergebenen Eisenbahn oder ihre Zubehörden, wie Böschungen, Dämme, Gräben, Brüken, Wärterhäuser, Bahnhöfe, Stationspläze, zu betreten.

691 Von diesem Verbote werden die mit der Beaufsichtigung der Eisenbahnen und ihres Betriebes betrauten Inspektionsbeamten, so wie die Polizei-, Gerichts-, Forst-, Zoll-, Postund Telegraphenbeamten nicht betroffen. Denselben steht, zur Ausübung ihres Dienstes der Zutritt zu der Bahn und ihren Anlagen offen ; zu ihrer Legitimation sind sie, soweit nicht Dienstkleidung, Dienstzeichen u. dgl. sie ohnedies kenntlich machen, von ihrer Oberbehörde mit einem Ausweis zu, versehen.

Art. 2.

Es ist verboten, auf der Bahn oder ihren Zubehörden, soweit sie nicht (wie Bahnhofpläze, Verladungsräume, Wegübergänge) hiefür geöffnet sind, zu reiten, zu fahren, Thiere auf dieselbe zu treiben oder einzulassen.

Die Wagen, welche Reisende zur Bahn bringen oderdaher abholen, müssen an den dazu bestimmten Stellen auffahren.

Art. 3.

Bei Wegübergängen dürfen Fußgänger, Reiter, Fuhrwerke und Thiere die Bahn nicht überschreiten, so lange die Schranken (Barrieren) geschlossen sind und nicht von.

Bahnbediensteten geöffnet werden.

Die Barrieren von Privatübergängen für Fuhrwerke und Fußgänger sind von den Berechtigten unter eigener Verantwortlichkeit zu schließen und zu öffnen.

Zehn Minuten vor dem Eintreffen eines Bahnzuges darf keine Herde mehr über die Bahn getrieben werden,

Art. 4.

Auf den Wegübergängen dürfen Fußgänger, ReiterThiere und Wagen nicht länger als zum Ueberschreiten nöthig, verweilen.

Fuhrwerke dürfen nur im Schritte über die Bahn gefahren werden und auf dem Bahnkörper niemals kreuzen.

·692 Treibvieh, Fuhrwerke, Reiter, welche an einem Bahnübergange, während er gesperrt ist, anlangen, sollen in einer Entfernung von wenigstens 20 Metern vor den Schranken halten.

Pflüge, Eggen, Baumstämme und andere schwere G-egen·stände, wodurch die Bahn beschädigt oder der Verkehr auf derselben gehemmt werden könnte, dürfen nur auf Wagen oder untergelegten Schleifen über die Bahn geschafft werden.

Art. 5.

Es ist verboten, die Bahn oder ihre Zubehörden .(Dämme, Gräben, Gebäulichkeiten, Transportmaterial, Einfriedigungen, Signale, Telegraphenleitungen, Warnungstafeln, Gradientenzeiger u. s. w.) zu beschädigen oder daran etwas .zu verändern, Wasserabzüge zu verstopfen, eigenmächtig Wegübergangsschranken zu öffnen, Steine, Holz u. dgl. auf .die Bahnebeue zu werfen oder zu legen, Signale nachzuahmen, falschen Alarm zu erregen, Weichen oder SignalScheiben unbefugt zu handhaben, überhaupt irgend welche den Betrieb störende oder gefährdende Handlungen vorzunehmen.

Art. 6.

Wer auf Bahnhöfen oder in Bahnzügen oder mit Bezug auf die Beförderung von Personen, Gepäk, Thieren oder "Waaren sich ein Verhalten zu Schulden kommen läßt, welches durch bundesräthlich genehmigte und veröffentlichte Réglemente verboten ist, soll mit Buße belegt werden, wenn eine Abmahnung Seitens eines Bahn angestellten ohne Erfolg ge.-blieben ist, und kann mit Buße belegt werden, wenn eine Abmahnung nach den Umständen nicht erfolgen konnte, der Fehlbare aber nach den Verhältnissen die Unzuläßigkeit .seiner Handlungsweise kennen mußte.

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Art. 7.

Verlezungeu obiger Bestimmungen sind bei der Polizeioder G-erichtsstelle einzuklagen, welche nach dem am Orte der Begehung der Uebertretung geltenden Rechte zuständig ist.

Kann sich der Fehlbare über seine Person, seinen ·Stand und Wohnort nicht glaubwürdig ausweisen, oder hat derselbe in der Schweiz keinen festen Wohnsiz, so ist von ihm eine Kaution (Hinterlage oder Bürgschaft) im Betrage der Hälfte der auf die Widerhandlung gesezten höchsten Buße zu verlangen und dieselbe mit der Anzeige zu übermitteln. Wird diese Kaution nicht geleistet, so erfolgt persönliche Zuführung des Betreffenden an die nächste Ortspolizeibehörde, welche den Bericht entgegennimmt und als .·Strafantrag behandelt.

Art. 8.

» Unter Artikel 5 fallende Uebertretungen werden mit einer Buße bis auf 100 Franken, die übrigen mit einer solchen bis auf 20 Franken bestraft.

Art. 9.

Die unter die vorhergehenden Artikel fallenden PolizeiÜbertretungen sind drei Monate nach der Begehung verjährt.

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Art. 10.

