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Bundesblatt 99. Jahrgang.

Bern, den 16. Mai 1947.

Band II.

Erscheint wöchentlich. Preis 38 franken (m Jahr, 15 Franken Im Salbjahr, zuzüglich Nachnahme- and Postbestellungsgebühr Einrückungsgebühr : 60 Rappen die Petitzeile oder deren Kaum. -- Inserate franko an Stämpfli « Ole. in Bern.

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Kreisschreiben des

eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements an die Kantonsregierungen betreffend die Ausverkaufsverordnung.

(Vom 16. April 1947.)

Herr Regierungspräsident!

Sehr geehrte Herren Regierungsräte!

Nachdem das Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit die für das Ausverkauf s wesen zuständigen kantonalen Departement über den Erlass der Verordnung des Bundesrates vom 16. April 1947 über Ausverkäufe und ähnliche Veranstaltungen (Ausverkaufsverordnung) unterrichtet hat, beehren wir uns, Ihnen mit dem vorliegenden Kreisschreiben unsere Erläuterungen zur Ausverkaufsverordnung zuhanden der zuständigen Behörden Ihres Kantons zu übermitteln.

Da -wir uns in unseren erläuternden Bemerkungen zum Entwurf vom 17. September 1946, den wir Ihnen zur Vernehmlassung unterbreitet, haben, bereits ausführlich über Vorgeschichte und Notwendigkeit einer bundesrechtlichen Regelung geäussert haben, konnten wir uns in dieser Hinsicht auf wenige Hinweise beschränken. Es lag uns vor allem daran, neben der allgemeinen Charakterisierung der Verordnung die einzelnen Bestimmungen zu erläutern, wobei wir auch auf die ergänzenden und abweichenden Vorschriften der Kantone Bedacht genommen haben.

Wir benützen gerne den Anlass, um Ihnen für Ihre wertvollen Anregungen und Vorschläge bei der Vorbereitung der Verordnung sowie für Ihre tatkräftige Mitwirkung bei der Durchführung der neuen Eegelung verbindlich zu danken.

Genehmigen Sie, Herr Regierungspräsident, sehr geehrte Herren Regierungsräte, die Versicherung unserer vorzüglichen Hochachtung.

Bern, den 16. April 1947.

Eidgenössisches

Volkswirtschaftsdepartement

Stämpfli.

Bundesblatt. 99. Jahrg. Bd. II.

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Erläuterungen ZUT

Verordnung des Bundesrates vom 16. April 1947 über Ausverkäufe und ähnliche Veranstaltungen.

(Ausverkaufsverordnung.)

A. Allgemeines.

I. Zur Vorgeschichte des Entwurfs.

Das Bundesgesetz vom 23. September 1948 über den unlauteren Wettbewerb (UWG) enthält in Art. 17 bis 19 auch Vorschriften über Ausverkäufe und ähnliche Veranstaltungen und beauftragt den Bundesrat, die erforderlichen Ausführungsbestimmungen zu erlassen. Die Unzukömmlichkeiten und Übelstände, die sich aus der Mannigfaltigkeit der kantonalen Vorschriften ergeben hatten, machten eine bundesrechtliche Eegelung des Ausverkaufswesens notwendig.

"Während das Wettbewerbsgesetz am I.März 1945 in Kraft trat, wurde irn Einverständnis mit den Kantonen von einer Inkraftsetzung der Artikel über das Ausverkaufswesen abgesehen. Damals galt übrigens noch das kriegswirtschaftliche Verbot von Ausverkäufen.

Da es sich um ein recht komplexes Gebiet handelt und die verschiedensten Gesichtspunkte zu berücksichtigen waren, haben wir zur Vorberatung der Ausverkaufsverordnung eine Expertenkommission eingesetzt, in der neben der Bundesverwaltung (Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit sowie Justizabteilung), der Wissenschaft und den Konsumenten insbesondere auch die Kantone sowie die Verbände vertreten waren. Der aus den Beratungen der Kommission hervorgegangene Entwurf wurde gemäss Art. 17, Abs. 4 UWG den Kantonsregierungen und den interessierten Berufs- und Wirtschaftsverbänden zugestellt, die dem Entwurf, mit Ausnahme des Migros-Genossenschaf ts-Bundes, grundsätzlich zustimmten und ihn teilweise sehr begrüssten.

Die gestellten Abänderungsanträge wurden vom Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit verarbeitet und mit seiner Stellungnahme der Expertenkommission vorgelegt, die den Entwurf nochmals durchberiet. Die unterbreiteten Anträge bedingten keine weitgehenden Abänderungen des ursprünglichen Entwurfs.

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IL Der allgemeine Charakter der Ausverkanfsverordnung.

1. U m f a n g der E e g e l u n g .

Das Wettbewerbsgesetz beschränkt sich auf einige leitende Grundsätze, zum Teil sehr allgemeiner Natur, und überlässt die Eegelung der Materie in grossem Umfang der Verordnung. Diese hat nicht nur den Charakter einer Ausführungsverordnung im engern Sinn, sondern enthält auf Grund der im Gesetz erteilten Ermächtigung zahlreiche materielle Bestimmungen, welche die ganz allgemein gehaltenen Grundsätze des Wettbewerbsgesetzes näher ausführen.

Da sich die Verordnung auf «die erforderlichen» Ausführungsvorsohriften zu beschränken hatte und gemäss Art. 19, Abs. l UWG die Kantone zu weiteren Vorschriften befugt bleiben sollen, war eine abschliessende Eegelung durch den Bund von vornherein ausgeschlossen. Trotzdem war eine weitgehende Vereinheitlichung der Vorschriften unerlässlich, wenn der Zweck der bundesrechtlichen Begelung erreicht werden sollte.

Obwohl eine abschliessende Eegelung durch den Bund nicht in Frage kam, wurde nicht lediglich ein Eahmenerlass aufgestellt. Vielmehr wurden für diejenigen Tatbestände, für die eine bundesrechtliche Eegelung nicht unerlässlich ist, trotzdem Vorschriften erlassen, die Kantone aber gleichzeitig zur Aufstellung abweichender Bestimmungen ermächtigt, so dass das Bundesrecht in diesen Fällen bloss subsidiär, beim Fehlen einschlägiger kantonaler Vorschriften, anwendbar ist. Damit wird denjenigen Kantonen, die selber keine weiteren materiellen Vorschriften erlassen möchten, ermöglicht, die Verordnung ohne weiteres anzuwenden. Die Kantone müssen in diesem Fall nur noch die zuständigen Behörden bezeichnen und das Verfahren ordnen, was in der Eegel wohl durch eine regierungsrätliche Verordnung erfolgen kann, während für materielle Vorschriften meist der Gesetzgebungsweg besohritten werden muss.

2. Die l e i t e n d e n G e s i c h t s p u n k t e .

Die Wahrung der Grundsätze von Treu und Glauben, die das Wettbewerbsgesetz auch im Ausverkaufswesen zur Geltung bringen möchte, soll schon nach Art. 17 UWG in erster Linie durch die Einführung der Bewilligungspflicht für die unterstellten Verkaufsveranstaltungen erfolgen. Auf diese Weise kann jeweils geprüft werden, ob die Grundsätze von Treu und Glauben, die im Gesetz und vor allem in der Verordnung ihren konkreten Ausdruck in
bestimmten Vorschriften gefunden haben, eingehalten werden. Im übrigen waren von vornherein die grundsätzlich schon im Gesetz vorgesehenen Beschränkungen in zeitlicher und sachlicher Hinsicht sowie in bezug auf die Ankündigung, unter denen allein die bewilligungspflichtigen Veranstaltungen zugelassen werden, allgemein zu umsehreiben. Alle im Wettbewerbsgesetz enthaltenen Bestimmungen sind übrigens in die Verordnung übernommen worden, damit diese für sich allein verständlich ist.

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Für die Ausgestaltung der Regelung im einzelnen war vor allem der Unterschied zwischen Bäumungsverkäufen und Belebungsverkäufen einerseits sowie zwischen periodischen und nichtperiodischen Verkaufsveranstaltungen von grundlegender Bedeutung. Hiezu werden wir uns im Zusammenhang mit den einzelnen Bestimmungen ausführlich äussern (vgl. insbes. zu Art. 2, Ziff. 2 und 8, S. 79 ff.).

Die Verordnung hält sich im wesentlichen an die kantonalen Vorschriften, die im grossen und ganzen überall die gleichen Massnahmen getroffen haben, um den Missbräuchen im Ausverkaufswesen entgegenzutreten. Neu ist in der bundesrechtliohen Eegelung insbesondere das Geschäftseröffnungsverbot (Art. 17, Abs. 8 UWG; Art. 16 bis 18 VO). In mancher Beziehung waren aber die kantonalen Bestimmungen derart verschieden, dasg in der Verordnung ein neuer Weg beschritten werden musste. Soweit es der Zweck der bundesrechtlichen Eegelung zulässt, wurde nach Möglichkeit Kaum für eine kantonale Eegelung gelassen, wobei es sich um ergänzende oder auch um abweichende Vorschriften handeln kann.

Es darf festgestellt werden, dass eine ausgewogene Eegelung erreicht wurde, .die die Interessengegensätze zwischen den verschiedenen Gruppen des Detailhandels überbrückt und dem Grundgedanken des Wettbewerbsgesetzes entspricht. Auch in bezug auf die umstrittene Stellung der Genossenschaften wurde eine von sachlichen Motiven getragene Lösung gefunden (vgl.

unten zu Art. 8, Ziff. 2, S. 83 f.).

Mit der Eegelung des Ausverkaufsweseus ist einem alten Postulat des Gewerbes Eechnung getragen worden, das seit Jahrzehnten eine einheitliche bundesrechthche Ordnung auf diesem Gebiet verlangt hat. Auch wenn gewerbepolitische Tendenzen im engern Sinne in der Verordnung keinen Niederschlag gefunden haben, so ergibt sich natürlicherweise, dass sich die grundsätzlich schon im Wettbewerbsgesetz enthaltene Eegelung in erster Linie zugunsten des mittolständischen Detailhandels auswirkt, während die Warenund Kaufhäuser sowie die Filialgeschäfte auf einen Schutz vor Auswüchsen und Übergriffen weniger angewiesen sind.

B. Die einzelnen Bestimmungen.

I. Geltungsbereich.

Dieser Abschnitt bestimmt in positiver (Art. l und 2) und negativer Hinsicht (Art. 3), auf welche Verkaufsveranstaltungen die Verordnung Anwendung findet. Die bereits im Gesetz angeführten «Ausverkäufe» und «ähnlichen Veranstaltungen» (Art. 17, Abs. l UWG) werden näher umschrieben.

Den Bestimmungen über den Geltungsbereich, die sich notgedrungen nicht überall mit den bisherigen, teilweise stark voneinander abweichenden kantonalen Vorschriften decken, ist beim Vollzug besondere Aufmerksamkeit zu schenken, damit von Anfang an überall die bundesrechtliche Abgrenzung der unterstellten Verkaufsveranstaltungen durchgeführt wird. Dies ist mit

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Bücksicht auf die Zwecke, die mit der Vereinheitlichung der Vorschriften verfolgt wurden, von grosser Bedeutung.

Art. 1.

Ausverkäufe und ähnliche Veranstaltungen.

1. Allgemeines.

Dieser Artikel enthält die allgemeine Definition der unterstellten Verkaufsveranstaltungen, die sowohl für die Ausverkäufe (Art. 2, Abs. 1) als auch für die ähnlichen Veranstaltungen, in der Verordnung «Ausnahmeverkäufe» genannt (Art. 2, Abs. 2), zutrifft. Eine der Voraussetzungen für die Unterstellung unter die Verordnung, die öffentliche Ankündigung, wird in Abs. 2 durch die Anführung der wichtigsten Anwendungsfälle verdeutlicht.

2. Voraussetzungen für die Unterstellung.

a. Es rnuss sich um Veranstaltungen des Detailverkaufes handeln.

Darunter fallen auch Veranstaltungen von Fabrikanten und Grossisten, wenn sie die Ware an letzte Konsumenten verkaufen, während diese Voraussetzung beim Verkauf an Wiederverkäufer sowie an Produzenten (z. B. Verkauf des Viehhändlers an den Landwirt) nicht erfüllt ist.

6. Die Veranstaltung muss durch eine öffentliche Ankündigung bekanntgemacht werden. Es genügt also nicht, dass anlässh'ch einer Verkaufsveranstaltung vorübergehend besondere Vergünstigungen tatsächlich gewährt werden; die Vergünstigungen müssen überdies öffentlich angekündigt werden.

Die öffentliche Ankündigung kann in Bekanntmachungen der verschiedensten Art bestehen. Abs. 2 führt die gebräuchlichsten Mittel an, durch die die öffentliche Ankündigung erfolgt. Die Aufzählung ist nicht abschliessend, weshalb auch «andere zweckdienliche Mittel» als die in Abs. 2 genannten in Betracht fallen können.

Als öffentliche Ankündigung gilt namentlich auch die Bekanntmachung durch Eadio, die durch die Anführung des «Lautsprechers» als erfasst gelten kann, jedenfalls aber ein «anderes zweckdienliches Mittel» im Sinne von Abs. 2 darstellt. Da die Schweizerische Bundspruchgesellschaft auf Grund der Konzession keine Beklamesendungen durchführen darf, wurde die Ankündigung durch Badio mit Absicht nicht namentlich aufgeführt.

Persönliche Werbebriefe, die einzelnen Kunden zugestellt werden, gelten nicht als öffentliche Ankündigung.

c. Die besondere Vergünstigung, die in Aussicht gestellt wird, kann in einem Preis- oder Mengenrabatt oder auch in einer Zugabe bestehen.

Die Zugabe ist eine Nebenleistung des Verkäufers, die in Form einer andern Ware oder einer Leistung (z. B. freie Fahrt) gewährt wird oder ausnahmsweise auch aus Geldstücken bestehen kann, die einzelnen Waren-

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Packungen beigegeben werden. Da es sich im Ausverkaufswesen um eine besondere Vergünstigung handeln musa, die vorübergehender Natur ist, fallen nur vorübergehend gewährte Zugaben oder solche Zugaben («Extrazugaben») in Betracht, mit denen regehnässig gewährte Zugaben vorübergehend vermehrt werden. Eine in Eorm einer Zugabe gewährte besondere Vergünstigung kann z. B. darin bestehen, dass einem Hemd eine Krawatte beigegeben wird. Erfolgt dies vorübergehend und wird dies zudem öffentlich angekündigt, so handelt es sich um eine unterstellte Verkaufsveranstaltung.

Die Eegelung des Zugabewesens gemäss Art. 20 UWG-, der den Bundesrat -- im Gegensatz zu Art. 17 UWG in bezug auf das Ausverkaufswesen -- lediglich zum Erlass von Vorschriften beim Vorliegen von Missbräuchen ermächtigt, bleibt selbstverständlich vorbehalten.

