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Bundesblatt 99. Jahrgang.

Bern, den 18. März 1947.

Band I.

Erscheint wöchentlich. Preis ms Franken im Jähr, 15 franken Im Halbjahr, zuzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr.

Einrückungsgebühr: 60 Kappen die Petitzeile oder deren Baum. -- Inserate franko an Stämpfli & Clé, in Bern

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Botschaft Des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Gewährleistung der abgeänderten §§ 27, Abs. 3, und 36 der Staatsverfassung des Kantons Basel-Landschaft.

(Vom 6. März 1947.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

In der kantonalen Abstimmung vom 8. Dezember 1946 haben die Stimmberechtigten des Kantons Basel-Landschaft eine Abänderung von § 27, Abs. 8, der Staatsverfassung (Wählbarkeit der Beamten, Pfarrer und Lehrer in den Landrat) mit 6563 gegen 6108 Stimmen angenommen und einer Eevision des § 36 der Staatsverfassung (Zuerkennung der Rechtspersönlichkeit an die staatlich anerkannten Kirchen) mit 7198 Ja gegen 4890 Nein zugestimmt. Einsprachen gegen die beiden Abstimmungsverfahren sind innert nützlicher Frist nicht eingereicht worden.

Mit Schreiben vom 19. Dezember 1946 sucht der Begierungsrat im Sinne von Art. 6 der Bundesverfassung die Gewährleistung des Bundes für die abgeänderten Verfassungsbestimmungen nach.

Die bisherigen und die neuen Texte lauten wie folgt : Bisheriger Text.

Neuer Text.

§ 27, Abs. 3.

§ 27, Abs. 3.

Von der Wählbarkeit in den LandVon der Wählbarkeit in den Landrat sind ausgeschlossen die Mitglieder rat sind die Mitglieder des Regierungsdes Regierungsrates, des Obergerichts, rates und des Obergerichtes ausgedie Statthalter, Bezirksschreiber und schlössen.

Bezirksgerichtsschreiber sowie alle diejenigen Beamten, welche vom Landrate oder voRegierungsratete gewählt werden und nach den gesetzlichen Bandesblatt.

99. Jabrg.

Bd. I.

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Bisheriger Text.

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Neuer Text.

Bestimmungen ihre ganze Zeit dem ihnen übertragenen Amte zu -widmen haben, ebenso die Pfarrer und Lehrer.

§36.

Dem Staate steht das Eecht zu, über das Kirchenwesen die Oberaufsicht in gleichem Umfange wie bisher auszuüben.

-. · · .

§ 36.

Dem Staat steht das Recht zu, über das Kirchenwesen die Oberaufsieht in gleichem Umfange wie bisher auszuüben.

Durch die Gesetzgebung kann den bisher staatlich anerkannten Kirchen eigene Rechtspersönlichkeit zuerkannt werden. In jedem Falle sind die Kirchen in ihren inneren religiösen Angelegenheiten frei;

Die Staatsverfassung des Kantons Basel-Landschaft vom 4. April 1892 sieht in den §§48 .und 49 für die Änderung von Bestimmungen der Staatsverfassung zwei Volksabstimmungen vor. Für die vorliegende Revision des § 27, Abs.- 3, fand die erste Abstimmung am 5. Mai 1946 statt und ergab die Annahme des Landratsbeschlusses vom 18. Februar 1946. Mit Beschluss vom 16.September 1946 stellte der Landrat den endgültigen neuen Verfassungstext fest, dem, wie eingangs erwähnt, in der Volksabstimmung vom 8.Dezember 1946 zugestimmt worden ist.

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. ·'- Der .bisherige Ausschluss der Staatsbeamten, Lehrer, und Pfarrer von der Wählbarkeit in den Landrat ist, wie der Regierungsrat erwähnt, von den Betroffenen stets als Zurücksetzung und Rechtsungleichheit empfunden worden.

Das Problem kam im Landrat immer wieder zur Sprache. Es wurde U: a. geltend gemacht, die Mitarbeit dieser Berufsgruppen sei erwünscht -und es sei keine Gefahr vorhanden, dass die staatlichen Beamten im Landrate die Mehrheit erhalten und dadurch die Geschäfte des Staates bestimmen würden. Die Neuordnung besteht somit darin, dass das passive Wahlrecht in den Landrat sich nunmehr auf die öffentlichen Funktionäre erstreckt. Ausgenommen von diesem Wahlrecht sind nach wie vor die Mitglieder des Eegierungsrates und des Obergerichts. Die Ordnung des passiven Wahlrechts in kantonale Behörden ist dem kantonalen Eecht vorbehalten und berührt das Bundesrecht nicht ; letzteres befasst sich damit nicht, noch auch mit dem Prinzip der Gewaltentrennung.

