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II. Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungs-gesuche.

(Dezembersession 1947.)

(Vom 6. November 1947.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, unter Vorlage der Akten über nachstehende Begnadigungsgesuche Bericht zu erstatten und über deren Erledigung Antrag zu stellen.

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Gertrud Bracher, 1910, Hausfrau, Lyssach (Bern), André Morgenegg, 1926, Bureauangestellter, Genf, Arturo Gianetti, 1905, Vertreter, Cadenazzo (Tessin), VittorioLivi, 1894, Bäcker und Wirt, Casima (Tessin), Alfredo Valsecchi, 1898, Landwirt, Linescio (Tessin), Ertel Gablinger, 1901, Schneiderin, Zürich, Adolf Gerold, 1897, Landwirt, Simplon-Dorf (Wallis), Karl Zumkeni, 1890, Landwirt, Gondo (Wallis), Viktor Zenklusen, 1926, landwirtschaftlicher Arbeiter, Simplon-Dorf (Wallis), Johann Gerold, 1927, Landwirt, Simplon-Dorf (Wallis), Heinrich Zenklusen, 1927, Landwirt,, Simplon-Dorf (Wallis), Carolina Acampora, 1888, italienische Staatsangehörige, Zürich, Alexander Lauber, 1904, Wirt, Täsch (Wallis), Leopoldo Gelpi, 1917, Bäcker, Schignano (Italien), Jean Robert, 1928, Maschinist, Le Lode (Neuenburg), Andrea Conconi, 1925, Arbeiter, Genestrerio (Tessin),

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Wilhelm Perrig, 1888, Kaufmann, Grächen (Wallis), zurzeit in Haft, Pietro Mazzier, 1896, Holzfäller, Borgnone (Tessin), Teil L'Eplattenier, 1888: Holzhauer, Beifort (Frankreich), Gertraud Thume, 1913, deutsche Staatsangehörige, Dresden (Deutschland), Jakob Dort, 1907, Knecht, Marbach (St. Gallen), Hermann Kaiser, 1909, Bankangestellter, Genf, Giuseppe Kestenholz, 1918, Vertreter, Cortivallo (Tessin), Anna Adametz, 1907, Schriftstellerin, Zürich, Pius Bischoff, 1910, Wirt, Eheineck (St. Gallen), Dino Colombo, 1916, Landwirt, Pedrinate (Tessin), Jean Theubet, 1903, Viehhändler und Landwirt, Eéclère (Bern), Guglielmo Ostinelli, 1908, Wirt, Chiasso (Tessin), Angelo Bianchi, 1907, Kaufmann, italienischer Staatsangehöriger, Mailand, Pierino Tarchini, 1911, Kaufmann, Lugano (Tessin), Henri Menoud, 1911, gew. Polizist, Genf, Paul Mühet, 1915, Kaufmann, Anneinasse (Frankreich), Maurice Sarkissoff, 1907, gew. Polizist, Thônex (Genf), Charles Déruaz, gew. Polizist, Genf.

(Zollvergehen.)

Gemäss Bundesgesetz vom 1. Oktober 1925 über das Zollwesen sind bestraft worden : 55. Gertrud Bracher, durch Strafverfügung der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 30. Mai 1947 zu einer Busse von Fr. 200 verurteilt, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil sie Verwandte dazu an-.

gestiftet hatte, einen Pelzmantel und ein Herrenkleid unter Umgehung der Zollkontrolle aus Italien in die Schweiz einzuführen. Eine Beschwerde gegen diese Verfügung wurde vorn eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement am 22. Juli 1947 abgewiesen.

Die Verurteilte ersucht um Ganz- oder Teilerlass der Busse, wozu sie ihr Verschulden herabzumindern versucht und geltend macht, sie sei angesichts ihrer finanziellen Verhältnisse nicht in der Lage, diese Schuld zu begleichen, ohne ihre Familie in Not zu bringen.

Die Untersuchung hat gezeitigt, dass die Gesuchstellerin sich bei einer Drittperson um den Auftrag zur Lieferung eines italienischen Pelzmantels beworben und in. der Folge ihre Verwandten zur widerrechtlichen Einfuhr der Kleidungsstücke angestiftet hat. Sie lebt zudem nach den amtlichen Feststellungen in geordneten Verhältnissen, so dass ihr die Entrichtung der Busse, an die übrigens noch gar nichts bezahlt worden ist, zweifellos möglich ist. Wir b e a n t r a g e n deshalb mit der eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchs-

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abweisung, immerhin unter Einräumung von Zahlungserleichterungen nach dem Ermessen der "Voüzugsbehörde, 56. André Morgenegg, durch Strafverfügung der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 20. Februar 1947 zu einer Busse von Fr, 248.34 verurteilt, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil er einem Ausländer 9 neue Autoreifen verschafft hat, obschon er annahm, diese würden ohne Bewilligung und unter Umgehung der Zollkontrolle ins Ausland verschoben.

Der Verurteilte ersucht um Herabsetzung der Busse, wozu er geltend macht, er hätte nicht zu seinem persönlichen Nutzen oder gar aus Gewinnsucht gehandelt, er sei sich auch der Strafbarkeit seines Handoms nicht bewusst gewesen ; er habe seine Stelle verloren und betätige sich nun als Handlanger. Mit seinem kleinen Lohn müsse er noch seine Mutter und seine Schwester unterhalten.

Durch die Abgabe dieser Pneus wollte der Gesuchsteller einem Kunden seines Arbeitgebers einen Dienst erweisen. Angesichts seiner Unerfahrenheit ist es wahrscheinlich, dass er sich über die Folgen seines Tuns nicht völlig Rechenschaft abgegeben hat. Das Einkommen des Morgenegg ist, im Hinblick darauf, dass er gemäss den durchgeführten Erhebungen tatsächlich auch für den Unterhalt seiner Mutter und einer Schwester aufkommt, bescheiden.

In Berücksichtigung dieser Umstände und angesichts seines guten Leumundes beantragen wir mit der eidgenössischen Oberzolldirektion die Herabsetzung der Busse auf Fr. 100.

57. Arturo Gianetti ist von der Zolldirektion Lugano wie folgt verurteilt worden: am 13. September 1944 zu einer Busse von Fr. 190 wegen Zollhehlerei, begangen dadurch, dass er von italienischen Schmugglern Seidendecken, Keis, Butter, Schuhe und andere Waren erworben hatte; am 21. September 1944 zu Fr. 10 Busse, weil er versucht hatte, Tabakwaren und Kaffee unter Umgehung der Zollkontrolle auszuführen; am 18. Oktober 1944 zu einer Busse von Fr, 187, weil er verschiedene Waren geliefert hatte, von denen er wusste, dass sie zur widerrechtlichen Ausfuhr nach Italien bestimmt waren. -- Nach Abzug des Erlöses aus einigen Zollpfändern wurde der ungedeckte Gesamtbetrag von Fr. 298.20 vom Gerichtspräsidenten von Bellinzona am C.November 1946 in dreissig Tage Haft umgewandelt.

Gianetti ersucht um Erlass der Haftstrafe, wozu er ausführt, es sei ihm mit dem besten
Willen nicht möglich gewesen, die drei Bussen aufzubringen.

Er lebe getrennt von einer Ehefrau und müsse Alimente von monatlich Fr. 250 entrichten, was in Anbetracht seiner bescheidenen finanziellen Verhältnisse eine grosse Belastung darstelle.

Wir beantragen mit der eidgenössischen Oberzolldirektion entschieden Abweisung, weil Gianetti vorbestraft ist, keinen guten Leumund geniesst und während der seit den Verurteilungen verflossenen Zeit nicht die geringste Anstrengung machte, wenigstens einen Teil der Gesamtbusse zu bezahlen.

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58. Vittorio Livi, durch Strafverfügung der eidgenössischen Oberzolldirektion vom S.Oktober 1946 zu einer Busse von Fr, 460 verurteilt. Eine dagegen eingereichte Beschwerde wurde vom eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement am 30. November 1946 abgewiesen. Livi hat einem ihm als Schmuggler bekannten Italiener einen grösseren Posten Tabak und Rauchwaren geliefert, wobei er wusste, dass diese Waren unter Umgehung der Zollkontrolle nach Italien ausgeführt werden sollten.

Nachdem auf erfolglose Zahlungsaufforderung hin die Betreibung eingeleitet worden ist, ersucht der Verurteilte um Erlass der Busse, woxu er die Schuldfrage aufwirft und geltend macht, die Höhe der ausgesprochenen Busse entspreche in keiner Weise seinen bescheidenen finanziellen Verhältnissen.

Livi lebt in durchaus geordneten Verhältnissen, und die Zahlung der Busse bildet daher für ihn keine untragbare Belastung; bei einigem guten Willen wäre ihm deren Tilgung längst möglich gewesen. Angesichts seines schlechten Zahlungswillens und im Hinblick darauf, dass er bereits im Jahre 1945 wegen Gehilfenschaft bei einem Ausfuhrbannbruch und wegen Zollhehlerei bestraft ·werden musste, beantragen wir mit der eidgenössischen Oberzolldirektion die Abweisung.

59. Alfredo Valsecchi, durch Strafverfügung der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 18. Juli 1945 zu einer Busse von Fr. 625 verurteilt, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil er /ugegebenermassen im April 1945 in einer ihm gehörenden Hütte Schmugglern mitsamt ihrer Ware (Pelzmäntel im Werte von Fr. 10 000) während mehrerer Tage Obdach gewährt hat.

Der nach Anrechnung eines Teiles des Venvertungserloses aus eingebogenen Waren verbleibende, nicht einbringliche Bussenrest wurde am 24. September 1946 in 42 Tage Haft umgewandelt.

