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Bundesblatt 99. Jahrgang.

Bern, den 12. Juni 1947.

Band II.

Erscheint wächentlicH, Preis 38 Franken im Jahr, IS Franken im Halbjahr, zmügltch Nachnahme- und Posttestellnngsgebühr.

EinrncltnngsgeWhr.- 50 Rappen dio Petitzeile odor deren Raum. -- Inserate franko an Stämpfli & de. in Bern.

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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend das Postulat Oeri über die Fortführung der Hilfstätigkeit.

(Vom 6. Juni 1947.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Der Bundesrat hat am 24, März im Nationalrat folgendes Postulat angenommen: «Angesichts der für den Sommer bevorstehenden gänzlichen Erschöpfung der Mittel der Schweizer Spende wird der Bundesrat eingeladen, den eidgenössischen Bäten baldmöglichst einen Bericht darüber vorzulegen, was geschehen kann, um der Schweiz die weitere Teilnahme an der Bekämpfung des europäischen Elends zu ermöglichen.»

Bevor wir auf den Gegenstand genauer eintreten, seien ein paar allgemeine Betrachtungen vorausgeschickt.

I.

Die Schweiz hat ihre Möglichkeiten schon während des Krieges und dann in gesteigertem Masse in der Nachkriegszeit in den Dienst der Hilfe an die Opfer des Krieges gestellt. Dazu führten sie in erster Linie Gefühle der Menschlichkeit und der Verbundenheit mit den notleidenden Völkern, dann aber auch ihre mit der humanitären Tätigkeit eng verbundene Neutralität. Nach Beendigung des Krieges ist die Hilfstätigkeit nicht so sehr ein Korrelat unserer Neutralität als ehi Zeichen der Solidarität, des Willens, in aktiver Weise am Wiederaufbau Europas mitzuwirken. Sowohl im Kriege als in der Nachkriegszeit ist somit die schweizerische Hilfstätigkeit, wenn wir von der menschlichen Seite des Problems absehen -- die wir freilich nie aus dem Auge verlieren dürfen, über die aber viel Worte zu verhören hier nicht angezeigt wäre ---, von eminent politischer Bedeutung im Sinne der Behauptung und Festigung der Stellung der Schweiz in der Völkergemeinschaft.

Die Nachkriegshilfe im besondern spielt sich auf den beiden Ebenen der Hilfe durch internationale Organisationen und der Hilfe von Nation zu Nation ab.

Bandesblatt. 99. Jahrg. Bd. II.

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302 Unter den internationalen Hilfsorganisationen spielte die UNEEA die grösste Eolle. Ihre Beendigung erfolgte, obwohl die Not, zu deren Linderung sie bestimmt war, noch weiter bestand. Durch Schaffung von Nachfolgeorganisationen wurde die Lücke zu überbrücken versucht. So haben die Weltgesundheitsorganisation und die UNESCO gewisse beschränkte Aufgaben der UNEEA übernommen. Andere Aufgaben sollen an die Internationale Flüchtlingsorganisation (IEO) übergeben werden. Sodann wurde der Internationale Kinderfonds (ICEF) gegründet, während für weitere Projekte die Aussicht auf Verwirklichung noch ungewiss ist.

Die Schweiz hat nur in verhältnismässig bescheidenem Masse zu der Tätigkeit der internationalen Hilfsorganisationen beigetragen. Der UNEEA blieb sie vollständig fern. Dein Internationalen Kinderfonds, in dessen Verwaltungsrat sie den ihr angebotenen Sitz angenommen hat, musate sie mitteilen, dass bis auf weiteres keine Mittel für einen Beitrag vorhanden seien.

Das Hilfsprogramm der Weltgesundheitsorganisation, das ohnehin von geringem Umfang ist, wird durch einen Beitrag der UNEEA bestritten. Die Mitwirkung am Wiederaufbauprogramm der UNESCO und am Programm der IBO, die an sich unter Vorwegnahme des formellen Beitrittes zu diesen Organisationen möglich ist, konnte aus finanziellen Gründen ebenfalls nicht realisiert werden.

Es bleibt also lediglich die Mitwirkung an der Tätigkeit des Intergouvernementalen Flüchtlingskomitees mit 2 Millionen Franken, wenn wir von der Unterstützung des Internationalen Komitees vom Boten Kreuz (IKEK) absehen, dessen Aufgaben diese Institution einer internationalen Hilfsorganisation angleichen lassen. Für das IKEK gab die Schweiz aus privaten und öffentlichen Mitteln 80 Millionen, womit weit über die Hälfte der administrativen Ausgaben dieses Hilfswerkes bestritten werden konnte.