Wenn eine durch die Artikel \--6 mit Buße bedrohte Handlung oder Unterlassung gemäß eidgenössischem oder kantonalem Rechte als ein Vergehen oder eine schwerere Polizeiübertretung, insbesondere gemäß Art. 67 des Bundes· strafrechtes vom 4. Hornung 1853, als absichtliche oder fahrläßige Gefährdung von Eisenbahnzügen erscheint, so ist sie nach ihrer schwereren Qualifikation zu verfolgen.

Vorbehalten bleibt auch in allen Fällen die G-eltendmachung der zivilrechtlichen Ansprüche für den durch Polizeiübertretungen zugefügten Schaden.

Bundesblatt. 29. Jatosv-Bd_tE

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Art. 11.

Die kantonalen Behörden beurtheilen die Uebertretung; gemäß den Strafbestimmungen dieses Gesezes, im Uebrigen^ was das Verfahren, die Kompetenz, die Rechtsmittel, den Anfall der Geldbußen, die Umwandlung nicht einbringlicher Bußen in Gefängniß u. s. w. anbetrifft, nach den jeweilen bestehenden kantonalen Vorschriften. Nach leztern richtet sich auch die Strafverjährung.

Art. 12.

Die Bahnpolizei üben folgende Bahnangestellten aus : Betriebschef, Betriebsinspektor, Bahningenieur, Bahnhofinspektor, Bahnhof-, Stations- und Haltstellenvorsteher (ChefSous-Chef und Facteur de gare),'Einnehmer, Zugschef, Zugführer, Kondukteur (Contrôleur), Bremser, Bahnmeister (Bahnaufseher, Chef de district), Vorarbeiter (Chef und Sous-Chef cantonnier), Bahnwärter, Weichenwärter, Portier, Nachtwächter.

Sie stehen innerhalb des ihnen durch gegenwärtiges!

Gesez angewiesenen polizeilichen Geschäftskreises hinsichtlich ihres amtlichen Charakters den kantonalen Polizeibediensteten gleich.

Der kantonalen Polizei bleiben die mit der Ausübung; ihres Aufsichtsrechtes verbundenen Befugnisse in vollem Umfang vorbehalten.

Art. 13.

Durch das Inkrafttreten dieses Gesezes werden sämmtliche demselben widersprechenden Bestimmungen der kantonalen Geseze und Verordnungen und der Réglemente der Bahnverwaltungen aufgehoben.

Die Bahnverwaltungen haben durch Anschlag an geeigneten Stellen (auf Bahnhofpläzen, in Wartsälen, bei Wegübergängen u. s. w.) das Publikum an die nach der Oertlichkeit besonders in Betracht fallenden Bestimmungen dieses

695 Gesezes und der durch dasselbe mitumfaßten Réglemente (Art. 6) zu erinnern und dafür zu sorgen, daß die Bahnpolizeibeamten bei Ausübung ihres Dienstes mit einem Abzug des Gesezes versehen seien.

Art. 14.

Der Bundesrath wird beauftragt, auf Grundlage der Bestimmungen des Bundesgesezes vom 17. Juni 1874, betreffend Volksabstimmung über Bundesgeseze und Bundesbeschlüsse, die Bekanntmachung dieses Gesezes zu veranstalten und den Beginn der Wirksamkeit desselben festzusezen. '

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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend den Betriebsvertrag zwischen der bernischen Jurabahngesellschaft und dem Staate Bern.

(Vom 20. November 1877.)

Tit.!

Nachdem in Folge bekannter Vorgänge der Kanton Bern Eigenthümer der Eisenbahnlinie Bern-Luzern geworden, schloß der Regierungsrath mit der Direktion der bernischen Jurabahngesellschaft am 7. April 1877 einen Betriebsvertrag ab, welcher am 12. gleichen Monats vom Verwaltungsrathe der eben genannten Eisenbahnkompagnie, am folgenden Tage vom Großen Rathe des Kantons Bern genehmigt worden ist. Unserm Eisenbahn- und Handelsdepartement wurde die Uebereinkunft von der bernischen Regierung erst am 16/18. Juli zugestellt, weil sie im Glauben gestanden hatte, die Direktion der bernischen Jurabahn werde die Bundesgenehmigung dafür einholen. In erster Linie wurde sodann der Regierungsrath des Kantons Luzern zur Meinungsäußerung eingeladen und gab dieselbe am 3/8. August durch die Erklärung ab, daß er gegen die Genehmigung des Vertrages nichts einzuwenden habe. In der nämlichen Lage befindet sich der Bundesrath. Wir erachten, daß der Vertrag, durch welchen die bernische Jurabahn vom 1. Mai 1877 an vorläufig bis Ende des Jahres 1879 den gesammten Betrieb der Linie Bern-Luzern übernimmt, der Eisenbahngesezgebung so wenig

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Botschaft des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung zu einem Bundesgesez betreffend den Schuz der Eisenbahnen gegen Beschädigung, Gefährdung des Verkehrs auf denselben und Ueberschreitung bahnpolizeilicher Vorschriften. (Vom 3. Dezember 1877.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1877

Année Anno Band

4

Volume Volume Heft

55

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

15.12.1877

Date Data Seite

677-696

Page Pagina Ref. No

10 009 782

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