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Bundesblatt 99. Jahrgang.

Bern, den 25. September 1947.

Band III.

Erscheint wöchentlich, Preis 38 Franken Im Jahr, 15 franken int Halbjahr, zuzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr Einrückungsgebühr: 50 Kappen die Petitzeile oder deren Kaum. -- Inserate franko an Stämpfli £ de. In Bern.

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend den Erlaas eines Bundesgesetzes über die Militärversicherung.

(Vom 22. September 1947.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir haben die Ehre, Ihnen mit dieser Botschaft den Entwurf zu einem Bundesgesetz über die Militär Versicherung zu unterbreiten.

I.

Die Fürsorge des Staates für die im Militärdienst erkrankten oder verunfallten Wehrmänner und ihre Familien gehört nach allgemeinem Volksempfinden seit langem in den sozialen Pflichtenkreis dos Staates. Das diesem Gedanken Rechnung tragende Bundesgesetz vom 28. Juni 1901 betreffend Versicherung der Militärpersonen gegen Krankheit und Unfall, das auf 1. Januar 1902 in Kraft getreten war, bildet heute noch das Grundgesetz dafür. Es hat im Laufe der Zeit sehr viele Abänderungen und Ergänzungen erfahren. Es hat zwei lange Aktivdienstperioden überdauert und ist den besondern Zeitverhältnissen und der Entwicklung des Gedankens der Sozialversicherung weitgehend angepasst worden. Dennoch war die Kritik am Gesetz und namentlich an seiner Anwendung durch die zuständigen Instanzen zeitweise und namentlich während der beiden Aktivdienstperioden 1914--1918 und 1939--1945 sehr gross.

Der Euf nach einer Totalrevision des Gesetzes ist im Parlament und in der Öffentlichkeit vielfach ergangen. Seine Begründetheit ist unbestritten, denn es ist in der Tat zufolge der zahlreichen Änderungen nicht leicht, sich heute in der Eegelung der Materie zurecht zu finden.

Über den Werdegang und das Schicksal dieses Militärversicherungsgesetzes 1901 möchten wir kurz folgendes ausführen: Bundesblatt. 99. Jahrg. Bd. III.

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98 Der mit Botschaft vom 28. Juni 1898 (Bßl. 1898, III, 896 ff.) den eidgenössischen Bäten vorgelegte ursprüngliche Gesetzesentwurf war seinerzeit der Gesetzesvorlage über die Kranken- und Unfallversicherung (die lex Forcer') als 3. Teil angegliedert worden. Er sollte im Bahmen der gesamten bürgerlichen Versicherung gegen Krankheit und Unfall die Zeit, während welcher der Wehvmann Militärdienst leistet, besonders regeln. Als in der Volksabstimmung yom 20. Mai 1900 die gesamte Versicherungsvorlage verworfen worden war.

wurde der besondere Teil, der die Militärversicherung betraf und der eigentlich keine Anfechtungen erfahren hatte, mit Botschaft vom 16. Juni 1900) BEI. 1900.

III, 367) fast unverändert als besondere Gesetzesvorlage dem Parlament wieder vorgelegt. Aus dieser Vorlage ist das Bundesgesetz vom 28. Juni 1901 hervorgegangen. Dass diesem Gesetz gewisse Fehler und Mängel anhafteten, beweist die Tatsache, dass der Bundesrat mit Botschaft vom 12. November 1912 betreffend die Bevision des Bundesgesetzes über Versicherung der Militärpersonen gegen Krankheit und Unfall den eidgenössischen Bäten einen neueu Gesetzesentwurf unterbreitet hat. Wir gestatten uns, auf diese Botschaft vom 12. November 1912 (BEI. 1912, V, 149 ff.) zu verweisen, welche die Gründe anführt, die eine Eevision als zweckmässig erachten liessen. Die Gesetzesvorlage wurde von den eidgenössischen Bäten durchberaten und führte zum Bundesgesetz vom 23. Dezember 1914 über die Militärversicherung. Nach Ablaut" der Beferendumsfrist musste der Bundesrat mit Bücksicht auf die damalige Aktivdienstperiode vom Inkraftsetzen dieses Gesetzes absehen. Es ging nicht an, im Zeitpunkt der grossen Beanspruchung der Militärversicherung durch die Mobilmachung die gesetzlichen Grundlagen zu ändern. Der Bundesrat hat sich darauf beschränkt, einzelne Artikel des neuen Gesetzes in Kraft zu.

setzen, und zwar zur Hauptsache diejenigen, welche die eigentlichen Bevisionsgründe betrafen. Im übrigen hatte der Bundesrat während der ersten Aktivdienstperiode durch verschiedene Vollmachtenbeschlüsse das in Kraft gebliebene Militärversicherungsgesetz 1901 den Erfordernissen der Zeit im Sinne einer Besserstellung der Vorsicherten und ihrer Angehörigen angepasst. Eine spätere Inkraftsetzung des Gesetzes von 191.4 nach dem ersten Weltkrieg kam nicht mehr in Frage,
weil dasselbe durch die Vollmachtenbeschlüsse bereits überholt war und die Erfahrungen aus der Mobilisationszeit in einer neuen Gesetzesvorlage berücksichtigt werden sollten. In der Nachkriegszeit wurden die Vorarbeiten zu einer solchen Vorlage vom Militärdepartement an die Hand genommen und sind eigentlich seither immer fortgesetzt worden. Wir begnügen uns damit, dieselben chronologisch kurz zu erwähnen.

Bereits im Dezember 1919 legte der damalige Präsident der eidgenössischen Pensionskommission einen Eevisionsentwurf zum Militärversicherungsgesetz vor. In der Gurnigelkonferenz vom 5./8. August 1925 wurde, veranlasst durch eine Motion Müller-Abt vorn 8. Oktober 1924, die Eevisionsfrage eingehend geprüft. Im April 1930 ernannte der Bundesrat in Ausführung eines Postulates der Bundesversammlung vom 17. Juni 1929 eine Ersparniskommission für die eidgenössische Militärverwaltung. Dieser Ersparniskommission wurde in der

99 Folge ein vom Nationalrat am 10. Juni 1930 angenommenes Postulat seiner Geschäftsprüfungskommission zur besondern Bearbeitung zugewiesen. Dieses Postulat lautete: Der Bundesrat wird eingeladen, die rechtlichen, finanziellen, versicherungstechnischen und administrativen Verhältnisse der eidgenössischen Militärversicherung einer eingehenden Untersuchung zu unterwerfen, wobei insbesondere auch die Frage der Abtrennung derMilitärversicherungg von der Abteilung für Sanität geprüft, werden soll.

Über diesen Sonderauftrag erstattete die Ersparniskommission vorgängig ihrem Gesamtbericht dem Militärdepartement im März 1982 einen ausführlichen gedruckten Bericht. In diesem Sonderbericht ist ein besonderes Kapitel der Gesetzesrevision gewidmet. Schon vorgängig diesem Sonderbericht hatte da» Militärdepartement im März 1980 den bernischen Oberrichter Dr. Stauffer mit den Studien über eine Gesetzesrevision beauftragt. Am 30. September 1933 erstattete Herr Dr. Stauffer dem Militärdepartement seinen Bericht (Gutachten) über die Revision des Militärversicherungsgesetzes. In seinem Begleitbericht an die Bundesversammlung zum Schlussbericht der Ersparniskommission für die Militärverwaltung vom 9. Oktober 1938 führte der Bundesrat wörtlich aus: Der Bundesrat hält mit der Ersparniskommission die Revision des Gesetzesüber die Militärversicherung für eine absolute Notwendigkeit. Das Militärdepartement hat denn auch schon vor längerer Zeit Herrn Oberrichter Dr. Stauffer mit den Studien über eine Gesetzesrevision beauftragt. Herr Oberrichter Stauffer wird voraussichtlich noch im Laufe dieses Jahres einen ersten Bericht dem Militärdepartement einreichen.

Bevor der Bundesrat sich über die einzelnen Revisionspunkte ausspricht, möchte er als Grundlage für die weiteren Arbeiten diesen Bericht abwarten. Für den Augenblick kann er daher nur erklären, dass die Gesetzesrevision tunlichst gefördert, aber auch mit aller Gründlichkeit bearbeitet werden soll, immer mit der im vorliegenden Berichtemehrfach festgehaltenen Richtlinie, dass dem Wehrmann, der wirklich im Dienst erkrankt oder verunfallt, sein Recht werde, dass aber der Staat von ungerechten Forderungen geschützt werden soll.

Inzwischen war die Leitung der Militärversicherung einem selbständigen und dem Militär département direkt unterstellten Chef übertragen worden.
Diesem neuen Chef wurden in der Folge auch die Vorarbeiten für die Gesetzesrevision übertragen. Bereits im September 1935 legte Herr Dr. Schmitz dem.

Militärdepartement Entwürfe für eine Total- und eine Teilrevision des Militärversicherungsgesetzes mit Erläuterungen vor. Diese Entwürfe wurden vom.

Militärdepartement vorerst intern behandelt durch Fühlungnahme mit dem.

Eidgenössischen Versicherungsgericht. Sie führte dazu, dass Herr Dr. Schmitz im April 1937 dem Departement einen neuen Entwurf vorlegte. Am 1. Dezember 1937 ernannte das Militärdepartement eine Expertenkommission zur Über prüfung der Vorentwürfe Dr. Schmitz. In der 1. Sitzung dieser Expertenkommission vom 28. Februar 1988 wurde vorerst die Frage eingehend behandelt, ob eine Totalrevision erfolgen soll oder vorerst nur eine Teilrevision. Die Ansichten waren geteilt. Der Auftrag des Vorstehers des Militärdepartements

100 lautete dann dahin, dass vorerst die Teilrevision- mit Botschaftsentwurf auszuarbeiten und dass daneben auch die Totalrevision in der Weise vorzubereiten sei, dass sie im gegebenen Moment bereitliege. Die Vorlagen sollten bis zum Jahr 1940 bereit sein. Der Ausbruch des zweiten Weltkrieges und die Generalrmobilmachung Ende August 1989 verhinderten die Ausführung dieses Auftrages, und so musste das Militärversicherungsgesetz 1901 mit seinen vielen Abänderungen und Ergänzungen auch für die zweite Aktivdienstperiode in Kraft bleiben. Es wurde den neuen Verhältnissen in der Armee und den zeitbedingten Lebensverhältnissen wiederum durch eine Eeihe von Vollmachtenbeschlüssen des Bundesrates angepasst. Die letzte und wichtigste Anpassung bildet der '.Bundesratsbeschluss vom 27. April 1945 betreffend die Teilrevision des Militärversicherungsrechtes. Wir haben darüber im 13. Bericht an die Bundesversammlung vom 26. Oktober 1945 über die auf Grund der ausserordentlichen Voll··machten ergriffenen Massnahmen einlässlich berichtet. Wir erlauben uns, auf diesen Bericht zu verweisen.

Diese Teilrevision des Militärversicherungsrechtes steht mit den Vorarbeiten :iür ein neues Militärversicherungsgesetz im engsten Zusammenhang. Ende September 1944 hatte der Chef der Militärversicherung dem Militärdepartement -einen neuen Vorentwurf zu einem Militärversicherungsgesetz mit ausführlichen .Erläuterungen vorgelegt. Das Militärdepartement ernannte darauf eine Expertenkommission, der es ursprünglich die Autgabe stellte, den Vorentwurf des Chefs der Militärversicherung zu überprüfen und zu überarbeiten in der Weise, dass aus den Kommissionsberatungen ein bereinigter Gesetzesentwurf .hervorgehen sollte. Die Expertenkommission kam schon in ihrer Sitzung vom Februar 1945 zum Schlüsse, dass eine Totalrevision des Militärversicherungs.gesetzes innert nützlicher Frist nicht möglich sei und dass vorgängig die dringlichsten Postulate auf dem Wege des Vollmachtenbeschlusses verwirklicht werden sollten. Dieser Vorschlag der Expertenkommission führte zur bereits erwähnten Teilrevision vom 27. April 1945. Auf die Ausarbeitung eines Gesetzesentwurfes hat die Expertenkommission, weil sie sich in ihrer Zusammensetzung dafür nicht als geeignet erachtete, verzichtet und ihre Arbeiten in der Weise fortgesetzt, dass sie die einzelnen
G-rundfragen für die Eevision der Militärversicherung und die von den verschiedenen Seiten an ein neues Gesetz gestellten Forderungen in einlässliche Beratung zog. In einem ausführlichen Kommissionsbericht vom September 1946 an das Militärdepartement fasste die Expertenkommission das Ergebnis ihrer Beratungen zusammen. Diesem Bericht waren die umfangreichen Protokolle der verschiedenen Kommissionssitzungen beigelegt. Auf Grund dieser Arbeit der Expertenkommission und des Antrages des Militärdepartements vom 23. Oktober 1946 hat der Bundesrat am 22. November 1946 die Bichthnien festgelegt, nach welchen ein n'eues Militärversicherungsgesetz aufgebaut werden soll. Er hat darin in für die .Gesetzesredaktion verbindlicher Weise im · besondern über folgende Punkte grundsätzlich entschieden:

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a. über den persönlichen und sachlichen Geltungsbereich; b. über die Haftungsgrundsätze ; c. über Art und Umfang der Leistungen: d. über die entscheidenden Instanzen und das Verfahren.

Der Bundesrat war sich bewusst, dass von einemneuen Militärversicherungsgesetz eine wesentliche Besserstellung des Versicherten erwartet wird. Dabei muss aber im Auge behalten bleiben, dass die Versicherten an die Leistungen der Militärversicherung keinen Beitrag leisten und dass alle Leistungen zu.

Lasten der öffentlichen Hand gehen. In ihrer Gesamtheit müssen sie daher in einem vernünftigen und für die Finanzkraft des Staates tragbaren Eahmen bleiben. Sie sollen wohl den durch die Militärdienstleistung an seiner Gesundheit Geschädigten und seine Familie vor einer Notlage schützen, dürfen ihm aber nicht den Willen zur Gesundung nehmen und ihn das Interesse an einer Neugestaltung seiner Existenz verlieren lassen durch die Gewährung einer Sinekure.

Mit der Ausarbeitung eines Gesetzesentwurfes auf Grund der so aufgestellten Bichtlinien hat der Bundesrat Herrn Bundesrichter Dr. Arnold beauftragt, der sich für diese Aufgabe zur Verfügung gestellt hat. In den Bemerkungen zu seinem Gesetzesentwurf, den Herr Bundesrichter Dr. Arnold am 17. März 1947 dem Militärdepartement vorlegte, führte er aus: Was zunächst den Entwurf in seiner Gesamtheit anbetrifft, so hielt ich mich so weitgehend als möglich einerseits an das bisherige Militärversicherungsrecht und anderseits an das Kranken- und Unfallversicherungsgesetz. Um dein Entwurf eine bessere Übersichtlichkeit zu verleihen, als sie dem Gesetz von 1901 eigen war, wählte ich immerhin einen etwas andern Aufbau und befliss ich mich einer bis zum einzelnen Artikel durchgreifenden Gliederung mit Abschnitten und Unterabschnitten. Ich bemühte mich, dem gesetzgeberischen Gedanken möglichst einfachen und gemeinverständlichen Ausdruck zu geben. Das führte zu gelegentlichen Umarbeitungen bisheriger Bestimmungen und Gruppen von solchen, immerhin unter möglichster Beibehaltung der eingelebten Ausdrücke. Da das Mihtarversicherungsgesetz sich in erster Linie weniger an Juristen richtet, sondern an den Kreis der Versicherten in seiner bunten Zusammensetzung, wurden juristische Fachausdrüeke und Wendungen der Juristensprachc, wo immer möglich, vermieden und lieber eine gewisse Breite der Formulierungen in Kauf genommen.

II.

Bevor wir auf die Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln des Entwurfes übergehen, müssen wir die Frage der verfassungsmässigen Grundlagen für ein neues Militärversicherungsgesetz kurz erörtern.

Der Staatsrat des Kantons Genf hatte uns am 7. Mai 1946 zuhanden der eidgenössischen Bäte zwei Beschlüsse des Genfer Grossen Eates vom 16. März 1946 zugestellt. Der eine dieser Beschlüsse ging dahin, eine Teilrevision der Bundesverfassung zu verlangen in dem Sinne, dass Absatz 2 des Art. 18 der Bundesverfassung aufzuheben und durch einen neuen Art. 181"18 zu ersetzen sei, für den folgende Fassung vorgeschlagen wurde: Art. 18bl8. Der Bund versichert die Militärpersonen und ihre Familien gegen die wirtschaftlichen Folgen von Unfällen und Krankheiten, die im Dienst vorkommen,

102 sowie von Krankheiten, die -während des Dienstes sich verschlimmern oder durch den Dienst verschlimmert werden, Kriegszeit Inbegriffen.

Wir hatten Ihnen in unserem Bericht zu den beiden Initiativen des Kantons Genf vom 18. Oktober 194P betreffend die Eevision der Militärversicherung, anf den zu verweisen wir uns erlauben, auseinandergesetzt, dass schon die bisherige Gesetzgebung über die Militärversicherung immer über den in Abs. 2 des Ari;. 18 der Bundesverfassung gesetzten Bahmen hinausgegangen ist.

Art. 18, Abs. 2, der Bundesverfassung lautet: Wehrmänner, welche infolge des eidgenössischen Militärdienstes ihr Leben verlieren oder dauernd Schaden an ihrer Gesundheit erleiden, haben für sich oder ihre Familien im Falle des Bedürfnisses Anspruch auf Unterstützung des Bundes.

Wir haben in unserem Bericht vom 18. Oktober 1946 ausgeführt, dass die Bundesverfassung den Bund zwar nur im Eahmen des Wortlautes von Art. 18, Abs. 2, verpflichte, dass aber einer weitergehenden Leistung auf dem Wege der Gesetzgebung nichts im Wege stehe und dass Art. 18, Abs. 2, in Verbindung mit Art. 20 der Bundesverfassung eine genügende Grundlage bilde für den Erlass eines neuen Militärversicherungsgosetzes. Dabei haben wir die Wünschbarkeit der Eevision des Art. 18 der Bundesverfassung wohl anerkannt, sie aber nicht als dringlich notwendig erachtet und sie einer spätem Zeit, insbesondere einer Totalrevision der Bundesverfassung vorbehalten. Unser Antrag ging daher auf Ablehnung des Genfer Initiativbegehrens. Diesem Antrag hat der Ständerat am 10. März 1947 und der Nationalrat am 25. März 1947 zugestimmt. Damit hatten Sie sich unserer Auffassung angeschlossen, dass Art. 18, Abs. 2, und Art, 20 der Bundesverfassung die verfassungsmässigon Grundlagen für den Erlass eines neuen Militärversicherungsgesetzes bilden.

III.

Zu den einzelneu Abschnitten des Gesetzesentwurfes führen wir folgendes aus: 1. Der Kreis der Versicherten (Art. 1-3), der sog. persönliche Geltungsbereich Im Militärversicherungsgesetz von 1901 ist der persönliche Geltungsbereich in der Weise geordnet, dass in den Art. 2-4 durch eine abschliessende Aufzählung die versicherten Personenkategorien festgesetzt sind und nur durch die Bundesversammlung die Vorsicherung auch auf andere als die in diesen Artikeln vorgesehenen, im Dienste stehenden Personen ausgedehnt werden kann (Art. 5).

Als Hauptgruppe der Versicherten stehen in Art. 2, Ziff. l, an der Spitze ·«die im Militärdienst stehenden Wehrmänner aller Grade», Dann aber folgt eine umfangreiche Liste anderer Versichertenkategorien, denen zum Teil nicht einmal die Eigenschaft als Wehrmann zukommt. Dieser Eegelung haftet eine gewisse Schwerfälligkeit an, weil sie wegen ihrer Starrheit mit der Entwicklung des Heerwesens nicht Schritt zu halten vermag und weil der Weg der Aus-

103 dehnung durch Bundesbeschluss ein zeitraubender ist. Darum sind dann auch während des Aktivdienstes neue Kategorien Wehrpflichtiger durch besondere Erlasse des Bundesrates der Militärversicherung unterstellt ·worden, so die Hilfsdienstpflichtigen (männliche und weibliche), die Ortswehrleute, die Betriebs·wachen und die Angehörigen der Organisationen des passiven Luftschutzes.

Ob ein Ansprecher unter eine dieser Versichertenkategorien falle, hat schlussendlich das eidgenössische Versicherungsgericht zu entscheiden.

Die Expertenkommission neigte anfänglich zur Auffassung, es sollte in einem neuen Gesetz die bisherige Enumerativmethode nach Möglichkeit durch eine Generalklausel ersetzt werden. Durch eine abstrakte Begriffsumschreibung, tinter Weglassung der Bezeichnung der einzelnen Personongruppen und ihrer besonderen dienstlichen Verrichtungen, sollte der versicherte Personenkreis bestimmt werden. Es hat; sich indessen gezeigt, dass die vielen in Betracht fallenden Versichertengruppen nicht genügend gemeinsame Kriterien aufweisen, um sich unter eine einheitliche generelle Definition stellen zu lassen.

So weisen grosse Versichertengruppen (z. B. Luftschutzleute, Vorunterricht) nicht einmal die grundlegende Eigenschaft Wehrpflichtiger im Sinne der Militärgesetze auf. Auch der Begriff «Militärdienst» im Sinne der Militärorganisation trifft nicht auf alle zu versichernden Verrichtungen zu. Schon diese grundsätzliche Verschiedenheit der juristischen Natur der zu versichernden Personen und Dienste verunmöglicht die Umschreibung des Versichertenkreises in einer Generalklausel. Die in dieser Bichtung angestellten praktischen Versuche sind denn auch gescheitert, so dass auch im vorhegenden Entwurf weitgehend die Enumerativmethode herangezogen werden musste. So kommt es, dass in Art. l, Ziff. l, der das Gros der Versicherten enthält, letztere lediglich mit dem unpersönlich gehaltenen Ausdruck «wer» bezeichnet, die versicherten Dienste dagegen in begrifflich selbständige Unterkategorien, wie «Militärdienst», «Hilfsdienst», «Dienst bei der Luftschutztruppe und bei der Ortswehr», aufgelöst werden.

Es fragt sich, welche Bedeutung dem Ausdruck «wer», der die bisherige Formulierung «Wehrmänner aller Grade» ersetzt, zukommt. Ist anzunehmen, dass der Entwurf dadurch den Versichertenkreis erweitern will? Dies
ist zu bejahen. Die bisherige Fassung ist als zu eng und zu wenig elastisch angesehen worden. Der Sinn der neuen Formulierung ist der, dass Leute, die Dienst im Sinne der dort aufgezählten Dienstarten leisten, auch dann versichert sind, wenn sie nicht die Wehrmannseigenschaft haben. Es handelt sich aber immer nur um Personen, die mit der Truppe einen Dienst leisten, der seinerseits versichert ist und nicht um eine Dienstleistung auf Grund eines zivilen Anstellungsverhältnisses. Die Auslegung durch die Praxis wird hier die vernünftige Abgrenzung finden müssen.

Neu kommt die Versicherung jener hinzu, die in «befohlenem Spezialdienst» stehen. Diese Erweiterung ist nicht im Sinne einer Generalklausel so zu verstehen, dass darunter alle jene Personen fallen, die irgendwelche,

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den in Ziff. l vorgesehenen Dienstarten ähnlich sehende oder in einem entfernten Zusammenhang mit diesen stehende Dienste leisten, sondern es sind darunter gerade Dienste der in Ziff. l aufgezählten Arten zu verstehen, mit der Modalität, dass sie Spezialdienstcharakter tragen. Diese Eigenschaft liegt dann vor, wenn die Leute der betreffenden Dienstart beispielsweise nicht zu einer üblichen Dienstform wie Bekrutenschule oder Wiederholungskurs, sondern eben zu einem speziellen Dienst aufgeboten werden. Dienstliche Aufgebote zu Beerdigungen, zu Hilfeleistung anlässlich von Naturkatastrophen, zu ausserdieiistlichen Rekognoszierungen und Inspektionen, mit Missionen zu fremden Armeen betraute schweizerische Offiziere fallen unter diesen Begriff. Ferner sind darunter zu subsumieren der Chef der Ausbildung, der Generalstabschef sowie die Heereseinheitskommandanten. Diese sind nicht Bundesbedienstete im Sinne von Ziff. 4: sie stehen gemäss Art. 6 der bundesrätlichen Verordnung vom 8. August 1945 über die Rechtsstellung der Mitglieder der Landesverteidigungskommission und der Kommandanten von Heereseinheiten dauernd im Militärdienst, ausgenommen Geb. Brigade-Kommandanten, die ihr Kommando im Nebenamt bekleiden. Nicht darunter fallen dagegen die Teilnahme an ausserdienstlichen Dienstrapporten, die auf Pikett gestellten Wehrmänner.

Das Militärversicherungsgesetz 1.901 versichert neben den eigentlichen Wehrmännern noch eine Reihe anderer Personen, so vor allem die beruflich dienstleistenden Personen. Es sind das das Instruktionspersonal, die Angehörigen des heutigen Festungswachtkorps und des Überwachungsgeschwaders, das mit Pferden in Berührung kommende und der besonderen Betriebsgefahr ausgesetzte Personal des Kavallerie-Remontendepots und der Pferderegieanstalt. Die Expertenkommission wollte diese beruflich Dienstleistenden aus der Versichrrung ausschliessen. Wir sind uns bewusst, dass ein solcher Ausschluss auf grosse Opposition stossen würde. Es handelt sich bei diesen Leuten um Funktionäre des Bundes. Als solche gemessen sie alle Rechte der Bundesfunktionäre in bezug auf Gehalt- und Lohnzahlung bei Krankheit und Unfall, Sie sind auch der eidgenössischen Versicherungskasse unterstellt. Diese Doppelspurigkeit hat schon viel Anstoss erregt. Eine Änderung der heutigen Verhältnisse ist nicht zu umgehen. Wir
sind aber der Meinung, dass der vollständige Ausschluss der beruflich Dienstleistenden aus der Militärversicherüng, wie ihn die Expertenkommission beantragt hat, zu weit gehen, würde. Ihr ständiger Kontakt mit der Truppe setzt sie den gleichen Gefahren und Risiken aus wie die Truppe selbst, so dass sich für diese Zeit wenigstens ihre Gleichstellung mit der Truppe in bezug auf die Behandlung von Gesundheitsschädigungen rechtfertigt. Heute stehen diese Leute in der sogenannten Jahresschatzung, d. h. sie sind das ganze Jahr versichert, auch während ihrer dienstfreien Zeit, im Urlaub und bei Verwendung zu reinem Verwaltungsdienst. Darin liegt eine grosse Bevorzugung gegenüber allen andern Funktionären des Bundes, die sich nicht mehr rechtfertigt. Das gleiche gilt in bezug auf die Stellung dieser Leute im Falle der Invalidierung und beim Tode. Es stehen ihnen und ihren Angehörigen Ansprüche auf Grund des Militärversicherungsgesetzes und auf Grund der Statuten der

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eidgenössischen Versicherungskasse zu, allerdings nur in der Weise, dass die Leistungen der Militär Versicherung an den Leistungen der eidgenössischen Versicherungskasse in Abzug gebracht werden. Auf diese Weise wälzt die Versicherungskasse einen namhaften Teil ihrer Lasten auf die Militärversicherung ab, und der Versicherte geniesst für die Leistungen der Militärversicherung dazu noch Steuerfreiheit, was heutzutage ganz wesentlich ins Gewicht fällt.

Der Entwurf sieht daher in Art. l, Abs. 2, vor, dass diese beruf lie) i Dienstleistenden grundsätzlich nur für vorübergehenden Schaden (Krankenpflege, Entschädigung für vorübergehenden Verdienstausfall etc.) versichert sind, nicht aber gegen Dauerschäden und für Hinterlassenenansprüche. Sobald es zu einer Invaliuierung kommt, gleichgültig, ob es sich um ein beruflichdienstliches Leiden oder um ein anderes handelt, sowie im Falle des Todes, zessiert die Mihtärversicherung, und der Fall geht auf die eidgenössische Versicherungskasse über, so dass diese inskünftig alle mit der Pensionierung oder mit dem Tode in Zusammenhang stehenden Leistungen zu entrichten hat.

Für vorübergehenden Schaden, wie ärztliche Behandlung etc., hat die Militärversicherung bei der Pensionierung indessen auch in Zukunft, einzustehen, sofern jener mit dem dienstlichen Leiden in Zusammenhang steht. Diese Regelung gilt für die in Art. l, Ziff. 4, aufgeführten Bundesbediensteten, sofern sie der Versicherungskasse für das Personal der allgemeinen Bundesverwaltung angehören. Wo das nicht zutrifft, untersteht diese Kategorie auch hinsichtlich der Dauerschäden und der Hinterlassenenansprüche der Militärversicherung.

