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Jahrgang III. U-land I.

Jï!!;If · Samstag, den L März 1851.

Site abcnnirt auescWießlirt) beim nächstgefegeiien Postamt. Preis sut dtìs Iahx 1851 im ganzen Umfange ter Schweiz p o r t o f r e i Ftkn. 3.

Insevile sind f r a n f i r t an die Expedition ei.'znsende... Gebühr l Batzen Ver Zeile ober deren Raum.

Verhandlungen dfr Ds.n.)e0iiersrtnuniMn0.

Nationalrath.'

Angelegenheit der Militäikapitulationen.

(Vom 4., 5. und 6. Dezember 1850).

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Bericht und Antrag der

Minderheit der vom Nationalrathe niedergesezten Kommission, betreffend die Militärkapitulationen.

Xit.

...Dir M i n d e r h e i t der Kornmisfion gibt sich die Öhre, zunächst durch das Organ ihres deutschen Berichterstaf...« te-rs, Ihnen vorzutragen, was folgt: 1. R ü c k b l i c k auf das G e s c h i c h t l i c h e d i e ß s e i t i g c r V e r h a n d l u n g e n über die obschwebende Frage.

Jm Ganzen, wie im Einzelnen, verweisen wir hier überhaupt auf die verschiedenen, wenn auch ziemlich vo* ..Bundesblatt. Jahrg. III. Bb. 1.

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136 luminösen, immerhin sehr gut geordneten Aftenfaseikel, können demnach namentlich auch über die Art, wie die Sache in der Bundesversammlung ursprünglich eingc-

leitet worden, mit Stillschweigen hinweggehen. Nicht unbemerkt darf indessen d e r Umstand bleiben, daß --· bevor noch bei erstem die Sache einläßlich zur Sprache gekommen, -- der Bundesrath, sie von sich aus zur Hand nehmend, in einem befondern, durch fein politifchcs Departemcnt verfaßten Memoriale, d. d. 20. Februar 1849, die Meinung aussprach: ,,es seien die Bundesbehörden ,,nicht kompetent, die bestehenden Kapitulationen aufzu,,heben, und es liege daher nicht in der Stellung des ,,Bundesrathes, (den beiden Kammern) dicßfäll.ge An"träge zu hinterbringen."

Dieses Memoriale fammt einschlägigem Bundesrathsbefchlusse befindet sich in der Beilage zum offiziellen schweizerischen Bundesblatte, Jahrgang 1849, Nr. 2, während der Aktensascikel selbst dasselbe nicht enthält, graöliches Aktenstück hat indessen -- wenn auch äußerlich unter die vollkommen erledigten gehörend -- vermöge seines Inhaltes, partiell wenigstens, alle Bedeutung noch nicht verloren; und die Kommisfionsminorität erlaubt

sich einige, ihres Bedünkes sehr praktische Stellen darans den Herren Nationalräthen wieder in's Gedächtniß zu rufen. An einem Orte, gleich nach dem Eingange nämlich, heißt es: "Ueber das V e r w e r f l i c h e und " G e f ä h r l i c h e diefer Kapitulationen ist unter uns nur " E i n e Stimme, und es wäre daher eine unnüze Be-

,,fchäftignng, die Angelegenheit von diefer Seite zu be,,leuchten. Die K r a n k h e i t ist in ihren Ursachen und "Wirkungen vollständig erkannt; aber schwer dürfte es ,,fein, ein fchnellwirkendes Heilmittel zu finden."

Weiter liest man in jenem Aktenstücke (pag. 11):

197 "Absichtlich werde keine Rückficht auf den Saz genommen, "daß es dem Schweizer gezieme, sein gegebenes Wort "zu halten, denn -- so heißt es buchstäblich -- es läßt "fich Manches anführen, das geeignet ist, die moralische "Bedeutung desselben in vorliegendem Fall zu schwächen.

,,So läßt fich z. B. anführen, daß solche V e r t r ä g e ,, a u f I m m o r a l i t ä t b e r u h e n u n d schon d a r u m ,, k e i n e n r e c h t l i c h e n Schuz v e r d i e n e n ; daß fie fer,,ner die Vortheile und ..Jlachtheile sehr einseitig auffassen, ,,und daß endlich, wie die Geschichte beweise, von den "fremden Staaten folche Kapitulationen gebrochen wor"den seien, so oft es ihnen konvenirt habe."

Das Memoriale äußert fich am Ende noch dahin: Es dürften die betreffenden Kantone "auf das Bedenk,,liche der gegenwärtigen Lage aufmerkfam gemacht und "dieselben eingeladen werden, in Betracht zu ziehen, ob ,,und unter welcher Voraussezung die Kapitulationen "aufgehoben oder modifizirt, und ob nicht Maßregeln zur ,,Erschwerung oder Suspenfion der Werbungen getroffen ,,werden können. Diese Kantone dürften" -- (laßt uns Alles tertuell getreu wieder geben!) -- "in dieser Be"ziehung auf v e r s c h i e d e n e Verhältnisse aufmerksam ,,gemacht werden", wovon das Memorial des Bundesrathes beispielsweise d r e i erwähnt, nämlich: 1) ,,Iene Kantone [ollten ernstlich in Erwägung "ziehen, ob ihr Mitkontrahent, die Regierung von Nea,,pel, ihrerseits den Vertrag gehalten habe, ob nicht "viele Zusagen bloß auf dem Pavier stehen, ohne in "der Wirklichkeit erfüllt zu werden; und ob namentlich "die Begünstigungen im Handel und Verkehr gewährt ,,worden feien, welche der Zusazartikel in den Kapitu,,lationen verheißt."

2) ,,Die Gesejgebung der Kantone l-ann vielleicht

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,,Manches thun, um de» (.fïfoïg ber ..JBcrbungen z« «,,schweren; so z. B., daß sie von ben ...Dienstnehmenden "vorerst gewisse Leistungen als Aequivalent für das Ver,,lassen des einheimischen Dienstes oder gewisse ©...rat,,tien dafür fordert, daß dieselben künftig nicht den ©c,,meinden zur Last fallen."

3) "Endlich dürften a«.!; moralische (.anwiïkung en auf ,,die Bevölkerung und die dienstfähige Mannschaft nicht ,,erfolglos sein, in der Meinung, daß die RegierunuMi ,,auf geeignete Weife auf das U n e h r e n v o l l e , Un,, v a t e r l ä n d i s c h e u n d die g a n z e Z u k u n f t b e r ,, S o l d a t e n G e f ä h r d e n d e dieses -Söldnerdiensies "hinweisen würden."

So weit die Andeutungen des Bundesrathes in sei* neffl mehrerwähnten, vom 20. gcbruar 1849 datfrteu Aktenstücke. Worauf lezteres hinauslief -- nämlich auf eine Erklärung : daß der Bund cils solcher einzuschreiten nicht befugt sei -- haben wir bereits oben angebracht.

(..üben so sezen wir als bekannt voraus, daß die Bimdesversammlung selbst, auf jene Behauptung, sie sei in* îompetent, nicht eingehend, die Frage der Auflösung, respeft. Nichtauflösung jener ..Kilitarfapitulaticnen in ver(chiedenen Schlufnahmen sclbststänbig zu lösen versucht hat.

Die erste dieser Schlußnahmen emanirte vom Nationalruth unterm 25. Mai 1849; fie lautet also: 1) ,,Die Mifitärkapitulationen find als mit der Würde ,,und der Ehre der schweizerisch..!. Eidgenossenschaft «n* ,,verträglich erklärt.

2} ,,...Der Bundesrath wird eingeladen, beförderlichst ,,die geeigneten Unterhandlungen zu pflegen, um eine ,,Auflösung der noch bestehenden Militärkapitulationen zu ,,erjielen zu suchen, und über die daherigen Ergebnisse

199 ,,Balchi, sowie angetnesscne sachbezügliche Anträge der ,,Bundesversammlung vorzulegen.

3) ,,..De,1 Bundesrath ist ferner beauftragt, die Auf,,losung der Militärkapttulationen im Namen der schwei,,zerifchcn (.Eidgenossenschaft auszusprechen und zu voll,,ziehen, falls Gefahr drohen follie, daß kapitulirte ,,Schwcizertruppen in Neapel zur Intervention in einem ,,andern Siaatc und zum Nachiheil des Grundsazes der ,,freien Selbstronstituirung verwendet werden sollten.

4) ,,Alle Anwerbungen für auswärtige Militärdienste ,,find im Gebiete der ganzen Eidgenossenschaft unter-

,,saat."

3)ieß der Nationalrathsbeschlut.. vom 25. Mai 1849.