Ein Bechtsanwalt ersucht für den Verurteilten um Erlass der Strafe, wozu die Schuldfrage aufgeworfen und auf die schwache finanzielle Lage des Valsecchi hingewiesen wird. Ferner wird geltend gemacht, dieser sei krank.

Valsecchi hat bisher überhaupt noch keinen Sühnewillen gezeigt ; nach dem Bericht der Zollbehörden hat er sich im Gegenteil von Anfang an mit allen Mitteln der Strafverbüssung zu entziehen versucht. Dieses Verhalten lässt ihn wenig begnadigungswürdig erscheinen. Die geltend gemachte Krankheit bildet keinen
Begnadigungsgrund; beim Vollxug der Haftstrafe wird dem Gesundheitszustand des Gesuchstellers die nötige Aufmerksamkeit geschenkt werden. Seine finanziellen Verhältnisse mögen wohl bescheiden sein, doch dürfte keine Gefahr bestehen, dass seine Familie während der Strafverbüssung in eine Notlage geraten könnte. Jedenfalls wird dies nicht geltend gemacht.

Unter diesen Umständen beantragen wir mit der eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisuug.

60. Ertel Gablinger, durch Strafverfügung der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 4. Februar 1947 zu einer Busse von Fr. 888.84 verurteilt, unter

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Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil sie es unterliess, einen aus Frankreich mitgebrachten Pelzmantel zur Zollbehandlung, anzumelden.

In einer Beschwerde an das eidgenössische Finanz- und Zolldepartement machte die Schwester der Bestraften ihr Eigentum an diesem Mantel, den sie in Holland vor den Deutschen habe retten können, geltend und ersuchte um zollfreie Zulassung des Mantels, unter Aufhebung der Busse, Der Beschwerde wurde insofern entsprochen, als wegen Herabsetzung der Schätzung des Inlandwertes des Mantels eine Ermässigung der Busse auf Fr. 666.67 eintrat. Der Bundesrat stützte diese Verfügung mit Entscheid vom 25. August 1947.

In einein Begnadigungsgesuch bittet die Verurteilte um Aufhebung der Busse und Eüokgabe des als Zollpfand beschlagnahmten Pelzmantels, wozu sie geltend macht, es sei ihr unmöglich, die Busse m bezahlen. Bei einer Verwertung des als Zollpfand beschlagnahmten Mantels käme hauptsächlich ihre Schwester, die keine Schuld treffe, zu Schaden.

Der in Frage stehende Mantel ist zollrechtlich als neu zu betrachten und muss deshalb verzollt werden. Frau Gablinger hätte das Kleidungsstück seinerzeit zur Verzollung anmelden müssen. Immerhin lassen die erneuten Erhebungen der eidgenössischen Oberzolldirektion die Verfehlungen der Gesuchstellerin insofern in einem milderen Licht erscheinen, als sie sich über die Folgen ihrer Handlungsweise wahrscheinlich nicht voll bewusst war, und weil sie anderseits bestrebt gewesen sein mag, ihrer als mittelloseEmigrantin dastehenden Schwester Auslagen zu ersparen. Auch darf berücksichtigt werden, dass bei einer Verwertung des Zollpfandes nicht die Gesuchstellerin,. sondern in erster Linie ihre Schwester getroffen würde. Mit der Oberzolldirektion sind wir jodoch der Auffassung, dass ein völliger Erlass der Strafe nicht in Betracht gezogen werden kann. Wir beantragen die Herabsetzung der Busse auf Fr. 200.

61.--65. Adolf Gerold, Karl Zumkeni, Viktor Zenklusen, Johann Gerold und Heinrich Zenklusen, durch Straf Verfügungen der eidgenössischen Oberzolldirektion -vom 19. Juni 1946, je unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, wie folgt verurteilt : Gerold Adolf zu einer Busse von Fr. 861.67, die sich nach Anrechnung eines Vorwertungserlöses noch auf Fr. 272.73 beläuft; Karl Zumkeni zu Bussen von
Fr. 30 und Fr. 785; Viktor Zenklusen zu Bussen von Fr. 550 und Fr. 320; Johann Gerold zu Bussen von Fr. 553.34 und Fr. 183.34; Heinrich Zenklusen zu Bussen von Fr. 216.67 und Fr, 153,34. Die von allen Gebüssten gegen diese Strafverfügungen eingereichten Beschwerden wurden vom eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement am 19. September 1946 abgewiesen.

Die Verurteilten haben im Herbst 1945 zum Teil einzeln, zum Teil gemeinsam Schafe, Ziegen, Mais, Eeis und Kastanien, sei es in Italien erworben und in die Schweiz geschmuggelt, sei _es von italienischen Hirten oder Schmugglern auf Schwoizergebiet übernommen. Sie lieferten dagegen Tabakerzeugnisse, die

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sie entweder selbst unter Umgehung der Zollkontrolle nach Italien verbrachten oder den Italienern auf Schweizergebiet zur illegalen Ausfuhr übergaben.

Die Verurteilten ersuchen alle um weitgehende Herabsetzung der Bussen, wozu sie sich durchwegs in subjektiver Hinsicht zu entlasten und glaubhaft zu machen suchen, sie hätten sich bei der Abwicklung dieser Geschäfte nichts Böses gedacht. Die Zahlung dieser zu ihrer äusserst bescheidenen finanziellen Lage in keinem Verhältnis stehenden Bussen sei ihnen unmöglich.

Bei den. Gebüssten handelt es sich durchwegs um Älpler, welche diese Zollbussen zweifellos schwer treffen werden, um so mehr, als sie laut ihren Gesuchen zum Teil auch noch von den kantonalen Behörden wegen Verletzung der Bestimmungen des Tierseuchengesetzes zu hohen Bussen verurteilt worden, sind. Dagegen kann der Hinweis auf ihre Gutgläubigkeit hinsichtlich der Zulässigkeit solcher Geschäfte nicht gehört werden; sie waren sich zweifellos völlig bewusst, dass sie sich schweren Strafen aussetzten, wenn sie erwischt würden.

Angesichts der Schwierigkeiten, denen sich die Zollverwaltung bei der Bekämpfung des gerade in dieser Gegend sehr umfangreichen Schmuggels gegenübergestellt sieht und auf die sie in ihrem bei den Begnadigungsakten liegenden Bericht an die Bundesanwaltschaft vom 8. September 1947 hinweist, können wir aus grundsätzlichen Erwägungen ein Entgegenkommen nicht befürworten und beantragen deshalb mit der eidgenössischen Oberzolldirektion die Abweisung der Gesuche.

66, Carolina Acampora, durch Strafverfügung der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 24. April 1947 zu einer Busse von Fr. 775. verurteilt, weil sie drei eingeschmuggelte Pelzmäntel zwecks Verkaufs in Gewahrsam genommen hatte, obschon sie zugegebenermassen annahm, dass es sich um Schmuggelgut handeln könnte. Eine dagegen eingereichte Beschwerde wurde vom eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement abgewiesen.

Für die Gebüsste ersucht deren Sohn um Bussenerlass, wozu er die Verschuldensfrage aufwirft und die Busse als übersetzt bezeichnet.

Unter Hinweis auf die Ausführungen der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 22. September 1947 b e a n t r a g e n wir mit dieser Behörde deshalb Abweisung, weil keine eigentlichen Begnadigungsgründe geltend gemacht werden und solche scheinbar auch nicht vorliegen.

67. Alexander
L a u b e r , durch Strafverfügung der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 16. Juli 1946 zu einer Busse von Fr. 750 verurteilt, unter Erlass eines Bussendrittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil er italienischen Schmugglern Zigaretten im Inlandwerte von Fr. 750 geliefert hatte, obschon er wusste, dass diese zur Ausfuhr auf verbotenen Wegen bestimmt waren.

Lauber ersucht um Herabsetzung der Busse, die für seine Verhältnisse eine unerschwingliche Summe darstelle.

Der Gebüsste versucht seit über einem Jahr, den Strafvollzug auf die lange Bank zu schieben und Zeit zu gewinnen. Wie die Zolldirektion Lausanne über-

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zeugend dartut, ist Lauber durchaus in der Lage, die Busse, wenn nicht auf einmal, so doch in Baten aufzubringen. Da im übrigen keino eigentlichen Begnadigungsgründe vorliegen, beantragen wir mit der eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

68. Leopoldo Gelpi, durch Straf Verfügung der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 2. September 1947 zu Fr. 1043.34 Busse verurteilt wegen Teilnahme an einem von mehreren Ausländern unternommenen Ausfuhrschmuggel von Tabak und Saccharin. -- Die Busse wurde am 5. September vom Gerichtspräsidenten von Lugano-Land als uneinbringlich in 90 Tage Haft umgewandelt.

Der Vollzug der Freiheitsstrafe begann schon mit seiner Festnahme am 81. Juli.

Mit Schreiben vom 13. September an den Bundespräsidenten ersuchte der Verurteilte um Erlass der noch verbleibenden Haftstrafe, wozu er geltend macht, er habe sich aus Not vergangen. Seine Ehefrau erwarte ein Kind.

Der Bundesanwalt verfügte die Freilassung des Gesuchstellers am 15. Oktober, unter ausdrücklichem Vorbehalt des endgültigen Entacheides der Bundesversammlung, Da Gelpi den weitaus grössten Teil der Haftstrafe erstanden hat, beantragen wir den Erlass des Bestes.

69. Jean B ob er t, durch Straf Verfügungen der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 9. April 1947 zu Bussen von Fr. 666.67 und Fr. 466,67 verurteilt, unter Nachlass je eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung. Die dagegen eingereichte Beschwerde wurde am 22. Mai 1947 vom eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement abgewiesen. Bobert hat vom Dezember 1946 bis Februar 1947 unter Umgehung der Zollkontrolle anlässlich verschiedener, z. T. illegaler Grenzübertritte Tabak, Kaffee, Schokolade und Damenstrümpfe über die Grenze nach Frankreich gebracht und auf dem Bückweg 2 Pelzmäntel, gefütterte Handschuhe und einige andere Gegenstände in die Schweiz eingeführt.

