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Verordnung, betreffend

die Ausnahme der Aspiranten aus Diffizierstellen beim Genie, der Artillerie, der Kavallerie und

der Scharffchüzen in die eidgenössischen Militärschulen.

(Vom 15. Denner 1851.)

Der Bundesrath der schweizerischen Eidgenossenschaft,

in theilweiser Ausführung der Art. 28 und 68 des Gefezes über die Militärorganifation vom 8. Mai 1850, verordnet: §. 1. Die Ernennung von Offizieren des Genie, der Artillerie und der Kavallerie, kann nur nach vorausgegangenem Unterricht in einer der entsprechenden eidg. Militärschulen stattfinden (Art. 28, Lemma 3 des Gesezes über die Militärorganisation).

§. 2. Die Aspiranten für Offiziersstellen für das Genie (Sappeure und Pontoniere), die Artillerie, die Kavallerie und die Scharffchüzen zerfallen in eine erste und zweite Klasse.

§. 3. Die erste Klasse begreift diejenigen Aspiranten in sich, welche noch keinen Militärunterricht genossen haben und für die Aufnahme als solche von ihren Kantonsregierungen empfohlen find.

Die zweite Klasse begreift diejenigen Aspiranten in fich, welche den Afpirantenkurs erster Klasse, oder einen in den Art. 69 und 70 des Gesezes über die Militärorganisation vorgesehenen Unterricht in ihrer Wasse ge-

60 nossen haben und von ihrem Kanton zur Aufnahme empfohlen find, und fich über die erforderlichen Vorkenntnisse ausweisen können.

§. 4. Den Aspiranten erster Klasse wird der erste Unterricht in der Rekrutenfchule ihres Kreises und ihrer Waffe ertheilt. Dieser Unterricht umfaßt im Praktischen den vollständigen Unterricht eines Rekruten der betreffenden Waffe (bei der Artillerie, einer ihrer Abteilungen, Kanoniere oder Train), im Theoretischen die genaue Kenntniß der allgemeinen Militärreglemente und der speziellen Réglemente der betreffenden Waffe.

§. 5. Die Dauer des Unterrichts der Aspiranten erster Klasse beträgt für die Scharffchüzen vier und für alle andern Arten der Sp.ezialwaffen fechs Wochen, die Marfchtage nicht Inbegriffen.

§..6. Um zum Afpiranten zweiter Klasse aufgenommen zu werden, hat der Betreffende über den Besiz der im §. 3, Lemma 2 vorgesehenen Bedingungen, so wie sich über folgende Vorkenntnisse anszuweifen : Für Sappeur- und P o n t o n i e r - A spiranten:

1) Soldaten- und Pelotonsschule, und Kenntniß des Innern- und Sicherheitsdienstes im weitern Sinne; 2) Anfangsgründe der Mathematik; 3) Geometrisches Zeichnen; 4) Tracimi und Profiliren von {.feldschanzen ; 5) Ausführung der in das Sappeurfach einschlagenden Erdarbeiten.

Für die Artillerie-Aspiranten: I. T h e o r e t i s c h e V o r k e n n t n i s s e ; a. Arithmetik, enthaltend: Die Rechnungen mit ganzen Zahlen; mit gewohn-

61 lichen Brüchen und Dezimalbrüchen; Kenntniß des schweizerischen Maßes und Gewichtes, Ausziehen der ..Quadratwurzeln aus gegebenen Zahlen, Verhältnisse und Proportionen-, Regeldetri.

b. Anfangsgründe der Meßkunst; c. Progressionen, Sogorithmen und Anwendung der Tafeln ; d. Algebra bis und mit der Erklärung und Auflosung der Gleichungen zweiten Grades ;

e. Trigonometrie (Erklärung der gradlinigten Dreiecke); f. Statik (Gleichgewichtslehre), die Anwendung derselben auf die einfachen Maschinen ; g. Geometrisches Zeichnen; h. Führung der Rechnungen einer Batterie; Ausfertigung der Situationsrapporte über das Personelle, das Materielle und die Munition.

II. Praktische Vorkenntnisse: a. Innerer und Sicherheitsdienst, Soldaten- und Pelotonsschule ; b. geldgeschüzschule ; e. Nomenklatur des Materiellen ; ·d. Verfertigung und Verpackung der Munition ; e. Stalldienj.. ; f. Uebung im Reiten.

Für die K a v a l l e r i e - A s p i r a n t e n : 1) Soldaten- und Zugsschule; 2) Innerer Sicherheits- und Stalldienit ; 3) Grundzüge der äußern Pferdekenntniß ; 4) die Schule des Reitens.

gür die S c h a r f s c h ü z e n - A s p i r a n t e n : 1) Soldaten und Pelotonsschule-,

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2) Innerer und Sicherheitsdienst;

3) Grundzüge der Schießtheorie;

4) Grundzüge der Waffenlehre und Kenntniß der Munition ;

5) Arithmetik;

6) Algebra bis und mit der Erklärung und Auflöfung der Gleichungen zweiten Grades;

7) Trigonometrie (Erklärung der gradlinigten Dreiecke).