Da indessen der Ständerath demselben nicht beipflichtete, sondern [eines Orte..! -- betrachtend, daß das Fortbestehen der .Kilitärfapitulationen mit den politischen Grund* lagen der Schweiz als eines demokratischen Freistaates unverträglich sei -- Uolgendes dekretirt wissen wollte : 1) ,,Der Bundesrath wird eingeladen, beförderlich ,,die geeigneten Unterhandlungen zu pflegen, um eine ,,Auflösung der noch bestehenden Militärkapitulationen zu ,,erzielen zu suchen, und über die daherigen Ergebnisse ,,Bericht, sowie angemessene, sachbezügliche Anträge der "Bundesversammlung vorzulegen.

2) ,,Alle Anwerbungen für auswärtige Militärdienste "find im Gebiete der ganzen Eidgenossenschaft für einst"weilen untersagt," So ergab sich zulezt auch der Nationalrath, freilich erst nach längern wechselseitigen Debatten, und nament* lich, nachdem dießseits der Versuch, die Worte ,, f ü r e i n s t w e i l e n " im Art. 2 zu streichen, an der Beharr* lichkeit der andern Kammer gefcheitert war; und so kam dann unterm 20. Juni v, J. in Sachen derjenige Bun#

200 desbefchluß zu Stande, welcher dem vorhin angeführten

ständeräthlichen (d. d. 9. Iuni 1849) Wort sur Wort gleichlautend ist.

Diesem zufolge geschah es, daß der Bundesrath mit Schreiben vom 25. Iuni 1849 den von ihm, der obersten Bundesbehörde vorgelegte Entwurf eines Strafgefezes

gegen Militärwerbungen, förmlich wieder zurücknahm(!).

(Es war dieses wohl die gleiche Vorlöge, welche als Anhang zur "Botschaft", zur Zeit wiederum an die Bundesverfammlung retournirt ist.) -- Was aber der Bun-

desrath in Vollziehung des .gedachten Bundesbefchlusses

in dem Zeiträume vom 20. Iuni v. I. bis zur Eröffnung gegenwärtiger Sesfionsabtheilung vorzukehren für gut gefunden, findet sich übersichtlich dargestellt in feiner oben erwähnten, vom 13. v.M. datirten, Botfchaft an die h. Bundesversammlung.

Diese Botschaft enthält aber zugleich (vide pag. 16 im gedruckten deutfchen Texte) den Antrag: "Die hohe Bundesversammlung möge es den bcthei,,ligten Kantonen überlassen, über die bestehenden Kapi,,tnlationen bis zu deren Ablauf das Gutfindende zu "verfügen und daher den proviforifchen Bundesbeschluß ,,vom 20. Iuni a. p. außer Kraft sezen."

Es bezweckt nun dieser Antrag -- welchem auch die Majorität der Kommisfion beipflichtet -- sowohl seinem klaren Wortlaute als seinem Sinne nach, nichts mehr und nichts weniger als die vollige Vernichtung des ganzen Ergebnisses der Verhandlungen beider Kammern bis zum 20. Iuni v. I., sonach die unbedingte Herstellung des sogeheißenen status alante.

Daß hinwieder die M i n d e r h e i t Ihrer Kommission einer ganz andern Anficht huldigt, daß fie namentlich, -- und zwar in direktem Widerspruche mit dem Bun-

201 desrathe an dem bisherigen Standpunkte der Bundesverfammlung will festgehalten wissen -- dieses geht aus ihrem dem Nationalrath eingegebenen (lithographirten) Beschlussesantrage zur Genüge hervor.

Allervörderst wird es daher nicht unzweckmäßig sein, wenn die Kommissions min d e r h ei t am Schlüsse dieses Rückblickes auf das Gefchichtliche dießseitiger Verhandlungen, gleichsam zur Vervollständigung des Umrisses, mit ein paar Worten noch das Hauptmotiv der Bundesschlußnahme vom 20. Inni v. I. beifügt. Man räsonnirte damals fehr einfach. Seit jener Epoche -- so hieß es -- wo jene Kapitulationen abgeschlossen wurden, bisjezt, hat sich die Politik der Schweiz vollständig verändert. Sowie nämlich um jene Zeit, im Bunde wie in den einzelnen Kantonen eine, bald mehr bald minder zu dem, was Fürstendienerei genannt wird, sich hinnti* gende Aristokratie das Uebergewicht besaß, sehen wir heute das diametral entgegengesezte, nämlich das demokratische -- mithin fürftenfeindliche -- Element unser gesammtes Staatsleben beherrschen. Mit e i n e m Wort: Die Aristokratie, woraus jene Kapitulationen mit einzelnen Monarchen hervorgegangen waren, fie hat der Demokratie allenthalben das Feld räumen müssen. Auch in Neapel speziell sucht das Volk die ihm angebornen Rechte zu vindiziren. Träten wir ihm entgegen -- was offenbar der Fall ist, bei einem längern Festhalten an den fraglichen Militärkapitulationen -- so verlezen wir das Prinzip unserer eigenen, mit dem Jahr 1850 beginnenden, staatlichen Wiedergeburt und wir begingen hiernach eine arge Inkonsequenz in den Augen der ganzen civilifirten Welt. Hätte z. B. im Jahr 1849 oder 1848 die Schweiz mit der damaligen Republik Baden zu Gunsten der Aufrechthaltung eines republikanifchen Gemeinwesens im

202

Schoofje ber Eidgenoffcnfchafì irgend fine Militärfapt.'Jt" ïation abgeschlossen, ehnc allen Zweifel würde nach voll--Sogener Wiederumwandlung Badens in eine .Monarchie die dortige Regierung sich beeilt laben, ben durch ihren demokratischen Vorfahr eingegangenen Vertrag tücttw zu fündigen und die Mannschaft deir kapitiUirten badischcn Regimenter oder Bataillone ober Kompagnien unbedingt in ihr Vaterland zurückzurufen. Hätte aber bie restau.-ririe badische Monarchie dieses unterlassen, fo hätte -s ohne Zweifel die monarchische deutsche Zentralgewalt sehr schnell von sich aus gethan. Und schwerlich wäre dann Seitens der Schweiz gegen diese Verfügung rcklamirt oder gas1 von einer öntschädigunggforderung gesprochen worden. Warum man sich aber unserer Seits dieses Alles hätte gefallen lassen, leuchtet von selbst ein. Wir hätten nämlich in Sein Schritte unseres Nachbars, des ©roßherzogs oder ter Reichsregierung nur dasjenige wkennen müssen, was man im gemeinen Leben K o n f f . - .

q u e n z nennt.

So und nicht anders räsonnirte man bei (ïrlaf. fces .-Bundesbeschlusscs, welcher in graflc steht.

Dieses vorausgefchidft, wendet sich «ber die Mii-ter-kit der Kommission zu dem zweiten ...theile ihres OJutachtens, nämlich : II. Kritische B e m e r k u n g e n über die Bundesr a t h s b o t s c h a s t , vom 13. N o v e m b e r 1850 u n d i m p l i c i t e auch a b e r d a s M a j o r i t ä t . ? g u lachten.

Wie schon angeführt, sucht der Bundesrath der Ka.öitulationsangelegenheit, bezüglich auf den Gang der Diskuffion in beiden Kammern, eine durchaus veränderte Richtung zu geben und zwar in unbedingt n e g a t i v e m

203 Sinne. Der Bundesrath ruft uns ein maniini de tabula ! zu. Er meint oder er will, daß wir uns fortan mit dem Gegenstände gar nicht mehr befassen sollen und und zwar -- wenn die K o m m i s f i o n s m i n d e r h e i t ihn recht verstanden hat --- wesentlich aus drei Gründen : 1) weil, wie die bisherige (fünfvierteljährige) Erfahrung zeige, bei der Vollziehung doch nur wenig oder gar nichts herauskomme; serner 2) weil, wenn es je -- vor Ablauf des vertragsmäpig festgesczten Termins zur Auslosung der kapitulirtcn Schwcizerregimentcr in Neapel kommen sollte, diep sur die Schweiz mit bedeutenden Opfern verbunden wäre, namentlich was pekuniäre Einbuße anbelangt; und 3) weil seit dem,,Beschlusse vom 20. Inni 1849 gar Vieles sich bedeutend verändert habe.

Sache der Kommisfionsminderheit ist es nun, dieses alles etwas näher beim Lichte zu betrachten und der Ausführung df.3 h. Bundesrathes Schritt für Schritt zu folgen.

Ad 1. S c h w i e r i g k e i t e n der V o l l z i e h u n g .

