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Nachtragsbericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche.

(Junisession 1947.)

(Vom 4. Juni 1947.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, unter Vorlage der Akten über nachstehende drei Begnadigungsgesuche Bericht zu erstatten und über deren Erledigung Antrag zu stellen : 152. Eugene Jaqnet, 1912, Landwirt und Vertreter in Bulle, zurzeit in Haft, (Gewaltund Drohung gegen Beamte, Landfriedensbrach und Freiheitsberaubung.)

Eugene Jaquet hat am Aufruhr in Bulle vom 23. November 1944 aktiv teilgenommen und wurde deshalb am 17. Oktober 1945 vom Bundesstrafgericht in Anwendung von Art. 285, 182 und 260 StGB zu drei Monaten Gefängnis verurteilt, abzüglich 7 Tage Untersuchungshaft. Der Vollzug der Freiheitsstrafe wurde aufgeschoben und die Probezeit auf 5 Jahre festgesetzt.

Jaquet wurde am. 26, Oktober 1946 vom Kriminalgericht des Greyerzbezirkes wegen Betrugs und Veruntreuung zu drei Monaten Gefängnis verurteilt, deren Vollzug wiederum bedingt aufgeschoben wurde. Diese innerhalb der am 17. Oktober 1945 bestimmten Probezeit erfolgte neue Verurteilung hatte zur Folge, dass das Bundesstrafgericht den seinerzeit gewährten bedingten Strafvollzug gestützt auf Art. 41, Ziff. 3, StGB ani 23. Januar 1947 widerrief. Jaquet trat die Strafe am I.April 1947 an.

In verschiedenen Eingaben (4. und 14. Mai) ersuchte er um bedingte Entlassung nach Verbüssung von zwei Strafdrittem. Darauf aufmerksam gemacht, dass die bedingte Entlassung nur bei drei Monate übersteigenden Gefängnisstrafen möglich ist (Art. 38, Ziff. l, Abs. l, StGB), bat er die Bundesbehörden, seine Eingaben als Begnadigungsgesuche betrachten zu wollen. Zur Begründung derselben führt der Verurteilte an, er habe sich in der Strafhaft wohl verhalten, und sein Arbeitgeber warte auf seine Bückkehr.

Wir beantragen Abweisung des Gesuches. Jaquet, der am Aufruhr von Bulle massgebend beteiligt war, hat das durch die Gewährung des bedingten

388 Strafvollzuges auf ihn gesetzte Vertrauen getäuscht. Am 23. Juni wird er die Gefängnisstrafe bereits verbüsst haben. Es besteht somit koinè Veranlassung zu.

einem teilweisen Erlass dieser ohnehin railden Strafe.

153. Theodor Pîainmatter, 1900, Metzger, Visp (Wallis), 154. Josef Koller, 1886, Bäcker und Wirt, Eudolfstetten (Aargaa).

(Sicherstellung der Landesversorgung mit Lebens- und Futtermitteln.)

Gemäss Bundesratsbeschluss vom 17. Oktober 1939 über die Sieherstellung der Landesversorgung mit Lebens- und Futtermitteln und den auf Grund desselben erlassenen Ausführungsvorschriften, teilweise in Verbindung mit den Strafbestimmungen über die Kosten der Lebenshaltung und den Schutz der regulären Marktversorgung, sind verurteilt worden: 158. Theodor P f a m m a t t e r , verurteilt am 15. Juni 1945 vom kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgericht zu 8 Monaten Gefängnis, in teilweiser Abänderung eines erstinstanzlichen Gerichts. Der Verurteilte musste ausserdem einen widerrechtlich erzielten Gewinn im Betrag von Fr. 6000 an die Buudeskasse zurückerstatten.

Pfammatter hat zahlreiche Schwarzschlachtungen vorgenommen (25 Stück Grossvieh, 87 Kälber, 29 Schweine und 12 Ziegen) und Fleisch und Fett ohne Bationierungsausweise abgegeben.

