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Botschaft dee

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurf eines Bundesgesetzes über die Ausübung des Stimmrechtes durch die von ihrem Wohnsitz Abwesenden.

(Vom 20: August 1947.)

Herr Präsident !

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen hiermit den Entwurf zu einem Bundesgesetz betreffend die Ausübung des Stimmrechtes durch die von ihrem Wohnsitz Abwesenden nebst folgenden Erwägungen vorzulegen.

A. Geschichtliche Entwicklung.

Wie der Bundesrat schon in seinen Botschaften vom 80. Oktober 1888 und vom 14. Dezember 1986 festgestellt hat, war kaum ein anderer Erlass des schweizerischen Gesetzgebers vom Moment seiner Entstehung an derart der Gegenstand der öffentlichen Kritik und der Diskussion in den Räten der Eidgenossenschaft wie das Bundesgesetz betreffend die eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen vom 19. Juli 1872, dessen Art. 8 vorschreibt, dass das Stimmrecht von jedem Schweizerbürger da ausgeübt wird, wo er als Ortsbürger oder als Niedergelassener oder Aufenthalter wohnt. Immer wieder wurde die Starrheit der geltenden Vorschriften kritisiert, und immer wieder wurden Postulate gestellt, die Erleichterungen für die Ausübung des Stimmrechtes forderten. Frucht dieser Bestrebungen war, dass am 20. Dezember 1888 die Erleichterungen, die bisher nur den im Dienste stehenden Militärpersonen vorbehalten waren, innerhalb gewisser. Grenzen auch auf das Personal der Transport- und Verkehrsunternehmungen, des Zolles usw. ausgedehnt wurden und dass man am 30. März 1900 die Kantone ermächtigte, die Stimmabgabe schon am Vorabend des Wahl- oder Abstimmungstages zuzulassen.

Einem Postulat Sträuli im Nationalrat, vom September 1928, welches den Stimmberechtigten entgegenkommen wollte, die wegen Krankheit oder

739 Abwesenheit vom Wohnort an der Ausübung ihres Stimmrechtes verhindert waren, wurde vorerst durch Kreisschreiben vom 16. März und 8. April 1925 Bechnung getragen. Die Kantone wurden dadurch ermächtigt, die Stimmabgabe schon am Nachmittag des Vortages und dann überhaupt während des ganzen Vortages des Abstimmungstages zu gestatten. Mit Bezug auf die in Spitälern untergebrachten oder daheim zurückgehaltenen Kranken wurde die Abholung der Stimmzettel durch eine Abordnung des Stimmbureaus gestattet.

Für die Ausübung des Stimmrecbtes durch die am Wahl- oder Abstimmunggtage von ihrem Wohnsitz Abwesenden hatte Herr Sträuli vorgesehen, dass sie entweder den Stimmzettel verschlossen dem Wahlbureau des Ortes, wo sie im Stimmregister eingetragen sind, zustellen, mit der Bescheinigung einer Amtsstelle, dass sie sich am Abstimmungstage an einem andern Orte aufhalten, oder dass sie den Wahlzettel vor ihrer Abreise dem Wahlbureau persönlich abgeben, unter Leistung des Ausweises, dafea sie an der Wahl oder Abstimmung zur festgesetzten Zeit wegen Abwesenheit nicht teilnehmen können. Demgegenüber erklärte der Bundesrat, dass nach Art. 8 des Gesetzes die Stellvertretung verboten und deshalb ein persönliches Erscheinen des Stimmberechtigten zu fordern sei. Diese Vorschrift biete die erforderliche Sicherheit gegen den Stimmenfang und andere Mißstände, und ihre Änderung sei deshalb nicht wünschenswert. Hingegen gestattete er, dass in den Gemeinden, wo die Wahllokale erst am Samstag abend oder sogar erst am Sonntag geöffnet werden, der während der Öffnungszeit abwesende Stimmberechtigte seinen Stimmzettel in einem verschlossenen Umschlag bereits am Samstag mittag, später schon am Samstag vormittag, abgeben könne.

Im gleichen Jahre beschwerte sich der Begierungsrat des Kantons Tessin darüber, dass die in den übrigen Gebieten der Schweiz beschäftigten tessinischen Saison-Arbeiter von gewissen Kantonen zu den eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen nicht zugelassen würden.

Daraufhin glaubte der Bundesrat, die Abstimmung am Anwesenheitsorte gestatten zu müssen, auf Grund einer extensiven Auslegung des Begriffes «Politischer Wohnsitz». Der von seinem Wohnorte abwesenden Stimmberechtigte konnte so nach Hinterlegung seiner Ausweisschriften am Anwesenheitsorte stimmen. Dieses Kreisschreiben vom 13. November 1925 musste
aber vom Bundesrat im Jahre 1987 aufgehoben werden, als die Begierung des Kantons Schwyz sich weigerte, die am Etzelwerk beschäftigten 250 Zürcher Arbeiter zu den Nationalratswahlen von 1985 zuzulassen. Dazu trug ferner die Erwägung bei, dass der erweiterte Begriff «Wohnort» in Widerspruch geriet mit einem bundesgerichtlichen Entscheid (Knutwiler Wahlknechte; BGE 49l 481)*).

Mit der Begründung, durch den Beschluss der Schwyzer Begierung und durch die Bechtssprechung des Bundesgerichtes sei der Ordnung, wie sie durch *) Vergleiche dazu Kreisaohreiben vom 4. Oktober 1937 (Bbl. 1987 III158; Geschäftsbericht von 1987, S. 9),

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das Kreisschreiben geschaffen 'wurde, der Boden entzogen worden, unterbreitete der Bundesrat, schon vor Aufhebung seines Kreisschreibens, den eidgenössischen Bäten einen Gesetzesentwurf, durch welchen den Kantonen gestattet wurde, auf begründetes Gesuch hin die Stimmabgabe auf dem Korrespondenzwege zu bewilligen (Botschaft vom 14. Dezember 1936, Bbl. 1986 III449). Der Entwurf des Bundesrates wurde aber von den eidgenössischen Bäten nicht angenommen. Der Nationalrat beschloss mit 63 gegen 55 Stimmen Nichteintreten. Der Ständerat fasste einen gleichen Beschluss mit 20 gegen 16 Stimmen.

Man widersetzte sich der Vorlage mit verschiedenen Argumenten. Man befürchtete vor allem die Missbräuche, die vorkommen würden, wenn «der Briefkasten die Stimmurne ersetzt». Dritte, die sich bereit erklaren würden, den Versand zu besorgen, könnten die Stimmzettel einsammeln und nachher ausfüllen oder abändern. Der Wähler könnte beim Ausfüllen des Stimmzettels von Dritten beeinflusst werden, so von Seiten anderer Angestellter oder Arbeiter oder durch seinen Arbeitgeber.

Die Vorlage wurde aber auch abgelehnt, weil man befürchtete, dass das System der Abstimmung auf dem Korrespondenzwege zu einer Quelle von Komplikationen werden könnte, indem es schwer fällt, in allgemeiner Form zu bestimmen, wann ein «begründetes Gesuch» vorliege, das diese Art der Teilnahme an der Abstimmung rechtfertige. Die verbesserte Formulierung der nationalrätlichen Kommission, die in einer etwas veränderten Form auch von der ständerätlichen Kommission angenommen wurde, lautete : « . . . die Stimmberechtigten, die wegen Krankheit, auswärtiger Arbeit oder aus andern wichtigen Gründen am persönlichen Erscheinen an der Urne verhindert sind...» Nach Ablehnung des Entwurfes wurde in der Angelegenheit längere Zeit nichts mehr unternommen. Die Nachteile, die man mit dem Kreisschreiben vom Jahre 1925 beseitigen wollte, traten mit der Aufbebung des Kreisschreibens wieder in Erscheinung. Die Zahl der Beklamationen von Bürgern, die sich ihres Stimmrechtes beraubt fühlten, war bis zum Kriegsausbruch, d. h.

solange die Hotelindustrie noch zahlreiche Saison-Arbeiter beschäftigte, eine beträchtliche. Der Buf nach Erleichterungen wird heute wieder laut, nachdem, als Folge der Hochkonjunktur auf allen Gebieten, der grossen Nachfrage nach Arbeitskräften und der
in den grossen Städten bestehenden Wohnungsnot, die Zahl der von ihrem Wohnsitz Abwesenden stark zugenommen hat. Eine weitere Zunahme dieser Fälle ist zu erwarten, wenn mit dein Aufhören der Konjunkturperiode die grossen Arbeitsbeschaffungsprogramrne verwirklicht werden sollten, was weiter sehr erhebliche Ortsveränderungen von Arbeitskräften zur Folge hätte.

In diesem Zusammenhang ist hier eine Eingabe des schweizerischen Angestelltenverbandes vom 16. März 1944 (erneuert am 8. Juni 1945 und 28. Februar 1946) zu erwähnen, welche eindringlich den Erlass von Massnahmen fordert, die die Teilnahme der «Abwesenden» an Abstimmungen und Wahlen ermöglichen. Der Verband erwähnt speziell den Fall eines Bürgers, der während

741 6 Jahren nicht stimmen konnte, weil er in der Gemeinde, in welcher er sich zur Zeit der verschiedenen Abstimmungen befand, nicht Wohnsitz hatte. Wir sind überzeugt, dass es noch viel krassere Fälle gibt. Übrigens ist der Bundesrat schon vor dem Kriege, am 7. März 1939, in der gleichen Frage von der «Union Helvetia», Verband der Hotelangestellten, interpelliert worden. Am 22. Juli/5. August 1947 erhielt noch der Bundesrat eine mit 1256 Unterschriften von Militärpatienten versehene Petition, wo dringlich verlangt wird, dass Massnahmen getroffen werden, damit diese Stimmberechtigten ihr Stimmrecht ausüben können.

