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Botschaft . ; des

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.

Bundesrathes- an die hohe Bundesversammlung, betreffend die Ausgabe von verzinslichen Bundeskassenscheinen.

(Vom 28. Mai 1877.)

.

Tit.!

Der Nationalrath hat unterm 8. Dezember vorigen Jahres folgende, von Herrn Dr. Jods eingebrachte Motion zum Beschlüsse erhoben : A. Der Bundesrath wird eingeladen, über die Wünschbarkeit der Ausgabe von Bundeskassenscheinen, in Erwägung des nachstehenden, Gesezentwurfes, Berieht und Antragzu bringen : ; Art. 1, Der Bundesrath wird ermächtigt, Bundeskassenscheine, in Abschnitten, wie, sie das Bedürfniß nach Geldsurrogaten erfahrungsgemäss erheischt, anfertigen au lassen und dieselben, soweit Nachfrage darnach vorhanden, zum Nennwerthe auszugeben.

. .Art: 2. Die- Bundeskassenscheine werden-an allen Kassen des Bundes nach ihrem Nennwerthe an Zahlung angenommen und von der Bundeskasse für .Rechnung des Bundes jederzeit und- auf- Verlangen gegen baares Geld eingelöst.

.'. -. : - - ' Im Privatverkehr findet: , ehr Zwang zu ihrer Annahme nicht statt.

. :-. , '. . · ' % Art. 3. Die Bundeskasse hat für beschädigte oder unbrauchbar gewordene Exemplare für Rechnung des Bundes Ersaz zu

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leisten, wenn das vorgelegte Stük zu einem echten Bundeskassen scheine gehört und mehr als die Hälfte eines solchen beträgt. Ob in andern Fällen ausnahmsweise ein Ersaz geleistet werden kann, bleibt ihrem Ermessen anheimgestellt.

Art. 4. Vor der Ausgabe der Bundeskassenscheine ist eine genaue Beschreibung derselben öffentlich bekannt zu macheu.

Art. 5. Die Bundesversammlung ist befugt, den Aufruf und die Einziehung der Bundeskassenscheine anzuordnen.

B. Der Bundesrath wird eingeladen, über die Wünschbarkeit der Errichtung einer Bundesbank Bericht und Antrag zu bringen.

Die Motion bezwekt zweierlei : Für das erste, sofortige Ausgabe von Bundesbanknoten nach Maßgabe der sich einstellenden Nachfrage nach solchen, und für das zweite, Untersuchung der Frage über Errichtung einer Bundesbank.

Beide Gegenstände erheischen selbstverständlich eine eingehende Prüfung, und der Bundesrath würde sich damit bereits befaßt haben, wäre nicht in der verflossenen Märzsession von Herrn Nationalrath Stämpfli eine auf beförderliche Vorlage eines neuen Gesezentwurfes, betreffend Ausgabe und Einlösung von Banknoten, sowie deren Besteuerung zu Gunsten des Bundes, abzielende Motion angekündigt worden.

Beide Motionen verfolgen in einer Richtung den nämlichen Zwek -- die Aeufnung einer Einnahmsquelle für den cidg.

Fiskus.

Unter diesen Umständen will es dem Bundesrath scheinen, es sollte, bevor über die Motion des Herrn Nationalrath Joos Bericht; und Antrag vorgelegt wird, auch diejenige des Herrn Nationalraths Stämpfli behandelt werden, da auf diese Weise dem Bundesrath nähere Anhaltspunkte für sein Vorgehen in der Sache au die Hand gegeben würden. Wenn übrigens, wie zu erwarten steht, di.'', leztere Motion ebenfulls angenommen wird, so können dann die erwähnten beiden Traktanden als ihrer Natur nach zusammengehörend in einer und derselben Vorlage zur Behandlung kommen.

Wiewohl aus dem angeführten Grunde der Bundesrath die Verschiebung des erstem Gegenstandes für angezeigt erachtet, so ist er nichts desto weniger in der Lage, in gegenwärtiger Botschaft die Beschaffung finanzieller Hilfsmittel in Vorschlag zu bringen, da die vorhandenen verfügbaren Finanzen zur Dekung der Ausgaben nicht ausreichen.

Bundesblatt. 29. Jahrg. Bd III.

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Laut der leztabgelegten Staatsrechnung betrugen die eidg.

Kapitalien am Schlüsse des Vorjahres: a. an Werthschriften .

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. F r . 1,315,563. 55 b. an Bankdepositen . ,, 3,974,933. 27 zusammen In Baarschaft war vorhanden : a. der Bestand der Bundeskasse im Betrage von .