Die Besonderheit der Vergünstigung muss im Verhältnis zu den üblichen Bedingungen des betreffenden Verkaufsgeschäftes, nicht etwa im Verhältnis zu den Bedingungen anderer konkurrierender Geschäfte gegeben sein. Es wird deshalb ausdrücklich gesagt, dass «vom Verkäufer sonst nicht gewährte Vergünstigungen» in Erage kommen. Ob eine besondere Vergünstigung vorhegt, muss also jeweils auf Grund der sonst üblichen Preisgestaltung des betreffenden Geschäftes beurteilt werden.

d. Die Vergünstigung muss vorübergehenden Charakter haben.

Wenn die angekündigte Preisherabsetzung dauernder Natur ist, handelt essich nicht um. eine Veranstaltung im Sinne der Verordnung.

e. Entscheidend ist nicht, dass die Vergünstigungen tatsächlich gewährt, sondern dass sie in Aussicht gestellt werden. Es kommt auf die subjektive Wirkung der öffentlichen Ankündigung auf die Käufer an, unabhängig davon, ob der Verkäufer dem Käufer in der Tat vorübergehend eine besondere, von ihm sonst nicht gewährte Vergünstigung zukommen lassen will. Denn sowohl der Käufer als auch die Mitbewerber sollen vor unlauteren Machenschaften, die gegen Treu und Glauben verstossen, geschützt werden. Schon das Bundesgericht hat in bezug auf die Ausverkäufe nach kantonalem Hecht festgestellt, dass der subjektive Eindruck massgebend ist, den die Ankündigung bei den Käufern erweckt.

/.Das Erfordernis der Gewerbsmässigkeit der Verkaufsveranstaltung brauchte nicht ausdrücklich festgelegt zu werden. Aus der ganzen Verordnung und vor allem auch aus
verschiedenen Einsselbestimmungen ergibt sich ohne weiteres, dass stets gewerbsmässige Veranstaltungen in Frage stehen. Dies kann schon der bereits charakterisierten Besonderheit der Vergünstigung entnommen werden: vorübergehend zukommende, besondere, vom Verkäufer sonst nicht gewährte Vergünstigungen kann nur der gewerbsniässige Verkäufer in Aussicht stellen. Ferner geht z. B. aus Art. 11 (Wartefrist) klar hervor, dass bloss Verkaufsveranstaltungen des gewerbsmässigen Detailhandels unter die Verordnung fallen.

79 Unterstellte

Art. 2.

Verkaufsveranstaltungen.

1. Allgemeines.

Dieser Artikel fahrt die verschiedenen Arten von Verkaufsveranstaltungen an (Abs. l und 2), die im Rahmen der allgemeinen Definition von Art. l und mit Rücksicht auf die praktischen Bedürfnisse unterschieden werden müssen.

Ferner enthält er eine wichtige, der Unterscheidung der beiden Hauptkategorien von Verkaufsveranstaltungen dienende Bestimmung (Abs. 3), 2. Räumungsverkäufe und

Belebungsverkäufe.

In erster Linie wird zwischen Ausverkäufen (Abs. 1) und ähnlichen Veranstaltungen, in der Verordnung in Übereinstimmung mit kantonalen Erlassen Ausnahmeverkäufe genannt (Abs. 2). unterschieden, wobei die im Wettbewerbsgesetz und in den kantonalen Vorschriften verwendeten Bezeichnungen verwendet werden. Dies entspricht dem grundlegenden für die Ausgestaltung der Verordnung vor allem massgebenden wirtschaftlichen Unterschied zwischen Räumungsverkäufen und Belebungsverkäufen.

Die Ausverkäufe sind Räumungsverkäufe, bei denen bestimmte Warenbestände aus bestimmten Gründen geräumt werden sollen. Diese Verkaufsveranstaltungen entsprechen ohne Zweifel einem legitimen wirtschaftlichen Bedürfnis. Sie sind sowohl den Geschäftsleuten als auch dem Publikum geläufig. Unter Ausverkauf im eigentlichen Sinn versteht man allgemein die Räumung bestimmter Warenbestände, wobei der Eäumungszweck dadurch erreicht werden soll, dass den Käufern besondere Vergünstigungen, meist in Form von Preisnachlässen, gewährt werden.

Im Gegensatz zu den Ausverkäufen als Eäumungsverkäufen stehen die nicht oder nicht ausschliesslich. der Räumung dienenden Verkaufsveranstaltungen, die Ausnahmeverkäufe, die in den letzten Jahrzehnten immer mehr Verbreitung gefunden und teilweise die Ausverkäufe verdrängt haben, ffier geht es nicht um eine Räumung im eigentlichen Sinn des Wortes, sondern es wird eine besondere Belebung der Verkaufstätigkeit während der stillen Geschäftszeit bezweckt. Da nicht bestimmte Warenbestände zu räumen sind, kann unbeschränkt Ware nachgeschoben werden, während die Ausverkäufe wesensgemäss auf die zu räumenden Warenbestände beschränkt sind. Die Ausnahmeverkäufe stellen an sich kernen Missbrauch dar; doch ist hier der Anlass zur Verletzung von Treu und Glauben eher gegeben als bei den Ausverkäufen. Da immer neue Waren nachgeschoben werden können, ist es möglich, die Verkaufsveranstaltung längere Zeit andauern zu lassen, wenn dies durch gesetzliche Bestimmungen nicht verhindert wird. Auch gibt sich das Publikum nicht immer Rechenschaft darüber, dass es bei den Ausnahmeverkäufen nicht um die Räumung bestimmter Warenbestände, sondern lediglich um die Belebung der Verkaufstätigkeit geht und dass oft besondere Ware

80 für die Verkaufsveranstaltung hergestellt wird. Es besteht deshalb die Gefahr einer Irreführung des Publikums, wenn bei Ausnahmeverkäufen der Eindruck eigentlicher Ausverkäufe erweckt wird. Denn bei Ausverkäufen erwarten die Käufer besondere Vergünstigungen infolge des Bäumungszweckes und suchen sich mit Bücksicht auf den beschränkten Warenvorrat möglichst rasch die besten Stücke zu sichern.

Die meisten Kantone kannten bisher die saubere Unterscheidung dieser beiden Hauptkategorien von Verkaufsveranstaltungen nicht. Dagegen führt die Verordnung die Trennung folgerichtig durch. Am Bäumungscharakter der Ausverkäufe wird festgehalten. Wer einen «Ausverkauf» ankündigt, muss sich gefallen lassen, dass er beim Wort genommen wird. Er hat seinen Verkauf auf die auszuverkaufenden, d. h. zu räumenden Waren zu beschränken und muss deshalb dem Verbot des Vor- und Nachschubes von Waren unterworfen werden (vgl. Art. 18). Anderseits muss durch entsprechende Bestimmungen dafür gesorgt werden, dass die Ware wirklich geräumt werden kann, was in zeitlicher Hinsicht zu einer günstigeren Behandlung der Ausverkäufe im Gegensatz zu den Ausnahmeverkäufen führt (vgl. Art. 10 -- Über die zeitliche Sonderbehandlung der Total- und Teilausverkäufe unter anderem Gesichtspunkt vgl. Ziff. 8 hiernach, 8. 81).

Im Gegensatz dazu werden die Ausnahmeverkäufe, bei denen ja nicht bestimmte Warenbestände zu räumen sind, strengeren zeitlichen Vorschriften unterstellt (vgl, Art. 10). Die Freiheit des Wareunachschubes im Fall der Ausnahmeverkäufe wird durch strengere zeitliche Beschränkungen ausgeglichen. Ferner ist dafür Sorge zu tragen, dass die Ausnahmeverkäufe nicht als Ausverkäufe ausgegeben werden können und das Publikum auf diese Weise irregeführt wird. Diesem Zweck dient die Bestimmung von Abs. 3, wonach für Ausnahmeverkäufe die Ausdrücke «Ausverkauf», «Bäumung» und «Liquidation» sowie ähnlich wirkende Ausdrücke nicht verwendet werden dürfen.

Während der Sprachgebrauch der deutschen Schweiz scharf auch zwischen Saisonausverkäufen und Ausnahmeverkäufen -- die auch als «Saisonverkäufe» angekündigt werden können ·-- zu scheiden erlaubt, ist dies in der welschen Schweiz nicht möglich; hier heissen die «Saisonausverkäufe» «ventes de fin de saison». Immerhin dürfen für die «ventes au rabais» (Ausnahmeverkäufe) der Ausdruck «liquidation»
und ähnliche Ausdrücke ebensowenig verwendet werden wie im Deutschen das Wort «Ausverkauf» für Ausnahme verkaufe.

Es ist nicht ausgeschlossen, dass die wirtschaftliche Entwicklung in der Sichtung der Zurückdrängung der Ausverkäufe, insbesondere der Saisonund Inventurausverkäufe im Sinne der Verordnung und des Uberhandnehmens der Ausnahmeverkäufe verläuft und dass später die Saison- und Inventurausverkäufe völlig verschwinden könnten. Es ist keineswegs die Absicht der Verordnung, einer solchen Entwicklung entgegenzuwirken; doch müssen -- unabhängig vom Verlauf der Entwicklung -- aus den angeführten Gründen die verschiedenen Verkaufsveranstaltungen gemäss ihrer Eigenart getrennt bleiben und in der Verordnung auch entsprechend behandelt werden. Es ist

81 au hoffen, dass die zuständigen kantonalen Stellen der Eigenart der Ausverkäufe und Ausnahmeverkäufe ebenfalls gebührend Rechnung tragen (vgl. auch Ziff. 8 zu Art. 25, S.106f).

8. Periodische und nichtperiodische Veranstaltungen.

Es sei auf den für verschiedene Bestimmungen bedeutsamen Unterschied zwischen periodischen und nichtperiodischen Verkaufsveranstaltungen hingewiesen, obwohl dieser Unterschied in den Bestimmungen über den Geltungsbereich nicht zum Ausdruck gebracht wird.

Die erste Gruppe wird durch die Saison- und Inventurausverkäufe sowie die Ausnahmeverkäufe gebildet. Obwohl die Saison- und Inventurausverkäufe aus den oben angeführten Gründen als Bäumungsverkäufe scharf von den der Belebung dienenden Ausnahmeverkäufen getrennt werden müssen, sind sie doch als periodische Veranstaltungen zum Teil mit den Ausnahmeverkäufen gemeinsamen Bestimmungen zu unterwerfen (vgl. Art. 9, Abs. 2).

Zu der zweiten Gruppe gehören die TotaJ- und Teilausverkäufe, die beim Vorliegen bestimmter Ereignisse (z. B. Todesfall) oder bei gänzlicher oder teilweiser Änderung der wirtschaftlichen Tätigkeit des Geschäftsinhabers durchgeführt werden. Diese Veranstaltungen müssen im Gegensatz zu den periodischen Veranstaltungen besonders behandelt werden, vor allem in zeitlicher Beziehung (vgl. Art. 9, Abs. 1).

4. Ausverkäufe.

Die Ausverkäufe werden nach dem wirtschaftlichen Grund der Veranstaltung in drei Unterarten eingeteilt, die entsprechend ihrer Eigenart verschieden behandelt werden müssen. Insbesondere ist eine differenzierte Behandlung bei den zeitlichen Beschränkungen erforderlich (vgl. Art. 9 und 10). Es sei aber auch auf die Sonderbestimmung für Teilausverkäufe in Art. 14, Abs. 2, sowie auf die in Art. 16 bis 18 enthaltenen gemeinsamen Bestimmungen für Total- und Teilausverkäufe verwiesen.

Trotz der grundsätzlichen Scheidung zwischen Ausverkäufen und Ausnahmeverkäufen (vgl. oben Ziff. 2) gelten -- wie erwähnt --· für Saison- und Inventurausverkäufe sowie Ausnahmeverkäufe zum Teil gemeinsame Vorschriften: Art. 9, Abs. 2 (und im Zusammenhang damit Art. 26, Ziff. 2). Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Saison- und Inventurausverkäufe sowie die Ausnahmeverkäufe periodische Veranstaltungen darstellen, während die Total- und Teilausverkäufe nicht periodischer Natur sind (vgl. oben Ziff.3, S. 81).
Bei den Teilausverkäufen wird der Hauptfall, der Ausverkauf wegen Aufgabe bestimmter Warengattungen oder Verkaufsabteilungen, ausdrücklich erwähnt (Abs. l, ht. b). Die gewählte Formulierung («insbesondere») zeigt aber, dass ein Teilausverkauf auch aus andern Gründen in Betracht fallen kann, etwa wegen Brand- oder Wasserschadens oder wegen bevorstehenden Umzuges oder Umbaues. Diese Fälle wurden in der Verordnung nicht ausdrücklich

82 erwähnt, um beim Gesuchsteller nicht den Eindruck zu erwecken, dass er bei jedem Umzug oder bei einem noch so geringfügigen Brandschaden einen Anspruch auf Erteilung einer Bewilligung habe. Immerhin ist zu hoffen, dass die Bewilligungspraxis nicht allzu streng ist und solche Fälle gebührend berücksichtigt.

Was insbesondere den Teilausverkauf wegen Brand- oder Wasserschadens anbelangt, so sollten in einen solchen Teilausverkauf nicht nur die durch den Brand- oder Wasserschaden unmittelbar betroffenen Warenbestände, sondern je nach den Umständen auch die übrigen Warenvorräte einbezogen werden können. Ferner würde es sich empfehlen, in Übereinstimmung mit verschiedenen kantonalen Vorschriften in einem solchen Fall von der Erhebung einer Gebühr Umgang zu nehmen.

Die Saison- und Inventurausverkäufe sind im Grund Teilausverkäufe, so dass streng genommen die Ausverkäufe in die zwei Gruppen der Total- und Teilausverkäufe zerfallen. Die Teilausverkäufe wegen saisonbedingter Entwertung der Ware oder anlässlich von Bestandesaufnahmen spielen aber in der Praxis eine derart wichtige Eolle, dass die Verordnung in Übereinstimmung mit zahlreichen kantonalen Vorschriften neben die Totalausverkäufe und die Teilausverkäufe im engern Sinn als dritten, für die Praxis besonders wichtigen Typus die Saison- und Inventurausverkäufe stellt. Der Charakter der Saisonund Inventurausverkäufe als Teilausverkäufe kommt darin zum Ausdruck, dass die Wartefrist (Art. 11), die gemäss Art. 17, Abs. 2, 2. Satz UWG, für Totalund Teilausverkäufe gilt, auch auf Saison- und Inventurausverkäufe Anwendung findet.