Das Parlament hat sich schon lange mit der durch die Ablehnung des Entwurfes von 1936 geschaffenen Lage befasst. Es ergibt sich dies schon aus der Tatsache, dass der Nationalrat 1989 und 1944 zwei Postulate betreffend die Beteiligung der «Abwesenden» an Wahlen und Abstimmungen erheblich erklärt hat. Das erste dieser Postulate, eingereicht von der nationalrätlichen Geschäftsprüfungskommission, hat folgenden Wortlaut: «Der Bundearat wird eingeladen, die Frage zu prüfen und darüber Bericht und Antrag einzubringen, ob er nicht seinen Entwurf vom 14. Dezember 1986 zu einem Bundesgesetz über die Ermächtigung zur Ausübung des Stimmrechtes ausserhalb der Wohnsitzgemeinde wieder einbringen und bis dahin das Kreisschreiben vom 13. November 1925 betreffend die Stimmberechtigung der Aufenthalter in den eidgenössichen Angelegenheiten für die im Inland wohnenden Schweizerbürger wieder in Kraft setzen sollte.» Das zweite Postulat, eingereicht von Herrn Nationalrat Schmid, Zürich, lautet wie folgt : «Im Jahre 1937 wurde eine restriktive Interpretation des Art. 74 der Bundesverfassung vorgenommen, durch welche eine seit längerer Zeit bestehende Praxis in der Ausübung des Stimmrechtes durch Aufenthalter aufgehoben wurde. Nach der neuen Auslegung des Art. 74 der Bundesverfassung können die Bürger ihr Stimmrecht nur noch am Orte ihres zivilrechtlichen Wohnsitzes ausüben. Wenn damit den Aufenthaltern theoretisch ihr Stimmrecht auch erhalten bleibt, so hat in der Praxis diese neue Begelung doch zur Folge, dass Zehntausende von Personen auf die Ausübung ihres Stimmrechtes notgedrungen verzichten müssen. Denn es ist ihnen selbstverständlich nicht möglich, bei eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen von einem
meistens entfernten Arbeitsaufenthaltsorte weg an ihren Wohnsitz zu reisen, um dort ihr Stimmrecht auszuüben.

Nachdem man für die Militärpersonen, die in einer ähnlichen Lage sind, einen Ausweg gefunden hat, ersuche ich den Bundesrat, zu prüfen, wie den Aufenthaltern die Möglichkeit geschaffen werden kann, ihr Stimmrecht als Schweizerbürger praktisch auszuüben.» Während des Aktivdienstes sah sich der Bundesrat genötigt, gestützt auf seine ausserordentlichen Vollmachten, besondere Vorschriften für das Verfahrer, für Abstimmungen und Wählen in der Armee zu erlassen, da das bisherige in den Schulen und Kursen angewendete System, wo die Truppe auch das

742 Abstimmungsresultat zu ermitteln hatte, für die Année eine zusätzliche Belastung bedeutete. Es wurde eine Art Stimmabgabe auf dem Korrespondenzweg, aber mit Weiterleitung des Stimmzettels durch die Truppe eingeführt. Nach verschiedenen Vereinfachungen blieb der Armee nur noch die Boue einer Übermittlungsstelle.

B. Die Ausübung des Stimmrechtes durch Abwesende.

Es gibt kaum eine eidgenössische Abstimmung, nach welcher man nicht konstatieren würde, dass ein grosser Teil der Stimmberechtigten nicht an die Urne gegangen sind und dadurch den Eindruck erwecken, als ob sie sich um die häufig lebenswichtigen Angelegenheiten ihres Landes nicht bekümmern würden. Viele dieser Fälle der Nichtteilnahme an einer Abstimmung sind zweifellos auf Gleichgültigkeit, Vergesslichkeit oder Unschlüssigkeit zurückzuführen; es gibt aber daneben eine erhebliche Zahl von Fällen, wo -der Bürger durch irgendeinen Umstand tatsächlicher Natur am Erscheinen an der Urne verhindert ist. Wenn es auch unmöglich erscheint, jedem Bürger unter allen Umständen die Möglichkeit der Stimmrechtsausübung zu garantieren, so muss man anderseits immerhin zugeben, dass ein demokratischer Staat mit allgemeinem Stimmrecht einen Weg suchen muss, um auch den Abwesenden (wenigstens iA gewissen Fällen) die Teilnahme an der Abstimmung zu ermöglichen, damit die Abstimmung oder die Wahl soweit wie möglich als Ausdruck des Willens der Allgemeinheit erscheint. Wir haben bereits im geschichtlichen Überblick gezeigt, dass diese Auffassung weit verbreitet ist und dass sie namentlich von denjenigen Bürgern vertreten wird, die sich sozusagen nach jeder eidgenössischen Abstimmung darüber beklagen, dass sie nicht mitstimmen konnten, weil sie aus dem einen oder andern Grunde keine Möglichkeit hatten, sich am Abstimmungstage in ihre Wohnsitzgemeinde zu begeben, um dort zu stimmen.

Die Bundeskanzlei hat im Jahre 1944 wieder begonnen, die Frage zu prüfen, wie man die vom Wohnsitz Abwesenden in die Lage versetzen könnte, ihr Stimmrecht auszuüben.

Im Meinungsaustausch mit den Staatskanzleien auf Grund der Kreisschreiben der Bundeskanzlei vom 22, April 1944 und vom 28. August 1944 ergab sich, dass von den verschiedenen vorgeschlagenen Verfahren nur zwei einer nähern Prüfung standhalten konnten. Es ist dies einerseits das Verfahren der Stimmabgabe auf dem Korrespondenzweg und anderseits ein Verfahren, das von der Bundeskanzlei als System Gemeindekanzlei/Post bezeichnet wurde.

Da das letztere unserer heutigen Vorlage zugrunde gelegt wurde, brauchen wir es hier nicht im einzelnen darzustellen, und es mag genügen, wenn wir kurz festlegen, worin sich die beiden Verfahren zur
Hauptsache unterscheiden.

Beim Verfahren der Stimmabgabe auf dem Korrespondenzwege verschickt der Stimmberechtigte selber den Stimmzettel mit der Post, während er beim System Gemeindekanzlei/Post seinen Stimmzettel persönlich einer Amtsstelle der Gemeinde übergibt, in welcher er am Stichtage anwesend ist. Diese Amtsstelle leitet dann den Stimmzettel an die zuständige Instanz des Wohnsitzes weiter.

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Das Schlussergebnis der Umfrage bei den Staatskanzleien, wobei 19 Antworten eingingen, kann wie folgt zusammengefasst werden : In zwei Antworten wurde die Auffassung vertreten, dass man darauf verzichten könnte, weiteren Kategorien von Stimmberechtigten, die bei einer Abstimmung von ihrem Wohnsitz abwesend sind, die Teilnahme an eidgenössischen Abstimmungen zu ermöglichen. Alle übrigen Staatskanzleien erklärten, es sei zu begrüssen, wenn weitere Erleichterungen geschaffen werden, vier davon sprachen sich für die Abstimmung auf dem Korrespondenzweg, die übrigen für das System Gemeindekanzlei/Post aus.

Auf Grund des Ergebnisses dieser Umfrage arbeitete die Bundeskanzlei ein Exposé zu Händen des Bundesrates aus, datiert vom 14. Juli 1945, das vom Bundesrat den Kantonsregierungen zur Stellungnahme unterbreitet wurde.

Auf diese Umfrage antworteten 17 Kantonsregierungen, wobei sich gegenüber dem Standpunkte der Staatskanzleien keine wesentlichen Veränderungen mehr ergaben. Fünf Kantone erklärten sich für die Abstimmung auf dem Korrespondenzweg und lehnten das System Gemeindekanzlei/Post als zu kompliziert ab, zwölf Kantone dagegen waren für das System Gemeindekanzlei/Post und lehnten das System der Stimmabgabe auf dem Korrespondenzwege ab, weil es zu.wenig Garantien gegen Missbräuche biete. Mit zwei Ausnahmen wurde in sämtlichen Antworten der Standpunkt vertreten, dass das Verfahren nur spielen könne, wenn der Bund die Angelegenheit für alle obligatorisch regle. Sehr umstritten blieb die Frage, ob und wie der Kreis der vom Wohnort Abwesenden umschrieben werden soll, denen man die vorgesehene Erleichterung bei der Stimmabgabe zugestehen wolle.

Nachdem nun die Kantone dreimal zum Worte gekommen sind, haben wir darauf verzichtet, den endgültigen Vorschlag nochmals den Kantonsregierungen vorzulegen. Die Meinungen sind gemacht. Der neue Vorschlag bringt keine so schwerwiegenden Änderungen, dass man sich nicht auf Grund des bereits vorliegenden umfangreichen Materials ein Bild über die Stellungnahme der Kantone zu den einzelnen Problemen machen könnte, um so mehr als es sich um eine Lösung auf einer mittleren Linie handelt.

C. Der Entwurf.

Bei der Eegelung des Stimmrechtes der von ihrem Wohnsitz Abwesenden geht es darum, ein möglichst einfaches Verfahren zu finden, welches gleichzeitig ein möglichst grosses Mass von Sicherheit verbürgt.

Je komplizierter wir das Verfahren gestalten, desto weniger wird es der vom Wohnsitz abwesende Stimmberechtigte benützen. Es hat keinen Sinn, ein ausgeklügeltes, mit allen Sicherheitsvorkehren ausgestattetes Verfahren, vorzusehen, wenn schliesslich nur eine kleine Zahl der abwesenden Stimmberechtigten dazu gebracht werden kann, sich seiner auch wirklich zu bedienen.

Man muss sich deshalb Eechenschaft geben, welche Gefahren bestehen, gegen welche Gefahren man sich zu schützen hat, und welche Gefahren man eventuell in Kauf nehmen kann, damit das Verfahren nicht zu kompliziert wird.

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Jede Lösung wird schliesslich auf einen Kompromiss zwischen Einfachheit und Sicherheit hinauslaufen müssen. Nachdem die Mehrzahl der Kantone das System Gemeindekanzlei/Post akzeptiert, scheint es uns richtig zu sein, von diesem System auszugehen und zu versuchen, daran weitere Vereinfachungen zu erzielen, um es auch für die Anhänger der Stimmabgabe auf dem Korrespondenzwege annehmbar zu machen.