Zudem hat er in einem früheren Zeitpunkt, als er in Lyon arbeitete, seine Brüder angestiftet, ihm auf rechtswidrigem Wege Rauchwaren und andere Gegenstände zukommen zu lassen. Seine Brüder wurden hiefür bereits früher bestraft.

Der Verurteilte ersucht um Herabsetzung der Bussen, wozu er geltend macht, er sehe bei seiner finanziellen Lage und angesichts semer Familienlasten überhaupt keine Möglichkeit, diese Bussen zu tilgen; auch sei es seme erste Widerhandlung gegen die Zollvorschriften.
Der Gesuchsteller war angesichts der Bestrafung seiner Brüder, die er zur Begehung eines Zollvergehens angestiftet hatte, gewarnt und musste sich somit der Folgen seiner Handlungsweise völlig bewusst gewesen sein. Sein Einwand, er hätte aus Verzweiflung gehandelt, da er keine Mittel zur Bestreitung der Kosten für die bevorstehende Heirat besessen habe, vermag sein Vorgehen nicht zu rechtfertigen. Der Gesuchsteller hat inzwischen geheiratet und hat nur für seine Frau und ein Kind zu sorgen. Angesichts des festgestellten Gesamteinkommens der Eheleute Bobert kann dem Gesuchsteller die Zahlung der Bussen zugemutet werden. Kobert hat übrigens an die Bussen bis jetzt

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noch nichts geleistet, sondern sofort nach Eröffnung des Beschwerdeontscheides das vorliegende Begnadigungsgesuch eingereicht. Wir beantragen doshalb mit der eidgenössischen Oberzolldirektion die Abweisung.

70. Andrea Conconi, durch Strafverfügung der eidgenössischen Oberzolldirektion am 29. Dezember 1945 zu einer Busse von Er. 1185 verurteilt, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbf-v Hloser Unterziehung, weil er an einem Ausfuhrschmuggel von 830 kg Kaliee teilgenommen hat. Eine von Conconi eingereichte Beschwerde wurde vom eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement am 28. Februar 1946 abgewiesen.

Der Verurteilte ersucht um.Eiiass der Busse unter Hinweis auf seine bescheidenen finanziellen Verhältnisse und seine Unterstützungspflichten gegenüber seinen Eltern. Der Gesuchsteller lebt tatsächlich in bescheidenen Verhältnissen, Trotzdem beantragen wir im Hinblick auf die gewinnsüchtigen Beweggründe und das Fehlen jeglichen Zahlungswillens mit der eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

71. Wilhelm Perrig, durch Strafverfügung der eidgenössischen Oberzondirektion vom 13. September 1945 zu einer Busse von Fr. 1125.02 verurteilt wegen wiederholten Kaufs von Schmuggelwaren (Kleidungsstücke, Kleiderstoffe und Beis). Die uneinbringliche Busse wurde durch Verfügung des Instruktionsrichters von Visp am 7. Juni 1946 in drei Monate Haft umgewandelt.

Perrig, der die Haftstrafe im Anschluss an zwei gemeinrechtliche Gefängnisstrafen von zusammen sieben Monaten am 29. Oktober 1947 antreten inusste, ersuchte schon mit Eingabe vom 3. September 1947 um Begnadigung, wozu er geltend machte, die Nichtbezahlung der Busse sei einzig darauf zurückzuführen, dass er in der letzten Zeit landosabwesend war.

Der Verurteilte begab sich anfangs 1946 nur deshalb ausser Landes, um sich dem Vollzug einer gegen ihn ausgesprochenen Freiheitsstrafe zu entziehen.

Die vielen erlittenen Vorstrafen sprechen gegen jedes Entgegenkommen, und wir b e a n t r a g e n mit der eidgenössischen Oberzolldirektion kurzerhand Abweisung.

72. Pietro Mazzier, durch. Strafverfügung der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 2. August 1945 zu einer Busse von Fr. 1860 verurteilt, unter Erlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil er im Herbst 1944 und im Frühjahr 1945 von italienischen Schmugglern insgesamt 1400 kg
Eeis erworben hatte, den er zum weitaus grössten Teil verkaufte. --· Das eidgenössische Finanz- und Zolldepartement wies eine gegen diese Verfügung eingereichte Beschwerde am 18. Oktober 1945 ab.

Mazzier, der in Baten zusammen Fr. 1120 an die Busse bezahlte, ersucht um Erlass des Bestes, den er infolge ungünstig gewordener Eirikommensverhältnisse nicht mehr aufbringen könne. Dazu komme, dass ein Krankheitsfall in der Familie ausserordentliche Kosten verursacht habe.

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Trotz der durch den Verurteilten gemachten Anstrengungen, mehr als die Hälfte der Busse in Baten zu begleichen, müssen wir deshalb Abweisung beantragen, weil Mazzier kürzlich wieder rückfällig wurde und wegen weiterer Zollvergehen sogar verhaftet werden musste. Dadurch, dass er den Schmuggel zu einer Art Nebenberuf machte, erweist er sich als eines Entgegenkommens unwürdig.

,.,.- j._ , 78. Teil L ' E p l a t t e n i e r , verurteilt durch Strafverfügungen der eidgenössischen Oberzolldirektion vorn 12. Juni 1944 zu Bussen von Fr. 850 und Fr, 620, und vom 11. Juni 1945 zu Bussen von Fr. 322.50 und Fr. 210,unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, und durch Strafverfügung der eidgenössischen Alkoholverwaltung vom 11. Juni 1945 zu einer Busse von Fr. 48 wegen Teilnahme an verschiedenen Ein-und AuBfuhrschmuggelgeschäften und Hehlerei. Die Bussen wurden am 17, April, 26. Februar und 14, März 1946 als uneinbringlich in insgesamt 186 Tage Haft umgewandelt.

Der Verurteilte, der sich der Haftverbüssung durch Verlegung des Wohnsitzes nach Frankreich entzogen hat, ersucht um völligen Straferlass. Er bringt jedoch dazu keine Gründe vor, die einen Gnadenakt rechtfertigen könnten, ganz abgesehen davon, dass er angesichts seines Verhaltens hinsichtlich der Strafverbüssung und im Hinblick auf seinen nicht guten Leumund eines Entgegenkommens überhaupt unwürdig ist. Mit der eidgenössischen Oberzolldirektion beantragen wir deshalb Abweisung.

74. Gertraud Thume, durch Strafverfügung der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 28. März 1943 zu einer Busse von Fr. 8120 verurteilt.

Während des Krieges unterhielt das sächsische Innenministerium in Agra (Tessin) eine Heilstätte für tuberkulosegefährdete deutsche Kinder. Am 24. November 1944 gelangte ein Transport solcher Kinder zur Ausreise. Anlässlich der Zollrevision wurden im betreffenden Schlafwagen grössere Mengen zur Ausfuhr bestimmter Waren, wie Lebensrnittel, Tabak und Kleidungsstücke, festgestellt, die der Zollkontrolle hätten verheimlicht werden sollen. Gertraud Thume war die verantwortliche Leiterin dieses Transportes. Es stellte sich heraus, dass die verheimlichten Waren zum kleinsten Teil für die mitreisenden Kinder bestimmt waren, zum grossieri Teil aber dem ausreisenden Begleitpersonal und weiteren in Deutschland befindliehen Personen
gehörten. Es wurde ferner festgestellt, dass anlässlich früherer Transporte, an denen die Gebüsste ebenfalls beteiligt war, Waren aller Art auf dieselbe Weise widerrechtlich zur Ausfuhr gelangten.

Am 26. Juli 1946 wandelte das Kantonsgericht Schaffhausen die erwähnte Busse als uneinbringlich in drei Monate Haft um.

Gertraud Thume ersucht um Begnadigung, wozu sie ausführt, sie lege Wert darauf, auch in Zukunft als unbescholten und unbestraft zu gelten. Sie schätze das in der Schweiz genossene Zutrauen so hoch ein, dass sie kein Mittel unversucht lassen möchte, sich vom Makel der Haftstrafe zu befreien. Man möge ihr Gelegenheit geben, in der Schweiz Aufenthalt zu nehmen und ihr eine ArBundesblatt. 99. Jahrg. Bd. III.

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beitsbewilligung erteilen. Sie Avare alsdann bereit, aus ihrem Einkommen die Busse nach und nach zu entrichten.

Die Verurteilte hat die während des Krieges den deutschen pflegebedürftigen Kindern gewährte Gastfreundschaft in krasser Weise missbraucht. Die von den Zollbeamten unzweideutig gestellte Frage nach im Schlafwagen vorhandenen ausfuhrverbotenen Waren beantwortete sie wider besseres Wissen verneinend. Wir beantragen mit der eidgenössischen Oberzolldirektion Abweisung.

75. Jakob Dort, durch Strafverfolgungen der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 30. September 1946 zu einer Busse von Fr. 1520 und vom 12. November 1946 zu einer Busse von Fr. 2488.34"verurteilt, weil er grössere Mengen von Saccharin und Tabak unter Umgehung der Zollkontrolle ausführte.

Dort hat bei Aufnahme des ersten Strafprotokolles eine Hinterlage von Fr. 700 ' geleistet. Auf ein Gesuch auf Herabsetzung der Bussen, das erst eingereicht worden ist, nachdem beide Strafverfügungen längst in Rechtskraft erwachsen waren, ist die eidgenössische Oberzolldirektion nicht eingetreten. Sie stellte hingegen in Aussicht, ein Begnadigungsgesuch zu befürworten, wenn 2/3 des noch ausstehenden Betrages getilgt seien. Nachdem der Verurteilte diese Bedingung erfüllt hat, ersucht er um Erlass des Bussenrestes.