5. Ausnahmeverkäufe.

Es wird ausdrücklich festgestellt, dass auch bei den Ausnahmeverkäufen die Voraussetzungen von Art. l erfüllt sein müssen (vgl, Abs. 2). Die Verwendung der in Abs. 2 enthaltenen Bezeichnungen genügt nicht, um eine der Verordnung unterstellte Verkaufsveranstaltung annehmen zu können; vielmehr müssen stets alle Voraussetzungen von Art. l erfüllt sein. Anderseits können, wie in Abs. 2 gesagt, auch andere als die dort ausdrücklich angeführten Bezeichnungen in Betracht kommen : auch wenn eine in Abs. 2 nicht enthaltene Bezeichnung verwendet wird, jedoch die Voraussetzungen von Art. l erfüllt sind, handelt es sich um eine unterstellte Veranstaltung. Dabei wird vielfach der Gesamteindruck entscheidend sein,
den die Veranstaltung erweckt (z. B.

Anschriften in Verbindung mit entsprechender Aufmachung der Schaufenster).

Während in der deutschen Schweiz meist der Ausdruck «Ausnahmeverkäufe» gebräuchlich war, soweit die damit bezeichnete Art von Verkaufsveranstaltung neben den Ausverkäufen überhaupt anerkannt wurde, spricht die welsche Schweiz von «ventes au rabais», weshalb auch in,der Verordnung dieser Ausdruck und nicht etwa der Ausdruck «ventes exceptionnelles» verwendet wird.

83 Der Vermischung mit den Ausverkäufen soh\ -wie schon erwähnt (vgl. oben Ziff. 8, 8. 81), durch die Bestimmung von Abs. 3 vorgebeugt werden.

Art. 8.

Nichtunterstellte

Verkaufsveranstaltungen.

1. Allgemeines.

Dieser Artikel enthält einige Ausnahmen von den Bestimmungen der Verordnung, die die Verkaufsveranstaltungen für leicht verderbliche Lebensund Genussmittel (Abs. l, lit. a), gewisse näher umschriebene Verkaufsveranstaltungen von Genossenschaften (Abs. l, lit. fc), sowie die behördlich angeordneten Verwertungen (Abs. l, lit. c) betreffen. Überdies wird durch einen Vorbehalt der einschlägigen kantonalen Vorschriften ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Verordnung keine Anwendung findet auf Veranstaltungen von Marktfahrern und Hausierern, auf Wanderlager sowie auf freiwillige öffentliche Versteigerungen (Abs. 2). Die Verordnung geht davon aus, dass lediglich Verkaufsveranstaltungeii von sesshaften Ladengeschäften sowie von Versandgeschäften in Frage stehen. Unter dem in der Verordnung mehrfach verwendeten Begriff der Verkaufsstelle (z. B, Art. 4, Abs. 2; Art. 11) wird -- unter Vorbehalt der Versandgeschäfte -- immer ein Ladengeschäft verstanden.

2. Verkaufsveranstaltungen von Genossenschaften oder ähnlichen Organisationen.

Die Verordnung findet grundsätzlich auch auf die von Genossenschaften oder ähnlichen Organisationen durchgeführten Verkaufsveranstaltungen Anwendung. Die Genossenschaften treten im Detailhandel mit den übrigen in Betracht fallenden Geschäften in Wettbewerb. Doch war es erforderlich, auf die Eigenart der Genossenschaften, bei denen die Kunden in der Eegel Mitglieder sind, in gewissem Umfang Eücksicht zu nehmen, weshalb in der Verordnung unter bestimmten Voraussetzungen für Verkaufsveranstaltungen von Genossenschaften eine Ausnahme statuiert wird. Diese Ausnahme wird vor allem durch den Gesichtspunkt des Mitgliedschaftsverhältnisses bestimmt, der für Genossenschäften und ähnliche Organisationen von besonderer Bedeutung ist.

In erster Linie wird verlangt, dass es sich um eine Verkaufsveranstaltung handelt, die in ausschliesslich für die Mitglieder bestimmten Bekanntmachungen angekündigt wird. Die Ausnahmebestimmung ist also nicht anwendbar, wenn sich die Ankündigung auch an Nichtmitglieder richtet. Da diese Voraussetzung allem keine genügende Gewähr dafür bietet, dass die Verkaufsveranstaltung auf die Mitglieder beschränkt bleibt, wird in zweiter Linie gefordert, dass die besondere Vergünstigung, die den Mitgliedern in Aussicht gestellt wird, m der Form einer erhöhten Eückvergütung bestehen muss, die im Gegensatz

84 zum Eabatt erst nach Schluss des Geschäftsjahres ausbezahlt wird. Um die berechtigten Interessen des übrigen Detailhandels in keiner Weise zu beeinträchtigen, wird. schliesslich noch eine dritte Voraussetzung aufgestellt, die eine zeitliche Einschränkung der von der Verordnung abgenommenen Verkaufsveranstaltung bedeutet. Die der Verordnung nicht unterstellten Verkaufsveranstaltungen von Genossenschaften oder ähnlichen Organisationen dürfen nämlich nur während den Zeiträumen, die für die periodischen Veranstaltungen (Saison- und Inventurausverkäufe sowie Ausnahmeverkäufe) in Art. 9, Abs. 2, vorgesehen sind, oder an einzelnen Jubiläumstagen, z. B. am internationalen Genossenschaftstag, durchgeführt werden.

Nur wenn alle diese drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind, fällt eine Verkaufsveranstaltung einer Genossenschaft oder ähnlichen Organisation nicht unter die Verordnung. In allen andern Fällen findet die Verordnung auch auf Verkaufsveranstaltungen von Genossenschaften ohne weiteres Anwendung.

Die Genossenschaften können sich in diesen Fällen nicht etwa darauf berufen, dass keine öffentliche Ankündigung vorliege und dass die Veranstaltung auf Mitglieder beschränkt bleibe. Der besondere Charakter der Genossenschaften, der im Mitgliedschaftsverhältnis der Käufer zum Ausdruck kommt, wird in der Verordnung lediglich in dem in der Ausnahmebestimmung angeführten Umfang berücksichtigt.

3. Behördlich angeordnete Verwertungen.

Die Verordnung geht davon aus, dass im Fall von behördlich angeordneten Verwertungen eine Kontrolle darüber, ob die Grundsätze, von Treu und Glauben beachtet werden, nicht notwendig ist. Aus diesem Grund ist in diesen Fällen eine Bewilligung entbehrlich, weshalb die behördlich angeordneten Verwertungen der Verordnung nicht unterstellt wurden (Abs. l, lit. e).

Behördlich angeordnete Verwertungen können auf den verschiedensten Gebieten vorkommen. Die Verordnung führt lediglich beispielsweise die Hauptfälle an, die das Schuldbetreibungs- und Konkurs- sowie das Naohlassverfahren und die amtlichen Erbschaftsliquidationen betreffen.

4. Freiwillige öffentliche Versteigerungen.

Abgesehen davon, dass die freiwilligen Öffentlichen Versteigerungen kaum als ausverkaufsähnliche Veranstaltungen im Sinne des Wettbewerbsgesetzes betrachtet werden können, besteht nicht in gleicher Weise
Anlass zu behördlichen Eingriffen wie bei den Ausverkäufen und ähnlichen Veranstaltungen.

Es ist zwar zuzugeben, dass teilweise versucht wird, die Ausverkaufsvorschriften mittels der Versteigerungen zu umgehen. Doch sind diese Fälle praktisch von geringer Bedeutung. Neben der Versteigerung von Haushaltungsgegenständen durch Private ist vor allem von Bedeutung die freiwillige öffentliche Versteigerung von Handelsware.- In diesen Fällen handelt es sich regelmässig um Veranstaltungen, die von den Ausverkäufen recht verschieden sind. Im Detailhandel werden meist Kunstgegenstände, Bücher, Briefmarken, Antiqui-

85 täten und ähnliche Waren sowie etwa Brennholz auf dem Woge der freiwilligen öffentlichen Versteigerung abgesetzt. Diese Veranstaltungen wenden sich an ein besonderes Publikum, das vor allfälligen Machenschaften der Versteigerer nicht besonders geschützt zu werden braucht; ebensowenig besteht ein Anlass, die in Betracht fallenden Konkurrenzgeschäfte durch die Anwendung der Ausverkaufsvorschriften zu schützen. Es wäre nicht gerechtfertigt, alle diese Veranstaltungen, die eine durchaus legitime Form des Warenabsatzes in diesen Branchen darstellen, von Bundes wegen den Ausverkaufsvorschriften zu unterwerfen, lediglich weil gewisse Trödler durch die Veranstaltung eines Ausverkaufes die Vorschriften umgehen könnten. Namentlich wäre es sinnlos, die Versteigerung von Büohersammlungen, Kunstgegenständen oder Briefmarken auf die Ausverkaufszeiten zu beschränken.

Aus diesen Gründen gilt nach .der Verordnung für die freiwilligen öffentlichen Versteigerungen nach wie vor das kantonale Eecht. Es ist Sache der Kantone, darüber zu befinden, wie diese Verkaufsveranstaltungen geregelt werden sollen, sofern Vorschriften überhaupt als notwendig betrachtet werden.

Es ist den Kantonen unbenommen, die Ausverkaufsverordnung sinngemäss auf die freiwilligen off entliehen Versteigerungen anzuwenden, wobei es sich jedoch nicht um Bundesrecht, sondern um kantonales Gewerbepolizeirecht handeln würde. Gegen Erlasse und Verfügungen der Kantone, die die freiwilligen öffentlichen Versteigerungen betreffen, wäre deshalb auch im Fall der sinngemässen Anwendung der Ausverkaufsverordnung nicht die Verwaltungsbeschwerde an den Bundesrat, sondern die staatsrechtliche Beschwerde an das Bundesgericht gegeben.

u. Bewilligungspüiclit.

Dieser Abschnitt führt den bereits in Art. 17, Abs. l, sowie Abs. 2, 1. Satz UWG enthaltenen Grundsatz der Bewilligungspflicht näher aus. Während Art. 4 den Grundsatz und die Zuständigkeit regelt, ordnen die Art. 5, 6 und 7 die Voraussetzungen für die Erteilung, die Verweigerung und den Entzug der Bewilligung. Art. 8 ist eine Ergänzungsbestimmung zu Art. 6 und 7.

Art. 4.

Grundsatz und Zuständigkeit.

1. Allgemeines.

Mittels der Bewilligungspflicht, die schon in Art. 17, Abs. l UWG sowie in allen kantonalen Vorschriften (mit Ausnahme des Kantons Baselland, der die Ausverkäufe überhaupt nicht geregelt hat) vorgesehen ist, soll -- wie schon erwähnt -- eine Präventivkontrolle darüber ausgeübt werden, ob die Grundsätze von Treu und Glauben im Interesse der Mitbewerber und der Konsumenten eingehalten werden. Auf eine sorgfältige Prüfung der Bewilligungsgesuche durch die Bewilligungsinstanzen ist deshalb besonderes Gewicht

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zu legen. Gewisse Kreise in der Wirtschaft befürchten, dass die Bewilligungspflicht teilweise nur den Anlass zur Erhebung von Gebühren abgeben soll.

Obwohl diese Befürchtung unbegründet sein dürfte, ist es wichtig, ihr auch nicht den Anschein einer gewissen Berechtigung zu geben.

2. Zuständigkeit.

Die Eegelung ist durch den Zweck der Bewilligungspflicht bedingt. Die beabsichtigte Kontrolle, der die Bewilligungspflicht dient, kann am besten, am Ort der Verkaufsstelle ausgeübt werden. Es ist den Kantonen überlassen, ob sie eine einzige Behörde vorsehen oder ob sie die Ortsbehörden als zuständig erklären wollen. Dies ist vor allem dann von Bedeutung, wenn für mehrere Verkaufsstellen eines Unternehmens Bewilligungen nachgesucht werden. Auch wenn sich die Verkaufsstellen in einem einzigen Kanton befinden, können für jede einzelne Verkaufsstelle besondere Bewilligungen verlangt werden, sofern, der betreffende Kanton nicht eine einzige zentrale Bewilligungsinstanz, sondern eine dezentralisierte Behördenorganisation getroffen hat.

3. Recht zur Ankündigung in der ganzen Schweiz.

Es sei ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, dass die in einem bestimmten Kanton erteilte Bewilligung zur öffentlichen Ankündigung in der ganzen Schweiz berechtigt, während die Durchführung der Verkaufsveranstaltung in einem andern Kanton -- abgesehen von den Versandgeschäften (vgl.

unten Ziff. 4) -- nicht in Frage kommt. Damit fallen die bisher mit der Bewilligungspflicht für die Ankündigung ausserkantonaler Veranstaltungen verbundenen unlösbaren Schwierigkeiten dahin. Da die zuständige kantonale Behörde inskünftig nach einheitlichen, für alle Kantone gültigen Vorschriften die Beobachtung der Grundsätze von Treu und Glauben überprüft, besteht für andere Kantone, in denen die Verkaufsveranstaltung ebenfalls angekündigt wird, kein Anlass mehr zu einer nochmaligen Kontrolle.

4. Versandgeschäfte.

Wie schon oben (zu Art. 8, Ziff. l, S. 83) erwähnt, geht die Verordnungdavon aus, dass es sich überall um Verkaufsveranstaltungen von sesshaften Ladengeschäften handelt, die von den Kunden aufgesucht werden. Eine Ausnahme machen jedoch die Versandgeschäfte. Bei den Versandgeschäften wird der Kauf auf Grund von Auswahlsendungen, die der Käufer gestützt auf Inserate oder ähnliche Werbemittel verlangt, am Ort des Käufers abgeschlossen.
Diesem besondern Charakter der Versandgeschäfte, denen die Durchführung von Ausverkäufen nicht verwehrt werden kann, musste in der Verordnung.

Eechnung getragen werden. Eine Kontrolle kann in diesen Fällen überhaupt nur am Sitz des Geschäftes ausgeübt werden. Überdies könnte man den Versandgeschäften nicht zumuten, in allen Kantonen, in denen sich Käufer befinden, eine Bewilligung einzuholen. Deshalb berechtigt beim Versand-

87

geschäft die von einem bestimmten Kanton erteilte Bewilligung nicht nur zur Ankündigung, sondern auch zur Durchführung der Veranstaltung im Gebiet der ganzen Schweiz. Sollte ein Versandgeschäft dazu übergehen, in andern Kantonen besondere Verkaufsstellen (Ladengeschäfte) zu errichten, so müsste selbstverständlich eine Bewilligung der für diese Verkaufsstellen zuständigen Behörde eingeholt werden.

5. Unternehmen mit mehreren Verkaufsstellen.

Sofern sich die Verkaufsstellen solcher Unternehmen in verschiedenen Kantonen befinden, gilt der allgemeine Grundsatz, dass eine Bewilligung der für die betreffende Verkaufsstelle zuständigen Behörde einzuholen ist. Stehen Verkaufsveranstaltungen mehrerer Verkaufsstellen in verschiedenen Kantonen in Frage, so muss eine besondere Bewilligung für jede Verkaufsstelle eingeholt werden. Um von vornherein Klarheit zu verschaffen, hält dies die Verordnung in Abs. 2 ausdrücklich fest. (Hinsichtlich der Zuständigkeit innerhalb des Kantons vgl. oben Ziff. 2, S. 86 f.).