. Fr. 4,310,733. 95 b. im Gewölbe , ,, 507,350. -- "-"··· Total an Kapitalien und Baarschaft .

Fr. 5,290,496. 82

,,

4,818,083.95

. Fr. 10,108,580. 77

Davon müssen nun aber in Abzug gebracht werden t a. die nach Art. l des Bundesgesezes über die Anlage eidg.

Staatsgelder vom 16. März 1877 in Kassa zu haltende Reserve von , Fr. 1,000,000. -- b. das erforderliche Betriebskapital der Bundeskasse, einschließlich der Vorschüsse zur Einlösung der Postmandate ,, 1,000,000. -- " '"c. der Gegenwerth des Münzreservefonds d. ,, ,, ,, Auleihens - Amortisationsfondes .

e. 7, ,, der uneingelösten Obligationen und Zinscoupons .

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f. die Reetanz des außerordentlichen Kredites für Artillerievermehrung .

Fr. 2,000,000. -- ,, 1,502,388. 52 ,,

2,000,000. --

,,·

32,153. 75

^

322,000. --

.

Fr. 5,856^427~27 ., 10,108,580. 77

bleibt Ueberschuß

Fr. 4,252,038. 50

Die verfügbaren Mittel betragen

Nun sieht aber das diesjährige Budget ein Deirzit vor im Betrage von Fr.

!)28,000. -- Miriderbetrag des Defizites beim Laboratorium infolge Erhöhung des Munitionspreises ,, 200,000. --- restiren

fr.

T^olxX^--

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Fr.

Die Nachtragskredite, wiewohl dieselben in den lezten drei Jahren durchschnittlich je die Summe von zwei Millionen Franken überstiegen, werden hier nur veranschlagt zu .

,, Fr.

728,000. --

500,000. -- 1,228,000. --

Ein bedeutender Ausfall ist auch in den diesjährigen zu Fr. 17,000,000 veran schlagten Zolleinnahmen zu gewärtigen. In den vier ersten Monaten des verflossenen Jahres war der Ertrag Fr. 5,658,113 71 in der nämlichen Zeit des laufenden Jahres i s t derselbe a u f , .

.

.

.

. " 4,984,677. 3 4 mithin im Ganzen um .

, .

.

. Fr.

673,436. 37 herabgesunken. Wenn, wie bei den gegenwärtigen Zeitverhältnissen angenommen werden muß, (lieser Rükgang bis zum Jahresschluß fortdauert, oder sogar Fortschritte machen sollte, so ergibt sich ein Ausgabenüberschuß, den wir wenigstens zu Fr. 2,000,000. -- veranschlagen zu sollen glauben, und das Jahresdefizit beziffert sich nach Zuschlag vorstehender ,, 1,228,000. -- auf Fr. 3,228,000. -- so daß zu Ende des Jaulenden Jahres die verfügbaren finanziellen Mittel ziemlich auf der Neige sich befinden werden. Obstehende Fr. 3,228,000 stimmen mit der in der Botschaft über Herstellung des finanziellen Gleichgewichts ermittelten Summ» überein.

Andere Einnahmenausfälle, welche z. B. bei der Post- und der Telegraphenverwaltung infolge wahrscheinlicher Abnahme der diesjährigen Fremdenfrequenz eintreten dürften, werden hier nicht in Anschlag gebracht, wiewohl dieselben einige hunderttausend Franken erreichen dürften.

Bei dieser Sachlage und Angesichts der gegenwärtigen politischen Situation, sowie mit Rüksicht darauf, daß voraussichtlich auch für nächstes Jahr ein Rechnungsdefizit zu deken sein wird, hält der Bundesrath die Vermehrung der Betriebsmittel für nothwendigg und glaubt vorderhand die Ausgabe von verzinslichen KassaO o scheinen in Vorschlag bringen zu sollen, wofür namentlich folgende Gründe sprechen : ' Einmal ist die Höhe der für die nächste Zeit und allenfalls für die Folge erforderlichen Summe dermalen noch ein völlig unbekannter Faktor ; die Emission von Kassascheinen wird sich daher

52 nach den Bedürfnissen richten können, welche successive zu befriedigen sind, bis der Bund anderweitige Maßnahmen zur Herstellung des Gleichgewichtes in seinen Einnahmen und Ausgaben getroffen haben wird. In welcher Periode die nöthigen Reformen durchgeführt, resp. die Einnahmen vermehrt oder die Ausgaben vermindert werden oder beides zugleich, hängt von Umständen ab, über welche die Bundesbehörden nicht frei verfügen können. Zur gegenwärtigen Stunde läßt sich in dieser Richtung nichts Bestimmtes anbringen, und es ist deßhalb auch nicht bekannt, welche Ansprüche unterdessen an die Bundesverwaltung werden gestellt werden und wie hoch die Mittel sich belaufen, welche zu deren Befriedigung erforderlich sind. Ein festes Anleihen könnte daher zu hoch oder auch zu tief gegriffen sein, was immer mit Uebelständen verbunden wäre.