Der Gesuchsteller lebt in ärmlichen Verhältnissen und unterstützt seine nicht mehr arbeitsfähigen Eltern, Zudem ist sein Augenlicht so schwach, dass in absehbarer Zeit mit seiner Erblindung gerechnet werden muss.

Mit Rücksicht auf diese besonderen Umstände b e a n t r a g e n wir mit der eidgenössischen Oberzolldirektion den Erlass des sich auf Fr. 1308.34 belaufenden Bussenrestes.

76. Hermann K a i s e r , durch S traf Verfügung des eidgenössischen Finanzund Zolldepartementes vom 4. Februar 1946 zu einer Busse von Fr. 3438.70 verurteilt, unter Nachlass eines Viertels wegen vorbehaltloser Unterziehung nach der Strafverfügung, weil er 1500 Goldstücke im Werte von Fr. 45.750 verkauft hat im. Bewusstsein. dass diese entgegen dem bestehenden Ausfuhrverbot ins Ausland verschoben würden.

Kaiser hat bis heute trotz seiner bescheidenen Verhältnisse mit grosser Regelmässigkeit Teilzahlungen im Gesamtbetrag von Fr. 2138.75 geleistet.

Der Verurteilte ersucht um Erlass des Bussenrestes, wozu er die ihm dro-.

hende Entlassung an seinem
Arbeitsplatz,-die vielen geleisteten Aktivdiensttage und die damit verbundene Einkommenseinbusse, seinen Freisprach durch das kriegswirtschaftliche Strafgericht.und den von ihm trotz seiner Familienlasten bekundeten Zahlungswillen hinweist und endlich das Entgegenkommen, das. andern Mitbeteiligten gezeigt worden ist, ins Feld führt.

Tatsächlich ist einem. Mitbeteiligten die gerichtlich ausgesprochene hohe Busse von der kantonalen Begnadigungsbehörde sehr weitgehend herabgesetzt worden. Obschon dieser kantonale Gnadenakt die Begnadigungsbehörde des Bundes in keiner Weise zu binden vermag, dürfte sich aus Gründen der rechts-

459 gleichen Behandlung und im Hinblick auch auf den vom Gesuchs! eller bekundeten Sühnewillen ein Entgegenkommen rechtfertigen. Wir b e a n t r a g e n deshalb mit. der eidgenössischen Oberzolldirektion den Erlass des Büssenrestes.

77. Giuseppe K e s t e n h o l z , dxurch Strafverfüguug der eidgenössischen Oberzolldirektîon vom 12. Oktober 1946 zu einer Busse von Fr. 5333.84 verurteilt. Seine dagegen eingereichte Beschwerde wurde letztinstanzlich vom Bundesrat am 3. April 1947 abgewiesen. Kestenholz hat in die Schweiz geschmuggelte Damenstrümpfe, Seidenfoulards, Angorajacken und Schmuckgegenstände bösgläubig erworben und selber Schmuck illegal eingeführt.

Der Verurteilte ersucht um Herabsetzung der Busse, deren Aufrechterhaltung im derzeitigen Umfang den Buia seiner Familie bedeute.

Der Gesuchsteller ist zu gleicher Zeit auch wegen eines gross angelegten Ausfuhrschmuggels zu einer Busse verurteilt worden. Ein Begnadigungsgesuch um Erlass dieser Strafe ist bereits abgewiesen worden (vgl. Antrag 30 des I. Berichtes vom 19. Mai 1947; BB1.1947, II, S. 1.80).

Nach den durchgeführten Erhebungen werden die finanziellen Verhältnisse des Kegtenholz als gut bezeichnet, so dass bei Bezahlung der Busse mit dein Entstehen einer Notlage nicht gerechnet werden muss. Die für die Familie des Gebüssten entstehenden Nachteile dürften sich in den Grenzen bewegen, die das bei der Verbüssung derartiger Strafen übliche Maas nicht überschreiten.

Im Hinblick auf den gewerbsmässigen Charakter seiner Widerhandlungen und in Anbetracht dessen, dass der Gesuchsteller bis heute an keine der beiden Bussen irgendeine Zahlung geleistet hat. beantragen wir die Abweisung.

78. Anna A dame t u , durch Strafverfügung der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 9. Dezember 1946 zu einer Busse von Fr. 5846.67 verurteilt, weil sie im März 1946 vier Pelzmäntel und 37 Nerz- und Marderfelle unter Umgehung der Zollkontrolle eingeführt und vier weitere, einen Monat später eingeführte und aus einer Erbschaft stammende Pelzmäntel in der Folge ohne Entrichtung der Abgaben verkauft hatte. Gegen diese Verfügung eingereichte Beschwerden wurden sowohl vom eidgenössischen Finanz- und Zolldepartemerit als auch vom Bundesrat abgewiesen.

Ein Bechtsanwalt ersucht für Anna Adametz um Begnadigung. Die Verurteilte habe ständig mit finanziellen
Schwierigkeiten zu kämpfen und habe sich deshalb aus Not vergangen. Ein Vorteil sei ihr aus ihrem Verhalten jedenfalls nicht erwachsen.

Demgegenüber stellen wir fest, dass die Gebüsste bis anhin nicht die kleinste Anstrengung machte, wenigstens einen Teil der ausgesprochenen Busse in kleineren Baten aufzubringen. Aus den Akten geht im übrigen hervor, dass die Lebensweise der Verurteilten mit der in der Eingabe geltend gernachten Notlage kaum vereinbar ist, weshalb wir mit der eidgenössischen Oberzolldirektion auch hier die Gesuchsabweisung beantragen.

79. Pius B i s c h o f f , durch Strafverfügung der eidgenössischen Überzolldirektion vom 7. Mai 1947 zu einer Busse von Fr. 6860 verurteilt unter Nachlass

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eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehuug, weil er einer Grenzgängern! den Schmuggel von 700 Schachteln Saccharin nach Österreich ermöglichte, indem er dieser die in der Schweiz gekaufte Ware jeweils an die Grenze brachte. Er bezog dafür eine Entschädigung von Fr. 700.

Der Verurteilte ersucht um Herabsetzung der Busse, wozu er auf seine äusserst bescheidenen finanziellen Verhältnisse hinweist.

Die Erhebungen der Oberzolldirektion haben ergeben, dass die Verhältnisse des Gesuchstellers bescheiden sind. Indessen sei Bischoff keineswegs auf einen derartigen «Nebenverdienst» angewiesen gewesen. Bischoff hat aus reiner Gewinnsucht gehandelt. Bis jetzt hat er noch überhaupt keine Anstrengung zur Tilgung der Busse gemacht. Ferner laufen zurzeit zwei weitere Untersuchungen gegen Bischoff wegen Zollvergehen, in welchen sein besonders raffiniertes Vorgehen in Erscheinung tritt. Mit der eidgenössischen Oberzolldirektioii beantragen wir Ihnen deshalb die Gesuchsabweisung.

80. Dino Colombo, durch Strafverfügung der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 4. Januar 1947 zu einer Busse von Fr. 8566.67 verurteilt, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil er in den Monaten Juni und Juli 1946 auf Ansuchen italienischer Schmuggler gegen Entgelt unter drei Malen deren Waren (Schutzbrillen, Brillenbestandteile, je l Badioapparat und l Schreibmaschine, Seidenstrümpfe, Gewebe und Gummisohlen) vorübergehend in seine Obhut nahm und in der Folge den schweizerischen Empfängern zukommen hess. Eine dagegen eingereichte Beschwerde wurde vom eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement am 1. Apiil 1947 abgewiesen.

Für Colombo ersucht ein Bechtsanwalt um Erlass der Busse, wozu versucht wird, die verbotene Tätigkeit des Verurteilten als nur geringfügig und rein zufällig hinzustellen. Ferner wird auf seih jugendliches Alter und seine sehr bescheidene finanzielle Lage hingewiesen.

Der Gesuchsteller war nicht bloss, wie er geltend zu machen versucht, gelegentlicher Handlanger in dieser Sache, sondern eigentlicher Mittelsmann zwischen den italienischen Schmugglern und den Empfängern der Ware in der Schweiz.

Als heute Sljähriger Mann musste er sich über die Folgen seiner Handlungsweise völlig im klaren sein. Seine bescheidenen finanziellen Verhältnisse allein können eine Begnadigung nicht
rechtfertigen. Er hat bis heute an die Busse noch überhaupt, nichts bezahlt, dies trotz dem Entgegenkommen der eidgenössischen Oberzolldirektion, die ihm aus dem Erlös eines Teils der als Zollpfand beschlagnahmten, nicht ihm gehörenden Waren Fr. 2600 an die Bussenschuld angerechnet hat. In Würdigung aller Umstände beantragen wir mit der eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

81, Jean T h e u b e t , durch Strafverfügung der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 8. August. 1945 zu einer Busse von Fr. 8538.84 verurteilt, unter Erlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil er in den Jahren 1943 und 1944 insgesamt 20 000 Tabakpäckchen nach Frankreich schmuggeln

461 liess. -- Eine gegen diese Strafverfügung eingereichte Beschwerde -wurde vom eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement am20. November 1945 abgewiesen, Ein Rechtsanwalt ersucht für Theubet um Erlass dea noch ungedeckten Bussenrestes von Fr. 4233.34, wozu er in der Hauptsache die Angelegenheit zu bagatellisieren versucht und die Verhältnisse des Gebüssten als ungünstig schildert.