Das erste Problem, das sich stellt, ist die -Frage, ob der Bund selber die erforderlichen Vorschriften über die Stimmabgabe der vom Wohnsitz Abwesenden aufstellen oder ob er lediglich die Kantone ermächtigen soll, die Stimmabgabe der vom Wohnsitz Abwesenden einzuführen. Im Bundesgesetz betreffend die eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen vom 19. Juli 1872 ist. die Eegelung des Abstimmungsverfahrens der kantonalen Gesetzgebung vorbehalten. Der Bund hat sich darauf beschränkt, einige grundlegende Vorschriften aufzustellen. Bei der Aufstellung der Vorschriften über die Stimmabgabe der vom Wohnort Abwesenden bei eidgenössischen Abstimmungen handelt es sich um grundsätzliche Vorschriften und um Fragen, die durch den Bund geregelt werden müssen, da die Eechtsgleichheit verletzt würde, wenn in einem Kanton die vom Wohnort Abwesenden ihr Stimmrecht in eidgenössischen Angelegenheiten ohne grosse Schwierigkeiten ausüben könnten, in einem andern Kanton strenge Vorschriften für das Verfahren aufgestellt würden und ein dritter Kanton diese Einrichtung überhaupt nicht einführen würde. Zudem handelt es sich bei eidgenössischen Abstimmungen um ein Gebiet, dem man den eidgenössischen Charakter kaum wird absprechen können. Es haben denn erfreulicherweise, wie wir gesehen haben, auch die Kantonsregierungen mit wenigen Ausnahmen erklärt, dass eine eidgenössische Lösung gefunden werden müsse.

, Es fragt sich weiter, ob man die Stimmabgabe der vom Wohnsitz Abwesenden an gewisse einschränkende Voraussetzungen knüpfen soll. In der Botschaft des Bundesrates zum Bundesgesetz über die Ermächtigung zur Ausübung des Stimmrechtes ausserhalb der Wohnsitzgemeinde vom 14. Dezember 1936 wird für die Abstimmung auf dem Korrespondenzweg verlangt, dass sie auf Sonderfälle beschränkt bleiben müsse, die besonders zu begründen seien. Man müsse verhindern, dass einzelne Bürger sich dieser Erleichterung bedienen, um ohne Grund sich der Pflicht,
persönlich zur Urne zu gehen, zu entziehen. Bei der Behandlung des genannten Entwurfes in den. eidgenössischen Eäten wurde schon in den Kommissionen der Kreis der Bürger weiter eingeschränkt, und einzelne Diskussionsredner erklärten, dass sich diese Erleichterungen nur gegenüber solchen Stimmberechtigten rechtfertigen, die wegen Krankheit oder wegen ihrer Arbeit von ihrem ordentlichen Wohnsitz abwesend sind. Die Kantonsregierungen haben zu diesem Problem nur teilweise Stellung genommen. Dagegen haben die Staatskanzleien bei der zweiten Umfrage ihre Auffassungen bekannt gegeben. 8 Staatskanzleien finden, es brauche keine weitere Begrenzung des Kreises der Berechtigten, wenn man alle die ausschalte, die nur kurzfristig vom Wohnort abwesend sind ; 9 Staats-

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känzleien verlangten weitere Einschränkungen. Sie wollten das Stimmrecht für Abwesende nur solchen Bürgern zuerkennen, die z. B. wegen Krankheit oder beruflicher Arbeit vom Wohnort abwesend sind.

Die Prüfung der Frage, ob der Grund der Abwesenheit vom Wohnort ein anerkennenswerter sei oder nicht, macht ein ziemlich umständliches Vorverfahren nötig. Der Stimmberechtigte muss ein Gesuch stellen, eine Behörde muss prüfen, ob die Voraussetzungen erfüllt sind, und, wenn dies der Fall ist, eine Bewilligung erteilen. Das hat allerlei Umtriebe und Komplikationen zur Folge, die den Stimmberechtigten abhalten, sich dieses Verfahrens zu bedienen, ohne dass man auf der andern Seite die Gewähr dafür besitzen würde, dass keine Missbräuche vorkommen könnten. Unser Entwurf verlangt deshalb lediglich, dass die Abwesenheit vom Wohnsitz mindestens am Montag vor der Abstimmung begonnen hat. Dadurch werden von vornherein alle diejenigen Fälle ausgeschaltet, bei denen es sich nur um eine ganz kurzfristige Abwesenheit handelt, wie dies z, B. beim Ausflug eines Gesangvereins oder bei der Teilnahme an Konferenzen oder an eidgenössischen Festen etc. der Fall wäre, wo die Teilnehmer oft schon von der Möglichkeit der Stimmabgabe am Vortage hätten Gebrauch machen können. Wer dagegen fast eine Woche von seinem Wohnort abwesend ist, dürfte für diese Abwesenheit auch in der Begel einen vernünftigen und anerkennenswerten Grund haben. Wenn dann schliesslich auch hie und da einer das Verfahren für Abwesende benutzt; dem man hätte zumuten können, an seinen Wohnsitz zurückzukehren und dort zu stimmen, so ist das in den Kauf zu nehmen. Die Gefahr, dass dieses Verfahren allgemein dazu benützt würde, um sich der Pflicht zu entziehen, persönlich zur Urne zu gehen, ist schon deshalb nicht ernst zu nehmen, weil der Stimmende ja auch am Anwesenheitsorte nicht vom Gang zur Stimmabgabestelle befreit wird.

Das Wesentliche an dieser Frist ist jedoch, dass sie den Behörden die Möglichkeit und die nötige Zeit gibt, die Stimmberechtigung des mit diesem Verfahren Stimmenden zu prüfen und zu verhindern, dass er ein zweites Mal in der gleichen Angelegenheit seine Stimme abgeben kann. (Vgl. Art. l des Entwurfes.)

In der Tat sind die beiden grössten Gefahren bei der « Stimmabgabe der Abwesenden» die Möglichkeit der Teilnahme von nicht Stimmberechtigten
und die Möglichkeit, dass ein an sich am betreffenden Orte Stimmberechtigter seine Stimme ein zweites Mal abgibt. Es ist klar, dass es sich hier um Gefahren handelt, die unter allen Umständen ausgeschaltet werden müssen. Ein Verfahren, bei dem man damit rechnen müsste, dass sich seiner auch nicht Stimmberechtigte bedienen könnten oder dass mehrmalige Stimmabgabe nicht verhindert werden könnte, würde das ganze Abstimmungsgeschäft in Misskredit bringen und das Vertrauen in die demokratische Einrichtung der Ermittlung eines unverfälschten Mebrheitswillens im Wege der Volksabstimmung schwer erschüttern.

Eine weitere Gefahr bei der Stimmabgabe durch Abwesende für die zuverlässige Ermittlung des Mehrheitswillens besteht darin, dass auch der Wille des einzelnen Wählers verfälscht werden kann, sei es dadurch, dass ein Dritter

746 mit oder ohne sein Einverständnis seinen Stimmzettel benutzt oder dass der Stimmberechtigte selber von einem Dritten veranlagst wird, den Stimmzettel anders auszufüllen, als dies seinem Willen und seiner Überzeugung entspricht.

Auch diese Gefahren sind erheblich genug, um dafür zu sorgen, dass sie weitmöglichst ausgeschaltet werden. Jedenfalls hat die Mehrzahl der Kantonsregierungen verlangt, dass gegen diese Gefahren Vorkehrungen getroffen werden.

Man kann ihnen dadurch begegnen, dass man den Stimmberechtigten veranlasst, den Stimmzettel persönlich in einem amtlichen Lokal auszufüllen und abzugeben, so dass man eine ähnliche Sicherheit hat wie bei der ordentlichen Urnenabstimmung.

Eine letzte Gefahr besteht darin, dass das Stimmgeheimnis nicht so gut garantiert werden kann wie bei der Urnenabstimmung. Man kann über ihre Bedeutung verschiedener Ansicht sein. Jedenfalls gibt es Stimmberechtigte, die es nur wagen, nach ihrer Überzeugung zu stimmen, wenn sie darauf zählen können, dass die Stimmabgabe geheim bleibt, weil sie mit Eecht oder Unrecht fürchten,1 wegen ihrer Stellungnahme Schwierigkeiten in ihrem Zivilleben gewärtigen müssen. Nachdem man für die ordentliche Abstimmung mittels Urnen alles getan hat, um das Stimmgeheimnis zu wahren, wird man auch in dieser Beziehung die Abwesenden nicht wesentlich schlechter stellen dürfen als die im ordentlichen Verfahren Stimmenden.

Was die Einfachheit des Verfahrens betrifft, sollte in erster Linie vermieden werden, dass sich der Stimmberechtigte an alle möglichen Instanzen wenden muss. Er sollte möglichst nur mit einer Instanz verkehren müssen, und zwar wenn möglich nur mit einer Amtsstelle der Anwesenheitsgemeinde.

Im weitern sollte man auch nach Möglichkeit ein grosses Hin- und Hersenden von Akten zwischen den verschiedenen Amtsstellen vermeiden.

Das von uns vorgesehene Verfahren lässt sich wie folgt charakterisieren: 1. Der von seinem Wohnsitz Abwesende begibt sich am Montag vor der Abstimmung auf die zuständige Amtsstelle der Anwesenheitsgemeinde und erhält dort das Stimmäterial, nämlich einen eidgenössischen Stimmzettel, ein Stimmkuvert und ein Zustellungskuvert.

2. Er füllt den Stimmzettel aus, versorgt ihn im Stimmkuvert, das keine Angaben über seine Person aufweist, und steckt dieses in das Zustellungskuvert, dessen Rubriken über seine
Person er vollständig ausfüllt.