Das Schwergewicht der schweizerischen Hilfstätigkeit lag von jeher bei den nationalen Hilfsaktionen. Fassen wir die Hilfe während des Krieges und in der Nachkriegszeit zusammen, so sind vor allem die Plüchtlingshilfe mit 187 Millionen und die Tätigkeit des Schweizerischen Boten Kreuzes und seiner Kinderhilfe mit 97 Millionen zu erwähnen. Die Schweizer Spende mit 188 Millionen kann als Ersatz dafür angesehen werden, dass es uns nicht möglich war, der UNEEA beizutreten. Durch Gewährung von
Porto- und Frachtfreiheit verzichteten der Bund und die Schweizerischen Bundesbahnen auf Einnahmen von 45 Millionen; diese Vergünstigung kam auch allen ausländischen Sendungen zugute, die den Weg durch die Schweiz nahmen. Schliesslich ist der zahllosen grösseren und kleineren Hilfswerke zu gedenken, die im Laufe der Jahre zusammen 40 Millionen gesammelt haben. Alle diese Posten ergeben zusammen 589 Millionen Franken. In dieser Summe sind nur die kollektiven Hilfsaktionen Inbegriffen, nicht aber die Liebesgabensendungen an Verwandte und Bekannte, die in letzter Zeit einen gewaltigen Aufschwung genommen haben und beim heutigen Stand des Umsatzes auf 100 Millionen jährlich geschätzt werden können. Die Zahl von 589 Millionen könnte auch dadurch ergänzt werden, dass man die 250 Millionen hinzu rechnet, die in Washington als Beitrag der Schweiz

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an den Wiederaufbau Europas vereinbart wurden und zu denen sich weitere Summen bei Liquidation der deutschen Guthaben in der Schweiz gesellen werden. Ferner kann in diesem Zusammenhang, obwohl es sich nur um Vorschüsse handelt, ein Hinweis auf die Ausgaben für die Internierung von 213 Millionen und auf die Handelskredite von insgesamt 885 Millionen erfolgen, II.

Es stellen sich im Zusammenhang mit dem Postulat Oeri vor allem drei Fragen, von deren Beantwortung das weitere Vorgehen abhängt : Soll die HÜfstätigkeit fortgeführt oder kann .sie abgebrochen werden ? Wenn sie fortgeführt werden soll, in welchem Umfang und in welcher Form soll dies geschehen?

Wie werden die Kosten der künftigen Hilfstätigkeit finanziert ?

Entgegen den Erwartungen, dass eine Hilfe von relativ kurzer Dauer nach Kriegsschluss die Völker instand setzen werde, sich wieder selber zu helfen, herrscht heute in Europa noch grosse Not. Dies rührt zum grossen Teil daher, dass die Beserven der Völker durch die lange Dauer der Entbehrungen aufgezehrt sind, so dass selbst dort, wo sich eine Entwicklung zur Besserung abzeichnet, noch ITTI Trier Zustände festzustellen sind, die zum Aufsehen mahnen.

Der Bundesrat ist der Überzeugung, dass unsere Hilfstätigkeit fortgeführt werden muss, da sich die Lage gegenüber früher nicht derart gebessert hat, dass sich ein Abbruch rechtfertigen liesse. Es ist allerdings richtig, dass der Wiederaufbau der Wirtschaft in vielen Ländern einer Lähmung unterliegt, die teilweise eine Folge der Schwierigkeiten ist, die politischen Nachkriegsprobleme zu lösen. Dies kann uns aber nicht Anlass sein, das notleidende Ausland seinem Schicksal zu überlassen, einem Schicksal, mit dem wir Schweizer uns als Menschen und Europäer verbunden fühlen müssen. Das Bewusstaein dieser Verbundenheit im Volke zu stärken, ist übrigens einer der wichtigsten Nebenzwecke, die mit der Hilfstätigkeit erreicht werden.

III.

Der Umfang der Hilfstätigkeit kann niemals allein durch die Bedürfnisse des Auslandes bestimmt werden, denn diese sind viel grösser als alles, was die Schweiz je leisten kann. Sich dadurch aber etwa entmutigen zu lassen wäre, nicht am Platze. Wir wissen, dass die Schweiz nur relativ wenig zur Linderung der Not Europas tun kann, aber das Wesentliche ist, dass wir das Wenige wirklich tun und es in einem Geist tun, der seinen materiellen Wert übersteigt.

