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# S T #

Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend Prägung von Silbermünzen.

(Vom 30. November 1877.)

Tit. !

Mit Bundesbeschluß vom 23. Dezember 1876 ist der Bundesrath eingeladen worden, über die Gesammtheit der vom 1. Januar 1878 an noch zu prägenden Silberscheidemünzen, sowie im Allgemeinen über das Recht der Schweiz zur Silberprägung Bericht und Antrag einzubringen.

Indem wir den uns aufgetragenen Bericht an die Bundesversammlung hiemit erstatten, gehen wir von der Voraussezung aus, der zweite Theil des Postulats beziehe sich ausschließlieh auf die Verhältnisse, welche die Ausprägung von Fünffrankenstüken betreffen, weil der erste Theil des Postulats die Silberscheidemünzen, somit alle Silbermünzsorten exclusive das Fünffrankenstük umfaßt.

Unter Einweisung auf die grundlegenden Geseze vom 7. Mai 1850 (I. 305), 31. Januar 1860 (VI. 442) und die internationalen Münzverträge vom 23. Dezember 1865 (VIII. 825), 21. Dezember 1868 (IX. 530), 31. Januar 1874 (I. n. F., 97) und die hierauf bezüglichen Deklarationen vom 5. Februar 1875 (I. n. F., 797) und 3. Februar 1876 (II. n. F., 498) behandeln wir, der Reihenfolge des Postulats gemäß, vorerst die Frage der Silberscheidemünzen und dann diejenige der Fünffrankenstüke.

714

I.

Die Frage der Silberscheidemünzen ist nach zwei Richtungen hin zu erörtern, nach Menge und Sorten der Ausprägung.

Was zunächst das Quantum der auszugebend Silberscheidemünzen anbelangt, so ist dasselbe im Artikel 9 des internationalen Münzvertrages vom 23. Dezember 1865 für jeden der kontrahirenden Staaten zu 6 Franken per Kopf seiner Bevölkerung limitirt, und das Betreffniß der Schweiz beziffert sich mit 17 Millionen Franken, auf welches Kontingent bis Ende dieses Jahres vorläufig 11 Millionen Franken geprägt sein werden, und vorausgesezt, daß die Bundesversammlung auch noch die im Budget pro 1878 aufgenommenen 2 1/2 Millionen Franken gutheiße, wird sich am Schlüsse des Jahres 1878 die Prägung voSilberscheidemünzenen auf 13Va Millionen, also um 2Va Millionen Franken mehr belaufen als sie für di800/1000oo feinen Münzen betrugen hat. Es bleibt mithin für 1879 -- also für das lezte Jahr deMünzveragsdauerer -- ein Rest von 3 Va Millionen. Der Bundesrath nimmt auch die Ausmünzung dieser Restanz für das Jahr 1879 in Aussicht. Inwiefern die Zirkulation dieses Quantums noch leicht zu absorbiren vermag, darüber wird sich erst nach Ausführung der für das künftige Jahr büdgetirten Prägung- Bestimmteres anbringen lassen.

Wenn auch nach den Bestimmungen der Münzkonvention vom 23. Dezember 18(55 eine Ver])flichtung unserer Landesangehörigen, die Silberscheidemünzen der fremden Vertragsstaaten an Zahlungsstatt anzunehmen, nicht besteht, so treten doch die fremden Silbermünzen in überwiegendem Maße in die Zirkulation unseres Landes. Es ist dies eine natürliche Folge der allgemeinen Verkehrsverhältnisse sowohl als der Vertragsbestimmungen im Art. 7 der angeführten Konvention , welche die öffentlichen Kassen verpflichtet , die Scheidemünzen der andern Vertragsstaaten bis zum Belauf von 100 Franken auf jeder gemachten Zahlung anzunehmen; insbesondere bewirkt hiebei die in Italien geltende, bedeutend unter pari stehende Papierwährung eine massenhafte Zuströmung der italienischen Silberscheidemünzen, welche für unsere dorthin exportirende Industrie etc. an Zahlungsstatt angenommen werden.