3. Er übergibt das Zustellungskuvert dem zuständigen Beamten der Anwesenheitsgemeinde. Dieser prüft, ob sich die Personalien auf dem Zustellungskuvert mit den Angaben auf den Ausweisscbriften des Stimmenden decken, und bestätigt dies durch Anbringen einer Kontrollmarke, die er mit dem Stempel seiner Amtsstelle entwertet. Das Zustellungskuvert mit Inhalt leitet der Beamte der Anwesenheitsgemeinde an die Kontrollbehörde der Gemeinde, in welcher der Stimmende stimmberechtigt ist, weiter, 4. Die zuständige Kontrollbehörde, es wird in der Eegel die Gemeindekanzlei sein, prüft anhand der Stimmregister die Stimmbereohtigung und sorgt

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dafür, dass der Betreffende nicht ein zweites Mal stimmen kann. Hierauf schickt sie das immer noch verschlossene Zustellungskuvert an die kantonale Zahlstelle. Vermutlich werden die meisten Kantone die Staatskanzleien mit dieser Aufgabe betrauen.

5. Auf der kantonalen Zahlstelle werden die Zustellungskuverts geöffnet, die verschlossenen Stimmkuverts in eine Urne gelegt und am Abstimmungstage gesamthaft geöffnet. Das Ergebnis der Abstimmung wird unter der Bezeichnung «auswärtige Stimmen» zum Gesamtergebnis aller Gemeinden des betreffenden Kantons hinzugezählt.

s Will man unbedingt das Verfahren ohne wesentliche Erschwerung für den Stimmberechtigten auch für die Nationalrats-wahlen zur Anwendung bringen, so müsste lediglich ein eidgenössischer Stimmzettel für die Nationalratswahlen geschaffen werden. Dieser hätte mindestens so viel Linien aufzuweisen, dass er für den Kanton mit der grössten Vertreterzahl genügen würde, d. h. er müsste heute für die Wahl von 88 Abgeordneten den nötigen Platz aufweisen. Es wäre ein Ding der Unmöglichkeit, jede für die Abstimmung der Abwesenden zuständige Amtsstelle in der Schweiz zu veranlassen, das gesamte Stimmaterial aller Kantone für die Nationalratswahlen im Vorrat zu haben. Wenn nun ein Stimmberechtigter aus einem Kanton kommt, der eine kleinere Zahl von Nationalratssitzen zu besetzen hat, dann würden einfach die überflüssigen Linien leer gelassen. Schreibt einmal ein Wähler mehr Namen auf, als Sitze zu vergeben sind, dann würden die letzten überzähligen Namen einfach bei der Ermittlung des Abstimmungsresultates gestrichen.

Statt dessen kann aber der Wähler sich das Stimmaterial auch bei der Staatskanzlei des Kantons beschaffen, in welchem er stimmberechtigt ist. Er kann sich aber auch in den Kantonen, wo dies üblich ist, das Stimmaterial von seiner Partei beschaffen. Im Entwurf müsste lediglieh die Verpflichtung der Staatskanzlei konstatiert werden, dem auswärtigen Wähler auf Anforderung hin das gleiche Stimmaterial auszuhändigen wie den an ihrem Wohnsitz Stimmenden. Wenn die Kantone das Abstimmungsverfahren für Abwesende auch auf kantonale und kommunale Abstimmungen ausdehnen wollen, dann hätten sie hier schon einen Weg vorgezeichnet.

Der den Kantonsregierungen unterbreitete Vorschlag der Bundeskanzlei sah folgendes vor: 1. Der von seinem Wohnsitz Abwesende
verlangt mittels Brief oder Anforderungskarte von der zuständigen Behörde der Gemeinde, wo er stimmberechtigt ist, das Stimmaterial.

2. Die zuständige Behörde der Wohnsitzgemeinde prüft seme Stimmberechtigung und sorgt dafür, dass er nicht ein zweites Mal stimmen kann.

Sie füllt die Rubriken über die Persönlichkeit des Stimmberchtigten auf dem Znstellungskuvert genau aus.

8. Sie schickt das Stimmaterial an die Gemeindekanzlei der Anwesenheitsgemeinde und teilt dem Gesuchsteller mit, dass er das Material dort in Empfang nehmen kann.

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4. Der Stimmberechtigte begibt sich auf die Gemeindekanzlei der Anwesenheitsgemeinde, weist sich durch Vorlegen der Mitteilung der Wohnsitzgemeinde darüber aus, dass er die auf dem Zustellungskuvert angegebene Person ist, und übt sein Stimmrecht aus. Dann verschliesst er den Stimmzettel in einem Stimmkuvert und dieses im Zustellungskuvert.

5. Der Beamte der Gemeindekanzlei der Anwesenheitsgemeinde überzeugt sich, dass der Stimmende nicht etwa in den Stimmregistern der Anwesen heitsgemeinde figuriert, und bezeugt die richtig erfolgte Prüfung durch Anbringen des Gemeindestempels. Dann schickt er das verschlossene Zustellungskuvert an die Staatskanzlei des Kantons, in welchem der Betreffende stimmberechtigt ist.

6. Die Staatskanzlei öffnet die sämtlichen von allen Seiten eingegangenen Zustellungskuverts, legt die sämtlichen Stimmkuverts zusammen und öffnet nachher die Stimmkuverts. Sie ermittelt das Ergebnis der Abstimmung der auswärtigen Stimmberechtigten und zählt dieses zur Summe der Gemeinderesultate nach deren Bekanntwerden hinzu.

Der Unterschied zwischen unserm Vorschlag und dem Vorschlag, der den Kantonsregierungen unterbreitet wurde, besteht hauptsächlich darin, dass beim erstgenannten die Kontrolle der Stimmberechtigung und die Massnahme zur Verhinderung einer mehrmaligen Stimmabgabe nach der eigentlichen Stimmabgabe erfolgt, während beim zweitgenannten diese Kontrolle vorher erfolgt. Das letztere System hätte den Vorteil, dass in den Kantonen, die den Stimmberechtigungsausweis schon früh verteilen, dieser Ausweis an solche Stimmberechtigte, die um Zustellung des Abstimmungsmaterials ersuchen, nicht mehr abgegeben, sondern auf der Amtsstelle zurückbehalten würde.

Damit hätte man die einfachste und beste Sicherheit. Dagegen hat es den Nachteil, vor allem für den Stimmberechtigten, bedeutend komplizierter zu sein.

Beim Verfahren nach dem Entwurf werden, wenn der Stimmzettel des Abwesenden eingeht, die Stimmrechtsausweise an verschiedenen Orten bereits verteilt sein, und es braucht etwas mehr Überlegung, wie man eine zweite Stimmabgabe wirksam verhindern kann. Einen Vorteil hat man jedoch hier gegenüber dem ersten System insofern, als der Stimmberechtigte selber nicht mehr wählen kann, ob er am Abwesenheitsorto oder zu Hause stimmen wolle. Er hat seine Stimme als Abwesender abgegeben und
damit eine klare Situation geschaffen. Die Behörde weiss dies bereits am Mittwoch vor der Abstimmung.

Die Zeit bis zur Abstimmung sollte reichen, um zu verhindern, dass der gleiche Bürger ein zweites Mal stimmt. Wo die Stimmausweise noch nicht verteilt sind, können sie einfach zurückbehalten werden, dort, wo sie schon verteilt sind, gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder verlangt man die Stimmausweise wieder zurück, was an kleinen Orten ohne weiteres möglich ist, oder man gibt jedem Stimmbureau ein alphabetisch geordnetes Verzeichnis der Bürger, die im Verfahren für Abwesende ihr Stimmrecht schon ausgeübt haben. Anhand der abgenommenen Ausweise kann überdies nach der Abstimmung noch eine Nachkontrolle gemacht werden, so dass auch die Gewissenhaftigkeit der

749 Stimmbureaux geprüft werden kann. Wenn man dazu eine scharfe Strafandrohung gegenüber Missbräuchen aufstellt, so sollte auch dieses System genügend Sicherheit bieten.

Was den Entwurf aber gegenüber der früheren Lösung auszeichnet, ist seine grosse Einfachheit.

a. Der Stimmberechtigte, der im Abwesenheitsverfahren stimmt, hat gegenüber demjenigen, der an einer normalen Urnenabstimmung teilnimmt, lediglich die kleine Mehrarbeit zu leisten, dass er ein Zustellungskuvert ausfüllen und seine Ausweisschriften mitbringen musa.

b. Die zuständige Behörde der Anwesenbeitsgemeinde hat lediglich die gleiche Eolle zu spielen wie der Wahloffizier in der Armee.

c. Die zuständige Behörde der Wohnsitzgemeinde hat die Stimmberechtigung derjenigen zu kontrollieren, die bereits als Abwesende gestimmt haben, und zu sorgen, dass sie nicht ein zweites Mal stimmen können. Alle Zustellungskuverts gehen im Laufe von zwei Tagen ein, sie hat nur einmal mit der ganzen Abstimmerei der Abwesenden zu tun. Nachher kann sie alle Zustellungskuverts als eine Sendung an die Staatskanzlei weiterleiten.

d. Die Staatskanzlei hat nur das Abstimmungsresultat der auswärtigen Stimmberechtigten zu ermitteln und zum Gesamtergebnis aller Gemeinden des Kantons hinzuzuzählen.

Obwohl drei Instanzen beteiligt sind, kann keine Doppelspurigkeit vorkommen, weil eine vernünftige Arbeitsteilung in einem fortschreitenden Arbeitsgang durchgeführt wird. Jede Behörde hat ihre ganz bestimmt umgrenzte Aufgabe. Erst wenn sie ihre Aufgabe erfüllt hat, kommt die nächste Behörde an die Eeihe. Die Mehrbelastung trifft alle Instanzen ungefähr im gleichen Masse und ist keine allzugrosse. Sowohl der Stimmberechtigte, als auch die beteiligten Behörden haben immer nur mit einer Amtsstelle zu tun, nämlich mit der nächstfolgenden, der sie das Stimmaterial weiterzugeben haben.