Ein erstes Begnadigungsgesuch des Verurteilten wurde anlässlich der Junisession 1946 antragsgemäss (vgl. Antrag 68 des Berichtes vom 6. Mai 1946) abgewiesen. Wir betonten damals, dass hinreichende Gründe, die allenfalls eine Begnadigung rechtfertigen könnten, nicht vorlagen.

Pfammatter hat die Gefängnisstrafe am 17. März 1947 angetreten. Am 9. Mai überwies die Direktion der kantonalen Strafanstalt dem Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtsehaftsdepartementes ein neues Begnadigungsgesuch des Verurteilten, dem die Vollzugsbehörde die vollzugsaufschiebende Wirkung im Sinne einer Straf Unterbrechung jedoch versagte. Pfammatter führt in seiner Eingabe aus, seine Ehefrau sei nicht in der Lage, den Metzgereibetrieb zu führen, so dass er auf seine Angestellten angewiesen sei.

Da Pfammatter die ihm auferlegte Gefängnisstrafe bereits am 17. dieses Monats verbüsst haben wird und stichhaltige Begnadigungsgründe nach wie vor fehlen, beantragen wir mit dem Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes ohne weiteres Abweisung.

154. Josef
Koller, verurteilt am 22. September 1945 vorn kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgericht zu anderthalb Monaton Gefängnis und Fr. 1500 Busse sowie zur Bezahlung von Fr. 5000 als unrechtmässigen Vermögensvorteil.

.Koller hat an einem umfangreichen Schwarzhandel mit rationierten Lebensmitteln teilgenommen, wobei er sich selbst mit dem Verkauf von 5400 kg Weissmehl, 1080 kg Zucker und 30 kg Speisefett beteiligte und erhebliche Preis-

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Überschreitungen vornahm, die ihm einen widerrechtlichen Gewinn von Fr. 5824.80 einbrachten. Ferner handelte er mit Bationierungsausweisen für grosse Mengen Zucker, Fett, öl, Butter und Eier.

Ein erstes Begnadigungsgesuch des Koller wurde in der Dezembersession 1946 hinsichtlich der Gefängnisstrafe antragsgemäss (vgl. Antrag 74 unseres Berichtes vom 15. November 1946) abgewiesen. Bereits am 7. Januar 1947f somit kaum einen Monat nach dem Entscheid der Bundesversammlung, reichte ein Rechtsanwalt ein neues Begnadigungsgesuch ein, worin er in längeren Ausführungen dem Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes vorwarf, seinen Antrag an die Bundesanwaltschaft in einseitiger und voreingenommener Weise abgefasst zu haben. Ferner machte er den Gesundheitszustand der Ehefrau und der Tochter des Verurteilten geltend, und stellte Vergleiche mit anderen ähnlichen Fällen an.

Im ausdrücklichen Einverständnis mit der Begnadigungskommission der eidgenössischen Eäte wurde dem neuen Gesuch jede vcllzugsaufschiebende Wirkung verweigert. Koller hätte seine Strafe am 27. Mai antreten sollen. Di& kantonale Justizdirektion hielt es jedoch für angezeigt, mit Eücksicht auf die bevorstehende Session nochmals Strafaufschub zu gewähren. Das Wiedererwägungsgesuch enthält keine neuen Tatsachen, die als massgebende Nova gelten können. Diese Angelegenheit hat die Behörden lange genug beschäftigt.

Ein Nachgeben könnte als ein Zeichen der Schwäche aufgefasst werden. Wir beantragen unter Hinweis auf die seit dem Entscheid vom 12. Dezember 1946 ergangenen Akten die Gesuchsabweisung.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 4. Juni 1947.

Im Namen des Schweiz, Bundesrates,

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*

Der V i z e p r ä s i d e n t : Celio.

Der Bundeskanzler: Leimgruber.

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Nachtragsbericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche.

(Junisession 1947.) (Vom 4. Juni 1947.)

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5241

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05.06.1947

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287-289

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