,, g ü r s erste, -- so sagt es der Bundesrath -- "habe die Schweiz durchaus leine wirksamen Mittel, "um die Entlassung der jetzigen kapitulirten Regimenter ,,in Neapel zu bewirken, ja nicht einmal um die Weg,,nähme der schweizerischen Fahnen durchzusezen ; dieser ,,Zweck lasse fich nur erreichen, durch freiwillige Mit,,wirfung der Regierung von Neapel oder der Schwei* ,,jemgimenter selbst. Allein dazu werde fich jene Re,,gierung kaum verstehen und das Militär wohl noch "weniger. Iene habe bereits ffhr abschlägigen Bescheid "ertheilt, wie die Korrespondenz zeige, und bei den ,,Truppen herrsche, wie aus dem Berichte der Ober,,Offiziere zu ersehen, eine sehr ungünstige Stimmung;

204 ,,der Schweizerfoldat habe sich in Neapel bereits feine "Lebensweise angewöhnt, die er nicht mit einer unge,,wissen Zukunft werde vertauschen wollen, besonders in ,,der Ungewißheit über den Umsang der ihm zu Theil "werdenden Entschädigung; und so würde gewiß der ,,Fall eintreten, daß nur ein kleiner Theil fich zur Rück"kehr ins Vaterland bestimmen ließe ; man solle dabei "nicht übersehen, daß es der Regierung von Neapel ,,schwerlich an Mitteln .fehlen dürfte, unfere Lente ferner "an den Dienst zu fesseln. So aber wäre fchon der "Hauptzweck der Auflösung von vornherein zerstört".

(vide den gedruckten deutschen Text der Botschaft pag.

12 und 13).

Hierauf entgegnet die Minderheit der Kommission, daß es sich nach dem Sinn und Wortlaute des Bundesbeschlusses für e i n m a l durchaus nicht um die Rückberufung der neapolitanifchen Schweizerregimenter handle, mithin auch nicht um die Schwierigkeiten, denen der Ab-

berufungsbefchluß, falls es dereinst hiezu käme, begegnen möchte. Nach Anficht der Kommissionen, in der h e it haben im gegenwärtigen Zeitpunkte die schweizerischen Behörden ihr Augenmerk nur dahin zu richten, daß jenen Schweizerregimentern die Rekrntirung ans der Schweiz selbst möglichst wirksam abgeschnitten werde, sowie andrerseits der Bundesrath, sobald es die Umstände gestatten werden, Unterhandlungen zum Zwecke der Auflöfung jener Kapitulationen ungesäumt wieder aufzunehmen hat. -- Im Vorbeigehen -- und zwar unter Hinweifung auf das in unferm Gutachten vom 23. Mai 1849 Angebrachte -- bemerken wir, daß in praxi der Fall auch fchon vorgekommen ist, wo Seitens der obersten Bundesbehörde Schweizerregimenter aus fremdem Dienste zurückberufen wurden, ohne daß es an Coerzitiv-

205 Mitteln gefehlt hatte, und ohne daß deren Anwendung erfolglos geblieben wäre, und ohne daß man den Rückkehrenden zum Voraus Entschädigungen oder Reifekosten angeboten hätte. Die Kommisfionsminderheit hält auch dafür, daß wenn die oberste Bundesbehörde statt des langen und mühseligen Diskutirens über die Materien bereits vor anderthalb oder zwei und ein halb Iahren frifchweg Namens der fchweizerischen Nation die Auflosung jener Militärkapitulationen ausgesprochen und diesem Ausspruche den nothigen Nachdruck gegeben hätte, die ganze Sache seither in ein anderes Stadium gekommen d. h. um ein Erhebliches vorgerückt wäre, denn schwerlich würde dann mehr das schweizerische' Panner mit dem eidgenösfischen Kreuze und ein schweizerischer Sahneneid zu Gunsten der Königskrone von Neapel mehr vorgekommen sein. Wir hätten auch nicht mehr den in der Botschaft des Bundesrathes erwähnten Fall erlebt, wo "mit Ausnahme^einiger weniger Offiziere, ,,alle Regimenter dem Könige wieder einen neuen den " f r ü h e r n w i d e r f p r e c h e n d en Eid leisteten" -- was Alles nach Anficht der Kommissionsminderheit der schweizerischen Firma, welcher sich jene Regimenter zur Stunde noch bedienen, wohl nicht zu besonderer Ehre gereicht; doch dieses wollen wir, wie erwähnt, nur im Vorbeigehen bemerkt haben.

Wenn dann, die Schwierigkeit in der Vollziehung anbelangend, der Bundesrath f ü r ' s Z w e i t e auf das Ungenügende des bisherigen eidgenösfischen Verbotes der Werbungen, hinweist, wenn derselbe anführt, wie troz aller Vigilanz, von Seite fowohl des schweizerischen Polizeidepartements, als auch von mehreren Kantonsregierungen, die Werbungen dennoch und zwar "in nicht unbedeutendem Umfange" ,,ihren Fortgang nehmen".

206 ja ! im Sïuslande eigentliche Werbbüreaur bestünden, wohin unsere Reisläufer durch geheime Agenten hin adresfirt würden, n. 2Ï. m. (vergleiche den deutschen gedruckten Text, pag. 14 und 15), fo ist dieses Alles zwar sehr bedauerlich, immerhin aber noch kein Grund zum Verzweifeln oder zur Wiederaufhebung eines vor fünfviertel Iahren feierlich gefaßten Prinzipienbeschlnsses. -- Die gerügten Uebelstände lassen fich -- theilweise wenigstens -- beseitigen dadurch, daß man mit gehörigem Ernste, mit festem Willen und mit geschärfter

Wachsamkeit neuerdings Hand ans Werk legt.

Es dürfte also zunächst namentlich der Fall sein, daß von Bundeswegen ein besonderes S t r a f g e s e z gegen solche unbefugte Militäranwerbungen promulgirt wurde, -- 2)er Bundesrath hatte -- wie wir schon im ersten Theile unferes Vertrags zu bemerken Anlaß fanden -- das Projekt einer folchen Pönalbcstimmung der obersten Bundesbehörde zur Deliberation eingereicht, soll es indessen späterhin, nämlich am 25. Inni .... J.

unbedingt wieder zurückgenommen. Als Grund jener Zurülnahme wurde der Umstand bezeichnet, eine derartige Sazung erfcheine jezt in Folge des Bundesbcschlusses vom 20. Iuni als überflüssig ; allein das Un-

stichhaltige jenes Motivs bewies die seitherige Erfahrung, wie in der Botschaft des Bnndeßrathes ihatfächlich nachgewiefen wird. Wenn denn aber diese ..Botschaft speziell daran erinnert, daß die eigentlichen Werbbüreaur nicht in der Schweiz, sondern auswärts fich befinden und daß einzelne Reisläufer, sobald sie nur mit Tauffcheinen versehen feien, ungehinderten Eintritt in die österreichischen Staaten erhielten, wo sie definitiv engagirt würden, so diene hierauf als Erwiderung, daß alles,. was in

207 dieser Beziehung a u s w ä r t s geschieht, die schweizerische Eidgenossenschaft felbst im Geringsten nicht berühre und daß sie deßfalls völkerrechtlich auch keinerlei Verantwortlichkeit treffen kann. Unfere ..Obliegenheit beschränkt sich

ganz natürlich darauf, das Mögliche zu erfüllen und zwar in Benuzung aller derjenigen, uns zu Gebote stehenden rechtlichen sowohl, als moralischen Mittel, welche zum Ziele führen. In lezterer Beziehung mußte die Kommifsionsminderheit eine gewisse Stelle in der bundesräthlichen Botschaft etwas auffallen. Dort heißt es nämlich auf pag. 15 des deutfchen gedruckten Tertes: "Dazu kommt noch die unverkennbare Neigung in ,,manchen Kantonen die Sache gehen zu lassen, wie sie

«geht".

Wir hätten gewünscht, der h. Bundeérath würde f ü r ' s e r s t e die fraglichen Kantone ohne weiteres namhast gemacht und für's a n d e r e auch angegeben, wie er diefelben an ihre Pflichten gegen das genieinfame Vaterland crmahnt und wie er (der Bundesrath) fich's habe angelegen sein lassen, solche, wie es scheint, etwas pflichtvergessene Kantone oder Kantonsbehörden zur Ordnung zu weisen? ob z. B. durch Absendung von be# sondern Kommissarien, durch Androhung der Erekution, Aufrufe an die Bevölkerung oder andere bnndesmäjHg ihm zustehende Mittel, wie solche mitunter schon in andern gällen von Ungehorfam mit mehr oder weniger Erfolg angewandt worden sind. Nach dem Dafürhalten der' Kommisfionsminderheit kann nämlich von einer Un-' moglichkeit, ,,dem Söldnerdienst ein Ende zu machen" (loco citato pag. 15) durchaus feine Rede sein, so lange nicht unumstößlich nachgewiesen werden, daß alle gefig* neten und legalen Mittel völlig erschöpft worden seien.

Hat doch unsere oberste: Srekutivbehörde seit ihrem

208 Bestehen in Bezug auf strenge Durchführung von Maßregeln -- namentlich dem A u s l a n d e gegenüber -- schon so manche Probe ihrer Geschicklichkeit abgelegt!