Was die Sicherheit des Verfahrens anbelangt, so kann ein nicht Stimmberechtigter nicht daran teilnehmen, weil die von nicht Stimmberechtigten eingesandten Zustellungskuverts von der Amtsstelle der Wohnortsgemeinde ausgeschaltet werden. Eine mehrmalige Abstimmung kann ebenfalls mit relativ einfachen Mitteln ausgeschaltet werden. Die Gefahr der Beeinflussung des einzelnen Stimmberechtigten ist nicht grösser als im ordentlichen Verfahren, nachdem die Stimmabgabe nicht irgendwo, sondern in
einem amtlichen Lokal erfolgen kann, wo dafür gesorgt ist, dass der Bürger während der Ausübung seiner politischen Eechte nicht von Dritten beeinflusst werden kann. Schliesslich ist auch die Gefahr der Verletzung des Stimmgeheimnissea dadurch ausgeschaltet, dass die Stimmkuverts in den verschlossenen Zustellungskuverts auf die Staatskanzlei gelangen und dort in einer Art und Weise geöffnet werden, die die Wahrung des Stimmgeheimnisses garantiert.

Ein Nachteil dieses Verfahrens ist vielleicht, dass es nicht unverändert auch für die bettlägerigen Kranken angewendet werden kann. Zu diesen Pro-

750 blemen ist aber zu sagen, dass es für die Eidgenossenschaft schwer fallen dürfte, für diese Kranken eine Sonderregelung zu treffen, solange die Mehrzahl der Kantone nicht einmal den im Kanton domizilierten Kranken irgend eine Erleichterung in der Stimmrechtsausübung gewährt. Wenn man nicht die in einem Kanton wohnenden Kranken sohlechter stellen will als die auswärts wohnenden Kranken, dann müsste man zur Zeit eigentlich darauf verzichten, eine Lösung für auswärtige bettlägerige Kranke zu treffen. Im Entwurf sehen wir trotzdem ein Verfahren für solche Kranke vor, wobei wir es aber den Kantonen überlassen müssen, ob sie dieses System einführen wollen oder nicht.

Dort, wo es eingeführt wird, müsste es selbstverständlich für alle bettlägerigen Kranken des betreffenden Kantons gelten, für die im Kantone wohnenden so gut wie für die auswärtigen.

D. Die einzelnen Bestimmungen der Vorlagen.

Art. l schränkt durch die Vorschrift, dass nur solche Stimmberechtigte im Verfahren für Abwesende teilnehmen dürfen, die mindestens vom Montag vor der Abstimmung bis zum Abstimmungstage von ihrem Wohnsitze abwesend sind und voraussischtlich während dieser Zeit an dem Orte, wo sie ihre Stimme abgeben wollen, anwesend sein werden, den Kreis der Berechtigten stark ein. Das Wesentliche darüber haben wir bereits im allgemeinen Teil Art. 2. Hier wird die Stimmabgabe der von ihrem Wohnsitz Abwesenden in örtlicher und zeitlicher Beziehung geregelt. In der ganzen Schweiz stimmen alle vom Wohnsitz Abwesenden am gleichen Tage an den Orten, wo sie anwesend sind und voraussichtlich bis zum Tage der Abstimmung bleiben werden.

Wenn wir verlangen, dass gegenüber der zuständigen Amtsstelle der Anwesenheitsgemeinde das Vorliegen dieser Voraussetzungen glaubhaft zu machen sei, so deshalb, damit nicht einfach jeder Schweizerburger gerade dort stimmt, wo es ihm am besten passt, was ein Missbrauch dieses Verfahrens wäre. Anderseits kann man keinen strikten Beweis verlangen und muss sich mit der Glaubhaftmachung begnügen. Die Beurteilung, ob jemand voraussichtlich die ganze Woche am betreffenden Orte zu tun haben oder bleiben werde, ist relativ einfach; bei den meisten der das Stimmrecht Nachsuchenden wird sie sich ganz zwangslos ergeben, z. B. bei allen Saisonangestellten, bei den Kranken eines Sanatoriums, bei Arbeitern in einem Lager oder auf einem Werkplatz, bei Kurgästen. Wer die betreffenden Amtsstellen vorsätzlich mit Bezug auf die Dauer seines Aufenthaltes irreführt, wird bestraft.

Statt von Stimmrechtsausübung sprechen wir hier von der Stimmabgabe, um schon durch die Bezeichnung den Unterschied zwischen dem ordentlichen Verfahren und der Stimmabgabe der Abwesenden zu dokumentieren.

Art. 3. Wir haben hier absichtlich nicht die Gemeindekanzlei der Anwesenheitsgemeinde als zuständige Amtsstelle für die Durchführung der Abstimmung bezeichnet, weil hier den Kantonen die Freiheit gelassen werden muss, diese

751 Aufgabe derjenigen Instanz anzuvertrauen, die die beste Gewähr für eine gute Erledigung bietet. Allerdings muss es Bich um eine Gemeindeamtsstelle handeln, und der Kanton kann nicht etwa eine einzige Stelle für den ganzen Kanton bezeichnen, zu der sich die von ihrem Wohnsitz Abwesenden zu begeben hätten. Das wäre wieder eine Erschwerung in der Stimmabgabe, die nicht erwünscht ist. Es besteht eher die Meinung, dass die Stimmabgabe erleichtert werden soll, und deshalb lässt Art. 8 den Gemeinden durchaus die Freiheit, auch verschiedene Lokale für die Stimmabgabe vorzusehen. So kann z. B.

eine Gemeinde für die Insassen eines Sanatoriums oder die Arbeiter eines Werkplatzes ein Lokal im betreffenden Sanatorium oder einen Aufenthaltsraum in einer Baracke als Abstimmungslokal bezeichnen. Es steht auch nichts im Wege, dass auch die übrigen Bürger, die ihre Stimme im Verfahren für Abwesende abgeben wollen, in das gleiche Lokal aufgeboten werden. Ort und Zeit der Stimmabgabe müssen öffentlich bekannt gemacht werden.

Art. 4. Hier ist das System übernommen worden, das sich bei der Abstimmung der Wehrmänner im Militärdienst bewährt hat und das die Sicherheit gibt für eine bestmögliche Wahrung des Stimmgeheimnisses. In Absatz 8 verlangen wir, dass sich der Stimmende über seine Identität ausweist, weil sonst die Möglichkeit bestünde, dass ein Dritter an seiner Statt das Stimmrecht ausübt unter Verwendung seines Namens, sei es mit oder ohne Einverständnis des Berechtigten. Die Auffassung der Kantone, ob eine solche Kontrolle wünschbar und nötig sei, ging ziemlich weit auseinander. Uns erscheint diese Kontrolle auch deshalb als nützlich, weil rein psychologisch jede Kontrolle eine gewisse prophylaktische Wirkung hat und den einen und andern von einer Wablmogelei abhalten wird, der ohne diese Kontrolle vielleicht der Versuchung erlegen wäre. Eine grosse Mehrarbeit bedeutet diese Kontrolle nicht.

Wenn wir uns nicht damit begnügt haben, die Anbringung des Amtsstempels zu verlangen, sondern überdies noch eine Kontrollmarke anbringen lassen, so soll diese Massnahme neben der Sicherheitsfunktion auch dazu dienen, den Kantonen für die Mehrkosten, die ihnen aus diesem Verfahren erwachsen, eine Einnahme zu verschaffen. Für die Kontrollmarke wäre eine Taxe von 40 Rp. zu entrichten. Dies sollte keine allzu grosse
Belastung für den Stimmberechtigten bedeuten. Auf der andern Seite glauben wir, dass damit allfällige Mehrauslagen der betreffenden Amtsstellen gedeckt werden können.

Was die Frage betrifft, woher die Amtsstelle der Anwesenheitsgemeinde die Stimmkuverts, die Zustellungskuverts, die Stimmzettel und die Kontrollmarken nehmen soll, so glauben wir, dass es nicht lange dauern wird, bis man den durchschnittlichen Bedarf der einzelnen Gemeinden kennen wird. Nach diesem Bedarf wird jede Gemeinde vor einer Abstimmung ihre Bestellung via Staatskanzlei bei der Bundeskanzlei machen. Dieses Stimmaterial, dessen Text der Bund bestimmt, wird von der Bundeskanzlei gratis geliefert. Die Beschaffung von kantonalem Stimmaterial bei den Nationalratswahlen, die in Art. 9 geregelt ist, wäre die Sache des einzelnen Stimmberechtigten.

752 Wir haben vorgesehen, dass das Zustellungskuvert an die Stimmrechtsregisterbehorde des Wohnsitzes (Kontrollbehörde) zu adressieren sei. Damit keine Fehladressierungen vorkommen, ist die Adresse frei zu lassen und vom Beamten anhand des Verzeichnisses der in den einzelnen Kantonen zuständigen Kontrollbehörden zu adressieren. Meistens wird es sich um eine Behörde der Wohnsitzgemeinde handeln. Beim Kanton Genf z. B. jedoch, der nur ein zentrales kantonales Stimmrechtsregister besitzt, müsste die Sendung an die Direktion des Innern adressiert werden. Man hätte auch das Stimmaterial an die Staatskanzlei schicken und dieser die Aufgabe überbinden können, bei den einzelnen Wohnsitzgemeinden die Stimmberechtigung der auf dem Zustellungskuvert Genannten festzustellen. Das hätte aber wieder ein Herumschicken von Akten von einer Amtsstelle zur andern zur Folge gehabt, so dass es am zweckmässigsten ist, wenn das Material in jedem Kanton direkt an die Amtsstelle geht, die in der Lage ist, die Stimmberechtigung nachzuprüfen und die übrigen Massnahmen zu treffen, um eine nochmalige Stimmabgabe zu verhindern.

Es mag sein, dass in einzelnen Kantonen deswegen die Aufgabe einzelner Amtsstellen etwas anders geordnet werden müsste; grosse Änderungen dürften sich nicht ergeben.