Die Eegelung des Entwurfes stellt einen Kompromiss dar zwischen zwei extremen Lösungen. Er schafft eine sowohl für den Bund wie für die betroffene Beamtenkategorie tragbare und annehmbare Lösung, wobei mit der .Tradition nicht in schroffer Weise gebrochen wird.

Eine weitere Einschränkung gegenüber der bisherigen Ordnung besteht darin, dass der Entwurf die Versicherung der in Art. l, Ziff. 4, aufgeführten Personen auf die Zeit der Ausübung ihres Dienstes beschränkt. Gesundheitsschäden müssen somit, um in Zukunft militärversichert zu sein, mit der Dienstleistung in zeitlichem oder ursächlichem Zusammenhang stehen. Während der dienstfreien Zeit, also insbesondere auch während
der Zeit anderweitiger Beschäftigung durch den Bund ohne die erhöhte Berufsgefahr, wie Abkommandierung von Instruktoreu zu Verwaltungsdienst etc., haftet die Militärversicherung nicht (Art. 4).

Auch die Ansicht der Expertenkommission, im neuen Gesetz die bisherige Unterscheidung «Vollversicherte» und «nur gegen Unfall Versicherte» fallen zu lassen, Hess sich bei näherer Überlegung nicht durchführen. Diese Vereinheitlichung des Umfanges der Versicherung hätte zur Folge, dass eine Reihe ausserdiensfuicher Tätigkeiten und Verrichtungen vollversichert wären, die es bisher nicht waren und für die eine derartige umfassende Versicherung praktisch auch gar kein Bedürfnis besteht. So müsste die Vollversicherung der der Armee angehörigen Mitglieder der freiwilligen Schiessvereine und der Mitglieder der Schiesskommissionen oder der an den Inspektionen über Bewaffnung und Aus-

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rüstung teilnehmenden Dienstpflichtigen geradezu als versicherungsrechtliche Hypertrophie angesehen werden. Wenn hier ein Bedürfnis bestände, so hätte es sich längst geltend gemacht. Objektiv betrachtet besteht keine Notwendigkeit, für Dienste, die in relativ kurzen Zeitabschnitten verrichtet werden, auch die Krankheitsversicherung einzuführen. Der Entwurf führt deshalb in Art. 2 die Personenkategorieii auf. für welche die Versicherung nur gegen Unfall genügt.

Neu ist die Berücksichtigung der Teilnehmer an wehrsportlichen Veranstaltungen.

Dagegen hat der Entwurf die bisher versichert gewesenen Ziviloffiziersbedionten, die von der Truppe in Dienst genommenen und vom Bunde besoldeten Zivilarbeiter sowie die Zeiger bei den Schiessübungen der freiwilligen Schiessvereine entsprechend dem Antrag der Expertenkommission fallen gelassen.

Im übrigen aber hat er den Versichertenkreis belassen, wie er heute ist.

Während nach Art. 5 des Militärversicherungsgesetzes 1901 nur die Bundesversammlung ermächtigt ist, die Versicherung auf andere als die im Gesetz aufgeführten, im Dienste stehenden Personen auszudehnen, überträgt der Entwurf diese Kompetenz an den Bundesrat (Art. 3).

Der Bundesrat hat, wie schon erwähnt, während des Aktivdienstes gestützt auf seine Vollmachten verschiedentlich solche Ausdehnungen vorgenommen, die sich aus dem Ausbau der Armee und den besondern Verhältnissen der Aktivdienstzeit als notwendig erwiesen haben.

2. Die Versicherungsdauer (Art. 4).

Hier ist der zeitliche Umfang der Versicherung geregelt. Wie bisher erstreckt sie sich grundsätzlich auf die ganze Dauer der Dienstpflichterfüllung. Der Hin- und Bückweg ist in die Versicherungsdauer einbezogen, und zwar auch bei den nur gegen Unfall Versicherten, entsprechend einem Antrag der Expertenkommission. Die Unterbrechung der Versicherung während eines persönlich für private Zwecke bewilügten Urlaubes entspricht einer durch Gerichtspraxis längst eingeführten Kegelung. Nach wie vor wird dagegen die Versicherung durch den allgemeinen Urlaub nicht unterbrochen. Über die Einschränkung der Versicherung für die Bundesbediensteten haben wir uns schon geäussert.

Der Hin- und Bückweg ist nur insoweit versichert, als er innert angemessener Frist vor Beginn bzw. nach Schluss der versicherten Tätigkeit zurückgelegt wird. Der Entwurf spricht
sich über den Begriff «angemessene Frist» nicht näher aus. Es besteht indessen darüber eine umfassende Gerichtspraxis auf Grund der gleichlautenden Bestimmung des bisherigen Gesetzes, die auf kluger Abwägung der allseitigen Interessen beruht und sich bewährt hat; sie wird auch unter dem neuen Gesetz als Grundlage für die Anwendung dienen. Nach dieser Praxis beginnt die Versicherung im Moment, wo der Wehrmann, wenn er allein ein Haus bewohnt, dieses verlässt, oder bei Bewohnen eines Mehrfamilienhauses im Moment, wo er seine Wohnung verlässt. Vermag er am Einrückungstag den Sammelplatz nicht zu erreichen, so erstreckt sich die

107 Versicherung auch auf die notwendige Zeit, die er am Tage vor der Mobilmachung . in Anspruch nehmen muss. Zu den meisten Meinungsverschiedenheiten gab die Heimreise Anlass. Auch in dieser Beziehung hat sich eine reiche Gerichtspraxis herausgebildet. Das Gericht, hat hier eine recht entgegenkommende Auslegung vorgenommen und diese so den Bedürfnissen und der Verschiedenartigkeit der Verhältnisse weitgehend angepasst. So verlangt die Praxis nicht, dass der Wehrmann nach der Entlassung unverzüglich auf dem kürzesten Weg und ohne irgendwelche Ablenkung und Aufschub seinem Domizil zustrebe.

Er muss sich wohl auf den Heimweg begeben, darf aber unterwegs zur Pflege besonderer ideeller und materieller Bedürfnisse die Eeise unterbrochen; aber ·es muss sich um Bedürfnisse handeln, deren Erfüllung sich gewissermassen aufdrängt. Der heimkehrende Wehrmann darf unterwegs einen kranken nähern Verwandten besuchen, ohne dabei gegen die angemessene Bückreisefrist zu verstossen, wenn er den Aufenthalt nicht über Gebühr ausdehnt. Er kann durch die örtlichen oder verkehrstechnischen Verhältnisse sogar gezwungen sein, zu diesem Zwecke auswärts zu nächtigen. Auch Eisenbahnzüge dürfen übersprungen werden, wenn die Einnahme von Mahlzeiten oder der Besuch von Sehenswürdigkeiten in einer Stadt oder in der freien Natur es erheischen. Die Pflege der Kameradschaft kann ebenfalls ein Grund zur Ausdehnung der Frist sein.

Aber diese Unterbrechungen der Heimreise sind immer nur in vernünftigem Bahmen zu verstehen, und jedenfalls sind darunter nicht Trinkgelage und Anlässe ähnlicher Art zu verstehen.

Diese Praxis vermag zufolge ihrer Elastizität den jeweiligen Zeitbedürfnissen am besten gerecht zu werden und ist daher einer starren Ordnung vorzuziehen.

3. Der sachliche Umfang der Versicherung (Art. 5--8).

Es handelt sich hier vor allem um die Begelung der Haftungsprinzipien.

Diese umschreiben die Voraussetzungen, unter welchen auf Grund eines medizinisch-juristischen Tatbestandes die Frage der Haftung des Bundes in einem konkreten Fall zu entscheiden ist.

Das Militärversicherungsgesetz 1901 bestimmt in Art. l, Abs. l, allgemein, dass der Bund die Militärpersonen gegen die wirtschaftlichen Folgen von Krankheiten und Unfällen versichere. Diese Haftpflicht des Bundes ist dann näher und verschieden geregelt, je nachdem es
sich um ein sogenanntes dienstliches, vordienstliches oder nachdienstliches Leiden handelt.

Dienstliche Leiden sind nach Art. 6, lit. a, Krankheiten und Unfälle, von welchen der Versicherte während der Dauer des Dienstes oder der dienstlichen Verrichtungen oder nach lit. b auf dem Hin- und Rückweg zum oder vom Dienst betroffen wird. Diese Fassung des Gesetzes liess die Frage offen, ob für die Begründung der Haftung der Zusammenhang mit dem Dienst nur ein rein zeitlicher oder ob er auch ein ursächlicher sein müsse. Die Gerichtspraxis hat sich denn eindeutig dahin festgelegt, dass für diese dienstlichen Leiden der zeitliche Zusammenhang genügt. Sie hat aber von diesem Grundsatz ausgeschlossen die

108 konstitutionellen Leiden, ferner die auf Alkoholabusus und Geschlechtskrankheiten zurückzuführenden Krankheitstatbestände. Dieses Kontemporaritätfprinzip ergab sich im Militärversicherungsgesetz 1901 eigentlich fast zufällig daraus, dass es, wie wir schon erwähnt haben, als Teil der lex Porrer dort im Rahmen der allgemeinen Versicherung nur die Militärdienstzeit besonders regeln sollte. Aus der verfassungsinässigeu Grundlage (Art, 18, Abs. 2, Baiidesverfassung) ergibt sich eigentlich das Vorursachungsprinzip als Grundlage für die Haftung der Militärversicherung.

Die verdienstlichen Leiden sind nach Art. 8 Militärversicherungsgesetz 1901 (Fassung Militärversicherungsgesetz 1914) grundsätzlich von der Haftungausgeschlossen, Wenn sie jedoch dem Erkrankten nicht bekannt waren, können Leistungen der Militärversicherung beansprucht werden, falls der Militärdienst den Verlauf der Krankheit ungünstig beeinflusst hat. Die Beweislast für den Nachweis einer dienstlichen Verschlimmerung liegt dem Versicherten ob. Meldet der Wehrmann sich bei Diensteintritt wegen bestehender Krankheit oder Un-fallfolgen und wird er trotzdem im Dienst behalten, so hat er nach Art. 9 Militärversicherungsgesetz 1901 (Fassung Militärversicherungsgesetz 1914) Anspruch auf Spitalpflege oder auf Hauspflege.

Die Haftung für nachdienstliche Leiden ist in den Art. 6, lit. c, und Art. 7' Militärversicherungsgesetz 1901 geregelt. Naehdienstliche Erkrankungen, die innert 3 Wochen nach Dienstscbluss durch einen patentierten Arzt konstatiert werden, gelten als versichert, wenn sie eine Folge gesundheitsschädlicher Einwirkungen während des Dienstes sind, und zwar genügt es nach der Gerichtspraxis, wenn mit Wahrscheinlichkeit die dienstliche Verursachung anzunehmen ist. Erkrankungen und Unfallfolgen, welche nicht innert 3 Wochen nach Dienstschluss durch einen Arzt konstatiert werden, finden nur dann Berücksichtigung,, wenn ihr ursächlicher Zusammenhang mit dem Dienst sicher oder sehr wahrscheinlich ist und wenn die Anzeige an die Militärversicherung spätestens innert Jahresfrist nach der gesundheitsschädigenden Einwirkung erfolgt.

Es ergibt sich somit, dass im heutigen Bechi; für die dienstlichen Leiden im allgemeinen das Kon temporali tätsprinzip und für die vor- und nachdienstlichen Leiden das Kausalitäts-, d. h. das Verursachungsprinzip
gilt.

Die Expertenkommission hat sich mit den Haftungsfragen eingehend befasst, ohne aber eine völlige Klarstellung zu erreichen. Ihre Anregungen gehen dahin, dass grundsätzlich für die Haftpflicht der Militärversicherung bezüglich der Krankheiten das Verursachungsprinzip, dass aber für die im Dienst eintretenden Unfälle das Kontemporalitätsprinzip gelten soll. Für Krankheiten dürfe aber auch nicht das reine Verursachungsprinzip zur Anwendung gelangen, sondern es solle die gemilderte Form einer widerlegbaren Verursachungsvermutung Geltung haben. Dabei müsse aber dem Versicherten der Nachweis.

der dienstlichen Verursachung abgenommen und die Führung des Entlastungsbeweises der Militärversicherung überbunden werden. Für vor- und nachdienstliche Leiden soll wie heute das Verursachungsprinzip gelten. Es soll für vordienstliche Leiden die Haftung nur bestehen, wenn sie durch den Dienst ver--

109 schummert oder in ihrem Ablauf beschleunigt worden sind; für die nachdienstlichen Leiden sei die Frist von l Jahr nach Art. 7 Militärversicherungsgesetz 1901 fallen zu lassen. Die Expertenkommission ist damit schlussendlich zum Eesultat gelangt, dass auch ein neues Militärversicherungsgesetz weder einseitig und ausschliesslich auf dem Kontemporalitätsprinzip noch auf dem Verursachungsprinzip aufgebaut werden könne, sondern dass auch das neue Gesetz zur Regelung der Haftungsfrage auf beide Prinzipien angewiesen ist.

So hat denn der Entwurf,, vom Gedanken ausgehend, dass die Haftuugspflicht der Militärversicherung grundsätzlich eine dem Militärdienst zur Last zu legende Gesundheitsschädigung zur Voraussetzung haben soll, in Art. 5, Abs. l, bestimmt, dass die Gesundheitsschädigung auf Einwirkungen zurückgeführt werden müssen, denen der Versicherte während des Dienstes ausgesetzt war. Damit wahrt er grundsätzlich das Verursachungsprinzip. Er hat aber auf Grund der praktischen Erfahrungen und der Schwierigkeit in der medizinischen Würdigung gewisser Krankheiten bezüglich der Frage ihres ursächlichen Zusammenhanges mit dem Militärdienst, dann aber vor allein aus dem sozialen Charakter der Militärversicherung heraus in Abs. 2 bestimmt, dass die Vermutung des iti Abs. l verlangten Zusammenhanges nach Gesetz anzunehmen ist, wenn die Gesundheitsschädigung während des Dienstes in Erscheinung tritt. Damit wahrt er für alle Gesundheitsschädigungen, die während des Dienstes in Erscheinung treten, das bisherige Kontemporalitätsprinzip bei dienstlichen Leiden, und zwar in einer unumstösslichen Art, mit den einzigen beiden Ausnahmen, dass der Militärversicherung gemäss Abs. 8 die Möglichkeit gegeben wird, zu beweisen, die im Dienste in Erscheinung getretene Gesundheitsschädigung sei sehr wahrscheinlich vordienstlich, oder sie könne ihrer Natur nach nicht durch Einwirkungen während des Dienstes entstanden sein.

sondern habe ihren schicksalsmässigen Verlauf genommen (konstitutionelle Leiden). Durch diesen Beweis der Militärversicherung fällt die gesetzliche Vermutung dahin, und für die vordienstlichen Gesundheitsschädigungen und die konstitutionellen Leiden regelt sich die Haftung der Militärversicherung nach besondern Bestimmungen, ani' die wir später zurückkommen.

Die nachdienstlich in Erscheinung tretenden
Gesundheitsschädigungen ·werden bezüglich der Haftung der Militär Versicherung nach dem Verursachungsprinzip beurteilt, wie dies das heutige Recht auch tut. Dabei ist unter Beibehaltung der in der Armee eingelebten Frist von 3 Wochen in Abs. 4 die Haftung der Militärversieherung statuiert, wenn innert dieser Frist eine Gesuudbeitsschädigung ärztlich konstatiert und der Militärversicherung gemeldet wird und wenn der ursächliche Zusammenhang im Sinne von Abs. l wahrscheinlich ist. Für später gemeldete nachdienstliche Gesundheitsschädigungen verlangt Abs. 5 zur Begründung der Haftung, dass der Zusammenhang im Sinne von Abs. l sehr wahrscheinlich sein muss. Die Erfahrung lehrt, dass dienstliche Strapazen wohl nachteilig auf den Organismus des Wehrmannes einwirken, aber nicht so, dass die Gesundheitsschädigung schon während des Dienstes in Erscheinung tritt. Es entspricht daher dem Rechtsempfinden, wenn der

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Bund auch für solche Fälle einsteht, aber nur dann, wenn der Dienst zum Schaden im Verhältnis von Ursache zur Wirkung steht. Es muss Aufgabe der medizinischen und juristischen Würdigung sein, zu bestimmen, ob im Einzelfall ein solches Leiden auf den Dienst zurückzuführen ist. Dabei wird die medizinische Würdigung ausschlaggebend sein, und wegleitend werden die Ergebnisse der medizinischen Forschung über den Ablauf gewisser Krankheiten sein müssen. Das Ergebnis dieser medizinischen Forschungen ist es denn auch, das uns die heute geltende Verwirkungsfrist von l Jahr hat fallen lassen, weil sie zu Ungerechtigkeiten führen kann. Wir erwähnen nur die Tuberkulose.

Von ihr kann ein Mensch jahrelang in leicht aktiver Form befallen sein, ohne dass er dies wahrnimmt und ohne in seinem Allgemeinbefinden oder in der Arbeitsfähigkeit eingeschränkt zu sein.

Damit hat der Art. 5 des Entwurfes die Haftung der Militärversicherung für die während des Dienstes in Erscheinung tretenden Gesundheitsschädigungen grundsätzlich nach dem Kontemporalitätsprinzip geordnet unter Ausschluss der vordienstlichen Gesundheitsschädigungen und der konstitutionellen Leiden. Für die nachdienstlichen in Erscheinung tretenden Leiden regelt sich die Haftungsfrage nach dem Verursachungsprinzip. Diese Eegelung ist klar und umnissverständlich.

Es bleibt noch die Eegelung der Haftungsfrage für vordienstliche Gesumlheitsschädigimgen und für konstitutionelle Leiden.

Der Art. G des Entwurfes schliesst eine Haftung für vordienstliche Leiden grundsätzlich aus. Er statuiert eine in den Leistungen beschränkte Haftung, wenn diese Leiden durch Einwirkungen während des Dienstes verschlimmert oder in ihrem Ablauf beschleunigt worden sind. Für diese Haftung wegen Verschlimmerung oder Beschleunigung gilt also auch das Verursachungsprinzip.

Die konstitutionellen Leiden werden ähnlich wie die verdienstlichen Leidenbehandelt, d. h. grundsätzlich wird eine Haftung abgelehnt. Da sie aber nacli ihrer Eigenart durch dienstliche Einwirkungen nicht beeinflussbar sein sollen.

kann keine auf dem Verursachungsprinzip beruhende Haftpflicht für Verschlimmerung oder Beschleunigung statuiert werden. Durch die Übernahme der bisherigen Praxis hat daher Art. 7 des Entwurfes eine freiwillige beschränkte Haftung für diese Leiden anerkannt, wenn sie im Dienst in
Erscheinung treten.

Diese vordienstlichen und konstitutionellen Leiden sind der eigentlich neuralgische Punkt in der ganzen Haftungsfrage, weshalb wir auf sie noch näher eintreten müssen.

1. Wann ist ein Leiden vordienstlich'? Diese Frage kann und wird verschieden beantwortet werden, je nachdem man sie vom medizinischen oder vom sozialwirtschaftlichen Standpunkt aus beurteilt. Wenn schon die medizinische Wissenschaft eine allgemein anerkannte Definition des Krankheitsbegriffes noch nicht gegeben hat, so wird rein medizinisch jegliche Abweichung vom Zustand der anatomischen Unversehrtheit und jegliche Störung einer physischen oder psychischen Funktion bereits als eine Gesundheitsschädigung betrachtet. Im sozialwirtschaftlichen Sinne wird als Krankheit bzw. Gesund-

Ili heitsschädigung angesehen, was das Leben und die Tätigkeit des Betroffenen irgendwie beeinträchtigt, seine Leistungsfähigkeit herabsetzt oder im Begriffe ist, zu beeinträchtigen. Dem Mediziner ist es kaum möglich, den Zeitpunkt der Entstehung einer Krankheit bzw. Gesundheitsschädigung immer zu bestimmen, weil er oft nicht feststellbar ist und dem Betroffenen erst im manifesten Stadium bewusst wird. In sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht fällt dagegen meistens das Kranksein mit dessen Wahrnehmung zusammen. Es ist klar, dass der Versicherte seinen Fall vom eozialwirtschaftlichen Standpunkt aus beurteilt, wenn es sich um die Frage der Vordiensthchkeit handelt, während die Militärversicherung nach dem Prinzip der Verursachung sich auf die medizinische Beurteilung wird stützen müssen. In diesem Widerstreit der Interessen und Auffassungen und namentlich auch mit Bücksicht auf die verschiedene Beurteilung der Fälle durch die medizinischen Experten sah sich die Militärversicherung im Einvernehmen mit dem eidgenössischen Versicherungsgericht veranlasst, durch ein Kollegium von Sachverständigen sogenannte Bichtlinien aufstellen zu lassen für die Beurteilung gewisser Krankheiten und Krankheitsgruppen, um damit eine einheitliche und der Gerechtigkeit am ehesten entsprechende Beurteilung und Behandlung zu erreichen. Dieses System hat sich bewährt, ermöglicht es doch, die Bichtlinien dem jeweiligen Stand der Wissenschaft anzupassen und für längere Zeit verbindlich zu erklären.

Zum Gegenstand solcher Bichtlinien ist die versicherungsrechtliche Behandlung der sogenannten intermittierenden Krankheiten (Schubkrankheiten ) gemacht worden. Dazu werden gezählt die Tuberkulose, Magengeschwüre, rheumatische Leiden, chronische Katarrhe, Asthma etc. Ihre Eigenart besteht darin, dass sie von einem chronischen Grundleiden aus in sogenannten Schüben verlaufen. In besonderer Weise haben sich die Bichtlinien der Begelung der Tuberkulose, speziell der Lungentuberkulose, angenommen; sie befassen sich mit der Festlegung einer Eeihe von Begriffen, wie Krankheit, Aktivität, Inafctivitäl, Infektion, Disposition, Erkennungsmerkmale der Tuberkulose, verursachende und verschlimmernde Faktoren, Mass der Haftung, beschwerdefreies Intervall.

Erlöschen oder Begrenzung der Haftung, Besonderheiten der primären, sekundären und tertiären
Formen der Lungentuberkulose etc.

2. Was ist ein konstitutionelles Leiden ? Gemeinverständlich ausgedrückt versteht man unter diesem Begriff alle diejenigen Krankheitszustände, die ihre Ursache im Mensch selbst haben und deren Entstehung nicht auf äussere Faktoren, wie Strapazen, Witterungseinflüsse usw., zurückzuführen ist, Leiden also, die auch ohne Militärdienst rein schicksalsmässig ausbrechen und vorlaufen. Für diese Leiden gelten bezüglich ihrer Beurteilung noch fast in vermehrtem Masse als für die vordienstlichen Leiden unsere Ausführungen unter Ziff. l über den medizinischen und den sozialwirtschaftlichen Standpunkt.

Die medizinische Wissenschaft ist heute noch nicht in der Lage, eine absehliessende Aufzählung dieser konstitutionellen Leiden zu geben. Ihre Zahl wird mit dem Fortschritt der medizinischen Forschung eher abnehmen. Heute gelten als solche: dei Krebs mit allen seinen Unterarten, die Geisteskrankheiten,

112 die Arteriosklerose, die genuine Epilepsie und gewisse Skelettdeformationen.

Nach der medizinischen Auffassung sind diese konstitutionellen Leiden aber nicht immer durch Eiirwirkungen im Dienst unbeeinflussbar. Vielmehr kann es Palle geben, in denen dienstliche Einwirkungen die Auslösung des Leidens oder dessen Beschleunigung oder Verschlimmerung zur Folge haben können, was namentlich während der langen Dienstperioden im Aktivdienst dazu führte, im Dienst manifest gewordene Leiden teilweise anzuerkennen und sie analog den verdienstlichen Leiden zu behandeln. Die einheitliche Behandlung dieser Krankheitsgruppen durch die Militärversicherung stützt sich wiederum auf sogenannte Bichtlinien, die von prominenten Sachverständigen aufgestellt worden sind.

Es ergibt sich somit, dass für die Beurteilung der Haftungsfrage der Militärversicherung auf dem Gebiete der Krankenversicherung nicht immer auf Grund eines sicheren und einwandfreien Tatbestandes entschieden werden kann.

Auch unter der Herrschaft des neuen Gesetzes wird man vielfach auf eine verbindlich festgelegte medizinische Würdigung abstellen müssen, die dem derzeitigen Stand der medizinischen Forschung Bechnung trägt. Der Entwurf sieht daher in Art. 12 vor, dass der Bundesrat solche verbindliche Kichtlinien erlassen kann.

Nachdem der Entwurf in den Art. 5--7 die sogenannten Haftungsgrundsätze geregelt hat, umschreibt er in Art. 8 im speziellen den nach Massgabe des Gesetzes versicherten Schaden. Darnach sollen alle Schädigungen in der Gesundheit und die sich daraus unmittelbar ergebenden wirtschaftlichen Folgen versichert sein. In welcher Form diese Schädigungen durch die Militärversicherung repariert und entschädigt werden sollen, ergibt sich aus Art. 14 des Entwurfes, der die Leistungsarten der Militärversicherung abschliessend aufzählt. Daraus ergibt sich eigentlich von selbst, dass die indirekten Schädigungen, die ein Versicherter durch seine dienstliche Gesundheitsschädigung erleidet, von der Militärversicherung nicht erfasst werden. Welches sind zur Hauptsache solche indirekten Schädigungen, die durch, die Militärversicherung nicht gedeckt sind? Vor allem sind dies Stellenverlust zufolge der dienstlichen Gesundheitsschädigung, die Nichtaufnahme in eine amtliche oder private Versicherung, dann aber auch Sachschäden. Für letztere
schafft Abs. 2 des Art. 8 eine Ausnahme, indem er die Militärversicherung ermächtigt, Sachschäden ausnahmsweise zu decken, wenn sie in einem besonders engen und unmittelbaren Zusammenhang mit der Gesundheitsschädigung stehen, wie Brillenschäden und Schäden an künstlichen Gebissen bei dienstlichen Unfällen. Es entspricht dies der heute schon geltenden Praxis.

Wenn der Ausschluss des seelischen Schmerzes, der sogenannte tort moral, von der Entschädigungspfhcht der Militärversicherung in Abs. 3 des Art. 8 noch besonders erwähnt ist, so nur deshalb, weil diese Frage in den letzten Jahren Anlass zu Diskussionen auch in der Öffentlichkeit gab und auch die Expertenkommission ihr ihre besondere Aufmerksamkeit zugewendet hat. Die Ablehnung ist eigentlich bereits in der Beschränkung der Versicherung auf

113 die direkten wirtschaftlichen Folgen begründet. Die Entschädigung für seelischen Schmerz ist ein Institut, das vorwiegend im zivilen Recht bei Schadensfällen vorkommt, in denen das Verschulden des Schadensstifters eine Rolle spielt; dort ist es begründet. Wo aber, wie das auf dem Gebiete der Militärversicherung der Fall ist, die Haftung nicht auf dem schuldhaften Verhalten eines Schadenstifters, sondern nur auf dem Zusammenhang mit der Dienstleistung beruht, fehlt es an den charakteristischen Merkmalen dieser Entschädigungsart. Es hätte aber sicher auch etwas Stossendes, wenn man zum Beispiel den Schmerz der Eltern über den Verlust ihres im Dienst verstorbenen Sohnes mit einer Geldsumme aufwägen wollte. Verursacht dieser Tod eine Bedürftigkeit der Eltern, dann steht ihnen ja nach Gesetz ein Ansprach zu.

Aus ethischen Gründen lehnen wir daher eine Entschädigung nur für tort moral ab.

4. Die Anmeldepflicht (Art. 9 und 10).

Art. 9 regelt die Anmeldepflicht beim Diensteintritt,.während des Dienstes und beim Dienstaustritt. Er entspricht grundsätzlich der heutigen Eegelung.

Zu besondern Bemerkungen gibt uns die sanitarische Eintrittsmusterung bei Dieustbeginn Anlass, weil für die Art ihrer Durchführung weitgehende Begehren gestellt und aus der Diensttauglicherklärung bei der sanitarischen Eintrittsmusterung Folgerungen bezüglich der Haftung der Militärversicherung gezogen werden wollen.

Die Regierung des Kantons Zürich hatte eine gründlichere und sorgfältigere Eintrittsmusterung verlangt. Dadurch könnte weitgehend vermieden werden, Erkrankungen im Dienst als vordienstlich zu bezeichnen. Noch weiter gingen die Begehren der Verbände der Militärpatienton und des Kantons Genf.

