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Schweizerisches

desblatt.

JahrgangIII.' Bandii.

Nro- 41.

Samstag, den 26. Juli 1851.

Man abonnirt ausschließlich beim nächstgelegenen Postamt. Preis für das 3ahr 1851 im ganzen Umfange der Schweiz p o r t o f r e i Frkn. 3.

Inferate sind f r a n k i r t an die Expedition einzusenden. Gebühr 1 Batzen per Zeile oder deren Raum.

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Bericht

des schweizerischen Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im Jahr 1850.

(Fortsezung.)

I. Abtheilung.

(©efchäftsfreis des -politischen .-.Departements.)

I.

Auswärtige SBerha'ltrnsse.

A. Jm Allgemeinen.

Die Beziehungen zwischen der Eidgenossenschaft und L Lage wähden fremden Staaten wurden im Sfllgemctnen auf einem rend der erste» guten Fuße erhalten, trotz der SBolfen, die für einen Slî-nat.;° ' Augenblik am Horizont erschienen und des Sturmes, der, sagt man, über die Schweiz auszubrechen bereit wer.

Bundesblatt. Jahrg. I1Ï. Bd. II.

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378 a. ..WitthetS""-*11, «ei-is

Obgleich diese Thatsachen wesentlich dem Jahre 1850 angehören, müssen wir theilweis, sowohl wegen des, unter i hnen fafefytàTM Zusammenhanges, als auch zur bessern Schilderung der Lage, zum Jahr 1849 zurükgehen. Oesterreich, welches seit mehreren Monaten keine Reklamationen erhoben hatte, ließ dem Bundesrathe unterm 10. Dezember 1849 und 5. Jenner 1850 durch seinen bevollmächtigten Minister, Herrn Ritter von Thom, Berichte mittheilen, unter andern des Jnhalts : daß "in dem Kanton Tessi« Werbungen lombardischer Rekrutirungsflüchtlinge für Rechnung der fardinischen Regierung stattfinden"; daß ,,um die lombardische Jugend, besonders die Konseriptionspflichtigen, zur Flucht zu verleiten, in Lugano Aufrufe gedrukt und zwischen Waaren verftekt, in die Lombardei eingeführt würden"; daß "diese Werbungen durch, ein Komite von Flüchtlingen, dessen Mittel sehr bedeutend fein sollen, ge-

leitet würden"; daß ,,die Angeworbenen, täglich durchschnittlich 40 bis 50, in Lugano in einem Depot gesammelt und bewaffnet und sodann truppenweis nach Piemont geschafft würden"; daß ,,im Allgemeinen (zu Ende Dezembers 1849) eine ungewöhnliche, Besorgniß erregende Bewegung herrsche, besonders zu Lugano, wo sich eine außerordentliche Menge von Fremden, vorzüglich von politischen Flüchtlingen, vereint, und wo die Leztexn eine besonders keke Haltung an den Tag legten" ; daß ,,in Lugano, Mendrisio und andern Orten es in allen Waffenschmiedwerkstätten überaus lebhaft zugehe, wo thätigst an alten UJßaffen gefegt und an der Verfertigung neuer gearbeitet werde"; daß ,,in Magadino förmlich ein Werbplaz'für französische und badische Unterthanen etablirt sein soll und daß es beabsichtiget werde, Emissäre in die Lombardei . zu entsenden, um daselbst neue Unordnungen zn bereiten".

Der Minister schließt mit der Bitte, der Bundesrath

· 379 ·möchte den Grund oder Ungrund der fraglichen Werbungen genau erforschen und im Falle sich selbe bewähren sollten, deren Abstellung mit aller Macht veranlassen.

Der Bundesrath hat sofort (den 10. Dezember und den 7. Jenner) Abfchrift der erwähnten Aktenstüke der Regierung des Kantons Tefsin mit der Einladung mitgetheilt, untersuchen zu lassen, ob die sraglichen Werbungen und die andern angeführten Thatsachen begründet feien oder nicht. Indem er umständliche Berichte" über jede dieser -.Behauptungen verlangte, hat der --Bundesrath zugleich der Regierung des Kantons Tefsin anbesohlen, die Werbungen, falls solche wirklich auf ihrem Gebiete stattfinden follten, unverzüglich einstellen zu lassen.

Dieser Einladung entsprechend hat der Staatsrath des -Kantons Tessin dem Bundesrathe unterm 7., 15. und 18.

Jenner 1850, drei umständliche Berichte eingesendet, aus denen man ersieht, daß im Kanton Tefsin weder sür Rechnnng Sardiniens, noch sonst für irgend Jemand Werbungen stattgefunden, daß daselbst weder ein Komite, noch ein Wexbbüreau bestanden und daß sämrntliche oben erwähnten Vorhalte, deren Erwahrung immerhin nur mög= lich ist, allen und jeden Grnndes entbehren und sich im Kanton Tefsin nichts zutrug, was geeignet wäre, die Ruhe der Lombardei zu gefährden. Aus diesen Berichten erhellte ferner, daß die jungen Lombarden, welche glaubten sich der Militäraushebung entziehen zu können, wenn sie sich im Kanton Tessin sur Piémont oder Frankreich anwerben ließen, in der Lombardei selbst irregeführt und in diesem Irrthum bestärkt worden ; daß die Ankunft dieser Lombarden in dem Kanton Tesfin um die Mitte Dezember (1849) ·aufgehört habe, als sie die Gewißheit erlangten, daß sie daselbst weder angeworben, noch geduldet würden. Der Staatsrath hatte übrigens neuerdings die Polizeibehörden

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eingeladen, einerseits keinen österreichischen Angehörigen, der sich seiner Militärpflicht zu entziehen sucht, zu dulden; anderseits keinen Anlaß zu versäumen, um den Jrrthum aufzuklären, in dem die jungen Lombarden befangen sind, welche, der Konfcription entfliehend, sich der Hoffnung überlassen, im Kanton Tessin Unterstüzung zu finden, während-sie daselbst nicht mehr geduldet werden können.

Der Herr sardinische Minister hatte anderwärts erklärt,

daß in den sardinischen Staaten kein italienischer Flüchtling, der aus dem Kanton Tefsin komme, angeworben werde.

M».Sm'bìff aän*.

"

Jndem der Bundesrath diese Nachweisungen und andere Details unterm 30. Jenner (1850) dem österreichischen Minister übermachte, bestätigte er sie, fügte zur Unterstüznng derselben einige Thatsachen bei nnd drükts die Gewißheit ans, daß die kais. königl. Regierung sich überzeugen werde, daß die oben angeführten Werbungen und die andern Thatfachen niemals stattgefunden haben.

Jn der That hatte diefe Angelegenheit keine weiter...

Folge.

Die Regierung Sardiniens, welche zn wiederholten Malen die ihr durch die Anwesenheit verschiedener italiernV scher Flüchtlinge in Lausanne und Gens verursachte Be«nruhigung ausdrükte, hatte ihrer Seits geglaubt eine Note, datirt vom 15. Dezember 1849, an den Bundesrath richten zu müssen, deren wörtlicher Jnhalt hier folgt; Sr. Exzellenz, Hrn. Dr. Furxer, Präsident der schwel'» zerifchen Eibgenossenfchaft in -.Bern.

Der Unterzeichnete, Jnterimsgefchäftsträger Sr. Majestät des Königs von Sardinien, ist von seiner Regierung beauftragt worden Se. Excelïenz, den Herrn Präsidenten der Eidgenossenschaft, auf die Gefahr aufmerksam ziî -machen, welche sich für die Ruhe der Staaten des Königf;

381 aus der Anwesenheit Mazzinis und seiner Agenten in Genf und Laufanne darbietet, die das Afyl, das sie auf dem fchweizerifchen Gebiete gefunden haben, benuzten, um revolutionäre Umtriebe zu organisiren, deren Verzweigungen sich über das ganze Königreich Sardinien ansdehnen. Die Regierung Seiner Majestät, von dem Zweke und den verbrecherischen Ränken dieser Verschwörer unterrichtet, muß sich bereit halten, um den verderblichen Folgen derselben zuvorzukommen, und würde sich daher verpflichtet sehen, Maßregeln beizutreten, die man im Falle sein wird, vorzuschlagen, um eine für mehrere andere Staaten geîneinschaftliche Gefahr zu entfernen.

Der Bundesrath hat zu viele Beweise des Gerechtigleitsinnes und der hohen Weisheit, die ihn leiten, gegeben, um nicht die Nothwendigleit anzuerkennen, im Interesse der Ruhe beider Länder, diese gefährlichen Menschen, deren Dasein der Beunruhigung bes europäischen Friedens geweiht war und die heute durch alle ihnen zu Gebote gehenden Mittel versuchen in einen der Schweiz besreunì>eten und benachbarten Staat Unordnung zu verpflanzen, aus dem Gebiete der Eidgenossenschaft zu entfernen.

Die Regierung des Königs £egi feinen Zweifel, daß

der Bundesrath die Loyalität dieses Schrittes wohl würdigen und darin nichts anderes sehen werde, als einen neuen Beweis der alten Freuudschast, welche zwischen der Schweiz und Sardinien besteht und deren Forterhaltnng ju sichern Sr. Majestät so sehr am Herzen liegt.

Der Unterzeichnete ergreift eifrig diesen Anlaß, um Sr. Exzellenz dem Herrn Präsidenten der Eidgenossenschast die Versicherung feiner ausgezeichnetsten Hochachtung p erneuern.

Bern, den 15. Dezember 1849.

(Unterzeichnet) E, de Barral.

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Es wurde auf diefe Note am 21. Jenner 1850 ge-= antwortet. Wir halten es ebenfalls für zwekmäßig, diefe Antwort hier textnell einzutragen, weil sie den Geist be= zeichnet, in welchem der Bundesrath diese Gegenstände -behandelt nnd weil sie, wie die sardinische Note, durch einige Organe der Oeffentlichkeit sehr mangelhaft wieder.-, gegeben worden ist : An Herrn Ritter von Barral, Jnterimsgeschäftsträi)er Sr. Majestät des Königs von Sardinien bei der fchweizerischen Eidgenossenschaft in Bern.

Der fchweizerische Bundesrath hat die Mittheilung der Note, datirt vom 15. Dezember 1849, empfangen, durch .welche Herr Ritter von Barrai, der Jnterimsgeschäftsträger Sr. Majestät des- Königs von Sardinien, von Seiten feiner Regierung den Präsidenten der fchweizerischen Eidgenossenschaft auf die Gefahr aufmerksam machte, welche die Anwesenheit Mazzini's und seiner Agenten für die Ruhe der Staaten des' Königs darbiete, die, sagt der Herr Geschäftsträger, das Asyl, welches sie aus dem schweizerischen Gebiete gefunden, benuzten, revolutionäre Umtriebe zu organisiren, deren Verzweigungen sich über das ganze .föHigrcich auedehnen.

Gleichzeitig dxükt die Regierung Sr. Majestät die Hoffnung aus, daß der Bundesrath die Notwendigkeit anerkennen werde, im Interesse der Ruhe beider Länder,.

diese gefuhrïichen Menschen aus dem Gebiete der Eidge«ossenschaft zu entfernen.

' Jndem der Bundesrath gern das Wohlwollende liegen die ©chwcs'z, welches die Mittheilung enthält, anerkennt, hielt er doch nicht für nothwendig, früher zu antworten, theils wegen der Oeffentlichkeit, welche feinen Erklärungen und Handlungen bezüglich der Flüchtlinge, in Betreff ber völkerrechtlichen Verhältnisse der Schweiz, gegeben worden ist,,

383 theils weil Herr Ritter von Barrai mündliche Kenntniß von den in Betreff Mazzini's genommenen Entscheidungen erhalten hat.

Da indessen der Herr Jnterimsgeschäftsträger an diese Angelegenheit wieder erinnert hat, zögert der Bundesrath nicht länger ihm zu antworten, daß er, durchdrungen von der Notwendigkeit, Menschen, welche die Ruhe benachbarter Staaten gefährden möchten, aus dem Gebiete der Eidgenossenfchaft zu entfernen, schon im vergangenen Herbstmonat beschlossen habe, Mazzini, dessen Vorgänge

und politische Thätigkeit bekannt genug sind, ans der Schweiz fortzuweisen und' das eidgenössische Departement der Justiz und Polizei beauftragt habe, die daherigen Maßregeln zu ergreifen.

Obgleich die angestellten Nachforschungen bis gegen-

wärtig nicht zur Entdekung Mazzini's und folgerichtig zu seiner Fortfchassung aus dem schweizerischen Gebiete geführt haben, so sollen dieselben nichtsdestoweniger sortgesezt werden, bis man das gewünschte Resultat erreicht hat, denn, wie der Bundesrath in seinem Beschlüsse vom 16.

Heumonat 1849 bezüglich der deutschen Flüchtlinge erklärt hat, die Schweiz gibt nicht zu, daß ihr Boden zum Heerde einer Propaganda und solcher Umtriebe dienen soll, welche benachbarten Staaten Unruhe verursachen könnten.

·Hber selbst die Loyalität, welche den ..Schritt der Regierung des Königs eingegeben hat, macht es dem schweizerischen Bundesrathe zur Pflicht, sich mit Bestimmtheit über eine Stelle der Note vom 15. Dezember 1849 zu erklären, welche, wenn nicht darauf zurükgekommen würde, Anlaß zu falschen Auslegungen geben könnte.

Nachdem gcfagt »oi.d.n: ,,die Regierung ©r. Majestät,.

384 von dem Zweke und den verbrecherischen Ränken dieser Verschwörer (Mazzini's und seiner Agenten) unterrichtet, muß sich bereit halten, um den verderblichen Folgen derselben zuvor zu kommen" -- sügt die Note vom 15. De-

zember bei: "dieselbe (die Regierung des Königs) würde sich daher verpflichtet fehen, Maßregeln beizutreten, die man im Falle fein w u r d e vorzufchlagen, um eine für m e h r e r e andere Staaten gemeinfchaftlich e Gefahr zu eutfernen."

Der Bundesrath fönnte in dieser Maßregel nichts anderes sehen, als Bestimmungen in Betreff Mazzini's, sei«er Agenten und ihrer Unternehmungen; er fönnte nicht voraussezen, daß dieselben die Schweiz betïefen dürsten.

Wenn es sich anders verhalten, wenn die Schweiz der Gegenstand diefer Vorschläge sein sollte, so würde der Bundesrath alle erforderlichen ...Sorbehalte machen, und indem er gegen solche Drohungen .protestât, würde' er daran erinnern, daß die Eidgenossenschaft, welche- aus eigenem Antriebe ihre völkerrechtlichen pflichten erfüllt hat, mit der Kraft, welche das Bewußtfern des guten

Rechts gibt, alle die Gränzen ihrer Pflicht überschreitenden Forderungen fowohl, als auch jede gegen sie gerichtete Maßregel zurükzuweifen wüßte.

Jndem der Herr Jnterimsgeschäftsträgcr Sr. Sardinifchen Majestät diese Antwort seiner Regierung übermacht, wird er die Güte haben, dieselbe des aufrichtigen Wunfches des Bundesrathes zu versichern, die Bande den: alten Freundschaft/ welche so glüflich zwischen Sardinien und der Schweiz bestehen, möglichst*ausrecht zu erhalten und enger zu knüpfen.

Der Bundesrath ergreift diese Gelegenheit eifrig, um

385 , dem Herrn Ritter von Barrai die ...Bersicherung seine»: ausgezeichneten Hochachtung zu erneuern.

Bern, 21. Jenner 1850.

Namens des Bundesrathes : Der Präsident der schweiz. Eidgenossenschaft(Unterz.) H. Drüey.

Der Kanzler der fchweiz. Eidgenossenschaft î

(Unterz.) Schieß.

Die badische Regierung, welcher die politischen Flücht- cc. .-BoÄettfe linge stets viele Unruhe verursachen, erhob ununterbrochen zahlreiche Beschwerden bald über die Rükkehr internirter politischer Flüchtlinge an die Gränze, bald über den Aufenthalt einiger Führer in der Schweiz, deren Entfernung angeordnet war. Sie hatte sogar verlangt, daß den Flüchtlingsansührern, die der Bundesrath durch den Beschluß vom 16. Juli 1849 und durch Kreisschreiben vom 19.

Wintermonat gleichen Jahrs aus der Schweiz fortgewiesen hatte, noch sechsunddreißig weitere Flüchtlinge, deren Liste fi'e angefertigt hatte, beigefügt werden möchten. Diefem ißerlangen ist, weil genügende Gründe mangelten, nicht entsprochen worden; aber diese Flüchtlinge wurden auf eine angemessene Entfernung von der badifchen Gränze internirt. Der größere Theil derselben ist von dieser Zeit an freiwillig nach England oder Amerika verreist.

Die Klagen der badifchen Regierung sind jedesmal mit Sorgfalt untersucht worden, und so oft dieselben be-..

gründet gesunden wurden, ist ihnen Genüge geleistet worden ; aber öfters beruhten dieselben aus übertriebenen Berichten oder entbehrten jeder Grundlage. Es ging sogar das Gerücht, daß in Zürich ein Comité von flüchtigen Osfizieren bestehe, welches sich mit der Organisation einer neuen revolutionären Armee zu beschäftigen fuche und dag

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die Propaganda da sehr thätig sei, Behauptungen, welche eben so gut Lügen gestraft worden sind, als die Nachricht von einem bevorstehenden Einfalt in das Großherzogthnm Baden durch Kolonnen, die aus der Schweiz kommen und aus Geächteten bestehen follten, deren Zahl diejenige der Flüchtlinge, welche sich noch auf schweizerischem Boden befanden, bedeutend überstieg. < Die badische Regierung betrachtete die Eidgenossenfchaft nichtsdestoweniger mit vielem Mißtrauen und brachte in den Verkehr der beiden Länder Beschränkungen, gegen welche der Bundesrath Einsprache erhob; aber die .Regierung des Großherzogthums antwortete, sie könne auf die Maßregeln, welche sie zu ihrem Schuze genominen habe, nicht verzichten, bis die Jnternirung der Flüchtlinge genau, beobachtet würde und die aus der Schweiz verwiesenen Führer das Sand verlassen hätten.

ad. Sranïs Jhrer Seiis besagte sich die Regierung der französiïzl§&> çfyn Republik, daß man französische Flüchtlinge, deren Jnternirung der Bundesrath durch Beschluß vom 10. September 1849 angeordnet hatte, zu Bafel, im bernifchen Jura, im Kanton Wa'adt und vornämlich in Genf dulde.

Sie bezeichnete verschiedene, diesen Flüchtlingen, in der Absicht Frankreich zn revolutioniren, zugeschriebene Umtriebe, deren vorzüglicher Schauplaz, wie ihr berichtet worden, Genf sei, als Hin- und Herlaufen, Zufarnmenfünfte, denen selbst Herr Ledrn-SKotlin, von London komjnend, beigewohnt; Winkelgesellfchasten, geheime Verbindüngen, revolutionäre Kornités, Auosendlinge, Druk brand= · ftifterischer Journale und Bücher, welche heimlich in Frankreich eingeführt würden, Verständniß mit Verschwornen in Paris und Lyon; Komplotte, Vorbereitungen für militariffe Expeditionen, Werbungen, Organisinrng von Freifchaaren, 2l«fai:fe von Waffen und Munition, Schmug-

*

387 gelei von Pulver nach Frankreich, Entwürfe zu Einfallen in die benachbarten Departemente, mit einem Wort«, Unternehmungen, geeignet die Bevölkerung aufzuregen und die Behörden in Unruhe zu versezen.