Dio finanziellen Verhältnisse des Theubet sind bei weitem nicht so schlecht, wie sein Berater sie bezeichnet. Es ist zudem nicht das erste Mal, dass er gegen die Zollvorschriften verstösst, und sein Vorstrafenverzeichnis spricht auch nicht gerade zu seinen Gunsten. In Würdigung aller Umstände beantragen wir in i l der eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

82. Guglielmo Ostinelli, verurteilt durch Straf Verfügung des eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes vom 16. Juni 1943 zu einer Busse von Fr. 5328.60, unter Nachlass eines Viertels wegen vorbehaltloser Unterziehung nach der Straf Verfügung, sowie durch Straf Verfügung vom 7,. Januar 1946 zu einer Busse von Fr. 3714.28. Ostinelli hat im Auftrag von zwei Italienern vom Dezember 1942 bis zum Februar 1943 Uhren im Werte von Fr. 35 500 unter Umgehung der Zollkontrolle nach Italien verbracht und sich im November 1945 an der illegalen Einfuhr von 6 Ballen Rohseide im Werte von Fr. 26 000 beteiligt.

Von diesen Bussen steht heute noch ein Betrag von Fr. 5171.68 aus, um dessen Erlass der Verurteilte ersucht. Er verweist dazu auf eine chronische Krankheit, seine misslichen finanziellen Verhältnisse und sein, abgesehen von den beiden Widerhandlungen, stets klagloses Verhalten.

Die Angaben des Gesuchstellers über seine persönlichen und materiellen Verhältnisse treffen nach dem Bericht der Zollbehörden zu. Trotzdem kann angesichts der Schwere der Widerhandlungen und der Tatsache, dass sich Ostinelli durch die erste Verurteilung nicht von weiteren Vergehen abschrecken liess, eine Begnadigung nicht in Frage kommen. Zudem ist die Behauptung bezüglich des sonst klaglosen Verhaltens insofern unzutreffend, als noch ein weiteres Verfahren wegen Zollhehlerei hängig ist. Der Gesuchsteller erscheint, angesichts dieser Umstände wonig begnadigungswürdig, weshalb wir, im Hinblick auch auf die Abweisung des Beguadigungsges\iches eines Mitbeteiligten, in der Junisession
1946 (vgl. Antrag 15 des Berichtes vom 6. Mai 1946; Bundesblatt 1946, II, S. 34), die Gesuchsabweisung beantragen.

88. Angelo Bianchi, durch Straf Verfügungen des eidgenössischen Finanzund Zolldepartementes und der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 10. und 11. März 1947 zu Bussen von Fr, 26 225 und Fr. 8000 verurteilt, wegen Einund Ausfuhrschmuggels in grossem Maßstab von Kleiderstoffen, Damenstrumpfen, Seidengeweben und Fellen. --· Mit Beschluss vom 4. Juli 1947 wandelte das Bezirksgericht Zürich beide Bussen in je 3 Monate Haft um.

Mit Zuschrift vom 27. Juni 1947 ersuchte Bianchi um Erlass des noch zu verbüssenden Strafrestes, wozu er in der Hauptsache seinen angegriffenen Gesundheitszustand geltend machte.

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Mit Rücksicht darauf, dass der Gesuchsteller den grössten Teil der beiden Umwandlungsstrafen bereits verbüsst hatte und anderseits die bedingte Entlassung bei Haftstrafen nicht möglich ist, verfügte der Bundesanwalt die Freilassung ab 1.3. August. Wir beantragen in diesem Sinne den Erlass der verbleibenden Strafe von 6 Tagen.

84. Pierino Tarchini, durch Strafverfügungen der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 26. September und 15. November 1946 wie folgt verurteilt: zu einer Busse von Fr. 13 087.50 wegen Gehilfenschaft bei einem Ausfuhrbannbruch, zu einer Busse von Fr. 855 wegen Zollhehlerei und zu einer Busse von Fr. 5985 wegen Gehilfenschaft bei einem. Ausfuhrbannbruch und wegen Versuchs hiezu. Die gegen die beiden erstgenannten Strafverfügungen eingereichte Beschwerde wurde vom eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement · am 21. Dezember 1946 abgewiesen.

Tarcbini lieferte im Juni 1946 italienischen Schmugglern .zur illegalen Ausfuhr bestimmte Waren (Zigaretten, Autoreifen und -schlauche) iin Gesamtwert; von Fr. 5235 im ersten und von. Fr. 5010 im zweiten Fall. Der Transport an die Grenze erfolgte nach seinen Weisungen und unter seiner Leitung. Von den italienischen Schmugglern übernahm er seinerseits Reis und Wurstwaren.

Ein Eechtsamvalt ersucht für den Verurteilten «in Herabsetzung der Bussen, wozu er auf dessen Eeue hinweist; es wäre übertrieben, wenn, die Bussen umgewandelt würden, nur weil es Tarchini unmöglich sei, seinen Verpflichtungen nachzukommen.

Der Gobüsste hat nur aus Gewinnsucht gehandelt und. gewerbsmässig für die italienische Schmugglerorganisation die zur widerrechtlichen Ausfuhr der Waren notwendigen Vorbereitungen getroffen. Da er im übrigen rückfällig ist und sowohl kriegswirtschaftliche wie gemeinrechtliche Vorstrafen aufweist und endlich nach Abschluss der Untersuchungen bezüglich der in Frage stehenden Widerhandlungen erneut zum. .Schmuggel bestimmte Waren geliefert hat, beantragen wir mit der eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

85. Henri Menoud. durch Strafverfügung des eidgenössischen Finanz urid Zolldepartementes vom 13. März 1945 zu einer Busse von Fr. 51 371.67 verurteilt, unter Xachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser' Unterziehung, weil er sich in den Jahren 1943 und 1944 eines schweren Zollvergehens dadurch, schuldig gemacht hat,
dass er von Genf aus Goldstücke und Uhren im Gesamtwerte von Fr. 308 230 auf verbotenen Wegen nach Frankreich ausführte und ausführen liess. Eine gegen die Strafverfügung eingereichte Beschwerde wurde vom Bundesrat am 28. Dezember 1945 abgewiesen.

Menoud hat bisher Fr. 17 000 an die Busse bezahlt. Durch seinen Verteidiger ersucht er nun um Erlass des Bussenrestes, wozu, er weitläufig Kritik am Entscheid des Bundesrates und am Vorgehen der Verwaltungsbehörden übt, seine Verfehlungen als volkswirtschaftlichen Vorteil für die Schweiz darzustellen versucht, behauptet, aus einer ,,Notlage heraus gehandelt zu haben..

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und endlich geltend macht, angesichts seiner persönlichen und finanziellen Verhältnisse überhaupt nicht in der Lage zu sein, diese Busse je tilgen zu können.

Soweit die Gesuchsbegründung daraut ausgeht, die Bussenverfügung des eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes als unrichtig anzufechten, kann darauf nicht eingetreten werden ; der rechtskräftige Entscheid des Bundesrates kann nicht auf dem Wege der Begnadigung vor die Bundesversammlung gezogen werden. Hinsichtlich der im Gesuch enthaltenen, gegen die Verwaltung gerichteten Angriffe wird auf den Bericht der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 25. September 1947 au die Bundesanwaltschaft verwiesen.

Es könnten somit als Begnadigungsgründe nur noch die geltend gemachten persönlichen und finanziellen Verhältnisse in Betracht fallen, sofern sich Menoud eines derartigen Entgegenkommens überhaupt als würdig erweisen ·würde. Dies ist nun aber nicht der Fall. Der Gesuchsteller war Hauptorganisator dieses grossangelegten, sich über eine lange Zeit erstreckenden Schmuggels auf Schweizergebiet ; er hat, zur Zeit der Tatbegehung selbst Polizeifunktionär in Genf, andere in die Sache verwickelte Polizei- und Zollbeamte, wenn nicht angestiftet, so doch /u dieser Tätigkeit verführt oder zum mindesten die Voraussetzungen für deren Beteiligung geschaffen. Der Fall Menoud liegt auch nicht; gleich wie jener des mitbeteiligten Grenzwächeters Darx, den die Bundesversammlung in der Dezembersession 1946 teilweise begnadigt hat (vgl. Antrag 23 des Berichtes vom 15. November 1946; BB1 1946, III, S. 1025). Menoud hat, wie auch das Militärgericht feststellte, aus Gewinnsucht gehandelt. Zudem hat er sich für die Schwere seiner Verfehlungen völlig uneinsichtig gezeigt ; versucht er doch noch im Begnadigungsgesuch seine Handlungsweise als eine volkswirtschaftlich gute Tat hinzustellen. Angesichts der Schwere des Falles und in Würdig\ing aller Umstände beantragen wir deshalb entschieden Abweisung.

86. Paul Milliet, durch Strafverfügung des eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes vom 13. März 1945 zu einer Busse von Fr. 18 01.7.34 verurteilt, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil er, im Zusammenhang mit dem Fall Menoud (vgl. Antrag 85 oben), Uhren im Werte von Fr. 135 130 ins Ausland verschoben hatte. Eine gegen diese Verfügung
eingereichte Beschwerde wurde vom Bundesrat am 26. November 1945 abgewiesen.

Der Verurteilte hat bisher Fr. 5500 an die Busse bezahlt, allerdings erst, nachdem die Zollbehörden bei der Staatsanwaltschaft um Umwandlung der Busse in Haft nachgesucht hatten.

« Ein Bechtsanwalt bittet nun um Erlass oder wenigstens 'um Herabsetzung der Bestbusse, wozu auf die schwierige Lage dieses Auslandschweizers während des Krieges hingewiesen und geltend gemacht wird, der Gebüsste sei ein Opfer dos Menoud, der ihn zu diesen Geschäften verleitet habe. Die Aufrechthaltung einer derart hohen, den finanziellen Verhältnissen des Verurteilten in keiner^ Weise Bechnung tragenden Busse müsste für diesen und seine Familie katastrophale Folgen zeitigen.