Sie verlangten eine ganz gründliche Untersuchung des Wehnnaim.es bei Diensteintritt, eventuell schon vor Dienstbeginn mit Durchleuchtung, Röntgenaufnahmen und allfälliger spezialärztlicher eingehender Untersuchung. Wer diese gründliche Untersuchung passiert hat und diensttauglich befunden wurde, soll nach diesem Begehren als gesund betrachtet werden und gegen jode spätere .Einrede der Vordiensthchkeit seines Leidens geschützt sein. Die sanitarisehe Eintrittsmusterung ist bereits nach Möglichkeit ausgebaut worden. Es wäre wohl wünschenswert, wenn dies in noch weiterem Masse möglich wäre. Dem stehen aber mangelnde Zeit und oft
"auch mangelnde Untersuchungsemrichtungen entgegen. Solche Untersuchungen sind sehr zeitraubend und benötigen für den Einzelfall oft stunden- oder tagelange klinische Untersuchungen. Dies ist schon bei den kurzen Wiederholungskursen oder andern kurzen Diensten und erst bei einer Kriegsmobilmachung oder einem Grenzschutzaufgebot oder andern kurzfristigen Aufgeboten ganz unmöglich. Wenn die Armee ihre Aufgabe erfüllen soll, rauss sie auch innert nützlicher Frist mobilisiert und verwendungsfähig sein. Dazu kommt, dass nach Auffassung der Mediziner auch eine gründliche ärztliche Untersuchung nicht zu einer absoluten Gesunderklärung führen kann, sondern höchstens zur Erklärung, dass im Zeitpunkt Bundesblatt.

99. Jahrg.

Bd. III.

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114 der Untersuchung keine Krankheit festgestellt Werden konnte. Wir erinnern nur an die Inkubationszeit gewisser Krankheiten, die oft erst verstrichen sein, muss, bevor die Krankheit erkennbar ist. Die Diensttauglicherklärung bei der sanitarischen Eintrittsmusterung kann daher nicht zu einer absoluten Haftpflicht der Militärversicherung führen. Sodann machen wir aufmerksam auf die grosse Zahl der vorzeitig zum Hilfsdienst Versetzten, die fast alle wegen einer durchgemachten Krankheit oder wegen eines Gebrechens im Hilfsdienst eingeteilt wurden. Werden sie für diesen Dienst tauglich erklärt, so wird damit das frühere Leiden oder Gebrechen nicht aus der Welt geschaffen, d. h. man kann diese Leute in der Eegel nicht für gesund erklären im medizinischen Sinne. Von der Militärversicherung kann doch sicher nicht mehr verlangt werden, als dass sie für eine durch die Dienstleistung verursachte Verschlimmerung des vordienstlichen Leidens aufkommt, aber nicht für das Leiden als solchem. Wir müssen daher in Übereinstimmung mit der Expertenkommission die Forderung ablehnen, dass aus der Diensttauglicherklärung sich ohne weiteres eine volle Haftung der Militärversicherung ergeben soll.

Die Regelung der Anmeldung nach dem Dienst sieht in Art 10 wie bisher die Anmeldung durch den behandelnden Arzt in erster Linie vor. Während aber im heutigen Recht (Art. 18) der behandelnde Arzt dem Versicherten gegenüber für die Folgen schuldhafter Unterlassung rechtzeitiger Anzeige haftet, macht der Entwurf ihn der Militärversicherung gegenüber direkt verantwortlich für die Folgen unentschuldbarer Verletzung der Meldepflicht. Einmal hat die Erfahrung gezeigt, dass der Versicherte nur ungern gegen seinen Arzt beim bürgerlichen Richter klagt und sodann hat er nach dem Entwurf kein so grosses persönliches Interesse mehr an der rechtzeitigen Anmeldung, weil ihm nach dem Entwurf der Anspruch auf Leistungen der Militärversicherung nicht monierst vom Tage der Anmeldung hinweg, sondern vom Tage des Eintrittes der gesundheitlichen bzw. wirtschaftlichen Schädigimg zustehen soll (Art. 15).

Dagegen kann die Militärversicherung durch eine verspätete ärztliche Meldung zu Schaden kommen, für den sie sich an den Arzt halten kann. Neben dem Arzt können nachdienstlich auftretende Gesundheitsschädigungen aber auch durch den Versicherten und
seine Angehörigen direkt der Militärversicherung gemeldet werden. Nachdienstliche Anmeldungen können jederzeit gemacht werden. Der Entwurf kennt keine Verjährung des Versicherungsanspruches.

5. Das Erhebungsverfahren (ÄBt. 11--13).

Das Militärversicherungsgesetz 1901 kannte keine besondere Regelung des Verfahrens, das die Militärversicherung zu beobachten hatte, bevor sie ihre Verfügungen erliess. Mit dem Ausbau der Militärversicherung vorn einfachen Bureau zum weitverzweigten Verwaltungsapparat wurde das einseitig von der Verwaltung durchgeführte Erhebungsverfahren bald beanstandet und ein Mitspracherecht des Versicherten schon in diesem Administrativverfahren verlangt. In seinen verschiedenen Motionen und Postulaten vom Jahr 1944 ver-

115 langte H&T Nationalrat Guinand unter anderem, dass das Administrativverfahren kontradiktorisch zu gestalten sei in der Weise, dass der Versicherte das Becht erhalte, den Experten abzulehnen, dem Experten Fragen zu stellen, Einsicht in die Akten zu nehmen und vor Abschluss des Verfahrens Ergänzung der Untersuchung zu verlangen. Diesem Begehren hatte der Bundesrat in seinem Beschluss vom 19. März 1945 über das Administrativverfahren in Militarversicherungssachen znr Hauptsache entsprochen. Der Gesetzesentwurf hat dieses Verfahren, das sich bewährte, in seinen Grundlinien übernommen in den Art. 11 und 13. Über die Bedeutung der von Sachverständigen aufgestellten Bichtlinien für die Beurteilung verschiedener Krankheiten haben wir im Abschnitt 3 bereits berichtet. Der Entwurf gibt in Art. 12 dem Bundesrat die Kompetenz, solche Bichtlinion für die Begutachtung der Versicherungsfälle als verbindlich zu erklären, um damit eine einheitliche Beurteilung anzustreben.

6. Die Versieüeruagsleistungen (Art. 14--43).

a. Die Arten der Leùtungen und der Beginn der Leistungspflicht (Art. 14--IS).

Der Entwurf sieht die gleichen Leistungsarten der Militärversicherung vor, wie sie heute schon bestehen. Er hat einzig die Uinschulungspension, die bisher schon auf Grund der Praxis zugesprochen wurde, im Gesetz verankert, nicht in der Forni eines absoluten Leistungsanspruches, sondern nur als mögliche Leistungsart. Nicht aufgenommen wurde die Nachfürsorge für Militärpatienten durch eine Verpflichtung zur Stellenvermittlung, weil dies entschieden zu weit führen würde. Die Militärversicherung hat zwar einen besondern sozialen Dienst organisiert, der sich auch mit der Stellenvermittlung befasst und der in enger Fühlungnahme mit der Zentralstolle für Soldatenfürsorge arbeitet.

Diese interne Begelung genügt.

In das Gebiet der Nachfürsorge für Militärpatienten schlägt auch das Postulat der eidgenössischen Bäte vom März 1947, wonach der Bundesrat die Frage prüfen soll, «ob zugunsten der Fürsorge für Soldaten, die im Militärdienst tuberkulosekrank geworden sind, aus dem neu zu schaffenden Fonds für die Ausrichtung von Lohn- und Verdienstausfallentschädigungen ein Betrag von 10 Millionen Franken ausgeschieden werden kann. Der Betrag soll besonders dem Zwecke dienen, den rekonvaleszenten Soldaten nach der klinischen Behandlung
den Übergang zu einer geeigneten Beschäftigung zu erleichtern.

Der Bundesrat wird ersucht, sich zum Zwecke der Durchführung der notwendigen Massnahmen mit der General-Guisan- Stiftung, die das gleiche Ziel verfolgt, in Verbindung zu setzen.» Das Postulat Meister vom 20. März 1947, das zwar vom Nationalrat noch nicht behandelt ist, stellt eine Ergänzung und Erweiterung zum Postulat der Bäte dar, indem es nicht nur tuberkulös Erkrankte, sondern auch andere Erkrankte und Verunfallte sowie andere Fürsorgeinstitutionen als die General-Guisan-Stiftung berücksichtigt wissen will. Der Bundesrat hat sich in seiner Sitzung vom 9. September 1947 dahin ausgesprochen, dass er diese beiden Postulate ablehnen müsste. Er möchte die

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Behandlung derselben in den Bäten aber hinausschieben bis zur Behandlung der Vorlage über das neue Militärversicherungsgesetz. Dabei sind für uns folgende Erwägungen wegleitend. Einmal muss der aus dein zentralen Ausgleichsfonds durch den Bundesbeschluss vom 24. März 1947 ausgeschiedene Fonds von 280 Millionen für den Wehrmannsschutz (Lohn- und Verdienstersatz) ausschliesslich für den Zweck reserviert bleiben, für welchen die Mittel einbezahlt worden sind. Wir halten die Abspaltung eines Teiles davon für die zusätzliche Fürsorge der tranken Wehrmänner nicht für gerechtfertigt. Sodann aber soll die Fürsorge des Staates für die erkrankten und verunfallten Wehrmänner ihre Regelung im Militärversicherungsgesetz finden.

Als N a c h f ü r s o r g e haben wir die Umschulung als fakultative Leistungsart der Militärversieherung in den Entwurf aufgenommen. Nicht unerwähnt sei, dass mit Unterstützung des Bundes in Tenero eine Anstalt besteht, die sich besonders mit der Umschulung und Angewöhnung der aus den Heilanstalten entlassenen Militärpatienten an das normale Leben befasst und die infolge Mangels an Pensionären ihren Betrieb nur mit Mühe aufrechterhalten kann.

Es wird sich bei der Behandlung des vorliegenden Gesetzesentwurfes Gelegenheit bieten, darüber zu befinden, ob eine weitergehende Nachfürsorge in den gesetzlichen Pflichtenkreis aufzunehmen ist oder nicht. Wir sind bei der Aufstellung unseres Entwurfes von der Voraussetzung ausgegangen, dass die Nachfürsorge, die keine Behandlungsfürsorge ist, nicht als gesetzliche Verpachtung der Militärversieherung festzulegen sei.

Ganz besonders tritt aber hier die Nationalspende Stiftungsgema ss bei Härtefällen in die Lücke. Der Bundesrat hat denn auch der Nationalspende für die zusätzliche Wehrmannsfürsorge 6 Millionen Franken zugewiesen. Einer Zersplitterung der Nachfürsorgekräfte muss gesteuert werden.

Nach Art. 19, Abs. 2, des Militärversicherungsgesetzes 1901 erhalt der im Dienste erkrankte oder verunfallte Wehrmann neben den Krankenpflegeleistungen während der Dauer dos betreffenden Dienstes bis und mit dorn Tage der Entlassung den Gradsold und nachher das Krankengeld. Während des Aktivdienstes und nach Art. 2, Ziff. 3, des Bundesratsbeschlusses vom 27. April 1945 betreffend die Toilrevision des Militärversicherungsrechtes wurde die Soldzahlung für
alle Militärpatienten einheitlich für die ersten 45 Krankentage verfügt. Abgesehen davon, dass mit dieser Regelung der Militärversicherung die nötige Zeit eingeräumt wurde zur Abklärung derVerdienstverhältnissee im Einzelfall, gibt sie deinWehrmannn den Anspruch auf den Bezug der Leistungen der Lohn- und Verdienstausfallkassen. Der Entwurf hat diese Soldzahlung während der ersten Krankentage nicht mehr aufgenommen. Einmal ist die Dauer der Dienste in der Friedenszeit so verschieden(Wiederholungs?

kurse, Rekruten- und Kaderschulen), dass die Regelung nach Art. 19, Abs. 2, Militärversicherungsgesetz 1901 nicht mehr gerechtfertigt ist. Sodann haben die Lohn- und Verdienstausgleichskassen hier Leistungen übernommen, die eigentlich nicht in ihren Aufgabenkreis fallen. Es wird Sache der Militärversieherung sein, Vorkehren zu treffen, dass sie auch im Falle grosser Beanspru-

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chung (Epidemien, Aktivdienet) in der Lage ist, rasch ihre Verfügimg über Krankengeldloistungen treffen zu können.

Nach Art. 19, Abs. 3, Militär ver Sicherungsgesetz 1901 beginnt der Anspruch auf das Krankengeld frühestens mit dem Tage des Abganges der Anzeige an die Mihtärversicherung. Der Art. 15 des Entwurfes setzt den Beginn der Leistungspflicht der Militärversicherung auf den Tag des Eintrittes der gesundheitlichen bzw. wirtschaftlichen Schädigung fest. Diese Eegelung ergibt sich ans dem sozialen Gedanken, auf dem das Gesetz aufgebaut ist. Dem Versicherten wird damit eine gewisse Bedenkzeit für die Vornahme der Anmeldung eingeräumt. Es darf sich aber nicht um eine krasse unentschuldbare Verzögerung handeln.

b. Die Krankenpflege (Art. 16--19).

Unter diese Leistungsart fallen die Gewährung der ärztlichen Behandlung mit Einschluss der Heil- und Kurkosten, der Reisekosten und der besondern Kosten für Unterkunft und Verpflegung. Ihr Zweck ist die möglichst baldige Wiederherstellung der Gesundheit und der Erwerbsfähigkeit des Geschädigten.

Sie ist als erste und wichtigste Leistung der Mihtärversicherung zu betrachten.

Von jeher hat der Bund diese Leistungsart den Militärvorsicherten zeitlich unbegrenzt und ununterbrochen gewährt. Die Militärversicherung nimmt damit eine Sonderstellung ein, jedenfalls soweit sie die Krankenversicherung betrifft.

Die Suva kennt zwar auch keine zeitliche Befristung für die Krankenpflege, doch hat sie es neben Unfällen nur mit einer beschränkten Anzahl von Berufskrankheiten zu tun. Die Krankenkassen begrenzen die Dauer ihrer Krankenpflegeleistungen durchgehend. Dabei arbeiten Suva und Krankenkassen nach dem Prinzip der Gegenseitigkeit. Die Mihtärversicherung kann keine Prämienleistungen erheben. Sie ist also die einzige prämienfreie Unfall- und Krankenversicherung. Wh- halten uns berechtigt, auf diese Sonderstellung der Militärversicherung hinzuweisen.

Die Eegelung im Entwurf entspricht derjenigen des geltenden Rechtes.

Von gewissen Seiten wurde neben der freien Arztwahl auch die freie Spitalwahl und die freie Wahl der Experten verlangt. Diesem Begehren konnte nicht entsprochen werden. Hier muss die Mihtärversicherung, die die bedeutenden Kosten der Krankenpflege trägt, selbst bestimmen können; sie muss auch bei Tuberkulosefällen ihre eigenen Sanatorien belegen
können. Dabei soll sie aber den Wünschen der Versicherten und ihrer Angehörigen in billiger Weise Rechnung tragen.

Wenn das Gesetz der Militärversicherung die ununterbrochene und unbegrenzte Krankenpflege überbindet, so muss es anderseits aber auch dem Versicherten die Pflicht zur Befolgung der Weisungen der Mihtärversicherung -und der ärztlichen Anordnungen auferlegen. Art. 18 des Entwurfes tut das in rücksichtsvoller Weise.

Da die Militärversicherung die ärztliche Behandlung nicht durch eigene Ärzte durchführen kann und mit Ausnahme der 3 Sanatorien in Montana, Davos und Arosa und der Heilanstalt in Novaggio keine eigenen Kranken-.

118 anstalten besitzt, muss sie die Behandlung ihrer Patienten den praktizierenden Ärzten und den Spitälern überlassen. Dies bedingt einen engen Kontakt mit der Ärzteschaft und den Krankenanstalten. Art. 19 des Entwurfes sieht die Eegelung der Tariffragen durch Verträge vor. Einer Anregung der Ärzteschaft Folge gebend, lässt er auch die Schaffung einer Schiedsgerichtskommission zu zur Beilegung von Anständen mit der Militärversicherung. c. Das Krankengeld (Art. 20 und 21).

Das Krankengeld stellt eine Entschädigung dar für den krankheits- oder unfallbedingten Verdienstausfall des Versicherten. Solange keine Verdiensteinbusse vorliegt, besteht daher auch kein Anspruch auf Krankengeld.

Wie bisher soll das Krankengeld auch bei voller Erwerbsunfähigkeit nur einen Teil des Verdienstausfalles decken. Das Begehren auf vollen Ersatz des Verdienstausfalles ist allerdings auch gestellt worden. Die Expertenkommission hat sich mit dieser Frage eingehend beschäftigt. Sie kam mit starker Mehrheit zum Schluss, dass ein Abzug 2ur Hebung des Gesundungswillens des Geschädigten und zum Schutze der Militärversicherung vor Missbrauch und Ausbeutung beizubehalten sei. Die gleiche Frage stellte sich bei der Bemessung der Invalidenpension. Die Expertenkommission hatte auch die Frage erörtert, ob der Abzug beim Krankengeld und bei der Invalidenpension gleich hoch zu bemessen sei. In dieser Frage entschied die Expertenkommission sich für einen grösseren Abzug bei der Invalidenpension als beim Krankengeld mit der Begründung, dass die Pension normalerweise eine Leistung auf Lebensdauer sei. Mit ihrer Tieferhaltung werde den Tatsachen Bechnung getragen, dass die Erwerbsfähigkeit mit zunehmendem Alter abnimmt, die Pension aber nicht und dass sich ein Pensionsbezüger seine ganze Lebenshaltung billiger gestalten könne durch die Wahl des Wohnortes usw. Auch soll ihm nicht durch einen zu weitgehenden Ersatz der Erwerb sein busse das Interesse am Aufbau einer neuen Existenz bei Teilinvalidität genommen worden. Ganz abgesehen davon, dass der volle Ersatz des Verdienstausfalles für den Staat eine untragbare Belastung bringen würde, muss den obgenannten Erwägungen beigepflichtet werden. Die Expertenkommission kam dann zum Antrag, es solle das volle Krankengeld 85 % und die volle Invalidenpension 75 % des anrechenbaren Verdienstes betragen.
Der Bundesrat hat diesem Antrag zugestimmt und diese Ansätae im Gesetzesentwurf vorgesehen. Er hat aber gleichzeitig eine Erhöhung des anrechenbaren Verdienstes vorgesehen und sswar beim Krankengeld von Fr. 23 auf Fr. 25 und bei den Invalidenpensioiien von Fr. 6900 auf Fr. 7500, um damit eine Annäherung an die Maxima bei der Suva zu erreichen, die Fr. 26 beim Tagesverdienst und Fr. 7800 beim Jahresverdienst, betragen. Bleiben die Maxima des anrechenbaren Verdienstes nach dem Entwurf noch etwas unter denjenigen der Suva, so geht der Ansatz von 85 % für das Krankengeld und derjenige von 75 % für die Invalidenpension etwas über die entsprechenden Ansätze der Suva von 80 % bzw. 70 %, Gegenüber den Ansätzen im heutigen Recht der Militärversicherung, die für beide Leistungen 70 % betragen, bringt der Entwurf

119 daher eine Besserstellung. Dabei müssen wir allerdings auf die besondere Berechnungsart und den Auszahlungsmodus hinweisen, die heute bei der Militärversicherung in bezug auf das Krankengeld und die Pension bestehen.

Ganz zu Unrecht wird nämlich der Militärversicherung vorgeworfen, dass mit einer Deckung des Verdienstausfalles nur zu 70 % der Versicherte mit den restlichen 30 % zu stark belastet sei. In Tat und Wahrheit deckt die Militärversicherung heute schon beim Krankengeld durchschnittlich ca. 85 % und bei der Pension durchschnittlich 72--73 %. Das rührt von der Berechnungsart des anrechenbaren Verdienstes und der Art der Auszahlung der Leistungen her, wie nachstehend gezeigt werden soll.

a. Heute wird der Verdienst im Eahmen bestimmter Klassen festgelegt und der Versicherte in eine Verdienstklasse eingereiht. Zur ersten Klasse gehört ein Verdienst von 0 bis 3 Fr. im Tag oder von 0 bis 900 Fr. im Jahr. Jede weitere Klasse umfasst den bis um l Fr. im Tag oder bis um 300 Fr. im Jahr erhöhten Verdienst. Mit dem Abstellen auf die oberste Grenze jeder Klasse findet damit automatisch eine Aufrundung statt. Im Jahresverdienst macht sie im Durchschnitt 150 Fr. aus (% von Fr. 300). Davon werden 70 % oder Fr. 105 im Durchschnitt vergütet, d. h. es wird die Invalidenrente um diesen Betrag aufgerundet. Gleich liegen die Verhältnisse beim Krankengeld. Es ergibt dieses Klassensystem eine Erhöhung der Leistungen im Durchschnitt von 2 bis 3 %.

b. Nach Art. 24, Abs. 2, Militärversicherungsgesetz 1901 wird bei einem gleichmässigen Erwerb bei einem Jahresgehalt der 300ste, bei einem Monatsgehalt der 25ste Teil als Tagesverdienst angenommen. Das auf Grund dieses Tagesverdienstes berechnets Krankengeld (70 %) wird indessen nicht nur an 300 Tagen im Jahr oder 25 Tagen im Monat, sondern an allen Tagen entrichtet.

Wenn daher der Wochenverdienst von 6 Arbeitstagen im Krankengeld an 7 Tagen ausbezahlt wird, so ist die Leistung der Militärversicherung um 1/7 erhöht. Statt 70 % vergütet daher die Militärversicherung für die erste Krankheitswoche effektiv 80 %, bei längerer Krankheitsdauer von Monaten macht die durchschnittliche Erhöhung zirka 15 % aus.

Diese beiden Erhöhungsfaktoren sub a und b addieren sich. Es ist daher bei dieser Feststellung klar, dass das alte Berechnungsverfahren nicht mehr beibehalten
werden kann, wenn man beim Krankengeld den Ansatz von 70 % auf 85 % erhöht. Es würde dies zu Leistungen der Militärversicherung führen, die über 100 % des effektiven Verdienstes gingen. Es soll aber, wie schon gesagt, zur Hebung des Gesundungswillens und zum Schutze der Militärversicherung vor Missbrauch und Ausbeutung ein Abstrich am vollen Ersatz bleiben, der mit 15 % recht und billig ist.

Der Entwurf lässt daher das bisherige Verdienstklassensystem auf Antrag der Expertenkommission fallen, obschon es sich für die besondern Verhältnisse der Militärversicherung nicht schlecht bewährt hat, und stellt in Anlehnung an das Suvarecht auf den effektiven Verdienst ab. Die nähere Regelung, insbesondere die Festsetzung des anrechenbaren Verdienstes, ist der Vollziehungs-

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Verordnung vorbehalten. Der Entwurf hat einzig, der Geldentwertung Bechnung tragend, das Minimum des Tagesverdienstes auf Fr. 5,-- und dasjenige des Jahrcsverdienstes auf Fr. 1500 erhöht gegenüber den heute geltenden Mindestansätzen von Fr. 3.-- bzw. Fr. 900.

Nach Art. 29 des Militärversichsrungsgesetzes 1914, der durch Bundesratsbeschluss vom 1. Februar 1916 in Kraft gesetzt worden war, ist das Krankengeld während der Spitalpflege auf die Hälfte herabzusetzen, sofern der Versicherte nicht Frau, Kinder, Eltern oder Geschwister zu unterstützen hat.

Der Entwurf regelt diese Frage in Art. 21 als Spitalabzug in freierer Art nicht mehr nur als festen Abzug bei Versicherten ohne Unterstützungspflicht. Ein Abzug ist grundsätzlich in allen Fällen von Spitalaufenthalt möglich, weil bei der vollen Tragung der Verpflegungskosten durch die Militärversicherung dem Versicherten die normalen Auslagen für seine Verköstigung abgenommen werden. Der Entwurf setzt nur das Maximum des Abzuges auf 50 % und überlässt die Bemessung innerhalb dieser Grenze der Militärversicherung, wobei dem Familienstand und der Unterstützungspflicht des Versicherten Rechnung zu tragen ist. Daas dieser Spitalabzug auch bei den Invalidenpensionen gemacht werden kann, sofern die Militärversicherung die Kosten der Unterkunft und Verpflegung des Pensionsbezügers zu tragen hat, bedarf keiner besondern Begründung, d. Zulagen (Art. 22) Die Zulage ist keine generelle Leistungsart. Sie ist dem Spitalersatz nachgebildet, wie er im Art. 21 dos Militärversicherungsgesetzes 1901 ' vorgesehen ist. Der Spitalersatz des geltenden Gesetzes ist eine Geldleistung, die dem in Hauspflege befindlichen Patienten an Stelle der Spitalverpflegung auf solange verabfolgt wird, als er sich zu Hause in einem eigentlich spitalbedürftigen Zustand befindet und infolgedessen besonderer Pflege und Wartung bedarf.

Also nicht jede Hauspflege oder Bettlägerigkeit gibt diesen Anspruch. Die Bedeutung war früher noch eine andere: Der Spitalersatz wurde damals allgemein an Hauspatienten entrichtet. Damit mussten sie aber die Arzt- und Apothekerkosten selbst bezahlen. Der Ledige erhielt aiuch in der Hauspflege nur das halbe Krankengeld; der Spitalersatz von Fr. 4.--· sollte diesen Ausfall decken. Das eidgenössische Versichorungsgericht hat dann die Praxis in der Weise beeinflusst,
dass die Arzt- und Apothekerkoste n von der Militäryorsicherung übernommen wurden und dagegen der Spitalersatz als regelmässige Leistung wegfiel und nur noch ausnahmsweise ausgerichtet wird, nämlich dort, wo die Hauspflege besondere Mehrkosten verursacht. Insofern kommt dieser Ersatzleistung auch in der Zukunft eine Bedeutung zu. Die Vergütung muss grundsätzlich beibehalten werden. Die bisherige Bezeichnung «Spitalersatz», die unklar und verwirrend ist, ersetzt der Entwurf einfach mit «Zulage». Ihr Zweck ist, dem Versicherten über die ärztliche Behandlung und. die Verdiensteinbusse hinausgehende Einbussen und Aufwendungen, die mit dem versicherten Leiden in Zusammenhang stehen und deren Tragung dem Versicherten nicht zugemutet werden kann, zu entschädigen. Dies trifft zu in besonders

121 schweren Bôhandlungsfallen für notwendig gewordene spezielle Pflege und Wartung. Gewisse Kranke, z. B. Tuberkulöse, benötigen in der Hauspflege zur Aufrechterhaltung eines möglichst hohen Standes der Abwehrkräfte gegen ihr Leiden besonders kräftige Ernährung, was oft spezielle Kosten verursacht.

Einem Patienten wird Diätkost verordnet, die mehr Kosten verursacht als die gewöhnliche Kost, Dazu gehören auch die sogenannten Kurzulagen, welche die Militärversicherung heute an Patienten ausrichtet, die, sei es im Tiefland öder auf Höhenstationen, ohne auf Kosten der Militärversicherung verpflegt zu werden, zu Kurzwecken sich aufhalten. Alle dièse Nebenleistungen fallen inskünftig unter den Begriff der Zulage.

e. Die Invalidenpension (Art. 23--27).

Art. 23 regelt den Übergang von den Krankengeldloistungen zu den Pensionsleistungen. An der gesetzlichen Festlegung dieses Zeitpunktes sind der Versicherte und der Fiskus aus entgegengesetzten Gründen sehr interessiert.

Da das volle Krankengeld 85 % des anrechenbaren Verdienstes beträgt, während die volle Pension nur 75 % davon ausmacht, hat der Versicherte das Interesse, möglichst lange das Krankengeld zu beziehen, während der Fiskus an einer möglichst frühzeitigen Pensionierung interessiert ist. Hier soll eine vernünftige und tragbare Mittollöung gefunden werden.

Art. 25 des Militärversicberungsgesetzes 1.901. bestimmt : Dauert die gänzliche oder teilweise Erwerbsunfähigkeit voraussichtlich ein halbes Jahr oder länger, so erhält der Versicherte statt Krankengeld eine für eine bestimmte Zeitdauer festzusetzende Pension.

Die Zusprechung dieser sogenannten .Behandlungspension liegt heute in der Zuständigkeit der eidgenössischen Pensionskommission. Nach dem Geseteesentwurf sollen alle Pensionen künftighin von der Militärversicherung gesprochen werden. Die eidgenössische Pensionskommission soll in ihrer heutigen Stellung verschwinden. An ihrer" Stelle soll eine Eekurskommission in Militärversicherungssachen treten, an die alle rekursfähigen Verfügungen der Militärversicherung, also auch die Pensionsentscheide, auf dem Bekurswege weitergezogen werden können. Die Expertenkommission hat mehrheitlich die Aufhebung dieser Behandlungspension und Anlehnung an die Eegelung im Suvagesetz empfohlen, Uni aber den Fiskus vor einer allzu grossen Belastung zu schützen, hat die Expertenkommission im weitern empfohlen, dass längstens nach einjähriger Dauer eines VersicherungsfaHes durch eine von der Militärversicherung unabhängige Instanz eine Überprüfung der weitern Haftung der Militärversicherung und der Frage der Pensionsberechtigung des betref. fenden Patienten obligatorisch stattzufinden habe. Die Übertragung dieser Aufgabe, die nach dem . heutigen Eecht die Pensionskommission do facto ausübt, an die vorgesehene Bekurskornmission in Militärversicherungssachen kann nicht in Frage kommen, weil ihr die Stellung einer ersten Instanz zwischen Militärversicherüng und eidgenössischem Versicherungsgericht zugedacht ist.