Vermittelst der Emission von Kassascheinen behält auch der Bund vollkommen freie Hand in Bezug auf die Wahl des Zeitpunktes zur Aufnahme eines allenfalls erforderlichen Anleihens. Es ist durchaus nicht gleichgültig, ob eine solche Operation in eine Zeit der Geldabondanz, wie sie jezt während längerer Zeit anhaltend geherrscht hat, oder in eine Periode knappen Geldmarktes falle. Wir haben in dieser Beziehung eine lehrreiche Erfahrung im Jahr 1870 bei Anlaß des deutsch-französischen Krieges gemacht, wo ein Anleihen im Ausland nur zu den onerösesteu Bedingungen hätte abgeschlossen werden können, während die damals benöthigte Summe durch das Mittel der Kassascheine innerhalb unserer eigenen Landosgrenzen in ganz kurzer Zeit und zu viermal billigem Bedingungen gefunden wurde. Diese Art der provisorischen Geldbeschaffung hat im fernem auch den Vortheil, daß sie mit dem geringsten Zinsverluist verbunden ist, indem dieselbe sowohl bei Ausgabe als bei Rükzahlung der Kassascheine nach Maßgabe der Verhältnisse vorzugehen gestattet.

'Eine andere Art vorübergehender Dekung von Geldbedürfnissen könnte darin gesucht werden; daß sich die Eidgenossenschaft bei einer Anzahl von Banken Kredite eröffnen ließe, aus denen successive geschöpft werden könnte. Bei diesem Auskunftsmittel stünde aber zu befürchten, daß die betreffenden Bankinstitute vorsichtshalber kaum feste Engagements eingehen könnten, und überdies würden Zins und Kommission höher als für Kassascheine zu stehen kommen.

Der Bundesrath
glaubt, Ihnen hiermit in Kürze die Gründe auseinandergesezt zu haben, warum er als provisorische Maßnahme zur Dekung der bevorstehenden, die Einnahmen übersteigenden Ausgaben die Emission von Kassascheinen zur Annahme empfiehlt.

Was die Höhe der auf diese Weise zu erhebenden Summe, Zins-

53 fuß und Termin der Schuldtitel anbelangt, so hält der Bundesrath dafür, es solle dies in sein Ermessen gestellt bleiben; er wird von der ihm eingeräumten Befugniß nur den Gebrauch machen, welcher durch die Umstände geboten ist.

Gestüzt auf vorstehende Auseinandersezungen beehrt sich der Bundesrath, der h. Bundesversammlung nachstehenden Beschlußentwurf zur Genehmigung zu unterbreiten.

B e r n , den 28. Mai 1877.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Vizepräsident:

;

Schenk.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft :

Schiess.

(Entwurf)

Bundesbeschluss betreffend

·

-

die Ausgabe von verzinslichen Bundeskassascheinen.

Die Bundesversammlung der s c h w e i z e r i s c h e n E i d g e n o s s e n s c h a f t , nach Einsicht einer Botschaft des Bündesrathes vom 28. Mai 1877, , . .

beschließt: Art. 1. Der Bundesrath ist ermächtigt, die zum Zweke vorübergehender Deknng von Rechnungsdefiziten, sowie allfälliger außerordentlicher unvorhergesehener Ausgaben erforderlichen Geldmittel bis auf Weiteres, nach Maßgabe des Bedürfnisses, durch Ausgabe von verzinslichen, terminirten Kassaseheinen zu beschaffen.

Art. 2. Zinsfuß und Zeitdauer der Kassascheine werden vom Bundesrathe bestimmt.

Art. 3. Gegenwärtiger Beschluß wird als dringlich erklärt und tritt sofort in Kraft.

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Botschaft des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend die Ausgabe von verzinslichen Bundeskassenscheinen. (Vom 28. Mai 1877.)

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Jahr

1877

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26

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

09.06.1877

Date Data Seite

48-53

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10 009 589

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