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Wenn der Gesuchsteller vor allem darauf ausgeht, seine Tätigkeit in einem milderen Lichte erscheinen zu lassen und sich als ein von Menoud Verführter darzustellen, so muss ihm in Erinnerung "gerufen werden, dass.er es gewesen ist, der sich zuerst mit Menoud wegen des Uhrenschmuggels in Verbindung gesetzt hat. Seine Tätigheit war bedeutend aktiver, als er heute glaubhaft machen ·will. Dass er übrigens die Zollvorschriften nicht nur auf Veranlassung des Menoud übertrat, ergibt sich daraus, dass er im Jahre 1944 selbständig auch einen Schmuggel von 3000 Goldstücken zu Fr. 20 tätigte, der ihm eine weitere, heute ebenfalls noch nicht bezahlte Zollbusse von Fr. 10166 eintrug, die jedoch nicht Gegenstand dieses Begnadigungsgesuches bildet. Auch mit seiner zur Zeit der Tat begehung geschäftlich misslichen Lage kann sein Verhalten nicht gerechtfertigt werden. Seine finanziellen Verhältnisse konnten im übrigen weder finden gegenwärtigen noch für einen früheren Zeitpunkt näher überprüft werden.

Sie scheinen heute bescheiden zu sein, jedoch nicht derart, dass die Familie in eine Notlage geraten würde, wenn der Gesuchstellor nach allfälliger Umwandlung der Busse die Haftstrafe verbüssen müsste. Angesichts der Schwere der Widerhandlungen und des Umfanges der verbotenen Tätigkeit, der gewinnsüchtigen Beweggründe und des Ungenügenden Zahlungswillens b e a n t r a g e n wir die Gesuchsabweisung, 87. und 88. Maurice Sarkissoff. und Charles Déruaz, durch Strafverfolgungen des eidgenössischen Finanz- und Zolldeparteinentes vom 13. März 1945 zu einer Busse von Fr. 12 708.34 bzw. Fr. 7625 verurteilt, je unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung. Die Gebüssteri waren beide in die grosse Schmuggelaffäre Menoud und Konsorten vorwickelt (vgl.

Antrag 85 oben). Sarkissoff hat 2500 Goldstücke im Werte von Fr. 76 250 und Déruaz deren 1500 im Werte von Fr. 45 750 aus der Schweiz nach Frankreich verschoben. Beide standen zur Zeit der Tatbegehung als Polizisten im genferischen Staatsdienst. -- Die gegen diese Strafverfügungen eingereichten Beschwerden wurden vom Bundesrat am 28. Dezember 1945 abgewiesen. Nachdem Sarkissoff bisher Fr. 6859 und Déruaz Fr. 4600 an die Busse bezahlt haben, bittet für sie ein Eechtsanwalt um Erlass des Bussenrestes, wozu geltend gemach t wird, die Verurteilten hätten nicht aus
eigenem Antrieb gehandelt, sondern seien schliesslich dem Drängen ihres Kollegen Menoud erlegen ; dies nicht zuletzt wegen ihrer kleinen Gehälter, Die Höhe der verfügten Bussen müsste als uuverhältnismässig hoch bezeichnet werden und sei angesichts der nach der Entlassung aus dem Staatsdienst sehr bescheidenen Lage der Verurteilten dazu -angetan, ihre Zukunft über Gebühr zu belasten. Endlich wird auf ihren bisher gezeigten guten Zahlungswillen hingewiesen; beide hätten mehr als die Hälfte ihrer Bussen getilgt.

Die Verhältnisse der beiden Gesuchsteller liegen sehr ähnlich. Ihre Verfehlungen sind schwerer Natur und dürfen nicht bagatellisiert werden. Beide haben sie als Polizeibeamte das in sie gesetzte Vertrauen schwer misebraucht.

Auch finanzielle Schwierigkeiten und ihre damalige geringe Besoldung ver-

465 mögen ihr Vorgehen nicht zu rechtfertigen. Demgegenüber fallen auch die zugunsten der Gesuchsteller sprechenden Tatsachen, wie ihre heutige finanziell missliche Lage und der von ihnen bekundete Sühnewille nicht massgeblich ins Gewicht. Wenn wir trotzdem ein Entgegenkommen befürworten, so nur deshalb, weil die Bundesversammlung bereits in der Dezembersession 1946 den an diesem Schmuggelfall ebenfalls mitbeteiligten Grenzwächter Darx, der nicht besser dasteht als die beiden Gesuchsteller, teilweise begnadigt hat (vgl.

Antrag 23 des Berichtes vom 15. November 1946; BEI 1946, III, S. 1025).

Nur im Sinne der Gleichbehandlung der drei sehr ähnlich gelagerten Fälle beantragen wir deshalb den Erlass je eines Drittels der gegen Sarkissoff und Déruaz ausgesprochenen Bussen.

89. Hans Hügli, 1908, Wäscher, Ostermundigen (Bern), 90. Hedwig Hügli, 1910, Hausfrau und Wäscherin, Ostermundigen (Bern), 91. Martha Bracher, 1887, Drogistin, Köniz (Bern), 92. August Kiebele, 1882, Bäcker, Basel, 93. Jakob Bonner, 1913, Viehhändler, Wohlen (Aargau), 94. Johann Dellenbach, 1909, Handlanger, Ostermundigen (Bern), 95. Marius Vial, 1915, Bäcker, Sierre (Wallis), 96. Alexander Truffer, 1900, Kellner, Genf, 97. Alfred Laverrière, 1902, gew. Wirt, französischer Staatsangehöriger, Genf.

98. Alois Trinkler, 1900, Metzger und Wirt, Zürich, 99. Casimiro Rezzonico, 1901, Metzger, Arbedo (Tessin), 100. Paolo Fiori, 1910, Metzger, Locamo (Tessin), 101. Simon Arnold, 1917, Käsehändler, Simplon-Dorf, 102. Emil Leumann, 1911, Käser, Strauss (Freiburg), 103. Franz Zimmermann, 1905, Metzger, Buochs (Nidwaiden), 104. Edouard Würsten, 1920, kaufmännischer Angestellter, Genf, 105. Werner Mattmann, 1910, Metzger, Boot (Luzern), 106. Jean Wälti, 1909, Metzger, Montreux (Waadt), 107. Albert Strahm, 1902, Metzger, Münchenbuchsee (Bern).

(Sicherstellung der Landesversorgung mit Lebens- und Futtermitteln.)

Gemäss Bundesratsbeschluss vom 17. Oktober 1939, teilweise in Verbindung mit andern Bestimmungen des kriegswirtschaftlichen Strafrechts, sind bestraft worden : 89. und 90. Hans Hügli, verurteilt am 4. Juni 1946 vom Einzelrichterer de1 l. kriegswirtschaftlichen Strafgerichts zu einer Busse von Fr. 180, weil er

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Fleisch und Fleischwaren im Werte von rund 500 Franken schwarz kaufte und davon für Fr. 200 ohne Rationierungsausweise verkaufte.

Hedwig Hügli, verurteilt am 16. Mai ] 946 vom Einzelrichter des ], kriegswirtschaftlichen Strafgerichts zu einer Busse von Fr. 60 wegen Gehilfenschaft beim Bezug und Verkauf von Fleisch und Fleischwaren ohne Rationierungsausweise .

Die Eheleute Hiigli bitten um Teilerlass der Bussen, wozu sie anführen, es sei ihnen unbegreiflich, weshalb der Mitbeschuldigte, der ihnen das Fleisch an-.

geboten hatte, die kleinere Busse erhalten habe und weshalb dessen Ehetrau überhaupt nicht bestraft worden sei. Durch Hinweis auf ihre 8 schulpflichtigen Kinder und auf das Fehlen von Ersparnissen inachen sie auf ihre bescheidenen Verhältnisse aufmerksam.

Bereits der Richter hat darauf hingewiesen, es könnten die gegen die einzelnen Beschuldigten ausgesprochenen Bussen nicht einfach miteinander ver. glichen werden, da für die Strafzumessung die verschiedensten Faktoren zu berücksichtigen seien. Im übrigen bildet dieses Vorbringen gar keinen Begnadigungsgrund. Der Richter hat bei: der Strafzumessung auch die finanziellen Verhältnisse der' Gesuchsteller in Rechnung gestellt; ihre finanzielle Lage hat sich seit dem Urteil nicht wesentlich verändert. Die Einkommensverhältnisse lassen die Bezahlung der Bussen ohne weiteres als zumutbar erscheinen.

Wir b e a n t r a g e n deshalb mit dein Generalsekretariat .des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung.

91. Martha Bracher, verurteilt am 31. Januar. 1946 vom Einzelrichter des l. kriegswirtschaftlichen Strafgerichts zu einer Busse von Fr. 200, weil sie in den Jahren 1942 bis 1944 als Inhaberin eines Lebensmittelgeschäftes 400 kg Zucker, 200 kg Getreideprodukte und 125 kg Speisefett, die sie ohne Bewilligung zur Herstellung von Heilmitteln verwendete, schwarz bezog, und weil sie ferner die Vorschriften über die Rationierungsausweise nicht eingehalten und die vorgeschriebene Warenkontrolle mangelhaft geführt hat.

Die .Verurteilte ersucht um gänzlichen Erlass der Busse, woz.u sie auf ihre, unter anderem durch einen Unfall verursachte schlechte finanzielle Lage hinweist. .

Die Angaben der Gesuchstellerin über ihren Unfall treffen zu. Wenn dieser auch, nur eine vorübergehende Arbeitsunfähigkeit zur Folge hatte, so wurde
sie dadurch doch finanziell stark belastet, was sich bei ihren bescheidenen Verhältnissen jedenfalls nachteilig auswirken inuss. Der Richter ist zudem davon ausgegangen, Frau Bracher verfüge über ein Einkommen. Für die Veranlagungsperiode 1945/46 weist sie jedoch weder steuerpflichtiges Einkommen noch Vermögen aus. Angesichts dieser offensichtlichen Verschlechterung der Verhältnisse der Gesuchstellerin erscheint ein. Entgegenkommen als gerechtfertigt.. Wir b e a n t r a g e n die Herabsetzung der Busse auf Fr, 50.