...Beispiele anzuführen, wird von uns unterlassen. -- Ad 2. Einen z w e i t e n Grund für feinen mehrerwähnten Hauptantrag findet der Bundesrath in der " f i n a n z i e l l e n Seite der Sache", (l. c. pag. 9--12).

Er habe nämlich -- so lautet die Botschaft -- die ,,lieberzrngung", im Falle einer Auflosung- der Kapitulation von Seite des Bundes ,,müsse eine Entschädigung der ,,Truppen stattfinden und zwar nicht nur für die Kosten ,,der Heimreise, sondern für alle Vortheile, die sie aus ,,der Kapitulation rechtlich erworben haben. Diese Ent,,schädigungspflicht würde allerdings nicht auf einem .,,Vertrage beruhen, wohl aber auf dem für die Truppen ,,nachtheiligen Eingriff in due Gebiet ihrer Privat,,rechte".

Vorerst soll hier die M i n d e r h e i t der Kommission anführen, daß eine Hinweisung ans p e k u n i ä r e Folgen der Aufhebung jener Militärlapitulationen schon viel früher, ja ! schon vor Beginn irgend einer Verhandlung in beiden Räthen stattgefunden hat. Schon das von uns mehrfach zitirte Memorial des Bundesrathes vom 20. Februar 1849 berührt diesen Punkt. ,,Vier Regi,,menter zu 1450 Mann", heißt es dort, (1. c. pag. 6), ,,machen 5800 Mann ; der Ruhegehalt des Soldaten ist ,,114 franz. Franken, was eine jährliche Summe von ,,661,200 gr. ausmacht. Hiezu 10 "/o für die höhern ,,Penfionen aller ©rade -vom Korporal bis zum Oberst ,,gerechnet, kommt dann die Totalsumme von jährlichen ,,727,320 gr. heraus", -- und zwar als Minimum.

Auch nachgehende im Laufe der Verhanblungen beider Kammern, sowie in den verschiedenen Kommisfionalgut-

209 achten wurde vielfach der pekuniären Opfer gedacht, welche im Falle eines Bruches der Kapitulationen die Schweiz zu bringen hätte, auch nicht ermangelt, diefe Seite mit fehr grellen garben zu bemalen. Eine Berechnung überbot die andere, und zwar NB immerfort crescendo, bis man, diese Tage endlich, in die MilH o n e n hineingerieth ! Bei vielen Mitgliedern der Bundesversarnmlung entstund hiedurch eine gewisse Ausregung, eine Art Beklemmung, die den lebhaft begonnenen Debatten m i t u n t e r wieder ein grämliches Ausfehen einen Anstrich von Deprimirtheit gab, allein bald mußten jene ökonomischen Bedenklichkeiten vollständig in den Hintergrund treten. Der Himmel klärte sich wieder ans. Der Nationalrath, seiner Aufgabe wohl bewußt, erklärte unterm 25. Mai 1849 die Militärkapitulationen als etwas init der Würde und der Ehre der fchweizerifchen Eidgenossenschaft Unverträgliches, beauftragte den Bundesrath b e f ö r d e r l i c h s t die Anflöfung derselben im Wege der Unterhandlungen anzubahnen, verbot alle Anwerbungen für auswärtige Militärdienste.

Ja, der Nationalrath ging noch weiter, indem er sogar die oberste Erekutivbehörde anwies, "die Auflösung der ,,Militärkapitulationen im N a m e n der schweizeri,,schen E i d g e n o f f e n f c h a f t auszusprechen und zu voll,,ziehen, falls Gefahr drohen follte, daß kapitulirte ,,Schweizertruppen in Neapel zur Intervention in einem ,,andern Staate und zum Nachtheil des Grnndsazes der ,,sreien Selbstkonstituirung verwendet werden wollten."

So, Tit., so dekretirte der N a t i o n a l r a t h ; fo dekretirte er Angefichts der großen ginanzverlegenheit, welche die unausbleibliche Folge feines Dekretes fein würde, sogar im Falle eines bloßen Werbverbotes, indem hierin schon ein Bruch der Kapitulation enthalten sei.

210 Auch beim S t ä n d e r a t h e fanden diese fjnanjicî.'m Besorgnisse keinen Eingang, indem auch diese Behörde, die ,,Unverträglichkeit jener .üMilitarkapitulationcn mit ,,den politischen Grundlagen der Schweiz" anerkenne......

zu einem sofortigen Verbote der Werbungen fich heranließ. -- Der 'Bundesbeschluß wurde cUlsögleich gehörig promulgirt. Daß derselbe einer finanziellen Seite wegen vom Schweizer»olke mißfällig aufgenommen worden wäre, ist uns nicht bekannt. Wir glauben auch aus nehmen zu sollen, daß, wenn der fr ..glich c Sundes* beschluß in m a t e r i e l l e r Hinfuijt die ©emüther oder die Geldbeutel beunruhigt hätte (respektive noch beunruhigen würde), unter jenen ..tausendcn von -Bittstellern, welchs im grühling und Sommer 1849 um Aufhebung ber ..Mitärfapiiulationm dngeîcmmen find, woh! Mancher, über die Folgen belehrt, die .Seftcl streichend, wieder zurückgetreten wäre. In den A f i e n sclbj.. sind aber hievon keine Spuren z« finden. Fragen wir aber: welchen Eindruck gedachter Beschluß auf die Behörden der fünfundzwanzig Staaten des Schweizcrlandcs gcmacht habe? [o ifl .Dieses wiederum nur aus den Akten zu beantworten. Aus der Äorrfspondenz, »flehe fich zwischen dein Bundesrathe .md ben Kantonsregimmgen aus Anlaß der Mitlfeestang obiger Bundesfchlußnahine, d. d.

20. Juni ». I., entspann, ersehen wir allerdings; daß die Regierungen von U'i,, ·C-H,λÇJ/ Unterwaldcn ob und nid dem Wald, unter £krüfung auf Art. 3 und 11 der Bundesverfassung die Äempetenz des Bundes ju obigem Beschlüsse ohne weiteres in Abrede gestellt haben ; -- daß über die gruge, ob die quäfiionirlichen ..Eruppe» im ·Salle einer Aufhebung der Kapitulation zu entschädigen feien? in bejahendem SNUie die Regierungen von Ob...Paîden, Suzern und ©raubünden fi..! ûu.Bgcs-.-Mrcchcn

211 haben, die andern dagegen entweder gar nicht oder nur unbestimmt; -- daß Suzern, Obwalten, Solothurn, Graubünden und Wallis eine Zumuthung, zu materiellen Opfern beizutragen, mit Bestimmtheit abgelehnt haben; -- ferner daß Schwyz die Zurücknahme des Bundesbefchlusses beantrage und hiebei durch die hohen Stände Appenzell A u ß e r - R h o d e n , fowie Schasshaufen unterstüzt werde; -- endlich, daß Solothurn für 'tJ.h'chtauflofung fraglicher Schweizerregimenter, dagegen für Aufhebung des Anwerbungsverbotes sich ausfpreche, auch

,,allfällige pekuniäre Nachtheile, die aus der Aufhebung

,,der Kapitulation oder längerer Fortdauer des Werbungs,,verbots den Offizieren und Soldaten der Schweizer,,reg im en ter in Neapel erwachfen könnten , worunter "namentlich die Kosten der Zurückberufung und Aus,,richtung kapitulationsmäßiger Penfion verstanden seien" -- der gesammten Eidgenossenschaft zu überbinden seien.

Demnach wären in toto z e h n Regierungen, sei es von ganzen, sei es nur von halben Ständen, ausdenBundesbeschluß vom 20. Inni 1849 nicht sehr günstig z« sprechen. Den wie v i e l t en Theil der schweizerischen Gesammtbcvölkernng jene zehn Regierungen repräsentiren, weiß man.

Nun srägt fich.aber: wie denn die übrigen fünfzehn

Regierungen bezüglich gedachter Schlnßnahme gestimmt waren und respektive noch gestimmt seien?

Vom Großen Rathe der Republik Gens liegt ein durch die Art. 11 und 74, §.6 und 7, der Bundes* versassung motivirter Antrag auf sofortige Auflösung der neapolitanischen Schweizerregimenter vor; und es ist uns nicht bekannt, daß dieses, bereits am 28. März v. 3. gestellte BegeJhrrn seither je wieder zurückgezogen worden wäre. -- Laut Bericht des Bundesrathes, d. d.

Bundesblatt. Jahrg. III. Bd. i.