Ein Theil dieser Anschuldigungen und sogar schwerere fo. Genf.

Anklagen wiederhallten selbst von der Rednerbiihne der gesezgebenden Versammlung Frankreichs herab ; als in der Sizung »om 29. Oktober 1849 der Minister des Innern, Herr Dufaure sich aus die vorgeblichen Gefahren, von welchen Frankreich von Seite der Schweiz, besonders von, Gens aus, bedroht sei, stüzte, um die Aufrechthaltung des Belagerungszustandes in den Departementen, welche die fechste Militärdivision (Lyon) bilden, zu rechtfertigen. Herr Düfaure fagte unter Anderm, indem er von dem eidgenössischen Beschlusse über die Jnternirung der französischen Flüchtlinge sprach: ,,Er wurde theilweis auf eine Art ansgeführt, welche uns nicht alle diejenigen Garantien darbietet, die wir wünschen. Theilweise geschah es nicht, weil in Genf, wo die beiden Parteien sich beinahe die Wage halten, die radikale Partei das Mittel erfand, eine gewisse Zahl Flüchtlinge in ihren Mauern zuxük zu behalten, um durch Einschüchterung die konservative Partei bei den Wahlen in den Großen Sîath am 12. Wintermonat niederzudrükcn. Jch schäme mich, daß sich FxanSosen, selbst ,flüchtige, als Mittel zu solch infamen Berechnungen gebrauchen ließen. Jch habe vielleicht ütc.)t alle Entoürfe mitgetheilt. Wenn die Wahl für die radikalc Partei ungünstig ausfällt, so dürften sich ihre Pläne weiter, als nur auf bloße Einschüchterung erstreik*.,. Nicht nur hegt man dieje Entwürfe in Genf, sondern unsere dortigen Flüchtlinse fchveiben an mehrere ihrer Freunde in. den benachbarten ...Departement..« und verlangen, daß sie sich auf den gleichen Tag in Genf einfinden sollen.

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Mehrere sind schon abgereist je. K," Ein Abgeordneter rief, indem er von Genf fprach: es ist ein d e m o k r a t i sches K o b l e n z !

Herr Barman, Geschäftsträger der fchweizerifchen Eidgenossenschast in Paris, hat energisch gegen die ungegründeten Anschuldigungen und ungerechten Zusaze, deren Gegenstand die Regierung von Genf in der Rede de..?» Herrn Düfaure war reklamirt; aber der Ministerwechfel vom 31. Oktober hat diefen Reklamationen ein Ende gemacht !

Obfchon ans den Nachforschungen, welche die Bundesbehörde anordnete, sich ergeben hat, daß ausgenommen die Flüchtlinge, die in Genf verstekt blieben, oder eine zeitweilige, auf befondere Umstände gegründete Verlängernng ihres Aufenthalts erhalten hatten und fpäter entfernt wurden, sich von oben erwähnten Anklagen nichts erwahrt habe, und daß fogar selbst die den französifchen Behörden gemachten Mittheilungen durch glaubwürdige Berichte widerlegt worden, blieb die Regierung des Kantons Genf nichtsdestoweniger in den Augen .des Auslandes unter dem Gewichte eines Mißtrauens, das bis zum Verdachte des Einverständnisses mit den Feinden der französischen Regierung gesteigert wurde. Und doch wiederholte die Genfer Regierung dem Bundesrathe unter'm 9/10. Hornung 1850 den Sinn ihrer frühern Erklärungen, indem sie schrieb: "Glauben Sie nur, daß tvir es nicht leiden würden, daß man sich unseres Gebietes bediene, um sich mit Verschwörungen gegen benachbarte oder andere Staaten zu befchäftigen."

Aber troz der Protestationen Genfs, troz feiner angeordneten Maßregeln und obgleich es ein augenfcheinlicheä Jnt'eresse hat, sich weder gegenüber der Eidgenossenschaft noch nach Außen zu kompromittiren, wurde nichtsdesto-

389 iveniger die Behörde dieses Kantons beständig beschuldiget, daß sie feindliche Plane gefjert Regierungen anderer Staaien begünstige.

Diefe Anschuldigungen waren ungerecht und der Bun- c. -Hns-Çete..

desrath hat sie zurükgewiefen. Aber der Anschein des Widerstandes gegen die Beschlüsse des Bundesrathes in Betreff der Flüchtlinge, welcher sich hin und wieder in

der Schweiz zeigte, und gewisse Urtheile, welche bei Gelegenheit dieser Kundgebungen geäußert wurden, sind auswärts als Anzeichen, wenn nicht selbst als Beweise, ausgelegt worden, daß die Befehle des Bundesrathes umgangen würden und daß die den Flüchtlingen beigemessenen Umtriebe bei uns Unterstüzung fänden.

Es ist dieses um so bedauerlicher, da sich eine Presse, d. Verlaurns eine alte und unversöhnliche Feindin der freisinnigen *>m&mSchweiz, namentlich seit dem Kriegsunternehmen gegen den Sonderbund und der Vertreibung der Jesuiten, dieser Thatsachen und anderer Umstände bemächtigte, um Anklagen gegen das Land, seine Bewohner und seine Einrichtungen zu schleudern. Jndem sie die falschen ihr mitgetheilten Berichte ausbeutete, oder in Ermangelung derselben solche ersand, hat · diese Presse von einem Ende Europas bis zum andern die Losung gegeben, um die Eidgenossenschast in den schwärzesten Farben zu malen, um sie als eine Höhle der Ordnungsseinde aller Länder, als den fortwährenden Heerd der Verschwörung darzustellen, welche in ihrem Schooße bewaffnete Banden »erberge, die aus das erste Zeichen bereit seien, sich über Frankreich, Deutschland und Jtalien zu ergießen, um den Ausruhr dahin zu wälzen und einen allgemeinen Brand zu entzünden. Als Mittel gegen solche, wie sie sagt, be·vorstehende Gefahr ruft diese Presse, mit aller Gewalt die fremde Jntervention gegen die Schweiz an, nicht nur

390 um alle Flüchtlinge ohne Unterschied aus derselben zu verjagen, sondern um unter dem Vorwande, Ordnung und Sicherheit herzustellen und die von einer rebellischen Faklion unterdrükte Mehrheit zu befreien, eine Reaktion zu bewirken. Um diefe Intervention zu beschleunigen, ließen sich die Reaktionärs nicht von der Denunziation eines nahe bevorstehenden Attentats und der Androhung einer schnellen, zu seiner Untecdrükung bestimmten, Züchtigung abhalten: vom 24. bis zum 28. Hornung 1850, würden Kolonnen von Flüchtlingen, in der Schweiz organisirt und bewaffnet, durch eine, mit den revolutionären Versuchen in den benachbarten Ländern kombinir.e Bewegung einen gleichzeitigen Einsall dorthin machen; nach diesem würden die Mächte auf vier Punkten auf einmal die Schweiz angreifen, am 10. März, nicht früher, nicht später, es sei unfehlbar, alles sei von der einen und der andern Seite vorbereitet. Vermutlich waren die revolutionäre Propaganda und die Flüchtlinge unter ihren Besehlen mit den Mächten verbündet. Mozzini einverstanden mit der heiligen Allianz! So lächerlich diefe Vorhersagungen einer Partei, welche ihre Träume für Wirklichkeit nimmt, sein möchten, so verriethen sie nichtsdestoweniger ihre Gedanken und ihre Absichten.

Und was in Erstaunen sezen würde, wenn man nicht der auffallendsten Gegensäze gewöhnt wäre, ist, daß gleich.: zeitig als die Journale der Reaktion die Schweiz auf den Jndcx der Mächte als eine in der ..Dienstbarkeit der revolutionären Propaganda stehende Provinz sezten und wenigstens ihre Bevormundung; wenn nicht gar ihre Ausstreichung auf der Karte von Europa verlangten, die Häupier jener Propaganda und ihre'Organe nicht aufhörten die Schweiz zu beschimpfen, das Volk wie seine Regieïungen, sowohl die kantonalen, als den Bundesrath;

39l sie behaupteten, er hätte sich zum servilen Agenten fremder Polizei hingegeben, dadurch, daß er Verbannte, welche auf dem fchweizerifchen Gebiete eine Freistätte gesucht, aufgespürt, gehezt und ausgejagt habe; er fei zur niedrigen Rolle eines unterthänigen Knechts der Mächte herabgefunken, dadurch, daß er sich zum gelehrigen Werkzeuge der Verfolgung der Märtyrer der Freiheit gemacht; das Volk fei Mitschuldiger seiner Regierung, weil es sie um dieser feigen und verbrecherifchen Politik ein Ende zu machen, nicht gestürzt habe; ja am Tage der Vergeltung müsse die Schweiz in den Bann der Nationen gethan werden, weil sie die Sache der Völker verrathen, indem

sie sich in eine selbstsüchtige Absonderung zurükgezogen und hinter ihrer Neutralitätsichergestellt habe ; weil sie ihre Aufgabe sich habe entsinken lassen, indem sie ihre Existenz nicht daran fezte, um die Fahne des allgemeinen Aufjiandes zu erheben, noch eine Agentschaft der europäifchen .Komités bekleidete, welche sich als die Leiter der revolutionären Initiative konstituirt hätten. -- "Die Schweiz, ,,diese Republik, welche unter dem Mantel der Neutralität ,,bisher jede politische Schandthat ungestraft verborgen «hat, nüzt uns nichts mehr, da sie uns kein Afyl mehr "sichert. Sie wird uns nur dann erst wieder nüzen, wenn ,,/sie den Lohn ihrer Feigheit und ihres Egoismus durch ,,Unterjochung empfängt. Die Schweiz muß unterjocht ,,werben. Die Schweizer werden erst wirkliche Republi,,kaner werden, wenn es keine Schweiz mehr gibt. Kein ,,Defpotenstaat konnte sich tieser erniedrigen, als sich die ,,republikanische Schweiz durch ihre Bürgermeister und "namentlich durch diesen feigen, ehrvergessenen, infamen "Bundesrath erniedrigt hat. Die große Majorität der "Schweizer billigt nicht bloß die Politik des Bundesrathes, ,,sondern sie theilt entschieden dessen bornivten, gemeinen

392 ,,·Polizeifanalismus gegeit die deutfche Freiheit und Intel»

,,ligenz, so weit sie sich willenlos in ihren Dienst begibt.

,,Alfo Haß und Krieg gegen die Schweiz, die feige ,,Schweiz, die ehrlofe Schweiz, die pflichtvergessene Schweiz."

jDa ist eine Uebersicht der Lästerungen gegen die Schweiz,, welche aus dem Munde von Menschen kommen, die sie in ihrem Unglüke aufgenommen und unter Dach gebracht hat, aber für welche sie nichts anderes war, als eine gute Milchkuh, die man schlachten müsse, wenn sie sia) nicht mehr melken lassen wolle.

Derjenige, welcher ganz vorzüglich das Echo dieser üRachgier und Drohungen machte, ist Herr Heinzen, längere

3«it Flüchtling bei uns, der Gleiche, welcher, sobald seine 'Partei triumphirt, allen Staaten ohne Unterschied verbiet ien will, den politisch Verfolgten, welche gegen seine Re* -gierung Widerstand geleistet, ein Asyl zu gestatten.

Es ljat selbst nicht an Flüchtlingen gefehlt, welche au..?

...Dankbarkeit für das Asyl und die Gastfreundschaft, die sie in der Schweiz genossen, falfches Zeugniß gegen sie ablegten, indem sie die lügenhaften Vorgaben der Reaktion bestätigten und die Zahl der Verbannten, welche sich auf unscrm Gebiete befänden, aus eine skandalöse Weise .übertrieben, da sie diese Zahl auf 60,000 fezten, während

·sie wenig über 1500 anstieg.

Uebexdieß gibt es in der Schweiz eine Menge von Korrefpondenten und geheimen Agenten jeglicher Art, -COelche ein Interesse haben, über das, was vorgeht. Bea xicht zu erstatten und beim Mangel wirklicher Thatsachen solche zu erfinden; bei den Einen ist es ihr Broderwerb, .bei Andern geschieht es aus Haß gegen die Jnstitntionen und Regierungen des Landes ; hier, um bei sremden ReQiminjîen falschen Lärm zu verursachen; da, u m . a u s irgend einer Absicht die guten Beziehungen zwischen der

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©dgenossenschaft und andern Staaten zu stören ; die schlechten Spaßvögel und die Mükenfänger trugen ebensalls einen guten Theil zu der verwerflichen Meinung bei, welche 'man im Auslande sich von der Schweiz gemacht hatte. Das Publikum war allgemein gegen sie eingenommen.

Man darf sich daher nicht wundern, daß inmitten e.Konferenjm.

diefer übereinstimmenden Anfchuldigungen sich die Aufmerkfamkeit der fremden Regierungen befonders auf die Schweiz richtete und daß es gelang, ihnen einige Sorgen über die Gefahren einzuflößen, welche angeblich die Ruhe Europas bedrohten.

Die Initiative wurde in Berlin ergriffen, wo man ein Interesse hat, an allgemeine Fragen die Angelegenheit von Neuenburg anzuknüpfen, welche isolirt nicht genug Anklang haben würde. Oesterreich, das zuerst sich ge-

weigert hatte, an Schritten bei der Eidgenossenschaft Theil zu nehmen, glaubte endlich an die Notwendigkeit, der Bundesregierung Vorstellungen machen zu müssen; jedoch

wünschte es die Mitwirkung der sranzösifchen Republik.

Zu diesem Zweke fanden zwifchen den 'Repräsentanten Oesterreichs und Preußens und der französischen Regierung zu Paris im -Jenner und Hornung 1850 Konferenzen statt.

Die Kabinete haben uns nichts davon mitgetheilt, was auf diefen Konferenzen vorgekommen ist; aber aus verschiedenen Nachrichten ergibt es sich, daß davon die Rede war, der eidgenössischen Regierung ernsthaste Vorstellungen zu machen, um sür die Gegenwart die (...ntfernung aller Flüchtlinge, für die Zukunft Garantien gegen den Mißbrauch des Afylrechts zu erlangen, und in dem Falle, wenn die Schweiz sich diesen Forderungen nicht fügen Bundesblatt, sahra,. III. Bd. n.

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394 werde, solche durch militärische Maßregeln zu unterstüzen.

Damit man sich eine annähernde Jdee von der Lage des Vaterlandes am Anfange des vorigen Jahres machen kann, glauben wir, in Ermanglung offizieller Aktenstüke, eine kurze Uebersicht der in Paris und Wien am meiste« beglaubigten Version, welche unsere Angelegenheiten betrifft, geben zu sollen.

Man fagte, daß feit länger als einem Jahre, seit der Unterdrükung der aufrührerifchen Bewegungen, welche in Deutschland, Jtalien und Frankreich ausgebrochen waren, die Schweiz zum Zufluchtsorte aller Menschen gedient

hätte, die sich der Verfolgung der Gefeze ihres Landes entziehen mußten; daß sie, mit oder ohne ihre Zustimmung, für die allen europäischen Aufständen Entwischten nicht bloß eine einfache Freistätte, sondern eine revolutionäre Werkstätte geworden; daß sie in eine Kriegsmafchine verwandelt fei, welche in die Mitte Europa's gestellt und unaufhörlich auf alle umliegenden Länder gerichtet wäre; daß Oefterreich und Preußen in diefer Beziej)ung Eröffnungen an die französifche Regierung gemacht hätten, welche verfuchten darzuthun, daß die Schweiz, wegen der herausfordernden Stellung, welche sie nach ihren Ansichten eingenommen, sich selbst außer der ihr durch die Verträge zugesicherten Neutralität gestellt habe. Sie sezen auseinander, fügt man bei, daß die ununterbrochene Arbeit der demagogischen Propaganda, die sich an ihren Thoren festgefezt, sie nöthige, eine ungeheure Heeresmacht auf dem Kriegsfuße beizubehalten, Oesterreich 600,000

Mann, Preußen 490,000; daß die für folche Militär-

rüstnngen nöthigen Ausgaben ihre Finanzen belasten; daß eine Verlängerung diefer Lage der Dinge die Herstellung des Friedens in Deutschland aus unbestimmte Zeit hinaus-

395 schiebe und sie zur Befezung, fei es des Großherzogthums

Baden, fei es Sachsens oder Württembergs zwinge; daß die Ruhe und Sicherheit des nördlichen Italiens gleichfalls durch die ewige Drohung eines Angriffs von dieser Seite von der Schweizergränze her gefährdet würden..

Obgleich man hinlänglich wußte, da-ß die unbestimmte Verschiebung der Herstellung des Friedens in .Deutschland und die Notwendigkeit für Oesterreich und Preußen,, ungeheure Militärkräfte auf dem Kriegsfuße beizubehalten, von der wohlbekannten Eifersucht dieser beiden Mächte und ihren entgegengesezten Ansprüchen ans die deutsche -Bundesgewalt, von dem Zustande der Gesinnung in ihren Provinzen und im übrigen Deutschland, vielleicht auch von dem Zusammenziehen der russischen Truppen an ihren Gränzen und jedenfalls von der Erwartung mehr oder weniger naher Ereignisse in Franfreich herrührt; obgleich man wußte, daß die Befezung Badens, Sachsens und

möglichenfalls Württembergs in Folge von rein deutschen und örtlichen Fragen verurfacht wurde und daß die Ge...

fahren, von denen die Ruhe und Sicherheit Italiens bedroht fein follten, in der Haïbinfel selbst ihre O.uelle.t haben; daß die Gefchichte der Beispiele genug aufweist, die beweifen, daß die revolutionären oder reaktionären Versuche der Emigrirten elendiglich scheitern, wenn sie nicht im Gefolge siegreicher Heere anderer Mächte einhergehen; obgleich man diefe und noch andere Dinge kannte;

obgleich nicht die geringste wirkliche Beziehung zwifchen den angeführten Umständen und der Anwesenheit von ·Flüchtlingen in der Schweiz bestand, so leitete man doa) nichtsdestoweniger von diesen Verhältnissen die Ent« schließung her, welche, wie man sagte, Oesterreich und Preußen genommen hätten, um bei der schweizerischen Regierung die Austreibung der Flüchtlinge aus dem Ge-

396 biete der Eidgenossenschaft zu fordern, und das Land so.gar militärisch besezen zu lassen, um diese Maßregel, im Falle man nicht sreiwillig ihren Forderungen entsprechen würde, felbst zu vollziehen.

Die der französifchen Regierung gemachte Mittheilung hatte den Zwek, ihr von den durch die zwei Mächte gefaßten Entschließungen Anzeige zu machen und ihr anzubieten, von ihrer Seite bei den Maßregeln mitzuwirken.

"Im Falle die französische Regierung an denfelben sich nicht betheiligen gewollt hätte, so würden Oesterreich und Preußen diese Entschließungen aflein ausgesührt haben, welche ihnen die Sorge sür ihre eigene Sicherheit, wie für die allgemeine Ruhe geboten zu haben schien.

Man versichert, daß die gleiche Mittheilung der sardinischen Regierung gemacht worden sei, welche erklärt haben soll, die Antwort der sranzösischen abwarten zu wollen.