Mit Bücksicht auf gewisse kantonale Vorschriften ist hervorzuheben, dass selbstverständlich auch Filialen einen Teil- oder Totalausverkauf durchführen können.

Abs. 2 steht im Zusammenhang mit Art. 10, Abs. 2, wonach für mehrere Verkaufsstellen eines Unternehmens, welche sich im gleichen Wirtschaftsgebiet befinden, der Beginn der Veranstaltung nach Möglichkeit auf den gleichen Tag festgesetzt werden soll. Andere Bestimmungen, die auf Unternehmen mit mehreren Verkaufsstellen Bedacht nehmen, finden sich in Art. 8, 13, Abs. 2, und 17, Abs. 3.

Art. 5.

Erteilung und Inhalt der Bewilligung.

1. Anspruch.

Der Gesuchsteller hat Anspruch auf Erteilung der Bewilligung, soweit die Verordnung oder allfällige kantonale Vorschriften nichts anderes bestimmen.

Die Erteilung der Bewilligung liegt also nicht im Belieben der Bewilligungsbehörde und kann insbesondere nicht etwa von der wirtschaftlichen Zweckmässigkeit der Verkaufsveranstaltung abhängig gemacht werden. Dagegen ist, wie namentlich aus Art. 6 hervorgeht, dem Ermessen der Behörde ein gewisser Spielraum gegeben. Von diesem Ermessen darf aber nur im Eahmen der Vorschriften Gebrauch gemacht werden, und die letzte Schranke, die keinesfalls überschritten werden darf, bilden stets die für die ganze Begelung massgebenden Grundsätze von Treu und Glauben.

2. Inhalt d^er Bewilligung.

In Abs. 2 wird nur der notwendige Inhalt der Bewilligung umschrieben.

Die Bewilligungsbehörde muss sich beim Entscheid notwendigerweise darüber

88 schlüssig werden, welche Art von Verkaufsveranstaltung gemäss Art. 2 in Präge steht, wann die Verkaufsveranstaltung beginnen und wie lange sie dauern soll; ferner bei Ausverkäufen, welche Warenbestände einbezogen werden, und insbesondere bei Teilausverkäufen, welche einzelnen Warengattungen oder Verkaufsabteilungen zur Aufgabe gelangen. Aber auch der Gesuchsteller muss über die Verkaufsveranstaltung in den angeführten Hinsichten im klaren sein.

Aus diesen Gründen wird der notwendige Inhalt der dem Gesuchsteller zur Kenntnis zu bringenden Bewilligung im Sinne von Art. 2 umschrieben.

Gemäss Art. 25, Abs. l, können allfällige weitere kantonale Vorschriften über den Inhalt der Bewilligung aufgestellt werden. Insbesondere ist die technische Ausgestaltung des Bewilligungsentscheides in vollem Umfang Sache der Kantone, Es ist z. B. möglich, dass der Entscheid auf gewisse Angaben im Gesuch, etwa den Warenbestand, Bezug nimmt, ohne diesen selbst namhaft zu machen. Von Bundes wegen wird lediglich verlangt, dass (bei Ausverkäufen) die Bewilligungsbehörde und der Empfänger darüber im klaren sind, welcher Warenbestand in die Verkaufsveranstaltung einbezogen wird.

Die Kantone können ausserdem auch Vorschriften über das Bewilligungsgesuch erlassen, worauf in Art. 25, Abs. l, lit. a, ausdrücklich hingewiesen wird (vgl. S. 106).

Art. 6.

Verweigerung der Bewilligung 1. Allgemeines.

Schon in Art. 17, Abs. 2,1. Satz UWG wird bestimmt, dass die Bewilligung zu verweigern ist, soweit es die Grundsätze von Treu und Glauben erfordern.

Diese allgemeine Vorschrift wurde, wie die übrigen Bestimmungen des Gesetzes, in die Verordnung aufgenommen. Überdies werden aber auch die hauptsächlichen Fälle angeführt, die die Verweigerung der Bewilligung rechtfertigen.

Da nicht von vornherein alle besondern Verhältnisse erfasst werden können, zählt der Artikel die Verweigerungsgründe nicht abschliessend auf (im Gegensatz zur Aufzählung der Entzugsgründe in Art. 7). Anderseits wird aber auch nicht obligatorisch vorgeschrieben, dass in den beispielsweise angeführten Fällen die Bewilligung immer verweigert werden müsse. Auch in dieser Hinsicht soll auf die besondern Verhältnisse des Einzelfalles abgestellt werden können.

Die Formulierung des Artikels lässt demnach dem Ermessen der Bewilligungsbehörde einen gewissen Spielraum. Doch zeigt die detaillierte und eher strenge Fassung der angeführten Verweigerungsgründe, dass Zurückhaltung geboten ist und nicht Kleinigkeiten zum Anlass genommen werden dürfen, um die Bewilligung zu verweigern. Die einzelnen Verweigerungsgründe betreffen ausschliesslich wichtige Tatbestände, die in der Kegel die Verweigerung der Bewilligung rechtfertigen.

89 2. Verweigerungsgründe.

Die einzelnen Tatbestände betreffen die Erfüllung der gesetzlichen Vorschriften (lit. a), die Erfordernisse der Verkaufsveranstaltung in objektiver Hinsicht (Ht. b) und die subjektiven, in der Person des Gesuchstellers gegebenen Momente (lit. c und d).

Zu den gesetzlichen Vorschriften, die erfüllt sein müssen, gehören nicht nur die Bestimmungen der Verordnung, sondern auch die Ausfünrungsbestimmungen der Kantone sowie die ergänzenden und abweichenden kantonalen Vorschriften gemäss Art. 24 bis 26. Hinsichtlich der subjektiven Momente wird im einzelnen genau umschrieben, wann ein Grund zur Verweigerung der Bewilligung vorliegen kann. Bei lit. c genügt es nicht etwa, dass unwahre oder irreführende Angaben gemacht werden, sondern es wird gefordert, dass der Gesuchsteller durch solche Angaben eine Bewilligung zu erwirken versucht.

Ähnlich werden bei den zu berücksichtigenden Widerhandlungen gemäss lit. d in mehrfacher Hinsicht Einschränkungen vorgenommen (Widerhandlungen innert der letzten drei Jahre, Vergehen im Sinne des Wettbewerbsgesetzes oder vorsätzliche Widerhandlung gegen die Ausverkaufsvorschriften, rechtskräftige Verurteilung).

Einem Gesuchsteller, dem wegen notorischer Missachtung der Ausverkaufsvorschriften eigentlich unter keinen Umständen eine Bewilligung erteilt werden sollte, wäre immerhin die Durchführung eines Totalausverkaufes zu bewilligen, da dann das Geschäft -- vielleicht für immer, jedenfalls aber während der Sperrfrist gemäss Art. 16 -- verschwinden würde.. Freilich müsste dafür Sorge getragen werden, dass das Geschäftseröffnungsverbot auch wirklich durchgesetzt würde.

Art. 7.

Entzug der Bewilligung.

1. Allgemeines.

Im Gegensatz zu Art. 6, der die Verweigerungsgründe nicht abschliessend aufzählt, legt dieser Artikel von vornherein fest, in welchen Fällen die Bewilligung entzogen werden darf. Da auch beim Vorliegen der Entzugsgründe gemäss lit. a und b besondere Verhältnisse damit verbunden sein können, die einen Entzug der Bewilligung als unbillig erscheinen lassen, liegt der Entzug stets -- wie bei der Verweigerung der Bewilligung -- im Ermessen der Behörde.

Für die Fälle, in denen beim Entzug der Bewilligung Zwangsmassnahmen notwendig werden, um die Verkaufsveranstaltung zu verhindern, sei auf Art. 24, Abs. 2, verwiesen.

2. Entzugsgründe.
Die einzelnen Tatbestände betreffen lediglich die Erwirkung der Bewilligung durch unwahre oder irreführende Angaben (lit. a) sowie die Widerhandlung gegen die Ausverkaufsvorschriften oder die Verfügungen der zuständigen BeBundesblatt.

99. Jahrg.

Bd. II.

7

90 hörden (lit. V). Bei lit. a handelt es sich um das Gegenstück zu Art. 6, lit. c.

Im Fall von lit. b inuss eine Widerhandlung gegen die Ausverkaufsvorschriften während der Durchführung der Verkaufsveranstaltung vorliegen, während Art. 6, lit. d, Widerhandlungen betrifft, die vorher begangen worden sind und überdies zu einem rechtskräftigen Urteil geführt haben.

Sollten nachträglich Tatsachen festgestellt werden, die die Verweigerung der Bewilligung gerechtfertigt hätten, so kann -- mit, Ausnahme von Tatsachen im Sinne von Art. 6, ht. c (-- Art. 7, Abs. l, ht. a) -- die Bewilligung nicht nachträglich entzogen werden. Wenn z. B. die Bewilligungsbehörde übersehen hat, dass die Voraussetzungen von Art. 11 nicht erfüllt sind (Wartefrist), so ist der Entzug der Bewilligung unzulässig. Dies wurde im Interesse der BechtsSicherheit und aus Billigkeitserwägungen ausdrücklich so geregelt.

8. Veröffentlichung.

Der Entzug der Bewilligung ist namentlich nur dann zu veröffentlichen, wenn bereits die Erteilung der Bewilligung veröffentlicht wurde oder wenn schon eine Ankündigung erfolgt ist. Ist dagegen die Erteilung der Bewilligung weder von der Behörde noch vom Gesuchsteller bekanntgemacht worden, so empfiehlt sich eine Veröffentlichung nicht. Die Veröffentlichung ist deshalb nur fakultativ vorgesehen. Die Art der Veröffentlichung ist vom Kanton zu bestimmen; in der Eegel wird eine Publikation im kantonalen Amtsblatt in Betracht kommen.

Art. 8.

Besondere Verhältnisse.

Es handelt sich, wie erwähnt, um eine Ergänzung zu Art. 6 und 7.

Diese Artikel sollen namentlich auch dann angewendet werden können, wenn z. B. in der Person des für das Geschäft ausschliesslich tätigen Prokuristen der Verweigerungsgrund von Art. 6, lit. d, gegeben ist und angenommen werden muss, dass sich der Prokurist ohne weiteres über Treu und Glauben hinwegsetzt; oder wenn etwa eine an Stelle des Firmainhabers tätige Person die Bewilligung durch unwahre und irreführende Angaben zu erwirken versucht oder erwirkt hat (Art. 6, lit. c, und Art. 7, ht. a).

Neben den Erwägungen, die bei der Anwendung der Art. 6 und 7 allgemein wegleitend sein sollen, ist immer auch dem Umstand Bechnung zu tragen, ob die Verweigerungs- und Entzugsgründe in der Person des Firmainhabers selbst oder bloss in der Person eines für ihn tätigen Angestellten oder
Beauftragten gegeben sind. Wenn der für den Pirmainhaber tätige Prokurist anlässlich einer früheren Anstellung sich Widerhandlungen im Sinne von Art. 6, ht. d, zuschulden kommen hess, und der Finnainhaber selber dies nicht wusste und wissen konnte, ist eine Verweigerung der Bewilligung nicht am Platz. Die Tragweite von Art. 8 darf also nicht überspannt werden.

Zu den Personen, die gemäss Art. 8 in Betracht fallen, sind auch die Familienangehörigen, insbesondere die Ehefrau, zu zählen.

91 EOE. Zeitliche Beschränkung.

Nach Art. 17, Abs. 2,1. Satz UWG ist die Bewilligung «an beschränkende Bedingungen zu knüpfen», «soweit es die Grundsätze von Treu und Glauben erfordern». Diese «beschränkenden Bedingungen» waren nach Möglichkeit von vornherein in allgemeiner Form festzusetzen. Neben den sachlichen Beschränkungen (Abschnitt IV) und den beschränkenden Vorschriften für die Ankündigung (Abschnitt V) waren vor allem auch Beschränkungen in zeitlicher Hinsicht erforderlich. Eine besondere Art der zeitlichen Beschränkung ist bereits in Art. 17, Abs. 2, 2. Satz UWG enthalten, wo der Grundsatz der Wartefrist festgelegt ist (vgl. Abs. 11 VO).

Die zeitlichen Beschränkungen betreffen ausser der erwähnten Vorschrift über die Wartefrist (Art. 11) dio Zeiträume, in welchen die Veranstaltungen durchgeführt werden dürfen (Art. 9), die Häufigkeit der periodischen Veranstaltungen (Art. 9, Abs. 2, 2. Satz) sowie die Dauer der Verkaufsveranstaltung (Art. 10).

Die Ausgestaltung der zeitlichen Beschränkungen wird bestimmt durch die verschiedenen Arten von Verkaufsveranstaltungen, wobei insbesondere die Unterschiede zwischen Eäumungs- und Belebungsverkäufen sowie zwischen periodischen und nichtperiodischen Veranstaltungen massgebend sind. Im übrigen halten die Vorschriften eine mittlere Linie in der Mannigfaltigkeit der kantonalen Bestimmungen inné. Gemäss Art. 26, Ziff. 2, 3 und 4, können die Kantone in verschiedener Hinsicht abweichende Bestimmungen aufstellen.

Unzulässig ist jedoch die Vorverlegung des Beginns von Saison- und Inventurausverkäufen sowie von Ausnahmeverkäufen vor dem bundesrechtlich festgelegten frühesten Zeitpunkt, weil sonst in einer wichtigen Hinsicht der Zweck der bundesrechtlichen Eegelung vereitelt würde.

Art. 9.

Ausverkaufszeiten, l. Allgemeines.

Für die Festsetzung der Zeiträume, in denen die Verkaufsveranstaltungen stattfinden dürfen, ist der Unterschied zwischen periodischen und nichtperiodißchen Verkaufsveranstaltungen wesentlich, was zu einer Gegenüberstellung der Total- und Teilausverkäufe einerseits und der Saison- und Inventurausverkäufe sowie der Ausnahmeverkäufe anderseits führt.

Abs. l betrifft die nichtperiodischen Veranstaltungen, während Abs. 2 von den periodischen Veranstaltungen handelt. Abs. 2 enthält überdies eine Bestimmung über die Häufigkeit der periodischen Veranstaltung. Dagegen ist die Häufigkeit der nichtperiodischen Verkaufsveranstaltungen nicht zu ordnen.

Dass nicht beliebig Total- und Teilausverkäufe durchgeführt werden können, wird schon durch die Bestimmungen über das Geschäftseröffnungsverbot verhindert (Art. 16--18).

92

2. Nichtperiodische

Veranstaltungen.