Auch über die Eevision des § 36 haben nach den §§48 und 49 der kantonalen Verfassung zwei Abstimmungen stattgefunden. In der Volksabstimmung vom 12. September 1943 hat dasVolk die ihm vorgelegte Frage: «Soll § 36 der Staatsverfassung in dem Sinne erweitert werden, dass auf dem Wege der Gesetz-, gebung den bisher staatlich-anerkannten Kirchen eigene Rechtspersönlichkeit

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zuerkannt werden kann?» bejaht. Der Landratsbeschluss vom 27. Juni 1946 stellte den neuen VerfaBBiingstext fest, und das Volk stimmte ihm zu.

Die bisherige Verfassungsbestimmung regelte die Stellung der Kirchen zum Staate in ganz summarischer Weise. Sie begnügte sich damit, die Kirchenhoheit in der Staatsverfässung zu verankern und daa übrige der Gesetzgebung zu überlassen. Für den reformierten Kantonsteil hat der Staat seit der Kantonstrennung im Jahre 1833 der Kirche keine Verfassung und damit keine eigenen Organe gegeben. Die politischen Behörden wären zugleich die Kirchenbehörden.

Die Wahlart und die Besoldung der Geistlichen sowie die Umschreibung der Kirchgemeinden waren durch staatliche Gesetze geregelt. In bezug auf die internen kirchlichen Angelegenheiten entschieden die politischen Behörden jeweils nach Antrag des aus der Pfarrerschaft des Kantons bestehenden Pfarrkonvents.

Die Verhältnisse der römisch-katholischen und christkatholischen Gemeinden des Kantons wurden durch ein besonderes kantonales Gesetz vom 20. März 1905 geregelt. Die neue Verfassungsbestimmung will es ermöglichen, dass sich die anerkannten Kirchen verselbständigen, also Träger der in der Bechtsördnung vorgesehenen Rechte und Pflichten werden; Dabei handelt es sich lediglich um die Schaffung einer verfassungsrechtlichen Grundlage, um eine Ermächtigungsbestimmung. Näheres über die rechtliche Ordnung der Beziehungen des Staates zu den Kirchen wird in einem Gesetze festgelegt werden, das ebenfalls der Volksabstimmung zu unterbreiten sein wird.

Da die Kantone in der Organisation ihrer Landeskirchen vollständig frei sind (Burckhardt, Kommentar BV, 3. Auflage 470), ist es klar, dass auch diese neue Verfassungsbestimmung das Bundesrecht nicht berührt.

Es handelt sich demnach bei den abgeänderten §§ 27, Abs. 3, und 36 der basellandschafthchen Staatsverfassung um Bestimmungen des kantonalen öffentlichen Bechts, die den Grundsätzen der Bundesverfassung nicht widersprechen.

Wir beantragen Ihnen deshalb, dieser Verfassungsrevision durch Annahme des beiliegenden Beschlussesentwurfs die Gewährleistung des Bundes zu erteilen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 6. März 1947.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Etter.

Der Bundeskanzler: Leimgmber.

944 (Entwurf.)

Bundesbeschluss über

die Gewährleistung der abgeänderten §§ 27, Abs. 3, und 36 der Staatsverfassung des Kantons Basel-Landschaft.

Dio Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom G. März 1947, ih Erwägung, dass die vorliegende Verfassungsänderung nichts den Vorschriften der Bundesverfassung Zuwiderlaufendes enthält, in Anwendung von Art, 6 der Bundesverfassung, beschliesst : ' Art. 1.

Der in der Volksabstimmung vom 8. Dezember 1946 angenommenen Änderung der §§ 27, Abs. 3, .und 36 der Staatsverfassung des Kantons Basel-Landschaft wird die Gewährleistung des Bundes erteilt.

Art. 2.

Der Bundesrat wird mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Gewährleistung der abgeänderten §§ 27, Abs. 3, und 36 der Staatsverfassung des Kantons Basel-Landschaft.

(Vom 6. März 1947.)

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1947

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

18.03.1947

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941-944

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