Was würde diese Regierung, im Falle die beiden an* dern Mächte ohne weiters eingeschritten wären und eine militärische Intervention in der Schweiz versucht hätten, gethan habeu? Man versichert, sie würde sich da nicht widersezt haben, ja sie würde von ihrer Seite nicht gezögert haben, das Nämliche zu thun, wenn die offen an ihren Thoren vorbereitet geglaubten Unternehmungen einen drohendern Charakter angenommen hätten. Würde sie bezüglich der Jntervention mit Oesterreich und Preußen mitgewirkt haben? Diese Frage würde durch die Umstände gelöst worden sein. Die «n die Schweiz gränzenden fran3ösischen ...Oepartemente waren damals wie heute im Beïagerungszustande und diese ausnahmsweise Stellung, behauptete man, sei durch die beständige Drohung eine..* Angriffs nothwendig geworden, die man sich an den Granjeu der Republik einbildete, welche ihr weder Frieden

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noch Waffenstillstand lasse, als wenn der Zustand Frankreichs nicht diese Ausnahmsmaßregeln veranlaßt hätte!

,,Die Schweiz, schrieb man, ist heute in Europa der kranke Punkt, welcher die allgemeine Entzündung unterhält." -- Das hieß zu sehr vergessen, daß diese allgemeine Entzün-

dung bestand, ehe und bevor noch ein einziger Flüchtling in der Schweiz war ; daß vor der Ankunft der Verbannten bei uns der Schauplaz des Brandes weit mehr ausgedehnt und die Flammen viel brennender waren. Wann endlich wird man aufhören, auswärts und in unbedeutenden Umständen diesen k r a n k e n P u n k t zu suchen, den man im eigenen Schooße trägt, diesen Heerd der Ent-

zündung, deren Siz die Eingeweide derjenigen selbst sind, welche einem gesunden Nachbar die Ursache des Fiebers zuschreiben, von dem sie selbst verzehrt werden?

Obgleich diese Aussagen jeden offiziellen Charakter entbeljrten ; obgleich man vermuthlich den Kabinetten Behangtungen und Gründe, die eine ganz andere ..Quelle hatten, zuschrieb, war es doch unerläßlich geworden, die schweren Jrrthümer, von denen einige stark verbreitete Organe der Presse das Echo waren, zu widerlegen; es mußte die seit einiger Zeit aus Rechnung der Schweiz irregeleitete öffentliche Meinnng aufgeklärt werden» Herr Barman, der Geschäftsträger der schweizerischen Eidgenossenschast in Paris, beeilte sich, es in einer eben so entschiedenen und würdigen, als gemessenen und anständigen Antwort zu thun. Hier sind die Hauptstellen dieser Berichtigung, welche einen großen Eindruk und die beste Wirkung hervorgebracht hat.

Sie erschien, datirt Paris den 3. Hornnng 1850, in den Zeitungen.

Herr Barman sagte unter anderm: "Es foll die Schweiz der Zufluchtsort aller Perfonen geworden fein, welche sich der Verfolgung der Gefeze ihres Landes entziehen konnten."

398 ,,Es ist vergessen worden, daß Frankreich in diesem 'Augenblike einer sehr großen Anzahl italienischer und deufc..

scher Flüchtlinge, von denen mehrere aus der Schweiz verwiesen worden, Gastfrenndfchaft gewährt, daß Piemont hundert Mal mehr italienifche Verbannte enthält, als die Schweiz; daß es französische Flüchtlinge in Belgien und vorzüglich in Londen, 8 Stunden von Paris, gibt; daß von den angesehenen französischen Flüchtlingen zwei einzige,

Felix Pyat und Boichot, sich in der Schweiz befinden, die, wie ihre Gefährten, mehr als 12 Stunden von der Gränze internirt sind, deren Entfernung unmittelbar nach einem bewiesenen Versuche, die Ruhe Frankreichs zu stören, erfolgen würde."

,,Man hat es vergessen, oder ignorirt, daß der Bnndesrath ans eigenem Antriebe am 16. Heumonat 1849 die Ausweisung aller Flüchtlinge, welche militärische oder politische Führer gewesen, oder welche das in der Schweiz erhaltene Asyl mißbrauchten, angeordnet hat, ein Beschluß, welcher vollzogen worden.

"Die mehr als 11,000 Flüchtlinge sind auf ungefähr 1500 herabgeschmolzen, darunter 150 Polen, deren Aufnahme Frankreich verweigert hat."*) ,,Man gibt vor, diese Flüchtlinge hätten eine Armee von 600,000 Oesterreichern und 490,000 Preußen auf dem Fuße erhalten und den Belagerungszustand von fünf französischen Departementen nothwendig gemacht."

,,Man glaubt im Gegentheil behaupten zu können,

daß auch eine vollständige Ausweisung aller Flüchtlinge nicht die Entlassung eines einzigen Soldaten herbeigeführt hätte."

*) Seither hat sich die Zahl der Flüchtlinge in der .Schweiz bedeutend »ermindert. Im Inni 1851 waren es nicht mehr als 200 in alten Kantonen, in gehöriger Entfernung von der Gränze, zerstreut.

399 //Ist es gerecht der Gegenwart der Flüchtlinge in der Schweiz den furchtbaren Aufstand im Juni 1848 in Paris, und jenen vom 13. Juni lezthin in Paris und Lyon beizumessen?"

,,Wird die Umänderung des Wohnsizes einiger Franzofen von Lausanne nach London sür Lyon ein sicheres.

Pfand der Ruhe sein ?"

,,Man glaubt nicht, daß ein Unparteiischer bejahend antworten kann".

,,DieSchweiz ist h e u t e i n E u r o p a der k r a n k e

Punkt, welcher die allgemeine Entzündung

unterhält".

,,Die Wahrheit ist, daß seit länger als zwei Jahren, das heißt seit die Diplomatie die Schweiz zu Athem kommen ließ, kein Land in Europa sich einer größern Ruheerfreute. Jn Mitte der Umwälzungen und Empörungen ist sie unbetheiligt geblieben. Sie hat jeden Versuch," er .mochte von Herrn von Lamartine, oder von dem Könige Karl Albert zu dem Zweke ausgehen, sie von der Neutralität, welche ihr in einem allgemeinen Jnteresse gewährleistet worden, abzubringen, entschlossen zurükgewiesen.

Unter dem wohlthätigen Einflüsse ihrer neuen Bundesewrichtnngen, hat sie ihre ganze Thätigkeit Verbesserungen im Jnnern gewidmet, wie dem Straßenbau, den Zöllen, den Eisenbahnen, den Militäreinrichtungen, der Reform des Münzwefens je".

,,Die Schweiz ist übrigens ganz entschlossen, alle Diejenigen von ihrem Gebiete zu entfernen, die durch den Mißbrauch der Gastfreundschaft, welche sie empfangen, für benachbarte Staaten ein Gegenstand gerechter Bennruhignng sein könnten. Alle angemessenen Bemerkungen in diesem Sinne werden unzweifelhaft günstig aufgenomjnen werden. Die Schweiz kennt die Rüksichten, zu wel-

400 che« die Staaten unter einander verpflichtetsind; sie weif voraus, was sich gegen Frankreich geziemt; aber mehr oder weniger bittere Noten, ntehr oder weniger durchscheinende Drohungen verfehlen öfters die Wirkung, welche man erwartet hat".

Nichtsdestoweniger hatten diefe, von Hr. Barman zu nichte gemachten Behauptungen eine große Bedeutung, indem sie die Meinung, welche man sich in einigen Regionen über die Schweiz machte, bekundeten und die Vermuthung, von wo man ausgegangen wäre, um gegen die Schweiz zu 'handeln, begründeten.

Dieses Alles fand sich durch andere, aus Duellen, die Zutrauen verdienen, geschöpfte Berichte bestätiget. Die Gegenwart mehrerer Flüchtlinge in der Schweiz, gewisse Veröffentlichungen und vor allem der verlängerte Aufenthalt Mazzini's, gaben Veranlassung zu glauben, dag die revolutionären Komites ihre Thätigkeit verdoppelten, und daß sie auf den Frühling einen Einfall nach Italien und andern Gegenden vorbereiteten. Man zweifelte keine..!wegs am Willen des Bundesrathes, die völkerrechtliche..., Pflichten der Schweiz zu erfüllen, aber man sagte ohne Umfchweife, daß er dazu die Macht nicht habe und daß seine Befehle nicht vollzogen würden. Von der Voraussezung. ausgehend, daß die Kantone die Beschlüsse der Bnndesbehorde nicht ausführen wollten und daß die Eidgenoffenfchaft keine Garantie gegen die Entwürfe und Unternehmungen der Verbannten darböte, folgerte man

für die Mächte die Notwendigkeit, Zwangsmaßregeln zu ergreifen, um sich vor den Versuchen, von denen sie sich bedroht glaubten, sicher zu stellen. Man müsse, hieß es, für ein und alle Mal diesem Zustande der Dinge, den man als einen Zustand der Unordnung bezeichnete, ein Ziel sezen. ...Oeßhalb sollte ein Ultimatum an die Eidge-

401 nossenschaft erlassen werden, und follte sie den Forderungen, die man an sie stellen würde -- alle Flüchtlinge angen-

bliklich auszuweisen und in Zukunft das Asylrecht zu be= schränken -- nicht sogleich nachkommen, die Mächte alsobald zu den Waffen greisen würden. Diese Meinung hatte solcher Maßen in Deutschland, namentlich unter den Truppen, Wurzel gefaßt, daß man allgemein einen bevorstehenden Krieg gegen die Schweiz als eine ausgemachte Sache betrachtete. Und die Besorgnisse über unsere Zu= stände hatten aus merkliche Weife auf die Börfen von Paris und London zurükgewirkt. Es gab einen Augenblik, Anfangs Hornung, wo die Feinde der Schweiz, einen Angriff auf unfer Land als unwiderruflich entschieden betrachteten, oder sich so stellten; sie sagten laut, daß eine .

Ausweisung der Flüchtlinge nicht genügen würde und daß eine Gegenrevolution nöthig sei. Jedoch muß man sagen, daß obgleich in der Konferenz von der Befezung der Schweiz als von einer Eventualität die Rede -war, man durchaus einverstanden gewesen, daß die Mächte sich in keine von unfern innern Angelegenheiten einmischen würden; aber es ist leicht einzusehen, daß eine militärische Besezung, angenommen, sie wäre nicht unüberwindlichen Hindernissen begegnet, die gleiche Wirkung, wie eine eigentliche Jnter' vention, gehabt hätte.

So drohend diese Nachrichten auch waren, so ver- f. Bundesräth* mochten sie den Bnndesrath doch nicht aus der Ruhe zu li*e m$v bringen, einerseits weil er das Bewußtsein besaß, daß die fle "' -

Schweiz, welche ihre völkerrechtlichen Pflichten ersüllt hat und sie anch ferner erfüllen würde, keinen Anlaß zu Vorstellungen und Angriffsmaßregeln gegeben habe, und anderfeits weil er die Ueberzeugung hatte, daß alle über die Gränzen der Pflicht gehende Forderungen energisch von der schweizerischen Nation zurükgewiesen würden.

402 welche zur Verteidigung ihrer Rechte, wie ein Mann aufgestanden wäre. Er hat nicht geglaubt, von der politifchen Bahn, welche er von seinem Amtsantritte an befolgte und die ihm von der Bundesversammlung selbst, durch ihr Dekret vom 27. Wintermonat 1848, in Betreff der italienifchen Flüchtlinge im Kanton Tessin, vorgezeichnet worden ist, abweichen zu sollen. Er fuhr fort die früher gefaßten Befchlüsse zu vollziehen, und die Kantone an das, was sie zu thun hätten, zu erinnern. (Kreisschreiben vom 4. Hornung 1850).

Um die auf Rechnung der Schweiz verbreiteten, falschen Gerüchte zu zerstreuen, beauftragte der Bundesrath die schweizerischen Geschäftsträger in Paris und Wien die Regierungen bei welchen sie akreditirt sind, fowie die diplomatifchen Korps von der Wahrheit zu unterrichten; sie haben sich diefes Auftrages mit vieler Sorgfalt und mit Glüf entlediget. Wir haben auch nicht unterlassen, die Gefandten der Mächte bei der Eidgenossenfchaft von dem wahren Sachverhalte zu unterrichten und sie auf die Folgen, welche eine fremde Intervention in der Schweiz herbeiführen würde, aufmerksam zu machen und wir sind überzeugt, daß die Berichte dieser, sowohl durch ihren Geist, als ihren Charakter ausgezeichneten Männer, deren Stellung ihnen so gut gestattet zu beobachten und das Falsche von dem Wahren zu unterscheiden, viel dazu beigetragen haben, ihre Regierungen anszuklären und ihnen begreiflich zu machen, daß keine Gründe vorlägen, um an die Schweiz Forderungen zu stellen.

Gleichzeitig hat der Bundesrath Berichte über Be-

wegungen und Zusammenzüge fremder Truppen in der

Nachbarfchaft der Schweiz eingezogen und das Militärdépartement "beauftragt, alle Vorbereitungen zur Verthefdigung zu treffen, welche ohne die öffentliche Aufmerksamkeit

·9

403 auf sich zu ziehen stattfinden könnten, um die Bevölkerung nicht durch den Schein, als glaube man an die Gefahr, zu beunruhigen.

Um sich andererfeits desto besser von der Wahrheit oder Falschheit der Thatsachen, die als in Genf vorgefallen bezeichnet wurden, überzeugen zu können, um der Regierung diefes Kantons felbst Gelegenheit zu geben, ihre redlichen Absichten, welche man auswärts verdächtigte,

an Tag zu legen, wurde der nach Genf bezüglich der Festungswerke abgesandte, eidgenössische Kommissär, Herr

Siegfried, eidgenössischer Oberst und Mitglied des Nationalrathes, beanstragt, alle nöthigen Erkundigungen in Betreff der Flüchtlinge, der Werbungen und anderer Vorbereitungen zum Zweke eines in den Berichten, welche dem Minister der französischen Republik mitgetheilt worden, angekündigten Marsches nach Frankreich und Italien einzuziehen ; nötigenfalls follte der Kommissär bei der Genfer Regierung im Sinne der Ansuchen wirken, welche der Bundesrath an diese Regierung unter dem 6. und ll.Hormmg gestellt hatte, um geeignete Maßregeln anzuordnen, und vorkommenden Falls Unternehmen zu verhindern, welche die völkerrechtlichen Beziehungen der Schweiz kompxomittiren würden. -- Sowohl ans dem Berichte des eidgenössischen Kommissärs, als aus demjenigen der Genfer Regierung ergab sich, daß die angezeigten Thatfachen erdichtet waren und daß in den Frankreich benachbarten Kantonen nichts von der Art vorgefallen, was die Klagen gerechtfertigt hätte.

^ Endlich haben wir, um die Schweiz über ihre wahre Lage zu unterrichten und die falfchen und beunruhigenden Gerüchte, nach welchen der Bundesrath drohende Noten empfangen und den Befehlen der Mächte nachgekommen sein follte, zu widerlegen, an die Regierungen der Kan-

404 tone das K r e i s f c h r e i b e n vom 15 Hornung 1850, bet r e f f e n d f r e m d e T r u p p e n b e w e g u n g e n , erlassen,

welches zugleich als Manifest für das Jn- und Ausland diente. Da sich in diefem Aktenstüke die Politik des Bundesrathes abfpiegelt, es den Geist, welcher die völkerrechtlichen Beziehungen der Schweiz beseelt, hervorhebt, und Behauptungen antwortet, die man sich nicht scheute von da an zu wiederholen, und da es selbst heute noch Bedeutung hat, so findet es natürlicher Weise eine Stelle in diese-m Berichte» Hier ist tiefes Kreisschreiben :

B e r n , den 15. Hornung 1850.

Der schweizerische -Bundesrath an die Regierungen fämmtlicher eidgenössischer Stäube und an diejenigen der Gränzkantone insbesondere.

Getreue, liebe Eidgenossen!

Mehrere Zeitungen haben angekündiget, daß verschiedene Mächte, unter andern Oesterreich und Preußen, Truppen zusammen zögen, welche bestimmt seien gegen die Schweiz zu marschiren, ja sogar sie zu besezen, um ihr gewisse, mit ihrer Würde und Unabhängigkeit unverträgliche, Zugeständnisse abzunöthigen.

Obgleich bis zur heutigen Stunde von Seite dieser Mächte weder schriftlich noch mündlich irgend eine Note noch unmittelbar oder mittelbar irgend ein Begehren an uns gerichtet worden ist, das der in den öffentlichen ..Blättern erwähnten Art wäre, Noten und Begehren nämlich bezüglich der Flüchtlinge, welche ans einen Eingriff in die Jnstitntionen und Rechte der Schweiz abzielten; obgleich ·die Mächte jeglichen Grundes zu Beschwerden gegen die Eidgenossenschaft, welche aus eigenem Antriebe und red-, lich ihre völkerrechtlichen Verpflichtungen erfüllt hat und fortfahren wird zu erfüllen, entbehren, wir daher weit

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entfernt sind, die Pläne, welche man diefen Mächten unterschiebt, zuzugeben, oder auch nur vorauszufezen: so sehen wir uns dessen ungeachtet, weil es unsere Pflicht

ist, für die Sicherheit der .Schweiz und die Erhaltung ihrer Unabhängigkeit fowohl, als ihrer Neutralität zu wachen, veranlaßt. Sie zu ersuchen, uns von Allem demjenigen, was Sie in Betreff der Zufammenziehung und Bewegungen fremder Truppen, welche gegen die Schweiz gerichtet fein möchten, wissen und erfahren können, in Kenntniß sezen zu wollen, damit wir, wenn wider alles Erwarten, die ausgestreuten Gerüchte gegründet sein sollten, in den Stand gesezt wären, die zur Vertheidigung des Vaterlandes erforderlichen Maßregeln zur rechten Zeit zu ergreifen.Sie wissen es, getreue liebe Eidgenossen! daß wenn

einerseits die Schweiz nicht zugibt, daß ihr Boden zum Heerde einer Propaganda und zu Umtrieben, welche den Nachbarstaaten Besorgnisse einflößen könnten, dienen soll, wie dieses der schweizerische -.Bundesrath durch seinen Beschluß vom 16. Heumonat 1849 und seine übrigen Maßregeln in Betreff der Jnternirnng der Flüchtlinge und der Ausweisung ihrer Ansührer -- Maßregeln, welche keineswegs Zugeständnisse sind, sondern die selbstständige und freiwillige Erfüllung unferer völkerrechtlichen Verpflichtungen waren -- bewiefen hat ; -- anderfeits die Schweiz, stark durch diese Stellung, jede Zumuthung, welche die Gränze ihrer Pflichten überschreiten würde, jeden Angriff aus ihre Rechte, mit derjenigen Kraft, welche das Bewußtsein einer guten Sache.verleiht, zurükweisen müßte; es ist dieß der seste Entschluß der Nation und ihrer sowohl kantonalen als eidgenössischen Behörden. Er ist folgerichtig auch der unsrige; gewiß die Schweiz, welche nicht herausfordert,, wird sich nie und nimmer vor "Drohungen fceugen, --

406 Aber, wir wiederholen es,«die Feindseligkeiten, mit welchen gewisse Zeitungen die Schweiz bedrohen, entbeh- > ren so sehr des Grnndes, sie würden der Vernunft und der Gerechtigkeit fo fehr widersprechen und der Aufrechthaltung der allgemeinen Ruhe zuwiderlaufen, daß wir die Mächte zu beleidigen glauben würden, wenn wir voransfezen wollten, daß sie sich durch eine Partei hinreißen lassen könnten, welche nicht müde wird, die Schweiz in der Hoffnung zu verla'umden, es werde ihr, indem sie die europäischen Regierungen durch ihre unausgesezten Lügen täusche, gelingen, dieselben zum Werkzeuge ihrer 1 gefährlichen Absichten zu machen.