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212 21. November 1849, bezweifelte die Regierung von B e r n nicht, daß der Große Rath ihres Standes geneigt sein werde, fich an den materiellen Folgen der Kapitulationsauflösung verhältnismäßig zu betheiligen, und auch diejenige von g r e i b u r g sprach die Hoffnung aus, daß der Große Rath dasselbe thun werde. Schon unterm 6. Iuli 1849 gab die Regierung von N e u e n b u r g dem Bundesrathe die bestimmte Zuficherung, daß, wenn der Entscheid über die Kapitulationsangelegenheit sür die Eidgenossenschaft jemals von oncrosen pekuniären Folgen sein sollte, die Republik Neuenburg fich beeilen würde, ihre deßfallfigen eidgenosfischen Verpflichtungen zu erfüllen. Welchen Antrag endlich die Regierung von B e r n unterm 14. November v. I. der Bundesversammlung eingab, ist aus der bundesräthlichen Botschaft (Seite 5) zu erfehen. Wir wissen demnach, daß von jenen fünfzehn Regierungen wenigstens vier der Bundesverfammlung ausdrücklich beigestimmt und die übrigen eilf durch ihr Stillfchweigen beigepflichtet haben.

Den wie vielten Theil der fchweizerischen ©csammtbevölkerung diese fünfzehn Regierungen repräscntiren, braucht die Kommission hier ebensowenig vorzukalkuliren, da es Iedermann weiß. Und so viel ist auch gewiß, daß von jenen eilf Regierungen wohl keine einzige die durch Art. 81 der Bundesverfassung auf die ihr eingeräumte Befugniß in concreto verzichtet haben würden, falls ihrer Anficht gemäß der Bundesbeschluß vom 20. Iuni vermöge seiner Natur irgendwie finanzielle Besorgnisse einzuflößen geeignet wäre.

In der That, Tit., Besorgnisse solcher Art hat in neuester Zeit ausschließlich und allein der hohe Bundesrath wiederum an den Tag gelegt. Seine Botschaft scheint die Geldfrage kaum genug erörtern zu konnen.

213 Von den vierzehn .Dktavfeitchen, welche der erste Theil dieses Aktenstückes umfaßt, find im Ganzen wohl sechs (sage 6!) diesem Thema gewidmet. Und nachdem in historischer, statistischer und arithmetischer Beziehung alles angebracht worden, was man großentheils schon wußte,

wird schließlich noch ein Entschädigungsprozeß beim Bundesgerichte in Ausficht gestellt, und zwar nicht etwa ein

Prozeß von Ungewissem Ausgange (wie dieses doch bei sehr vielen, wenn nicht den meisten gerichtlichen Händeln der Fall ist), sondern ein Prozeß, wobei der eidgenossische Fiskus als beklagte Partei den Kürzern werde ziehen müssen, -- mithin ein sehr unglücklicher Prozeß, ein procès monstre!

Die Kommisfionsminderheit ihrerseits kann eine solche offenbar viel zu weit getriebene, ja wohl mit Recht als exorbitant zu charakterifirende Behauptung oder Be-

fürchtung unmöglich theilen. Die leztere wird auch aus

eine Weise hingestellt, daß wir beinahe wären versucht worden, fie für eine Art von s. g. Sommation zu halten, welche an noch unbekannte oder unbestimmte Gegner (Kantone und Partikularen) ergangen ist, zum Zwecke der Aufforderung zu einer -- vorläufig freilich nur eveniuellen -- Zivilklage gegen die schweizerische Eidgenossenschaft.

Die Kommisfionsminderheit bekennt es aufrichtig, daß fie es vorgezogen hätte, wenn der h. Bundesrath in seiner Botschaft, statt jenes Versuches, eine EntschädiQUrias-fiflicht aus Seite der Eidgenossenschaft nachzuweisen, und statt der eben erwähnten Ediktalladung an alle Interessenten, etwas anders gethan, nämlich seine beiden, an den neapolitanischen Geschäftsträger erlassenen Schreiben (vom 3. Iuli und 17. August 1849) tenue..! mit.-, getheilt hätte. In diesen beiden Aktenstücken, deren Jn*

214 halt beziehungsweise mit unserm Minoritätsgutachten.,

d. d. Bern, 23. Mai 1849, ziemlich parallel läuft,

wird nämlich auf das Ueberzeugendste nachgewiesen, von wem eine Kündigung der Kapitulation rechtlich ausgehen könne, ob von einer, oder ob von v e r m i e d e n e n Seiten? und auf w e f f e n Seite alsdann eine Entschädigungspflicht ruht. Wir können nicht umhin, von diefen beiden Schreiben dem h. Nationalrathe Kenntniß zu geben.

(Folgte die Verlefung°der beiden erwähnten Schreiben).

Hiebei erlaubt sich die Kommisfionsminderheit von vielen nur eine Bemerkung, die nämlich: daß von dem Zeitpunkte an, wo jene Schreiben in den Händen der neapolitanifchen Regierung fich befanden, die beinahe tuinultuarifchen Reklamationen der leztern gegen das Werbverbot, fowie ihre etwas polternden Drohungen von Re·pressali«! gegen die Schweiz bedeutend nachließen, wenn nicht gar zu verstummen begannen; ja! daß am Ende nea.politanischerseits unser Versahren schien gebilligt zu werden.

Nun bleibt uns noch übrig: Ad 3. Auch den d r i t t e n Grund des Bundesrathes gegen die Fortdauer des vielerwähntcn Conclufums d. d. 20. Juni 1849 etwas in's Auge zu fassen, Diefer Grund schließt gar Manches in fich -- Umschwung von allerlei Konstellationen oder Konjunkturen in den lezten fiebenzehn Monaten. ,,Es dürfe -- so sagt der Bundesrath -- ,,ernstlich erwogen werden, ob es gut ,,gethan sei und im Interesse unseres Sandes liege, ,,in einer Zeit, wo uberhaupt so sehr über große ..,,Konkurrenz der Arbeit, Uebervolkerung «.nd zunehmen«,,des Proletariat geklagt, wo auf Organisation und Be,,forderung der Auswanderung hingewirkt wird, durch ,,außerordentliche; Mftfregeln ..lausende von Sandesan*

215 ,,gehörigen heimzuberufen, von denen es sehr Vielen ,,schwer fallen dürfte, fich eine erträgliche Stellung im ,,bürgerlichen Leben z« erringen."

Hierauf entgegnet die Kommission, daß diese Klagen -- gegründet oder ungegründet, einerlei! -- schon vor und b e i Erlaß des Beschlusses vom 20. Iuni v. J.

fich allgemein vernehmen ließen, daher von der Bundesversammlung wohl berückfichtiget worden wären, falls fie Berückfichtigung verdient hätten; -- daß übrigens troz Konkurrenz, troz Uebervölkerung, troz Auswanderungen die Schweiz fortwährend noch vielen ..Taufenden Lebensunterhalt gewähren kann, was fchon der Umstand beweist, daß jährlich Tausende von Ausländern bei uns Brod suchen und wirklich finden, so wie daß von all den ..lausenden, die in den lezten Dezenien ausgewandert oder in neapolitanischen Dienst getreten find, wohl kein einziger dem Hungertode nahe gewesen.

Wenn dann ferner die bundesräthliche ...Botschaft darauf einiges Gewicht legen will, ,,daß mehrere Kantone ,,durch Aufhebung der Kapitulationen fich in ihren Rech,,ten und Interessen aufs Empfindlichste verlezt glauben, ,,daß ihr Vertrauen aus die bundesräthlichen Zustände, ,,wie sie dieselben ausfassen, tief erschüttert, ihre Zunei,,gung zu der neuen Gestaltung des Bundes vermindert ,,und ihre Abneigung vermehrt wird; -- daß aber Be,,schlüsse von solcher Wirkung nicht geeignet seien,' des ,,Vaterlandes Wohl und eine erfreuliche Zukunft zu för,,dern, daß demnach folche Mittel nur ausnahmsweise "ergriffen werden follten, wenn eine höhere ..Tiothwendig"keit es gebieterisch verlange;" so antworten wir aberm'als, daß all' diese Momente in ihrem Werth oder U n w e r t h -- schon bei der frühern, dem Beschlüsse vorangegangenen Diskussion existirten und demnach in Er*

216 wägung gezogen werden mochten, daß fie aber, wie es scheint, keinerlei Anklang gefunden haben und namentlich einer höhern Notwendigkeit weichen mußten, dergestalt, daß nun jene in der Minderheit befindlichen Kantone (deren Loos übrigens keineswegs als beklagenswerth sich herausstellt) einem verfassungsmäßigen Bundesbefchlussc sich zu unterziehen haben.

Endlich weist die bundesräthliche Botschaft in ihrer

Motivirung daraufhin, daß wenn vor einem Iahre be-

züglich Italiens bei den damaligen politifchen Eonjnneturen manche Hoffnungen und manche Besorgnisse vorhanden gewesen, welche Manchen verleiten mochten, die Aufhebung der Militärkapitulationen als gebieterifche Nothwendigkeit zu betrachten, dieses Alles nunmehr anders geworden sei, weßhalb auch darum schon die mehrbewußte Schlußnahme fallen müsse.