Die Schaffung einer neuen, von der Militärversicherung unabhängigen Instanz

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nur zu diesem Zwecke halten wir für unzwecktnässig; sie ist daher im Gesetzesentwurf nicht vorgesehen. Es genügt, wenn die Miritärversicberung durch gesetzliche Bestimmungen verpflichtet wird, jeden Behandluiigsfall nach der Dauer eines Jahres speziell zu prüfen. Intern wird diese Prüfungsinstanz eine zentrale Stelle der Militärversicherung sein müssen, die bisher mit dem Behandlungsfall sich noch nicht speziell bet'asst hat.

Absatz l des Art. 23 des Entwurfes entspricht fast wörtlich der Fassung des Art, 76 des Suvagesetzes, das aber zur Hauptsache nur Unfallfälle zu berücksichtigen hat. Er passt daher für die Militärversicherung, die überwiegend Krankheitsfälle zu entschädigen hat, nicht ohne weiteres. Es muss daher gerade für die der Suva fremden Krankheitsfälle mit langer, zum Teil mehrjähriger Behandlungsdauer doch eine Einschränkung gemacht werden. Wir sind uns bewusst, dass diese Einschränkung sich zum Nachteil des Versicherten und zum Vorteil des Fiskus auswirken muss. Die langandauernden Behandlungsfälle belasten aber den Fiskus durch die weitgehende Kostentragung in der Krankenpflege, die auch im Falle der Pensionierung ungeschmälert übernommen wird, schon sehr stark. Anderseits muss bemerkt werden, dass die Pensionierung auch für den Versicherten einen gewissen Vorteil hat, weil er damit seinen Leistungsanspruch an die Militärversicherung in der Kegel für eine längere Zeit verbindlich festgelegt weiss. Absatz 2 sichert bei einem Behandlungsfall von längerer Dauer den Anspruch auf Krankengeld in jedem Falle für mindestens l Jahr. Er belässt diesen Anspruch auch nach einem Jahr, wenn voraussichtlich im Verlauf des folgenden nächsten halben Jahres die volle Erwerbsfähigkoit eintreten oder ein Integritätsschaden dahinfallen wird, d. h. dass der Fall im Verlauf des nächsten halben Jahres von der Militärversicherung abgeschlossen werden kann. Damit ist eine vernünftige und zweckmässige Mittellösung zwischen den Interessen des Versicherten und des Fiskus getroffen.

Bei freier Bundespflege ist auch bei diesen Pensionsfällen ein Spitalabzug berechtigt, wie ihn Art. 21 bei dem Krankengeld vorsieht.

Art. 24 sieht vor, dass die Invalidenpension auf bestimmte oder unbestimmte Zeit gesprochen wird. Es entspricht dies der heutigen Ordnung, die auch sogenannte Zeitpensionen und Dauerpensionen kennt. Die
Erhöhung des bisherigen Ansatzes der vollen Invalidenpeusion von 70 % auf 75 % des anrechenbaren Jahresverdienstes haben wir schon unter 6, Lit, c, beim Krankengeld erörtert. Da die Pension dauernd oder mindestens für eine längere Zeit festgesetzt wird, soll bei ihrer Berechnung im allgemeinen auf die voraussichtliche Verdiensteinbusse abgestellt werden. Das Nähere soll in der Vollziohungsverordnung geregelt werden. Dass der einmal festgesetzte anrechenbare Jahresverdienst für die ganze Dauer der Pension massgebend bleibt, ist die Konsequenz dieser Berechnungsart.

"Wie bisher soll ausser der Invalidenpensioii auch die sogenannte Integritätspension gesprochen werden (Art. 25). Es gibt die Gesundheit und den Lebensgenuss erheblich störende Schäden, die, ohne einen eigentlichen, nachteiligen Einfluss auf die Erwerbsfähigkeit auszuüben, für die Invalidierung und die

123 .Festsetzung einer Pension von Bedeutung sein können, sofern sie eine schwere Beeinträchtigung der körperlichen Integrität darstellen. Als solche kommen nach der Praxis in Frage: Verstümmelungen, Entstellungen, dauernd schmerzhafte Folgozustände oder sonstwie die wesentlichsten und wichtigsten Lebensfunktionen erheblich beeinträchtigende Störungen, z. B. Verlust einer Niere, Verlust eines Auges, Verlust einer grösseron Anzahl gesunder Zähne, Verlust; eines Pusses etc.

Keinen Anspruch auf Integritätspension geben nach der heutigen Praxis: leichte Verminderung des Gehörs und der Sehschärfe, leichtes Hinken, Schmer.zen, die nach vernarbten Amputationen, ausgeheilten Knochenbrüchen, Krankheiten und Operationen zurückbleiben, eine leichte Atrophie, eine Einschränkung der Beweglichkeit, leichte ästhetische Schäden, Verzicht auf nicht primäre Lebensfunktionen, wie Sport, Vergnügungen, Gesellschaftsleben, Verzicht auf öffentliche oder militärische Laufbahn, auf gewisse Nebenbeschäftigungen.

Alinea 2 räumt dio Möglichkeit der jederzeitigen Kapitalablösung solcher Integritätsschäden an Stelle der Pensionen ein.

Art. 26 regelt die Voraussetzungen, unter denen die Eevision einer Invalidenpension möglich sein soll.

Mit dem Zuspruch der Pension erlangt der Versicherte eine gewisse Sicherheit in seinen Eechten. Wichtige Prägen, wie Haftung, Grad der Invalidität etc. sind damit entschieden. Für die Pensionsdauer geniesst der Pensionsbezüger Schutz gegen Anfechtungen, die sich gegen seine auf den Pensionsbescheid sich stützenden Ansprüche richten. Damit kommt zum Ausdruck, dass angenommen wird, es seien im Moment der Festsetzung der Pension alle erfassbaren Faktoren hinsichtlich der Wirkungen der versicherten Unfall- und Krankheitsfolgen auf den physischen oder psychischen Zustand des Versicherten berücksichtigt worden. Die Eechtskraf t des Pensionsbescheides umf asst also den auf jenen Zeitpunkt festgestellten und gewürdigten Tatbestand, so dass daran nichts geändert werden kann, selbst wenn die Würdigung nicht angemessen ist, es sei denn, es handle sich um später neu hinzukommende Faktoren. Mögliche Verschlimmerungen oder Verbesserungen des Gesundheitszustandes, sofern es sich nicht um normale Angewöhnung handelt, werden, auch wenn sie voraussehbar sind, bei der Festsetzung der Eente nicht berücksichtigt. Da
namentlich bei Dauerrenten im Laufe der Zeit derartige Änderungen in der Natur der Sacho hegen und immer wieder sich einstellen, ist es gerecht, dass ein rechtliches Mittel geschaffen wird, das bestehende Pensionsverhältnis den veränderten Grundlagen anzupassen. Diesen Zweck verfolgt dio Eevision. Nach dem Entwurf ist grundsätzlich jede Invalidenpension, ob Zeit- oder Dauerpension, revidierbar, Voraussetzung ist indessen, wie bisher, dass der physische oder psychische Zustand eine erhebliche Verschlimmerung oder Besserung erfahren hat; die Pension kann auf dem Wege der Eovision angepasst werden, sei es durch Erhöhung, Herabsetzung oder Aufhebung. Diese Voraussetzung ist so zu verstehen, dass die Veränderung des anatomischen Zustandos sich auch entsprechend ungünstig odor günstig auf den Grad der angenommenen Erwerbsfähigkeit auswirkt.

124 Diese beiden Faktoren bedingen sich gegenseitig. Nur bei den Integritätspensionen genügt die Veränderung des anatomischen Zustande».

Die Neufestsetzung (Erneuerung) einer sogenannten Zeitpension nach ihrem Ablauf fällt nicht unter den Begriff der Bevision. Die Folge davon ist, dass bei einer Neufestsetzung im Gegensatz zur Eevision alle massgebenden Faktoren, wie Haftung, Selbstverschulden, Invalidität, Erwerbsunfähigkeit etc., neu überprüft werden können. Vorbehalten bleiben indessen rechtskräftige, die Hauptsache betreffenden Entscheidungen des eidgenössischen Versicherungsgerichtes, z.B. über die Haftungsfrage, Verschuldensabzug. Diese Entscheide" sind auch für die Neufestsetzung der Pension verbindlich.

Wie dies der Absatz 3 des Art. 30.des Militärversicherungsgesetzes 1901 schon vorsieht, so verpflichtet auch Art. 27 des Entwurfes die Militärversicherung zur Wiederaufnahme der ärztlichen Behandlung, wenn Spätfolgen eintreten, die Behandlungsbedürftigkeit bedingen. Diese Möglichkeit der Wiederaufnahme besteht aber auch, wenn von einer neuen ärztlichen Behandlung eine erhebliche Erhöhung der Erwerbsfähigkeit erwartet werden kann.

/. Das Sterbegeld (Art. 28).

Das Sterbegeld stellt eine Beitragsleistung an die Hinterlassenen .dar für ihre Umtriebe und Auslagen, die ihnen durch den Tod eines Militärpatienten erwachsen. Daraus ergibt sich schon, dass es verschieden bemessen werden muss, je nachdem ein Wehrmann im Dienste verstirbt und daher die Truppe die Kosten der militärischen Beerdigung trägt, oder ob der Militärpatient zu Hause oder im Spital stirbt und die Kosten der Beerdigung zu Lasten der Angehörigen oder der Gemeinde gehen.

Der Entwurf hat die Eegelung übernommen, wie sie in Art. 6 des Bundesratsbeschlusses vom 27. April 1945 über die Teilrevision dos Militärversicherungsrechtes erst neu festgelegt worden ist. Aus dem Gedanken heraus, dass das Sterbegeld in erster Linio für die Bestattungskosten zu verwenden sei, ermächtigt Abs. 4 des Art. 28 die Militärversicherung ohne Bücksicht auf die gesetzliche Beihenfolge der Berechtigten, das Sterbegeld ganz oder teilweise demjenigen auszurichten, der die Bestattungskosten getragen hat. Es kann vorkommen, dass die Verwandten sich um den Verstorbenen schon lange nicht mehr kümmerten und dass ihm Dritte im Leben und beim Tode näher gestanden,
sind und daher für die Bestattungskosten aufkommen, Neben der Geldleistung von Fr. 500 übernimmt die Mülitärversicherung heute nach einer Bestimmung der Vollziehungsverordnung zum Mih'tärversicherungsgesetz 1901 die Kosten des Leichentransportes vom Sterbeort zum Bestattungsort, wenn der Militärpatient fern von seinem Wohnort im Spital oder in einem Sanatorium verstorben ist.

(/. Die Hinterlassenenpemionen (Art. 29--36.)

Das geltende Bechi regelt den Anspruch auf Hinterlassenenpensionen in der 'Weise, dass die Aszendenz grundsätzlich durch die Deszendenz ausgeschlos-

125 sen wird und dass für die Ausrichtung von Pensionen an Aszendenten grundsätzlich ein Bedürfnis und ein durch den Tod verursachter materieller Schaden beim Ansprecher vorliegen müssen. Im weitern werden Pensionen an die Witwen und an Kinder von Amtes wegen ausgerichtet, während die Aszendenten für die Erlangung einer Pension ein Gesuch einreichen müssen. Dieses System der Militärversicherung unterscheidet sich also von demjenigen der Suva, das Anspruchskonkurrenz unter den pensionsberechtigten Hinterlassenen könnt.

Schon die Expertenkommission hat sich grundsätzlich für die Beibehaltung des bisherigen Systems der Militärversicherung ausgesprochen und als Aus- · nähme von dieser grundsätzlichen Bogelung und als Annäherung an das Suvarecht nur die Neuerung beantragt, dass neben der Witwe ohne Kinder auch die Eltern, aber nur die leiblichen, pensionsberechtigt sein sollen. Im fernem beantragte die Expertenkommission die Verselbständigung der Kinderpension, wie sie das Suvarecht schon kennt und wie sie heute auch in andern Versicherungen üblich ist. Diese Kommissionsanträge sind im Entwurf berücksichtigt.

Die Hinterlassenenpensionen sollen einen Teil des anrechenbaren Jahresverdienstes des verstorbenen Versicherten betragen. Während für den überlebenden Ehegatten und die Kinder dieser Teil einen festen Prozentsatz beträgt, ist er bei den übrigen, pensionsberechtigten Hinterlassenen nur im Maximum gesetzlich festgelegt und bis zu diesem Maximum den..Verhältnissen des Einzelfalles anzupassen. Die Ansätze für die einzelnen Hinterlassenenpensionen entsprechen im Entwurf denjenigen des geltenden Bechtes mit folgenden Ausnahmen: Der überlebende Ehegatte hat Anspruch auf eine Pension von 40 %, wie sie bther der Witwe ohne pensionsberechtigte Kinder zugestanden hat, der Witwer allerdings nur im Falle des Bedürfnisses. Die Kinderponsion beträgt 15 %. Mit der Pension des überlebenden Ehegatten dürfen alle Kinderpensionen zusammen nicht mehr als 75 % ausmachen. Bei 3 und mehr pensionsberechtigten Kindern ist daher der ihnen zustehende Maximalansatz von 35 % gleichmässig auf alle Kinder zu verteilen. Vollwaisen haben Anspruch auf eine Pension von 25 %, alle Vollwaisen zusammen bis maximal 75 %. Der Entwurf bringt also eine wesentliche Bosserstellung der Kinder und damit auch des überlebenden Ehegatten. Einzig
der überlebende Ehegatte mit nur einem pensionsberechtigten Kind erfährt eine Schlechterstellung, indem seine bisherige Pension von 65 % künftighin in eine eigene Pension von 40 % und in eine Kinderpension von 15 % aufgeteilt wird. Vom sozialen Standpunkt aus lässt sich die heutige Regelung, dass ein überlebender Ehegatte mit einem oder mehreren Kindern eine gleich hohe Pension beziehen soll, nicht mehr rechtfertigen. Die neue Begelung ist sozialer und gerechter.

Die Kinderrente soll grundsätzlich bis zum zurückgelegten 18. Altersjahr ausgerichtet werden, sie kann aber bis zum vollendeten 20. Altersjahr verlängert ·werden, wenn die Berufsausbildung mit 18 Jahren noch nicht abgeschlossen ist.

Nachdem in Art. 34, Abs. 4, des Entwurfes aus den Erfahrungen des Lebens heraus den Stief- und Pflegeeltern ein Pensionsanspruch bei Vorliegen

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eines ausgesprochenen Versorgerscliadens zugebilligt ist, darf auch den Pflegeund Stiefkindern ein Pensionsanspruch zugebilligt werden, sofern der Verstorbene schon vor Beginn seines Anspruches auf Versicherungsleistungen für sie gesorgt hat (Art. 31, Ziff. 5).

Die Hinterlassenenpensionen sind Dauerpeiisionon, Eine Revision im Bechtssinn kommt daher nur in Frage, wo beim Zuspruch der Pension die ökonomischen Verhältnisse der Berechtigten, wie bei Eltern-, Geschwisterund Grosseltern-Pensionen, eine Eolle spielen. Erleiden diese ökonomischen Verhältnisse eine Änderung, so kann die Pension jederzeit angepasst oder aufgehoben werden. Nicht revidierbar sind auch hier die Haftungs- und Verschuldensfrage und der anrechenbare Jahresverdienst.

Der Entwurf hat die sogenannten Sozialziüagen des Bundesratsbeschlusses vom 27. April 1945 betreffend die Teilrevision des Militärversicherungsrechtes nicht übernommen. Diese fallen also mit dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes dahin. Sie bestehen heute in der Ausrichtung einer Familienzulage von Fr. 10 pro Monat zu Invalidenpensionen, sofern der Bezüger verheiratet, verwitwet oder geschieden ist und eigenen Haushalt führt, einer Zulage von Fr. 5 pro Monat für jedes pensionsberechtigte Kind sowie in der Ausrichtung einer Zulage von Fr. 5 pro Monat an den Bezüger einer Witwen- oder Witwerpension für jedes perisionsberechtigte Kind, Die Gründe der Aufhebung dieser Zulagen liegen darin, dass es sich bei ihrer Einführung um eine Massnahme vorübergehender Art handelte. Fast allgemein findet heute der Familienschutz schon in der Festsetzung der Löhne durch Gewährung von Familienoder Kinderzulagen seine Berücksichtigung. Diese Zula.gen werden aber bei der Berechnung des anrechenbaren Verdienstes bei der Festsetzung der Militärpension zum festen Lohn geschlagen, so dass sich die Leistungen der Militärversicherung an Verheiratete ganz automatisch gegenüber den Leistungen an Ledige erhöhen. Die weitere Ausrichtung von besondern Familienzulagen durch die Militärversicherung käme daher einer doppelten Berücksichtigung des Familienstandes gleich. Andere Sozialversicherungen, wie die Suva, kennen auch keine besondern Familien- und Kinderzulagen.

7. Der Auskauf, die Abfindung und die Umschulungspension (Art. 37--39).

Art. 42 des Militärvorsicherungsgesetzes 1901 regelt den
Auskauf von Invaliden- und Hinterlassenenpensionen in der Weise, dass in gewissen Fällen der Auskauf einseitig von der Militärversicherung vorgenommen wird, während in andern Fällen dieser Auskauf nur im Einvernehmen mit dem Pensionsbezüger vorgenommen werden kann, und zwar nur als Ausnahme, Da die Militärversicherung grundsätzlich die Kapitalentschädigung als Leistungsart nicht kennt und vom sozialen Charakter ihrer Institution aus auch ablehnen inuss, kann es sich also dabei immer nur um eine Ausnahmeerlodigung eines Versicherungsfalles handeln, für welche besondere Ausnahmeverhältnisse gegeben sein müssen. Die Expertenkommission hat die Auskauf frage eingehend geprüft. Sie ist zum Schlüsse gelangt, dass in gewissen Fällen der zwangs-

127 weise und auch der auf gegenseitiger Vereinbarung beruhende Auskauf beibehalten werden soll, wenigstens für die Invalidenpensionen. Den Auskauf der Hinterlassenenpensionen lehnte die Expertenkommission ab. Mit Eücksicht auf die Geldentwertung hat die Expertenkommission den bisherigen erzwingbaron Auskauf nach der Pensionshöhe von Fr. 100 durch einen prozentualen Ansatz von 10 % ersetzt. Für den Auskauf anderer Pensionen verlangte sie die medizinische und wirtschaftliche Indikation als gesetzliche Voraussetzung.

.Der Entwurf hat in Art. 37 diesen Wünschen der Expertenkommission .Rechnung getragen. Neu gegenüber der heutigen Eegelung ist, dass alle Auskäufe revidierbar sein sollen im Falle nachträglicher erheblicher Zunahme der Invalidität.

Auch bei der Abfindung handelt es sich um eine Kapitalentschädigung.

Auch sie kann nur eine ausnahmsweise Leistungsart der Militärversicherung sein. Das geltende Eecht kennt sie erst, seit durch Bundesratsbeschluss vom 7. Februar 1921 der Art. 38 des Militärversicherungsgesetssos 1914 in Kraft gesetzt wurde. Sie war hauptsächlich als Heilmittel gegen Neurosefälle gedacht.

Sie ist dem Suvagesetz in Art. 82 bereits bekannt. Ihr Zweck soll sein, auf den Gesundungswillen durch endgültige Loslösung des Ansprechers von der Versicherung mittels einer letzten Versicherungsleistung in Kapitalform einzuwirken. Daraus ergibt sich, dass die Abfindungssumme nach der voraussichtlichen tatsächlichen Erwerbsbeeinträchtigung und nicht nach dem Barwert der Pension festgesetzt werden und dass eine Eovision ausgeschlossen sein muss. Diese Eegelung sieht Art. 88 des Entwurfes vor. In Abs. 8 übernimmt er eine durch dio Praxis begründete sogenannte vertragliche Abfindung, die nach den Erfahrungen für besonders gelagerte Fälle unentbehrlich ist. Zur Wahrung der Interessen des Fiskus und auch des Versicherten bedarf es aber bei einer solchen vertraglichen Abfindung der Genehmigung des eidgenössischen Militärdepartements, wenn dif Abfindungssumme Fr. 1000 übersteigt oder im Prozessfalle derjenigen des Gerichtes. Wir betonen aber nochmals, dass es sich dabei nur um eine ausnahmsweise Erledigung eines Versicherungsfalles handelt.

Von der Umschulungspension haben wir sub 6, Lit. a, schon erwähnt, dass es sich dabei nur um eine fakultative und nicht obligatorische Leistungsart
handelt. Sie ist aus den Bedürfnissen der Praxis -herausgewachsen, und ihre Anwendung ist eine beschränkte. Glücklicherweise besteht diese Notwendigkeit in den wenigsten Fällen durchgemachter Gesundheitsschädigungen. Selbst bei Tuberkulosofallen ist die Umschulung nicht etwa zur Eogel geworden; im allgemeinen können auch diese Kranken nach erlangter Heilung ihren frühern Beruf wieder ausüben, es sei denn, es handle sich um Angehörige der Lebensmittelbranche oder einer Berufsgattung, die ganz besondere Anforderungen an die physischen Kräfte stellen. Die Umschulung besteht darin, dass den Betroffenen mit besondern Geldmitteln die Erlernung eines neuen Berufes ermöglicht wird. In der Eegel müssen diese Leute eine regelrechte Berufslehre absolvieren. Auf kaufmännischem Gebiet genügen auch etwa Kurse von Handelsschulen usw.

128 Die Militärversicherung verabfolgt in der Eegel während der Umschulungszeit eine volle Beute und die übrigen durch die Umschulung bedingten Kosten.

Diese Kosten werden heute nicht von der Militärversicherung allein getragen, sondern gemeinsam mit der Nationalspende. Der Bewilligung der Umschulung geht eine Untersuchung über das Vorliegen der Voraussetzungen und der Eignung des Versicherten für den neuen Beruf voraus.

Der Entwurf legt in Art. 39 nur ganz allgemein im Grundsatz ' diese Leistungsart fest und überlässt das Weitere richtigerweise der Praxis.

8. Allgemeine Vorschriften für die Bemessung der Leistungen. Ihre Kürzung und ihre Erhöhung (Art. 40 und 41).

Art. 40 des Entwurfes fasst systematisch die Gründe zusammen, welche allgemein zur Kürzung der Leistungen der Militärversicherung führen müssen..

Ein solcher Grund liegt dann vor, wenn die Gesundheitsschädigung nicht nur auf Einwirkungen während des Dienstes zurückzuführen ist, wie bei vordienstKchen Leiden oder bei konstitutionellen Leiden, bei denen also die Militärversicherung nur für die dienstliche Verschlimmerung oder die Beschleunigung des Ablaufes des Leidens haftet. Ein Kürzungsgrund ist aber auch dann gegeben, wenn die von der Militärversicherung voll anerkannte Haftung für eine Gesundheitsschädigung nur eine teilweise Erwerbsunfähigkeit verursacht.

Dieso Kürzungen der Leistungen unterscheiden sich von denjenigen in Art. 46, denen" ein schuldhaftes Verhalten des Versicherten zugrunde liegen muss.

Die heutige Praxis trägt dieser Kürzung Rechnung durch die Annahme eines Haftungsteilfaktors oder durch die zeitliche Befristung einer vollen Annahme des Falles sowie durch die Festsetzung des Grades der Arbeitsfähigkeit nach medizinischer Beurteilung.

Als Gegenstück zu dieser Kürzung der Leistungen regelt Art. 41 die Erhöhung der normalen Leistungen," die wie im bisherigen Becht sich auf Krankengeld und Invalidenpension beschränkt und bis auf 100 % des anrechenbaren Verdienstes gehen kann. Auch die Voraussetzungen für eine solche Erhöhung entsprechen denjenigen des heutigen Bechtes.

Das Militärversicherungsgesetz 1901 sieht in Art. 43 noch eine ausser. ordentliche Erhöhung der Invaliden- und .Hinterlassenenpensioneii durch den Bundesrat vor. Dieser Artikel lautet: .

Sowohl für Invalide als für die Hinterlasseneii kann der Bundesrat die Pension

"bis auf den doppelten Betrag erhöhen, wenn der Verwundete oder Verstorbene sich im Interesse des Vaterlandes freiwillig einer groseen Gefahr ausgesetzt hatte und dabei verunglückt war. ' .

Man muss sich, fragen, ob eine solche Bestimmung im neuen Gesetz noch notwendig und zweckmässig sei. Der ihr zugrunde liegende Winlcelriedgedanke lässt sich, sofern wirklich ein solcher Ausnahmefall einmal eintreten sollte, sicher auf anderem Wege ebensogut verwirklichen wie über den Weg der Militärversicherung. Der Artikel 43 des M.ilitärversichorungsgesetzes 1901 ist denn auch während der ganzen Gültigkeitsdauer des Gesetzes nie zur Anwendung gelangt mit einer einzigen Ausnahme. Als im ersten Weltkrieg aus

129 den wenigen schweizerischen Zivilfliegern und Freiwilligen eine Fliegertruppe aufgebaut wurde, hatte der Bundesrat in seinem Beschluss vom 19. Juni 1915 über die Besoldung der Fliegertruppe bestimmt: «Der Buiidosrat wird bei allen eintretenden Fliegerunfällen nach Massgabe des Bedürfnisses Art. 48 des Militarversicherungsgesotzes vom 28. Juni 1901. zur Anwendung bringen.» Diese Bestimmung war im damaligen Zeitpunkt sicher berechtigt. Damals steckte die Fliegerei noch, ganz in ihren Anfängen und das Fliegen mit den damaligen Apparaten und den damaligen Bodenorganisationen barg immer eine grosse Gefahr in sich. Die Bekrutierung zur Fliegertruppe orfolgte denn auch auf dem Wege der freiwilligen Meldung. Dazu kam aber noch, dass im Jahr 1915 die Leistungen der Militärversicherung bei Fliegerunfällen geinäss den damaligen Bestimmungen wirklich bescheiden waren'. Dio 5. Verdienstklasse mit einem anrechenbaren Tagesverdienst von Fr. 7.50 und einem anrechenbaren Jahresvordienst von Fr. 2250 bildete die oberste Grenze. Davon erhielt der Vollinvalide 70 %, die Witwe ohne Kinder 40 % und die Witwe mit Kindern 65 %. Heute sind die Verhältnisse aber ganz anders. Einmal ist durch den Fortschritt der Technik und den Ausbau der Bodenorganisation das Fliegen überhaupt nicht mehr so gefährlich wie früher. Dann aber haben auch die Leistungen der Militärvorsicherung seither ganz bedeutend zugenommen. Das Maximum des anrechenbaren Tagesverdienstes steht heute auf Fr. 28 und dasjenige des anrechenbaren Jahresverdienstes auf Fr. 6900.

Beide sollen durch den vorliegenden Entwurf eine nochmalige Erhöhung erfahren. Die Bestimmung des Bundesratsbeschlusses vom 19. Juni 1915 ist in der Folge in die Organisationsvorschriften betreffend das Flugwesen aufgenommen worden, letztmals im Art. 42 der bundosratlichen Verordnung vom 16. Dezember 1938 über die Organisation der Abteilung für Flugwesen und Fliegerabwehr und dos Flugdienstes. Diese Sonderstellung der Angehörigen der Fliegertruppe lässt sich heute kaum mehr rechtfertigen. Durch die Verminderung des Gefahrenrisikos beim Fliegen einerseits und die Erhöhung des Gefahrenrisikos bei den übrigen Truppen durch die Einführung gefährlicher Waffen und Sprengstoffen andererseits drängt sich eine Gleichstellung aller Wehrrnänner auf. Der. obligatorische Abschluss einer privaten
Versicherung gegen Invalidität und Tod für die fliegenden Wehrmänner der Fliegertruppe trägt den besondern Verhältnissen dieses Dienstes ja ohnehin Eechnung.

Wenn im neuen Gesetz der Art. 48 des Militärversicherungsgesetzes 1901 nicht aufgenommen ist, dann fällt damit auch die Grundlage für die Erhöhung der Pensionen bei Fliegerunfällen dahin.

9. Fälligkeit der Leistungen (Art. 42 und 43), Die .Regelung in den Art. 42 und 48 entspricht der heutigen Praxis der Militärversicherung. Besondere Erörterungen erübrigen sich.

10, Auskunftspilicht (Art. 44).