Glauben Sie auch dieser Partei nicht, wenn sie behauptet, der Bundesrath habe sich den Befehlen der Diplomatie unterworfen, oder sei ihren Forderungen entgegengekommen. Es ist dieses eben so wahrheitswidrig, als wenn sie behauptet, der Bundesrath habe nicht die ..SÌacht seinen Besehlen Achtung zu verschaffen, oder die Schweiz sei eine sortwährende Ursache der Siuhestörung in den Nachbarstaaten.

Diese wie andere Erfindungen stehen mit dem Plane der Umtriebe der reaktionären Partei in Verbindung, daher es wichtig ist, auf diefelbe ein wachfames Auge zu .haben.

Wir ergreifen diefen Anlaß, Sie, getreue liebe Eidgenossen! sammt uns in Gottes Machtschuz zu empfehlen.

Im Namen des schweizerischen Bundesrathes, Der Bundespräsident: (Unterà) «C. Druet).

Für den Kanzler der Eidgenossenschast, der Stellvertreter: (Unterz.) N. »0« Moos.

407 Es ist augenfcheinlich, daß die in dem Kreisschreiben erwähnten Noten dieselben sind, welche damals der Schweiz bevorstanden, die Kollektivnoten, welche aus den Konserenzen hervorgehen sollten und keineswegs srühere Mittheilnngen, was auch immer ihr Gegenstand sein mochte.

Diese Noten sind dem Bundesrathe niemals zugekom- g. -..lusgang rnen, weder seit dem Kreisschreiben vom 15. Hornung >)eï Konferen1850, noch früher. Es ist ohne Zweifel deßhalb, weil äe"' die Mächte eingefehen haben werden, daß kein Grund vorhanden fei, der Schweiz Vorstellungen zu machen.

Uebrigens hatten die Angelegenheiten Deutschlands b. Stellung, alsobald ihre ganze Aufmerksamkeit in Anspruch genom- beï WH$>tt.

men, namentlich diejenigen Oesterreichs und Preußens, welche zu den großen militärischen Krastentsaltungen kamen, denen die Konferenzen von Olmütz und Dresden

solgten.

Die Stellung, welche die Regierung der französischen Republik gegenüber unfern Angelegenheiten einnahm, läßt' sich in Fol9endem zusammenfassen: ,,Die Schweiz kann ,,auf die guten Dienste Frankreichs, aus seine sreundschast-.

,,liche Dazwifchenkunft rechnen, so lange sie ihren Ver,,pflichtungen und den völkerrechtlichen Grundfäzen anf,,richtig treu bleibt; aber es würde für sie gefährlich wer,,den, wenn sie gerechte und vernünftige Forderungen ab,,lehnen würde in der eiteln Hoffnung auf die Uneinig,,keit der großen Mächte, und ihre Regenten follen über,,zeugt fein, daß an dem Tage, an welchem sie sich in ,,das Unrecht versezen würden, indem sie ihre völkerrecht,,lichen Pflichten nicht erfüllen wollten oder könnten, eine ,,solche Uneinigkeit gewiß nicht vorhanden fein werde." -- ...Diese Erklärung, von der eine Abschrift durch den franaofifchen Gesandten im Hornung 1850 übergeben wurde.

408 ist die einzige offizielle Mittheilung, welche dem Bundesrathe bezüglich der Konferenzen gemacht worden.

England hat an diefen Konferenzen nicht Theil genommen; es scheint nicht, daß es dazu eingeladen worden sei. Sei dem, wie ihm wolle, es hat nie ausgehört,

eine große Wohlgewogenheit gegen die Schweiz zu zeigen und die britannische Regierung hat nicht unterlassen, den andern Kabineten vorzustellen, daß Nichts Maßregeln

gegen die Schweiz begründe. Das Zeugniß, welches später Lord Palmerston im Parlement über die von der Eidgenossenschaft, in ihren völkerrechtlichen Beziehungen befolgte, Bahn ablegte, ist eine vor ganz Europa gemachte Bestätigung jener Erklärung.

Was die Truppenbewegungen in den uns umgebeni. Zusammen« jiehung der Truppen.

1

den Ländern betrifft, fo hat man deren wirklich im Laufe

des Hornungs und Anfangs März 1850 wahrgenommen.

Oesterreich hat beträchtliche Streitkräfte in Voralberg, Tyrol und der obern Lombardei gefammelt und sie auf eine folche Weise aufgestellt, daß man sie mit Laschheit in der Richtung, wohin man wollte, führen îonnte. -- Preußen ließ etwa zwanzigtaufend Mann in das Großberzogthum Baden marschiren, um eine gleiche Anzahl badischer Truppen, die der preußischen Armee einverleibt werden sollten, zu ersezen. Jn Frankreich erhielten die beurlaubten -Soldaten der sechsten Division (Lyon) Befehl zu ihren Regimentern zu stoßen und die Garnifonen im Osten wurden verstärkt.

Welches war die Bestimmung ' all diefer Truppen?

Wir wissen es nicht, aber wir haben Grund zu vermuthen, daß die Eventualitäten, gegen welche man gerüstet sein wollte, verschieden waren, und daß man unter andern die für den Frühling in Frankreich, Deutfchland und Italien angekündigten Revolutionen im Auge hatte.

409 Seinerseits hatte. Mazzini, dem idie Mächte durch f. SKazäini die befondere Aufmerksamkeit, welche sie ihm widmeten, eine so große Bedeutung gegeben hatten, endlich die Schweiz im Frühjahr 1850 verlassen. Nachdem er sich in Paris,

wo es indessen der Polizei nicht an Thätigkeit und Mit* teln sehlt, 18 Tage lang aufgehalten, begab er sich nach England.

Als die in Folge der Befehle der eidgenossischen Regierung l-»esBundes ersolgte Abreise Mazzini's von einigen französischen Jour- rathes eigener Antrieb.

nalen angezeigt wurde, deuteten sie diefe Entfernung des Triumvirs und anderer kontpromittirenden politischen Flüchtlinge als ein den Mächten gemachtes Zugeständniß.

Der schweizerische Geschäftsträger in Paris hat alsobald diese ungegründete Behauptung berichtigt. Er machte darauf aufmerksam, daß die Entfernung Mazzini's von dem fchweizcrischen Gebiete durch den Bundesrath lange vorher beschlossen worden sei (seit dem Herbstmonat 1849); daß daher die lezten .Eröffnungen, die der französischen Regierung durch Oesterreich und Preußen gemacht worden, keinen Einfluß auf diese Maßregel an-egeübt haben, deren Vollziehung durch die Gewandtheit, mit der sich Mazzini den Nachforfchungen der Polizei zu entziehen wußte sowohl, als anch durch die Schwierigkeiten, welche wegen der Erlanbniß zu seiner Durchreife durch Frankreich stattgefunden hatten, verzögert worden sei. Jn der That war der Bundesrath im Falle, darauf zu beharren, daß der berühmte Verfolgte nicht gezwungen werde, sich nach Amerika einzufchiffen, fondern daß ihm frei stehe, sich nach England zu begeben. -- Was die Entfernung der übrigen Flüchtlingsanführer, deren Gegenwart in der Schweiz; ihre Sicherheit gefährdete, anbetrifft, so weiß man, daß sie auf die Beschlüsse vom ,16. Heumonat und 19. Wintermonat 1849 zurükgeht, welche der Bundesrath ebenBundesblatt. Jahrg. In. Bd. II.

32

410 sowohl aus eigenem Antriebe gefaßt hatte, als er auch die Entfernung anderer Flüchtlinge anordnete, die sich des Afylrechts unwürdig gemacht, oder dasselbe mißbraucht hatten, wie z. B. Herr Napoleon Chane..!, der sich im

April 1850 der thätlichen Mißhandlung eines französifchen Reisenden, welcher sich auf einem eidgenössischen Postwagen in Lausanne befand, schuldig gemacht hatte. Wenn die Entfernung einiger dieser Flüchtlinge von benachbarten Staaten verlangt ivorden ist, so fallen diese Ansuchen später, als die genannten Beschlüsse. Deßwegen als am 1. März 1850 Herr General de 'Lahitte, Minister der auswärtigen Angelegenheiten, der gesezgebenden Versammlung Frankreichs, auf eine unerwartete Frage antwortend, sagte: "daß die Schweiz sehr angemessen dem gerechten Verlan,,gen,- welches wegen Entfernung der Flüchtlinge, die auf ,,ihrem Gebiete einen Heerd des Anfstandes bilden könn,,ten, an sie gerichtet worden, entsprochen und daß der ,,Bundesrath mit einer vollständig besriedigenden Snt,,fchiedenheit gehandelt habe", hat dieser hohe Staatsbeamte damit nicht sagen wollen, daß die Schweiz Ansorderungen, welche übrigens niemals stattgefunden, nachgegeben habe, fondern daß dieselbe aus eine sehr angemessene Weise den völkerrechtlichen Pflichten entsprochen. Herr de Lahitte hat seinen Gedanken auf loyale Weife Herrn Barman auseinandergesezt, als dieser ihm dankte, daß ' er dem Bundesrathe habe Gerechtigkeit wiedersahren lassen und zugleich die Besürchtung ansdrüfte, seine Worte möchten falsch ausgedeutet werden.

rn." Vereine Ueberdieß sind die Entdekung der geheimen .Vereine dentdeutscher Ax- .scher Arbeiter, welche .m Hornung 1850 zu Murten, ohne e ec>

daß die schweizerische Behörde die geringste Anzeige vom Auslande her erhalten, stattgefunden hatte, und die durch den Bundesrath unterm 22, März darauf angeordneten

«*5

411

Maßregeln, um diesen Umtrieben, welche Vorbereitungen für eine in Aussicht stehende Revolution in Deutschland beabsichtigten, ein Ende zu machen, ein Beweis mehr, daß die Schweiz versteht, selbst bei ihr Polizei zu machen und daß sie keine derartigen Handlungen duldet, welche andern Staaten gegründete Besorgnisse verursachen könnten.

Solches war im allgemeinen die völkerrechtliche Lage der Schweiz in den ersten Monaten des Jahres 1850.

Von da an wurde die Aufmerksamkeit des Bundesrathes 2) sage wäh-.

zu wiederholten Malen auf Umtriebe und feindliche Plane '«".>j>« «o»5 ' gegen Regierungen benachbarter Staaten, welche Flücht- fgueen Jahres a. Neue lingen und andern Fremden in der Schweiz beigemessen theilnngen im tvorden, gelenkt.

Allgemeinen.

'So hat man ihm von den Versuchen berichtet, welche aa.Umtriebe, .die beiden in London bestehenden C o m i t e ' s des Völï e r b n n d e s und der europäischen Demokratie machten, um auf's Neue geheime Verbindungen in der Schweiz fo gut, wie in Deutschland, Frankreich und andern Ländern Enropa's zu bilden. Das erstere dieser Comité's vertritt, was es die Partei der "Arbeiter nennt, die Proletarier mit kommunistischen Bestrebungen und es behandelt das andere (Struve, Sigel, J. Ph. Beker) als eine Coterie ohnmächtiger Kleinbürger. Es wird gesagt, diese Comite's fchikten Aussendlinge durch ganz Europa, um Provinzialcomite's zu bilden und eine lebhaste Pro.paganda zu betreiben; vorzüglich der ,,Völkerbund", dem man zahlreiche Sektionen in Belgien, Deutschland, Frankreich, England zuschrieb und der sich der Leitung anderer mehr oder weniger revolutionärer Vereine,, welche aber noch nicht in die Absichten des Bundes eingeweiht seien,

bemächtigt haben soll. (Nachträgliche Berichte, welche in Dresden 1851 weggenommen und jüngst veröffentlicht worden sind, weisen nach, daß der Völkerbund gegen da.5

412 Ende des Jahres 1850 viel weniger gedieh, und daß eine tiefe Spaltung das Zentralkomite in London trennte, dessen Siz von da nach Köln verlegt werden sollte.)

Man hat ebenfalls behauptet, daß sich in der Schweiz, in Zürich und Genf, neue Arbeitervereine unter einem Centralcomite zu Paris bildeten, und daß das Comité der Flüchtlinge zu London in jedem Kantone der Schweiz einen Korrefpondenten mit dem Auftrage angestellt habe, den Namen und Wohnsiz eines jeden

Flüchtlings auf eine Liste zu bringen und diefe mit den

v

jeweiligen Aendernngen nach Paris zu schiken. Diese Organisation, welche in der Absicht der Zerstreuung der Flüchtlinge, die durch die bundesräthlichen Beschlüsse vom 12. August 1850 bewirkt worden, so weit als möglich zu begegnen und ein enges Band unter ihnen sortzuerhalten, aufgestellt worden fei, foll von Struve ausgehen und unter Ledru-Rollins Leitung sich über Frankreich erstreken. Man sügte bei, daß während des Sommers die Flüchtlinge häufige Reisen ans der Schweiz nach Frank-

reich und England und umgekehrt gemacht hätten; da§ unter ihnen ein wirklicher Courrierwechsel bestehe, besonders zwischen Genf, Zürich und Bern. Selbst Werbungen mit Waffen- und Munitionsankänsen, wie man behauptete, fehlten nicht.

bb. Auflagen.

Die Schweiz wurde aufs Neue als der Hauptheerd des europäifchen Umwälzungsgetriebes dargestellt, indem, wie man sagte, die Führer der Umsturzsaktion aller Län« der sich da zusammenbefänden, in voller Sicherheit Pläne verabredeten und Unternehmungen vorbereiteten, welche augenscheinlich dahin abzielten, einen großen Theil des enropäifchen Festlandes allen Greueln der Anarchie zuzu= sühren.

413 Mazzini, welcher, wie berichtet wird, im Laufe des Weinmonats geheimen Conferenzen in Paris beigewohnt habe, soll nnmittelbar darauf nach der Schweiz abgereist sein; schon srüher hatte er ein Kreisschreiben, Schweiz 1. März 1850 datirt, welches er nebst Anleitung zur Organisation des Ausstandes in Italien an die Provinzialïomite's des Nationalvereins der römischen Staaten gesendet hat.

Gegen das Ende Wintermonats 1850, als ein Krieg zwischen Oesterreich und Preußen bevorzustehen schien,

soll sich, wie gesagt wurde, eine große Anzahl Flüchtlinge, unter andern aus dem Jnnern Frankreichs nach den Departementen des Ostens und nach den an Deutschland angränzenden Kantonen der Schweiz, begeben haben; Fikler, welcher im Geheimen in Franksurt gewesen, soll sich in diesen Gegenden eingefnnden haben; eine Proklamation, welche Baden nnd Württemberg zum Aufstande aufruft, soll in Basel gedrnkt worden sein; Heker sollte aus Amerika kommen, um sich an die Spize der revolutionären Bewegung zu stellen und die "Umsturzpartei würde sich nächstens der Schweiz und der französischen Rheindepartemente bemächtigen, um einen Ausgangspunkt für ein bewaffnetes Unternehmen zu haben.

Um dieser Unordnung, wenn sie erwahrt werden sollte, cc. «ngrunfe ein Ende zu machen nnd die Jrrthümer, wenn die ange1 ierfelt)e".

gebenen Thatsachen sich als erdichtet herausstellen würden, aufhellen zu können, ließ der Bundesrath über den Jnhalt dieser erwähnten Berichte Erkundigungen einziehen, wohl verstanden nur über diejenigen Thatsachen, welche sich in der Schweiz zugetragen, über die Symptome, welche sich ans ihrem Gebiete gezeigt haben sollen; denn es ist nicht an uns, die Thaten und Handlungen der Emigrirten

in Engïand, Frankreich und wo immer außer unserm Lande zu untersuchen.

Aus den erhaltenen Nachweisungen ergibt es sich, daß man nicht wahrgenommen, daß sich in der Schweiz neue geheime Verbindungen der Flüchflinge oder anderer Fremden gebildet haben, obschon man vielleicht es versucht hat, solche wieder herzustellen. Wenn derartige Verbindungen bestehen follten, fo sind sie fehr geheim und nichts hat bis jezt ihre Thätigkeit verrathen, welche im nämlichen Augenblike, an welchem sie an Tag träte, unterdrükt würde.

Es ist wahr, daß nach einigen Zeitungen und andern Mittheilungen bei uns eine Sektion des E u r o p ä i sch en V ö l k e r b u n d e s , nach andern der E u r o p ä i s c h e n D e m o k r a t i e , bestehen soll, ein ausgebreiteter Verein, an dessen Spize sich Schweizer befänden und der, wie man sagt, bereits 3000 Glieder zähle und täglich an -.5nsdehnung gewinne. Man ging so weit zu behaupten, es handle sich um die Bildung einer beweglichen Legion, die theils aus Flüchtlingen, zum größern Theil aber aus deut= schen und schweizerischen Arbeitern znsammengesezt sei, und daß das in Gens bestehende Komite diefer Legion bereits beinahe in allen Städten der Schweiz Sektionen errichtet habe. -- Die Erkundigungen, welche wir eingezogen haben, weisen nichts derartiges nach; aber wenn er auch gegen alle Wahrscheinlichkeit bestehen sollte, so darf er den benachbarten, Staaten nicht mehr Besorgnisse einflößen, aïs andere Vereine in der Schweiz, indem die Behörde vorkommenden Falls unmittelbar den Gesezen, wie deu »oîîerrechtlichen Pflichten der Eidgenossenschast Nachachtnng.

verschaffen würde.

Man war auch nicht im Stande, eine außergewöhnliche Bewegung unter den Flüchtlingen/ wie ihr Hin- und Her- · r«'(£K 'aus einem Lande ins andere, Kourrierwechsel unter

«*

415 ihnen, zu bemerken, wohl aber, daß eine sehr große An-, zahl derselben, die eidgenössischen Reiseunterstüzungen benüzend, die Schweiz verlassen hat, um sich durch Frankreich nach England oder Amerika zu begeben und daß mehrere selbst nach ihrem Vaterlande zurükgekehrt sind.

Bezüglich des Brieswechsels der Verbannten, so kennt man dessen Inhalt nicht, denn das Briefgeheimniß ist in der Eidgenossenschaft nnverlezlich; aber man hat nichts wahrgenommen, was einer Kontrolle der Flüchtlinge dnrch einzelne nnter ihnen ähnlich wäre.

Die Führer der revolutionären Faktion anderer Länder konnten ihre Plane nicht in voller Sicherheit aufhelvetifchem Boden abkarten und man würde ihnen niemals gestatten, da anarchische Unternehmungen gegen andere Staaten vorzubereiten. Es hat auch 1850 keine Anhäufnng von Flüchtlingen in den, Deutschland benachbarten, Kantonen stattgefunden; man hat Fikler vergeblich gefucht; keine Proklamation, die zum Aufstande aufruft, ist in Basel gedrukt worden und das schweizerische Gebiet ist nicht zum Behufe einer bewaffneten. Expedition benüzt worden.

