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Bundesratsbeschluss betreffend

die Allgemeinverbindlicherklärung eines Gesamtarbeitsvertrages für das schweizerische Schlossergewerbe und eines Zusatzvertrages für die schweizerische Jalousieladenfabrikation.

(Vom 26. September 1947.)

Der schweizerische Bundesrat, nach Prüfung des Antrages des Verbandes schweizerischer Schlossermeister und Konstruktionswerkstatten, des Verbandes schweizerischer Rolladenfabriken, des Schweizerischen Metall- und Uhrenarbeiterverbandes, des Christlichen Metallarbeiterverbandes der Schweiz, des Schweizerischen Verbandes evangelischer Arbeiter und Angestellte! und dos Landesverbandes freier Schweizer Arbeiter, auf Allgemeinvor bindlicherklärung folgender Bestimmungen des unter ihnen abgeschlossenen Gesamtarbeitsvertrages für das schweizerische SchloT sergewerbe und des zwischen dem Verband schweizerischer Rolladefabriken und dem Schweizerischen Bau- und Holzarbeiterverband abgeschlossenen Zusatzvertrages für die schweizerische Jalousieladenfabrikation, gestützt auf Art. 3, Abs. 2, dos Bundesbeschlussee vom 23. Juni 1948/ 30. August 1946 über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsvertragen, boschliesst:

Art. 1.

Vom Gesamtarbeitsvertrag für das schweizerische Schlossergewerbe miri vom Znsatzvertrag für die schweizerische Jalousieladenfabrikation worden folgende Bestimmungen allgemeinverbindlich erklärt:

229 I. Gesamtarbeitsvertrag für das schweizerische Schlossergewerbe vom I.Juli 1944/1.Juli 1946 Ziff. III. Arbeitszeit, 1. Die normale wöchentliche Arbeitszeit beträgt 48 Stunden. Sie kann, wo die Umstände es erfordern und der Betrieb nicht dem Fabrikgesetz unterstellt ist, auf 52 Stunden erhöht werden.

2, Der Samstagnachmittag ist frei.

Ziff. IV. Entlöhnung. 1. Zahlungseinheit ist der Stundenlohn.

2. Der Mindestlohn (Grundlohn) für einen gelernten Arbeiter beträgt: pro Stunde

Nach vollendeter Lehrzeit Fr. 1.10 Im 2. Arbeitsjahr nach der Lehrzeit . . . .

» 1.20 Im 4. Arbeitsjahr nach, der Lehrzeit . . . .

» 1.30 Für Handlanger vom 20. Altersjahre an und mit mindestens l jähriger Beschäftigung im Beruf : » 1.-- Bei Akkordarbeit ist der Mindestlohn gewährleistet.

4. Für Arbeiter, die dauernd ungenügende Leistungen aufweisen, kann durch begründete schriftliche Vereinbarung zwischen Meister und Arbeiter ein niedrigerer Lohn festgesetzt werden. Jede derartige Vereinbarung wird erst rechtskräftig, wenn der Arbeitgeber dieselbe der Paritätischen Kommission zugestellt hat und diese innert 14 Tagen keine Einsprache erhebt.

5. Der Lohn wird innert 14 Tagen seit Arbeitsantritt im 'beidseitigen Einverständnis vereinbart. Diese 14 Tage gelten als Probezeit. Bei fortschreitender Leistung wird der Lohn entsprechend erhöht. Gewährt der Meister dem Arbeiter Verpflegung und Unterkunft, so kann der Arbeitgeber seinen Entschädigungsanspruch dafür mit der Lohnforderung des Arbeitnehmers verrechnen. Die Höhe dieser Entschädigung ist mit der Festsetzung des Lohnes spätestens nach der 2. Woche seit Arbeitsantritt des Arbeiters schriftlich festzulegen.

Ziff. V. Lohnzahlung. Der Lohn wird 14täglich mit aufgeteilter Ausrechnung an einem Wochentage und während der Arbeitszeit ausbezahlt.

Ziff. VI. Standgeld. Jedem Arbeitnehmer wird der Lohn von mindestens zwei, höchstens drei Arbeitstagen als Standgeld bis zum ordnungsgemässen Austritt und der vollständigen Ablieferung des dem Arbeiter abschliessbaren übergebenen Werkzeuges zurückbehalten.