Art. 5. Wir haben hier die Weiterleitung der Zustellungskuverts durch die Post vorgesehen. Es ist denkbar, dass wieder, wie seinerzeit bei der Diskussion in den eidgenössischen Bäten, der Einwand erhoben wird, die Versendung durch die Post bedeute eine Verletzung des in Art. 8 des B G betreffend die eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen vom 19. Juli 1872 aufgestellten Grundsatzes, dass Stellvertretung bei eidgenössischen Abstimmungen verboten sei. Dazu ist zu sagen, dass die Post hier nicht die Funktion eines Stellvertreters ausübt, sondern lediglich die Funktion eines Boten zwischen Behörden.

Wollte man übrigens solche Einwände gelten lassen, dann müsste man ohne weiteres erklären, dass die Begemng des 'Stimmrechtes der Abwesenden überhaupt nicht möglich sei ; denn irgendeinmal muss man die Post benutzen, wenn man der Wohnsitzgemeinde den Stimmzettel zukommen lassen will.

Art. 6. Das ist der wichtigste Artikel der Gesetzesvorlage. Er gibt die Gewähr dafür, dass das Abstimmungsergebnis eines Kantons nur durch die Willensäusserung seiner
Stimmberechtigten zustande kommen kann. Gleichzeitig bietet er zusammen mit Art. 12 die Gewähr, dass eine nochmalige Berücksichtigung der Stimmabgabe des gleichen Stimmberechtigten verunmöglicbt wird. Wir haben für die zweimalige Stimmabgabe in Art, 12 eine Strafandrohung aufgestellt; denn wer ein zweites Mal in der gleichen Frage seine Stimme abgibt, verdient eine Strafe, selbst wenn der erstrebte Erfolg, das Abstimmungsergebnis in -unerlaubter Weise zu beeinflussen, dank der Wachsamkeit der Kontrollinstanzen nicht erreicht wird.

Wir haben absichtlich die unbestimmte Form gewählt «sorgt dafür, dass nicht ein Stimmberechtigter ein zweites Mal au der gleichen Abstimmung seine Stimme abgeben kann», weil in jedem Kanton, je nach der Behörden-

753

organisation, die er getroffen hat, andere Massnahmen zur Erreichung dieses Zieles nötig sein -werden.

Wiederum könnte man sich fragen, ob man nicht lieber die Stimmzettel bei der Wohnsitzgemeinde behalten und am Abstimmungstage im Stimmkuvert verschlossen in die Urne legen will. Wenn wir hier eine Weiterleitung an eine kantonale Zählstelle vorsehen, so einfach deshalb, weil das Stimmgeheimnis so besser gewahrt wird, hauptsächlich wegen der grösseren Zahl der Stimmzettel. Wir glauben aber auch, dass ein Interesse daran besteht, das Ergebnis der Abstimmung der an ihrem Wohnsitz Stimmenden säuberlich von demjenigen der irgendwo auswärts Stimmenden zu trennen. Für die politischen Parteien ergeben sich aus dem Stimmresultat einer Gemeinde oft allerlei Fingerzeige. Wird das Eesultat durch das Mitzählen auswärtiger Stimmen beeinflusst, so können gewisse Schlussfolgerungen nicht mehr mit Sicherheit gezogen werden. Es ist festzustellen, dass die auswärtigen Stimmberechtigten eines Kantons oft unter ganz andern Einflüssen stehen als ihre Mitbürger im Kanton, was sich auch auf ihre Stimmabgabe auswirken kann.

Art. 7. Damit, dass auf der kantonalen Zahlstelle mehr Zustellungskuverts zusammenkommen als auf den einzelnen Gemeindekanzleien und dass die Stimmkuverts vermischt werden, bevor sie geöffnet werden, ist Garantie dafür geboten, dass das Stimmgeheimnis gewahrt wird.

Art. 8. Wenn wir verlangen, dass die Zustellungskuverts bis zum Ablauf der Eekursfrist aufbewahrt werden müssen, so deshalb, weil man im Abstimmungsverfahren der Armee die Erfahrung gemacht hat, dass ein solches Zustellungskuvert ein sehr bedeutungsvolles Aktenstück werden kann. Anhand der Zustellungskuverts kann auch die Nachkontrolle gemacht werden, ob die Abstimmungsbureaux ihre Aufgabe richtig erfüllt haben.

Art. 9. Für die Nationalratswahlen wird es dem Stimmberechtigten überlassen, sich die erforderlichen Wahldrucksachen zu beschaffen. Er kann sie dort, wo dies gestattet ist, direkt von seiner Partei beziehen. Dazu wird aber auch die Verpflichtung der Staatskanzlei statuiert, dem Stimmberechtigten das gleiche Material, das den am Wohnsitz Stimmenden ausgeteilt wird, auf Anforderung hin zuzustellen. Bestellungen, die später als elf Tage vor der Abstimmung (Mittwoch) eintreffen, müssen nicht mehr berücksichtigt werden.

Wir haben hier
absichtlich die Staatskanzlei als Adressat für die Anforderung von Stimmaterial bezeichnet, damit der Bürger nicht lange fragen muss, wo er in seinem Falle das Material verlangen muss. Selbstverständlich können die Kantone eine andere Behörde damit beauftragen. Die Staatskanzlei hätte dann nur die Bestellung weiterzuleiten. Auch wenn ein Stimmberechtigter es versäumt, dieses Material rechtzeitig zu bestellen, so hat er trotzdem noch die Möglichkeit, mittels des eidgenössischen Stimmzettels zu stimmen. Bei der zuständigen Amtsstelle der Anwesenbeitsgemeinde erhält er nämlich nicht nur das Stimmkuvert und das Zustellungskuvert, sondern auch noch den sogenannten eidgenössischen Stimmzettel, von dem schon früher die Bede war.

Bundesblatt. 99. Jahrg. Bd. II.

54

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Art. 10. Für kantonale und Gememdeabstimmungen kann das Stimmabgabeverfaliren für Abwesende nur im Wege des Konkordates eingeführt werden. Für solche Abstimmungen und Wahlen sind besondere kantonale Stimmkuverts und besondere Zustellungskuverts zu verwenden, die farbig sein müssen, damit sie sofort vom weissen eidgenössischen Formular unterschieden werden können. Das eidgenössische Stimm- und Zustellungskuvert darf für diese Wahlen und Abstimmungen nicht verwendet werden, damit bei der Auszählung keine Schwierigkeiten entstehen.

Art. 11. Bei der Regelung des Stünmrechts der bettlägerigen Kranken wäre darauf Bücksicht zu nehmen, dass einem Kanton, der für seine eigenen Stimmberechtigten bei Krankheit keine Erleichterung vorsieht, nicht zugemutet werden kann, diese Erleichterung für die Kranken, die in andern Kantonen stimmberechtigt sind, einzuführen. Es hätte dies eine stossende Bechtsungleichheit im Gebiete des gleichen Kantons zur Folge gehabt. Wir gehen jetzt den umgekehrten Weg. Eine Beihe von Kantonen hat bereits für die eigenen kranken Stimmberechtigten Erleichterungen vorgesehen. Diese Kantone sollen auch den Kranken, die in andern Kantonen stimmberechtigt sind, diese Erleichterungen gewähren, wobei aber gewisse Sicherheitsvorkehren, auf deren Notwendigkeit wir in anderm Zusammenhang hingewiesen haben, beachtet werden müssen. Dass ein ärztliches Zeugnis verlangt wird, erscheint uns unerlässlich, da sich sonst jedermann gerne dieser grossen Bequemlichkeit, im eigenen Zimmer zu stimmen, bedienen wird.

Wir sind uns bewusst, dass hier eine gewisse Gefahr besteht, dass der Stimmzettel vom Moment an, wo er im Zustellungskuvert das Zimmer des Kranken verlässt, bis zum Momente, wo er auf dem Amte der Anwesenheitsgemeinde eintrifft oder eintreffen sollte, abgeändert oder beseitigt werden kann.

Es ist schwer au beurteilen, wie hoch diese Gefahr einzuschätzen ist. Die Kranken sind schliesslich genötigt, noch weit wichtigere Sendungen durch irgend jemandem zur Post bringen zu lassen. Es scheint uns, dass die Gefahr der Entdeckung gegenüber dem zu erwartenden Erfolg zu gross ist, als dass es interessant sein könnte, auf die Jagd nach bereits ausgefüllten und im Zustellungskuvert versorgten Krankenstimmzetteln zu gehen. Man wird auch annehmen dürfen, dass der Kranke den Stimmzettel zur Spedition doch,
im allgemeinen jemandem übergibt, dem er Vertrauen schenken kann, in den meisten Fällen wohl einem Familienglied oder dem Pflegepersonal. Bedeutend rentabler für einen Stimmzetteljäger und deshalb auch gefährlicher schätzen wir die Möglichkeit ein, dass die Kranken vor der Stimmabgabe aufgesucht und bearbeitet werden, wie sie den Stimmzettel ausfüllen sollen. Aber auch hier wird das sehr erhebliche Bisiko, dass man nie weiss, wann man an die falsche Adresse geraten kann, hemmend wirken. Die Gefahr besteht, und sie ist besonders grose dort, wo es sich darum handelt, einen erkrankten Arbeitskollegen zu bearbeiten. Hier besteht natürlich die Möglichkeit, dass der stimmende Kranke in Gegenwart eines Beobachters anders stimmt, als wenn er allein wäre. Darf man aber deswegen, weil einzelne beeinflussbare ängstliche und willensschwache

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Naturen sich dieser Beeinflussung nicht entziehen können, die Kranken von der Teilnahme an der politischen Willensbildung ausschliessen ? Wir wollten das Abholen der Stimmzettel durch Gemeindefunktionäre oder eine neutrale Kommission nicht vorschreiben, weil dadurch das Verfahren vielfach kompliziert und mancherorts auch verteuert würde, ohne dass dabei die Missbräuehe ganz ausgeschaltet werden können, überlassen es aber den Kantonen, eventuell dieses Verfahren vorzusehen. Wir glauben doch, dass die Strafandrohung für die Vergehen gegen den Volkswillen genügen sollten, um im grossen und ganzen auch ohne dieses Abholen der Stimmzettel Ordnung halten zu können.