Wenn auch unsere Staatskasse die fremden Münzsorten nach Maßgabe der getroffenen Vereinbarungen Stetsfort wieder in ihre Ursprungsländer abzuschieben bemüht ist, so wird der Abgang doch wieder durch den natürlichen Zufluß ersezt
und die Theilnahme der fremden Silberscheidemünzen an unserer internen Zirkulation nicht auf die Dauer vermindert. Anderseits geht ein bedeutender Theil unserer eigenen Scheidemünzen ins Ausland, und es ergab

715 sich beispielsweise bei Anlaß der gegenwärtigen Münzeinlösung, daß von dem bis jezt zurükgezogenen Quantum über ein Fünftel uns aus Frankreich zugegangen ist.

Die eidg. Staatskasse, einschließlich der sogenannten Kriegsmillion, und die Hauptzoll- und Kreispostkassen weisen in den Monaten September, Oktober und November durchschnittlich au Silberscheidemünzen aus : D i e Staatskasse .

.

.

. F r . 722,000 Die Hauptzollkassen ,, 93,000 Die Kreispostkassen . ,, 76,000 Fr. 891,000 eine Summe, welche nahezu dem zwölften Theil des Werthes unserer eigenen bis Ende laufenden Jahres auszuprägenden Silberscheidemünzen gleichkommt.

Die Beantwortung der Frage , ob das ganze Kontingent von 17 Millionen bis und mit 1879 in nüzlicher Weise ausgeprägt werden könne, wird somit wesentlich davon abhangen , ob dieselben vom Verkehr erheischt werden oder nicht.

Bezüglich der Vertheilung der Silberscheidemünzen auf die einzelnen Münzgattungen (Zwei-, Ein- und Halbfrankenstüke) herrscht unter den der lateinischen Münzkonvention angehörenden Staaten große Verschiedenheit.

Wir lassen hier zunächst eine Uebersicht der Prägungen von Belgien, Frankreich und Italien folgen :

Zweifrankenstüke.

Fr.

Quote.

Einfrankenstüke.

Fr.

Quote.

53,0 %

16,000,000 32,7 °/o

Halbfrankenstüke.

Fr.

Quote.

Total.

Fr.

Belgien: von 1832--1873 26,000,000

7,000,000 14,3%

49,000,000

44,500,000 19,6 ,,

226,500,00(j i

51,000,000 34,3 ,,

149,000,OOOJ

102,500,000 22,7%

424,500,000,'

Frankreich: von 1865--1875 79,000,000

35,0 ,,

103,000,000 45,4

fl

11 al i en : von 1862-1873 30,000,000

20,1 ,,

135,000,000

36,0%

68,000,000 45,6 ,, 187,000,000

41,2%

716

Frankreich bewegt sich ziemlieh in der Mitte der Vertragsstaaten; Belgien prägt eine viel kleinere Quote Halbfrankenstüke als Italien. Der Unterschied erklärt sich daraus, daß ersteres das silberne Zwanzigcentimestük durch eine Nikellegirung ersezt hat, während Italien zwischen den Halbfranken- und den kupfernen Zehncentimenstüken keine Geldsorte mehr besizt (die Prägungen der unbeliebten silbernen Zwanzigceutimenstüke sind seit 1868 unterblieben) und diese Luke durch Mehrprägung von Halbfranken ausfüllf.

Diese Münzsorte scheint im Uebermaß zu bestehen, da auch unsere Zirkulation davon übersättigt ist.

717 Fiir unsere schweizerischen Verhältnisse scheint uns eine besondere Rüksichtnahme für die Zweifrankenstüke angezeigt, welche ohne zeitweiligen Rükfluß fortwährend in der Zirkulation sich erhalten und die im Marktverkehr die Stelle der Fünffrankenstüke theilweise zu vertreten scheinen. Wir halten aus diesem Grunde dafür, daß die Halbfrankenstüke, welche theilweise ihre Vertretung in den Zwanzigrappenstüken finden, in einem schwächeren und dagegen die Zweifrankeustüke in einem stärkeren Maße als die Einfrankenstüke ausgegeben werden, und daß wir in dieser Beziehung mehr dem Beispiele Belgiens folgen, dessen Verkehrsbedürfnisse mit den unserigen mehr Verwandtschaft haben, als diejenigen Frankreichs und Italiens.