Das Standgeld verfällt zugunsten des Meisters, wenn das Dienstverhältnis vom Arbeiter ohne Beachtung der Kündigungsfrist gesetz- oder vertragswidrig aufgelöst wird.

Ziff. VII. Zuschläge für Überzeit. 1. Überzeit-, Xacht- und Sonntagsarbeit sollen nur in Fällen dringenden Bedürfnisses verrichtet werden.

2. Als Überzeit gilt jede Arbeitsbeanspruchung über die normale Arbeits. zeit hinaus. Diese wird mit einem Zuschlag von 25 % vergütet. Die jeweils geltende Teuerungszulage wird auf dem Überzeitzuschlag angewendet. Handlanger haben auf Verlangen und nach Bedarf morgens früher anzutreten und abends nach Arbeitsschluss die Werkstätte aufzuräumen (FG. V. V. Art. 178).

Diese Arbeit wird üblicherweise im gewöhnlichen Stundenlohn bezahlt, kann aber auch in Akkord
vergeben werden.

3. Als Nachtarbeit gilt die Arbeit in der Zeit von 20 bis 06 Uhr.

4. Als Sonntagsarbeit gilt die Arbeit in der Zeit von 00 bis 24 Uhr an Sonntagen und gesetzlich anerkannten Feiertagen.

5. Für Nacht- und Sonntagsarbeit wird ein Zuschlag von 50 % vergütet.

Die jeweils geltende Teuerungszulage wird auf diesem Zuschlag angewendet.

230 6. Überzelt-, Nacht- und Sonntagsarbeit werden jedoch als solche nur -vergütet, wenn sie vom Arbeitgeber oder dessen Stellvertreter ausdrücklich angeordnet wurden.

Ziff. VIII. Zulagen für auswärtige Arbeit. 1. Für auswärtige Arbeit werden entsprechende Zulagen bezahlt. Diese werden zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vor Inangriffnahme der betreffenden Arbeit vereinbart.

2. Als Regel soll diese Entschädigung des Arbeiters für tatsächliche Fahrauslagen, Unterkunfts- und für erhöhte Verpflegungskosten gelten. Die Fahrzeit wird im normalen Stundenlohn, mit den üblichen Teuerungszulagen, aber ohne Überzeitzuschlag ausgerichtet.

Ziff. IX. Ferien. 1. Der Anspruch der Arbeiter auf bezahlte Ferien beträgt a. 6 Tage nach Vollendung des 1. Arbeitsjahres, b. 9 Tage nach Vollendung des S. Arbeitsjahres, c. 12 Tage nach Vollendung des 10. Arbeitsjahres, 2. Der Samstag wird, auch wenn normalerweise der ganze oder halbe Tag frei, als ganzer Ferientag angerechnet und entsprechend bezahlt. Ferien sollen nach Möglichkeit zusammenhängend und nicht in Einzeltagen bezogen werden. Halbe Wochen sollen am Montag oder jeweils am Mittwoch angefangen werden. Vergütet wird pro Ferientag der Arbeitslohn für 8 Stunden. Die jeweils geltenden Teuerungszulagen werden ausgerichtet.

3. Über den Ferienantritt hat sich der Arbeitnehmer rechtzeitig mit seinem Arbeitgeber zu verständigen.

4. Eine Entschädigung in irgendeiner Form an Stelle der Ferien ist nicht .gestattet.

5. Die Ferienberechtigung gilt vom Tage des Eintritts in das Geschäft.

Kündigt ein Arbeiter oder es wird ihm gekündigt, und der Arbeiter hat die ihm zustehenden Ferien noch nicht bezogen, so hat er das Recht, sie während der Kündigungsfrist einzuziehen..

6. Bei Beschäftigungsünterbrechung aus irgendeinem Grunde kann der Ferienanspruch im Verhältnis der ausfallenden Arbeitszeit pro ausgefallenen Monat um !/i2 gekürzt werden.

7. Der 1. Mai und der 1. August können ohne Bezahlung ganz oder teilweise freigegeben werden.

Ziff.X. Feievtagsentschädigung. 1. Grundsätzlich werden pro Jahr 6 Feiertage entschädigt, sofern diese auf Werktage fallen.