Art. 12, Die Erhebung einer Gebühr für die Kontrollmarke wird sicher da und dort die Kritik herausfordern. Dabei gibt es aber Gegner der Stimmabgabe durch Abwesende, die es ohne weiteres als zumutbar finden, zu verlangen, dass der Stimmberechtigte auf seine Kosten sich am Abstimmungstage vom Anwesenheitsorte an seinen Wohnort begibt, nur um den Stimmzettel persönlich in die Urne werfen zu können. Wie mancher muse das Tram oder ein anderes Verkehrsmittel benutzen, um zum Stimmlokal zu fahren. Wenn man das Stimmaterial von der Wohnsitzgemeinde kommen lassen müsste, wenn man dort einen Stimmausweis beziehen müsste, wenn man das Zustellungskuvert selbst per Post zu spedieren hätte, so müsste man dafür auch das Porto entrichten. Es ist deshalb wirklich nicht einzusehen, warum man für den Vorteil, am Anwesenheitsorte in einem sehr bequemen Verfahren stimmen zu können, nicht sollte einen kleinen Obolus in dieser Höhe entrichten können.

Art. 13. Zu den Strafbestimmungen haben wir weiter keine Bemerkungen zu machen. Die Strafandrohung entspricht derjenigen des vierzehnten Titels des schweizerischen Strafgesetzbuches für die übrigen Vergehen gegen den Volkswillen.

E. Abgabe der Stimmzettel am Freitag vor der Abstimmung.

In einem Kreisschreiben vom 16. März 1925 hat der Eundesrat den Kantonen gestattet, «dass in Gemeinden, wo die Urne am Vortage nur während des späteren Abends oder gar nicht aufgestellt wird, ein Stimmberechtigter, der an der Stimmabgabe zur festgesetzten Zeit aus wesentlichen Gründen verhindert ist, seinen verschlossenen Stimmzettel von 12 Uhr mittags des Vortages an einen Gemeindebeamten abgeben kann». Da der Bundesrat kurz darauf
(Kreisschreiben vom 8. April 1925) die Stimmabgabe während des ganzen Samstags freigab, gestattete er zur gleichen Zeit auch, den Stimmzettel schon vom Samstagmorgen an einem Gemeindebeamten abzugeben, Bei einem Meinungsaustausch über die Stimmabgabe von Ortsabwesenden wurde vom Vertreter eines Kantons die Frage aufgeworfen, ob nicht die Kantone ermächtigt werden könnten, die Möglichkeit der Abgabe des Stimmzettels an einen Gemeindebeamten schon auf Freitag anzusetzen. Der Bundesrat hat diese Frage in seinem Kreissohreiben vom 25. April 1925 bereits untersucht, und er hat festgestellt, dass die vorzeitige Annahme des Stimmzettels einen

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Verstoss gegen den vom eidgenössischen Gesetzgeber aufgestellten Grundsatz bedeute, wonach eine Wahl oder Abstimmung auf dem ganzen Gebiete der Eidgenossenschaft an ein- und demselben Tage stattzufinden habe. Der Bundesrat stützt sich dabei auf Art, 9 des Gesetzes vom 17, Juni 1874 betreffend Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse. Man kann sich fragen, ob diese Auslegung nicht zu weit geht, wenn man bedenkt, welche Bedeutung der Vorschrift von Art. 9 zukommt. Es soll verhindert werden, dass die Kantone verschiedene Termine für die Abstimmung festlegen, da sonst zweifellos ernste Schwierigkeiten hervorgerufen werden könnten, indem die Publikation des Abstimmungsergebnisses einer früheren Abstimmung die folgenden beeinflussen würde. Damit aber, dass man ein verschlossenes Kuvert mit dem Stimmzettel früher abgibt, wird die folgende Abstimmung nicht beeinflusst. Die Stimmabgabe wirkt sich erst im Momente aus, wo das Stimmkuvert geöffnet wird, was gleichzeitig mit der Zählung der übrigen eingelangten Stimmzettel der Fall ist.

Nachdem wir die Einführung der Stimmabgabe für Ortsabwesende 6 Tage vor der ordentlichen Abstimmung vorsehen, wird schon dadurch das Prinzip einer einheitlichen Stimmabgabe im engsten Sinne des Wortes durchbrochen, was übrigens schon bereits durch das Abstimmungsverfahren der Armee und die Möglichkeit der Stimmabgabe am Samstag geschehen ist.

Juristische Argumente dürften sich deshalb kaum finden lassen, um die Berechtigung der Vorschrift, dass die Stimmgebung des ganzen Volkes auf dem ganzen Gebiete der Eidgenossenschaft an ein- und demselben Tage zu erfolgen habe, nachzuweisen. Unter diesen Gesichtspunkten würde daher nichts im Wege stehen, die bisherige gesetzliche Regelung zu ändern.

Ein andere Frage ist jedoch, ob eine solche Vorverlegung als wünschenswert zu erachten ist. Sicherlich hätte sie zur Folge, einem grossenTeil der Stimmberechtigten, die am Samstag und Sonntag verhindert sind, ihr Stimmrecht auszuüben, die Erfüllung dieser Bürgerpflicht zu ermöglichen. Anderseits ergäben sich aber daraus, dass die Stimmzettel schon längere Zeit vor der Abstimmung einem Gemeindebeamten abgegeben werden müssen, gewisse Gefahren, und die Sicherheit, dass die betreffende Stimme wirklich schliesslich in die Urne kommt, hängt dann ausschliesshch von der Zuverlässigkeit
eines Beamten ab. Ebenso steht es mit der Wahrung des Stimmgeheimnisses. Einen weiteren Nachteil sehen wir darin, dass man neben den bereits bestehenden noch weitere Unterschiede im Verfahren der einzelnen Kantone schafft in einer eidgenössischen Angelegenheit, in welcher dem Gesichtspunkte rechtsgleicher Behandlung keine geringe Eolle zukommt. Auch befürchten wir, dass man dann in der Gewährung der Erleichterungen auf eine schiefe Bahn geraten würde. Nach unserem Vorschlag würden die vom Wohnsitz Abwesenden in in der ganzen Schweiz an ein- und demselben Tage stimmen und die am Wohnsitz Anwesenden ebenfalls an einem Tage, wobei aber das kantonale Eecht auch die Abstimmung am Vortage gestatten könnte. Würde man nun den Kantonen gestatten, die Stimmabgabe am Freitag einzuführen, dann hätten

757 die am Wohnort Anwesenden in gewissen Kantonen drei Tage zur Verfügung, um ihr Stimmrecht auszuüben. Sicher würde man sehr bald die verschiedensten Gründe finden, um auch für die Abwesenden ähnliche Erleichterungen zu fordern. Man würde vielleicht erklären, dass in gewissen Gemeinden ein derartiger Sturm auf die Stimmbureaux einsetze, dass eine geordnete Stimmabgabe nicht mehr möglich sei, so dass man vorläufig neben dem Montag noch den Dienstag als Stimmabgabetag einführen würde. Damit würde ausser dem Mittwoch und dem Donnerstag an gewissen Orten während einer ganzen Woche gestimmt. Diese Ausdehnung ist mit gewissen Gefahren verbunden. Einmal leidet die Zuverlässigkeit der Kontrolle der Stimmberechtigung und der mehrfachen Stimmabgabe darunter, aber auch die Gefahren für die Möglichkeit einer Verletzung des Stimmgeheimnisses mehren sich.

Wir haben anlässlich der Umfrage bei den Kantonsregierungen auch die Frage gestellt, ob sie es für wünschenswert erachten, dass man eine Stimmabgabe auch am Freitag gestatte. Auf diese Frage gingen nur wenige Antworten ein, nämlich vier Ja, sieben Nein, ein Unentschieden. Der Begierungsrat des Kantons Zürich allerdings schrieb: «In bezug auf die vorzeitige persönliche Stimmabgabe von Stimmberechtigten, die am Abstimmungstage und am vorausgehenden Samstag abwesend sind, beantragen wir Ihnen dringend, die Möglichkeit der Stimmabgabe schon vom Mittwoch vor dem Abstimmungssonntag an vorzusehen und damit eine grosszügige Lösung des Problems zu ermöglichen.» Wir begreifen den Standpunkt der Zürcher Eegierung, denn sicher sind die Verhältnisse in einer Großstadt nicht mit denen in einer Landgemeinde zu vergleichen. Merkwürdigerweise lehnt aber z. B. der Kegierungsrat des Kantons Baselstadt die Stimmabgabe am Freitag entschieden ab. Wir glauben, dass trotz des energischen Vorstosses des Kantons Zürich aus diesem Ergebnis der Umfrage nicht geschlossen werden kann, dass zurzeit ein allgemein dringendes Bedürfnis nach der Einführung dieser Erleichterung besteht. In Anbetracht der bereits geschilderten Gefahren gelangen wir deshalb dazu, die Möglichkeit der Stimmabgabe am Freitag nicht vorzusehen.

Indem wir Sie bitten, dem nachstehenden Entwurf zu einem Bundesgesetz Ihre Genehmigung zu erteilen, benützen wir den Anlass, Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

Bern, den 20. August 1947.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Vizepräsident: Celio.

Der Bundeskanzler: Leimgmber.

758 (Entwurf.)

Bundesgesetz über

die Ausübung des Stimmrechtes durch die von ihrem Wohnsitz Abwesenden.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 20. August

1947, beschliesst:

I. Das Verfahren in der Anwesenheits gemeinde.

a. Voraussetzungen.

6. Ort und Zeit der Stimmabgabe.

Art. 1.

Stimmberechtigte, welche sich bei eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen nicht an ihrem politischen Wohnsitz befinden (Art. 3 des Bundesgesetzes vom 19. Juli 1872 über die eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen) haben Gelegenheit, sich an diesen Wahlen und Abstimmungen zu beteiligen, sofern die Abwesenheit vom Wohnsitze und die Anwesenheit am Orte, wo sie an der Abstimmung oder Wahl teilnehmen wollen, mindestens am Montag vor der Abstimmung begonnen hat und voraussichtlich bis zum Abstimmungstage dauern wird.

