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Bericht der

Minderheit der Kommission des Nationalraths, betreffend Einführung einer Handelsstatistik.

(Vom 15. Juni 1877.)

Tit.!

Der Unterzeichnete, durch Unpäßlichkeit verhindert, der Kommissionalsizung beizuwohnen, konnte infolge dessen seine Minderheitsansicht über die Einführung einer Handelsstatistik hiebei nicht geltend machen, welche dahin geht, daß dieselbe auf einen Zeitpunkt verschoben werden sollte, wo unser Budget uns neue Ausgaben gestattet, und daß es rathsam erscheint, vorher das Gleichgewicht desselben herzustellen.

Es läßt; sich voraussagen, daß, wofern man sich nicht Kosten gefallen lassen will, die außer Verhältniß mit unsern Hilfsmitteln stehen, wir niemals etwas Anderes als eine nur sehr unvollständige Handelsstatistik zu erlangen vermögen, und daß wir uns meistens mit Anhaltspunkten behelfen müssen, welche weit von der Wirklichkeit entfernt sind. Lohnt es nun der Mühe, wegen eines solchen Ergebnisses unser Budget noch weiter zu belasten? Der Unterzeichnete glaubt es nicht.

Zwek der Handelsstatistik eines Landes ist, in Erfahrung zu bringen, wie sich seine Aus- und Einfuhr beziffert. Durch Vergleichung dieser zwei Faktoren wird es ersichtlich, wie es mit seinem Gedeihen oder Rükwärtsgehen steht. Wenn aber solche Daten ersprießlich sein sollen, so müssen sie g e n a u sein, und da stößt man denn eben auf Hindernisse.

509 Nehmen wir als Beispiel die postalische Versendung einzelner "Waaren, welche wegen ihres kleinen Gewichtes gern der Post übergeben werden. Hiezu gehören in erster Linie Uhren-, Bijouterie-, Seid en-Artikel etc. ; diese Sendungen aber, welche sehr selten ein Gewicht von 50 Pfund erreichen, entgehen der Kontrole, so daß in der Statistik eine entsprechende Luke entsteht. Um diesem Uebelstande abzuhelfen, sollte vom Bundesrathe eine Untersuchung über die postalischen Versenduugen angeordnet werden, mit Berüksichtigung der Deklarationen über Ursprung, Bestimmung und Werth der Waaren. Allein wie viele Sendungen wird es geben, die ungeachtet aller Maßnahmen nicht zur Einschreibung gelangen, und wie viele werden mit einer ganz richtigen Deklaration eingeschrieben werden? Die wegen des Vertrags mit Italien eröffnete Enquête hat gezeigt, daß mit diesen Artikeln ein sehr schwunghafter Schmuggel getrieben wird. Die italienischen Zollämter registriren nur einen kleinen Theil der dorthin versandten Uhren. Wie wird das statistische Bureau es nun anfangen, um positive Angaben über die so exportirten Quantitäten zu erlangen ?

Gleiches geschieht mit geschmuggeltem Tabak auf der ganzen Zone der französischen Grenze.

Es ergibt sich hieraus, daß eine zu weit getriebene Statistik theuer zu stehen kommen kann, ohne die gehofften Resultate zu verschaffen, und im Weitern, daß sie im vorliegenden Falle für unsere Industriellen sogar gefährlich werden kann, indem sie ihren ausländischen Konkurrenten allzu genau die Punkte angibt, wohin sie ihre Erzeugnisse ausführen.

Die Minderheit der Kommission beehrt sich demzufolge, dem Nationalrathe die Aufrechthaltung seiner ersten Schlußnahme, d. h.

das N i c h t e i n t r e t e n zu beantragen.

B e r n , den 15. Juni 1877.

Die Minderheit der Kommission des Nationalraths: Band.

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Bericht der Minderheit der Kommission des Nationalraths, betreffend Einführung einer Handelsstatistik. (Vom 15. Juni 1877.)

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Jahr

1877

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3

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36

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11.08.1877

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508-509

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