Allein die Minderheit der Kommifsion geht hiebei

von einem ganz verschiedenen Standpunkte aus. Namentlich hält fie dafür, daß wenn auch, was leider der Fall

ist, in Italien die Reaktion für einmal obgesiegt hat, diefes

Refultat uns Schweizer keineswegs bestimmen darf, demjenigen was der Reaktion als Stüze dient, nämlich dem kapitulirten Militärdienste, neuerdings Vorfchub zu leisten, d. h. gewissermaßen selbst an der R e a k t i o n T h e i l zu n e h m e n .

Es kann nun füglich übergegangen werden III. Z u ' e i n e r k u r z e n B e l e u c h t u n g d e r M o t i v e des Minoritätsantrages.

Die Botschaft des Bundesrathes stellt irgendwo

(l. c. pag. 12) als Gefichtspunkt auf: daß, da die

Schweiz theils durch die meisten neuern Kantonsverfafswngen, theils durch die Bundesverfassung, theils durch

217 die Verhandlungen im Schooße der obersten Bundesbehorde "diesen Söldnerdienst entschieden desavouirt" habe, ,,es ihr wohl kein Unbefangener mehr zur Unehre anrech,,nen könne, wenn fie aus wichtigen, rechtlichen und ,,finanziellen Bedenken und bei der Unmöglichkeit eines ,,wirksamen Eingreifens die schon bestehenden Verträge ,,noch ablaufen läßt." Wolle man nämlich das eigentliche Ziel anstreben, so müsse man allervorderst die Sache selbst, nicht bloß den Schein und Namen retten; die Sache bestehe aber hier nicht in den Kapitulationen, als ,,welche nur die unsere .-Truppen schüzende Form" seien, sondern ,,in dem Dienst selbst, der von Schwei,,zern für monarchische Interessen geleistet wird, wobei ,,allerdings auch e i n e gewisse i n d i r e k t e Theil,, n ä h m e an d e r Sache selbst darin l i e g e , daß ,,durch d i e K a p i t u l a t i o n e n d i e W e r b u n g e n ,,formlich g e s t a t t e t w ü r d e n . " Die Minderheit der Kommission findet nun aber eben des lejtern Umstandes wegen -- nämlich eben weil unter der schüzenden Form der Kapitulation das Werben statt findet, daß ein bloßes Desavouiren oder Mißbilligen nicht genügen könne, indem, gegenüber dem unterdrückten italienischen Volke, ein fimples Mißbilligen ohne gleichzeitiges, eingreifendes Handeln durchaus aller praktischen Bedeutung entbehrt. Der Bundesbeschluß d. d. 20. Iuni 1849 erscheint offenbar als ein Anfang zum Handeln, die Triebfeder dazu ist eine durchaus prinzipielle, d. h. jenes Werbverbot und jene Anbahnung von Unterhandlungen behufs Abschaffung der Kavitulationen waren nicht etwa bloß durch zufällige Umstände oder durch Laune hervorgerufen worden, sondern der Anstoß hiezu kam rein von Innen her, mit andern Woren: jener Beschluß war ein Erzeugniß der Reflexion und

218 des gesteigerten Bewußtfeins. Die neue, aus der schweizerischen Generation hervorgegangene, oberste Bundesbehörde war zur Einsicht gelangt, daß "das Fort,,bestehen der Militärkapitulationen mit den politischen ,,Grundlagen der Schweiz als eines demokratischen Frei,,staates unverträglich sei." Man fühlte, daß eine demokratifche Republik, wenn sie länger dulde, daß unter eigner Firma und, wenigstens indirekte, ..Kitwirkung der Bekämpfung des aufkeimenden Volksstaatcs jenfeitö der Alpen Unterstüzung gewährt werde, dann nothwendig mit sich selbst in grellen Widerspruch gcrathe, und es wollte darum die demokratische "Republik", daß sogleich durch ernstes Eiiischreitrn jener Widerspruch beseitigt werde, ohne Rücksicht auf äußere Umstände! Ein Widerruf jener Schlußnahme liepe sich etwa als gerechtfertiget denken, .wenn sie felbst (diefe Schlußnahme) in ihrem Urfprunge mit gewissen faktischem Verhältnisse zusammenhinge, die sie feither ganz oder doch im Wefentlichen verändert haben, z. B. Mifjhelligkeiten zwifchen den beidseitigen Regierungen, Zerwürfnisse, die seither wieder verschwunden waren:, allein Niemand wird behaupten, daß so etwas bei dem sraglichen Bundesbeschlusse irgendwie in Betracht

komme. Dieser Beschluß ist rein dem Prinzip zu lieb

entstanden, ja! aus dem Prinzip und für dasselbe!

(eine eigentliche consécration de principe ist fraglicher Befchluf) j er gehört zum politifcheu Glaubensbekenntnisse der Repräfentativbehörde, welche das Schweizervolf fur die erste Amtsperiode, für die erste Legislatur feit Einführung der Bundesverfassung von 1848 sich gegeben hat. Ohne fehr große m o r a l i f c h e Selbstverlezung kann aber nach dem Ermessen der Kommifsionsminderheit von dem so feierlich proklamirten, von dem freiwillig aufgestellten angenommenen Prinzip nicht wieder abge-

219

wichen werden. Ist einmal anerkannt worden, daß dieser oder jener Saz als G r u n d f a z mit dem ganzen politischen Sein der Nation in enger Verbindung stehe,

fo läßt sich durch diefelben politifchen Körper, von wel-

chen die Erkenntniß formell ausgegangen, wohl nicht von einem Iahre zum andern wiederum darüber hinweggehen oder hinwegfchlüpfen. Dergleichen Grundfäze sind nämlich wohl zu unterfcheiden von Marimen oder Regeln, die anderswo z. B. im Gebiete des Technischen, wie im Militärfache, in der Architektur, im Eifenbahnwefen, Geltung erlangt haben. Wohl lassen sich diefe, je nach Bedürfniß, Konvenienz oder Mode beliebig ändern, wie ein Logis oder lein Rock, oder ein Ameublement oder Pfcrdgefchirr gewechselt wird. Wenn aber ein Volk durch feine Stellvertreter einmal über die höchsten und wichtig-

sten politischen Prinzipien sich bündig ausgesprochen,

wenn es erklärt hat: diese oder jene Institution sei mit seinen Grundbegriffen von Ehre, von Würde und Selbstständigkeit absolut unvereinbar; die Institution werde demnach weichen müssen, so soll die Sentenz unbedingt maßgebend und keinem Volksmandatarius je erlaubt sein, sie späterhin zu ignoriren oder sich darüber .hinwegznfezen. Demnach erscheint auch nicht einmal die Einrede der s. g. höhern Gewalt (vis major, force majeure) als zulässig, noch viel weniger die Einwendung, daß feither die Umstände sich v e r ä n d e r t hätten.

IV. C o n c l u s i o n .

Demnach kann die Bundesversammlung in ihren ein-

schlägigen Verhandlungen ausschließlich nur auf dasjenige fußen, refp. fortbauen, was sie am 20. Iuni 1849 dekretirt hatte; und dieser Beschluß dient als natürlicher Leitfaden für alle jezt bevorstehenden Erörterungen. Der-

220

selbe bedarf sur einmal nur etwelcher, vielleicht mehr formeller Ausdehnung in den einzelnen Dispositionen, Abänderungen, die fich im Grunde von selbst rechtfertigen. Das Ganze lautet also: Vorschlag der Minderheit: Die Schweizerische Bundesversammlung, nach Einficht der Botschaft des Bundesrathes vom 3. November 1850,

b e t r a c h t e n d jedoch, daß, ein Abweichen von dem Standpunkte, welchen die oberste Bundesbehorde in Sa,chen bisher eingenommen, grundsäzlich unzuläsfig erscheine,

beschließt: 1) An dem Bundesbeschlusse vom 20. Juni 1849 wird festgehalten.

2) Unterhandlungen zum Zwecke der Auflösung der Militärkapitulationen, find, sobald es die Umstände gestatten, durch den Bundesrath wieder aufzunehmen.

3) Alle Anwerbungen für auswärtige Militärdienste, im Gebiete der Eidgenossenschaft, find unbedingt verboten ; 4) Die Anträge des Bundesrathes, bezüglich von Bundeswegen zu erlassender Strafvorschriften find, behufs einläßlicher Prüfung und Begutachtung der Kommiffion wieder zugewiesen.

Gern wäre schlagen einen fich unschwer überhaupt in

die Kommisfionsminderheit in ihren VorSchritt weiter gegangen, welchen? läßt errathen; fie zog es indessen vor, fich denjenigen Schranken ju halten, welche

221 ihr durch den oft angeführten Bundesbeschluß, dem Sinn und Geiste nach, vorgezeichnet waren.

Der (deutfche) Referent der Minderheit der Kommisfion : E. Frei.

B e r n , den 4. Dezember 1850.