Ein anderer Maßstab für den Umfang unserer Hilfeleistungen wäre das, was andere Völker, die in ähnlicher Lage sind, an Hilfstätigkeit unternehmen.

Da aber unsere bisherige Hilfstätigkeit sich ungefähr im Kahmen derer anderer Völker bewegte, ist es angezeigt, einfach an eine sinngemässe Fortsetzung der bisherigen Hilfstätigkeit zu denken. Dabei rechtfertigt sich bei allem Fortbestehen des Elendes in Europa doch eine gewisse Eeduktion, denn die Verhältnisse konsolidieren sich schliesslich, und wir müssen uns auch bewusst sein,

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dass die Unterstützung an das Ausland nicht zur Gewohnheit werden darf, sondern nur als Uberbrückungsmassnahme ihren Sinn hat, so dass der Zeitpunkt, wo unsere Hilfe überhaupt aussetzen kann, nicht allzuweit entfernt liegen sollte, IV.

Hinsichtlich der Form der Hilfstätigkeit ist in Betracht zu ziehen, dass wir eine erhöhte Mitwirkung in den Hilfsorganisationen der Vereinigten Nationen anstreben müssen. Wir müssen dies um so eher tun, als uns der Beitritt zu den Vereinigten Nationen bis auf weiteres verschlossen bleibt, Die Bejahung der Grundsätze der Atlantik-Charta und die wiederholte Erklärung, in praktischen Fragen internationaler Solidarität zusammenarbeiten zu wollen, müssen von entsprechenden Taten begleitet sein.

Die Beiträge der einzelnen Länder an den Internationalen Kinderf o n d s werden nicht, wie bei internationalen Organisationen, vom Fonds bestimmt. Die Schweiz hat keinerlei rechtliche Verpflichtungen gegenüber dem Fonds, so dass ihr Beitrag an diesen in ihr eigenes Ermessen gestellt ist. Der Fonds erwartet indessen von den ihm angeschlossenen Staaten einen Beitrag von 300 Millionen Franken. Dazu kommt eine internationale Sammlung zugunsten des Fonds, zu der auch die Schweiz aufgefordert ist. Wenn wir uns zu einem Beitrag an den Fonds bereit erklären würden, müsste nur ein Teil davon in bar geleistet werden. Für den Best dagegen würde uns der Fonds auch Naturallieferungen anrechnen und die Finanzierung eines Ausbildungsprogramms für Kaderpersonal, das aus den unterstützten Ländern vom Fonds in die Schweiz geschickt würde. Schliesslich werden vom Fonds auch Beiträge an schweizerische Hilfsorganisationen angerechnet, sofern diese Organisationen verpflichtet werden, sich mit dem Fonds über die Verwendung der Gelder zu verständigen. Der Bundesrat wird diese Frage prüfen und seine Schlussfolgerungen später ziehen.

Weitere Mittel wird voraussichtlich die Internationale Flüchtlingsorganisation erfordern, mit deren Entstehung im Laufe dieses Jahres zu rechnen ist. Die IKO wird die Arbeit der UNKEA sowie des Intergouvernementalen Flüchtlingskomitees fortsetzen, welch letzterem die Schweiz bereits ihre Unterstützung lieh. Die Frage unseres Beitrittes zur IBO wird zu gegebener Zeit geprüft werden.

Über die Zulassung der Schweiz zur U N E S C O wird vermutlich diesen Herbst auf der Konferenz der Vereinigten Nationen entschieden werden, worauf der Bundesversammlung eine Vorlage über den Beitritt zu dieser Organisation unterbreitet werden wird. Die UNESCO hat ein Wiederaufbauprogramm; die Frage stellt sich, ob die Schweiz
auch hier mitzuwirken haben werde.

Das Postulat Oeri fällt in eine Periode, wo, vor allem durch das Aufhören der UNBBA, die nationalen Hilfsprogramme eine vermehrte Bedeutung erhalten. Diese Entwicklung trifft sich glücklicherweise mit der verbreiteten Mentalität, die freizumachenden Mittel lieber nicht in internationale Kassen

305 fliessen zu lassen, sondern wenn möglichst selbst über · ihre zweckmässigste Verwendung bestimmen zu können. Freilich besteht auch für die nationalen Programme das Bedürfnis nach internationaler Koordination, das dadurch befriedigt wird, dass diejenigen Nationen, welche ein derartiges Programm besitzen, periodisch zusammentreten. Eine solche Versammlung fand Ende Mai in New York statt. Die Schweiz war dazu eingeladen, konnte aber kern nationales Hilfsprogramm für 1947/48 präsentieren, weil die finanziellen Grundlagen für ein solches fehlen. Die einzige Stelle, welche gegenwärtig ein solches Programm aufstellen konnte, ist die Schweizer Spende, und deren Mittel sind, wie es der Postulant erwähnt, heute zu Ende. Dass wir aber kein nationales Hilfsprogramm besitzen, kann den falschen Eindruck erwecken, die Schweiz sei nicht bereit, weiter zu helfen.