Bei den Total- und Teilausverkäufen, die nichtperiodischen Charakter haben, ist zu berücksichtigen, dass nicht nur die Änderung der wirtschaftlichen Tätigkeit, sondern oft auch plötzliche unvorhergesehene Ereignisse (insbesondere Todesfall) Anlass zu einem Ausverkauf geben. Deshalb kann ein Total- oder Teilausverkauf grundsätzlich jederzeit bewilligt werden. Die vorgesehenen Beschränkungen betreffen nur den Beginn der Verkauf s Veranstaltung, da man niemandem zumuten kann, einen begonnenen Total- oder Teilausverkauf zu unterbrechen und später fortzusetzen. Sie dürfen nur Platz greifen, wenn die Verweigerung der Bewilligung nicht eine besondere Härte darstellen würde. In bezug auf kantonale Vorschriften vgl. Art. 26, Ziff. 2.

Da die für die besondere Behandlung der niohtperiodischen Verkaufsveranstaltungen massgebenden Gründe in erster Linie bei den Totalausverkäufen vorliegen, werden diese weniger weitgehenden Beschränkungen unterworfen als die Teilausverkäufe (vgl. Abs. l, 2. Satz a. E.).

8. Periodische

Veranstaltungen.

Pur die periodisch wiederkehrenden Saison- und Inventurausverkäufe sowie Ausnahmeyerkäufe sind gemeinsame Bestimmungen erforderlich. Bei den Saisonausverkäufen im Sinne der Verordnung geht es zwar um die Räumung von Warenbeständen, doch kommt die saisonbedingte Eäumung, die hier bezweckt wird, praktisch nur zweimal im Jahr in Frage. Anderseits müssen die Ausnahmeverkäuie, die der Belebung des Geschäftes dienen, auch zweimal zugelassen werden. Hinsichtlich abweichender kantonaler Vorschriften ist auf Art. 26, Ziff. 3, zu verweisen.

Art. 10.

Dauer.

1. Allgemeines.

Bei der Festsetzung der Dauer ist neben dem Unterschied zwischen periodischen und nicht periodischen Veranstaltungen vor allem die grundlegende Scheidung zwischen Eäumungs- und Belebungsverkäufen von Bedeutung.

Abs. l enthält den allgemeinen Grundsatz der angemessenen Beschränkung der Bewilligung und die Festlegung der Dauer für die verschiedenen Arten von Verkaufsveranstaltungen, während Abs. 2 eine Sonderbestimmung für Unternehmen mit mehreren Verkaufsstellen aufstellt.

2. Eäumungs- und Belebungsverkäufe.

Die Dauer der Ausverkäufe ist so bemessen, dass der Eäumungszweck auch wirklich erreicht werden kann, während im Gegensatz dazu eine kürzere Dauer für die Ausnahmeverkäufe vorgesehen wird. Dies führt insbesondere dazu, dass die Inventur- und Saisonausverkäufe (Abs. l, lit. c) anders behandelt

93

·werden als die Avisnahmeverkäufe (Abs. l, lit. d). Zwar wird für die erstgenannten Verkaufsveranstaltungen die Dauer weniger lang bemessen als für die Total- und Teilausverkäufe (Abs. l, lit. a und 6), aber im Einklang mit der Bestimmung über die Total- und Teilausverkäufe wird nur die regelmässige Dauer festgesetzt («in der Kegel»). Es ist der Bewilligungsbehörde anheimgestellt, je nach den besondern Verhältnissen unter oder über die in Abs. l, lit. c, erwähnte zeitliche Grenze zu gehen. Für die Ausnahmeverkäufe wird dagegen nicht nur eine kürzere Dauer vorgesehen, sondern es wird überdies bestimmt, dass es sich um eine Höchstdauer handelt («höchstens»).

3. Unternehmen mit mehreren Verkaufsstellen.

Die Sondervorschrift in Abs. 2 möchte allfällige Missbräuche verhindern.

Durch eine verschiedene zeitliche Ansetzung der Veranstaltung für die einzelnen Verkaufsstellen wäre es nämlich möglich, praktisch die Wirkung einer entgegen den Vorschriften verlängerten Ausverkaufsdauer zu erzielen, wenn es sich um dasselbe Wirtschaftsgebiet handelt. Nach durchgeführtem Ausverkauf könnte die restliche Ware einer Verkaufsstelle in eine andere Verkaufsstelle gebracht werden, die ihrerseits einen Ausverkauf durchführen würde.

Aus diesem Grund sollen die Kantone -- soweit sich dies mit Bücksicht auf allfällige administrative Schwierigkeiten überhaupt durchführen lässt -- den Beginn der Veranstaltungen mehrerer Verkaufsstellen innerhalb des gleichen Wirtschaftsgebietes auf den gleichen Tag festsetzen. Für den Fall, dass das Wirtschaftsgebiet mehrere Kantone beschlägt, wird vorausgesetzt, dass sich die zuständigen Amtsstellen miteinander verständigen.

Art. 11.

Wartefrist.

1. Allgemeines.

Mit dieser Bestimmung, die sich -- wie erwähnt -- bereits in Art. 17, Abs. 2,2. Satz UWG findet, soll in erster Linie den Praktiken gewerbsmässiger Ausverkäufer entgegengetreten werden. Es wird damit diesen Leuten verunmöglicht, ein Geschäft ganz oder teilweise auszuverkaufen und anderwärts sofort wiederum zu einem Ausverkauf zu schreiten. Dem gleichen Zweck dient das auch schon im Wettbewerbsgesetz enthaltene Geschäftseröffnimgsverbot (Art. 16--18).

Die Vorschrift bezieht sich auf alle Ausverkäufe, also auch auf Saisonund Inventurausverkäufe, die ja im Grunde Teilausverkäufe darstellen (vgl.

dazu Art. 2, Ziff. 4, 8. 82). Der Einbezug der Saison- und Inventurausverkäufe dient der Durchführung des Warenvor- und -Nachschubverbotes (Art. 18), Wollte man einem kurz vor der Ausverkaufssaison neu eröffneten Geschäft die Durchführung eines Saisonausverkaufes bewilligen, so wäre der Erwerb von Ware ausschliesslich im Hinblick auf den Ausverkauf möglich, ohne dass dies praktisch verhindert werden könnte.

94 Die Vorschrift stellt drei Voraussetzungen auf: selbe Ortschaft, selber Inhaber und gleichartige Waren.

2. Ausnahmen.

Schon in Art. 17, Abs. 2 UWG wird die Möglichkeit von Ausnahmen vorgesehen, da eine Wartefrist nur «in der Eegel» verlangt werden soll. Weil die Bestimmung gegen die angeführten Missbräuche gerichtet ist, sollten immer dann Ausnahmen zugelassen werden, wenn besondere Gründe vorliegen und Missbräuche nicht befürchtet werden müssen.

3. Frist.

Die Frist von einem Jahr entspricht Art. 17, Abs. 2 UWG. Da jedoch in den meisten kantonalen Vorschriften längere Wartefristen vorgesehen sind, werden in Art. 26, Ziff. 4, die Kantone ermächtigt, längere Wartefristen vorzuschreiben, wobei zwischen Total- und Teilausverkäufen unterschieden wird.

IV. Sachliche Beschränkungen.

Die sachlichen Beschränkungen, die wiederum ihre Grundlage in Art. 17, Abs. 2, 1. Satz UWG («beschränkende Bedingungen») haben, betreffen die Aussonderung (Art. 12) und das Verbot des Warenvor- und Nachschubes (Art. 18).

Art. 12.

Aussonderung, l. Allgemeines.

Es soll verhindert werden, dass der Verkäufer bei Anlass einer bewilligungs Pflichtigen Verkaufsveranstaltung durch ungenügende Individualisierung der Ausverkaufsware das Publikum zum Kauf der übrigen, ohne Einräumung besonderer Vergünstigungen verkauften Ware verleitet. Der Käufer soll nicht im unklaren darüber gelassen werden, welche Waren in den Ausverkauf einbezogen sind. Ferner dient die Bestimmung der Erleichterung der behördlichen Kontrolle, insbesondere hinsichtlich der Einhaltung des Warenvor- und Nachschubverbotes.

2. Bezeichnung und Trennung.

Die Bezeichnung kann sich sowohl auf die ausgeschiedenen Waren als Ganzes als auch auf jedes einzelne Stück, beziehen.

Wichtiger als die Bezeichnung ist die Trennung der Ausverkaufsware von den übrigen Waren. Da sich dies aber in kleinen Verhältnissen vielleicht nicht durchführen lässt, wird nur verlangt, dass die Trennung nach Möglichkeit durchgeführt werde. Unter Trennung ist die räumliche Ausscheidung der Ausverkaufswaren von den übrigen Waren zu verstehen. Sie vor allem dient der Übersicht des Publikums und der Kontrolle.

95 Selbstverständlich wird nicht verlangt, dass ein Geschäft, das verschiedene Warenkategorien, eventuell in verschiedenen Bäumen oder Stockwerken, führt, alle Ausverkaufsware im gleichen Eaum vereinigt.

Art. 18.

Verbot des Warenwr- und Nachschubes.

1. Allgemeines.

Wie schon oben (zu Art. 2, Ziff. 2, S. 79 ff.) ausgeführt, müssen die Aus verkaufe, die nach der Verordnung Bäumungsverkäufe darstellen, notwendigerweise dem Verbot des Warenvor- und Nachschubes unterstellt werden. Diese Bestimmung macht mit dem Eäumungscharakter der Ausverkäufe Ernst.

Weil auch die Saison- und Inventurausverkäufe im Sinne der Verordnung Eäumungsverkäufe darstellen, bezieht sich das Verbot des Warenvor- und Nachschubes auch auf diese Art von Verkaufsveranstaltungen.

Es ist denkbar, dass ausnahmsweise auch Ware während der Verkaufsveranstaltung einbezogen werden kann. Wenn z. B. Ware vor der Verkaufsveranstaltung und ohne Eücksicht auf den Ausverkauf bestellt worden ist und erst während der Veranstaltung geliefert wird, so kann sie in den Ausverkauf embezogen werden, sofern sie zur Ware gehört, für die der Ausverkauf bewilligt wurde. Dies kann insbesondere bei einem Totalausverkauf vorkommen, der wegen Todesfall unvorhergesehenerweise durchgeführt werden muss.

Der Einbezug von Waren, die zum Zweck des Ausverkaufs eigens hergestellt wurden, ist auch dann ausgeschlossen, wenn es sich um Unternehmen mit eigenen Fabrikationsbetrieben handelt.

Die Herbeischaffung von Waren aus einem zentralen Lager ist ohne weiteres zulässig, sofern es sich nicht um Waren handelt, die im Hinblick auf den Ausverkauf erworben worden sind. Für die Herbeischaffung von Waren aus andern Verkaufsstellen gilt Abs. 2 (vgl. unten Ziff. 3).

2. Inventar.

Mit Eücksicht darauf, dass die Bestimmung massgebend auf ehi subjektives Moment abstellt (im Hinblick auf den Ausverkauf erworbene oder hergestellte Ware), sei darauf aufmerksam gemacht, dass die Kantone in ihren ergänzenden Vorschriften gemäss Art. 25, Abs. l, lit. b, die Errichtung eines Inventars für die Durchführung von Ausverkäufen vorschreiben können.

Den ausnahmsweise in Betracht fallenden nachträglichen Einbezug von Waren, die im Inventar nicht enthalten sind, kann der Kanton von einer Bewilligung abhängig machen. Allerdings muss diese Bewilligung immer dann erteilt ·werden, wenn der Gesuchsteller nachweist, dass er die Ware nicht im Hinblick auf den Ausverkauf erworben hat.

96

Wird auf ein Inventar verzichtet, so ist gleichwohl dafür zu sorgen, dass das der reinlichen Scheidung zwischen Bäumungsverkäufen und Belebungsverkäufen dienende Verbot des Warenvor- und Nachschubes wirklich durchgeführt wird. Es empfiehlt sich, Stichproben zu machen und überall dort eine Kontrolle anzuordnen, wo nach den Umständen angenommen werden muss, dass sich der Verkäufer über das Verbot hinwegsetzen wird.

8. Unternehmen mit mehreren Verkaufsstellen.

Die Sonderbestimmung für Unternehmen mit mehreren Verkaufsstellen in Abs. 2 bezieht sich nicht auf den eigentlichen Vor- und Nachschub von Waren, sondern auf den Austausch von Waren zwischen den verschiedenen Verkaufsstellen, den sogenannten Warenverschub. Das Verbot des Warenvorund -Nachschubes im eigentlichen Sinn gemäss Abs. l gilt selbstverständlich auch für Unternehmen mit mehreren Verkaufsstellen ; in diesen Fällen darf in Ausverkäufe ebenfalls nicht Ware einbezogen werden, die im Hinblick auf den Ausverkauf erworben oder hergestellt worden ist.

Der Warenverschub vor dem Ausverkauf wird mit Rücksicht auf die regelmässig engen Beziehungen zwischen den einzelnen Verkaufsstellen eines Unternehmens nicht beschränkt. Abs. 2 betrifft ausschliesslich den Warenverschub während des Ausverkaufs, wobei zwischen zwei Fällen unterschieden wird: a. Sofern für mehrere oder alle Verkaufsstellen des Unternehmens ein gleichartiger Ausverkauf für dieselbe Zeit bewilligt worden ist, ist der Vorschub zwischen den betreffenden Verkaufsstellen ohne Beschränkung zulässig. Dies ist wegen der engen Beziehungen zwischen den verschiedenen Verkaufsstellen und der Gleichartigkeit der Verkaufsveranstaltung gerechtfertigt. Die Leitung des Unternehmens soll frei bestimmen können, in welcher Verkatifsstelle sie die Ware verkaufen will, wenn sie für alle Verkaufsstellen die entsprechende Bewilligung eingeholt hat.

b. Wenn jedoch nicht allen in Betracht fallenden Verkaufsstellen eine Ausverkaufsbewilligung erteilt worden ist oder wenn es sich um verschiedenartige Verkaufsveranstaltungen handelt (z. B. Totalausverkauf einerseits und Saisonund Inventarausverkauf anderseits), so ist der Warenverschub nicht zulässig.

In diesen Fällen könnte eine befriedigende Kontrolle, namentlich über die Einhaltung des Warenvor- und Nachschubverbotes, nicht ausgeübt werden.

4. Sanktionen.
Da zahlreiche Kantone besondere Sanktionen für die Übertretung des Warenvor- und -Nachschubverbotes kennen, sei ausdrücklich hervorgehoben, dass neben der strafrechtlichen Verfolgung gemäss Art. 20, Abs. l, lit. d, verschiedene administrative Maßnahmen getroffen werden können. Zunächst fällt der Entzug der Bewilligung gemäss Art, 7, lit. b, in Betracht, weil die Übertretung des Warenvor- und -Nachschubverbotes eine Widerhandlung gegen die Vorschriften über Ausverkäufe und ähnliche Veranstaltungen im Sinne der

97 zitierten Bestimmung darstellt. Ferner kann durch eine vorübergehende Schliessung des Geschäftes, wie sie in Art. 24, Abs. 2, vorgesehen ist, nötigenfalls der Warenvor- und -Nachschub unterbunden werden. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine Strafe, sondern um eine Massnahme der Eealexekution.