Art. 2.

Der von seinem Wohnsitz abwesende Stimmberechtigte gibt seine Stimme am Montag vor dem Abstimmungstage an dem Orte ab, wo er in diesem Zeitpunkte anwesend ist und voraussichtlich bis zum Abstimmungstage bleiben wird.

2 Er hat das Vorliegen dieser Voraussetzung der zuständigen Amtsstelle der Anwesenheitsgemeinde glaubhaft zu machen.

1

Art. 8.

c. Amtsstelle der Die Kantone bezeichnen die zuständigen Amtsstellen in den GemeinAnwesenheits- den wo die von ihrem politischen Wohnsitze abwesenden Stimmberechtigten ihre Stimme abgeben können. Die Gemeinden sorgen dafür, dass

759 die Stimmabgabe unter Wahrung des Stimmgeheimnisses in einem geeigneten Lokal erfolgen kann. Ort und Zeit der Stimmabgabe sind öffentlich bekanntzumachen.

Art. 4.

1 Die zuständige Amtsstelle in der Anwesenheitsgemeind händigt d. Die stimmdem die Abstimmung für Abwesende nachsuchenden Stimmberechtigten absabe.

einen Stimmzettel, ein Stimmkuvert und ein Zustellungskuver aus, die von der Bundeskanzlei aufgestellt werden und bei ihr über die kantonale Staatskanzlei rechtzeitig vor einer Abstimmung zu bestellen sind.

2 Der Stimmberechtigte füllt den Stimmzettel aus, versorgt ihn im Stimmkuvert und das verschlossene Stimmkuvert im Zustellungskuvert, das er ebenfalls verschliesst. Hierauf füllt er die auf dem Zustellungskuvert vorhandenen Rubriken aus, mit Ausnahme der Adresse, und übergibt dieses dem Beamten der zuständigen Amtsstelle der Anwesenheitsgemeinde unter Vorlage des Heimatscheines, des Schriftenempfangscheines oder eines gleichwertigen Legitimationspapiers.

3 Der Beamte prüft, ob die Angaben auf dem Zustellungskuvert und dem Identitätsausweis übereinstimmen und ob der die Stimme Abgebende nicht in den Stimmregistern der Anwesenheitsgemeinde eingetragen ist. Ist alles in Ordnung, so bestätigt er dies, indem er auf der Bückseite des Zustellungskuverts eine Kontrollmarke und den Amtsstempel anbringt.

Art. 5.

Die zuständige Amtsstelle der Anwesenheitsgemeinde adressiert « · Weiterieitung das Zustellungskuvert an die Kontrollbehörde des Wohnsitzes und trollbehörde übergibt es am Dienstag vor der Abstimmung der Post. Die Sendung ' erfolgt portofrei.

Art. 6.

1 Die Kantone bezeichnen die Kontrollbehörden für die Prüfung n. verfahren vor der Stimmberechtigung der ausserhalb des Wohnsitzes Stimmenden und stellen die Vorschriften auf, um eine nochmalige Stimmabgabe zu verhindern.

2

Die Kontrollbehörde prüft anhand der Angaben auf dem Zustellungskuvert die Stimmberechtigung und sorgt dafür, dass weder die Stimme eines Unberechtigten berücksichtigt wird noch ein Stimmberechtigter ein zweites Mal an der gleichen Abstimmung seine Stimme abgeben kann.

3 Spätestens am Freitag vor der Abstimmung sind die sämtlichen Zustellungskuverts an die für die Ermittlung des Stimmergebnisses der Abwesenden zuständige Amtsstelle des betreffenden Kantons (Zahlstelle) weiterzuleiten. In Kantonen, in denen eine kantonale Amtsstelle

a

Prüfung der

760

als Kontrollbehörde bezeichnet wird, kann diese als Zählstelle bestimmt werden. Zustellungskuverts, die von einem in der betreffenden Gemeinde nicht Stimmberechtigten eingehen, werden mit einem entsprechenden Vermerk als ungültig erklärt.

b. Ermittlung des Stimmergebnisses,

Aufbewahrung der Zustellungskuverts.

Art, 7.

Die kantonale Zählstelle scheidet zunächst die als ungültig bezeichneten Zustellungskuverts aus. Die gültigen Zustellungskuvert werden geöffnet. Das Ergebnis der von auswärtigen Stimmberechtigten eingehenden Stimmen wird hierauf ermittelt und unter der Rubrik «auswärtige Stimmen» zum Gesamtergebnis aller Gemeinden des betreffenden Kantons hinzugezählt.

Art. 8.

Die kantonale Zählstelle bewahrt die Zustellungskuverts bis zum Ablaufe der für Wahlen und Abstimmungen aufgestellten gesetzlichen Eekursfrist auf (vgl. Art. 10 des BG betreffend die eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen und Art. 20 der W zum BG betreffend die Wahl des Nationalrates).

Art. 9.

in. Anforderung stimmungs materiais.

a.

wahlen,

1

Für die Nationalratswahlen hat der Abwesende die erforderlichen Wahldrucksachen (leerer Stimmzettel, Parteilisten) selbst zu beschaffen.

Die Staatskanzleien der Kantone sind verpflichtet, den Abwesenden dieses Material kostenlos zuzustellen oder zustellen zu lassen, Vorausgesetzt, dass dieses bis spätestens am elften Tage (Mittwoch) vor der Abstimmung bestellt wird, 2 Stimmberechtigte, die kein Abstimmungsmaterial bestellt haben oder dieses nicht rechtzeitig erhalten, bedienen sich des eidgenössischen leeren Wahlzettels, der am Tage der Stimmabgabe von der Amtsstelle der Anwesenheitsgemeinde bezogen werden kann.

Art. 10.

b. Für AbstimSofern Kantone durch Konkordat das vorstehende Verfahren auch Waiden von für Wahlen und Abstimmungen von Kanton und Gemeinden einführen, sind folgenden Vorschriften zu beachten: a. Für die Versendung der Stimmzettel für Wahlen und Abstimmungen von Kanton und Gemeinden dürfen das eidgenössische Stimmund Zustellungskuvert nicht benützt werden.

b. Werden in ein eidgenössisches Stimmkuvert auch Stimmzettel für kantonale und Gemeindeabstimmungen gelegt, so ist der betreffende eidgenössische Stimmzettel ungültig. Wenn ein Kanton

761 für die Stimmabgabe der Abwesenden ebenfalls die Verwendung von Stimm- und Zustellungskuverts vorsieht, so sind diese farbig zu halten, damit sie gut von den weissen eidgenössischen Drucksachen unterschieden werden können.

Art. 11.

Ein Kanton, der den auf seinem Gebiete stimmberechtigten Kran- v. stìmmken, die nicht selber zur Urne gehen können, Erleichterungen gewährt, Kranton, hat auch den in andern Kantonen stimmberechtigten Kranken, die am Montag vor der Abstimmung in seinem Gebiete anwesend sind und voraussichtlich bis zur Abstimmung noch bleiben werden, die Stimmabgabe zu ermöglichen.

a Dabei sind mindestens folgende Sicherheitsvorsohriften zu beachten : a. Der Kranke hat der zuständigen Amtsatelle der Anwesenheitsgemeinde ein ärztliches Zeugnis vorzulegen, in welchem bestätigt wird, dass er ausserstande ist, sich persönlich aufs Stimmabgabelokal zu begeben.

b. Der Kranke verlangt von seiner Anwesenheitsgemeinde die Zustellung des Stimmzettels, des Stimm- und des Zustellungskuverts an seine Adresse.

c. Den ausgefüllten Stimmzettel versorgt er im Stimmkuvert und dieses wiederum im Zustellungskuvert und schickt alles zusammen mit einem Ausweispapier 'an die zuständige Amtsstelle der An1

d. Der zuständige Beamte prüft, ob das Zustellungskuvert mit dem vorgelegten Ausweis übereinstimmt, überzeugt sich, dass der Kranke nicht etwa in der Anwesenheitsgemeinde stimmberechtigt ist und dass er krank ist und verfährt im übrigen gemäss Art. 4 und 5.

e. Die Ausweisschriften sind nach Gebrauch unverzüglich zurückzugeben.

3 Die Kantone können statt dessen anordnen, dass der ordnungs gemäss im Zustellungskuvert verschlossene Stimmzettel durch eine Delegation des Wahlbureaus abgeholt wird, wobei auf die Vorlage des Arztzeugnisses verzichtet werden kann.

4 Die Art. 4 und 5 finden sinngemäss Anwendung.

Art. 12.

Der Stimmende hat für die Kontrollmarke eine Taxe von 40 Ep. v. Gebühr.

zu entrichten. Die Kantone erlassen Bestimmungen darüber, wie dieser Erlös zur Deckung der durch dieses Verfahren erwachsenden Mehrkosten zwischen Kanton und Gemeinden zu verteilen ist.

762 Art. 13.

1

vi. Strafbestimmungen

verfahren

Wer durch, unwahre Angaben die Beteiligung am Abstimmungsfür vom politischen Wohnsitz Abwesende erschleicht, wer vorsätzlich auf dem Zustellungskuvert unwahre Angaben über seine Person oder seine Stimmberechtigung macht, wer bei der nämlichen Abstimmung oder Wahl sein Stimmrecht mehrmals ausübt, wird mit Gefängnis oder Busse bestraft.

2 Im übrigen gelten die Bestimmungen des vierzehnten Titels des schweizerischen Strafgesetzbuches vom 21. Dezember 1937.

VII.Inkraft-treten -

Art. 14.

Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes.

7129

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurf eines Bundesgesetzes über die Ausübung des Stimmrechtes durch die von ihrem Wohnsitz Abwesenden. (Vom 20. August 1947.)

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1947

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33

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21.08.1947

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