Ein solches Hilfsprogramm muss wohl durch eine zentrale Stelle aufgestellt und überwacht werden. Wir haben es immer abgelehnt, dass sich die Behörden direkt mit Hilfstätigkeit befassen. So glauben wir denn auch heute, dass eine Formel, wie sie in der Schweizer Spende gefunden wurde, weiterhin ihre Dienste versehen kann. Dabei sind wir der Meinung, dass die Schweizer Spende nicht etwa zu einer dauernden Institution werden sollte. Es ist vielmehr an sich durchaus denkbar, dass auch eine anders aufgebaute zentrale Stelle eine solche Aufgabe übernehmen könnte. Welcher Art diese indessen auch sei, sie würde wie die Schweizer Spende der Unterstützung der Behörden und finanzieller Mittel bedürfen, um dort eingreifen zu können, wo die übrigen Hilfsorganisationen zu schwach sind und deshalb Lücken entstehen würden. Sie sollte in der Lage sein, diesen Ausgleich nötigenfalls durch eigene Aktionen zustande .zu bringen, aber noch in vermehrtem Masse als bisher sollte sie auf eine Zusammenfassung schweizerischer Hilfsaktionen zu einem geschlossenen Ganzen wirken, was eine noch engere Zusammenarbeit mit den übrigen Hilfsorganisationen zur Voraussetzung hat. Der Bundesrat würde es bedauern, wenn in Ermangelung einer gleichwertigen Organisation die Schweizer Spende schon heute ihre Türen schliessen müsste; er ist sich aber bewusst, dass dies eine Frage ist, die von der Möglichkeit der weitern Finanzierung der Schweizer Spende abhängt.

Die eigentliche Basis der
schweizerischen Hilfstätigkeit werden nach wie vor die zahlreichen langjährigen wie auch spontan entstehenden kurzfristigen Hilfsorganisationen sein, deren es in der Schweiz eine grosse Zahl gibt und deren Verankerung im Volk der schweizerischen Hilfstätigkeit ihren hohen ethischen Wert verleiht. Den Anstrengungen all dieser Organisationen gebührt der Dank des Bundesrates, der sie ermuntern möchte, in ihrer Arbeit fortzufahren, die, in schweizerischem Geist geführt, zum Ansehen unseres Landes so viel beizutragen vermag.

V.

Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die Hilfstätigkeit in der Eegel nicht Sache des Staates sein kann, sondern von den Privaten getragen werden muss. Nur vorübergehende ausserordentüche Verhältnisse können den Bund

306 veranlassen, dort einzugreifen, wo die Mittel der Privaten nicht reichen. Solche ausserordentliche Verhältnisse bestehen bei der gegenwärtigen Lage Europas zweifellos, und es rmiss deshalb geprüft werden, ob die Privaten in der Lage sind, die finanziellen Bedürfnisse durch Sammlungen zu decken.

Es spricht der Gebefreudigkeit der Schweizer ein hervorragendes Zeugnis aus, dass von den 589 Millionen, die seit Ausbruch des Krieges für Hilfstätigkeit ausgegeben wurden, 279 Millionen durch die Privaten aufgebracht werden konnten. Die Summe setzt sich zusammen aus 69 Millionen für Flüchtlingshilfe, 97 Millionen für das Schweizerische Bote Kreuz und seine Kinderhilfe, 25 Millionen für das Internationale Komitee vom Boten Kreuz, 48 Millionen für die Schweizer Spende und 40 Millionen für verschiedene Hilfswerke. In keinem andern Lande ausser Schweden fällt das Verhältnis zwischen staatlicher und privater Finanzierung der Hilfstätigkeit in ausserordentlichen Zeiten so günstig für die Privaten aus. Heute freilich zeigt sich eine gewisse Erschöpfung der Gebefreudigkeit. Die Gefahren des Krieges und das Gefühl der Erleichterung nach seiner Beendigung liegen schon zu weit zurück, um ein Geben aus Dankbarkeit für die Verschonung vor dem Kriege zu veranlassen. Das Bedürfnis nach friedlicher Entwicklung verleitet vielfach dazu, die Augen vor dem Elend im Ausland zu schliessen. Die Vielheit der Aufrufe zum Spenden schafft sodann gelegentlich eine Gereiztheit gegen die Hilfstätigkeit schlechthin, die sich in den Sammelergebnissen ausdrückt. Dazu kommt vielleicht als wichtigster Grund die Möglichkeit, die früher nicht bestanden hatte, seinen Verwandten und Bekannten im Ausland direkt durch Sendungen von Paketen zu helfen.