Wenn das Gesetz die Militärversicherung verpflichtet, im Einzelfall ein eingehendes Erhebungsverfahren durchzuführen, so muss es ihr aber auch Bnndesblatt. 99. Jahrg. Bd. III, 10

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die gesetzlichen Handhaben geben zu dessen Durchführung. Dazu geholt die gesetzliche Statuiërung der Auskunftspflicht des Versicherten und dessen Angehörigen. Die unentschuldbare Verletzung dieser Pflicht kann den ganzen oder teilweisen Entzug der Leistungen zur Folge haben.

11. Sicherung der Leistungen (Art. 45).

Der soziale Charakter der Militärversicherungsleistungen und ihre ausschliessliche Deckung aus Bundesmitteln verlangen, wie das bisher geschehen, ist, sie dem Zugriff Dritter zu entziehen. Diese Leistungen sollen ihrer Zweckbestimmung nicht entzogen werden können.

12. Schuldhafte Herbeiführung des Schadens (Art. 46).

Der Entzug oder die Kürzung der Leistungen wegen schuldhaftem Verhalten des Versicherten regelt sich heute auf Grund von Art, 11 des Militärversicherungsgesetzes 1901 und einer umfangreichen Gerichtspraxis. Es liegt ihr der Gedanke zugrunde, dass durch das Verhalten des Versicherten an Stelle der dienstlichen Kausalität eine persönliche Kausalität gesetzt wird und dass diese persönliche Kausalität im Dienste anders zu bewerten ist als im Zivilleben. Im Dienst spielen die militärischen Hintergründe und der militärische Bahmen eine entscheidende Eolle. Der Gesinnung, aus welcher heraus die persönliche Kausalität wirksam wird, ist ausschlaggebende Bedeutung beizumessen. Offensichtliche Befehlsverletzungen, besonders Verletzungen von Schutzbefehlen, müssen daher geahndet werden, auch wenn sie nicht absichtlich oder grobfahrlässig erfolgten und in diesem Sinne subjektiv kausal waren.

Zu der Fassung des Art. 46 bemerkt der Gesetzesredaktor folgendes: Entgegen der bisherigen Formulierung wurde die Erwähnung der Arglist des Versicherten neben den andern Gründen als überflüssig weggelassen,* dagegen in Anpassung an die Strafarten des Strafgesetzbuches bzw. Militärstrafgesetzes das Verbrechen neben dem Vergehen speziell erwähnt, -womit gleichzeitig deutlich zum Ausdruck kommen soll, dass blosse Übertretungen nicht genügen. Die Folgen sollen aber auch eintreten können, wenn der versicherte Schaden zwar nicht sohuldhaft herbeigeführt, jedoch arglistig vergrössert worden ist. Die Ausnahme, die schon im alten Becht bestanden hat, ist in Abs. 3 dahin ergänzt worden, dass ein schuldhaftes Verhalten auch bei kameradschaftlicher Hilfeleistung sowie bei mutigem Einsatz bei militärischen Operationen und Übungen und nicht hloss bei tapferem Verhalten vor dem Feinde die Entzugsfolgen nicht nach sich ziehen soll, was m. E. den erfahrungsgemass an den Soldaten heute gestellten Anforderungen (auch im Instruktionsdienst) entspricht.

Es wird Sache der Gesetzesanwendung sein, auch bei dieser Fassung eine vernünftige und gerechte Praxis zu schaffen.

13. Rückforderungsrecht der Militärversicherung (Art. 47).

Es handelt sich hier um eine Schutzbestimmung gegen missbräuchliche Beanspruchung oder Ausnützung der Militärversicherung. Sie entspricht der Eegelung in Art. 12 des Militärversicherungsgesetzes 1901, nur ist umgekehrt dor Kückforderungsanspruch und die Art der Geltendmachung im Entwurf

131 an erster Stelle und ausführlicher geregelt, während die Ahndung des strafrechtlichen Tatbestandes, weil selbstverständlich, nur vorbehaltsweise erwähnt ist.

14. Das Rückgriffsrecht gegenüber Dritten und gegenüber Kantonen (Art. 48 und 49).

Das Rückgriffsrecht der Militärversicherung in Art. 48 auf einen für dieGesundheitsschädigung oder den Tod eines Versicherten schadenersatzpflichtigen Dritten entspricht der Eegelung in Art-16 des Militärversicherungsgesetzes 1901.

Das Rückgriffsrecht des Bundes gegenüber den Kantonen gründet sich auf das ihnen durch Art. 19 der Bundesverfassung gewährleistete Verfügungsrecht über die kantonalen Truppen. Weil auch der Entwurf keinen Unterschied macht zwischen eidgenössischem und kantonalem Dienst in bezug auf die Leistungspflicht der Militärversicherung rechtfertigt sich die Übernahme der in Art. l, Abs. 2, des Militärversicherungsgesetzes 1901 enthaltenen Bestimmungin das neue Gesetz.

15. Verhältnis zwischen der Militärversicherung und der Suva (Art. 50--53), Die Regelung des Verhältnisses zwischen Militärversicherung und Suva in den Art. 50--58 entspricht inhaltlich derjenigen der Art. 57--59 des Militärversicherungsgesetzes 1914, die durch Bundesratsbeschluss vom 26. Dezember 1917 in Kraft gesetzt worden sind. Zu einer materiellen Änderung besteht keine Veranlassung.

16. Rechtspflege (Art. 54-56).

Das bisherige Recht sieht für die Entscheidung in Militärversicherungssachen drei Stollen vor. Die Militärversicherung entscheidet bei sogenanntem vorübergehendem Schaden (Krankenpflege, Krankengeld usw.) erstinstanzlich, unter Vorbehalt der Berufung an das eidgenössische Versicherungsgericht, die eine sogenannte rekursfähige Verfügung zur Voraussetzung hat. Wird gegen diese mit Rekursvermerk versehene Verfügung nicht innert 10 Tagen die Berufung erklärt, so erlangt die Verfügung Rechtskraft, und gegen eine neue Anhängigmachung kann die Einrede der beurteilten Sache erhoben werden.

Neben der Verwaltung der Militärversicherung besteht die eidgenössische Pensionskommission, die auf Grund des Berichtes und Antrages der Militärversicherung Pensionen erstmals festsetzt, bei Ablauf derselben über deren Neufestsetzung entscheidet und bestehende Pensionen revidiert und die übrigen Leistungen des sogenannten Dauerschadens bestimmt.

Organisatorisch ist die
Pensionskommission eine von der Militärversicherung unabhängige Kommission; sie wird durch den Bundesrat gewählt, übt indessen ihre Kompetenzen vollständig unabhängig von diesem aus; sie hat von niemandem Instruktionen entgegenzunehmen. Das Verfahren vor der Kommission ist kern justizmässiges, weil kein eigentliches Parteiverfahren mit Beweisführung und Hauptverhandlung im Sinne moderner Prozessver-

132 fahren vorgesehen ist. Die Kommission ist wohl befugt, die vorliegenden Akten durch medizinische 'Expertisen und weitere Erhebungen ergänzen zu lassen, aber eigentliche Parteirechte sind nicht ausgestaltet. Das gibt auch dieser Instanz den Charakter einer Verwaltungs- und nicht einer richterlichen Behörde.

Das Charakteristische dieser Kommission besteht darin, dass sie ihre Entscheidung auf Grund der Akten trifft, also nicht auf Grund eines eigenen, von dem der Verwaltung unabhängigen Verfahrens. In der Würdigung des Prozeßstoffes und in der Entscheidung ist sie indessen völlig frei. Auch diesen .Entscheiden kommt, wenn sie nicht innert 30 Tagen an das eidgenössische Ver .Sicherungsgericht weitergezogen werden, formale Rechtskraftwirkung zu, so dass auch hier der Wiederanhängigmachuug des Falles nach Ablauf der Berufungsfrist die Einrede der beurteilten Sache entgegensteht. Die juristische Natur derartiger Entscheide geht mithin über die Bedeutung gewöhnlicher Verwaltungsakte, auf die jederzeit zurückgekommen werden kann, hinaus; sie nähern sich der Struktur des eigentlichen gerichtlichen Urteils, was formell auch darin zum Ausdruck kommt, dass der in diesen Entscheiden behandelte Gegenstand nicht etwa durch eine Klage, sondern durch ein prozessualisches Eechtsmittel -- die Berufung -- vor die obere entscheidende Behörde, das eidgenössische Versicherungsgericht, gebracht, d. h. an dieses weitergezogen ~werden kann.

· Das eidgenössische Versicherungsgericht ist dagegen eine eigentliche richterliche Behörde, die durch die Bundesversammlung gewählt wird. Es verwirklicht in seiner Stellung das Prinzip der Gewalttrennung auf dem Gebiete des Mihtärversicherungsrechtes.

Das Gericht besteht aus fünf ständigen Eichtern, aus deren Mitte die Wahlbehörde den jeweiligen Präsidenten und Vize-Präsidenten wählt.

Das eidgenössische Versicherungsgericht entscheidet in allen an dieses weitergezogenen Prozessen endgültig. Eine Weiterziehung an eine andere Instanz ist ausgeschlossen.

..

Im Bundesbeschluss vom 28. März 1917 ist die Organisation, die Zuständigkeit und das Gerichtsverfahren geregelt. Das Gerichtsverfahren zeichnet sich durch grosse Einfachheit, Formlosigkeit und Billigkeit aus. Durch einen einfachen Brief kann der rekursfähige Entscheid der Militärversicherung an die eidgenössische Gerichtsinstanz
weitergezogen werden. Die Offizialmaxime herrscht vor, so dass das Gericht von Amtes wegen die Wahrheit erforscht.

Es hat sich während des mehr als 25jährigen Bestehens gezeigt, dass ohne diese zentrale oberste richterliche Behörde nicht auszukommen ist. Sie ist in ihrer Stellung in der Lage, losgelöst von der Verwaltung und den Parteiinteressen, die oft sehr verworrenen Eechtsverhältnisse in Militärversicherungssachen von höherer Warte aus einer gerechten Lösung 'entgegenzuführen.

Der Entwurf trägt dieser Entwicklung in der Weise Eechnung, dass er das eidgenössische Versicherungsgericht auch weiterhin unverändert als letzte, endgültig entscheidende eidgenössische G erichtsinstanz anerkennt und in die Organisation der Eechtspflego aufnimmt.. Ihre Stellung hat aber hierarchisch

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insofern eine Änderung erfahren, als zwischen dem Versicherungsgericht und der Militärversicherung eine weitere eidgenössische Instanz, die sogenannte Rekurskommission, als zweite Entscheidungsbehörde in Militärversicherungssachen geschaffen wird.

Diese Änderung ist durch das Begehren um Aufhebung der Pensionskoromissioii in ihrer heutigen Stellung als erstinstanzliche Entscheidungsbehörde in Pensionsfällen bedingt. Künftighin soll auch die Militärversicherung erstinstanzlich über die Pensionsfälle entscheiden. Die Kritik an der Pensionskommission richtete sich zur Hauptsache dagegen, dass sie ihre Entscheidungen, nur auf Grund der Akten und des Antrages der Militärversicherung fällt, ohne selber ein Erhebungsverfahren durchzuführen. Wohl steht dein Versicherten das Kecht zu, zum Antrag der Militärversicherung sich äussern zu können, mehr aber nicht. Dadurch fühlt .sich der Versicherte in seinen Rechten benachteiligt, namentlich auch deshalb, weil die Militärversicherung ihren Antrag vor der Pensionskommission durch einon Vertreter begründen und verteidigen kann, während diese Möglichkeit dem Versicherten nicht geboten ist. Es wurde daher auch vor Pensionskommission ein kontradiktorisches Verfahren verlangt. Diesem Begehren konnte nicht entsprochen werden, ohne die Stellung der Pensionskommission grundlegend zu ändern. Es rauss hier anerkannt werden, dass die Pensionskommission dank ihrer Zusammensetzung die Handhabung des Militärversicherungsgesetzes durch die Verwaltung in früherer Zeit weitgehend beeinflusst hat. Ihre Existenzberechtigung war damit schon begründet. Heute finden die Militärversicherungsfällc aber zufolge des auch im vorliegenden Gesetzesentwurf verankerten Erhebungsverfahrens von Anfang an eine gründliche Abklärung. Es ist daher sicher zulässig, schon im Interesse dos Zeitgewinnes, die erstinstanzliche Zusprechung von Pensionen der Militärversicherung zu übertragen. Damit stellt sich aber sofort das Bedürfnis ein, zwischen dem Verwaltungsentscheid der Militärversicherung und dem letztinstanzlichen Entscheid des eidgenössischen Versicherungsgerichtes eine Zwischeninstanz einzubauen, wie das im Suvarecht auch der Fall ist. Hinsichtlich, der Natur und der Bedeirtung dieser - Zwischeninstanz gehen aber die Ansichten auseinander. "\Vahrend den einen die Einschaltung der kantonalen
Versicherungsgerichte als die geeignete Lösung vorschwebt, erblicken andere das Heil in der Einführung von sogenannten Regionalgerichten (Westschweiz, Zentralschweiz, Ostschweiz) oder eine den Militärgerichten entsprechende Organisation der Jurisdiktion.

Zum Postulat der Heranziehung der kantonalen Versicherungsgerichte ist folgendes zu sagen: Der Hinweis auf die gleiche Organisation in den Streitsachen der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt ist nicht stichhaltig. Denn hier ist der Streitgegenstand anders geartet; er ist in der Eegel viel einfacher, während in Militärversicherungssachen sehr häufig schwierige Kausalzusammenhangsund Haftungsfragen, die nur mit Hilfe von Richtlinien gelöst werden können,

134

zur Entscheidung gelangen, was bei der Suva als vorwiegender Unfallversicherung nicht in Betracht kommt. Es ist keine Frage, dass die Einführung von 25 kantonalen Gerichten als Zwischeninstanz in Militärversicherungssacheri nicht nur eine weitere Verlaugsanmng des Verfahrens zur Folge hätte, sondern es müsste bei der speziellen Natur und Komplexheit der zu entscheidenden Fragen zu einer unübersehbaren Beehtszersplitterung und Bechtsunsicherheit führen. Wenn schon den zwei bisherigen zentralen entscheidenden Instanzen hinsichtlich einer einheitlichen Eechtsanwendung sich Schwierigkeiten boten, wie sollten sich 25 Kantonsgerichte auf einem so komplexen .Bechtsgebiete zurechtfinden'? In einer solchen Neuerung könnte keine Verbesserung der Verhältnisse erblickt werden, gegenteils erschlösse sich eine neue Quelle von Schwierigkeiten, Verwirrung und Unzufriedenheit. Der Entwurf lehnt deshalb mit Eecht dieses Postulat ab.

Aber auch die andern dezentralistischen Postulate sind von der Expertenkommission abgelehnt worden; ihnen allen ist gleich wie den kantonalen Gerichten das Argument entgegenzuhalten, dass sie eine einheitliche Becht.spreohuug aussergewöhnlich erschweren. Auch hier würde der Zersplitterung Vorschub geleistet. Von diesen Überlegungen ausgehend, hat der Entwurf eine zentralistisch organisierte Instanz -- die sogenannte Eekurskommission in Militärversichorungssachen -- vorgezogen. Diese Instanz sieht der aufzuhebenden Pensionskommission äusserlich ähnlich, indem sie aus Medizinern, .Juristen und Laien zusammengesetzt sein soll. Sie besteht aus einem ständigen Präsidenten und Vizepräsidenten und fünf Mitgliedern im Nebenamt sowie den erforderlichen Ersatzmitgliedern. Sie hat auch nicht den Charakter einer eigentlichen richterlichen Behörde und wird gleich der Pensionskommission vom Bundesrat und nicht von der Bundesversammlung gewählt. Sie ist Eekürsinstanz über alle Entscheide der Militärversicherung, die auf dem Wege des Bekurses an sio weitergezogen werden. Sie soll mit einem Verfahren aus.gestatet sein, das dem Prozessverfahren vor eidgenössischem Versicherungsgericht nachgebildet ist. Damit wird der Kommission ermöglicht, den Streitgegenstand neu zu bestimmen, mit den Parteien darüber zu verhandeln, ein Beweisverfahren durchzuführen und den Tatbestand auf Grund eigener Erwägungen zu
beurteilen.

Die Frage, ob der Eekurskommission in gewissem Eahmen, etwa durch Aufstellung von Streitwertgrenzen, endgültige Kompetenzen einzuräumen seien, verneint der Entwurf. Damit und mit der Ernennung der Kommission durch den Bundesrat ist der Verwaltungscharakter der Kommission gewahrt.

Jeder Entscheid der Kommission, er mag von noch so geringer Bedeutung sein, ist mithin an die eigentliche richterliche Behörde, das eidgenössische Versicherungsgericht, weiterziehbar.

Die Einräumung weitgehender Uberprüfungskompetenzen an diese Kommission wird es ihr ermöglichen, in enge Beziehungen zu den Prozessparteien zu treten und eine selbständige Vertrauenssphäre zu begründen. Gerade ·dadurch aber wird sie, was, der Pensionskommission abging, in den Stand

135 gesetzt werden, eine Vermittlungs- und Versöhnungsrolle auszuüben. Die nähere Eegelung des Verfahrens ist einer besondern Verordnung des Bundesrates vorbehalten.

Die hauptamtliche Stellung des Präsidenten und Vizepräsidenten ergibt sich aus der gestellten Aufgabe als Bokursinstanz gegen alle rekursfähigen Verfügungen der Militärversichorung. Das neue Verfahren wird grundsätzlich für jeden Eekursfall ein Instruktionsverfahren zulassen, das allerdings auch in vielen Fällen einfach verlaufen und nicht grosse Weiterungen nach sich ziehen dürfte. Aber das Verfahren ist doch ganz anders geartet als dasjenige der Pensionskommission, so dass bestimmt mit einer bedeutenden Inanspruchnahme nicht nur des Präsidenten und des Vizepräsidenten, sondern auch der Mitglieder zu rechnen ist. Man kann sich am besten einen Begriff von der zukünftigen Arbeitslast dieser Kommission machen, wenn man bedenkt, dass im Jahr 1946 allein 864 Entscheide der Militärversicherung und Pensionskommission (letztere 390 Fälle) mittels Berufung an das eidgenössische Versicherungsgericht weitergezogen wurden. In den nächsten Jahren wird diese Ziffer zurückgehen. Die Abschätzung und Würdigung dieses Faktors ist schwierig. Dein ständigen Präsidenten und Vizepräsidenten wird die Aufgabe zufallen, die ersten Massnahmen zu treffen und die Geschäfte für die Behandlung durch die Kommission vorzubereiten. Sie werden darauf angewiesen sein, ihre Befugnisse an geeignete Mitglieder der Kommission zu delegieren. Es muss ihnen auch ein^ Kanzlei zur Verfügung gestellt werden. Wenn man bedenkt, dass von 864 Geschäften zirka % schwierigere Fälle präsentieren, so würden auf den Arbeitstag ein solcher Fall und zirka zwei leichtere, keine umfangreichen prozessualen Erhebungen erheischende Fälle entfallen. Das zeigt, dass nicht nur die leitenden Personen der Kommission vollauf beschäftigt sein werden, sondern auch deren Mitglieder. Unter diesen Aspekten betrachtet, muss die Ernennung nur des Präsidenten und Vizepräsidenten im Hauptamt als bescheidene organisatorische Massnahme bezeichnet werden.

Art. S4 regelt das «Bekursrecht». Es besteht darin, dass die Verwaltungsverfügung der Militärversicherung durch Eekurs an die Eekurskommission von dem Versicherten oder seinen Hinterlassenen angefochten werden kann.

Die Anfechtung ist also in die Form der
Weiterziehung und nicht der Klage gekleidet, was für den Versicherten günstiger ist. Diese Form setzt voraus, dass bereits ein gründliches Administrativverfahren vorausgegangen ist, das eine zuverlässige Festlegung des Streitgegenstandes, der Begehren, der Beweise und der Entscheidung der untern Verwaltungsbehörde garantiert. Für die Rekursschrift ist einfache Schriftlichkeit verlangt in dem Sinne, dass der Eekurrent sie eigenhändig schreiben kann. Aus der Schrift muss hervorgehen, was der Eekurrent anfechten will.

Die Eekursfrist beträgt 80 Tage.

Angesichts der Tatsache, dass der Streitgegenstand im Administrativverfahren der Verwaltung, an dem der Eekurrent durch Ausübung von Parteirechten teilnehmen kann, bereits Abklärung und Fixierung erfährt und er

136 somit über das Streitverhältnis hinlänglich orientiert ist, kann ihm zugemutet werden, seine Maßnahmen zur Weiterziehung der Verwaltungsverfügung innert 30 Tagen zu treffen.

Die Entscheide der Bekurskommission sind auf dem Wege der Berufung an das eidgenössische Versicherungsgericht weiterziehbar (Art. 56). Das .Beruf ungsrecht steht nicht nur dem Versicherten und seinen Hinterlassenen zu, sondern auch der Militärversicherung. So kann jeder Bekursfall in tatbeständlicher und rechtlicher Beziehung zur endgültigen richterlichen Beurteilung gebracht werden.

Die Berufungsfrist ist einheitlich auf 80 Tage festgesetzt.

17. Fristenberechnung (Art. 57).

Die Eegelung der Fristenberechnung entspricht derjenigen des heutigen Eechtes. Die Schutzbestimmung in Abs. 5 bei irrtümlicher Adressierung der Kechtsmitteleingabe gilt heute schon auf Grund von Art. 55. des .Bundesbeschlusses vom 27. März 1917 betreffend die Organisation und das Verfahren dos eidgenössischen Versicherungsgcrichtes.18. Übergangsbestimmungen (Art. 58).

Der Gesetzesredaktor wollte auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes die Leistungen in sämtlichen laufenden Militärversicherungsfällen den neuen Bestimmungen anpassen,, sofern diese im Ergebnis für den Versicherten nicht ungünstiger sind, Eine solche generelle Bestimmung würde die Verwaltung zwingen, alle Palle zu überprüfen und in jedem Falle auszurechnen, ob das Ergebnis der Leistungen nach neuem Eecht sich günstiger stelle als die laufenden Leistungen. Weil aber die laufenden Bezüge zürn Teil aus variablen Leistungen sich zusammensetzen, ist das Abstellen nurijauf den Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen Gesetzes u. E. nicht zweckmässig.

Der Entwurf bringt in den Leistungen der Militärversicherung Besserstellungen. Er lässt aber die Familien- -und Kinderzulagen fallen. Auch das Bückversetzungsverfahren bei Dauerpensioneh mit einer jährlich festzusetzenden Teuerungszulage muss wegen Aufgabe des Verdieiistklassensystems verschwinden, wenn bis zum Jnkraftreten dieses Gesetzes diese Ausgleichung der Teuerung nicht in ein Definitivum übergeführt ist. Wir halten daher eine präzisere Begelung der Übergangsbestimmungen für unerlässlich.

Welches sind zur Hauptsache die Besserstellungen des Versicherten ini Entwurf ? Die Erhöhung des Krankengeldes von bisher 70 % auf 85 %
wird, wie wir früher schon ausgeführt haben, nicht in allen Fällen eine Erhöhung der effektiven Leistungen bringen und auch die Erhöhung der vollen Invalidenpension von 70 auf 75 % wird sich bei Fallenlassen des Verdienstklassensystems nicht immer voll auswirken. Die Erhöhung des anrechenbaren Verdienstes für das Krankengeld von Fr. 23 auf Fr. 25 und für die Pensionen von Fr. 690U auf Fr, 7500 bringt für .die Leistungsbezüger der heutigen obersten Verdienstklasse eine Besserstellung, sofern ihr effektiver Verdienst über den heutigen Grenzen liegt. Auch die Erhöhung der Mindestansätze für den anrechenbaren.

137 Verdienst wird in den heutigen untersten beiden Klassen (insbesondere bei Lehrlingen und Studenten) eine Besserstellung bringen. Eine Besserstellung wird aber auch bei don Hinterlassenenpensionen eintreten, deren Gesamtbetrag bis zum Betrag der vollen Invalidenpension (75 %) gehen kann. Die Verselbständigung der Kinderpensionen bringt eine Besserstellung, wenn mehr als ein pensionsberechtigtes Kind vorhanden ist.

Eine Verkürzung gegenüber den heutigen Bezügen wird eintreten durch den künftigen Wegfall der Familien- und Kinderzulagen boi don InvalidenPensionen (Fr. 10 Familienzulage und Fr. 5 Kinderzulage pro Monat) und deiKinderzulagen bei den Witwenpensionen. Bei den Witwenpensionen mit mir einem pensionsberechtigten Kind ergibt sich nach dem Entwurf eine Schlechterstellung dadurch, dass an Stelle der bisherigen Pension von 65 % eine Witwenpension von 40 % und eine selbständige Kinderpension von 15 % treten soll.

Bei der Regelung der Übergangsbestimmungen muss man diese Vor- und Nachteile gegeneinander abwägen, um zu einer praktischen und doch gerechten Lösung zu kommen. Es scheint uns gegeben, dass auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes alle Krankengeldleistungen den neuen Bestimmungen angepasst werden, und zwar sowohl in bezug auf den Ansatz von 85 % wie des Maximums von Fr. 25 für den anrechenbaren Verdienst. Es handelt sieh hier um Leistungen, die periodisch neu festgesetzt werden müssen. Ebenso scheint uns gegeben, dass bei den Pensionen, die auf Grund der 21. Verdienstklasse gesprochen wurden, eine Anpassung an das neue Maximum des anrechenbaren Verdienstes von Fr. 7500 erfolgen soll, wie das bei der Inkraftsetzung des Bundesratsbeschlusses vom 27. April 1945 betreffend die Teilrevision des Militärversicherungsrechtes auch geschehen ist. Für diese Falle der 21. Klasse müssen wir auf Grund der Berechnungen dann allerdings die generelle Reservation aufrechterhalten, dass der Pensionsbezüger nicht weniger erhalten soll als bisher, d.h. dass die Anpassung überhaupt unterbleiben soll, wenn sie in ihrer Auswirkung ungünstiger wäre. K s betrifft dies in erster Linie die Witwenpensionen mit nur einem pensionsberechtigten Kind, die bei der Anwendung des neuen Hechtes Einbussen von Fr. 700 bis 900 im Jahr erleiden würden.

Von einer Anpassung der übrigen Pensionen an das neue Recht
auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes mochten wir absehen, Es gehl, nicht an.

sie nur in bezug auf einzelne Pensionselemente anzupassen. Entweder müssten die Pensionen auf Grund des neuen Gesetzes neu festgesetzt worden, oder dann sind sie unverändert zu belassen bis zum Zeitpunkt ihres Ablaufes (Zeitpensionen) oder bis zum Zeitpunkt ihres Hinfalles oder ihrer Revision aus gesetzlichem Grunde. Der Entwurf sieht die unveränderte Belassung vor. Wir sind uns bewusst, dass insbesondere bei Pensionen ohne Familien- und Kinder zulagen durch die Nichtberücksichtigung der Erhöhung der Vollpension von 70 auf 75 % eine gewisse Benachteiligung eintritt. Sie soll aber korrigiert werden bei Neufestsetzung der Zeitpensionen und bei Revision der andern Pensionen. Dagegen wahren wir den vielen Bezügern von Familien-und Kinderzulagen so diese Bezüge noch.

138

Die Anwendung des neuen Hechtes ausser den Krankengeldleistungen auf diejenigen Versicherungsfälle, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes zwar bei der Militärversicherung bereits anhängig gemacht, aber von ihr noch nicht rekursfähig entschieden sind, ist u. E. gegeben (Art. 58, Abs. 2).

Zu den Absätzen 3 und 5 des Art. 58 erübrigen sich weitere Ausführungen.

19. Die Organisation der Militärversicherung und ihre Verwaltung (Art. 59).

Es muss zwischen der äussern und der innern Organisation unterschieden "werden.

Nach dem Militärversicherungsgesetz 1901 unterstand die Militärversicherung dem Oberfeldarzt und damit der Abteilung für Sanität. Als aber die Leitung der Militärversicherung einen eigenen, dem. Militärdepartement direkt unterstellten Chef übertragen wurde, wurde die Militärversicherung durch Bundesratsbeschluss vom'18. Dezember 1933 provisorisch zur selbständigen Dienstabteilung. Im Bundesgesetz vom 22. Juni 1989 über die Abänderung des Bundesgesetzes vom 12. April 1907 betreffend die Militärorganisation "wurde in Art. 183 Militär organisation diese provisorische Neuordnung gesetzlich festgelegt. Das zitierte Bundesgesetz vom 22. Juni 1939 wurde allerdings erst durch Buudesratsbeschluss vom 29. Juni 1945 auf den 20. August 1945 m Kraft gesetzt. Es gilt also heute die gesetzliche Regelung, dass die Militärversicherung eine selbständige Abteilung des Militärdepartemeiits ist.