§. 7. Die Dauer des Unterrichtes der Afpiranten zweiter Klasse beträgt für das Genie und die Artillerie neun Wochen, und wird in der eidgenöffifchen Fortbildungsfchule ertheilt; für die Kavallerie und die Scharfschüzen sechs Wochen, und wird, je nach dem Erforderniß, auf einem der vermiedenen Instruktionspläze gegeben.

Ueber die Unterrichtsfächer enthält das Programm der betreffenden Schule das Röthige.

§. 8. Die Kleidung der Afpiranten erster Klasse besteht in einer Aermelweste mit'Epaulettenhalter auf den Achfeln, wie für die Offiziere, ordonnanzmäßigen Beinkleidern, einem Caban, für die Berittenen der Reitermantel; Stiefeln und einer Polizeimüze mit Schirm.

Die Kleidung der Afpiranten zweiter Klasse besteht in einem Offiziersüberrock, ordonnanzmäßigen Beinkleidern, einem Caban, die Berittenen den Reitermantel, einer Kopfbedeckung wie für die Offiziere und Stiefeln.

§. 9. Die Bewaffnung für beide Klassen ist die gleiche, wie für die Offiziere der betreffenden Wassenart.

§. 10. Die Befoldung wird festgesezt wie solgt : Für die A s p i r a n t e n erster Klasse: täglich gr. l und eine Mundportion.

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Bei den Kavalleristen überdieß eine Ration für das Pferd.

gür die Aspiranten zweiter Klasse: täglich gr.

1. 50.

Bei den Kavalleristen überdieß eine Ration für das Pferd.

§. 11. Die Aspiranten erster Klasse bilden ein eigenes Ordinäre, wo fie aber dazu nicht zahlreich genug find, machen fie ihr Ordinäre mit den .......ruppen. Iedeufalls werden fie wie diese logirt.

Die Aspiranten zweiter Klasse speisen mit den Offizieren und werden wie diese logirt, oder für das Logis

entschädigt.

§. 12. Nachdem die zweite Klasse der Aspiranten ihre Instruktion vollendet hat, wird fie über die einem Offizier erforderlichen theoretischen und praktischen Kenntnisse eraminirt. Ueber das Ergebniß des Examens ist dem schweizerischen Militärdepartement umständlich Bericht zu erstatten, und es find ihm diejenigen namentlich zu bezeichnen, die als fähig erachtet werden, Offiziersstellen zu bekleiden.

§. 13. Das Militärdepartement theilt den betreffenden Kantonen den erhaltenen Bericht mit und bezeichnet diejenigen Aspiranten, gegen deren Ernennung zu Offizieren eidgenösfischer Seits kein Hinderniß obwaltet.

§. 14. Bei den nicht zur Ernennung empfohlenen Aspiranten zweiter Klasse ist in dem vorgesehenen Be-

richt zu bemerken, ob sich dieselben zu Offiziersstellen gar

nicht eignen oder ob sie angehalten werden sollen, noch weitere Kurse mitzumachen; in diesem galle, hauvtsächlich in welchen Zweigen und wie lange.

64 §. 15. Die Aspiranten zweiter Klasse, die sich auch beim zweiten Examen nicht über die erforderlichen Kenntnisse zu einer Offiziersstelle ausweifen können, werden aus dem Vcrzeichniß gestrichen und dürfen fpäter für die gleiche Waffenart nicht wieder aufgenommen werden.

§. 16. Die Aspiranten auf Pferdarztstellen bei der Artillerie und der Kavallerie haben sich, vor ihrer Ernennung zu folchen über ihre hinlänglichen Kenntnisse -in der Thierhcilfunde auszuweisen und während drei Wochen den Unterricht in einer Rekrutenschule ihrer Waffe zu bestehen. Während dieser Zeit werden diefelben in jeder Hinsicht gehalten, wie die Aspiranten erster Klasse.

§. 17. Das schweizerische Militärdepartement wird mit der Vollziehung dieser -.Verordnung beauftragt.

Diefelbe tritt sofort in Kraft und soll durch Mittheilung an die Kantone und Publikation im Bundesblatt bekannt gemacht werden.

Also beschlossen, Bern, den 15. Ianuar 1850.

Im Namen des fchweizerifchen Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä f i d e n t : (Sign.)

J. Munziuger.

Der Kanzler der Eidgenossenfchaft :

(sign.)

Schieß.

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Verordnung, betreffend die Ausnahme der Aspiranten aus Offizierstellen beim Genie, der Artillerie, der Kavallerie und der Scharffschüzen in die eidgenössischen Militärschulen.

(Vom 15. Jenner 1851.)

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