Der erstaunliche Umsatz von Liebesgabenpaketen legt ein beredtes Zeugnis ab von der Neigung des Schweizers, genau wissen zu wollen, wem seine Spende zugute kommt. Dieser individualistische Zug bewirkt auch, dass Sammlungen von lokalen Organisationen oder von Organisationen, die nur bestimmten Personengruppen helfen, sowie Sammlungen für ganz bestimmte Aktionen immer wieder von Erfolg sind, während Sammlungen grösserer Organisationen mit allgemeiner Zielsetzung relativ wenig ergeben. Solchen Schwierigkeiten, die durch Propaganda nicht einfach beseitigt werden können, sieht sich auch die Schweizer
Spende gegenüber, trotzdem neuartige Sarnmelmethoden geprüft worden sind. Die Einsicht in die Notwendigkeit, unser Gut teilweise mit den Notleidenden jenseits der Grenze zu teilen, muss aus dem Innern kommen, und es kann ihr keine Gewalt angetan werden. Wir hoffen immerhin, dass die Spendemüdigkeit eine vorübergehende Erscheinung ist und dass es mit der nötigen Aufklärung möglich sein, wird, auf dem Wege der privaten Sammeltätigkeit weiterhin grössere Mittel für die Hilfe im Ausland aufzubringen.

Es ist indessen zweifelhaft, dass alle Bedürfnisse auf diese Weise gedeckt werden können. Wenn deshalb schliesslich eine Finanzierung durch den Bund ins Auge gefasst würde, so könnte sie sich nur auf die internationalen Organisationen und nötigenfalls auf ein zentrales schweizerisches Hilfswerk erstrecken.

Wenn auf die direkte Finanzierung der einzelnen Hilfswerke nicht eingetreten werden kann, so geschieht dies nicht deshalb, weil ihre Arbeit vom Bundesrat

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nicht geschätzt würde, sondern weil sie eher die Möglichkeit haben, sich durch Sammlungen zu finanzieren, und weil ein gesamtschweizerisches Hilfswerk in besonders hohem Masse geeignet ist, die gesamtschweizerischen Aspekte der Hilfstätigkeit zu fördern und nach aussen zu vertreten.

Der Bundesrat zögert indessen, bei der gegenwärtigen Lage der Bundesfinanzen neue Kredite zu beantragen, ohne dass die Deckung sichergestellt ist.

Wenn wir auch in manchem noch in den ausserordentlichen Verhältnissen der Nachkriegszeit leben, so dürfen wir doch nicht zusehen, wie sich unsere Schulden vergrössern, besonders nicht in einer Zeit der Konjunktur wie der heutigen.

Der Bundesrat ist deshalb der Auffassung, dass eine eventuelle Kreditvorlage wenn möglich nicht ohne entsprechende Deckung erfolgen sollte.

Obwohl der Bundesrat zu seinem Bedauern nicht in der Lage ist, schon heute seine Schlussfolgerungen zu ziehen, möchte er doch die vorstehenden Ausführungen den eidgenössischen Bäten vorlegen gemäss dem seinerzeitigen Versprechen bei der Annahme des Postulates Oeri. Der Bundesrat wird, sobald wie möglich, konkrete Anträge an die Bundesversammlung richten. Inzwischen hat er die Schweizer Spende, welcher er den Bestbetrag (2 Millionen) des Kredites von 20 Millionen vom 18. Oktober 1946 gewährte, gebeten, ihre Liquidation zu verschieben.

Wir beantragen Ihnen, vom vorstehenden Bericht Kenntnis zu nehmen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 6. Juni 1947.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Etter.

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Der Vizekanzler: Ch. Oser.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend das Postulat Oeri über die Fortführung der Hilfstätigkeit. (Vom 6. Juni 1947.)

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12.06.1947

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