Die Expertenkommission hatte sich mit der Frage der äussern Organisation der Militärversicherung eingehend befasst. Im Vordergrund stand die Frage, ob die Militärversicherung auch weiterhin als selbständige Verwaltungsabteilung bestehen und als solche dem eidgenössischen Militärdepartement unterstellt sein soll oder ob eine grundsätzlich andere Organisation an Stelle der bisherigen zu treten habe. Es wurde insbesondere die Frage aufgeworfen, ob es nicht geboten sei, das vielgestaltige und stark verzweigte Gebiet der Sozialversicherung, das in den letzten Jahrzehnten eine grosse Entwicklung und Ausbreitung erfuhr, unter eine einheitliche Dachorganisation zu stellen oder doch wenigstens einzelne Zweige und Teilgebiete zu koordinieren. So tauchte insbesondere die Idee einer Vereinigung der Militärversicherung mit der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt oder mit den Krankenkassen auf. Das sind praktisch die ihrem Wesen und ihren Aufgaben nach einander am nächsten stehenden Zweige der Sozialversicherung.

Zur Abklärung der Frage, ob es möglich sei und sich technisch und finanziell empfehle, alle diese Zweige in einen organisatorischen Gesamtbau mit zentraler Leitung als einzige Anstalt zusammenzufassen, eventuell mindestens einzelne dieser Zweige, die sich besonders dazu eignen, ein und derselben Organisation zu unterstellen, wurde mit den
Direktoren der interessierten Bundesverwaltungsstellen eine allgemeine Aussprache gepflogen. Die Direktoren des Bundesamtes für Sozialversicherung, des Bundesamtes für Industrie, Gewerbe und Arbeit, des eidgenössischen Gesundheitsamtes und der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt haben an. einer Sitzung der Experten-

139 koinmission in eingehender Weise '/AI diesen Koordinierimgsfragen Stellung genommen. Nicht nur ist die Koordinierung sämtlicher Zweige der Sozialversicherung unter ein und dieselbe Oberleitung als etwas Unmögliches, praktisch nicht zu Verwirklichendos von diesen Stellen abgelehnt worden, sondern 8 ist auch jegliche organisatorische Verbindung und Arbeitsgemeinschaft einzelner Sozialzweige eindeutig als undurchführbar bezeichnet worden. So ist namentlich auch das Verhältnis zwischen MilitärveiSicherung und Suva und Militärversicherung und Krankenkassen in allen Einzelheiten erörtert worden. Es wurde überzeugend dargelegt, dass diese Organisationen infolge ihrer grossen Verschiedenheit der Struktur, der innern Organisation, der Interessen, Aufgaben und Behördeorganismen weder für eine Fusion noch überhaupt für eine Übertragung einzelner Aufgaben der Militärversichorung sich eignen. Nicht einmal die Übertragung gewisser medizinischer oder aussendienstlicher Belange der Militärversicherung an die Ärzte oder die Inspektoren der Suva oder die Eingehung einer gewissen Arbeitsgemeinschaft mit den Krankenkassen ist als durchführbar befunden worden. Im ersteren Falle sind es vorwiegend technische Gründe, im zweiten Fall dagegen Interessengegensätze, die jegliches Zusammengehen dieser Zweige in Frage stellen. Die Suva ist eine ausgesprochene Unfallversicherung, was sich nicht nur auf die Eigenart des Versichorungstatbestandes, sondern auch auf die Ausbildung und .Instruktion des zu verwendenden Personals (z. B. Mediziner, Aussendienstfunktionäre) auswirkt. Während die Suva Ärzte der Chirurgie benötigt, bedarf die Militärversicherung vorwiegend Ärzte der innern Medizin. Die Aufgaben sind denn auch entsprechend verschieden. Das Aussendienstpersonal der Suva ist auf Tatbestandsaufnahmen für Unfälle eingestellt, das Personal der Militärversicherung dagegen für Krankhoitsanamnesen und spezielle Erhebungen betreffend den nicht einfachen Begriff des Kausalzusammenhanges. Die Tätigkeitsgebiete nach dieser Bichtung sind also bei beiden Organisationen grundverschieden.

Der Vereinigung oder Verbindung mit den Krankenkassen muss immer wieder entgegengehalten werden, dass die Krankenkassen am Militärversieherungsgeschäft im entgegengesetzten Sinne interessiert sind. Diese Institutionen haben naturgemäss ein Interesse
daran, dass Krankheiten wehrpflichtiger Mitglieder im Zweifelsfall von der Militärversicherung übernommen werden.

Unter diesen Umständen empfiehlt sich wohl die Übertragung der Erledigung von Militärversicherungsfällen an diese Institutionen nicht.

Auf Grund dieser Aussprache kam die Expertenkommission zum Antrag, dass die heutige äussere Organisation der Militärversicherung als selbständige Dienstabteilung des Militärdepartements vorläufig beibehalten werden solle.

Diese Auffassung ist sicher richtig. Der enge Kontakt der Militärversicherung mit der Armee, speziell mit dem Armeesanitätsdienst, verlangt ihre Belassung beim Militärdepartement. Eine Änderung dieser Unterstellung könnte höchstens dann in Frage kommen, wenn von Bundes wegen eine zentrale Organisation iür eine allgemeine Sozialversicherung geschaffen würde.

140 Über die innere Organisation der Militärversicherung, welche die eigentliche Verwaltungsorganisation betrifft, kann das Gesetz keine ausführlichen Bestimmungen erlassen. Dieselbe muss den jeweiligen Verhältnissen angepasst werden können. Der Entwurf behält daher richtigerweise das Nähere einem besondern Erlass des Bundesrates vor.

20. Die Finanzierung (Art. 60 und 61).

Das Militärvorsicherungsgesetz 1901 hat in den Art. 45--48 die Aufbringung der Mittel sowie die Verwaltung der Militärversicherung goregelt.

Will man sich darüber schlüssig werden, welche Bestimmungen über die Finanzierung in das neue Gesetz aufgenommen werden sollen, so muss man sich zunächst ein. Bild über das geltende Finanzierungsverfahren machen.

Die Kosten der Verwaltung sowie jene für vorübergehenden Nachteil wurden, wie alle andern laufenden Ausgaben des Bundes, auf dem Budgetweg bereitgestellt (Art. 45). Teilweise, geschah dies zu Lasten der ordentlichen Bechnung, teilweise, soweit der Aktivdienst in Frage kommt, zu Laston der ausserordentlichen Bechnung. Dieses bisher geübte Verfahren gibt zu irgendwelchen Bemerkungen keinen Anlass; es wird auch unter der neuen Ordnung anzuwenden sein.

Für die Deckung der Kosten für bleibenden Nachteil war nach Art. 45 des Militärversicherungsgesetzes 1901 das Kapitaldeckungsverfahren massgebend. Wenn ein Pensionsfall eintrat, so wurde -- wenigstens theoretisch -- derjenige Kapitalbetrag bereitgestellt, welcher voraussichtlich zur dauernden Deckung dieses Bisikos ausreichen würde. Die Summe dieser Decknngsbeträge eines Jahres wurde in der Staatsrechnung eingestellt und dem Deckungsfonds, der Militärversicherung überwiesen. Aus diesem Fonds wurden dann sämtliche Pensionen bezahlt. Praktisch hatte allerdings der Deckungsfonds in den letzten Jahren vor dem zweiten Weltkrieg für die Pensionen aufzukommen,, ohne dass ihm entsprechende neue Mittel zugeflossen wären. Im Zuge der allgemeinen Sparmassnahmen der dreissiger Jahre unterblieb die Äufiiung des Fonds nach Massgabe der neuen Fälle. Erst .für die im Aktivdienst 1939/45 eingetretenen neuen Pensionsfälle wurden die Überweisungen in den Deckung* fonds wieder aufgenommen. So kam. es, dass dieser zu Beginn des Jahres 1945 einen Stand von rund 56 Millionen Franken erreichte; während das auf diesen Zeitpunkt erforderliche Deckungskapital
der laufenden Verpflichtungen rund 66,5 Millionen. Franken ausmachte. Das technische Defizit des Dockungsfonds betrag also in jenem Zeitpunkt rund 10,7 Millionen Franken.

Dieser Zustand konnte jedenfalls auf die Dauer nicht befriedigen. Entweder blieb man beim D.eckungsverfahren, dann musste dafür gesorgt werden, dass der Fonds entsprechend geäufnet wurde, oder aber man ging zum Umlageverfahren über und stellte jährlich die Mittel zur Auszahlung der Pensionen auf dem Budgetweg zur Verfügung, womit ein besonderer Fonds gegenstandslos würde.

141 Bereits die im Jahre 1982 eingesetzte Ersparuiskommission für die eidgenössische Militärverwaltung, welche die Verhältnisse der Militärversicherung untersuchte, kam zum Schluss, dass bei Beibehaltung des Kapitaldeckungsverfahrens der Fonds die technisch erforderlichen Mittel im vollen Umfange erhalteil müsse, wenn dieses Verfahren noch einen Sinn haben solle.

Das bisher angewandte Kapitaldeckungsverfahren ist für das private Versicherungsgeschäft oder für eine Pensionskasse die einzig richtige und technisch vertretbare Kechnungsmethode, Der Versicherer ist nichts anderes als Treuhänder der von den Versicherten und unter Umständen vom Arbeitgeber aufgebrachten Vermögenswerte. Die zukünftigen Verpflichtungen müssen mit diesen Werten im Einklang stehen. Erheblich anders liegen aber die Verhältnisse da, wo es sich, wie bei der Militärversicherung, gar nicht um eine Versicherung im technischen Sinne des Wortes handelt. Die Mittel werden hier ausschliesslich vom Versicherer selbst, d. h. vom Bund, aufgebracht. Weder die sogenannten Versicherten, d. h, die Begünstigten, noch ein Dritter erwerben sich durch irgendwelche Zahlungen Vermögensansprüche. Während in der Zeit, in welcher das Militärversicherungsgesetz 1901 geschaffen wurde, die Ansicht vorherrschte, dass in jedem Falle das Kapitaldeckungsverfahren anzuwenden sei, ist seither immer stärker die Ansicht durchgedrungen, dass für derartige, einseitig aus öffentlichen Mitteln gespiesene Werke, welchen das versicherungstechnische Merkmal der Gegenseitigkeit überhaupt abgeht, das Kapitaldeckungsvorfahron eigentlich der inneren Berechtigung entbehre. Die Ansammlung grossor Fonds bildet namentlich in Zeiten allgemeiner Anlageschwierigkeiten eine gewisse Gefahr. Ebensogut wie der Bund die Ausgaben für andere gesetzliche Verpflichtungen durch jährliche Budgetkredite sicherstellt, kann er dies auch für die Leistungen tun, die er auf Grund des Militärversicherungsgesetzes schuldet. Den Bensionsleistungen an die Wehrmänner und ihre Hinterbliebenen kommt grundsätzlich kein anderer rechtlicher Inhalt zu, als etwa der Ausrichtung der Beamtengehälter oder gesetzlich festgelegter Subventionen.

Aus diesen Erwägungen und weil dem bisher geltenden System die Nachteile komplizierter Berechnungen, und Unsicherheitsfaktoren anhaften, hat der Bundesrat am 27. September
1946 beschlossen, das Kapitaldeckungsverfahren solle aufgegeben werden. Der Deckungsfonds hat die laufenden Pensionszahlungen zu übernehmen, bis er erschöpft ist. Gemäss der Staatsrechnung pro 1946 verfügt der Fonds über rund 62 Millionen Franken. Die gegenwärtige und für die nächsten Jahre vorausberechnete Belastung lässt erwarten, dass diese Mittel mindestens bis Ende 1949 ausreichen werden. Alsdann wird der jährliche Pensionsbedarf jeweils in den Voranschlag einzustellen sein. Der Übergang vom Kapitaldeckungs- zum Umlagoverfahren kann derart auf den vermutlichen Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen Gesetzes ziemlich reibungslos bewerkstelligt werden.

Voraussetzung zu dieser Neuregelung bleibt -- wie das zur Vernehmlassung eingeladene Justiz- und Polizeidepartement feststellte --, dass das

142

Gesetz von 1901 vor Ablauf der Zahlungsmöglichkeiten zu Lasten des Deckungsfonds entsprechend abgeändert wird. Dies soll mit der Neufassung dos vorliegenden Gesetzesentwurfes geschehen. Es werden dann auch neben den Verwaltungskosten der Militärversicherung die notwendigen Kredite für Leistungen bei vorübergehendem und dauerndem Nachteil jeweilen in den ordentlichen Voranschlag aufgenommen.

Abs. 3 des Art. 60 bestimmt mit dem gleichen Wortlaut wie in Art. 45, Abs. 3, des Militärversicherungsgesetzes 1901, dass für den Fall einer Massenerkrankung, eines Massenunfalls oder des Kriegsfalls die Bundesversammlung über die Art der Deckung der daherigen Pensionsverpflichtungen zu beschliessen habe. Trotz der in mancher Hinsicht völlig veränderten Verhältnisse scheint es richtig, auch weiterhin der Bundesversammlung für ausserordentliche Fälle den Entscheid über die Kostendeckung vorzubehalten. Für diese Fälle war bisher der sogenannte Sicherheitsfonds reserviert. Gerade die Möglichkeil ausserordentlicher Belastungen der Militärversicherung veranlasst, uns, eine neue Ordnung der zur Verfügung stehenden Spezialvermögen in Aussicht zu nehmen. Neben dem Deckungsfonds figurieren in der eidgenössischen Staatsrechnung noch vier weitere, im Militärversicherungsgesetz 1901 erwähnte Spezialfonds, welche Ende 1946 den folgenden Vermögensstand aufwiesen: Sicherheitsfonds Invalidenfonds Eidgenössische Winkelriedstiftung Grenus-Invalidenfonds

2,4 Millionen Franken 57,8 » » 6,0 » » 37,9 » » Insgesamt 104,1 Millionen Franken

Diese vier Spezialvermögen lassen sich nach der Herkunft ihrer Mittel in zwei Gruppen teilen: Der Sicherheitsfonds und der Invalidenfonds werden ausschliesslich aus Bundesmitteln geäufnet (der Invalidenfonds erhält allerdings gelegentlich von dritter Seite kleinere Zuwendungen, welche jedoch in keiner Weise ms Gewicht fallen), während die eidgenössische Winkelriedstiftung und der Grenus-Inva lideni'onds aus Geldern anderer Herkunft zusammengelegt worden sind. Im Hinblick auf ihre Zweckbestimmung sind sie trotzdem mit den andern Fond« der Militärversicherung gemeinsam zu betrachten.

Der Sicherheitsfonds wurde gemäss Art. 47 des bisherigen Gesetzes aus den Überschüssen der Militärversicherung geäufnot und soll nach gesetzlicher Vorschrift, wie bereits ausgeführt wurde, nur bei Massenerkrankung.

Massenunfall oder im Kriegsfall auf Beschluss der eidgenössischen Räte hin beansprucht werden. Unter den heutigen Verhältnissen, wo die laufenden jährlichen Ausgaben der Militärversicherung das 10--20 fache des Fondsbestandes ausmachen, ist dieser Fonds zum vorneherein zur Bedeutungslosigkeit verurteilt. Er stellt zweifellos einen Anachronismus dar, der bei Ge-

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legenheit der Revision des Militärversicherungsgesetzes beseitigt werden sollte.

Da er durch den Bund ins Leben gerufen und ausschliesslich aus Bundesmitteln geäufnet worden ist, stehen dieser Beseitigung keine rechtlichen Hindernisse im Wege.

Der Invalidenfonds geht auf einen Tagsatzungsbeschluss von 1847 zurück, nach welchem zwei Kantonen wegen Nichterfüllung ihrer Pflichten bei den Massnahmen gegen den Sonderbund eine Busse von 815 000 Franken auferlegt wurde. Durch ausserordentliche Zuwendungen aus der Bundeskasse wuchs der Fonds bis zum Inkrafttreten des Militärversicherungsgesetzes 1901 auf 8,8 Millionen Franken an. Dessen Art. 48 bestimmt, dass zur Äufnung des Fonds alljährlich ein Posten von wenigstens 500 000 Franken in den Voranschlag aufzunehmen sei, bis der Vermögensstand 50 Millionen Franken erreicht habe. Dannzumal sollte die Bundesversammlung darüber beschliessen, ob und welche Einlagen fernerhin geleistet werden sollten. Laut Staatsrechnung 194G weist er ein Vermögen von 57,8 Millionen Franken auf ; er hat demnach seinen Minimalstand bereits beträchtlich überschritten.

Gründerin des Invalidenfonds ist also die Eidgenossenschaft selbst. Siihat daher das volle Verfügungsrecht über dieses Spezialverrnögen, und es ist ihr aus diesem Grunde freigestellt, den Fonds aufzulösen und seine Mittel zu einem beliebigen Zweck zu verwenden. Dem stehen indessen gewichtige Bedenken gegenüber: Der Invalidenfonds ist im Jahre 1847 als Pensionsfond* zugunsten der im Dienste der Eidgenossenschaft Verwundeten und Hinterbliebenen der Gefallenen gegründet worden. Seine Äufnung erfolgte bis 1901 zwar unregelmässig, aber doch mit dem ausdrücklichen Zweck einer Hilfeleistung im Kriegsfall oder anlässlich eines grössereu Truppenaufgebots. Ab 1902 erschien er im Militärversicherungsgesetz, in welchem bestimmt wurde, dass er nur im Kriegsfall beansprucht werden dürfe. Er wurde alljährlich durch einen im Voranschlag aufgenommenen Betrag geäufnet. Während des ersten Weltkrieges unterblieben zwar diese Einlagen, die Zweckbestimmung wurde jedoch unverändert beibehalten.

Auch wenn man zum Schluss kommt, dass der Invalidenfonds im Zusammenhang mit der allgemeinen Bereinigung der zahlreichen Spezialfonds des Bundes formell aufgelöst werden soll, so ist es doch notwendig und billig, die Mittel aus diesem Fonds auch
weiterhin grundsätzlich der Militärversicherung für gewisse Fälle zur Verfügung zu stellen. Es würde wohl im Schweizervolk und insbesondere bei den Militärpatienten nicht verstanden, wenn über die ausdrücklich zugunsten der Wehrmänner geäufnoten Mittel für irgendwelche andere Zwecke verfügt würde.

Wenn man sich vergegenwärtigt, welche Schäden unser Land erlitte, wenn es vom Krieg überzogen würde, so wird man sich wohl bewusst werden, dass die Mittel einer Spezialreserve, wie sie der Invalidenfonds darstellt, nur einen Tropfen auf einen heissen Stein bedeuteten. Die Äufnung eines derart gebundenen Fonds während mehreren Jahrzehnten hat bei den ungeheuren

144

Ausmasseii der durch einen modernen Krieg verursachten Schäden keinen Sinn mehr. Davon abgesehen erscheint es ganz unwahrscheinlich, dass unser Land im Kriegsfall überhaupt noch in der Lage wäre, diese speziellen Mittel den Opfern des Krieges bzw. ihren Hinterlassenen in ordentlicher Weise zukommen zu lassen. Wir sind aus diesen Überlegungen zur Auffassung gelangt, dass überall dort, wo keine rechtlichen Hindernisse bestehen, die Spezialvermögen, welche der Militärversicherung für Kriegszeiten zur Verfügung gehalten wurden, aufzulösen und zusammenzulegen sind. Damit soll zugleich erreicht werden, dass die betreffenden Mittel nicht erst im Kriegsfall, sondern schon bei anderen ausserordentlichen Belastungen der Militärversicherung in Anspruch genommen werden können. Wir erachten deshalb die Umwandlung des Invalidenfonds in eine zweckgebundene Bückstellung als gegeben. Für die Verwendung dieser Mittel soll die Bundesversammlung zuständig sein.

Durch das in Vorbereitung befindliche Bundesgesetz über den eidgenössischen Finanzhaushalt wird dies automatisch erreicht werden, 'weil darin u. a. der Grundsatz enthalten sein wird, dass unmittelbare Zahlungen aus Bückstellungen und Fonds nicht mehr zulässig sind; solche Entnahmen sollen vielmehr in den Voranschlag bzw. in die Nachtragskreditbegehren aufgenommen werden.

Sie werden damit der parlamentarischen Kontrolle unterstellt, während dies : nicht der Fall gewesen wäre, sofern im Laufe der letzten hundert Jahre der Invalidenfonds in Anspruch genommen worden wäre.

Art. 61, Abs. 2, des Gesetzesentwurfes sieht daher vor, dass der in eine Rückstellung umgewandelte Invalidenfonds durch Beschluss der Bundesversammlung zur Deckung von besonderen Ausgaben der Militärversicherung herangezogen werden kann. Diese Bestimmung korrespondiert mit derjenigen des Art. 60, Abs. .3, für den Fall einer Massenerkrankung, eines Massenunfalls oder des Kriegsfalls.

Um diese Bückstellung für ausserordentliche Fälle verstärken zu können, haben wir ihr in Art. 61, Abs. 2, des Gesetzesentwurfes auch die eidgenössischoWinkelriedstiftung einverleibt. Die Winkelriedstiftung ist keine Stiftung im Bechtssinne und besitzt daher auch nicht eigene Persönlichkeit.

Entstanden ist sie. aus einer im Jahre 1886 bei Anlass der 500-Jahr-Feier der Schlacht von Sernpach durchgeführten Sammlung,
welche mit einem Gesamtertrag von rund 540000 Franken dem Bundesrat zusammen mit einer «Stiftungsurkundo» als Schenkung übergeben wurde. Nach dieser Urkunde soll die eidgenössische Winkelriodstiftung dem Zweck der Unterstützung von im Dienste des Landes verwundeten Wehrmännern oder ihren Hinterbliebenen dienen.

Dieses Zweckvermögen' bildet eine Beserve des Invalidenfonds, von dorn- es sich wesentlich um- dadurch unterscheidet, dass seine Gelder ausserhälb des Bundes aufgebracht wurden. Bechtlich gestaltet sich die Lage so, dass zwar der Ertrag der Sammlung von 1886 sowie die seitherigen Zuwendungen in das Eigentum der · Eidgenossenschaft übergegangen sind, dass diese aber über die Mittel der eidgenössischen Winkelriedstiftung nur im Kahmen der Weisungen verfügen kann, welche-die Sammler seinerzeit in bezug auf die Ver-

145 -wendung des Fonds gegeben hatten. Art. 48, Abs. 8, des Militärversicherungsgesetzes 1901 setzte daher in Nachachtung der Weisungen seitens der Gründer fest, dass die eidgenössische Winkelriedstiftung nur im Kriegsfall in Anspruch genommen werden dürfe. Aus den Zinsen des Vermögens wird allerdings gemäss Eundesratsbeschluss vom 19. September 1988 der Schweizerischen Nationalspendo ein Betrag von 150000 Franken zugewiesen; das restliche .Zinsbetroffnis geht zu % ebenfalls an diese, zu 14 an das Schweizerische Bote Kreuz.

Mit der Totalrevision des Gesetzes fällt Art. 48 des Militärversicherungsgesetzes 1901 weg, womit das Haupthindernis für eine veränderte Zweckbestimmung mit Bezug auf die eidgenössische Winkelriedstiftung beseitigt ist.

Trotzdem dieser Fonds keine Stiftung im engeren Sinne darstellt, bleibt es aber unseres Erachtens notwendig, die bei dessen Errichtung im Jahre 1886 hauptsächlich beteiligten Vereinigungen (Offiziersgesellschaft, Unterofftaiersveiband, Schützen-, Turn- und Sängerverein) zu begrüssen. Wir zweifeln nicht daran, dass die Nachfolger der damaligen Initianten mit Kücksicht auf die .heutigen Verhältnisse dem erweiterten Verwendungszweck der eidgenössischen WinkeMedstiftung zustimmen und in die geplante Umwandlung in eine mit dem Invalidonfonds gemeinsame Eückstellung einwilligen werden. Dies wird ja darum um so eher möglich sein, als in Art. l der «Stiftungsurkunde» das Vermögen ausdrücklich als eine Eeserve des Invalidenfonds bezeichnet wird.

Als letztes der im Militärversicherungsgesetz 1901 genannten Spezialvermögen steht der Militärversicherung der Grenus-Invalidenfonds zur Verfügung. Dieser ist als letztwillige Verfügung dos im Jahre 1851 verstorbenen Baron de Grenus dadurch geschaffen worden, dass die Eidgenossenschaft zur Universalerbin seines Vermögens eingesetzt wurde. Die Mittel, welche zu Anfang rund 1,1 Millionen Franken betrugen und die bis Ende 1946 auf rund 37,9 Millionen Franken angestiegen sind, dürfen nach der der testamentarischen Verfügung bisher gegebenen Auslegung lediglich im Kriegsfälle zugunsten von Verwundeten und Hinterlassenen in Anspruch genommen werden. Dementsprechend hat das Militärversicherungsgesetz 1901 den Grenus-Invalidenfonds .neben dem l'nvalidenfonds und der eidgenössischen Winkelriedstiftung in Art. 48 als nur im Kriegsfall
zur Verfügung stehend bezeichnet. Mit dem Wegfall seiner Erwähnung im neuen Militärversicherungsgesetz verändert sich dio rechtliche Situation nicht. Die Präge einer Heranziehung des GrenusInvalidenfonds AU Leistungen in Verbindung mit denjenigen der Militärversicherung, vorab in Aktivdienstzeiten, ist bereits mehrmals Gegenstand eingehender Untersuchungen durch die Bundesbehörden gewesen. Dies war auf Grund eines Postulates 1880 der Fall, dann wieder 1926 und letztmals 1946.

In allen diesen Fällen gelangte der Bundesrat nach rechtlicher Überprüfung zur Auffassung, dass eine Antastung des Grenus-Invalidenfonds auch bei den heutigen Verhältnissen nicht in Frage kommen könne.

Wir erachten es dagegen als richtig, wenn dieser Fonds im neuen Militärversicherungsgesetz nicht mehr ausdrücklich erwähnt wird.

Bundesblatt.

99, Jahrg.

Bd. III.

11

146 Der Vollständigkeit halber erwähnen wir in diesem Zusammenhang, dass die Eidgenossenschaft neben den vier besprochenen Spezialfonds noch über einen fünften verfügt, der allerdings bisher im Militärvorsicherungsgesetz nicht genannt war. Es betrifft das den B ä t z e r - I n v a l i d e n f o n d s , welcher aus der Verlassenschaft des 1907 verstorbenen Albert Kätzer gebildet ist und der Ende 1946 ein Vermögen von rund l Million Franken aufwies. Auch dieser Fonds ist aus bundesfremden Geldern entstanden und soll --· in teilweiser Übereinstimmung mit dem Gronus-Invalidenfonds -- gemäss testamentarischer Verfügung zu Ergänzungsunterstützungen an im Krieg verwundete Wehrmänner verwendet werden. Es ergibt sich nach der Entstehungsgeschichte auch hier die Notwendigkeit, den Fonds weiterhin für seinen ganz speziellen Zweck reserviert zu halten. Wir halten es bei dieser Sachlage für richtig, in bezug auf den Eätzer-Invalidenfonds gleich wie beim Grorius-Invalidenfonds.

vorzugehen und ihn auch weiterhin im Mih'tärversicherungsgesetz unerwähnt zu lassen.

Schliesslich steht der Militärversicherung noch der sogenannte Aktivd i e n s t f o n d s zur Verfügung. Es handelt sich um die Eeservestellung Aktivdienst 1914/18 im Betrage von rund 4 Millionen Franken, aus welcher die Militärversichorurig die noch bestehenden Pensionen aus der Mobilisationszeit des ersten Weltkrieges zu bestreiten hat. Nachdem gemäss dem Bundesratsbeschluss vom 27. September 1946 der Deckungsfonds zur Bestreitung der Leistungen ' für bleibenden Nachteil aus der Zeit des Aktivdienstes 1989/45.

verwendet wird und der Sicherheitsfonds in der Höhe von 2 Millionen Franken nunmehr zum gleichen Zweck herangezogen werden soll, halten wir es für angebracht, dass auch diese Bückstellung betreffend den Aktivdienst 1914/1S mit dein Deckungsfonds vereinigt wird. Es wird damit eine grössere Übersichtlichkeit und Vereinfachung eintreten, wenn nämlich sämtliche Leistungen, der Militärversicherung für bleibenden Nachteil, rühren sie nun vornehmlich aus den Mobilisationsjahren 1914/18 oder 1989/45 her, aus diesem vergrösserten.

Deckungsfonds ausgerichtet werden können. Dementsprechend ist Art. 61 f Abs. l, formuliert worden.