Wenn Mazzini, wie man behauptet hat, nachdem er einmal die Schweiz verlassen, aufs Neue dafelbst, so wie in andern Ländern, erschien, so ist es nur unter einem falschen Namen und mit einem sranzösischen Passe geschehen. Daß sein Kreisschreiben an die römischen Comite's vom 1. Merz 1850 ans der Schweiz, von Paris, London oder New-.3)ork, datirt, beweist weder, daß es von der Schweiz ausgegangen ist, noch daß dasselbe dadurch gefährlicher geworden und man wird deswegen in Jtalien nicht eine Cigarre mehr rauchen. Wenn es an der Eibgenossenfchaft ist, Mazzini, sobald er auf ihrem Gebiete bemerkt wird, zu entfernen, fo ist es nicht weniger an den

416 Regierungen der uns umgebenden Länder, zu verhindern,

daß Mazzini nicht in die Schweiz gelangt.

b. Neue Kla» Genf war auf's Neue der Gegenstand häufiger Klagen gegen ,,£n $n französifchcn Regierung.

Genf.

Laut der an die französifche Behörde gemachten Anaa. Schießpul- zeigen wurde ein ziemlich großes Ouantum Pulver aus dem ""·· Kanton Genf in Franlreich eingeführt und die Genfer

Regierung hätte diese Schmuggelei, wenn auch nicht begünstiget, doch wenigstens geduldet. So detaillirt diefe Anzeigen waren, so ergab es sich dennoch ans den von dem Bundesrathe eingezogenen Erkundigungen, daß die französischen Behörden neuerdings durch Leute hinter's Licht geführt worden, welche, sie zu täuschen, irgend ein Interesse haben. Einerseits hat die von der Eidgenossenfchaft an die Kantone, namentlich an diejenigen, welche an die französifche Republik angränzen, gelieferte Ouantität Pulver, verglichen mit der Bevölkerung dieser Kantone und ihres Pulververbrauchs in srühern Jahren, anderseits der Eir*.- nnd Ausgangsetat des von dem eidgenössischen Lager an das Lokallager in Genf gelieferten Pulvers, fo wie die Einrichtung dieses Lagexö die mate-

rielle Unmöglichkeit dieser angezeigten Schmuggelei darX

gethan. Ueberdieß liest man in den Berichten der französifchen Behörden, daß Ballen, welche an dem Orte, wo die Schmuggelei hätte stattgefunden haben sollen, aufgegriffen worden und von denen man glaubte, sie enthielten Pulver, in der Wirklichkeit aus nichts anderm bestunden, als ans Cigarren; daß die zuerst angezeigte Duantität des Pulvers, von der man behauptet, es fei eingefchmuggelt worden, sich bedeutend reduzirt (von 50 Zentnern auf 10 oder 12 Zentner) und daß noch andere Details ungenau waren.

417 Auf die französischen Flüchtlinge aber ist es, auf welche bb. Franzasidie Regierung der Republik fortwährend und fehr fpeziell fä« Si-ch.-die Aufmerksamkeit des Bundesrathes lenkte. Nach den Iin9e< dieser Regierung zugekommenen Berichten, sollen mehrere französische Flüchtlinge und die angesehensten unter ihnen, deren Jnternirung beschlossen worden sei, sich fortwährend in Genf mit Wissen und unter den Augen der Behörden

aufgehalten haben; die Zahl der Flüchtlinge diefer Nation sollte sich selbst bedeutend vermehrt haben. "Sie sahren ,,fort, sagte man, mit den Anarchisten des Ostens in Ver-

,,bindung zu stehen. Die Nachbarschaft dieser Flüchtlinge ,, ,,unterhält die Befürchtungen der guten Bürger und die ,,Hoffnungen der Unordnungsmänner."

Besonders während der Monate Oktober, November .*. Berichte und und Dezember 1850 waren die der französischen Regie- ReHamatt-s rung gemachten Berichte am beunruhigendsten und die For- n£n' derungen an den Bundesrath am eindringlichsten. Die Agenten der Regierung der Republik schrieben ihr Anfangs Weinmonats nnter Anderm: "Die Flüchtlinge, welche "sich in Genf befinden, fezen ungestraft ihre Wühlereien "unter den Augen der Kantonalbehörden fort. Flüchtlinge von "Bedeutung, (Felix Piat, Napoleon Chancel und Andere) "sind in Genf beisammen. Eine ungewöhnliche Bewegung, "sagt man, gebe sich unter diesen Männern kund. i.xin "Abgeordneter von Paris, der Jnstxuktionen überbrachte, "sei kürzlich in Genf angelangt. Zahlreiche Winkelver. ,,fammlnngen hätten in Paqnis statt und da werde "eine Bewegung angekündigt, welche, auf allen Punkten ,,Frankreichs organifirt, auf den Zeitpunkt des Wieder,,zusammentritts. der gesezgebenden Versammlung bestimmt "sei. Der Volksrepräsentant, Herr Eassal, wohne häufig ,,den Winkelverfammlungen bei, welche bald in der Schweiz, ,,nahe an den Gränzen beider Länder, vorzüglich in Lau-

418 ,,fen, bald im Kanton Pfirt (Obcrrhein) abgehalten wür,,dcn. Diese Zusammenkünfte, an denen gewöhnlich die

,,in der Schweiz wohnenden französischen Flüchtlinge Theil ,,nähmen, unterhalten die Gährung."

Andere Berichte fügten gegen die Mitte des Weinmonats bei: "Die französischen und italienischen Flücht..

,,linge in Genf sind seit einigen Tagen in der lebhafte,,sten Bewegung. Ein Abgeordneter von Paris, heißt es, ,,habe ihnen Instruktionen ertheilt, welche ihnen vorschrei,,ben sich in Brigaden einzutheilen und für Waffen und ,,Munition zu sorgen. Sie haben Briefe aus England ,,erhalten und sie rechnen anf eine fehr nahe Erhe,,bung in Frankreich. Genf scheint der Zentralpunkt zu ,,sein. Jn Genf fagt man öffentlich, daß Frankreich feiner ,,Regierung müde .fei und die Aufregung der Flüchtlinge ,,ist der Art; daß sie sich einbilden, ihr bloßes Erfcheinen "an unfern Gränzen würde genügen, die Massen zur Er"hebung zu bringen.- Sie täuschen sich außerordentlich; "die Bevölkerungen bleiben ruhig, troz aller Mühe, "welche sich die Wühler auf allen Punkten in Folge "einer erhaltenen Lofung geben. Die Organisation der ,,Flüchtlinge macht sich sehr geheim. Sie zeigen sich ge,,neigt in Frankreich auf der kürzesten Linie nach Lyon · ,,einzufallen. Man fagt, daß die Führer bereits ihre ,,Vorbereitungen zum Abmarfche getroffen hätten" -- Eine am 31. Weinmonat von Lyon kommende telegraphifche Depesche zeigte der sranzösischen Regierung an, daß "die "Vorbereitungen der Flüchtlinge in Genf gestern sich fort"fezten; ihre Zahl vermehrte sich; sie hätten noch keinen "Gegenbefehl.« Gegen das Ende des Weinmonats benachrichtigte man einen französischen Beamten, daß "eine zahlreiche Ver,,sammlnng elfäßifcher und anderer Demagogen im Wirths-

419 ,,hanse zur Brüke an der Birs (auf dem Birsfelde) bei ,,Basel abgehalten worden. Die Herren Hofer, König,

,,Pflieger, Anstett, Felix Pyat und andere Flüchtlinge ,,hätten derselben beigewohnt. Die Volksrepräfentanten "Cassai, Savoye, Valentin, Bonrgard, Fautier und Müh,,lenbach, sowie auch die Journalisten der sozialistischen ,,Partei, die überspanntesten Demokraten der beiden Rhein,,département, hätten sich dahin begeben. Endlich seien ,,sehr wichtige Beschlüsse angenommen worden."

Von einer andern Seite ,,fuhren verschiedene Rap- ' ,,porte fort, von dem Zuflüsse der Flüchtlinge nach Genf, "von den bezeichnenden Hoffnungen, welche sich unter "ihnen kund geben, und der leidigen Aufregung, welche ,,durch eine Art permanenter Winkelverfammlungen an ,,der Gränze der Republik unterhalten werden, Meldung "zu machen."

Diese Berichte wurden nacheinander dem Bundesrathe durch den französifchen Minister am 20. Weinmonat, am 3. und 10. Wintermonat mitgetheilt.

Der Bundesrath hat nicht ermangelt, alle nothwen.-- /8/Erkundi...

digen Erkundigungen einzuziehen.

gwngen.

Nicht nur hat man keine Spur der vorgeblichen Winkelverfammlungen der Demagogen zu Laufen und zu Birsfelden entdekt, fondern die erhaltenen Nachweisungen würden vielmehr ergeben, daß die franzöfifche Behörde falsch berichtet wurde, und dieses um so mehr, da das Alibi von zwei oder drei Flüchtlingen, welche diesen Versammlnngen beigewohnt haben sollen, erwiesen ist.

Die Regierung des Kantons Gens beklagte sich mit lebhaftem Unwillen gegen die ohne Aufhören gegen sie ,, wiederholten Anschuldigungen. Es ist billig einige ®tellen ihres Schreibens vom 30. Weinmonat 1850 anzn-

führen. "Statt im Allgemeinen zu fagen, Flüchtlinge,

420 ,,welche sich in Genf befänden, sezten u n g e s t ö r t i h r e ,,Wühlereien unter den Augen der Kantonalbe" h ö r d e n f o r t , scheint es uns, daß der Minister, wenn ,,davon wirklich etwas wäre, die Umtriebe von denen er ,,sprechen wollte, deutlich hätte- bezeichnen sollen. Wir "können den Vorwnrf in keiner Weise hinnehmen, daß ,,die Kantonalbehörden in Gens unter ihren Augen straf"bare Umtriebe dulden würden." -- Nachdem der Staatsrath einige Jrrthümer in Betreff einzelner Franzofen nachgewiesen und erörtert hat, warum eine fehr geringe Anzahl von Flüchtlingen dieser Nation sich vorübergehend in Genf aufhielt, fährt er fort: "Wir haben fonst ,,nicht die geringste Bewegung unter diesen Herren Uje,,merkt und wir glauben, daß der Herr Minister falfch ,,über sie berichtet worden fei. Bezüglich dessen, was er ,,von einem Abgeordneten sagt, der zu ihnen von Paris, ,,mit Jnstrnïiioncn y ersehen, gekommen sein soll, so hegen ,,wir den natürlichen Gedanken, daß es eher an uns sein ,,würde, von dem französischen Minister Rechenschast zu sor,,dern, als er von uns. Wenn das Gegentheil geschehen, ·,,wenn ein Abgeordneter von Gens abgegangen wäre, um "Frankreich aufzuregen, man könnte, genau genommen, "sich-beklagen, aber da man von Paris, kommt, um in ,,Genf ganz ruhige Leute in Bewegung zu bringen, follie "es wohl nicht an uns fein, die ''französische Polizei zu "bitten, die Abreisf solcher Abgeordneten zu verhindern? -- ,,Die zahlreichen Winkelversammlungen, welche durch die "Aufträge des Pariser Abgeordneten hervorgerufen wor,,den seien, sind eben so lächerliche Fabeln, und wir ha,,ben niemals von einer Bewegung sprechen gehört, die ,,in Frankreich bei dem Wiederzusammentritt der gesez,,gebenden Versammlung ausbrechen soll."

In seinem Berichte vom 9. Wintermonat 1850 macht

·*

321 der Staatsrath ebenfalls die Bemerkung : "daß das, was ,,man fage, ganz im allgemeinen gehalten und ziemlich ,,vag gefagt fei, und daß es des Charakters der Be-

,,stimmth«it gänzlich ermangle, auf welchen Mittheilungen ,,dieser Art gegründet werden sollten."

Da ans den Rapporten des Staatsrathes hervorging, y. Befehle.

daß sich in Genf noch französifche Flüchtlinge befänden, so lud ihn der Bundesrath dringend ein, den Flüchtlin-

'

gen dieser Nation, die sich noch auf Genfer Gebiet befinden möchten, den Befehl zu ertheilen, den Kanton alsobald zu verlassen, und sich wenigstens auf 8 Stunden von der französischen Gränze ziio interniren; nnd diese Einladung wurde wiederholt. In dem Falle, daß Napoleon Chancel, welcher wegen einer Mißhandlung aus der Schweiz gewiesen worden, auf's Neue auf Genfer Gebiet erschienen sein sollte, trug der Bundesrath dem Staatsrathe auf, ihn verhaften und nach Bern zur Ver-

fügung des eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements führen zu lassen. Die nämliche Einladung in Betreff Ehancels wurde auch an die Behörden anderer Kantone gerichtet.

Die französifche Regierung, welcher die Antwort des f. Korrespono Staatsrathes des Kantons Genf mitgetheilt wurde, war ^"ä.

nichts weniger als damit zufrieden. Jn feiner Note vom 25. Wintermonat fchreibt der Gesandte Frankreichs, Herr von Reinhard, an den Bundesrath unter Anderm: "Die "Regierung der Republik konnte nur mit lebhastem Be- » ,,dauern sehen, daß diejenige von Gens auf Thatsachen, ,,welche für uns durch authentische Berichte bewiesen sind, "durch Verneinungen antworten konnte, denen wir keinen ,,Glauben schenken dürsen und die durch die Art, wie sie ,,ausgedrükt sind, einen durchaus nichtssagenden Charak,,ter bekommen. Jn der That bei der Notorietät der Um-

422 ,,triebe der Flüchtlinge in Genf welch' anderes Urtheil ,,kann man über Stellen, wie die folgenden, fällen? (Es ,,werden einige der oben angeführten, unter Anderm die.

,,über den Abgeordneten zitirt.) Die jüngsten Berichte des «Generals Castellane stellen fest, daß die Jntriguen der ,,französifchen Flüchtlinge in Genf fortgehen, wie früher. -- ,,Jch muß, Herr Präsident, bei dem Bundesrathe auf ,,die nachdrüklichste Weife auf der Nothwendigkeit behar,,ren, einem den Verhältnissen einer guten Nachbarfchaft ,,zwischen beiden Ländern fo sehr widerstrebendem Zustande ,,der Dinge ein Ende zu machen. Nur aus Berüksichti"gung der schwierigen Lage der Schweiz konnten wir ihn ,,bis dahin ertragen. Der Bundesrath wird begreifen, ,,daß wenn sich jener noch verlängern follte, wir gezwun,,gen fein würden, zu Maßregeln unsere Zuflucht zu neh"men, welche uns die Pflicht, für unfere innere Sicher,,heit zu wachen, auferlegt, und er wird einsehen, wie ,,viel es daran liegt ein Mittel zu finden, um seine Auf,,träge durch Kantonsregierungen vollziehen zu lassen, ,,die, wie diejenige 'von Genf, sich in diefer Beziehung ,,widerstrebend zeigen." Nach Empfang des Vorhergehenden hat das Jnstiz- und Polizeidepartement des Kantons Genf unter dem 6. Ehristmonat 1850 unter anderm Fol-o gendes geantwortet: ,,Wir haben die Abschrift des Brie,,fes vom 25. Wintermonat, den die französische 0jefandt« ,,schaft an den Bundesrath richtete, empfangen. Jn dem,,selben besteht man darauf, Genf als den Heerd der ,,Jntriguen und der Umtriebe der französischen Flüchtlinge ,,darzustellen. Wir können diefem Verharren auf einer ,,Bejahung ohne irgend welche Beweise nur die ent.,,schiedenste Verneinung entgegensezen, und wir erwarten "nun, daß man uns die Thatsachen bestimmt angebe, um ,,ans die angeblichen authentischen Berichte, von denen

423 ,,man spricht, in einer Weise zu antworten, die ihre ganze ,,Gehaltlosigkeit zeigt."

,,Wir können uns nicht genug wundern, daß Herr ,,General Castellane sich anmaßt, über das, was in unserm ,,Kantone vorgeht, besser unterrichtet zu sein, als wir ,,selbst. Wenn wir die nämliche Slnmassung bezüglich ,,dessen, was Lyon betrifft, hätten, so könnten wir ihn "unterrichten, daß dort der Heerd einer beständigen Ver,,schwörung gegen die Ruhe "der Schweiz besteht und daß ,,noch ganz jüngst Herr Franzoni, der gewesene Erzbischvf ,,von Turin, nach Genf in einer'Sendung gekommen ist, ,,welche bezwekt, den Befehl zu einer neuen Schilderhe,,bung der Ultramontanen und Sonderbündler in der ,,Schweiz zu geben. Aber wir verschmähen es, fremde ,,Regierungen mit folchen Jntriguen zu beschäftigen, ge,,gen welche wir durch das Vertrauen, welches das Volk ,,beliebt, in die neuen Jnstitutionen der Schweiz zu fezen, ,,stark genug sind".

"Was wir hier fagen, geschieht keineswegs, um die ,,Pflicht abzulehnen, alles das was in Genf gegen die ,,französifche Regierung gefchehen könnte zu unterdrüken; ,,wir haben unter allen Umständen gezeigt, daß wir be"reit sind, es zu thun."

"Wir wiederholen es, man kann keine Thatfache von der ,,geringsten Wichtigkeit anführen, auf welche man sich be,,rufen könnte und täglich ergreifen wir neue Maßregeln, ,,damit jeder Vorwand zu Anklagen gegen das, was in un,,serm Kanton vorgeht, verschwinde."

"Bei Ergreifung dieser Maßregeln begegneten wir ,,einige Mal sonderbaren Dingen. So wurde uns ganz ,,jüngst ein gewisser Schnepp, welcher in der Schweiz

,,als Flüchtling gelebt, aber nach Frankreich znrükgekehrt ,,war, bezeichnet, er fei wieder in die Schweiz gekommen.

424.

,,um da Jntriguen anzuknüpfen. Bei feiner Ankunft in ,,Genf ließen wir ihn verhaften."

(Hier tritt das Departement in einzelne Details ein

und theilt Beobachtungen hinsichtlich Schnepp's mit.)

cc. .Schnepp.

Wir fassen das Wesentlichste diesa. Geschichte, welche einigen Lärm gemacht hat, kurz zusammen.

Jn dem Augenblike, als Schnepp sich in Gens einfand, hatte die Regierung diefes Kantons zahlreiche Reklamationen bezüglich der Umtriebe, geheimen Versammlnngen und der feindlichen Unternehmungen -gegen die Regierung der französischen Republik, welche den Flüchtlingen dieser Nation zugeschrieben wurden, erhalten. Diese Anschuldigungen beruhten vorzüglich darauf, daß ein Abgeordneter von Paris nach Genf gekommen fein follie, um sich mit den französischen Flüchtlingen in Verbindung zu sezen, sie aufzuregen, in Winkelverfammlungen zu vereinigen nnd ihnen den Auftrag zu geben, sich in Brigaden zu organifiren nnd sich mit Waffen und Munition zu verseien. Aus der andern Seite war Schnepp der Regierung von Genf als ein gefährlicher Mensch bezeichnet worden, der seit 20 Jahren allen geheimen Gesellfchasten Frankreichs angehört habe und von dem man gleichmäßig vermuthen könne, er sei entweder ein wirklicher Verschwörer oder ein bestellter Aushezer. Jm Juniprozesse betheiliget und wegen der Geschichte von der Straße St. Viktor beschuldiget, konnte Schnepp wohl der von der französischen 'Polizei bezeichnete Abgeordnete sein.