Es wurde sodann unterm 6. Dezember vom Nai o n a l r a t h folgender Befchluß gefaßt: Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft,

nach Einficht der Botfchaft des Bundesrathes vom 3. November 1850, in Betrachtung jedoch, daß ein Abweichen von dem Standpunkte, welchen die oberste Bundesbehörde in Sachen bisher eingenommen, grundsäzlich unzuläsfig erscheinen, beschließt: 1) An dem Bundesbeschlusse vom 20. Iuni 1849 wird festgehalten.

2) Unterhandlungen zum Zweck der Auflösung der

Militärkapitulationen, find, fobald die Umstände es gestatten, durch den Bundesrath wieder aufzunehmen.

Dem Ständerath wurde von diefem Befchlusse behufs Schlußfassung Mittheilung gemacht.

222

Jnstruftion für

den eidgenössischen Obersten der Kavallerie.

Das schweizerische Militärdepartement,

in Vollziehung der Art. 80, 116 und 120 des Gesezes über die Militärorganisation vom 8. Mai 1850, in golge Vollmacht des hohen Bundesrathes vom 21. Februar 1851, verordnet: 1. Der Oberst der Kavallerie besorgt Alles, was aus seine Wasse Bezug hat, ttnd sorgt für die Vervollkommnung derselben (Art. 120 der Militärorganisation).

2. Er steht unmittelbar unter den Befehlen des fchwek

zerifchen Militärdepartements (Art. 116 der Militäror*

ganisation).

3. Er erstattet dem schweizerischen Militärdeparte* ment über Alles, was auf die Mannschaft, die Pferde, die Kleidung, Ausrüstung und Bewaffnung der Kaval-

lerie Bezug hat, Bericht.

4. Er beantragt die Entwürfe von Reglementen und ...ISerordnnngen, welche er für das Wohl der Wasse er-

sprießlich hält; 5. Ueber alle die Kavallerie beschlagenden technischen Anordnungen legt er sein Gutachten vor.

6. Er macht dem schweizerischen Militärdepartemente Vorschläge für die Aufnahme von Offizieren in den eidgenösfischen Stab und zu den Beförderungen von solchen eidgenosfischen Offizieren, die während ihres Kantonal.« dienstes bei der Kavallerie eingetheilt waren.

223 . 7. Er schlägt dem schweizerischen Militärdevartemente die Offiziere vor, welche er zur Uebernahme von vorübergehenden und fpeziellen Aufträgen für geeignet

hält.

8. Er empfängt alljährlich im Frühjahr, den genauen ßtat des Bestandes der Mannschaft nnd Pferde der Kavalleriekontingente der Kantone, mit den im lezten Iahre vorgekommenen Mutationen, entfprechend den, vom Militärdepartement ausgegebenen und von den Kantonen .auszufüllenden gormularien.

9. Er prüft die von den Oberinftruktoren im Anfange des Iahres entworfenen Inftruktionspläne für die Rekrutenfchulen und Wiederholungskurfe und gibt darüber dem schweizerischen Militärdepartemente seinen Bericht ab. Er macht auch Vorschläge über Zeit und Ort der Abhaltung der Schulen, über die Bestellung der Kommandanten, über die allfällig beizuziehenden Instruktionsgehülfen, und über die Zahl der, auf einem Waffenplaze zu besammelnden Korps.

Er entwirft auch den jährlichen Voranfchlag für die, aus die Kavallerie bezüglichen Ausgaben.

10. Er schlägt nach eingeholtem Gutachten den Ober.inftruktoren und die Hauptleute vor, welche in die durch §. 73 der Militärorganifation vorgeschriebenen Kurse für den hohern Militärunterricht einzuberufen find.

11. Als Inspektor der Kavallerie besorgt er die Inspektion der Rekrutenschulen und Wiederholungskurse, und wohnt den Erajnen der Offiziersaspiranten bei; in Verhinderungsfällen schlägt er dem schweizerischen'Militärdepartemente die Offiziere vor, welche ihn ersezen solle«.

Auf die Infpektion einer Schule und die Prüfung der Aspiranten können 1--2 Tage verwendet werden.

224 12. Sollten Gründe obwalten, welche eine besondere Ueberwachnng einer Rekrutenfchule oder eines Wiederholungskurses nothwendig machen, so kann er dem schwei* zerischen Militärdepartement darüber Bericht erstatten, und die geeignet scheinenden Anträge stellen.

13. Er überzeugt fich bei den Inspektionen, ob der

Jnfiruktionsplan vollzogen und die in Art. 69 und 70 des Gesezes über die Militärorganisation vorgesehene Jnfirnktionszeit eingehalten worden sei.

14. Er wacht darüber, daß nur Mannschaft zugelassen werde, welche die erforderliche Größe befizt und

geistig und körperlich tauglich ist.

15. Er beauffichtigt die Kleidung und Ausrüstung ; er untersucht, ob das Tuch von guter Beschaffenheit sei, und sorgt dafür, daß nur Kleidungen und Ausrüftungen zugelassen werden, die genau nach der Vorschrift der eidgenössischen Reglemente angefertigt find.

16. Er untersucht, ob die Mantelsäcke nach Vorschrift verfertigt und gepackt find, und gehörig aufgeschnallt werden, ob sie die im Dienstreglemente bezeichneten Effekten enthalten, und ob der Mantel von guter Beschaffenheit und gut gerollt sei.

17. Er wird ein besonderes Augenmerk auf die Reinlichkeit der Truppen werfen, und untersuchen, ob für den Unterhalt der Kleidungsstücke und Ausrüstung die nöthige Sorge angewendet werde.

18. Er überzeugt fich, ob die Mannschaft ihre Waffen gehörig besorgen und rein erhalten könne ; er untersucht den Zustand und die Beschaffenheit der Patrontaschen und des übrigen Lederzeugs.

19. Er hat darauf zu achten, daß die Distinktionszeichen genau nach Vorschrift der eidgenösfischen Regle-

225 mente ausgeführt seien, und wird nicht zugeben, daß dem Réglemente zuwiderlaufende Verzierungen eingeführt, oder geduldet werden.

20. Er wird ein befonderes Augenmerk auf das Equipement der Pferde werfen, und darauf hinwirken, daß dasselbe von guter Beschaffenheit und den daraus bezüglichen Vorschriften gemäß sei. Reglementswidrige, schadhafte oder übelgeformte Sättel, die leicht Satteldrücke verursachen könnten, find überall nicht zuzulassen.

21. Er wird streng darauf sehen, daß keine andern, als die in Kraft bestehenden eidgenösfischen Réglemente und Vorschriften beim Unterricht der Truppen in Anwendung kommen, und daß man "sich keine eigenmächtigen Abweichungen erlaube.

22. Er wird beim Unterricht der Rekruten darüber wachen, dap jeder einzelne Mann eine gute Haltung annehme, in der Soldatenschule gehörig ausgebildet, und

befähigt werde, das Marfchiren, die Schule des Reiters

und das Ererzitium mit feiner Waffe gehörig und mit möglichster Genauigkeit auszuführen.

23. Er wird fich auch überzeugen, daß die Truppen manövrirfähig seien. Zu dem Zwecke wird er namentlich die Zugsschule und überdieß die Eseadronsschule ausführen lassen; er wird dahin wirken, daß jene von den Lieutenants und diese von den Hauptleuten gehörig und mit Präeifion kommandirt werde ; daß die Unteroffiziere, die als Führer dienen, ihrer Sache sicher, und die gefammte Mannschaft in den verschiedenen Gangarten der Kavallerie gehörig unterrichtet werde.

24. Er wird darüber wachen, daß der innere und Wachtdienst nach Vorschrift der eidgenösfischen Reglemente ausgeführt, und keine von diesen abweichende Bestimmungen geduldet werden.

226 25. Er wird ein befonderes Gewicht auf die Ucbung der î.ruppen im Feld- und Sicherheitsdienst legen und fich vergewissern, daß die Offiziere sich von demfelben einen richtigen Begriff aneignen und die Grundfäzc auch gehörig anzuwenden wissen.

26. Er wird auch darüber wachen, daß das Rapportund Verwaltungswefen gehörig beforgt wird, und wird fich zu dem Ende die Rapporte, täglichen Situationen, Ordinairebücher, Kompagniebücher u. s. w. vorlegen lassen.

27. Er überwacht endlich die Handhabung der Disziplin und Ordnung. Zu dem Ende ist nicht nur das Benehmen der Oberen zu ihren Untergebenen, und umgekehrt, zu beobachten, sondern es sollen auch die Strafregister durchgesehen und vorzugsweife dahin gewirkt werden, daß jeder die mit feinem Grad verbundene Strafkompetenz kenne, und von derfelben in gegebenen gällen auch Gebrauch mache.