Üblicherweise wird die Entschädigung für die gesetzlichen Feiertage Neujahr, Karfreitag, Ostermontag, Auffahrt, Pfingstmontag, Weihnachten vorgesehen.

2. Pro Feiertag werden ausgerichtet: a. An Ledige Fr. 10.

6. An
Verheiratete und Ledige mit Unterstützungspflicht Fr. 15.

Auf diesen Entschädigungen werden keine Teuerungs- oder andere Zulagen ausgerichtet.

Ziff. XI'. Unfallversicherung. Für sämtliche Arbeiter ist durch den Arbeitgeber eine Abredeversicherung zur Weiterführung der obligatorischen Unfallversicherung nach Art. 62 des KUVG. abzuschliessen. Die Prämien fallen zulasten des Arbeitnehmers.

Ziff. XII. Krankheit. 1. Jeder Arbeitnehmer ist verpflichtet, sich gegen Krankheit zu versichern und dies seinem Arbeitgeber auf Verlangen durch Vorlage der Prämienquittungea zu beweisen.

2. Der Arbeitgeber vergütet dem Arbeitnehmer hiefür Fr. l pro 14tägige Lohnzahlung, Ziff. XIII. Sorgfaltspflicht des Arbeiters. 1. Jeder Arbeiter ist verpflichtet, die ihm aufgetragenen Arbeiten nach Anweisung des Arbeitgebers oder seines

231 Stellvertreters unter Aufwendung aller Sorgfalt auszuführen und zu dem ihm anvertrauten Material, Werkzeug und den Maschinen Sorge zu tragen. Auf anfällige Mängel oder Schäden hat er den Arbeitgeber oder dessen Stellvertreter sofort aufmerksam zu machen, 2. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den zutage getretenen Schaden oder Mangel baldmöglichst zu beheben, 3. Pläne, Zeichnungen, spezielle Arbeitsmethoden, patentierte Artikel imd andere, für den Betrieb wichtige Unterlagen dürfen Drittpersonen weder gezeigt noch ausgehändigt werden. Dokumente irgendwelcher Art dürfen unter keinen Umständen aus den Betriebsgebäuden weggetragen werden.

Ziff. XIV, Arbeitsverbot (Schwarzarbeit). 1. Nach Beendigung der Arbeitszeit und während der Ferientage darf durch den Arbeitnehmer keine Berufsarbeit für Drittpersonen ausgeführt werden.

2. Verletzung dieser Bestimmung kann sofortige Entlassung ohne Kündigung und ohne allfälligen Ferienanspruch zur Folge haben.

Ziff. XV. Kündigung. 1. Sofern ein Anstellungsverhältnis noch kein Jahr gedauert hat und nicht von vornherein befristet ist, können Arbeitgeber und Arbeitnehmer gegenseitig auf eine Woche kündigen. Im überjährigen Dienstverhältnis beträgt die gegenseitige Kündigungsfrist 14 Tage. Während der Probezeit kann der Austritt oder die Entlassung ohne gegenseitige Kündigungsfrist stattfinden.

2. In Betrieben, die dem Fabrikgesetz unterstellt sind, kann die Kündigungsfrist laut dessen Art. 21, Abs. 2, durch gegenseitige schriftliche Vereinbarung wegbedungen werden.

3. Während der für die Heilung von Unfällen notwendigen Zeit oder während des schweizerischen obligatorischen Militärdienstes kann das Dienstverhältnis nicht gekündigt werden. Ebenso ist das Dienstverhältnis nicht kündbar bei schwerer Krankheit oder Unfall, sofern die Arbeitsverhinderung 5 % der abgelaufenen Dienstzeit nicht überschreitet.

Ziff. XIX. Beruf'skommission. 1. Die vertragschliessenden Parteien wählen eine zentrale Berufskommissiou aus je 5 Vertretern der beiden Verbände der Arbeitgeber einerseits und der 4 Verbände der Arbeitnehmer anderseits. Jede Partei bestimmt ihre Vertreter selbst, 2. Das Präsidium und das Sekretariat werden jährlich abwechslungsweise -von den Parteien geführt.

3. Die Berufskommission tritt nach Bedürfnis zusammen.

4. Die Berufskommission hat für die Einhaltung
und Durchführung des Vertrages zu sorgen. Sie hat in allfälligen sich aus dem Vertrag ergebenden Streitigkeiten zu vermitteln.