Jn Gens angekommen, hat Schnepp das, was man von ihm dachte, nicht Lügen gestraft. Er war kaum eine Stunde da, als er suchte, sich mit Flüchtlingen in Verbindnng zu sezen; er verlangte die Adresse Mehrerer, welche nicht im Kanton waren. Man erkannte sogleich die zweideutige Rolle, welche er spielte. Bald wurden Briefe

425 und andere Aktenstüke, welche in seiner Brieftafche, die er in Laufanne verloren hatte, enthalten waren, der Central.Polizei gebracht und veranlaßten, noch mehr Aufmerksamfeit aus1 ihn zu richten. Man fand vermiedene Stüke, welche bewiefen, daß er mit französischen Flüchtlingen in der Schweiz in Verbindung sei und daß er eine sehr zweideutige Sendung erfülle.

Schnepp wurde verhaftet, zuerst von dem Direktor der Centralpolizei, später von dem Jnstruktionsrichter verhört, welcher die Angelegenheit an die Anklagekammer brachte.

Diese erließ unter dem 4. Jänner 1851 eine Verordnung, daß eine weitere Verfolgung nicht stattfinden folle, folgenden

Jnhalts: "Jn Betracht, ,,daß es sich aus den Geständnissen Schnepps, wie aus ,,mehreren Briefen nnd Papieren, welche in seinem Besize ,,gefunden worden, ergibt, daß p mit einer Sendung be,,auftragt war, welche gefährliche Folgen für die Ruhe des ,,Landes im Jnnern und in feinen -.Beziehungen mit dem ,,Auslande hätte haben können, daß es also von hoher ,,Wichtigkeit war, über diefen Gegenstand eine Untersuchung ,,anzuheben ;" ,,in Betracht jedoch, daß aus der vorliegenden Unter,,suchung gegen den genannten Schnepp sich kein genü,,gender Verdacht ergibt, daß er aus dem Gebiete des Kan,,tons Genf ein Verbrechen, Vergehen oder eine Ueber,,tretung begangen habe;" ,,befehlen wir, daß genannter Schnepp alsbald râ ,,Freiheit gcsezt werde, wenn ,er nicht wegen einer andern ,,Sache zurufbehalten wird."

Schnepp wurde aus der Stelle sreigelassen und verreiste noch am gleichen Tage nach Paris.

Bundesblatt. Jahrg. m. Bd. n.

- 33

426

.

Dieser Abenteurer, welcher in seinen Verhören vor dem Untersuchungsrichter zu Genf erklärt hatte, daß sich die geheime französische Polizei seiner bediene, läugnete bald darauf diefe Angabe in,einer zu Paris gedrukten Flug-

schrift.

M. ..tteaktio.

Nehmen wir die Fortfeznng der dnrch diefe mit Genf.-s «are Umtriebe, gage -0 innig w f n f y f ì m Episode unterbrochenen Erzäh* lung wieder auf. Das Justiz- und Polizeidepartement dieses Kantons fchrieb an die eidgenössische Behörde am 18. Dezember 1850 weiter: ,,lleberdieß werden wir un"ausgesezt von der thätigsten Spionerei geplagt, von einer "Spionerei, welche sich mit Anreizungen und Ränken aller "Art vermischt."

,,Es kann wohl sein, daß ohne unser Wissen sich einige ,,französische Flüchtlinge noch in Genf verstekt aufhalten, "aber wir wissen es nicht. Unsere Befehle sind bestimmt "und wer immer entdekt wird, wird von nns in das Jn,,nere geoeiefen. Bei dieser Lage können sie weder zahl"reich noch im Stande sein, etwas zu unternehmen; auch - ,,sind wir immer mehr und mehr überzeugt, daß Alles,

"was man über diese Flüchtlinge sagt, wenn sich wirklich ,,solche im Geheimen da finden, nur ein .-Boxwand gegen ' ,,Genf ist; jeden Augenblik erhalten wir mehr Beweise."

,,Vor etwa 14 Tagen haben wir in Folge von Ent,,hüllungen eines gewissen Combres, der sich selbst ent,,leibte und bevor er sich das Leben nahm, noch mehrere ,,Briefe schrieb, eine geheime Verbindung entdekt, deren "vorzüglichste Mitglieder keine Flüchtlinge waren; unter "andern stand an der Spize derselben ein xeicher Fvan,,zose, Sohn eines ehemaligen Generals des Kaiserreichs, ,,der Graf Eharpentier, feit mehreren Iahren ganz in der "Ordnung in Genf angefessen. Diefe Gesellschaft war der "Regierung Genfs feindlich. Was bei dieser Tljatsache

<*

427 ,,bemerkt werden muß, ist, daß diese geheime Verbindung ,,fall gänzlich aus nicht flüchtigen Franzosen, aus Sa,,voyard'en, Waadtländcrn und Genfern bestund, welche ,,häufige Winkeloerfammlungen hielten, die den fremden "Agenten zum Vorwande für ihre Berichte dienen konn,,ten. Es ist da noch ein Räthscl, zu dem wir wahr.,,scheinlich niemals die Auflösung finden werden/' "Wir haben einen gewissen Viale, einen Sardinier, ee. Banfee .,,der nicht -Flüchtling war, und so eben in Genf die erste m Chance.

,,Nummer einer Zeitung, " d i e v e r ä c h t l i c h e M e n g e " ,,(La vile multitude), eineZeitung, die bestimmt schien,Genf ,,als den Mittelpunkt der Propaganda darzustellen, aus ,,dem Kanton gewiesen und nach Savoyen sühren ltissen."

Ein anderer Zwifchensall verschlimmerte die Lage.

' inige Reden, welche Sonntags den 1. Dezember 1850 in Chancy, einer Gemeinde des Kantons Genf, welche nur durch die Rhone von dem französischen Bezirk Ger getrennt ist, an einem genferifchen Wahlbanket gehalten wurden, sind den französischen Behörden als der Regieïnng der Republik höchst seindselige hinterbracht worden.

Der Großrathspräsident des Kantons ©enf habe, sagte 3nan, die französische Regierung mit groger Leidenschaft itnd Bitterkeit angegriffen und mit den Tafelgästen den Deftigen Reden Beifall geklatscht, welche französische Flüchtlinge von der Leber weg gesprochen, unter andern -Herr Ordinaire von Macon, der in die gröbsten Verïeumdungen gegen den Präsidenten der Republik und die Agenten der sranzösifchen Verwaltung, die er als A u s späh er bezeichnete, ausgebrochen sei.

Wie es aber bei solchen Anlässen der Fall ist, so ...cur-den die während eines lebhasten Bankets, welche.3 durch Beifallsbezeugungen und Lärm unterbrochen wurde, ausgesprochenen Worte schlecht verstanden, schlecht auf-

428

gefaßt und schlecht und höchst übertrieben hinterbracht ...Das Banket von Chaney wurde nicht vom Präsidenten , des Großen Rathes von Genf präsidirt und diese Magifìratsperson hat die Rolle nicht gespielt, welche man ihr andichtet. Herr Ordinaire hat kein Wort über den Präsidenten der französischen Republik gesprochen ; er hat einige Verbrauchte Gemeinpläze ohne eine spezielle Bezugnahme angebracht. Das genserifche Justiz- und Polizeidepartenient, welches uns diefe Aufschlüsse in Antwort ans die Mittheilungen, die uns der Minister Frankreichs nnternt 16. Dezember 1850 gemacht hatte, gab, hat den unbesonnenen Streich des Herrn Ordinaire doch nicht weniger ernst ausgenommen, um so mehr, weil er die Anwesenheit eines Menschen in Genf verrieth, welcher sich in diesem Kanton nicht aufhalten durfte; dieser Fremde mußte Genf auf der Stelle verlassen und sich mehr ins Innere der Schweiz begeben. Uebrigens nahm der Herr Unterpräfekt von Ger, durch fchweizexische Blätter, welche dieses Banket mehrexe Tage vorher ankündigten,, davon unterrichtet, die Vorsichtsmaßregeln, die er sür nöthig fand: die Straßen, welche von der Landschaft Ger zur Fähre von Chancy führen, wurden durch die ©endarmene (25 Mann) sorgfältig bewacht; der Polizeikominissär »on Collonges sezte sich selbst an den Tisch, wo man ihn,,, obgleich er erkannt wurde, ganz ruhig lie§. Nur drei oder vier Jndirnduen aus dem Bezirke Gex hatten t sich zu dem Banket begeben.

·a. Sranzosische Die französische Regierung erhielt indessen nnausge·iKWeR. . "sezt beunruhigende Berichterstattungen von Lyon und dem Lande Gex. Die Verschwörung, oder vielmehr die fe Lyon entdefte geheime Gesellschaft, erhielt, nach den fortwährend gemachten Verhaftungen in Lyon und im mittag.lichen Frankreich zu urtheilen, eine gewisse Wichtigkeit..

429

Man versicherte, daß i« Folge weggenommener Papiere lein Zweifel mehr über die Betheiligung der Flüchtlinge vorhanden sei. Während der ersten Hälfte des Dezember...!

ttMrde immer behauptet, daß die in Lyon begonnene Unterfuchung offenbar das Verständniß zwischen den Angeschuldigten diefer Stadt und den Flüchtlingen z« Genf an Tag gefördert habe. Das Mißtranen der französischen Regierung gegenüber diesem Kantone wurde immer stärker.

Das Banket von Chaney, welches in Paris einen sehr großen Wiederhall hatte, trug nur zur Vermehrung der feit lange angehäuften Unzufriedenheit bei. Die franzöfische Regierung glaubte an ein bewaffnetes Unternehmen zahlreicher Flüchtlinge, welche sie in Genf vermnthete, am Abend des 17. Dezembers 1850. Deshalb erklärte der .Herr Minister der auswärtigen Angelegenheiten der Rerpublik dem Herrn Gefchäftsträger der Eidgenossenschaft in Paris: ,,daß die geduldeten Umtriebe in Genf die an,,grenzende Bevölkerung beunruhigen; daß die R e g i e ,, r u n g gegen den möglichen Einfalt von drei ,, o d e r v i e r h u n d e r t F l ü c h t l i n g e n V o r f o r g e tref.,,fett w e r d e ; daß er ihn benachrichtige, daß g e g e n ,,wärtig für diefenZwek einRegiment nachder ,, G r e n z e von G e n f marschiere." Diese Maßregel, wiewohl von einer irrigen Vorausseznng ausgehend, war nur defensiver Natur und bezwekte, für die innere Sicherheit der angrenzenden Departemente zu wachen. Herr .Barman machte nichtsdestoweniger geeignete Vorstellungen, um dem französifchen Minister diesen Jrrthum zu benehmen.

Jm gleichen Augenblike, als die französische Regierung, gg.Mafïegeût loen 17. Dezember 1850, diese Vorsichtsmaßregeln ergriff, der Gens« me» fcefahl diejenige des Kantons Genf, die Flüchtlinge, die sich flimw8' moch auf dem genferschen Gebiete befinden möchten, aus-

430

jusuchen und zu interniren. Das Justiz- und Polizei département ließ zwei Einladungen bekannt machen: die eine an die ,,französischen Flüchtlinge, welche sich in Genf ,,besinden könnten," gerichtet, brachte denselben in Erinne-

rung, ,,daß sie, in Folge eidgenössischen Beschlusses, sich ,,nicht länger an den Gränzen aushalten dürsen und daß ,,sie, infofern sie in der Schweiz bleiben wollen, ihren ,,Aufenthalt wenigstens acht Stunden im Jnnern wählen ',,sollen. Diejenigen, welche sich gegenwärtig noch im Kan,,ton Genf besinden möchten, werden ersucht, sich auf dem ,,Departement 'einznsinden, wo ihnen entweder Marsch,,routen für das Jnnere, oder aber Pässe nach England ,,durch Belgien ausgestellt werden follten." -- Durch die andere Bekanntmachung lud das Departement ,,alle Per...sonen, welche Fremde, die nicht mit Aufenthaltsbewilli,,,,gungen verfehen feien, logiren, ein, in kürzester Frist auf" ,,dem Büreau Nr. 28 des Justiz* und Polizeidepartement.."» ,,Anzeige zu machen. Bei Unterlassung fezten sie sich der im ,,Art. 29 des Gefezes vom 9. Februar 1844 angedrohten ,,polizeilichen Bestrafung aus."

Das genferische Departement bewies die größte Strenge, um die neu erlassenen Jnternirungebesehle zu vollziehen« ,,Troz aller unserer Nachforschungen und der strengen An,,wendung unserer Geseze gegen diejenigen, welche, ohne ,,es bei uns anzuzeigen, Flüchtlinge beherbergen möchten," schrieb es am 25. Dezember an das eidgenössische Depariement, "konnten wir nur sechs oder sieben ausfindig ,,machen, die bis jezt verstekt waren, und von denen Einige ,,Pässe für England durch Belgien gefordert haben."

Als die französischen Truppen im Lande Ger angelangt waren, erließ der Staatsrath des Kantons Genf den 21. Dezember 1850 einen Beschluß, fautend: ,,Jn ,,Betreff der in der Nähe des Kantons Genf sich besing

431 denden fremden Truppen, beschließt : e i n z i g e r Ar,, t i k e l : Kein fremder Militär in Uniform, oder in irgend ,,einem militärischen Anzuge, wird auf genferischem Ge,,biete zugelassen." Dieser Beschluß bezwekte, solch neuen Konflikten zwischen der genferischen Bevölkerung und Personen, welche fremde Uniformen tragen, zuvorzukommen, wie man einen derartigen in Betreff zweier fardinischer Offiziere am 11. Dezember zu bedauern hatte, welcher gegenseitige Erklärungen zwischen den Behörden der beiden Länder hervorrief.

Obschon Genf keine Truppen aufgestellt hatte und die Genfer nicht in Uniformen reisen, so glaubte der Unterpräsekt des Bezirks Ger doch am gleichen Tage, den 21.

Dezember, einen Gegenbeschlu'ß, durch denjenigen von Genf begründet, nehmen zu sollen, des Inhalts: Einziger A r t i k e l : "Kein der Republik und Kanton Genf an,,gehörender Militär, in Uniform oder in irgend einem ,,militärischen Anzuge wird auf dem Gebiete der französi,,schen Republik zugelassen."

Uebrigens war der Unterpräfekt von Ger auf der Lauer über Alles, was Stoff zur Berichterstattung bezüg·tich des Kantons Genf darbieten konnte. Der Telegraph wi-u. jeden Augenblik in Bewegung, um das, was in dem Na-hbarkantone gethan oder nicht gethan wurde, anzuzeige.1.. Das zeugte von einem großen Mißtranen.

Bei diesem Zustande der Dinge und in Betracht der j~h. Hidgen-sf;.

unvorhe,gesehenen Verwiklungen, welche daraus entsprin- ffsch« -Som» gen könnt««, war die Sendung eines eidgenössischen Kom- missär.

missärs na..i) Gens neuerdings unvermeidlich geworden.

Es wurde ditse von dem Bundesrathe am 26. Dezember 1850 beschlossen. Er ertheilte dem Kommissär den Auftrag, ihm übet die Vollziehung der Beschlüsse vom 10.

September 1849 und 22. März 1850, von denen der er-

432 stere die Entfernung der französischen Flüchtlinge ans dem Kanton Gens, der leztere die Wegweisnng der Fremden aus der Schweiz, welche Theilnehmer an dem Arbeitervereine waren, anordnet, Bericht zu erstatten. Jm Nothfalle wäre der eidgenöfsifche Kommissär beauftragt gewesen, auf Maßregeln, die durch Verumständungen keinen Auffchub erlitten, Bedacht zu nehmen. Wir wählten zuerst diesen Kommissär in der Person des Herrn S i e g f r i ed, eidgenössischer Oberst, Staatsrath des Kantong Aargau und Mitglied des Nationalrathes, der zur allgemeinen Zufriedenheit einen ähnlichen Auftrag im Kanton Genf erfüllt hatte. Da Herr Siegfried diefe Ernennung aus gewichtigen von feiner Kantonsbeamtung hergeleiteten Gründen nicht annehmen konnte, wählten wir Herrn altLandammann Sidler, Mitglied des großen Rathes des Kantons Zürich und des fchweizerifchen Nationalrathes, welcher sich fchon öfters ehrenhaft und gewandte Sendungen gleich fchwieriger und zarter Natur entlediget hatte, iî.tognmdder Herr Sidler, welcher sich in der ersten Hälfte Jenners »agengegen m(j) @enj. je a e6e n/ f an b aufy ntf)t ei.ne Spur dev «ge...

weguug, welche unter den Flüchtlingen geherrscht haben sollte, noch von geheimen Zusammenkünsten, welche, wie man sagte, von diesen Fremden gehalten worden feie)., und eben so wenig von Jntrignen. und Umtrieben, deren sie sich, wie man behauptete, hingaben, oder hingeot-ben hätten. Er konnte darthun, daß keine Anhäufuiy von Fremden im Kanton Genf statthabe, daß die Jnfasions. plane nach Frankreich, oder die Vorbereitungen, welche zu diefem Ende oder für andere Unternehmungen ciefer Art den Emigrirten zugeschrieben wurden, jeder Wirklichkeit und jedes Grundes entbehrten. Herr <&ittn konnte sich .überzeugen, daß die genfcrifche Regierung, weit entfernt, derf Aufenthalt der Flüchtlinge, welche den Kanton ver-

i

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lassen sollten, in Genf zu begünstigen, oder gar die vermeintlichen Umtriebe gegen die Nachbarstaaten zu dulden, bestimmte Weifungen zur Vollziehung der Verordnungen des Bundesrathes ertheilte und dem eidgenöfsischen Kommissär mit loyaler und wirksamer Mithülse beistand. Den 8. April 1851 machte das Justiz- und Polizeidepartementdieses eidgenössischen Standes eine neue, noch viel bestimmtere Verordnung, als die obenerwähnte vom 17.

Dezember 1850, zur Ausweisung aller französischen Flucht- ,, linge ans seinem Gebiete, die entdekt werden könnten, bekannt. Diese Publikation war nicht, wie man behauptete, ,,eine Formsache, eine dem Bundesrathe gegebene Scheingenngthuung"; fondern jedesmal, wenn die Genfer Behörden einen französifchen Flüchtling, dem es gelang, den Nachforschungen der Polizei zu entgehen, entdekten, hat man ihn nach den innern Kantonen instradirt, wenn er internirt werden sollte, oder hat ihn nach Bern zur Versügung des Bundesrathes abgeführt, wenn er ans der Schweiz verwiesen war. Es fand diefes bezüglich des N a p o l e o n C h a n c e ! statt, welcher, nachdem ersichdem Befehle, die Schweiz zu verlassen, lange entzogen hatte, verhaftet und von einem eidgenössischen Agenten begleitet, nach Genna geführt wurde, um dort auf Kosten der Eidgenossenfchaft nach Konstantinopel eingefchifft zu werden.