Mit Rüksicht hierauf wird für das gesammte schweizerische Kontingent von 17 Millionen folgende Eintheilung in Aussicht genommen : Quote °/o. Kontingent.

Zweifrankenstüke Einfrankenstüke Halbfrankenstüke

Prägung bis Ende 1878.

Ergänzung auf 17 Mili.

50 35 15

8,500.,000 6,000.000 2,500^000

6,000,000 6,000,000 1,500,000

2,500,000 -- 1,000,000

100

17,000,000

13,500,000

3,500,000

Es wird sich erst später erkennen lassen , ob die Quote von 3 5 % Halbfrankenstüke noch zu reduziren und diejenige der Einoder Zweifrankenstüke in entsprechendem Maße zu erhöhen sei.

Angesichts der dargestellten Verhältnisse und unter Hinweisung auf Art. 13 des Bundesgesezes vom 7. Mai 1850 und Art. !> des Bundesgesezes vom 31 Januar 1860, wonach die zu prägenden Mengen und Sorten von Münzen jeweilen alljährlich im Budget bestimmt werden sollen, glaubt der Bundesrath von einem Vorschlage zu einem fernem gesezgeberischen Erlasse in dieser Richtung für jezt Umgang nehmen zu sollen.

II.

Uebergehend zur Frage der Ausprägung der silbernen Fünffrankenstüke, weisen wir vorerst auf die Rechtsstellung hin, welche durch die internationale Münzkonvention vom 31. Januar 1874 und die Deklarationen vom 5. Februar 1875 und 3. Februar 1876 geschaffen worden ist.

Durch diese Vereinbarungen wurde das Recht der Vertragsstaaten zur Ausprägung silberner Fünffrankenstüke beschränkt, und die Schweiz erhielt anteilmäßig zugewiesen:

718 Für das Jahr i 874 Fr. 8,000,000 ,, ,, ,, 1875 ,, 8,000,000 « ,, ,, 1876 ,, 7.200,000 Von diesen vereinbarten Kontingenten hat die Schweiz nur dasjenige vom Jahr 1874 ausmünzen lassen; von dem Prägungsrecht für 1875 und 1876 haben wir unter Kenntnißgabe an die hohe Bundesversammlung (siehe Geschäftsbericht pro 1875, S. 471) keinen Gebrauch gemacht, weil das stetige Weichen der Silberpreise (bis auf 17% unter pari) die Möglichkeit einer fernem Festhaltung an der Silberwährung ernstlich in Frage stellte und es wahrscheinlich wurde, daß die Einbuße an Prägungskosten und der Werthverlust im Falle der Wiedereinlösung den gemachten Gewinn empfindlich überwiegen und die Ausprägung eines so unterwerthigen Metalles zu Fünffrankenstüken, unserer einzigen Münze mit unbedingt liberatorischer Kraft, vom Standpunkte einer korrekten Münzpolitik sich nicht mehr hätte rechtfertigen lassen.

Die im Januar 1877 neuerdings in Aussicht genommene Münzkonferenz, welche die Prägungskontingente für das Jahr 1877 halte feststellen und die Währungsfrage überhaupt in Erwägung ziehen sollen, wurde in Rüksichtnahme auf die schwankenden Verhalt nisse des Silbermarktes und im gegenseitigen Einverständnisse der Vertragsstaaten auf den Monat November dieses Jahres verschoben.

Die innern Verhältnisse Frankreichs mögen dazu beigetragen haben, die Einberufung der Konferenz einstweilen noch aufzuschieben und für sie einen späteren Zeitpunkt in Aussicht zu nehmen. Der mit 1. Januar 1880 eintretende Auslauf der Geltungsdauer des Münzvertrages vom 23. Dezember 1865 wird aber, auch abgesehen von dem etwaigen Bedürfnisse fernerer Ausprägung von Grobsilber, die Abhaltung der Konferenz im Laufe nächsten Jahres veranlaßen müssen. Ein zurzeit schwebender Meinungsaustausch unter den Vertragsstaaten ist noch nicht zum Abschluß gelangt.