IV. Schiiissbemerkungen und Antrag.

Der Bundesrat ist sich bewusst, dass der vorliegende Entwurf im Parlament und auch in der Öffentlichkeit Anlass zu Erörterungen geben wird. Das.

ganze Problem der Militärversicherung hat ja schon lange die Kritik herausgefordert, eine Kritik, die einer nähern Prüfung bezüglich der gesetzlichen Bestimmungen zur Hauptsache aber kaum standgehalten hat, denn in seinen Grundzügen ist das heutige. Gesetz gut. Das ergibt sich schon daraus, dass aus den langen Beratungen der Expertenkommission, die die Grundlage des.

vorhegenden Entwurfes bilden, schlussendlich im grossen und ganzen doch, die Bestätigung des bestehenden Bechtes herauskam.

Der Wunsch der Versicherten auf eine wesentliche Besserstellung namentlich in bezug auf die finanziellen Leistungen an den Versicherten wurde durch

147 die Teilrevision vom 27. April 1945 weitgehend vorweg erfüllt. Diese Teilrevision war aber, wie wir in der Einleitung ausgeführt haben, ein Teil der geplanten und durch den vorliegenden Entwurf zu verwirklichenden. Totalrevision des Militärversicherungsgesetzes. Wenn wir daher nachfolgend eine kurze Übersicht über die finanziellen Auswirkungen geben, welche die Totalrevision für den Bund hat, so müssen wir in dieser Übersieht die in der Teilrevision vom 27. April 1945 provisorisch schon verwirklichten Postulate miteinbeziehen. Es ist klar, dass es sich dabei nicht um genaue Zahlen, sondern nur um Schätzungen handeln kann.

Vermehrte Kosten ergeben sich: 1, aus der Teilrevision vom 27. April 1945 durch a. die Familien- und Kinderzulagen. Sie werden bis zum Inkrafttreten des neuen Gesetzes zugesprochen, und den Bezügern soll der Anspruch darauf auch weiterhin gesichert bleiben, wenn nach dem neuen Eecht keine solchen Zulagen mehr gesprochen werden. Im Jahr 1946 betrug der Gesamtbetrag dieser Zulagen Fr. 600 000, Unterm neuen Gesetz wird die daherige Belastung um zirka Fr. 200 000 zurückgehen, so dass von daher noch eine Gesamtbelastung von Fr. 400000 bleiben wird.

In den folgenden Jahren wird diese Summe weiter abnehmen, aber in geringerem Masse.

b. die Einführung weiterer fünf Verdienstklassen. Diese Erhöhung des anrechenbaren Verdienstes wird durch das neue Gesetz definitiv. Auf den neu zu sprechenden Krankengeldern und Pensionen wirkt sie sich pro Jahr aus im Umfange von » 180000 o. die Anpassung der früheren 18. und 16. Verdienstklasse an das Maximum von Fr. G900. Sie macht pro Jahr aus » 245 000 d. die Erhöhung des Sterbegeldes » 20 000 2. aus dem Gesetzesentwurf neu durch: a. Erhöhung des maximalen Tagesverdienstes von Fr. 23 auf Fr. 25 beim Krankengeld (Art. 20 Entwurf) . . . . » 24 000 b. Erhöhung des anrechenbaren Jahres Verdienstes von Fr. 6900 auf Fr. 7500 bei den Pensionen (Art, 24 Entwurf) » 55 000 c. Ersatz der Pensionen durch Krankengeldleistungen (Art. 23 Entwurf) » 60000 d. Erhöhung des Pensionsansatzes bei Witwen- und Kiuderpensionen von 65 % auf 75 % (Art. 30 und 33 Entwurf) » 20 000 Übertrag Fr. l 004 000

148 Übertrag Fr. l 004 000 e. Erweiterung der Pensionsberechtigung der m der Lehre stehenden Kinder bis zum 20. Altersjahr (Art. 32 Entwurf) » 30 000 f. Einführung einer neuen Entscheidungsinstanz (Rekurskommission) » 200000 Total der Mehrausgaben

Fr.1 234 000

Dagegen werden folgende Neuerungen Einsparungen bringen: 1. Spitalpflegeabzug für Verheiratete (Art. 21 Entwurf) Er. 50000 2. Wegfall der Pensionen für Angehörige der eidgenössischen Versicherungskasse(Art. l, Ziff. 4, Entwurf) » 80000 S. Wegfall der eidgenössischen Pensionskommission . . . . » 40 000 T o t a l der E i n s p a r u n g e n

Fr. 170000

Die finanzielle Mehrbelastung durch die Totalrevision wird daher auf FT. l 064 000 geschätzt.

Wir beehren uns, Ihnen zu beantragen, den nachfolgenden Gesetzesentwurf anzunehmen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident; hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtimg.

"Bern, den 22. September 1947.

Im. Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Etter.

Der Bundeskanzler: Leimgruber.

149 (Entwurf.)

Bundesgesetz über

die Militärversicherung Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, in Ausführung der Art. 18, Abs. 2, und 20 der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 22. September 1947, beschliesst: Erster Teil.

Die Versicherung.

1.

2.

3.

4.

Erster Abschnitt.

Die Versicherten.

Art. 1.

1 Gegen Unfall und Krankheit ist. versichert, wer im obligatorischen oder freiwilligen Militärdienst, im Hilfsdienst, im Dienst bei der Luftschutztruppe oder bei der Ortswehr, einschliesslich befohlenem Spezialdienst, steht, wer als Militärpatient in einer Heilanstalt untergebracht ist, wer als Dienstpflichtiger eine Arreststrafe oder wer eine Gefängnisstrafe mit militärischem Vollzug verbüsst, jedoch unter Ausschluss von Krankengeldleistungen während der Strafzeit, wer im Dienste steht in seiner Eigenschaft a. als Angehöriger des Instruktionspersonals b. als Angehöriger des Festungswachtkorps, c. als Angehöriger des Überwachungsgeschwaders d. als Divisionswaffenkontrolleur oder als dessen Stellvertreter oder Gehilfe, e. als Kommandant, Reitlehrer, Remontierungsoffizier, Fahrlehrer, Veterinäroffizier, Bereiter, Fahrer, Pferdewärter, Schmiedmeister

I Die Vollversicherten

150 oder dessen Gehilfe bei der eidgenössischen Pferderegieanstalt oder dem eidgenössischen Kavallerieremontendepot.

2 Die unter Ziff. 4 genannten Versicherten, welche gleichzeitig der Versicherungskasse für das Personal der allgemeinen Bundesverwaltung angehören, scheiden, wenn sie invalid werden (Art. 23 dieses Gesetzes und Art. 21 ff. der Statuten der eidgenössischen Versicherungskasse vom 27. Mai 1942) als Versicherte der Militärversicherung aus. Für die Kosten der weitem ärztlichen Behandlung hinsichtlich der Gesundheitsschädigungen, für welche sie militärversichert waren, bleiben sie jedoch anspruchsberechtigt. Im Todesfalle stoben ihren Hinterlassenen nur die Ansprüche an dVersicherungskasssse zu.

Art. 2.

II. Die nur gegen Unfall Versicherten.

m. Ausdehnung des Versichertenkreises durch den Bundestat.

Nur gegen Unfall ist versichert, 1. der Schatzungsexperte bei der Pferdestellung, 2. wer zufolge eines Aufgebotes oder seiner amtlichen Stellung teilnimmt an a, Aushebungen, pädagogischen Rekrutenprüfungen und sanitarischen Musterungen, b. Waffen- und Ausrüstungsinspektionen, 3. wer als Dienst- oder Hilfsdienstpflichtiger Mitglied eines anerkannten Schiessvereines ist und als solches an den ausserdienstlichen Schiessübungen nach eidgenössischem Schiessprogramm oder wer als Schiesskommissionsmitglied an diesen Übungen teilnimmt, 4. wer als Dienstpflichtiger teilnimmt an wehrsportlichen Veranstaltungen, die durch das eidgenössische Militärdepartement angeordnet oder bewilligt sind, 5. wer teilnimmt am Vorunterricht, wenn und soweit der Bundesrat dessen Unterstellung unter die Militärversicherung beschliesst.

Art. 3.

Der Bundesrat ist ermächtigt, den Kreis der Versicherten gemäss Art. l und 2 zu erweitern.

Zweiter Abschnitt.

Zeitlicher und sachlicher Umfang der Versicherung.

Art. 4.

1 Die Versicherung erstreckt sich zeitlich auf die ganze Dauer der I. Die Versieherungsdauer.

in Art. l und 2 erwähnten Verhältnisse und Verrichtungen (Dienst), für die gemass Art. l, Ziff. 4, versicherton Bundesbediensteton jedoch nur auf die Zeit der dienstlichen Verrichtungen.

151 2

Hin- und Rückweg sind in die Versicherung eingeschlossen, sofern sie innert angemessener Frist vor Beginn bzw. nach Schluss des Dienstes zurückgelegt werden.

3 Die Versicherung ruht während der Zeit, da der Versicherte sich in einem ihm persönlich für private Zwecke bewilligten Urlaub befindet. Für den Hin- und Eückweg vom bzw. zum Dienst findet Abs. 2 Anwendung, Art. 5.

1 Die Versicherung erstreckt sich sachlich auf jede Gesundheits- n. Die Hafschädigung, welche auf Einwirkungen zurückzuführen ist, denen der Versicherte während des Dienstes (Art, 4, Abs. l und 2) ausgesetzt war. QtB^n6 2 Dieser Zusammenhang wird vermutet, wenn die Gesundheiteschädigung während des Dienstes in Erscheinung tritt, 3 Beweist indessen die Militärversicherung, dass die Gesundheitsschädigung sehr wahrscheinlich vordienstlich ist oder ihrer Natur nach nicht durch Einwirkungen während des Dienstes entstanden sein kann, sondern unabhängig von den äussern Verhaltnissen ihren schicksalsmässigen Verlauf nimmt (konstitutionelle Leiden), so fällt die Vermutung dahin, 4 Wird die Gesundheitsschädigung innert 8 Wochen nach Schluss des Dienstes durch einen eidgenössischen patentierten Arzt festgestellt und bei der Militärversicherung gemeldet, so ist sie versichert, wenn der Zusammenhang im Sinne des Abs. l wahrscheinlich ist.

6 Gesundheitsschädigungen, die nach Ablauf von 8 Wochen nach Schluss des Dienstes der Militärversicherung gemeldet -werden, sind versichert, wenn der Zusammenhang im Sinne des Abs. l sich als sehr wahrscheinlich erweist.

Art. 6.

Gesundheitsschädigungen vordienstlichen Ursprungs sind nur dann 2. Vordienstliche versichert, wenn sie wahrscheinlich durch die Einwirkungen, denen der schädigungen Versicherte während des Dienstes ausgesetzt war, verschlimmert oder in ihrem Ablauf beschleunigt worden sind (Art. 40, Abs. 2).

Art. 7.

Konstitutionelle Leiden (Art. 5, Abs. S), welche im Dienste in Er- 3. Konstitutio· ....

T ·· scheinung scheinung treten, Können können bei beii Vorliegen vorliegenbesondererr besonderer TT Umständee in oe- nelle Leiden.

schränkten! Masse als versichert anerkannt werden.

Art. 8.

Versichert sind nach Massgabe der Bestimmungen dieses Ge- III Die versetzes alle Schädigungen des Versicherten in seiner Gesundheit und dieSchädenm sich daraus unmittelbar ergebenden wirtschaftlichen Folgen.

1

152 2

Sachschaden, die in einem besonders engen und unmittelbaren Zusammenhang mit einer versicherten Gesundheitsschädigung stehen, wie Schäden an künstlichen Gebissen, Brillen usw., können ausnahmsweise vergütet werden.

8 Seelischer Schmerz ist nicht versichert.

D r i t t e r Abschnitt.

Die Feststellung der Leistungspflicht.

Art. 9.

I Die An1 im Dienst.

meldepflicht

1 Der Versicherte hat zu melden a. bei der samtarischen Eintrittsmusterung jede bestehende Gresundheitsschädigung, fe. während des Dienstes auf dem Dienstweg jede ihm zustossende oder bekannt wordende Gresundheitsschädigung, o. beim Dienstaustritt, sofern dazu Gelegenheit geboten wird, jede bestehende Gesundheitsschädigung 2 Dio unentschuldbare Verletzung dieser Meldepflicht kann den gänzlichen oder teilweisen Entzug der Leistungen zur Folge haben.

Art. 10.

2. Hach dem Dienst.

1

Der behandelnde Arzt ist zur sofortigen Anmeldung der von ihm festgestellten Gesundheitsschädigungen bei der Militärversicherung verpflichtet sofern der Patient die Militärversicherung in Anspruch nehmen will. Er haftet der Militärversicherung für die Folgen unentschuldbarer Verletzung der Meldepflicht.

2 Der Versicherte und seine Angehörigen können nachdienstlich auftretende Gesundheitsschädigungen auch persönlich oder durch einen gesetzlichen oder bevollmächtigten Vertreter bei der Militärversicherung melden.

Art. 11.

n. Das Erhe1 Sobald die Militärversicherung von der Gesundheitsschädigung bungsverfahren. 1. Die Mass- Kenntnis erhalten hat, lässt sie den Tatbestand, die Ursachen und die nahmen der Folgen derselben feststellen. Sie kann hiezu die kantonalen Behörden Militärv erst -, ^ in ?

eherung.

Anspruch nehmen.

3 Zur Abklärung des Sachverhaltes und dor gestellten Begehren kann die Militärversicherung jederzeit den Versicherten, seine Angehörigen bzw. Hinterlassenen sowie Drittpersonen einvernehmen.

3 Die Militärversicherung ernennt die Sachverständigen unter Kenntnisgabean den Ansprecher und unter Beobachtung der für das Verfahren vor eidgenössischem Versicherungsgericht geltenden Aus-

153 schliessungs- und Ablehnungsgründe. Die Sachverständigen geben ihr mit Begründung versehenes Gutachten zu den Akten.

4 Erachtet die Militärversicherung di Akten als vollständig, so teilt sie dem Ansprecher das Ergebnis ihrer Erhebungen summarisch mit. Der Ansprecher kann Akteneinsicht verlangen, Urkunden einlegen, die Einvernahme von Zeugen und Sachverständigen sowie Erhebungen anderer Art beantragen. Die Militärversicherung entscheidet über derartige Anträge.

5 Die Militärversicherung bezahlt Entschädigungen an Zeugen und Sachverständige, nicht aber an den Ansprecher und seinen Vertreter.

6 Die Militärversicherung trifft für die Dauer des Erhebungsverfahrens die sich notwendig erweisenden einstweiligen Anordnungen für die zweckmäßige Behandlung, Beobachtung und Kontrolle des Ansprechers.

Art. 12.

Der Bundesrat ist befugt;, für besonders geartete Krankheiten, 2. Verordnung insbesondere für Tuberkulosefälle, durch hervorragende Sachverstän- rates. es dige Richtlinien aufstellen zu lassen, die von allen Begutachtern zu beobachten sind.

Art. 13.

1 Die Militärversicherung teilt dem Versicherten das Ergebnis ihrer m. Die verErhebungen in Form schriftlicher, begründeter Verfügungen über An- fügung der Mili erkennung oder Ablehnung der Leistungspflicht, sowie über Art und tärversicherung.

Mass der ihm zugesprochenen Leistungen mit.

2 In diesen Verfügungen ist der Versicherte auf das Rekursrecht, die für die Anbringung des Rekurses zu beobachtende Frist und Form sowie dio zuständige Rekursinstanz aufmerksam zu machen.

3 Die Verfügungen werden dem Versicherten durch eingeschriebenen Brief zugestellt.

Vierter Abschnitt.

Die Versicherungsleistungen.

Art. 14.

Die Leistungen der Militärversicherung bestehen in a. Krankenpflege (Art. 16 bis 19); b. Krankengeld (Art. 20 und 21) ; c. Zulagen (Art. 22); d. Invalidenpension (Art. 28 bis 27); e. Sterbegeld (Art. 28); /. Hinterlassenenpensionen (Art. 29 bis 36); g. Auskauf (Art. 37); h. Abfindung (Art. 38) ; i. Umschulungspension (Art. 39).

ï. Die Arten

der Leistungen.

154 Art. 15.

n. Der Beginn Die Militärversicherung schuldet die Versicherurigsleistungen vom Pflicht. a"gs" Tage des Eintritts der gesundheitlichen hzw. wirtschaftlichen Schädigung an, auch wenn die Anmeldung erst später erfolgt.

Art. 16.

in. Die Kran-

1. Im allgemeinen.

1

Der Versicherte hat Anspruch auf ärztliche Behandlung, Arznei und andere zur Heilung dienliche Mittel und Gegenstände, wie z. B.

Prothesen, sowie auf Ersatz der notwendigen Eeiseauslagen.

2 Die Krankenpflege ist entweder Anstalts- oder Hauspflege, Sie wird zeitlich ununterbrochen und unbegrenzt in vollem Masse gewährt, solange Behandlungsbedürftigkeit vorliegt (Art. 40, Abs. 3).

3 Soweit der Versicherte selber vor der Anmeldung seiner Gesundheitsschädigung bereits Aufwendungen für die Krankenpflege gemacht hat, ist ihm seitens der Militärversicherung dafür angemessener Ersatz zu leisten, es sei denn, dass er selber für die Verzögerung der Anmeldung unentschuldbar verantwortlich ist oder dass seine Aufwendungen offensichtlich unnötig oder übermässig waren.

Art. 17.

2. Anstalts- und

1

Ob Anstaltspflege oder Hauspflege in Frago kommt, entscheidet die Militärversicherimg.

2 Ordnet die Militärversicherung Anstaltspflege an, so steht ihr die Wahl der Anstalt zu. Dabei nimmt sie auf die Wünsche des Versicherten, eventuell seiner Angehörigen, sowie auf den Vorschlag des behandelnden Arztes in billiger Weise Rücksicht.

3 Bei Hauspflege hat der Versicherte das Recht der freien Arztwahl unter den an seinem Aufenthaltsort oder in dessen Umgebung praktizierenden eidgenössisch patentierten Ärzten.

4 Wenn die besondere Natur oder der Verlauf des Leidens es angezeigt erscheinen lassen, kann die Militärversicherung jederzeit an Stelle bewilligter Hauspflege die Anstaltspflege verfügen oder die Behandlung, Beobachtung oder Begutachtung des Versicherten durch einen Speziaiarzt anordnen. Bei der Auswahl des Spezialarztes nimmt sie auf die Wünsche des Versicherten, eventuell seiner Angehörigen, sowie auf den Vorschlag des behandelnden Arztes in billiger Weise Eücksicht,

Art. 1.8.

3. Pflichten des Versicherten.

1

Der Versicherte und im Falle der Hauspflege auch seine Angehörigen sind verpflichtet, die Weisungen der Militärversicherung, des behandelnden Arztes, dor Spitalleitung und der Krankenpfleger genau und gewissenhaft zu befolgen und aussor dem Arzt auch den Kontroll-

155 Organen der Militärversicherung jederzeit den Zutritt zum Kranken zu gestatten.

2 Einer Operation hat sich jedoch der Versicherte nur dann zu unterziehen, wenn sie nach dein Urteil der Sachverständigen nicht gefährlich ist und eine wesentliche Besserung seines Zustandes erwarten lässt.

3 Boi beharrlicher und unentschuldbarer Missachtung dieser Pflichten können die Leistungen auf fruchtlos gebliebene Mahnung hin bis zur Bereitschaft des Versicherten oder seiner Angehörigen, die Anordnungen zu befolgen, eingestellt werden. Diese Folge ist mit der Mahnung "unter Ansetzung einer Überlegungsfrist ausdrücklich anzuordnen.

Art. 19.

1

Dem behandelnden Arzt, dem Apotheker sowie der Heilanstalt 4. vertrage der steht grundsätzlich für die gegenüber dem Versicherten erbrachten Militärversierung c" Leistungen ein direkter Anspruch gegen die Militärversicherung zu.

2 Die Militärversicherung ist befugt, mit der Ärzteschaft sowie mit Heilanstalten zur Regelung der allgemeinen Zusammenarbeit sowie zur Festlegung der Behandlungs-, Arznei- und Anstaltstarife Verträge zu schliessen.

3 In den Verträgen mit der Ärzteschaft können auch das Regressrecht der Militärversicherung gemäss Art. 10 sowie der Ausschluss von der Berechtigung, Militärpatienten zu behandeln, näher geordnet werden.

* Die Verträge können insbesondere auch ein Schiedsgericht vorsehen, das über Anstände zwischen der Militärversicherung einerseits und Arzt oder Anstalt anderseits zu entscheiden hat.

5 Kommt kein Vertrag zustande, so erlässt der Bundesrat nach Anhören der Parteien die erforderlichen Vorschriften.

Art. 20.

1

Erleidet der Versicherte durch die Gesundheitsschädigung eine IV. Das KraaEinbusse in seinem Verdienst, so hat er Anspruch auf Krankengeld, kengeld,1. Allgemeines 2 Das Krankengeld beträgt bei gänzlicher Erwerbsunfähigkeit 85 % des dem Versicherten entgehenden Verdienstes, einschliesslich regelmässige Nebenbezüge.

3 Ein Mehrbetrag des Tagesverdienstes über Fr. 25 wird nicht berücksichtigt.

4 Für Versicherte, die keinen Verdienst oder einen Tagesverdienst bis zu Fr. 5 haben, wird das Krankengeld auf Grund des letztern Ansatzes berechnet.

5 Die Krankengeldfestsetzung ist in der Regel für sechs Monate gültig.

156 6

-Das Nähere, insbesondere die Feststellung des anrechenbaren Verdienstes, wird durch die Vollziehungsverordnung geregelt.

Art, 21.

2. Der Spitalabzug.

v. Die Zulagen.

1

Die Militärversicherung ist berechtigt, zur Deckung der Kosten des Aufenthaltes in einer Heilanstalt höchstens 50 % des Krankengeldes zurückzubehalten.

2 Das Ausmass dieses Abzuges richtet sich im einzelnen Fall nach dem Familienstand und den Unterstützungspflichten des Versicherten.

3 Das Nähere wird durch die Vollziehungsverordnung geregelt.

Art. 22.

Ist dem Versicherten Hauspflege oder ein privater Kuraufenthalt bewilligt und erwachsen ihm dabei aussergewöhnliche durch die Behandlungsbedürftigkeit bedingte Kosten für Ernährung, Pflege, Unterkunft und Wartiing, so gewährt ihm die Militärversicherung zu ihren sonstigen Leistungen tägliche Zulagen in angemessener Höhe.

Art. 23.

Kann von der Fortsetzung der ärztlichen Behandlung keine namhafte Besserung des Gesundheitszustandes des Versicherten mehr erwartet werden und hinterlässt die versicherte Gesundheitsschädigung eine voraussichtlich bleibende Erwerbsunfähigkeit oder eine schwere Beeinträchtigung der körperlichen Integrität, so tritt an Stelle des Krankengeldes eine Invalidenpension.

2 Dauert die ärztliche Behandlung bereits ein Jahr und stellt sich heraus, dass die Erwerbsunfähigkeit oder der Integritätsschaden voraussichtlich noch wenigstens ein weiteres halbes Jahr fortdauern wird, so wird die Invalidenpension schon von jenem Zeitpunkt hinweg zugesprochen.

3 Bei freier Unterkunft und Verpflegung zu Lasten der Militärversicherung ist ein Spitalabzug wie nach Art. 21 zulässig.

1

VI. Die Invalidenpension.

1. Allgemeines.

.Art, 24.

Die Invalidenpension wird auf bestimmte oder unbestimmte Zeit festgesetzt. Sie beträgt bei gänzlicher Erwerbsunfähigkeit 75 % des dem Versicherten entgehenden Jahresverdienstes, einschliesslich regelnlässiger Nebenbezüge.

2 Ein Mehrbetrag des Jahresverdienstes über Fr. 7500 wird nicht berücksichtigt.

1

2. Die ordentliche Berechnung.

157 3

Fur Versicherte, die während der voraussichtlichen Pensionsdauer noch keinen Verdienst oder einen Jahresverdienst bis zu Fr. 1500 haben, wird die Invalidenpension auf Grund des letztern Ansatzes berechnet.

4 Bezieht der Versicherte zur Zeit der Pensionsfestsetzung noch nicht den Lohn eines Angehörigen seiner Berufsart mit voller Leistungsfähigkeit, so wird sein Jahresverdienst von dorn Zeitpunkt an, wo er ohne die Gesundheitsschädigung diesen hohem Verdienst mutmasslich bezogen hätte, nach diesem berechnet.

5 Der einmal festgesetzte anrechenbare Jahresverdient ist für die ganze Pensionsdauer massgebend.

6 Das Nähere, insbesondere die Feststellung des anrechenbaren Jahresverdienstes, wird durch die Vollziehungsverordnung geregelt.

Art. 25.

Die Pension für schwere Beeinträchtigung der körperlichen In- 3. Beeinträchtitegrität wird in Würdigung aller Umstände nach billigem Ermessen gung der körperlichen 1

festgesetzt.

Integrität.

2

An Stelle einer Pension kann in diesem Fall jederzeit eine einmalige Kapitalzahlung ausgerichtet werden.

3 Bei gleichzeitigem Vorliegen von Erwerbsunfähigkeit und schwerer Beeinträchtigung der körperlichen Integrität wird nur eine Pension zugesprochen, bei deren Bemessung jedoch beiden Pensionsgründen Rechnung getragen.

Art. 26.

Stellt sich in der Folge der körperliche oder psychische Nachteil i. Revision des Versicherten als erheblich grösser oder erheblich geringer heraus.

als bei der Festsetzung der Pension angenommen wurde, oder besteht überhaupt kein Nachteil mehr, so wird die Pension für die Folgezeit entsprechend erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben.

2 Wenn die Bevision eine ärztliche Untersuchung oder Beobachtung erfordert und wenn dies für den Versicherten eine gänzliche Verdienst einbusse zur Folge hat, so treten für die entsprechende Zeit die in den Art. 20 bis 22 vorgesehenen Leistungen an die Stelle der Pension. Art. 18 findet sinngemäss Anwendung.

1

Art. 27.

Die Militärversicherung ordnet auch nach Festsetzung einer In- 5. Wiedervalidenpension die Wiederaufnahme der ärztlichen Behandlung an, wenn aufnahme d ärztlichend" davon eine erhebliche Erhöhung der Erwerbsfähigkeit des Versicherten Behandlung, erwartet werden kann oder wenn unvorhergesehene Spätfolgen mit neuerlicher Behandlungsbedürftigkeit eintreten.

1

158 2

TU. Das Sterbegeld.

Tin. Die HinteilasBenenpenßioneii.

1. Allgemeines.

2. Ehegatten.

Für die Dauer dieser ärztlichen Behandlung treten, wenn sie eine gänzliche Verdiensteinbusse zur Folge hat, die in den Art. 20 bis 22 vorgesehenen Leistungen an die Stelle der Pension. Art. 18 findet sinngemäss& Anwendung.

Art. 28.

1 Stirbt der Versicherte an den Folgen der versicherten Gesundheitsschädigung, so wird ein Sterbegeld ausgerichtet.

2 Das Sterbegeld beträgt Fr. 200. Es wird auf Fr. 500 erhöht, wenn die Bestattung nicht durch die [truppe stattgefunden hat, und ist dann in erster Linie für die Bestattungskosten zu verwenden.

3 Auf das Sterbegeld haben in der Regel die Verwandten des Verstorbenen in nachfolgender Eeihenfolge, je unter Ausschluss der Nachfolgenden, Anspruch: der überlebende Ehegatte, die Kinder, die Eltern sowie, wenn sie für die Kosten der Bestattung aufgekommen sind, die Geschwister und weitere Verwandte.

4 Die Militärversicherung ist indessen berechtigt, das Sterbegeld ganz oder teilweise ohne Bücksicht auf obige Beihenfolge demjenigen Verwandten oder Dritten auszurichten, der für die Bestattungskosten aufgekommen ist.

Art. 29.

1

Der überlebende Ehegatte, die Kinder, die Eltern, die Geschwister und die Grosseltern des infolge der versicherten Gesundheitsschädigung Verstorbenen erhalten eine jährliche Hinterlassenenpension, die einen Teil des anrechenbaren Jahresverdienstes des Verstorbenen beträgt. 2 Die Hinterlassenenpension der Nächstberechtigten beginnt am Tage nach dem Todestage des Versicherten zu laufen.

3 Gegenüber der Witwe und den Kindern des Verstorbenen werden die Pensionen von Amtes wegen festgesetzt. Die andern anspruchsberechtigten Hinterlassenen haben ihren Anspruch auf eine Pension mit schriftlich begründetem Gesuch geltend zu machen.

Art. 80.

Pensionsberechtigt ist zunächst der überlebende Ehegatte. Seine Pension beträgt 40 % des Jahresverdienstes des Verstorbenen.

2 Der Ehegatte, der zur Zeit des Todes des Versicherten von diesem rechtskräftig geschieden oder gerichtlich getrennt ist, besitzt einen Pensionsanspruch nur soweit, als der Verstorbene ihm gegenüber unterhaltspflichtig war, und der geschiedene Ehegatte überdies nur, -wenn der Verstorbene keine Witwe bzw: keinen Witwer hinterlässt.