Der Aufenthalt des Herrn Sidler in Genf mußte sich bis

in die Mitte des Jahres 1851 verlängern, weil die französifche Regierung, stets durch falsche Berichte irre geführt, fortfuhr, die Anwesenheit mehrerer französifcher Flüchtlinge in Genf, neue Umtriebe, neue Einfallsentwürfe, neue Vorbereitungen dieser Emigrirten, wie Waffen- und Muniiionsniederlagen in bezeichneten Gebäuden anzuzeigen und ber Bundesrath, ohne gerade viel Glauben beizumessen, dafür hielt, den Inhalt diefer Berichte erwahren zu lassen,

434

um mit Gewißheit antworte« zu î-5nnen, oder wenn wider ·Erwarten sich die angeführten Thatfachen als wahr heraus-Pellten, um wirksame Maßregeln zur Beseitigung dieser Unordnung zu ergreifen.

Man berichtete unter anderm, daß die französischen Flüchtlinge, welche kraft des bundesräthlichen Befchlnsseö »om 15. Februar 1851 den Kanton Waadt verlassen follien, um außerhalb der Kantone Genf, Waadt, Wallis, Freiburg, Neuenburg, des bernifchen Juras und der bei£ den Basel internirt zu werden und diejenigen, welche in Folge eines Beschlusses des Bundesrathes, vom 24. Märj 1851, die Schweiz räumen follten, weil sie össentlich, kolleetiv und in ungeziemenden Ausdrüken gegen den Jnternirnngsbefchluß protestirt hatten, daß diese Flüchtlinge, sagen wir, mit andern politisch vernrtheilten Franzosen im Kanton Genf wohnten, daß die Regierung die Augen zu-

.drüke und ihre Umtriebe begünstige. Anfänglich lieferte man ein Namensverzeichniß von neunundachtzig diefer Verbannten; fpäter Listen von achtundfünfzig derselben, mit genauer .....lngabe ihrer Wohnorte; endlich wurde in den lezten Tagen Mai's und im Anfange des Brachmonats 1851 durch gewisse Berichte angezeigt, daß in Genf und Umgebung

200 französische Flüchtlinge, 150 Italiener und 10o

...Deutsche, sowohl kommunistische Arbeiter als politische Flüchtlinge, anwesend seien, welche, an der französischen ©renze gruppirt, zusammen eine revolutionäre Kolonie .bildeten, geheime Versammlungen hielten, mehr als jemals mit Gleichgesinnten in den benachbarten Departementen, in Paris, Lyon und dem mittäglichen Frankreich korrespondirten, ein Anwerbunflsbureau besäßen und schon eine große Zahl angeworben hätten, welche aus dem Gelde des Mazjinifchcn Anleihens bezahlt und unterhalten wür-

435 den, eine Kolonie, deren Stimmung weniger friedlich erscheine, als jemals.

Sowohl diefe, als auch die vorhergehenden Angaben .waren ohne Grund und wurden durch augenscheinliche Thatsachen widerlegt.

Es ist kurz zu bemerken, daß keine einzige der kk.Allgemeine ...Öoraussagungen, die durch die Agenten, welche die Bemerl-ng«..

französische Polizei bedienten, gemacht wurden, in Erfüllung ging; die verderbenbringenden Entwürfe, welche ·Herr Düfaure im Oktober 1849 bezeichnete ebenfowenig, als die Jnvasionspläne in benachbarte Staaten, welche durch Hunderte von Flüchtlingen, anfänglich auf Ende Hornung 1850, fpäter im Winter- oder Ehristmonat, und endlich im Brachmonat 1851 hätten bewerkstelliget werden sollen. Man kann hoffen, daß die Regierung der französischen Republik den Berichten dieser Jndividuen, welche ihre Behörden so ost hintergangen haben, keinen ©lauben mehr schenken und begreisen werde, daß die Regierung des Kantons Gens ebensowohl, als die ganze Eidgenossenschaft, dabei interessò.! ist, mit ihren Nachbarn in gutem Einverständnisse zu leben und alles zu verhüten, was dasselbe stören könnte.

Dieses gute Einverständniß zeigte sich ans eine für die

Schweiz glükliche Weife bei verschiedenen Gelegenheiten; »orzüglich durch die wohlgewogene Stimmung, welche die französische Regierung bezüglich der Neuenburger Frage und während der Konferenzen im Jenner und Hornung 1850, von denen oben die Rede war, bewies ; durch die Begünstigungen, welche feit dem Monat August 1849 den Flüchtlingen für ihre Durchreise durch Frankreich nach England, oder Amerika, oder in ihre Heimath zugestanden wurden ; und seit dem Jenner 1851 durch die Uebernahme der Ueberfahrtskosten nach Amerika auf Rechnung der Re-

436 .publik für die Verbannten, welche in der Schweiz zum Auswandern veranlaßt wurden. Es ist wahr, daß die französtfche Republik bei allen diesen Anlassen ebensowohl in ihrem eigenen Interesse, als in demjenigen der Schweij gehandelt hat; die Uebereinstimmnng diefer Jnteressen aber und das gute Einvernehmen, welches jene zwischen beiden Nationen zusammenkittet, fallen nur um fo mehr in die Augen.

3. NeuenburDie Note vom 25. Jenner 1850, in welcher der Bun* gAngelegen. besrath eine irrthümliche Auslegung, die das Berliner Kabinet unserer Note vom 8. vorigen Wintermonats in Betreff des Kantons Neuenburg gab, berichtigt hat, ist be* reits in dem Jahresberichte für 1849 erwähnt worden.

Bei Empfang diefer Note ließ der König von Preußen, welcher den Herrn Ritter von Heidenbrand und Lasa als

Jnterimsgefchäftsträger in die Schweiz abgefandt, diefem diplomatifchen Agenten, während er sich aus der Reise befand, einen Gegenbefehl zukommen, in Folge dessen er in Frankfurt am Main bleiben mußte, wo der Herr Minister Baron von Sydow, den er proviforifch ersezte, residirte, seitdem er die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen hat.

Es war Herr Major von Wildenbruch, welcher einige Zeit lang die preußische Regierung in Bern repräsentirte, der dem Präsidenten der Eidgen ossenschastam 18. Februar 1850 Jenes mittheilte, als er ihm von seiner Zurükberufung Kenntniß gab.

3« gleicher Zeit hat Herr von Wildenbruch von Seite

des Königs erklärt, daß feine Empfangsanzeige der Note vom 25. Jenner, in welcher er sich auf die frühern Protestationen und gemachten Vorbehalte im Namen jene..*» Fürsten bezogen habe, gebilliget worden fei und daß e$ für diesen Augenblik dabei bleiben werde. Der Repra-

437 sentant des Bundesrathes hat seinerseits sich auf die ©egenprotestationen und Vorbehalte, welche durch die eidgenössische Regierung gemacht worden, berufen.

Außerdem hat uns die Angelegenheit Neuenburgs nicht 4. Vertrag miliveiter befchäftigt.

de» vereinigte.....

Wir haben der Bundesversammlung bereits in der jjjjj*"1 *"* Botschaft, welche wir während des vorigen Ehristmonats an sie richteten, Kenntniß gegeben, daß der Präsident der -Bereinigten Staaten Nordamerika's an die Eidgenossenschaft einen Spezialagenten, Herrn Ambros Dudley M a n n , gesendet hat, um der Schweiz die hohe Achtung und die

Sympathie der großen Republik der neuen Welt zu bezeugen.

Der allgemeine Vertrag der Freundschaft, der gegenseitigen Niederlassung, des Handels und der Auslieferung der Verbrecher, zwifchen dem Repräsentanten der amerifanischen Union und den Beauftragten des fchweizerischen -Bundesrathes am 25. Wintermonat 1850 abgeschlossen, »on Jhrer hohen Versammlung am 18. Dezember 1850 genehmigt, ist auch durch den Senat der Vereinigten Staaten ratifizirt worden, aber nnter Vorbehalten, welche man uns noch nicht mitgetheilt hat.

Jn Folge der Verfassungsverändernngen, welche in 5. Keine Be..

einigen Ländern Europa's sowohl, als in der Eidgenossen- fu*e im Aus fchaft stattgefunden, glaubte der Bundesrath dem National- antie' gefühle zu entsprechen, wenn er davon abstehe, Häupter anderer Staaten während ihrer Durchreife oder ihres Aufenthalts in der Nachbarschaft der Schweiz durch Abordnungen begrüßen zu lassen. Wir glauben, daß die freundschaftlichen Beziehungen zwischen den "Nationen und die Rüksichten, welche sich die Regierungen schuldig sind, nicht auf Höflichkeitsbesuchen, wohl aber auf gegenseitiger Erfüllung ihrer Pflichten beruhen. Die völkerrechtliche

438 Gleichheit, welche zwischen unabhängigen Ländern herrschen soll, würde sehr schwierig, wenn nicht unmöglich rüfsichtlich der Schweiz zu beobachten fein, weil der erste Magistrat der Eidgenossenschafi von Seite der Regierungen anderer Staaten, wenn er sich in die Nähe ihrer Gränzen

begibt, nicht begrüßt wird. Diefer Gebrauch gegenseitiger Befuche, welcher bei gekrönten Häuptern seinen Grund und gewöhnlich eine Auswechslung von Orden oder Geschenken zur Folge hat, ist ebensowenig im Geiste demokratischer Einrichtungen, ebensowenig vereinbar mit der Einfachheit der Sitten, welche das Leben nnd die Kraft öcs Freistaates ausmacht, als die Pensionen oder Gehalte, die Titel, Geschenke, oder Orden, welche der Art. 12 der Bundesversassung den Civil- und Militärbeamten der Eidgenossenschaft, ihren Repräfentanten und Kommissarien von auswärtigen Regierungen anzunehmen verbietet.

Um deßhalb unter der neuen Ordnung der Dinge nicht einen Vorgang aufzustellen, welcher für die Zukunft schwere Folgen haben könnte und sich nicht gegen den Miuthmaßlichen Willen der schweizerischen Nation in eine Bahn zn begeben, die man ol)ne größere Schwierigkeiten nicht wieder verlassen könnte, hat der Bundesrath weder an den Präsi&enten der französischen Republik, als er sich in den benachbarten Departementen befand, noch an den Kaiser von Oesterreich, an den König von Baiern und an den König von Württemberg, als sie den Manövern der vereinigten Truppen in Bregenz beiwohnten, Gesandte

abgeschikt.

.3. Diplomati» Nachdem bemerkt worden, daß zwischen einer oder fcher Berkehr. zwei Gesandtschaften und den Regierungen einiger Kan=tone ein unmittelbarer Briefwechsel stattfinde, hielt sich der - Bundesrath für verpflichtet, diese Regierungen sowohl, al$

jene Gesandtschaften an den Art, 10 der Bundesi...erfassun3

*

439 zu erinnern, welcher lautet: ,,Der amtliche Verkehr zwi,,schen Kantonen und auswärtigen Staatsregierungen, so ,,wie ihren Stellvertretern, findet durch Vermittlung des ,,Bundesrathes statt." Wir haben die Wichtigkeit, welche die Eidgenossenschast dieser Vorschrift beilegt, hervorgehoben, da man glaubte,1 durch den Artikel 10 eine allge·meine Bestimmung der Verfassung, welche an sich hätte genügen können, zu verstärken, nämlich den Art. 90, Nr.

8, wo gesagt wird: "Der Bundesrath wahrt die Inte,,ressen der Eidgenossenschaft nach Außen, wie namentlich ,,ihre völkerrechtlichen Beziehungen, und b e for g t die ,,auswärtigen Angelegenheiten überhaupt."

So fagten wir den 16/19. August 1850: ,,Jn der That es handelt sich hier nicht bloß um eine Angelegenheit einer äußern Form, um einen bloßen Modus der Korrespondenz, sondern um das Wesentliche der Bundesverfassung selbst. Der Artikel 10 ist eben deßwegen eingeführt worden, «m die Rükkehr desjenigen zu verhindern, was unter der alten Ordnung der Dinge praktizirt worden ist, wo die Kantone unmittelbar mit auswärtigen Regierungen ober if)ren Stellvertretern korrefpondirten, ein Gebrauch, oder vielmehr Mißbrauch, auf den einige Mächte fußten, um sich mit dem Sonderbund in Verbindung zu sezen, ihn ßleichrnaßig wie die versassungoniäßige Regierung der Eidgenossenschaft zu behandeln und ihm Unterstüzung zu leisten. Die Artikel 10 und 90, Nr. 8, haben also zum Zwek, die nationale Einheit der Eidgenossenschaft aufrecht zu erhalten und augenscheinlicher zn machen, die .Politische Einheit der Schweiz nach Außen zu sichern und fowohl die Cantone als die Eidgenossenschaft vor fremden Einmifchungen in ihre inner« Angelegenheiten zu bewahren.

Der Bundesrath kann deßhalb nicht einen Gebrauch Wieder aufleben lassen, der fo gefährliche Folgen hatte

440 und dessen Konfequenz sein würde, daß, anstatt dasjenige erlangt zu haben, was man hauptfächlich bei der Reform der Verfassung beabsichtigte, die fchweizerifche Eidâenossenfchaft wieder hinter den Bund von 1815 zurükfallen würde, welcher, ungeachtet feiner Mängel, fchon die ·Einheit der Schweiz gegen Außen festsezte, um desto besser ihre Unabhängigkeit aufrecht zu erhalten."

Gegenwärtig wird diefe Vorschrift allgemein beobachtet.

B. Befondere Verhaltnifse.

,

täülä.

Die Frage bezüglich des Dappenthales hat noch feine befriedigende Lösung erhalten.

Bei Anlaß einer von der österreichischen Gendarmerie diesseits der Grenze des Kantons Bünden votgenommeneit ...Berhaftnng, sür welchen Eingriff wir Genngthnnng erhalten haben, hat die kaiserliche Regierung versprochen, die Frage wegen der streitigen Gränzen zwischen den .österreichifchen Staaten und der Schweiz auf der ganzen Linie, welche die beiden Länder trennt, von Neuem untersuchen zu lassen und Kommissarien zu ernennen, welchesich mit Beauftragten der Eidgenossenschaft im Jahr 1851, sobald es die Jahreszeit erlauben würde, an Ort und Stelle begeben follten. Diefe in der Mitte Augusts 1850 gegebene Antwort wuriie der österreichifchen Regierung in Erinnerung gebracht und das Militärdepartement, welches mit den wcitern Verrichtungen beauftragt worden, hat zudem einen Bericht und Anträge über diese ganze Angelegenheit gemacht, welche von dem Bundesrathe genehmiget wurden.

Verschiedene Gebietsverlezungen haben auf andern Punkten der ©ranze stattgefunden, fowohl von Seite Frankreichs, der österreichischen Staaten und des Groß-

441 herzogthums Baden, als auch von Seite der Schweiz. Die nöthigen Erklärungen wurden von dem einen und andern Theile gegeben und, ausgenommen einige nicht hinreichend ausgemittelte Fälle, ist gegenseitig die fchuldige Genugthuung geleistet worden.

Der Bundesrath fuhr sorgfältig fort, sich mit dem 8. ©telrunö Schiksal und den Interessen der Schweizer, die seines Unb Sntereffe

Schuzes im Auslande bedurften, zu beschäftigen.

j£ J.3J2J

Die Schweizer, welche in Folge des Aufstandes im a. Rasttòte Großherzogthum Baden in Rastadt Gefangene waren. Gefangene» wurden feit dem Besuche viel besser behandelt, welchen ihnen der eidgenössische Kommissär, Herr Oberst S t e h lin, Mitglied des schweizerischen Ständerathes, gegen das Ende Weinmonats 1849 machte, der von dem Bundesïathe beanstragt war, sich zu ihnen in die Kasematten der Festung zu begeben, um sich über ihre Lage zu erkundigen, ihnen Trost zu geben und um sich bei der babifchen Regierung für sie zu verwenden.

Die sür die Erlangung der Freilassung dieser Leute von dem Bundesrathe gethanen Schritte wurden ansänglich nicht mit Erfolg gekrönt. Am 28. Jcnner 1850 antwertete der Minister der auswärtigen Angelegenheiten des Großherzogthums unter anderm: "Es befinden sich nach ,,den neuesten Erhebungen zur 3cit noch 52 Schweizer,,Angehörige theils in gerichtlicher Untersuchung andere "und größern Theils aber in bloßer Kriegsgefangenschaft.

,,Der baldigen Entlassung der leztern nun würde kein er,,hebliches Hinderniß entgegenstehen, sobald die Gefahr ,,einer Erneuerung des Angriffs gegen die gesezliche ®t* ,,walt als beseitigt, oder doch in die Ferne gerükt zu ,,betrachten wäre. Ein folcher Zustand der Beruhigung "ist aber noch nicht eingetreten -- er ist es nicht hanpt"sächlich in Folge des bisherigen Versahrens der Schweiz.» iöuiidesblatt Jahrg. ili. Bd. II.

34

442 ,,welche den Häuptern und Anführern des lezten Slufstandes, f ,ungeachtet der hiergegen vielfach erhobenen Reklamationen, "@chuz und Asyl gewältt und sie unte« ihren;Augen für ihre ,,verbrecherischen Anschläge ihre Thätigkeit entwikeln läßt.

"So lange die Urheber und Führet der 'Revolution in ,,dem unmittelbat angtenzenden Nachbarstaat versammelt ,,bleiben, wird die Großherzogliche Regierung nicht in der ,,Lage fein, ihnen die kriegsgefangenen Soldaten ihrer ,,Armee zuzusenden; sobald hingegen der Großherzoglichen "Gesandtschaft bei der Schweiz die Nachweifungrn zugehen, ,,daß die Ausweisung der von ihr dem Bundesrathe be"zeichneten Führer aus den sämmtlichen Kantonen voll,,zogen, die Jnternirung der noch immer an den Gränzen "verkehrenden und wühlenden Flüchtlinge ernstlich durch.,,geführt sein wird, so wird es der Großherzoglichen Re,,gierung zur Befriedigung gereichen, die Entlassung der ,,großen Mehrzahl der noch in Kriegsgefangenschaft besind,,lichen dortseitigen Staatsangehörigen ohne Besorgnisj ,,sür die Erhaltung der Ruhe und Ordnung verfügen zu ,,können."

Der Bundesrath hat, wie man weiter oben gesehen, der Forderung, der Liste derjenigen Flüchtlinge, deren Fortweisung aus der Schweiz man beschlossen hatte, noch gegen 40 andere beizufügen, nicht entsprochen ; als die badische Regierung sich aber überzeugen konnte, daß die aufs Neue bezüglich der Vollziehung genommenen Beschlüsse !&ei der Wiederkehr der bessern Jahreszeit ausgeführt wurden, ließ sie endlich die Thore der Festung Rastatt den sechsundvierzig Schweizern, welche noch gefangen waren, öffnen und instradirte sie nach Bafel, wo sie auf der

Eisenbahn am Abend des 8. Aprils 1850 anlangten.

Diese Unglüklichen wurden in dieser Stadt mit vieler ·Humanität aufgenommen; sie wurden in einer Kaserne

443 dnc-juartirt, gekleidet, genährt, und fowohl mit Geldnutteln als mit Marschrouten für die Rükkehr in ihre Heimath versehen und unentgeldlich durch die eidgenössische f5oji transp'ortirt. Drei andere Schweizer waren schon itn Lause des Hornungs freigelassen worden. Es blieben am 8. April noch vier fchweizerische Gefangene in Rastadt prüf, ein Kranker, welcher fpäter fortkam und drei Offi·jiere, welche höhere Grade bekleidet hatten; der eine wurde

in Kraft eines Urtheils des Eivilgerichts, welches fand, er fei durch' eine zwanzigwöchige Einsperrung, durch Krankheit, andere Leiden und die großen Verluste hinreichend geftraft worden, freigelassen; die zwei leztern wurden zu Einfperrung oder Einzelhaft verurtheilt

Die Reklamationen zu Gunsten alter Schwdzermilitärs D. Pensionen welche in Folge ihres Dienstes in fremden Armeen ein «ud Entschädi* .Recht auf Pensionen oder andere Entfchädigungen haben, 9u"9eu.

führten, troz der Hoffnungen, welche von einigen Regierun$en gemacht wurden, noch zu keinem Ziele.