V, Ankündigung.

Neben den zeitlichen und sachlichen Beschränkungen sind auch beschränkende Vorschriften für die Ankündigung von besonderer Bedeutung, weil ja, ·wie oben (zu Art. l, Ziff.2, lit. b, S. 77) ausgeführt, die öffentliche Ankündigung eine wesentliche Voraussetzung für die Unterstellung von Verkaufsveranstaltungen unter die Verordnung darstellt. Auch diese Bestimmungen sind allgemein formulierte «beschränkende Bedingungen» im Sinne von Art. 17, Abs. 2, 1. Satz UWG.

Art. 14.

Notwendiger Inhalt.

Gewisse Mindestanforderungen an den Inhalt der öffentlichen Ankündigung werden vor allem im Interesse des Publikums verlangt. Das Publikum soll wissen, um welche Art von Verkaufsveranstaltung (Ausverkauf oder Ausnahmeverkauf) es sich handelt, und ob die Veranstaltung amtlich bewilligt wurde.

Ferner darf der Käufer nicht über Beginn und Dauer der Verkaufsveranstaltung im unklaren gelassen werden, damit er z. B. nicht vorzeitig in die Verkaufslokale gelockt und zum Kauf von anderer Ware veranlasst wird, die er sonst nicht gekauft hätte.

Der allgemeine Zweck der Vorschriften über den Inhalt der Ankündigung verlangt, dass das Vorliegen eines Teilausverkaufs nicht verschleiert und z. B.

ein Totalausverkauf vorgetäuscht wird, und dass klar zum Ausdruck kommt, welche Verkaufsabteilung oder Warengattung aufgegeben werden soll. Abs. 2 enthält deshalb eine Sonderbestimmung für Toilausverkäufe.

Die Kantone können ergänzende Vorschriften über den Inhalt der Ankündigung erlassen, worauf in Art. 25, Abs. l, lit. d, ausdrücklich hingewiesen wird. Insbesondere ist es den Kantonen überlassen, zu bestimmen, wann die Ankündigung frühestens erfolgen darf. Dabei ist auf die Erscheinungsweise der Publikationsorgane, in denen die öffentlichen Ankündigungen erfolgen, angemessen Bücksicht zu nehmen.

Art. 15.

Unzulässiger Inhalt.

Die Aufzählung in Abs. 2, die die in der Praxis vorkommenden Hauptfälle unrichtiger und irreführender Ankündigungen enthält, ist nicht abschliessend.

Sie erfasst die Tatbestände, auf die auch die meisten kantonalen Vorschriften Bezug nehmen. Die Bestimmung gibt den Kantonen eine Handhabe zur Bekämpfung von Auswüchsen im Beklamewesen.

98 VI. Geschäftseröffnungsverbot.

Das Geschäftseröffnungsverbot, das schon in Art. 17, Abs. 3 UWG enthalten ist, richtet sich -- ähnlich der Wartefrist -- gegen die gewerbsmässigen Ausverkäufer. Da nicht von vornherein im Einzelfall festgestellt werden kann, ob ein Totalausverkauf in der unlauteren Absicht nachgesucht wird, nach dessen Beendigung sofort wieder ein Geschäft zu eröffnen, kann mit der Verweigerung der Bewilligung, die geniäss Art, 6, lit. b, an sich möglich wäre, das Ziel nicht erreicht werden. Deshalb hat schon der Gesetzgeber den Grundsatz des Geschäftseröffnungsverbotes aufgestellt.

Da ähnliche Missbräuche, wie sie bei der Durchführung von Totalausverkäufen vorkommen, auch ITTI Fall von Teilausverkäufen gegeben sein können, bezieht sich das Geschäftseröffnungsverbot der Verordnung auch auf Teilausverkäufe, Das Wettbewerbsgesetz regelt lediglich den praktisch vor allem bedeutsamen Fall der Totalausverkäufe. Da aber der Bundesrat die erforderlichen Ausführungsvorschriften zu erlassen hatte, um im Bahinen der Bestimmungen des Gesetzes den Grundsätzen von Treu und Glauben im Ausverkaufswesen Nachachtung zu verschaffen, war es gegeben, das Geschäftseröffnungsverbot auch für Teilausverkäufe, die in grundsätzlich gleicher Weise wie bei den Totalausverkäufen zu Missbräuchen Anlass geben können, zu statuieren.

Angesichts der Ausdehnung des Geschäftseröffnungsverbotes auf Teilausverkäufe erübrigen sich kantonale Bestimmungen, durch die der Gesuchsteller verpflichtet werden könnte, nach durchgeführtem Teilausverkauf die aufgegebene Verkaufsabteilung oder Warengattung während einer bestimmten Frist nicht mehr aufzunehmen.

Art. 16 enthält den allgemeinen Grundsatz, während in Art. 17 die Ausnahmen und in Art. 18 eine besondere administrative Massnahme, die Veröffentlichung des Verbotes, geregelt werden.

Art. 16.

Grundsatz und Dauer.

1. Allgemeines.

Bei der Bewilligung eines Total- oder Teilausverkaufes muss sich die Behörde stets über die Auferlegung des Geschäftseröffnungsverbotes schlüssig werden. Wenn keine hinreichenden Gründe für die Zulassung einer Ausnahme vorliegen (Art. 17), ist immer ein Geschäftseröffnungsverbot auszusprechen.

Auch wenn von vornherein von einem Verbot Umgang genommen werden kann, ist dies anlässlich der Bewilligung des Ausverkaufes ausdrücklich festzustellen und goniäss Art. 18 zu veröffentlichen. Unklarheiten, Missverständnisse und allfällige Einsprachen können so vermieden werden.

Abs. l betrifft neben dem Grundsatz des Verbotes die Dauer der Sperrfrist, während in Abs. 2 die der Eröffnung gleichgestellten Tatbestände geordnet werden. Der Fall des Teilauiverkaufes wird mit Rücksicht auf dio besondern Verhältnisse, die hinsichtlich der Dauer der Sperrfrist sowie der der Wieder-

99 aufnähme der aufgegebenen Verkaufsabteilung oder Warengattung gleichzustellenden Tatbestände gegeben sind, gesondert in Abs. 3 geregelt. Die Anwendung des Verbotes bei Gesellsehaftsverhältnissen, womit sich Abs. 4 befasst, bezieht sich sowohl auf den Fall der Totalausverkäufe als auch auf denjenigen der Teilausverkäufe.

2. Dauer der Sperrfrist.

Die Dauer der Frist für die Totalausverkäufe ist bereits in Art. 17, Abs. 3 UWG festgesetzt \md wird von der Verordnung mit dem im Gesetz enthaltenen Rahmen übernommen. Eine besondere Frist sieht die Verordnung in Abs. 8 für den Fall der Teilausverkäufe vor, weil sich hier eine weniger strenge Eegelung rechtfertigt.

Die Dauer der Sperrfrist im angegebenen Eahmen von l bis 5 Jahren ist im Einzelfall je nach den besondern Verhältnissen zu bemessen. Liegen besondere Verhaltnisse im Sinne von Art. 17 vor, die jedoch eine vollständige Ausnahme vom Geschäftseröffnungsverbot nicht rechtfertigen, so wird unter Umständen eine kurz bemessene Sperrfrist am Platz sein.

8. Geschäftsbeteiligung.

Lediglich im Fall der Aktiengesellschaft, Kommandit-Aktiengesellschaft oder Genossenschaft wird eine «massgebliche Beteiligung» verlangt. In den übrigen Fällen ist die Beteiligung mit Bücksicht auf die in Frage stehenden Gesellschaftsverhältnisse stets so geartet, dass es sich ohne weiteres rechtfertigt, jede Beteiligung der Eröffnung eines gleichartigen Geschäftes gleichzustellen. Sollte im Einzelfall die Berücksichtigung der Beteiligung nicht gerechtfertigt sein, so kann von der Ausnahmebestimmung des Art. 17 Gebrauch gemacht werden.

Die Beteiligung am Geschäft des Ehegatten ist grundsätzlich ebenfalls untersagt. Gemäss Abs. 2, lit. b, 2. Satz, wird jedoch die Beteiligung unter bestimmten Voraussetzungen zugelassen, weil ein Verbot sonst zu Unbilligkeiten führen würde. Um allfälligen Missbräuchen zu begegnen, ist die Ausnahme in der Weise beschränkt, dass die Beteiligung nur zulässig ist, wenn das Geschäft, an dem sich der Ausverkauf er beteiligen will, seit mindestens zwei Jahren bestanden hat.

Vom Fall der Beteiligung an einem bereits bestehenden Geschäft des Ehegatten unterschieden ist der Fall, in dem der Ehegatte des Ausverkäufers nach durchgeführtem Ausverkauf selber ein neues Geschäft eröffnet. Dies kann, ebensowenig wie die Geschäftseröffnung durch andere
Angehörige des Ausverkäufers, auf Grund des Wettbewerbsgesetzes und der Verordnung nicht verhindert werden. Es wäre zwar denkbar, dass sich Missbräuche ergeben könnten.

Doch wird in diesen Fällen der Ausverkäufer am Geschäft des andern Ehegatten oder des Angehörigen in der Eegel mindestens als stiller Gesellschafter beteiligt sein. Ein Beteiligungsverhältnis, das erfasst werden könnte, wird vermutlich nur dann fehlen, wenn der Ausverkäufer kein Interesse an der Weiterführung

100 des Geschäftes hat. In einem solchen Pali erübrigt sich aber ein Eingreifen unter dem Gesichtspunkt des Geschaftseröffnungsverbotes.

Im Fall der Teilausverkäufe wurde davon abgesehen, der Wiederaufnahme einer aufgegebenen Verkaufsabteilung oder Warengattung die entsprechende Beteiligung gleichzustellen, weil dies eine zu weitgehende Beschränkung mit sich bringen würde.

Art. 17.

Ausnahmen.

1. Allgemeines.

Der Artikel regelt zwei Fälle von Ausnahmen: die Ausnahmen, die von Anfang an, d. h. bereits bei der Erteilung der Ausverkaufsbewilligung, zugelassen werden, sowie die nachträglich gewährten Ausnahmen. Auch bei der ersten Gruppe von Fällen ist, wie schon oben erwähnt (zu Art. 16, Ziff. l, S. 98), gegebenenfalls eine ausdrückliche Ausnahme zu statuieren.

Mit Rücksicht auf den Zweck des Geschäftseröffnungsverbotes sollte die Ausnahmebestimmung in liberaler Weise gehandhabt werden. Immer dann, wenn besondere Verhältnisse vorliegen und ein Missbrauch nicht befürchtet werden muss, sollte eine Ausnahme bewilligt werden. Dies entspricht auch dem Wortlaut, des Wettbewerbsgesetzes, das das Geschäftseroffnungsverbot lediglich als Eegel vorsieht. Auch wenn man besondere Verhältnisse in weitgehender Weise berücksichtigt, wird ein Absehen vom Verbot doch nur in vereinzelten Fällen in Betracht kommen, so dass die Eegel des Geschäftseröffnungsverbotes, wie sie im Gesetz vorgesehen ist, bestehen bleibt.

2. Zuständigkeit.

Die Bestimmung der zuständigen Behörde für die Bewilligung nachträglicher Ausnahmen vom Geschäftseröffnungsverbot geht davon aus, dass die Behörde des Kantons, in dem das neue Geschäft eröffnet werden soll, eher in der Lage ist, die massgebenden neuen Momente zu beurteilen, als die Behörde, die das Verbot auferlegt hat. Immerhin ist dieser Behörde Gelegenheit zur Vernehmlassung zu geben.

8. Unternehmen mit mehreren Verkaufsstellen.

Mit dieser Sonderbestimmung soll vor allem den besondern Verhältnissen Eechnung getragen werden, die beim Totalausverkauf einer einzelnen Verkaufsstelle wegen Verlegung gegeben sein können. In diesem Fall wird man dem Unternehmen in der Eegel nicht zumuten können, die Ware der bisherigen Verkaufsstelle in die neu zu errichtende Verkaufsstelle zu senden. Von dieser Bestimmung sollte weitgehend Gebrauch gemacht werden, damit nicht der Eindruck entsteht, man wolle auf dem Umweg über das Ausverkaufswesen das Filialverbot wieder einführen.

101

Art. 18.

Veröffentlichung.

Die Veröffentlichung des Geschäftseröffnungsverbotes und der Ausnahmebewilligungen dient der Durchsetzung des Verbotes. Dadurch werden die Konkurrenzfirmen in die Lage versetzt, boi der Kontrolle mitzuwirken. Selbstverständlich hat aber die Behörde nicht erst auf Anzeige Privater, sondern von Amtes wegen einzuschreiten.

Die Kantone können die Veröffentlichung ausser im schweizerischen Handelsamtsblatt auch im kantonalen Amtsblatt vorsehen. Die Verordnung musste die Veröffentlichung in einem der Geschäftswelt allgemein zugänglichen, in der ganzen Schweiz verbreiteten Organ vorschreiben, damit der gewünschte Zweck erreicht wird.

VII. Straibestimmungen.

Die Verordnung regelt die einzelnen Tatbestände, während in bezug auf die allgemeinen Vorschriften -- unter Vorbehalt der Art. 21 und 22 -- der allgemeine Teil des Strafgesetzbuches Anwendung findet (Art. 888, Abs. l, StGB).

In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass bei Übertretungen (Art. 20) der Höchstbetrag der Busse Fr. 2000 nicht überschreiten darf, sofern nicht Gewinnsucht vorliegt (Art. 106 StGB).

Ferner soll in den einschlägigen Vorschriften auf Grund von Art. 265 des Bundesgesetzes vom 15. Juni 1984 über die Bundesstrafrechtspflege die Einsendungspflicht der kantonalen Strafurteile an die Bundesanwaltschaft vorgesehen werden. Damit wird dem Bundesanwalt die Einlegung der Nichtigkeitsbeschwerde beim Kassationshof des Bundesgerichtes gomäss Art. 268 ff.

des erwähnten Gesetzes ermöglicht. Da mit diesem Rechtsmittel geltend gemacht werden kann, die angefochtene Entscheidung verletze eidgenössisches .Recht, dient es -- wie die Verwaltungsbeschwerde an den Bundesrat (vgl. unten S. 110) -- der einheitlichen Anwendung der bundesrechtlichen Vorschriften über Ausverkäufe und ähnliche Veranstaltungen.

Art. 19.

Vergehen.

Dieser Artikel entspricht Art. 18, Abs. l UWG und betrifft die schwersten Fälle, die den Charakter von Vergehen im Sinne von Art. 9 StGB haben und deshalb mit Gefängnis oder Busse bestraft werden.