3 Heiratet der überlebende Ehegatte wieder, so erhält er, unbeschadet seines Pensionsanspruches bis zur Wiederverehelichung, den dreifachen Betrag seiner bisherigen Jahrespension als Abfindung.

1

159 4

Die Pension des überlebenden Ehegatten kann gekürzt oder entzogen werden, wenn er in der letzten Zeit der Ehe seine Pflichten gegen die eheliche Gemeinschaft vernachlässigt hatte oder wenn er seine Pflichten gegen die Kinder dauernd grob verletzt.

5 In allen Fällen stehen die Ansprüche des überlebenden Ehegatten dem Witwer nur zu, wenn und insoweit er bedürftig ist.

Art. 81.

Neben oder nach dem überlebenden Ehegatten sind pensions- s. Kinder, berechtigt die Kinder, nämlich tigten.Berech' 1. die lebenden und die nachgeborenen ehelichen Kinder; 2. die ehelich erklärten Kinder; 3. die vor Beginn des Anspruchs des Verstorbenen auf Versicherungsleistungon angenommenen Kinder; 4. die ausserehelichen Kinder, hinsichtlich des Verhältnisses zum Vater jedoch nur, sofern dessen Vaterschaft durch rechtskräftiges gerichtliches Urteil oder durch glaubwürdige schriftliche Anerkennung festgestellt ist; 5- die Stief- und Pflegekinder, für welche der Verstorbene schon vor Beginn seines Anspruchs auf Versicherungsleistungen gesorgt hatte.

Art. 32.

Die Kinderpension läuft in der Regel bis je zum zurückgelegten ». Die Pen18. Altersjahr. Ist in diesem Zeitpunkt die begonnene Berufsausbildung sionsdauerdes Kindes noch nicht abgeschlossen, dann läuft die Pension bis zu deren Abschluss, längstens aber bis zum vollendeten 20. Altersjahr weiter.

8 Ist ein Kind bei Vollendung des 18. bzw. 20. Altersjahres mindestens zu 50 % erwerbsunfähig, dann dauert sein Pensionsanspruch bis zum Wegfall dieser Erwerbsunfähigkeit.

1

Art. 88.

1

Neben dem überlebenden Ehegatten erhält jedes Kind eine selb- c. Di Penständige Pension von 15 % des Jahresverdienstes des Verstorbenen. sionshöhe Wenn und soweit jedoch der Gesamtbetrag der Pensionen des überlebenden Ehegatten und aller Kinder zusammen 75 % des Jahresverdienstes des Verstorbenen übersteigen würde, werden die Kinderpensionen, unter sich gleichmässig, herabgesetzt.

2 Für jedes Vollwaisenkind beträgt die Pension 25 %, für alle Vollwaisen zusammen, gleichmässig verteilt, höchstens 75 % des Jahresverdienstes des Verstorbenen.

160 4. Eitern.

Art. 34.

S teine pensionsberechtigten Kinder vorhanden oder hat deren Pensionsberechtigung aufgehört, so sind neben oder nach dem überlebenden Ehegatten pensionsberechtigt die Eltern des Verstorbenen, sofern ihrerseits ein Bedürfnis vorliegt.

2 Der Vater oder die Mutter erhalten eine selbständige Pension bis auf 20 %, beide Eltern zusammen, auch wenn sie getrennt leben, bis auf 85 % des Jahresverdienstes des Verstorbenen.

3 Lebt nur noch ein pensionsberechtigter Elternteil und hat er für noch nicht 18 Jahre alte Geschwister des Verstorbenen zu sorgen, "so kann dessen Pension bis zu 35 % des Jahresverdienstes des Verstorbenen betragen.

4 Bei Vorliegen eines ausgesprochenen Versorgerschadens stehen diese Ansprüche auch den S tief- und Pflegeeltern des Verstorbenen zu, jedoch erst nach dem überlebenden Ehegatten und den Kindern.

1

ind

Art. 35.

5. Geschwister und Grosseltern

1

Hat der Verstorbene weder einen überlebenden Ehegatten, noch Kinder, noch Eltern hinterlassen oder hat deren Pensionsberechtigung aufgehört, so erhalten eine Pension 1. die Geschwister, und zwar einzeln bis auf 15 % und mehrere zusammen bis auf 25 % des Jahresverdienstes des Verstorbenen, je bis zum zurückgelegten 18. Altersjahr; bei 50% übersteigender Erwerbsunfähigkeit des Ansprechers läuft seine Pension bis 70 Jahre nach dem Geburtstag des Verstorbenen, 2. beim Fehlen von Geschwistern oder nach Wegfall ihrer Pensionsberechtigung die Grosseltern, und zwar der einzelne Grosselternteil bis auf 15 % und jedes Grosselternpaar gesondert bis auf 25 % des Jahresverdienstes des Verstorbenen.

2 Eine Pension wird an Geschwister und Grosseltern jedoch nur ausgerichtet, wenn und soweit für eine solche beim Ansprecher ein Bedürfnis vorliegt.

Art. 36.

6 Festsetzung 1 Die Eltern-, Geschwister- und Grosselternpensionen werden unter und Revision billiger Berücksichtigung der Umstände des einzelnen Falles, namentder Eltern-, g , , .

.. , , ., wirklich Geschwisterlieh der. Grosse des Bedürfnisses des Berechtigten, des mm wirklich elternpensionen erwachsenen Schadens und der ihm durch den Tod des Versicherten wahrscheinlich entgangenen Hilfe, bemessen.

2 Erfahren die wirtschaftlichen Verhältnisse dieser Pensions bezüger nach Festsetzung der Pension eine erhebliche Veränderung, so kann, die Pension jederzeit, den neuen Verhältnissen angepasst oder aufgehoben werden.

. . . .

161 3 Wenn eine Pension mangels Bedürfnisses nicht zugesprochen wurde, so kann der Anspruch nachträglich wiederum erhoben wenden, wenn sich unterdessen ein Bedürfnis eingestellt hat.

Art. 37.

Eine Invalidenpension kann jederzeit, auch gegen den Willen ix. Der Aus des Versicherten, nach ihrem Barwert ausgekauft werden, wenn der Versicherle seit mindestens einem Jahre im Ausland wohnt oder wenn die Invalidität nicht mehr als 10 % beträgt.

2 Sonst bedarf es für den Auskauf eines Antrages des Versicherten.

Diesem darf aber immer nur dann entsprochen werden, wenn dem Auskauf keine Bedenken medizinischer Natur entgegenstehen und er aus wirtschaftlichen Gründen geboten erscheint.

3 Wer mit oder ohne seine Zustimmung ausgekauft worden ist, kann im Falle nachträglicher erheblicher Zunahme der Invalidität die Revision des Auskaufes verlangen. Diese erfolgt entweder durch angemessene Erhöhung der Auskaufssumme oder durch Ausrichtung einer zusätzlichen Invalidenpension.

* Hinterlassenenpensionen können in keinem Falle ausgekauft werden. Der Anspruch auf solche wird durch den Auskauf der Invalidenpension nicht berührt.

Art. 38.

1 An Stelle der bisherigen Leistungen erhält der Versicherte von x. Die Abder Militärversicherung eine Abfindung, wenn nach dem Urteil der findung Sachverständigen die Annahme begründet ist, dass er nach Erledigung seiner Versicherungsansprüche und bei Wiederaufnahme der Arbeit die volle Erwerbsfähigkeit erlangen werde.

2 Der Abfindungsbetrag hat der Erwerbseinbusse zu entsprechen, die für den Versicherten noch vorauszusehen ist.

3 Ausnahmsweise kann die Erledigung eines Versicherungsfalles durch Abfindung zwischen dem Versicherten und der Militärversicherung vertraglich vereinbart werden, ohne dass die Voraussetzungen der Abs. l und 2 hievor zutreffen. Solche Verträge bedürfen, wenn die Abfindungssumme Fr. 3000 übersteigt, der Genehmigimg des eidgenössischen Militärdepartementes, im Prozessfall des Richters.

4 Die Erledigung durch Abfindung ist in allen Fällen endgültig.

Durch Bezahlung der Abfindungssumme wird die Militärversicherung yon jeder weitern Leistungspflicht befreit.

1

Art. 89.

In besonders geeigneten Fallen kann die Militärversicherung von XI.Die umsich aus Beiträge zu einer beruflichen Umschulung des Versicherten in schulungspension.

Form von zeitlich befristeten Umschulungspensionen leisten.

Bundesblatt. 99. Jahrg. Bd. III, 12 1

162 2

Einern Gesuche des Versicherten um Ausrichtung einer Umschulungspension soll in der Regel entsprochen werden, wenn eine bedeutende Erwerbsunfähigkeit des Gesuchstellers in seiner bisherigen Erwerbstätigkeit besteht und sich nach dem Urteil der Sachverständigen eine wesentlich grössere Erwerbsfähigkeit in einem seinen natürlichen Fähigkeiten entsprechenden andern Beruf voraussehen lässt,

Art. 40.

Die Leistungen werden verhältnismässig gekürzt, a. wenn der versicherte Schaden nur zum Teil auf Einwirkungen während dos Dienstes zurückzuführen ist, b. wenn die versicherte Gesundheitsschädigung nur eine teilweise Erwerbsunfähigkeit zur Folge hat.

2 Ist eine vordienstliche Gesundheitsschädigung (Art. 6) oder ein konstitutionelles Leiden (Art. 7) während des Dienstes verschlimmert oder im Ablauf beschleunigt worden, so ist dieser dienstlichen Folge durch Ausrichtung gekürzter Leistungen in billiger Weise Rechnung zu tragen, 3 Wo in diesem Gesetze von Kürzung oder teilweisem Entzug der Leistungen dio Rede ist, betrifft dies immer nur die Geldleistungen, mit Ausnahme der Zulagen und des Sterbegeldes, nie aber die Krankenpflegeleistungen.

Art. 4L Im Falle gänzlicher Hilflosigkeit bei gleichzeitge Notbedarf kann 2. Erhöhung das Krankongeld und die Invalidenponsion für bestimmte oder unbestimmte Zeit bis auf den Gesamtbetrag des anrechenbaren Verdienstes erhöht worden.

Art. 42.

1 Das Krankengeld sowie die Zulagen werden in der Regel alle XIII Fälligkeit XII. Bernessungsvorschriften, ]. Kürzung

1

der Leistungen. 1.K T a g e g a u2s b e z a h l t . · a g e

und Zulagen.

2. Pensionen.

ausDezanlt

-

In Notfällen kann die Militärversicherung Ausnahmen machen, insbesondere auch Vorauszahlungen gestatten.

Art. 48.

Die Pensionen sind in Monatsraten je am ersten Tag des Kalendermonats zum voraus zahlbar.

2 Beginnt die Pensionsberechtigung nach dem ersten Tag eines Kalendermonats, so wird die auf den Monatsrest entfallende Pension am ersten Tag des folgenden Monats fällig.

5 Hört die Pensionsberechtigung nach den ersten Tag eines Kalendermonats auf oder wird die Pension im Laufe des Monats erhöht oder herabgesetzt, so findet für den Monatsrest weder eine Nach- noch eine Rückvergütung statt.

1

163 F ü n f t e r Abschnitt.

Verschiedene Vorschriften.

Art. 44.

1

Der Versicherte, sowie dessen Angehörige sind verpflichtet, I Auskunfts jederzeit der Militärversicherung, dem behandelnden Arzt und dem pflichtExperten über die gesundheitlichen Verhältnisse des Versicherton, insbesondere über alle die angemeldete Gesundheitsschädigung, ihre Entstehung und ihren Verlauf betreffenden Umstände, sowie über alle verdienstlich durchgemachten Gesundheitsschädigungen auf Befragen wahrheitsgetreue und vollständige Auskunft zu geben.

2 Ebenso haben sie alle Prägen betreffend die Erwerbsfähigkeit, die Berufs- und die Verdienstverhältnisse sowie die Unterstützungspflichten des Versicherten der Wahrheit gemäss und vollständig zu beantworten. Dieselbe Pflicht liegt den Ansprechern einer Eltern-, Geschwister- oder Grosselternpension hinsichtlich ihrer gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse ob.

3 Auf Verlangen der Militärversicherung ist der Versicherte überdies verpflichtet, seinen Privatarzt vom Berufsgeheimnis zu entbinden.

4 Die unentschuldbare Verletzung dieser Pflichten kann den gänzlichen oder teilweisen Entzug der Leistungen zur Folge, haben.

Art. 45.

Die Ansprüche auf Versicherungsleislungen sowie die als Ver- n. Sicherung Sicherungsleistungen bezogenen Gelder dürfen weder gepfändet, noch mit der s tungen Arrest belegt, noch in eine Konkursmasse einbezogen werden. Jede Abtretung oder Verpfändung der Ansprüche auf Versicherungsleistungen ist ungültig.

2 Die Ansprüche auf Versicherungsleistungen und die Leistungen selbst dürfen als solche weder vom Bund noch von den Kantonen mit einer direkten Steuer vom Einkommen und vom Vermögen belegt werden.

3 Die Militärversicherung ist befugt, von sich aus oder auf Gesuch hin Massnahmen zu treffen, damit ihre Geldleistungen den ihnen zugedachten Zweck erreichen, insbesondere ganz oder teilweise zum Unterhalt des Versicherten oder der Personen, für die er zu sorgen hat, verwendet werden.

Art. 46.

1 Wenn der Versicherte die Gesundheitsschädigung oder den Tod in. schuldhafte absichtlich oder grobfahrlässig, durch ein Verbrechen oder Vergehen des Schadens, oder durch Widerhandlung gegen Dienstvorschriften oder Befehle herbeigeführt oder einen bereits bestehenden versicherten Schaden auf solche Weise arglistig vergrössert hat, so kann dieser oder es können 1

164

seine Hinterlassenen ganz oder teilweise der Versicherungsansprüche verlustig erklärt werden.

2 Der Entscheid hierüber erfolgt in Würdigung aller umstände des einzelnen Falles, insbesondere der Grosse des Verschuldens des Versicherten.

3 Von einer Massregelung dieser Art ist in der Regel trotz Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen Umgang zu nehmen, wenn die Gesundheitsschädigung oder der Tod die Folge kameradschaftlicher Hilfeleistung, mutigen Einsatzes bei militärischen Operationen und Übungen oder tapfern Verhaltens vor dem Feinde ist.

IV. Rückforderungsrecht dei Militärversicherung.

V. Rückgriffsrecht, 1. Gegenüber »ritten.

2. Gegenüber Kantonen.

Art. 47.

Hat ein Versicherter absichtlich oder grobfahrlässig den wahren Sachverhalt verschwiegen oder unwahre Angaben gemacht und dadurch ihm nicht gebührende Leistungen oder Mehrleistungen erschlichen, so ist die Militärversicherung berechtigt, die ausgerichteten Geldleistungen von ihm oder bis auf den Betrag der Erbteile von seinen Erben zurückzufordern sowie für die Aufwendungen für Krankenpflege einen entsprechenden Ersatz in bar zu verlangen. Gegenüber den Hinterlassenen steht der Militärversicherung dieses Rückforderungsrecht nur hinsichtlich der Leistungen zu, die sie bösgläubig bezogen haben.

2 Ausgeschlossen ist die Rückforderung des Sterbegeldes.

3 Ihre fälligen Forderungen gemäss Abs. l hievor kann die MilitärVersicherung mit Barleistungen, die sie dem Versicherten oder seinen Hinterlassenen schuldet, zur Verrechnung bringen.

4 Die Militärversicherung macht den Rückforderungsanspruch durch Klage beim ordentlichen Bichter geltend. Der Anspruch verjährt mit Ablauf eines Jahres, nachdem die Militär ver Sicherung davon Kenntnis erhalten hat, spätestens aber mit Ablauf von 10 Jahren seit dem unerlaubten Verhalten des Versicherten bzw. dem letzten bösgläubigen Pensionsbezug der Hinterlassenen.

5 Die Überweisung des Versicherton an den Strafrichter bleibt vorbehalten, und zwar auch in Fällen von blossem Versuch.

1

Art. 48.

Gegenüber einem Dritten, der mit bezug auf die Gesundheiteschädigung oder den Tod dos Versicherten schadenersatzpflichtig ist, tritt t dieMilitärversicherungg bis auf die Höhe der von ihr geschuldeten Leistungen in den Ersatzanspruch des Versicherten oder seiner Hinterlassenen ein.

Art. 49.

1 Für die dem Bund aus der Militärversicherung erwachsenen Kosten steht ihm, wenn der Dienst ausschliesslich im kantonalen oder lokalen

165

Interesse angeordnet wurde, ein Rückgriffsrecht gegenüber den betreffenden Kantonen zu.

2 Über diesbezügliche Anstände zwischen Bund und Kantonen entscheidet die Bundesversammlung endgültig.

Sechster Abschnitt.

Militärversicherung und Schweizerische Unfallversicherungsanstalt Art. 50.

Wenn ein nach Massgabe dieses Gesetzes Versicherter gleichzeitig I.Ruhen der bürgerlichen obligatorisch bei der UnfallversicherungsanstaltieheruUnfall-alt sichert ist, so besteht sein Anspruch auf V e r s i c h e r u n v e r s i c h e r u n g u r gegen die Militärversicherung, und es ruht die bürgerliche Unfallversicherung während der Dauer der Haftung der Militärversicherung.

Art. 51. : Leidet ein bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt obli- n. Gemeinsame gatorisch Versicherter beim Eintritt in den Dienst an Unfallfolgen oder Leistungspflicht an einer versicherten Berufskrankheit und beeinflusst der Dienst den Verlauf der Gesundheitsschädigung in ungünstigem Sinne, so haben die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt und die Militärversicherung miteinander für die Deckung des bestehenden Nachteils aufzukommen.

2 Der Anteil der Schweizerischen Ünf Unfallversicherungsanstalt bestimmt sich nach der Höhe der ohne den Dienst vermutlich vorhandenen Schädigung, der Anteil der Militärversicherung nach dem Ausmass der Verschlimmerung durch den Dienst. Die Deckung des Schadens erfolgt gemäss Art. 52.

3 Wenn sich die beiden Versicherungen über die beidseitigen Anteile an den auszurichtenden Leistungen nicht einigen können, entscheidet darüber das eidgenössische Versicherungsgericht endgültig.

1

Art. 52.

Die Leistungen von Krankenpflege, Krankengeld und Zulagen wer- m. Ausrichtung den nach den Vorschriften dieses Gesetzes von der Militärversicherung aus- " Leitungen ungengerichtet. Sie sind ihr von der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt in dem gemäss Art. 51 festgesetzten Verhältnis zu ersetzen. Die Vergütung für Spitalpflege erfolgt dabei nach den vertraglichen Ansätzen.

2 Die Pensionsleistungen sowie das Sterbegeld werden in dem gemäss Art. 51 festgesetzten Verhältnis von der einen und der andern Versicherung je nach Massgabe des einschlägigen Gesetzes ausgerichtet.

3 Wenn die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt die Versicherung des Erkrankten für Krankenpflege und Krankengeld einer anerkannten Krankenkasse übertragen hatte, so liegt ihr ob, dieser die Versicherung abzunehmen.

1

v

166 VI. Rechtshilfe der SUVA L.

Art. 53.

Die Militärversicherung setzt in den in Art. 51 bezeichneten Fällen die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt möglichst frühzeitig von der beim Versicherten aufgetretenen Gesundheitsschädigung in Kenntnis.

2 Der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt liegt ob, die Militärversicherung hinsichtlich des Unfalles oder der Berufskrankheit über alle Verhältnisse, die sich auf die Zeit vor ßeginn der militärischen Versicherung beziehen, zu unterrichten.

1

Siebentor Abschnitt.

I. Das Rekursrecht.

U. Die Rekurs kommission lu Militärversiche rungssachen.

III. Die Berfung an das eidgenössische Versicherungsgericht.

Rechtspflege.

Art. 54.

1 Die Verwaltungsverfügungen der Militärversicherung (Art, 18) können binnen 80 Tagen seit der Zustellung vom Versicherten oder seinen Hinterlassenen durchRekurss an dieRekurskommissionn in Militärversicherungssachen (Art. 55) weitergezogen worden.

2 Aus der Rekursschrift soll hervorgehen, wieweit dio Verfügung angefochten wird.

Art. 55.

1 Der Bundesrat ernennt für eine jeweilige Amtsdauer von S Jahren die Rekurskommission in Militärversicherungssachen (Rekurskommission).

2 Die Rekurskommission besteht aus einem ständigen Präsidenten und Vizepräsidenten und 5 nichtständigen Mitgliedern sowie der nötigen Zahl von Ersatzmännern, Bei ihrer Zusammensetzung ist darauf Bücksicht zu nehmen, dass Mediziner, Juristen und Laien und die verschiedenen Sprachgebiete angemessen vertreten sind. Präsident und Vizepräsident werden vom Bundesrat, als solche gewählt.

3 Die Bekurskommission kann in Abteilungen tagen. Bestimmte Fälle können Einzelrichtern zugewiesen werden. Der Kommission wird eine ständige Kanzlei mit dem erforderlichen Personal beigegeben. Die nähere Organisation sowie das Verfahren werden durch besondere Verordnung des Bundesrates geregelt. Das Verfahren muss einfach, rasch und billig sein. Es ist nach Möglichkeit demjenigen vor dem eidgenössischen Versicherungsgericht nachzubilden.

4 Die Entscheide der Rekurskommission sind mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen.

Art. 56.

1 Gegen die Entscheide der Bekurskommission können der Versicherte oder seme Hinterlassenen sowie die Militärversicherung binnen 30 Tagen aeit der Zustellung beim eidgenössischen Versicherungsgericht Berufung einlegen.

2 Die Urteile des eidgenössischen Versicherungsgerichtes sind endgültig.

167

Achter Abschnitt, Fristenberechnung und Übergangsbestimmungen.

Art. 57.

Bei der Berechnung der in diesem Gesetz vorgesehenen Fristen i. Fristenwird der Tag, von welchem an die Frist zu laufen beginnt, nicht mit- berechI1UDsgezählt.

a Ist die Frist nach Wochen bestimmt, so endigt sie mit dem Tag der letzten Woche der Frist, der seinem Namen nach mit dem Tag übereinstimmt, von welchem an die Frist zu laufen begann.

3 Ist der letzte Tag einer Frist ein Sonntag oder ein staatlich anerkannter Feiertag, so endigt die Frist am nächstfolgenden Werktag.

4 Schriftliche Eingaben müssen spätestens am letzten Tag der Frist am Bestimmungsort angelangt oder der schweizerischen Post übergeben sein.

5 Die Rechtsmittelfristen dieses Gesetzes sind auch dann gewahrt, wenn die Eechtsmitteleingabe fristgerecht bei der Militärversicherung oder bei der dem Grade nach unzuständigen Instanz einlangt. Die Eingabe ist in diesen Fällen von Amtes wegen an die zuständige Instanz weiterzuleiten.

Art. 58.

1 Auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes werden dien. ÜbergangsLeistungen in den laufenden Militärversicherungsfällen wie folgt den bestlirauu"senneuen Bestimmungen angepasst: 1. Die Krankengeldleistungen sind neu festzusetzen; 2. von den laufenden Pensionen sind a. die auf Grund der 21. Verdienstklasse zugesprochenen Pensionen nach den Ansätzen dieses Gesetzes neu zu berechnen, sofern der massgebende Jahresverdienst im Zeitpunkt ihrer Festsetzung den Betrag von Fr. 6900 überstieg und sofern diese Neuberechnung nicht eine Leistung unter dem Betrag der bisherigen Bezüge ergibt. Dabei ist bei den Dauerpensionen das Eückversetzungsverfahren zur Ausgleichung der Teuerung nicht mehr zur Anwendung zu bringen. Familien- und Kinderzulagen fallen weg; b, alle übrigen Pensionen bis zu ihrem Ablauf oder ihrer Eevision nach den im Zeitpunkt ihrer Festsetzung gültigen Bestimmungen unverändert zu belassen.

2 Die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes noch nicht rechtskräftig entschiedenen Militärversicherungsfälle werden nach neuem Eecht beurteilt.

3 Die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bei der eidgenössischen Pensionskommission hängigen Pensionsfälle werden noch 1

168 von dieser entschieden. Die Frist zur Berufung gegen deren Entscheide beträgt 30 Tage.

4 Die Anfechtung von Verfügungen der Militärversicherung, deren Frist beim Inkrafttreten dieses Gesetzes läuft, richtet sich hinsichtlich Fristenlauf und Zuständigkeit nach dem neuen Eecht.

5 Die Versicherten gemäss Art. l, Abs. l, Ziff. 4, bzw. deren Hinterlassene, die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes im Genüsse einer Militärpension sind, beziehen dieselbe bis zum Erlöschen ihrer Pensionsberechtigung weiter. Der Anspruch der Hinterlassenen, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens noch keine Pension beziehen, beurteilt sich dagegen nach neuem Eecht.

Zweiter Teil.

Organisation, Verwaltung und Finanzierung.

Erster Abschnitt.

Organisation und Verwaltung.

Art. 59.

1 Die Militärversicherung ist eine selbständige Verwaltungsabteilung, die dem eidgenössischenMilitärdepartementt unterstellt ist. An ihrer Spitze steht ein Direktor.

2 Die nähere Organisation und Verwaltung wird durch einen beson dern Erlass des Bundesrates geordnet.

Zweiter Abschnitt.

Die Finanzierung.

Art. 60.

1 I Die KostenDer Bund bestreitet sämtliche Kosten der Militärversicherung tragung.

vorbehaltlich Art. 49.

2 Die Bundesversammlung setzt alljährlich im ordentlichen Voranschlag die nötigen Kredite aus: a. für die Verwaltung der Militärversicherung, 1). für die Leistungen für vorübergehenden und dauernden Nachteil (Art. 14).

8 Ist eine Massenerkrankung, ein Massenunfall oder ein Kriegsfall eingetreten, so steht es der Bundesversammlung zu, dio Art der Deckung der daherigen Pensionsverpflichtungen zu beschliessen.

Art. 61.

u. ÜbergangSoweit der Deckungsfonds im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses bestimmungen. Gesetzes nach der gemäss Bundesratsbeschluss vom 27. September 1946 getroffenen Regelung noch nicht vollständig aufgebraucht ist, wird er, 1

169

zusammen mit dem Sicherheitsfonds und der Reservestellung Aktivdienst 1914--18, weiterhin zur Bezahlung der laufenden Pensionen verwendet.

2 Der Invalidonfonds und die eidgenössische Winkelriedstiftung werden zu einer Bückstellung der Militärversicherung zusammengelegt, die durch Beschluss der Bundesversammlung zur Deckung besonderer Ausgaben der Militärversicherung herangezogen werden kann.

Dritter Teil.

Schlu8sbestirmnungen.

Art. 62.

Durch dieses Gesetz werden alle mit ihm in Widerspruch stehenden Vorschriften aufgehoben, insbesondere: a. das Bundesgesetz vom 28. Juni 1901 betreffend Versicherung der Militarpersonen gegen Krankheit und Unfall, b. die bundesrätliche VollziehungsVerordnung vorn 12. November 1901 zum Bundesgesetz betreffend Versicherung der Militärpersonen gegen Krankheit und Unfall vom 28. Juni 1901 und seitherige Abänderungen, c. das Bundosgesetz vom. 27. Juni 1906 betreffend die Abänderung der Art. 18, 20 und 87 des Militärversicherungsgesetzes, d. das Bundesgesetz vom 23. Dezember 1914 über die Militärversicherung, soweit in Kraft gesetzt, e. der Bundesratsbeschluss vom 16. Juni 1919 betreffend Erhöhung der Leistungen der Militärversicherung, soweit noch in Kraft, /. der Bundesbeschluss vom 18. März 1930 über die Ausdehnung der Militärversicherung, g. der Bundesratsbeschluss vom 20. März 1948 über die Organisation und die Zuständigkeit der Militärpensionskommission, h. der Bundesratsbeschluss vom 20. März 1943 über das Verfahren vor der Militärpensionskoinnüssion, - i. der Bundesratsbeschluss vom 21. November 1944 betreffend Abänderung des Bundesgesetzes betreffend Versicherung, der Militärpersonen gegen Krankheit und Unfall, k. der Bundesratsbeschluss vom 19. März 1945 über das Administra tivverfahren in Militärversicherungssachen, 1. der Bundesratsbeschluss vom 27. April 1945 betreffend die Teilrevision des Militärversicherungsrechtes.

2 Der Bundesrat ist mit dem Vollzug dieses Gesetzes beauftragt und erlässt die erforderlichen Ausführungsvorschriften; 3 Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes.

1

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend den Erlass eines Bundesgesetzes über die Militärversicherung. (Vom 22. September 1947.)

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1947

Année Anno Band

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Volume Volume Heft

38

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5289

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

25.09.1947

Date Data Seite

97-169

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10 035 988

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