92. August Kiebele, verurteilt am 17. Mai 1946 vom Einzelrichter des 8. kriegswirtschaftlichen Strafgerichts zu einer Busse von Fr, 800 wegen Unter-

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bewertung von Backwaren und Abgabe von solchen ohne Rationierungsausweise in der Zeit vom Oktober 1942 bis Oktober 1944, woraus sich ein Mehlverlust von 3000 kg in seinem Betriebslager ergab. Im September 1944 hat er zudem seine Backkontrolle nicht einwandfrei geführt.

Der Verurteilte ersucht um teilweisen Erlass der Busse, wozu er auf sein Alter und seine schlechten finanziellen Verhältnisse hinweist. Beine Frau sei krank und bedürfe dauernd ärztlicher Pflege.

Die durchgeführten Erhebungen haben die Angaben des Gesuchstellers bestätigt. Er hat sein eigenes Geschäft aufgeben müssen, und sein Einkommen als Angestellter ist gering. Die Auslagen für die ärztliche Behandlung seiner Frau, die arbeitsunfähig ist und deshalb eine Aushilfe im Haushalt benötigt, werden nur zum Teil von der Krankenkasse übernommen. Seine beiden erwachsenen Kinder sind nicht in der Lage, ihn zu unterstützen; vielmehr soll er zeitweise noch seiner Tochter helfen müssen. Sein Leumund ist gut. Angesichts dieser Umstände scheint trotz der früheren wegen Frisch brotverkauf s a\isgesprochenen Bussen ein gewisses Entgegenkommen verantwortet werden zu können.

Wie beantragen deshalb die Herabsetzung der Busse auf die Hälfte.

98. Jakob H o h n e r , verurteilt am 5. Dezember 1945 vom Einzelrichter des 1. kriegswirtschaftlichen Strafgerichts zu einer Busse von Fr. 300 wegen Gehilfenschaft bei der Schwarzschlachtung von 3 Kälbern, begangen durch Verkauf dieser Tiere ohne Gesundheitsschein, sowie wegen mangelhafter Führung der Viehverkehrskoritrolle, Durch einen Eechtsanwalt ersucht der Verurteilte um teilweisen Erlass der Busse, wozu er auf seine missliche finanzielle Lage und den Schaden hinweist, der ihm aus dem zweimonatigen Entzug des Viehhandelspatentes erstanden sei, und die Ansicht vertritt, seine Busse scheine offenbar nur deshalb so hoch angesetzt worden zu sein, weil er im Zusammenhang mit einem umfangreichen Strafverfahren verurteilt worden sei.

Die Einkommensverhältnisse des Gesuchstellers haben sich seit der Urteilsaasfällung nicht verschlechtert. Im Gegenteil weist er neuerdings ein kleines Vermögen aus. Kohner ist zudem ledig und hat keine Unterstützungspflichten zu erfüllen. Die Zahlung der Busse stellt deshalb für ihn keine unzumutbare Härte dar. Sowenig wie der Richter den vorübergehenden Entzug des Viehhandelspatentes
au die Strafe in Anrechnung bringen konnte, bildet diese kantonale Administrativmassnahme einen Begnadiguiigsgrund. Auch das Vorbringen des Gesuchstellers, bei Berücksichtigung des durch den Patententzug angeblich erlittenen Verdienstausfalls von Fr. 500 habe er eine tatsächliche Busse von Fr. 800 za zahlen, kann nicht gehört werden. Bei der gegenwärtigen Arbeitsmarktlage hätte er während der beiden Monate jederzeit Arbeit 211 diesen Bedingungen finden können. Dafür, dass die Busse im Hinblick auf ein mit dieser Widerhandluug in Zusammenhang stehendes umfangreiches Strafverfahren zu hoch angesetzt worden wäre, fehlen jegliche Anhaltspunkte.

468 Wir b e a n t r a g e n deshalb mit dem Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes angesichts des Fehlens von Kommiserationsgründen die Gesuchsabweisung, immerhin unter Einräumung von Zahlungserl ei cht erungen.

94. Johann Dellenbach, verurteilt am 7. Juni 1946 vom Einzelrichter des ]. kriegswirtschaftlichen Strafgerichts zu einer Busse von Fr. 600, weil er in den Jahren 1944 und 1945 Fleisch, Fleischwaren und Fett im Werte von Fr. 12 000 schwarz gekauft und zum Teil weiterverkauft hat.

Der Verurteilte ersucht um teilweisen Erlass der Busse, wozu er geltend macht, er habe für drei schulpflichtige Kinder zu sorgen, so dass sein Lohn zur Zahlung einer derart hohen Busse nicht ausreiche. Er sei nicht vorbestraft und werde von seinem Zahltag stets einen Teil an die Busse leisten.

Dellenbach lebt in äusserst bescheidenen Verhaltnissen. Sein steuerpflichtiges Einkommen für das Jahr 1946 beträgt bloss 400 Franken. Vermögen besitz er keines. Das Urteil wirkt sich für ihn deshalb aussorordentlich hart aus.

Trotzdem hat er sich Mühe gegeben, seiner Verpflichtung nachzukommen, und hat bisher in kleinen Teilzahlungen-Fr. 145 au die Busse entrichtet. Er besitzt einen guten Leumund.

Wir b e a n t r a g e n mit dem Generalsekretariat, des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Herabsetzung der Busso auf Fr. 200.

95. Marius Vial, verurteilt am 11. Januar 1947 vom 6. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu einer Busse von Fr, 1200, weil er im Herbst 1945 größere Mengen Butter, Käse, Weissmehl und Eier zu übersetzten Preisen schwarz gekauft und sich gegen Bezahlung Bationierungsausweise für Fett verschafft hat.

Für den Verurteilten ersucht sein Verteidiger um völligen oder teilweisen Erlass der Busse, wozu zunächst die gleichen Argumente geltend gemacht werden, die schon vor dem Kichter vorgebracht worden sind und die dieser eingehend geprüft hat. Darauf erneut zurückzukommen und das Urteil zu überprüfen, ist, im Begnadigungsweg nicht möglich. Ferner wird geltend gemacht, sowohl Via.l wie dessen Ehefrau seien im Winter 1946 krank gewesen, was von gewissen Kunden benützt worden sei, um dem Personal die den Bezügen entsprechende» Kationierungsausveise vorzuenthalten. Endlich wird die Behauptung aufgestellt, als Folge des Erdbebens vom Januar 1946 hätte ein Teil der
Bevölkerung nicht mehr gewagt, ihre Behausungen zu betreten und dort ihre Bationierungsausweise zu holen. Es sei diesen Personen deshalb Brot ohne Abgabe von Bationierungsausweisen verkauft worden. Demgegenüber ist festzustellen, dass die Tatbegehung auf den September und Oktober des Jahres 1945 fällt und die geltend gemachten, in das Jahr 1946 fallenden Tatsachen somit in keinem Zusammenhang zu den Widerhandlungen des Gesuchstellers stehen. Ganz abgesehen davon ist übrigens Vial gar nicht wegen Verkaufs von rationierten Lebensmitteln ohne Ausweise, sondern wegen des unerlaubten Kaufs von solchen

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verurteilt worden. Die finanziellen Verhältnisse des Gesuchstellers haben sich seit dem Urteil eher verbessert und sind als gut zu bezeichnen. Unter diesen Umständen beantragen wir mit dem Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Abweisung des Gesuches.

96. Alexander T r u f f e r , verurteilt am 29. November 1946 vorn kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgericht, in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils, zu 7 Tagen Gefängnis, zu einer Busse von Fr. 100 und zur Ablieferung des widerrechtlich erzielten Gewinnes von Fr. 200 an den Bund. Es wurde ferner der Eintrag in die Strafregister verfügt. Traffer hat im März 1944 unter verschiedenen Malen insgesamt 166 Karten zu 50 Mahlzeitencoupons gekauft und davon 146 mit Gewinn wieder verkauft.

Ehi Eechtsanwalt ersucht für den Verurteilten um Erlass der Gefängnisstrafe, wozu geltend gemacht wird, das Urteil sei viel zu hart, insbesondere auch im Vergleich zu den in andern Fällen ausgesprochenen Strafen.

Das kriegswirtschaftliche Straf appellationsgericht hat die aus Gewinnsucht begangenen Widerhandlungen als schwer bezeichnet und der Auffassung Ausdruck verliehen, der Gesuchsteller habe sich zweifellos davon Eechenschaft gegeben, dass eine derart grosse Zahl von Mahlzeitenkarten nur auf Grund einer strafbaren Handlung hätte auf den Markt gelangen können. An den Feststellungen des Gerichts mues hier festgehalten werden. Da für eine allfällige Begnadigung nur Tatsachen erheblich sind, die sich auf eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse des Gesuchstellers seit dem Urteil beziehen, derartige Gründe jedoch nicht geltend gemacht werden und wohl auch nicht bestehen, beantragen wir die Gesuchsabweisung.

97. Alfred Laverrière, verurteilt am 29. November 1946 vom kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgericht in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils zu 7 Tagen Gefängnis und zu Fr. 100 Busse. Ferner wurde die Einziehung eines, den Gegenwert des widerrechtlich erzielten Gewinnes darstellenden Betrages von Fr. 280 konfisziert und der Eintrag in die Strafregister angeordnet. Laverrière hat im Laufe des Monats März 1944 rund 8000 Mahlzeiteneoupons gekauft und zum Teil mit einem Gewinn wieder verkauft.

Durch einen Eechtsanwalt ersucht der Verurteilte um Erlass der Freiheitsstrafe, wozu er die vom Gericht ausgesprochene
Strafe im Vergleich zu andern Urteilen als zu hart bezeichnet und geltend macht, er habe angesichts seiner durch die Verurteilung mitgenommenen Gesundheit seinen eigenen Betrieb aufgeben müssen und würde beim Vollzug der Freiheitsstrafe seine gegenwärtige Stelle verlieren.