Bei der Bestimmung von lit. a handelt es sich um eine qualifizierte Verletzung der Vorschriften über die Ankündigungen (Art. 2, Abs. 3, sowie 14 und 15), die dann vorliegt, wenn unrichtige oder irreführende Ankündigungen gemacht werden, um sich oder andern einen rechtswidrigen Vorteil zu verschaffen. Der entsprechende niohtqualifizierte Tatbestand findet sich in Art. 20, lit. e.

102 Lit. b betrifft die Erschleichung einer Bewilligung durch unrichtige Angaben gegenüber den Behörden, der naturgemäss in Art. 20 kein Gegenstück entspricht. Dieser Tatbestand bezieht sich vor allem auf Art. 4 (Grundsatz der Bewilligungspflicht) und 5 (Erteilung der Bewilligung).

Art. 20.

Übertretungen.

1. Allgemeines.

Der Artikel enthält die Ausführungsbestimmungen zu Art. 18, Abs. 2 UWG, wo der Bundesrat ermächtigt wird, «sonstige Zuwiderhandlungen» gegen die bundesrechtlichen Vorschriften als strafbar zu erklären. In diesen Fällen, ist die Strafe Haft oder Busse (Abs. 1), bei Eahrlässigkeit nur Busse (Abs. 2)..

Es handelt sich -- im Gegensatz zu den Vergehen (Art. 18, Abs. l UWG, Art, 19 VO und Art. 9 StGB) -- um Übertretungen im Sinne des Strafgesetzbuches (Art. 101).

. .

Die Veröffentlichung des Strafurteils, die der Eichter gemäss Art. 61, Abs. l StGB im öffentlichen Interesse odor im Interesse des Verletzten anordnen kann, ist nach Art. 104, Abs. 2, StGB bei Übertretungen nur dann möglich, wenn dies im Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist. Aus diesem Grunde wurde in Abs. 3 eine ausdrückliche Bestimmung aufgenommen, die den Richter zur Publikation des Urteils ermächtigt.

2. Die Ü b e r t r e t u n g e n im einzelnen.

Die Einzeltatbestände in Abs. l, ht. a bis h, sind in der Reihenfolge der · Artikel aufgeführt, auf die sie sich beziehen. Nachstehend sei auf die entsprechenden Artikel verwiesen : lit. a: insbesondere Art. 4 (Grundsatz der Bewilligungspflicht) und 5 (Erteilung der Bewilligung); lit. b: Art. 6 (Auflagen oder beschränkende Bedingungen); lit. c: Art. 12 (Aussonderung); lit. d: Art. 18 (Verbot des Warenvor- und Nachschubes); lit.e: Art. 2, Abs. S (Verbot der Verwendung der für Ausverkäufe bestimmten Ausdrücke im Fall von Ausnahmeverkäufen), 14 (notwendiger Inhalt der Ankündigung) und 15 (unzulässiger Inhalt der Ankündigung). -- Art. 19, lit. a, enthält den entsprechenden qualifizierten Tatbestand, für den die Absicht, sich oder andern einen rechtswidrigen Vorteil zu verschaffen, wesentlich ist (vgl. oben zu Art. 19) ; lit. /: Art. 16, Abs. l, 2 und 4 (Geschäftseröffnungsverbot bei Totalausverkauf) ;.

lit. g: Art. 16, Abs. 8 (Verbot der Wiederaufnahme einer einzelnen Verkaufsabteilung oder Warengattung bei Teilausverkauf); lit. h: Art. 17 (Ausnahmen vom Geschäftseröffnungsverbot).

103 Art. 21.

Strafrechtliche Verantwortlichkeit des Geschäftsherrn oder Auftraggebers.

Dieso Bestimmung entspricht Art. 14 UWG, das -- gleich wie Art. 15 und 16 des Gesetzes -- gemäss Art. 18, Abs. 3, auch auf die Vorschriften über Ausverkäufe und ähnliche Veranstaltungen Anwendung findet.

Durch diese Vorschrift wird die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Geschäftsherrn im Vergleich zum Strafgesetzbuch ausgedehnt. Wenn ein Angestellter in Ausübung seiner dienstlichen Verrichtungen eine strafbare Handlung begeht, so wäre der Geschäftsherr nach den in Betracht fallenden Bestimmungen des Strafgesetzbuches nur dann ebenfalls strafbar, wenn er ihn dazu angestiftet oder ihm Hilfe geleistet hat (Art. 24 und 25 StGB), während er dann nicht strafbar wäre, wenn der Angestellte von sich aus und allein gehandelt hat. Nach Art. 21 (= Art. 14 UWG) ist nun aber der Geschäftsherr auch dann strafbar, wenn er von der strafbaren Handlung des Angestellten Kenntnis hatte und es unterliess, sie zu verhindern oder ihre Wirkungen aufzuheben, gleichgültig, ob er den Angestellten angestiftet oder ihm Hilfe geleistet hat. Der Geschäftsherr und der Angestellte sind unabhängig voneinander strafbar.

Art. 22.

Anwendung auf juristische Personen und Handelsgesellschaften.

Auch diese Vorschrift ist dem Wettbewerbsgesetz (Art. 15, wiederum in Verbindung mit Art. 18, Abs. 3 UWG) entnommen.

Der Artikel bezeichnet -- in Anlehnung an ähnliche Bestimmungen im Strafgesetzbuch (Art. 172 und 326) -- diejenigen Personen, auf die die Strafvorschriften Anwendung finden, wenn die strafbare Handlung im Geschäftsbetrieb einer juristischen Person oder einer Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft begangen wird. Obwohl die juristische Person oder Gesellschaft nicht deliktsfähig ist und als solche sich nicht strafbar machen kann, wird die solidarische Mithaftung der juristischen Person oder Gesellschaft vorgeschrieben, die das Strafgesetzbuch nicht kennt.

Art. 23.

Strafverfolgung.

Der Artikel stimmt mit Art. 16 UWG überein, der gemäss Art. 18, Abs. 3, des Gesetzes ebenfalls anwendbar ist.

Im Gegensatz zu den Vergehen gemäss Art. 13 UWG sind die Widerhandlungen gegen die Vorschriften über Ausverkäufe und ähnliche Veranstaltungen keine Antragsdelikte. Die Kantone haben von Amtes wegen die Strafverfolgung einzuleiten, wenn Strafanzeige eingereicht wird.

Da das Wettbewerbsgesetz nichts anderes bestimmt, fallen die Bussen gemäss Art. 253 dee Bundesgesetzes über die Bundesstrafrechtspflege den Kantonen zu.

104 Vm. Aufgaben und Befugnisse der Kantone.

Art. 24 handelt von den Aufgaben, die die Kantone erfüllen müssen, während Art. 25 und 26 fakultative Vorkehren der Kantone betreffen. Art. 27 enthält die strafrechtliche Ergänzung zu den kantonalen Vorschriften.

Schon in Art. 19 UWG ·wird erklärt, dass die Kantone im Eahmen des Gesetzes und der Verordnung des Bundesrates weitere Vorschriften aufstellen können. Es sei in diesem Zusammenhang nochmals daran erinnert, dass es sich nicht um einen Rahmenerlass handelt und dass deshalb die Kantone sich darauf beschränken können, das Verfahren zu ordnen und die Behörden zu bezeichnen, wenn die bundesrechtliche Eegelung ihren Bedürfnissen in vollem Umfang entspricht (vgl. oben A, II, Ziff. l, S. 75). Soweit besondern Gegebenheiten Eechnung zu tragen ist, können die Kantone weitere Vorschriften erlassen, und zwar -- selbstverständlich im bundesrechtlichen Eahmen -- nicht nur ergänzende Vorschriften (Art. 25, Abs. 1), sondern in verschiedener Hinsicht auch abweichende Bestimmungen (Art. 26).

Art. 24.

Aufgaben der Kantone.

1. Allgemeines.

Der Artikel betrifft sowohl die eigentlichen Ausführungsvorschriften, die sich auf das Verfahren und die zuständigen Behörden beziehen, als auch die Durchsetzung der bundesrechtlichen Vorschriften.

Während in bezug auf das Verfahren nur wenige Vorschriften notwendig sind -- unter Umständen können eigentliche Verfahrensvorschriften sogar entbehrt werden --, ist es unerlässlich, dass die zuständigen Behörden bezeichnet werden.

2. Zuständige Behörden.

Bei den zuständigen Behörden handelt es sich um diejenigen Behörden, denen die Erteilung, die Verweigerung und der Entzug der Bewilligung (vgl.

insbesondere Art. 4, Abs. 1), die Auferlegung des Geschäftseröffnungsverbotes (Art. 16, Abs. l und 3), die Bewilligung einer Ausnahme von diesem Verbot (Art. 17) und die im Zusammenhang mit dem Verbot vorgesehene Veröffentlichung (Art. 18) obliegen. Ausserdem ist daran zu erinnern,- dass die Strafverfolgung Sache der Kantone ist (Art. 23).

Es kann sich um zentrale für das ganze Gebiet des Kantons zuständige Behörden handeln, oder die Kantone können eine dezentralisierte Behördenorganisation für das Ausverkaufswesen vorsehen.

3. Durchsetzung der Vorschriften.

Die Sorge für die Einhaltung der Vorschriften, die den Kantonen gemäss Abs. 2 zukommt, besteht zunächst in einer zweckmässig eingerichteten Kon-

105

trolle. Es ist vor allem der Kontrolle einer sauberen Trennung zwischen Ausverkäufen und Ausnahmeverkäufen alle Aufmerksamkeit zu schenken. Zu diesem Zweck ist es insbesondere unerlässlich, die Einhaltung des Warenvorund Nachschubverbotes stichprobeweise zu kontrollieren.

Wenn den Verfügungen der zuständigen Behörden zuwidergehandelt wird, sind die erforderlichen polizeilichen Zwangsmassnahmen anzuwenden. Sehern in Art. 17, Abs. 8, 2. Satz UWG ist für den Fall der verbotenen Gesohäftseröffnung die Schliessung des Geschäftes vorgesehen. Die Verordnung bestimmt ganz allgemein, dass die Kautone, soweit es zur Durchsetzung der Vorschriften notwendig ist, die vorübergehende Schliessung von Geschäften verfügen können, obwohl dies die Kantone schon von sich aus tun könnten. Die Behörde braucht also dem rechtswidrigen Verhalten des Verkäufers nicht zuzusehen, sondern kann unabhängig von den strafrechtlichen Sanktionen, die der Verkäufer zu gewärtigen hat, durch vorübergehende Schliessung des Geschäftes ihren Weisungen Naohachtung verschaffen. Eine Schliessung kommt aber nur in Betracht, wenn dies zur Durchsetzung der Vorschriften unerlässlich ist. Beispielsweise ist eine vorübergehende Schliessung dann am Platz, wenn ohne Vorliegen einer Bewilligung eine bewilligungspflichtige Verkaufsveranstaltung trotz den ergangenen behördlichen Einzelverfügungen durchgeführt werden soll. Ferner kann die Massnahme angezeigt sein, um den Nachschub von Waren zu verhindern. Die Schliessung darf nur so lange aufrechterhalten werden, als es zur Durchsetzung der Vorschriften unbedingt nötig ist. Es wäre auch nicht zulässig, nachträglich, nach Durchführung einer bewüligungspflichtigen Verkaufsveranstaltung, für die keine Bewilligung erteilt worden ist, als Sanktion das Geschäft schliessen zu wollen. In solchen Fällen muss vielmehr die Strafverfolgung Platz greifen.

Einen besondern Fall stellt die Schliessung des Geschäftes bei der Übertretung des Geschäftseröffnungsverbotes dar (Abs. 8). Da das Bundesgericht in diesem Fall die Schliessung des Geschäftes als unzulässig erklärt hatte, wurde im Wettbewerbsgesetz eine ausdrückliche Bestimmung aufgenommen. Auch hier soll die Schliessung nur verfügt werden, wenn trotz behördlichen Verfügungen der Geschäftsinhaber nicht von sich aus das Geschäft schliesst. Die Schliessungsverfügung
kann höchstens für die Dauer des Geschäftseröffnungsverbotes verfügt werden und ist vor Ablauf dieser Frist wieder aufzuheben, wenn Gewähr besteht, dass das Geschäft geschlossen bleibt. Im Fall der verbotenen Geschäftsbeteiligung wird eine besondere Vorschrift aufgestellt, weil hier nicht nur die Person, die sich verbotenerweise an einem Geschäft beteiligt, sondern auch die andern Personen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis eingegangen wurde, berücksichtigt werden müssen. Die Bücksichtnahme auf diese Personen gebietet es, dass vorerst eine angemessene Frist zur Auflösung oder Bückbildung des Beteiligungsverhältnisses angesetzt wird.

Bundesblatt. 99. Jahrg.

Bd. II.

106 Art, 25.

Ergänzende kantonale Vorschriften,

1. Allgemeines.

Im Rahmen des Gesetzes und der Verordnung können die Kantone weitere ergänzende Vorschriften erlassen. Der Artikel enthält in Abs. l, lit. o bis e, lediglich einige Hauptbeispiele. Die Kantone können also auch dann, wenn die von ihnen gemachten Anregungen zu diesem Artikel in der Formulierung nicht berücksichtigt worden sein sollten, von sich aus die als nötig erachteten Bestimmungen aufstellen.

'!

2. Die einzelnen Bestimmungen.

, Die Beispiele gemäss lit. a bis e sind im Zusammenhang mit den früheren Bestimmungen teilweise bereits besprochen worden. Soweit dies der Fall ist, sei nachstehend lediglich auf die früheren Ausführungen verwiesen.

Zu Ut. a: Es können -- ausser.den Bestimmungen über den notwendigen Inhalt des Gesuches -- auch weitere Vorschriften im Zusammenhang mit dem Bewilligungsgesuch aufgestellt werden. Wenn die Kantone es für zweckmässig erachten, können sie Vorschriften über die Erledigung des Gesuches durch die Bewilligungsinstanz erlassen oder sie können vorschreiben, dass Bewilligungsgesuche eine bestimmte Anzahl von Tagen vor Beginn der Veranstaltung eingereicht werden müssen, damit sie fristgemäss behandelt werden können.

Zu lit. Ì: Vgl. zu Art, 18, Ziff. 2 (S. 95 f.).

Zu lit. e; Die Kantone sehen schon heute vielfach vor, dass die Verkaufsveranstaltung in den bisher benützten Verkaufslokalitäten durchgeführt werden muss, und dass nicht etwa andere, sonst nicht benützte Räumlichkeiten verwendet werden dürfen. In diesem Zusammenhang sei nochmals daran erinnert, dass die Verordnung vom sesshaften Ladengeschäft ausgeht und dass demnach eine «Verlegung des Ausverkaufes» auch innerhalb des Kantons nicht in Frage kommt.

Zu lit.d: Vgl. zu Art. 14 (S. 97).