Die Verschiebung der Konferenz geschah unter gleichzeitiger Vereinbarung, daß die Vertragsstaaten sich für das Jahr 1877 der Emission von Grobsilber zu enthalten haben. Frankreich selbst hat durch förmliches Dekret vom August 1876 die Ausmünzung silberner Fünffrankenstüke bis 1. Januar 1878 sistirt. Inzwischen hatte sich auch in der Preisbewegung des Silbermarktes eine bedeutsame Umkehr vollzogen. Während der Stand des Feinsilbers im Jahr 1876 einmal bis auf Fr. 180 per Kilo gefallen, steht derselbe heute
wieder über Fr. 200. Nachfolgende Zusammenstellung gibt den Nachweis über die Preise, welche die eidg. Münzstätte im Laufe der lezten Jahre für ihre Silberankäufe zu zahlen hatte.

719

Im Jahr 1875.

Im Jahr 1876.

Februar . Fr. 211. 60 Februar . Fr. 199. 90 März . . ,, 211. 20 März . . ,, 201. 10 April . . /,, 209. April . .

196. 20 { ,, 209. 85 Mai . . . ,, 205. 40 Mai 198. 15 Juni . . ,, 206. 25 Juni . . ." 101. 50 Juli . . . ,.! 207. 90 Juli . . . " ISO. -- August . . ,, 208. 60 August . ., 199. 35 September ,, 208. -- September " 190. 50 Oktober . ,, 209. -- Oktober . ,, -- Im Jahr 1877.

März.

Mai.

Oktober.

Fr. 206. -- Fr. 197. 75 Fr. 201. 20 Der Wiedereintritt großer Silberausfuhren nach dem Orient und die neuerliche Wendung der amerikanischen Münzpolitik in der Richtung zur Doppelwährung (Gold : Silber = 1(5 : 1), abgesehen von den innern Finanzverhältnissen der Staaten der lateinischen Münzkonvention, sind Thatsachen, welche geeignet sind, den Preis des Silbers wieder dauernd auf eine gewisse Höhe zu bringen und die Vertragsstaaten zu verunlaßen,i die Vortheile und Nachtheile der O Doppelwährung einer erneuerten Abwägung am Grund der sich fortan entwikelnden Verhältnisse zu unterwerfen.

In Berüksichtigung dieser Sachlage kann der Bundesrath sich nicht veranlaßt linden, jezt schon bestimmte Anträge hinsichtlich der Währungsfrage, der ferneren Ausprägimg von Grobsilber oder der Erneuerung des internationalen Münzvertrages zu formuliren und ersucht im Uebrigen die hohe Bundesversammlung, seine bezügliche Berichterstattung genehm zu halten.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommensten Hochachtung.

B e r n , den 30. November 1877.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, D e r B un desp r ä si d e u t : Dr. J. Heer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Schiess.

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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend das Begnadigungsgesuch für Barthélemy Rigoni von Vira (Tessin), gew. Korporal im Füsilierbataillon Nr. 7.

(Vom 23. November 1877.)

Tit.!

Barthélémy Prim Rigoni, 25 Jahre alt, von Vira, Kts. Tessin, domizilirt in Freiburg als Dekorationsmaler, Korporal bei der III. Kompagnie des Füsilierbataillops Nr. 7, wurde unterm 13. September 1877 vom Kriegsgericht der I. Division wegen ausgezeichneten Diebstahls, in Anwendung der Art. 131,132, litt, e und 133, litt, a des Bnudesgesezes über die Strafrechtspflege für die eidg.

Truppen vom 27. August 1851 verurtheilt : 1) zu einer Gefängnißstrafe von 8 Monaten ; 2) zum Verlust des Aktivbürgerrechts auf die Dauer von drei Jahren ; 3) zur Entsezung von seinem Korporalsgrad ; 4) zu Bezahlung von Fr. 10 Kosten (Zeugengelder) und 5) sur Restitution des Gestohlenen, insoweit dieses nicht durch Rükgabe der dem Rigoni abgenommenen Fr. 9 bereits erfolgt ist.

Aus den diesfälligen Untersuchungsakten ergibt sich über das Nähere dieses Straffalles Folgendes:

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend Prägung von Silbermünzen. (Vom 30. November 1877.)

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1877

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4

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55

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

15.12.1877

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713-720

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10 009 785

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