Hingegen wurden die Schweizer, welche in Wien, Nea'.pel und Sizilien Schaden erlitten, für einen Theil des beM)iefenen Verlustes entschädiget; die Kaufleute, deren Waafen in Ludwigshafen verbrannt worden, wurden vollständig schadlos gehalten.

Außer den angeführten Angelegenheiten hatte sich der 9. Verschiedene Bundesrath noch mit einer fehr großen Anzahl anderer, Anaeleaenljei* -Kantone und Privatpersonen betreffender Gegenstände zu *en> .beschäftigen, als : Anzeigen zu empfangen oder zu machen, Kundmachungen von der einen oder andern Seite her. Nach..Weisungen zu erhalten oder zu geben, verschiedene Rekla- , înationen. Mittheilungen aller Art nach Außen oder nach Innen zu senden, das ist ein allgemeiner Blik auf diese Geschäfte, welche zu zahlreich und zu speziell sind, um in diesem Berichte eine Stelle zu finden ; hingegen versteht e$

sich, daß der Bundesrath bereit ist, alle möglichen Erläutee rungen zu geben, oder Nachweifnngen zu liefern, welche verlangt werden könnten. Die Grundfäze, welche uns bei den Reklamationen, die wir im Auslande zu machen hatten,, und bei denjenigen, die von Außen oder wegen Fremden ire der Schweiz an uns gerichtet wurden, leiteten, sind am Eingange unseres Berichtes für das Jahr 1849 auseinander-

flefat.

c. Diplomatifche Agentschaften.

ÎO.Slngwartige Während des Jahres 1850 sind in dem diplomatische« ©esandtschaf- Corps in der Schweiz folgende Veränderungen vorgeim.

kommen: Spanien. Herr Ritter von N e b i e t , residirender Minister, wurde am 2. Jenner zurükgerufen und die fpanische Gesandtschaft in der Schweiz aufgehoben.

G r o ß b r i t t a n i e n . Herr Eduard L y o n s übergalj seine Kreditive als bevollmächtigter Minister Jhrer brittan...« schen Majestät am 7. Jenner.

P r e u ß e n . Die Sendung des Herrn Major voit W i l d e n b r n c h endigte am 18. Hornung und Herr Baron von S y d o w wurde am 19. als bevollmächtigter Minister für die Schweiz und Wurtemberg beaustragt. Er wurde provisorisch durch den Herrn Ritter von H e i d e n b r a n d und der Lasa als Jnterintsgefchäststräger ersezt.

Rom. Herr B o vi eri, Geschäststräger des heiligere ·Stuhles, zeigte den 20. Juli die Zurükberufung des apostolifchen Nuntius, des Herni Ma d o t i , an.

il. SchweizeDie schweizerischen Geschäftsträger und Konsuln im lische Agent« Auslande fuhren fort, ihrem Vaterlande mit einem Eifer Cchaîten.

und einer Hingebung zu dienen, die man nicht genug anerkennen kann. Keine gegründete Klage gegen sie gelangte an uns... Sie ihrer Seits, begegneten oft unerc

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träglichen Anforderungen von Personen, welche sich keinen Begriff von der Stellung und Wirksamkeit diefer Agenten ··ju machen scheinen.

Durch Kreisfchreiben vom 31. März 1850, beauf- I>. Matlatò..

îragte der Fürst von Schwarzenberg, der erste Minister ·des Kaiserreichs Oesterreich, die Gesandten dieser Macht t>en auswärtigen Regierungen, welche in Mailand errichtete Konsulate hatten, Kenntniß zu geben, daß wichtige Gründe der Regierung des Kaisers den Wunsch eingeben, diese Konsulate ausgehoben zu sehen. Jn einer Denkschrist, die dem Präsidenten der Eidgenossenschaft vorgeïefen worden, ist die Natur dieser Gründe entwikelt.

Man machte unter Anderm folgende Betrachtungen geltend: Der Urfprung der fremden, in Mailand errichteten Konsulate, sagt man, geht nicht weiter als zu der Epoche gurük, wo diese Stadt zur Hauptstadt eines besondern Staates, der cisalpinischen Republik, erhoben worden.

Als diese Repnbkik 1805 dem Königreiche Jtalien einverïeibt wurde, suhren die sremden Konsuln fort in Mailand, .rnelches der Siz der Regierung geworden, zu residiren.

Als 1815 das lombardifch-venetianifche Königreich gegründet tvurde, widerfezte sich die österreichische Regierung der ·Fortdauer der fremden, in Mailand errichteten Konsulate nicht, denn diese Stadt, der Mittelpunkt der neuen Verivaltung, hatte nicht ausgehört, die Residenz des Vizefönigs zu sein; aber heute, unter den neuen Einrichtun·gen, welche das Kaiserreich Oesterreich regieren, ist MaiHand nicht mehr der administrative Mittelpunkt der itaïienischen Provinzen der Monarchie, daher folgert die .österreichische Regierung, daß die Gegenwart fremder Konfuln in dieser Stadt, nicht mehr dnrch die Leichtig- · ïeit, deren sie sich früher erfreuten ,· unmittelbar und perfönlich die ihnen anvertrauten Jnteressen bei der obersten

446 Provinzialbehörde des Landes bevorworten zu können f &-..·.

gründet ist. -- Die österreichische ...Regierung ruft da..* natürliche Recht an, welches jeder Regierung die Befug* niß einräumt, fremde diplomatische oder Konsular-Agenten auf ihrem Gebiete zuzulassen, oder abzuweisen, so Wie auch das Recht der Ausschließung, beziehe sich diese nun ans die Person des Agenten oder Konsuls, oder auf den Ort, wo der Konsul seine Residenz aufschlagen will.

Die Zustimmung der Regierung zur Errichtung eine..!

Konsulats in einer Stadt ihrer Länder ist natürlicher Weise allzeit widerrufbar. Die Bestimmungen .vieler voiïerrechtlichen Uebereinkünfte dienen zur Unterstüzung dieser ·Behauptungen, indem sie mehr oder weniger ausdrüklich die Unabhängigkeit bekräftigen, welche jede Regierung,, .bezüglich der Konfularagenten, deren Zulassung sie bei«

gestimmt hat, zu behalten fortfährt. Die Denkschrift zählt hierauf mehrere zwischen verschiedenen Nationen abgeschloffene Verträge auf, welche die in Rede stehenden.

Bestimmungen enthalten. Da die Umstände, unter welchen die fremden Konfulate in Mailand errichtet worden,.

sich geändert haben, wünscht die kaiserliche Regierung von ihrem Rechte die Zustimmung, welche sie der Errichtung diefer Konfulate gegeben hat, zurükzuziehen, Gebraaei) zu machen. Sollten jedoch die fremden Mächte, wird am Schlüsse der Denkfchrift gesagt, es für unerläßlich halten,., in Mailand Agenten zu haben, die fpeziell mit der Wah= .rang der Handelsverhältnisse ihrer Landsleute beauftragt sind, so glaubt die österreichische Regierung, daß znr Erfüllung dieser Angelegenheit e i n s a c h e A g e n t e n o h n e .öffentlichen ( à h a r a f t e r vollkommen genügen würden..

"Jndem wir das Ende des laufenden Jahres (1850) ,,als den Zeitpunkt, wo wir die fragliche Maßregel aus"geführt W sehe« wünschen, bezeichneten," sagt schließlich

447 der österreichische Minister in seinem Kreisschreiben vom 31. März, ,,hoffen wir sowohl den besreundeten Regie,,rungen, an welche wir uns wenden, als der persön,,lichen Bequemlichkeit der gegenwärtigen Inhaber der frem,,den Konsulate in Mailand, eine hinreichende Frist ge,,lassen zu haben."

Der Bundesrath hatte nicht unterlassen die nöthigen Schritte zu thnn, um wenn nicht die Beibehaltung des General-Konsulats, oder eines einfachen Konfulats in Mailand, doch wenigstens einen Handelsagenten mit öfsentlichem Charakter zu erlangen.

Den von dem politifchen Departement erhaltenen Weisungen gemäß hat der schweizerische Geschäftsträger in Wien und der Generalkonsul in Mailand, jeder von seiner Seite und auf eindringliche Weife dem österreichischen Ministerium in Wien und dem Stellvertreter des Kaisers in Mailand, all' die nöthigen Vorstellungen gemacht, um die kaiserliche Regierung zu bestimmen,

ihre Entfchließung zu modifiziren. Eine ausführliche, von Herrn Reymond, Generalkonsul in Mailand, mit vielem Talent abgesaßte Denkschrift, wurde ihnen unterbreitet und stark unterstuzt. -- Auch hat der Präsident der Eidgenossenschaft dem österreichischen Gesandten in der Schweiz Vorstellungen in gleichem Sinne gemacht.

Ihrer Seits haben die Regierungen von Frankreich und Sardinien ähnliche Schritte gethan.

Allein die österreichische Regierung verharrte auf ihrer Entfchließung und erklärte keine Ausnahme zn Gunsten der Schweiz machen zu können. Da indessen einige Regierungen angefragt hatten, welches die Stellung und Wirkfamkeit der Handelsagenten in Mailand fein würde, ließ die kaiserliche Regierung dem Bundesrathe, durch eine Note vom 4. Februar 1851, Abschrist von den Be-

dingungen, unter welchen diese Agenten eingesezt werden können, zukommen.

Hier die vorzüglichsten Stellen dieses Aktenstükes : ,,Was die Rechte und Wirksamkeit dieser Handels,,,agenten.anbetrifft, so entspringen sie ganz einsach aus ,,der Natur ihrer Stellung."

,,Die Regierung des Kaisers anerkennt in ihnen keinen ,,öffentlichen Charakter; sie können an keinen der Vor,,theile, welche die Konsuln genießen, Anspruch machen; ,,auch können sie gegenüber den kaiserlichen Behörden, ,,oder den Unterthanen des Kaifers keinen derjenigen Akten ,,vollziehen, welche die Konsuln in ihrer Eigenschaft als ,,öffentliche Beamten ausüben. -- Daraus ergibt sich, daß ,,die Handelsagenten weder Pässe vifiren, noch andere ,,Aktenstüke, welche in Oesterreich vorgewiefen werden ,,müssen, legalisiren können".

"Durch Aufstellung dieses Grundsazes beabsichtiget übri,,gens die kaiserliche Regierung keineswegs, über das Ge,,wicht, welches die fremden Regierungen bei ihnen auf ,,die eventuelle Dazwifchenkunft ihrer Handelsagenten in ,,Mailand, in Sachen, welche ihre Angehörigen betreffen,, ,,legen könnten, zu präjudiziren -- ".

Aus dieser Erklärung ergibt sich, daß der schweizerische Handelsagent in Mailand Pässe und andere Aktenstüke für Schweizer ausfertigen und visiren kann, deren Wirksamkeit außerhalb der österreichischen Staaten bestimmt ist; daß er im Allgemeinen fortfahren kann, im Jnteressc seiner Landsleute zu handeln.

Da .das Recht einer Regierung, die fremden Konsulate in ihren Ländern aufzuheben, oder die Bedingungen, unter welchen sie dieselben zuläßt, so wie ihren Eharakter und die Gränzen ihrer Wirksamkeit zu bestimmen, unbestreitbar

449 .und von der Souveränetät des Staates unzertrennlich i|t> hat der Bundesrath, eben fo wie die Regierungen anderer Mächte, diefe Bedingungen angenommen.

Herr Reymond, welcher während mehrerer Jahre mit Auszeichnung die Funktionen eines Generalkonfuls in in Mailand ausübte, hat eingewilliget auch fernerhin unter dem bescheidenen Titel eines Handelsagenten seinem Vaterlande zu dienen.

· Folgende Aenderungen haben im Personal der schwei- e. 3ßvtfsmc$.

.zerischen Konsulatsagenten im Auslande stattgesunden.

Leipzig. Hr. Konsul H i r z e l - L a m p e wurde zum Generalkonsul und Bevollmächtigten bei den Staaten de.-* Zollvereins ernannt.

St. F r a n z i s k o . Hr. Theodor von R ü t t e von Bern wurde zum Haudelskonsul für Kalifornien ernannt.

Livorno. Vizekonsul: Hr. J. P. Wälti von Zurzach.

' Neu-Orleans. Konsul: Hr. Peschier von Genf wurde ersezt durch Hrn F. B. Fäh aus dem Kanton @t. Gallen.

Detroit. Konsul: Hr. Phl. J.Frantz.

Rom; Generalkonsul: Hr. F. Bégré,, .verstorben, wurde ersezt durch Hrn. Martin Hotz von Thalweil, Kanton Zürich.

St. P e t e r s b u r g . Der Generalkonsul Hr. L ou bie r verlangte und erhielt seine Entlassung.

Genua. Konsul: Hr. Theodor K i n d von Chut ersezte den verstorbenen Hrn. Notz, Odessa. Vizekonsul: Hr. H. Richard ans dem Kanton Waadt, welcher seine Entlassung verlangte, wurde ersezt durch Hrn. OttoTrithen aus dem Kanton Bern...

450

...öenedig. ....Sizekonsul: Hr. W ö l f l i n von Basel hot aus spine Funktionen verzichtet.

B o r d e a u x . Vizekonsul: Hr. P. Melirezat von ©enf, Sohn des Konsuls.

II.

JnUere Angelegenheiten.

·..Da die Angelegenheiten des Kantons Freiburg Gegenstand der Verhandlungen der Bundesversammlung waren und die so glüklich erfüllte Sendung der Herren ·Präsident Kern und Staatsrath P i oda von ihr genehirn'get wurde, so berusen wir uns nur aus diese Akten.

Das politische Leben fuhr fort in den Kantonen sich theils durch die thätige Theilnahme an den periodische« Wahlen, theils durch die Veränderungen der Verfassungen znm Zweke, sie mehr mit der Bundesverfassung .und den Bedürfnissen der Zeit in Einklang zu bringen, theils durch die Presse und öffentliche Vereine aller Art p entwikeln. Nur mit vieler Befriedigung k.onnte man [ehen, daß in dem politischen Kampfe, welcher den Kanton,

wo sich der Siz der eidgenöfsifchen Behörden befindet, so sehr ausregte, die entgegengesezten Parteien in ihren ...Setheurungen der Anhänglichkeit an die neuen eidgenöffischen Institutionen wetteiferten.

Je mehr man diefe Jnstitutionen allmälig ausführt, ·werden sie desto tiefere Wurzeln fchlagen, als die eidgenössischen Behörden auf der einen und die kantonalen auf der andern Seite in den Gränzen ihrer gegenfeitigen Befugnisse zu verbleiben wissen, und der Verfassung des Bunde..!

und denjenigen der Kantone jede Entwiklung deren sie fähig find, geben und aus dem Wege des Fortschrittes vorwärts ·gehen werden. Je mehr auch die Bürger die eidgenössifchen Institutionen studiren, desto mehr werden sie sich

451 u.&erzeugen, daß man von den Bundesbehörden Einrichtungen, Verbesserungen, Maßregeln, so wünschenswert sie immerhin sein mögen, nicht verlangen kann, weil sie nicht in ihrer Befngniß liegen.

Der Unterzeichnete sieht sich, um einer unrichtigen Auslegung ,d£r Anmerkung, Seite 4 des bundesräthlichen Berichtes, welche lautet: ,,da d£r Geschäftsberich-i des ,,politischen Departements .nicht zu gehjmger Zeit dem ,,...Druke übergeben werden .konnte, mußte derselbe am ,,Schlüsse des vorliegenden Verwaltungsberichtts eingereiht ,,werden," zu begegnen und d'en wahren Sachverhalt darzulegen, zu der'Erklärung veranlaßt: daß 1) die Redaktion des Berichtes des politischen Departenients nicht früher fertig sein konnte, sowohl wegen der bedeutenden Anzahl der Aktenstüke, welche wieder zu lesen, näher zu bezeichnen, auszuziehen'' und zusammenzustellen waren, als auch wegen der Schwierigkeit und der zarten Natur der darin zu behandelnden Gegenstände, und des Umsanges, welchen man ihn zu geben genöthigt war; 2) der Berichterstatter, welcher glaubte, sich einzig und allein diesem Berichte widmen zu können, durch weitläufige und unaufschiebbare Geschäfte, welche er theils auf dem Finanzdepartement, theils, während vier Wochen, auf dem Justiz- und Polizeidepartement zu beforgen hatte, an der Ausarbeitung verhindert wurde; 3) fobald er durch die Bundeskanzlei Kenntniß erhielt, die Drukerei warte auf seinen Abschnitt, um ihn im Eingange des Berichtes, der angenommenen Ordnung gemäß, zu geben, er den Vorschlag machte, denselben um den Saz der Abschnitte anderer Departemente

452 nicht zu versäumen, ans Ende zu bringen., was auch genehmigt wurde; 4) als am 23. Juni bereits der Anfang feines Berichte in beiden Sprachen drukfertig war, er sich überzeugen mußte, daß die deutsche und französische Drukerei

j des Bundesblattes bezüglich des Sazes, im Rükstande

waren und die Berichte des Departements des Handels- und Zolls und desjenigen des Post- und Baudépartements, noch nicht gesezt waren, troz dem, daß die Drukereien das Manuskript rechtzeitig empfangen haben follen ; 5) daher der Saz des Berichtes des politischen Departements in der deutschen Drukerei nicht vor dem 2. oder 3., in der französischen nicht vor dem 7. Juli begonnen werden konnte, obgleich beide Drukereien schon am 23. und 24. Juni hinlänglich Manuskript empfangen hatten; 6) endlich der Druk diefes Berichtes durch denjenigen der Berichte der Kommissionen des National- und Ständerathes, welchen der Vorrang gebührt, verzögert wurde.

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Bern, den 19. Juli 1851.

Das Mitglied des Bundesrathes, welches Direktor des politischen Departements im Jahr 1850 und als folcher mit der Ab-

fassung diefes Abschnittes des Geschäft..-?berichtes des Bundesrathes beauftragt war: .·§. Drue.0.

453

Nachtrag zur

III. Abtheilung des Geschäftsberichtes: ,,Militärdepartement."

Nachträglich wird noch bemerkt, daß auch eine Jnfpek- Infanterie U tion einer Scharffchüzenkompagnie und eines Bezirksbatail"|L lons von Appenzell A.-Rh. stattgefunden hat, über welche charfschüzer der Rapport erst einlief, als der Geschäftsbericht des Militärdepartements bereits abgefaßt war. Der Jnspektor hält das Kontingent dieses h. Standes für eine ganz brauch« bare Truppe, nur wünfcht er, daß nur Marschbataillone und nicht Marsch- und Bezirksbataillone beständen. Kleidung, Bewaffnung und Ausrüstung gaben zu keinen

wesentlichen Bemerkungen Anlaß. Die Disziplin war befriedigend.

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Bericht des schweizerischen Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im Jahr 1850.

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26.07.1851

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