Zu Ut, e: In zahlreichen neueren kantonalen Ausverkaufsgesetzen wird die Mitwirkung von Berufsverbänden und Fachexperten vorgesehen. Da diese Zusammenarbeit zwischen Behörden und Wirtschaft sehr 211 begrüssen ist, würde ausdrücklich die Möglichkeit ergänzender Vorschriften in dieser Hinsicht erwähnt. Die Kantone können ^ wie dies zum Teil schon bisher der Fall war -- eine besondere aus Experten bestehende Ausverkaufskommission ernennen, die die zuständigen Behörden in Ausverkaufsangelegenheiten von besonderer Wichtigkeit und Tragweite berät. An Stelle einer Kommission ist auch die Heranziehung von einzelnen Sachverständigen möglich.

3. Gebühren.

.Wie schon erwähnt, wird seitens der beteiligten Verbände zum Teil der grossen Befürchtung Ausdruck gegeben, die Erhebung von Gebühren könnte

107 beim Vollzug der Ausverkaufsverordnung allzusehr in den Vordergrund treten.

Es sei zu befürchten, dass die Erteilung der Bewilligung lediglich zum Anlass genommen werde, um eine Gebühr zu erheben.

Da in Art. 19, Abs. 2, des Gesetzes das Becht der Kantone zur Gebühren^ erhebung ausdrücklich vorbehalten ist, konnte in die Verordnung keine Vorschrift über die Erhebung von Gebühren aufgenommen werden. Im übrigen durften die Befürchtungen der Verbände unbegründet sein. Auch seheinen die interessierten Kreise zu übersehen, dass die Kantone nicht nur Gebühren erheben können, sondern dass ihnen, wie in Art. 81, ht. e, der Bundesverfassung ausdrücklich vorbehalten, überdies das Eecht zur «Besteuerung des Gewerbebetriebes» zusteht und dass man die Kantone nicht daran hindern kann, eigentliche Ausverkaufssteuern unter der Bezeichnung «Gebühr» zu erheben.

Obwohl man davon ausgehen darf, dass die Kantone bei der Erhebung von Gebühren auf den bewilligungspflichtigen Verkaufsveranstaltungen sich mit massvollen Ansätzen begnügen werden, ist darauf aufmerksam zu machen, dass bei der Festsetzung der Gebühren der materiellen Ordnung des Ausverkaufswesens Eechnung getragen werden sollte. Insbesondere sollten die Ausverkäufe im eigentlichen Sinn günstiger behandelt werden als die Ausnahmeverkäufe. Es wäre mit Eücksicht auf den besondern Charakter der in Betracht fallenden Arten von Verkaufsveranstaltungen durchaus richtig, wenn höhere Gebühren für Ausnahmeverkäufe als für Saison- und Inventurausverkäufe vorgesehen würden. Erst recht ist eine Privilegierung der Total- und Teilausverkäufo am Platz, weil hier fast ausnahmslos aus bestimmten, legitimen wirtschaftlichen Gründen, oft sogar wegen unvorhergesehener Ereignisse (Todesfall), ein Ausverkauf durchgeführt werden muss. Zum mindesten sollte die Möglichkeit der Herabsetzung oder des Erlasses der Gebühr gegeben sein.

Art. 26.

Abweichende kantonak Vorschriften.

1. Allgemeines.

Im Gegensatz zu Art. 25 handelt es sich hier um eine abschliessende Aufzählung der Falle, in denen die Kantone von den Vorschriften der Verordnung abweichen können. Die Verordnung trägt den gemachten Vorschlägen der Kantonsregierungen nach Möglichkeit Rechnung.

2. Die einzelnen Bestimmungen.

Zu den Einzelfällen, die teilweise schon vorher im Zusammenhang mit den übrigen Artikeln erwähnt wurden, ist folgendes zu bemerken: Zu Ziff. 1; Wenn sich ein Kanton dazu entschliesst, für die Durchführung von Ausnahmeverkaufen eine allgemeine Bewilligung zu erteilen, so bleibt es ihm anheimgestellt, wie die Regelung im einzelnen gestaltet werden soll, wobei sich diese allerdings im Kahmen des Gesetzes und der Verordnung halten muss.

Lediglich in bezug auf den Zeitraum, innert welchem die Ausnahmeverkäufe stattfinden sollen, wird vorgeschrieben, dass die Bestimmung von Art. 9,

108 Abs. 2, anwendbar ist. Wie schon hervorgehoben, ist es von besonderer Bedeutung, dasB von bundesrechtswegen der früheste Zeitpunkt für den Beginn der periodischen Verkaufsveranstaltungen festgesetzt wird (zu III. Zeitliche Beschränkungen, 8.91). Der besondere Charakter der allgemeinen Bewilligungen bringt es mit sich, dass natürlicherweise eine ganze Beine von Bestimmungen nicht Anwendung finden können (z. B. Art. 5 bis 8), während andere Bestimmungen, wie etwa Art. 12 und 15, ohne weiteres anwendbar sind. Da die Eegelung der allgemeinen Bewilligung sich im Rahmen der Verordnung halten muss, wäre es nicht zulässig, auf die Anwendung von Art. 12 und 15 zu verzichten.

Ferner können selbstverständlich dem Begime einer allgemeinen Bewilligung nur Ausnahmeverkäufe im Sinne der Verordnung unterstellt werden.

Auch im Fall einer allgemeinen Bewilligung ist der Kontrolle Beachtung zu schenken und dafür zu sorgen, dass die Grundsätze von Treu und Glauben im Ausverkaufswesen gemäss den bundesrechtlichen Bestimmungen Anwendung finden, soweit diese Bestimmungen nicht angesichts des besondern Charakters der allgemeinen Bewilligung gegenstandslos sind. Die Kantone können auch vorsehen, dass Geschäftsinhaber, die sich über die anwendbaren Vorschriften hinwegsetzen, etwa Art. 12 oder 15 verletzen, der Vorteile der allgemeinen Bewilligung sofort verlustig erklärt werden, obwohl ein eigentlicher Entzug der Bewilligung im Sinne von Art. 7, der auf Einzelbewilligungen zugeschnitten ist, nicht in Betracht fällt. In diesem Fall wäre durch Einzelweisung zu verfügen, dass die betreffende Verkaufsstelle keine Veranstaltung im Sinne der allgemeinen Bewilligung durchführen darf.

Zu Ziff. 2: Damit wird den Anregungen einzelner Kantone Genüge getan.

Zu Ziff. 3: Vgl. Art. 9, Abs. 2, und zu III. Zeitliche Beschränkungen, am Ende (S. 91 f.).

Zu Ziff. 4: Vgl. zu Art. 11, Ziff. S (S. 94).

Zu Ziff. 5: Bei den ausländischen Verkaufsveranstaltungen fallen praktisch zwei Kategorien von Verkauf s Veranstaltungen in Betracht : die im angrenzenden Ausland durchgeführten Ausverkäufe, die von der Bevölkerung der Grenzgebiete besucht werden, sowie die Verkaufsveranstaltungen ausländischer Versandgeschäfte.

Ein Interesse an der Regelung besteht vor allem für die erste Kategorie.

Es wäre an sich wünschbar, dass auch die zweite
Kategorie einbezogen werden könnte, doch würde dies zu grossen praktischen Schwierigkeiten führen. Da nur die Ankündigung auf schweizerischem Territorium erfolgt, könnte sich die Verordnung nur auf die Ankündigung von Veranstaltungen der ausländischen Versandgeschäfte beziehen. Wichtiger wäre aber, dass im Interesse der inländischen Geschäfte die Durchführung von Ausverkäufen ausländischer Versandgeschäfte bewilligungspfhchtig erklärt würde. Da dies nicht möglich ist, wurde auf eine Erfassung der Veranstaltungen ausländischer Versandgeschäfte überhaupt verzichtet.

Da nicht alle in Betracht fallenden Kantone ein Bedürfnis nach einer -- wenn auch vereinfachten -- Regelung ausländischer Verkaufsveranstaltungen

109 empfinden, ist es den Kantonen überlassen, gegebenenfalls entsprechende Vorschriften aufzustellen.

Die Kantone können die Bewilligung davon abhängig machen, dass der auslandische Staat Gegenreeht hält und der Gesuohsteller eine amtliche Bescheinigung beibringt, wonach die Verkaufsveranstaltung den ausländischen Vorschriften nicht widerspricht,

Art, 27.

Kantonale

Strafvorschriften.

Diese Bestimmung entspricht Art. 19, Abs. l, des Gesetzes, wo ausdrücklich festgestellt wird, dass die Kantone befugt sind, Haft und Busse für Zuwiderhandlungen anzudrohen.

IX. Inkrafttreten.

Art. 28.

l, Inkrafttreten.

Es wäre wünschbar gewesen, die Verordnung auf einen möglichst frühen Zeitpunkt in Kraft zu setzen. Da jedoch verschiedene Kantone den Wunsch geäussert haben, es sei ihnen eine längere Frist zur Anpassung ihrer Vorschriften und zum Erlass der Ausfühnrngsbestimmungen einzuräumen, kann die Verordnung erst auf den 1. Januar 1948 in Kraft treten.

Da nun allen Kantonen ausreichend Zeit zur Verfügung steht, darf ohne weiteres angenommen werden, dass bis zum 1. Januar 1948 sämtliche Kantone die nötigen Vorkehren getroffen haben, damit die Verordnung vom ersten Tag an überall Anwendung findet.

2. Oberaufsicht über den Vollzug.

Hinsichtlich der dem eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement eingeräumten Oberaufsicht über den Vollzug ist zu betonen, dass das Departement von dieser Befugnis einen zurückhaltenden Gebrauch zu machen gedenkt.

Es ist nicht etwa beabsichtigt, die Kantone bei der Anwendung der Verordnung zu kontrollieren. Die Bestimmung soll vielmehr vor allem die Grundlage dafür abgeben, dass das Departement die Kantone nötigenfalls bei der Anwendung der Vorschriften unterstützen und beraten kann. Eine Zusammenarbeit mit dem eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement und dem Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit, das sich in erster Linie mit dem Ausverkaufswesen zu befassen hat, wird sich namentlich im Anfang mit Eücksicht auf die Möglichkeit der Beschwerdeführung beim Bundesrat empfehlen.

Gemäss Art. 258 des Gesetzes über die Bundesstrafrechtspflege kann die zuständige Bundesbehörde bei Widerhandlungen gegen Bundesgesetze, die dem Bund ein besonderes Oberaufsichtsrecht übertragen, bei den kantonalen Behörden eine Untersuchung anbegehren. Ferner kann nach Art. 259 des

11.0 zitierten Gesetzes der Bundesanwalt Ermittlungen anordnen, sofern die strafbaren Handlungen ganz oder teilweise im Ausland oder in mehreren Kantonen begangen wurden.

Soweit es sich nicht um weittragende und grundsätzliche Fragen handelt, die dem eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement zur Prüfung zu unterbreiten sind, werden die zuständigen kantonalen Behörden gebeten, sich mit dem Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit sowie der Sektion für Gewerbe dieses Amtes jeweils in Verbindung zu setzen.

X. Rechtsmittel.

1. Verwaltungsbeschwerde an den Bundesrat.

Das Hauptgewicht bei der Anwendung der Verordnung liegt bei den Kantonen, die die Vorschriften zu vollziehen haben. Abgesehen von der in Art. 28 vorgesehenen Oberaufsicht des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes über den Vollzug werden den Bundesbehörden keine Befugnisse zuerkannt.

Gemäss Art. 125, Abs. l, lit. b, des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 1943 über die Organisation der Bundesrechtspflege (0 G) ist jedoch im Gebiet des Ausverkaufswesens die Verwaltungsbeschwerde an den Bundesrat gegeben.

Nach der angeführten Bestimmung ist gegen kantonale Erlasse und gegen Entscheide der letzten kantonalen Instanz die Beschwerde an den Bundesrat zulässig wegen Verletzung anderer als privatreohthcher oder strafrechtlicher Bundesgesetze, soweit nicht das OG oder jene Gesetze selbst abweichende Vorschriften enthalten. Da abweichende Vorschriften nicht vorliegen, ist demnach die Verwaltungsbeschwerde gegeben. Es ist nicht üblich, in den einschlägigen Bundeserlassen einen Hinweis auf die Verwaltungsbeschwerde an den Bundesrat aufzunehmen, weshalb auch die Verordnung sie nicht ausdrücklich erwähnt.

Es sei hervorgehoben, dass die Verwaltungsbeschwerde nicht nur gegen Entscheide der letzten kantonalen Instanz gegeben ist, sondern dass sie sich auch gegen kantonale Erlasse richten kann. Da die Kantone nicht nur Ausführungsvorsehriften, sondern auch in bestimmten Fällen abweichende Bestimmungen aufstellen können, ist dies von besonderer Bedeutung. Der Bundesrat wird demnach gegebenenfalls die kantonalen Erlasse auf ihre Vereinbarkeit mit dem Gesetz und der Verordnung hin zu prüfen haben.

Für das Verfahren gelten die Art. 127 ff. OG. Hier sei lediglich betont, dass mit der Beschwerde geltend gemacht werden kann, der Entscheid beruhe
auf einer Verletzung von Bundesrecht oder auf einer unrichtigen oder unvollständigen Feststellung des Sachverhaltes (Art. 127, Abs. l, OG).

Ursprünglich war -- wie den für das Ausverkaufswesen zuständigen kantonalen Departementen seinerzeit mitgeteilt wurde -- beabsichtigt, gestützt auf ein Eechtsgutachten, die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht vorzusehen. Doch konnte das Bundesgericht dieser Begelung nicht zustimmen, weshalb davon abgesehen wurde.

111 2. Staatsrechtliche Beschwerde, Soweit es sich um die Verletzung der Bundesverfassung (Art. 4 und Art. 81) durch kantonale Vorschriften handelt, ist auch nach dem Inkrafttreten der Verordnung die staatsrechtliche Beschwerde an das Bundesgericht gegeben.

Gemäss Art. 84 0 G ist aber die staatsrechtliche Beschwerde nur zulässig, wenn die behauptete Verletzung der Bundesverfassung nicht durch ein anderes Rechtsmittel gerügt werden kann, so dass der staatsrechtliche Rekurs immer dann entfällt, wenn die Verwaltungsbeschwerde an den Bundesrat gegeben ist. Bei der Beurteilung einer staatsrechtlichen Beschwerde kann das Bundesgericht vorfrageweise auch die Übereinstimmung der kantonalen Vorschriften mit der Verordnung und dem Wettbewerbsgesetz überprüfen. Gemäss Art. 118, Abs. 8, der Bundesverfassung ist dagegen das Bundesgericht an das Wettbewerbsgesetz sowie an die Verordnung, soweit sich diese im Rahmen des Gesetzes hält, gebunden.

Betreffend die Nichtigkeitsbeschwerde an den Kassationshof des Bundesgerichtes vgl. oben S. 101.

Bern, den 16. April 1947.

Eidgenössisches

Volkswirtschaftsdepartement: Stämpli.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Kreisschreiben des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements an die Kantonsregierungen betreffend die Ausverkaufsverordnung. (Vom 16. April 1947.)

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19

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16.05.1947

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