5. Für den Geltungsbereich des Gesamtarbeitsvertrages vom 20. Mai 1947 für das Metallgewerbe des Kantons Basel-Stadt erfolgt die Kontrolle durch <ìas in jenem Gesamtarbeitsvertrag bezeichnete Organ.

u. Zusatzvertrag vom 27, Juni 1944/3. Dezember 1946 zum Gesamtarbeitsvertrag des schweizerischen Schlossergewerbes abgeschlossen zwischen dem Verband schweizerischer Rolladenfabriken einerseits und dem Schweizerischen Bau- und Holzarbeiterverband anderseits.

Ziff. 1. Die schweizerischen Rolladenfabriken sind dem Gesamtarbeitsvertrag für das schweizerische Schlossergewerbe unterstellt.

Ziff. 2. Für die gelernten und ungelernten Holzarbeiter der Jalousie-fabrikation werden jedoch in Abweichung des Gesamtarbeitsvertrages für das Schweizerische Schlossergewerbe folgende Minimallöhne festgesetzt:

232 a. Gelernte Schreiner der Jalousieladenfabrikation mit bestandener Lehrabschlussprüfung in den ersten 3 Jahren nach der Lehrzeit Fr. l. 20 pro Stunde.

b. Gelernte Schreiner der Jalousieladenfabrikation mit bestandener Lehrabschlussprüfung, nach 3 und mehr Jahren Praxis Fr. 1. 35 pro Stunde.

c. Für angelernte Arbeiter der Jalousieladenfabrikation, welche das 20. Altersjahr überschritten haben, Fr. 1.05 pro Stunde.

d. Für Minderleistungsfähige kann ein niedrigerer Stundenlohn schriftlich vereinbart werden, dieser hat jedoch mindestens zu betragen Fr 1.05 pro Stunde.

Ziff. 3. Die Teuerungszulage für alle Holzarbeiter der Jalousieladenfabrikation wird entsprechend dem Bundesratsbeschluss vom 23. November 1946 betreffend die Allgemeinverbindlicherklärung der im Schreiner- und Glasergewerbe am 27. September 1946 vereinbarten Teuerungszulage ausgerichtet. Haushaltungs- und Kinderzulagen werden diesen Arbeitern nicht ausgerichtet.

n. Die Allgemeinverbindlichkeit gilt für das ganze Gebiet der schweizerischen Eidgenossenschaft.

b. Sie erstreckt sich auf alle Schlossereibetriebc, Eisenkonstruktionswerkstätten und Rolladen- und Storenbaubetriebe. Insbesondere fallen auch darunter: Schlosserei-Mechanische-Werkstätten, Schlosserei-InstallationsWerkstätten, Schlosserei-Eisenbau, Bau- und Kunstschlosseroi-Werkstätten, kunstgewerbliche Werkstätten für Metallbearbeitung, Kassenschrank- und Tresorbaufirmen (ohne Fabriken), Eisonwarcn- und Beschlägewerkstätten (ohne Fabriken).

c. Ausgenommen sind Betriebe, die einem andern zwischen Verbänden abgeschlossenen Gesamtarbeitsvertrag unterstehen.

d. Der Allgemeinverbindlicherklärung unterstehen alle Arbeiter des Schlossergewerbes mit Einschluss der in Rolladenfirmen beschäftigten Holzarbeiter. Lehrlinge sind von der Allgemeinverbindlicherklärung ausgenommen.

e. Für den Arbeitnehmer günstigere gesetzliche Vorschriften und vertragliche Abmachungen bleiben vorbehalten.

/. Die Allgemeinverbindlichkeit tritt mit der amtlichen Veröffentlichung dieses Beschlusses in Kraft und dauert big St. Dezember 1948, Bern, den 26. September 1947.

l'in Namen des Schweiz. Bundesrates.

Der V i z e p r ä s i d e n t : Celio.

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Der Bundeskanzler: Leimgruber.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bundesratsbeschluss betreffend die Allgemeinverbindlicherklärung eines Gesamtarbeitsvertrages für das schweizerische Schlossergewerbe und eines Zusatzvertrages für die schweizerische Jalousieladenfabrikation. (Vom 26. September 1947.)

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02.10.1947

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