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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend das Begnadigungsgesuch des J. Damasus Akermann von Wegenstetten (Aargau).

(Vom 12. März 1877.)

Tit. !

Josef Damasus Akermann von Wegenstetten, geboren 1834, verheirathet, Vater eines Kindes, gew. Kanonier der Landwehrbatterie Nr. 6, wurde unterm 11. April 1876 vom Kriegsgericht der V. Armeedivision wegen Diebstahls zu einer Zuchthausstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten verurtheilt und befindet sich seit dieser Zeit in der Strafanstalt Lenzburg ; überdies wurde er für unwürdig erklärt zum Dienste des Vaterlandes und zudem für die Dauer von 4 Jahren, von Verbüßung der Strafe an gerechnet, im Aktivbürgerrecht eingestellt und nach Artikel 395 des Militärstrafgesezbuches zu den Kosten des Prozeßverfahrens verurtheilt.

In einem vom 24. Februar 1877 datirten Begnadigungsgesuch bittet nun Akermann um Erlaß des Restes seiner Strafe. Er führt an : die Strafbestimmungen des eidg. Militärstrafgesezbuches seien

493 im Allgemeinen zu hart ; seine Familie, aus seiner Ehefrau, einem 12 Monat alten Kinde und seinem 72jährigen Schwiegervater bestehend, leide schwer unter dem Druke seiner Bestrafung, indem Niemand da sei, der in seinem bereits erschütterten landwirtschaftlichen Gewerbe die nothwendigen Anordnungen treffen könne. Der Werth des Gestohlenen sei vollständig ersezt worden ; er habe sich sonst gut aufgeführt und würde sich auch des Diebstahls, der ihn ins Unglük gebracht, nicht schuldig gemacht haben, wenn er nicht durch fatale Verumständungen dazu verleitet worden wäre. Er verspricht durch seine Aufführung während des ganzen künftigen Lebens zu beweisen, daß die Gnade, um die er dringend bittet, keinem Unwürdigen zu Theil geworden sei.

Aus den Prozeßakten ergibt sich, daß der Petent, als Kanonier der Landwehrbatterie Nr. 6 zu einer Organisationsmusterung nach Aarau einberufen, am Abend des Besammlungstages in einer Wirthschaft mit einem Kameraden um Geld gespielt, dabei verloren, viel getrunken und schließlich seinem Spielgesellen 4 Banknoten im Werthe von Fr. 250 aus der Roktasche entwendet hat. Kaum war der Diebstahl ausgeführt, als der Bestohlene den Verlust seiner Banknoten wahrnahm und sofort den Akermann als Dieb beschuldigt hat.

Akermann läugnete, entfernte sich aus der Wirthschaft und warf vor dem Hause, als er sich verfolgt sah, die Banknoten weg.

Dieselben wurden aufgehoben und dem Damnifikaten wieder zurükgestellt. Vor Kriegsgericht gestellt, läugnete Akermann die That, wurde aber von den Geschwornen schuldig erklärt und vom Kriegsgericht in Anwendung des Artikels 132, Litt, e und 133, Litt, c des Militärstrafgesezes zu der oben erwähnten Strafe verurtheilt.

Es liegen zwei Leumundszeugnisse bei den Akten, die für den Petenten günstig lauten, das eine vom Gemeinderath Frick und das andere vom Gemeinderath Wegenstetten. In beiden wird bescheinigt, daß sich Akermann eines guten Leumundes beflissen und sich klaglos betragen habe. Auch die Beamtenkonferenz der Strafanstalt Lenzburg, in welcher Akermann seine Strafe abbüßt, bezeugt, daß sich derselbe bis heute vorschriftgemäß verhalten.

Die Strafbestimmungen des eidg. Strafgesezes, das keinen Unterschied macht zwischen Krieg und Friedenszeit, sind allerdings hart, und im vorliegenden Falle lasten die Folgen des Verbrechens schwer auf der
unschuldigen Familie des Petenten. Daß der Damniflkat sein Eigenthum wieder erhalten hat, ist freilich nicht dem guten Willen des Petenten beizumessen ; allein es ist doch zu berüksich-

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tigen, daß der Diebstahl bei Wein und Spiel und unter Umständen stattgefunden hat, welche das volle Bewußtsein und jedenfalls die ruhige Ueberlegung mehr oder weniger getrübt haben mögen.

Wir schlagen deßhalb vor, dem Petenten von der ihm auferlegten 21/2Jährigen Zuchthausstrafe in Gnaden die Hälfte zu erlassen, und versichern Sie, Tit., bei diesem Anlaße ·wiederholt unserer vollkommensten Hochachtung.

B e r n , den 12. März 1877.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der V i z e p r ä s i d e n t :

Schenk.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Schiess.

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Botschaft des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend das Begnadigungsgesuch des J. Damasus Akermann von Wegenstetten (Aargau). (Vom 12.

März 1877.)

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1877

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17.03.1877

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