28. Ein befonderes Augenmerk ist auch darauf zu richten, daß die Offiziere, Afpiranten und Unteroffiziere in Allem, was sie wissen follen, gehörig unterrichtet

werden ; vorzüglich soll auf eine sorgfältige Auswahl gefehen und streng darauf gehalten werden, daß die Vorschrift des Art. 67 der Militärorganifation beobachtet werde.

29. Er empfängt durch das schweizerische Militärdépartement die Rapporte der Kommandanten der Schuleu, sowie jene der Inspektoren und bearbeitet aus denselben, und 'seinen eigenen Berichten den Generalrapport.

30. Der Oberst der Kavallerie erhält als Entfchä* digung für seine Dienstleistungen :

22T a. den Sold seines Grades für jeden Dienst und Reisetag ;

b. als Entschädigung für Pferdrationen jährlich die Summe vou 365 gr.

c. für seine Hausarbeiten eine angemessene, der in Anspruch genommenen Zeit entsprechende Ver-

gütung.

B e r n , den 24. gebruar 1851.

§ür das schweizerische Militärdepartement : Ochsenbein.

Jnfiruftton für den Obersten der Scharfschüzen.

Das schweizerische M i l i t ä r d e p a r t e m e n t , in Vollziehung der Artikel 79 und 116 des Gesezes

über die eidgenösfische Militärorganisation;

infolge Vollmacht des hohen Bundesrathes vorn 21. Februar 1851, verordnet: §. 1. Der Oberst der Scharfschüzen steht unmittel* bar unter dem Militärdepartement (Militärorganisation

Artikel n6).

§. 2. Er stellt dem schweizerischen Militärdepartement Anträge, vollzieht seine Anordnungen und Befehle und erstattet über seine Verrichtungen Bericht.

Bundesblatt. Jahrg. III. Bd. I.

17

228

§. 3. Der Oberst der Scharffchüzen hat sür die .Vervollkommnung der Waffe zu sorgen, und zu dem .ßnde dem schweizerischen Militärdepartement geeignete Vorschläge einzureichen.

§. 4. Er stellt bei dem schweizerischen Militärdepariemente geeignete Anträge über das Technische des im Art. 70, Litt, c, und Art. 71, Litt, c der Militärorganifation, vorgesehenen Unterrichts der Scharffchüzen .in Wiederholungsknrfen.

§. 5. Er prüft die vom ersten Instruktor der Scharfschüzen abgefaßten Unterrichtspläne und erstattet darüber dem fchweizerifchen Militärdepartemente Bericht.

§. 6. Der Oberst der Scharffchüzen beforgt von Amtswegen die Inspektionen in den eidgenöffifchen Militärfchnlen für Scharfschüzen, oder bezeichnet in Behindernngsfällen, zu dem Ende einen Offizier feiner Waffe aus dem eidgenöffifchen Generalstabe.

§. 7. Ueber die Zahl und Zeit der vorzunehmenden Infpektionen macht er dem fchweizerifchen Militärdepar* temente einen Vorfchlag. Er verfügt fich nach der Weifung des Militärdepartements auf die Instruktionspläze, um seine Funktionen auszuüben.

§. 8. Er wacht über die genaue Vollziehung des vom Militärdepartement gutgeheißenen Instruktionsplans und sorgt, daß die im Art. 69 der Militärorganisation sestgesezte Instruktionszeit eingehalten werde.

§. 9. Er wacht darüber, daß nur Mannschaft zum Scharffchüzendienft zugelassen werde, welche die erforderliche Größe, fowie die nöthigen Anlagen, ein guter Schüze zu werden, befizt, und geistig und körperlich tauglich ist.

§. 10. Er hat strenge darauf zu halten, daß keine andern, als die in Kraft bestehenden eidgenöfsischen Reglemente und Vorschriften beim-Unterricht der Scharf-

229 schüzen in Anwendung kommen, und daß man keine eigenmächtigen Abweichungen fich erlaube.

§.11. Er wird beim Unterricht darüber wachen, daß jeder Schüze eine gute Haltung annehme, in der Soldaten- und Pelotonsschule, in der zerstreuten gechtart ·genügend ausgebildet werde und namentlich leztere rasch und entschlossen ausführe, und die allfälligen Deckungsmittel, sowol zum Angriff, als zur Vertheidigung, zu benuzen lerne.

Dabei soll der vierte Abschnitt des Schcirfschüzenreglements vorzügliche Beachtung finden.

§. 12. Ein Hauptaugenmerk wird der Oberst aus die Uebungen im Distanzenschäzen und auf die Schußsertigkeit richten, zu diesem Zweck Schießübungen aus bekannte und unbekannte Distanzen, auf bewegliches Ziel und auf allen Xerrainarten vornehmen lassen.

Bei Auswahl der Instruktionspläze soll daher so viel möglich aus das Vorhandensein abwechselnder Terrainarten Rückficht genommen werden.

§. 13. Er wird darüber wachen, daß der Innereund Wachtdienst, der Feld- und Sicherheitsdienst und vorzüglich lezterer vollständig erlernt und nach Vorschrift der resp. Réglemente ausgeführt werde.

Er wird fich vergewissern, daß die Offiziere und Aspiranten axtf Offiziersstellen fich von diesen Dienstzweigen einen richtigen Begriff machen und die Grundfäze auch gehörig anzuwenden wissen.

§. 14. Er wacht besonders darüber, daß die Mannschaft ihre Stuzer und Waffen gehörig besorgen, rein erhalten und zerlegen könne; er untersucht den Zustand und die Beschaffenheit der Waidtaschen und des übrigen Lederzeugs, und versichert fich, daß die Waidtafchen mit dem im Réglemente vorgeschriebenen Inhalte versehen seien.

230

Bei den Stuzern hat er serner zu untersuchen, ob sie nach Vorschrift konstruirt und das vorgeschriebene Gewicht nicht überschreiten.

§. 15. Er beaufsichtigt die Bekleidung und Ausrüstung, untersucht ob der Stoff von guter Qualität, und Bekleidung und Ausrüstung nach Vorschrift der eidgenöffifchen Réglemente angefertigt feien.

§. 16. Er unterfucht, ob die Tornister nach Vor* schrift verfertigt, gut gepackt und gehorig getragen und mit den vorfchriftmäßigen Effekten verfehen, und ob der Kaput von guter Beschaffenheit und gut gerollt fei.

§. 17. Ein vorzügliches Augenmerk wird er auf die Reinlichkeit der Mannfchaft werfen, und unterfuchen, ob für den Unterhalt der Kleidungsstücke und die Ausrüstung die nöthige Sorgfalt angewendet werde.

§. 18. Er hat darauf zu achten, daß die Distinktionszeichen genau nach Vorfchrift der refp. Réglemente ausgeführt feien, und wird nicht zugeben, daß dem Reglemente zuwiderlaufende Verzierungen eingeführt oder geduldet werden.

§. 19. Er wird darüber wachen, daß das Rapport- und Verwaltungswefen gehörig beforgt wird, zu dem Ende

wird er sich die Rapporte, tägliche Situationen, Ordinärbiicher .c. vorlegen lassen.

§. 20. Er haltet strenge auf Handhabung der Disziplin und guter Ordnung. Zu dem Ende ist nicht nur das Benehmen der Obern zu ihren Untergebenen, und umgekehrt, zu beobachten, sondern es sollen auch die Strafregister durchgefehen und vorzugsweife dahin gewirkt werden, daß jeder die mit feinem Grad verbundene Straffompetenz kenne, und von derfelben in gegebenen Pllen auch Gebrauch mache.

231 §. 21. Ein befonderes Augenmerk ist auch darauf zu richten, daß die Offiziere, Afpiranten und Unteroffiziere in Allem was sie wissen sollen, theoretisch nnd .Praktisch unterrichtet werden, vorzüglich foll auf eine sorgfältige Auswahl gesehen und streng darauf gehalten -werden, daß die ...Borschrist des Artikels 67 der Militärorganisation beobachtet werde.

§. 22. Er prüft die Afpiranten auf Offiziersstellen und erstattet darüber dem schweizerischen Militärdepartemente Bericht.

§. 23. Der Oberst kann den anwesenden Offizieren mündlich die Eröffnungen machen, die er im Interesse des Dienstes für nöthig erachtet.

Den Infpektionsbericht, verbunden mit allfälligen Anträgen, richtet er an das fchweizerifche Militärdepartement, welches den Kantonen die geeigneten Mittheilungen darüber zu machen hat.

§. 24. Der Oberst der Scharffchüzen erhält für je'den Dienst- und Reifetag den reglementarifchen Sold,

und als Entfchädigung für Pferdrationen jährlich die Summe von Fr. 365.

B e r n , 22. gebruar 1851.

gür das schweizerifche Militärdepartement: Ochsenbein.

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Bericht und Antrag der Minderheit der vom Nationalrathe niedergesezten Kommission, betreffend die Militärkapitulationen.

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