Der Gesuchsteller macht hier die gleichen Gründe geltend, die er bereits vor der Berufungsinstanz angebracht hat und die von dieser geprüft und zurückgewiesen worden sind. Eine Überprüfung des Urteils im Begnadigungsweg ist aber nicht angängig. Es sei deshalb nur festgestellt, dass die Aufgabe des eigenen Betriebes durch den Gesuchsteller schon vor dem erstinstanzlichen Urteil erfolgt ist und seine Angaben somit irreführend sind. Er wäre zudem als

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Ausländer zu besonders sorgfältiger Einhaltung der Eationierungsvorschriften des Gastlandes gehalten gewesen. Da somit ein eigentlicher Beguadigungsgrund fehlt, beantragen wir mit dem Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweismig.

98. Alois Trinkler, verurteilt am 19. Oktober 1946 vom kriegswirtschaft-.

liehen Strafappellationsgericht, unter Herabsetzung der erstinstanzlich verhängten Freiheitsstrafe auf die Hälfte, zu 10 Tagen Gefängnis und zu einer Busse von Fr. 3000. Es wurden der Strafregistereintrag und die Veröffentlichung des Urteils verfügt. Im Eevisionsverfahren wurden am 3. Februar 1947 vorn kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgericht alle Begehren abgewiesen.

Trinkler hat im Laufe der Jahre 1941 und 1942 7 Stück Grossvieh, 16 Kälber und 8 Sehweine schwarz geschlachtet, die Schlacht- und ViehhandelskontroUe nicht bzw. nicht richtig geführt und Fleisch ohne Entgegennahme von Rationierungsausweisen abgegeben. Im Mai 1945 hat er zudem in seiner kollektiven .Haushaltung an einem fleischlosen Tag Fleischgerichte abgegeben und sich geweigert, über im Zusammenhang 'mit der Rationierung stehende Tatsachen Auskunft zu erteilen.

- Für den Verurteilten stellt dessen Verteidiger das Gesuch um Erlass der Gefängnisstrafe, allenfalls um Gewährung des bedingten Strafvollzuges. Es .wird vor.allein am Urteil des kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgerichtes Kritik geübt, welches in einem bestimmten Punkt sogar als «überaus aktenwidrig» bezeichnet wird. In einem späteren Schreiben wird ferner auf den schlechten Gesundheitszustand des Gesuchstellers hingewiesen.

Im Begnadigungsweg kann das Urteil nicht überprüft werden. Die Feststellungen des Gerichts, dass in subjektiver und objektiver Hinsicht schwere Widerhandlungen vorliegen, dass der Gesuchsteller nicht nnr durch krasses Leugner! die Durchführung des Strafverfahrens erschwert, sondern .trotz Eröffnung der Strafuntersuchung eine weitere kriegswirtschaftliche Widerhandlung begangen habe und zudem einen kriegswirtschaftliehen Kontrollbeamten bedrohte, sind deshalb als verbindlich zu betrachten. Ebenso ist, die Frage der Strafzumessung hier nicht zu erörtern.

Hinsichtlich des Gesundheitszustandes des Gesuchstellers erklärt der behandelnde Arzt tatsächlich jede Haft als schwere Belastung. Nun ist aber
Krankheit, auch wenn vorübergehende oder dauernde Hafterstehungsunfähigkeit vorhegen sollte, nicht unbedingt ein Begnadigungsgrund, indem diese Tatsache allenfalls auch in anderer Weise berücksichtigt werden kann. So ist die Vollzugsbehörde ohnehin gehalten, allfälliger Krankheit Eechnung zu tragen. Wird tatsächlich Hafterstehungsunfähigkeit nachgewiesen, so kann der Vollzug wenn nötig, auf längere, ja sogar auf unbestimmte Zeit hinausgeschoben werden.

Diese Möglichkeit besteht auch im vorliegenden Fall, so dass wir, auch im Hinblick darauf, dass Trinkler angesichts der vom Gericht gemachten Feststellungen und seiner verschiedenen kriegswirtschaftlichen Vorstrafen wenig begnadigungswürdig erscheint, die Abweisung des Gesuches b e a n t r a g e n .

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99. Casimiro Rezzoïiico, vorurteilt am 21. Januar 1947 vom 7. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu 10 Tagen Gefängnis und zu einer Busse von Fr. 1000. Es wurden ebenfalls der Strafregistereintrag und die Urteilsveröffcntlichurig verfügt. Eezzonico hat im Jahre 1945 17 Kälber schwarz geschlachtet und das einer Fleischmenge von 16 Kälbern entsprechende Fleisch ohne BatioDÎarungsausweise verkauft. Zudem hat er 16 Kalbfelle ihrer bestimmungsgemässen Verwendung entzogen, Der Verurteilte ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe und um Herabsetzung von Busse und Spruchgehühr, allenfalls um Gewährung des bedingten Strafvollzuges, wozu er Kritik an der rechtlichen und tatbeständlichen Würdigung des Straffalles übt.. Er hätte nicht aus Gewinnsucht gehandelt, seine Schlachtgewichtszuteilung sei ungenügend gewesen, und er sei noch nie zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden. Ferner leide er an Zuckerkrankheit, und seine bescheidene finanzielle Lage rechtfertige einen Teilerlass von Busse und Spruchgebühr.

Soweit die Kritik am Urteil zum Gegenstand der Gesuchsbegründung gemacht wurde, kann darauf nicht eingetreten werden. Ferner hat, sich ge/eigt, dass sich die finanzielle Lage des Gesuchstellers seit dem Urteil jedenfalls nicht verschlechtert hat. Auch die Tatsache des angegriffenen Gesundheitszustandes bildet keinen zwingenden Begnadigungsgrund. Die Vollzugsbehörde wird die Frage der Hafterstehungsfähigkeit gründlich überprüfen und den Strafantritt entsprechend ansetzen. Ärztlicher Beistand und die nötige Pflege stehen dem Gesuchsteller nötigenfalls auch während der Strafverbüssung mir Verfügung.

Angesichts seiner kriegswirtschaftlichen Vorstrafen -und der Feststellung des Gerichts, wonach die dem Gesuchsteller entgegengebrachte Milde ihn nicht abgehalten habe, weiterhin zu delinquieren, und zwar gerade zu einer Zeit, da er wegen früher begangener Widerhandlungen vor dem Bichter stand, ist Eezzonico überhaupt eines Entgegenkommens unwürdig. Wie b e a n t r a g e n deshalb mit dem Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdeparternentes die Gesuchsabweisung.

100. Paolo Fiori, verurteilt am 3. August 1946 vom. 7. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu 15 Tagen Gefängnis und zu einer Busse von Fr. 1500Gleichzeitig wurde der Stiafregistereintrag und die Urteilsveröffentlichung verfügt. Gegen
dieses Urteil ist innert nützlicher Frist nicht appelliert worden.

Dagegen wurde ein Wiedereinsetzungsgesuch eingereicht, das vom kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgerieht am 2. November 1946 abgewiesen worden ist.

Der Verurteilte hat vom September 1944 bis Februar 1945 zu übersetzten Preisen und ohne Eintragung in die Schlachtkontrolle 1% Stück Grossvieh, 8 Schweine und l Kalb von einem Mitbeschuldigten, der diese Tiere schwarz geschlachtet hatte, gekauft.

Für Fiori stellt dessen Verteidiger das Gesuch um Erlass der Gefängnisstrafe, allenfalls um Gewährung des bedingten Strafvollzuges. Zur Begründung

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führt er vor allem Tatsachen an, die den Tatbestand und die Strafzumessung betreffen, und erklärt, es sei von einer Appellation Abstand genommen worden, weil mit einer Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils unter Kostenrolge hätte gerechnet worden müssen. Ferner weist er auf den grossen moralischen und finanziellen Schaden hin, den Fiori erleide und der iu keinem Verhältnis zu den begangenen Widerhandlungen stehe. Fjndlich lasse der Gesundheitszustand des Verurteilten zu wünschen übrig.

Soweit sich das Gesuch auf den dem Urteil zugrunde liegenden Tatbestand oder auf die Strafzumessung stützt, kann darauf hier nicht eingetreten werden.

Ebenfalls ist nicht zu untersuchen, warum gegen das Urteil nicht appelliert worden ist. Der geltend gemachte moralische und finanzielle Schaden, der dem Gesuchsteller entstehen solle, könnte ein Entgegenkommen nur rechtfertigen, wenn sich die Verhältnisse seit dem Urteil zu seinen Ungunsten wesentlich verändert hätten: dies ist nicht der Fall. Ebensowenig bildet sein Gesundheitszustand ein Hindernis für den Vollzug der Freiheitsstrafe, da Hafterstehungsunfähigkeit nicht behauptet wird und auch nicht besteht. Ärztlicher Beistand steht Fiori, wenn erforderlich, auch während der Strafverbüssung zur Verfügung. Im Hinblick auf die zahlreichen kriegswirtschaftlichen Vorstrafen erscheint er im übrigen überhaupt nicht als begnadigungswürdig.

Wie beantragen mit dem Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung.

101. Simon Arnold, verurteilt am 29. September 1945 vom 1. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu 20 Tagen Gefängnis, unter Anrechnung von 13 Tagen ausgestandener Untersuchungshaft und Gewährung des bedingten Strafvollzuges für die restlichen 7 Tage, zu einer Busse von Fr. 500 und zur Ablieferung des unrechtmässig erlangten Vermögensvorteils im Betrage von Fr. 500 an den Bund. Ferner wurde der Strafregistereintrag und die Urteilsveröffentlichung verfügt. Arnold hat durch Falschrapportierungen ca. 2000 kg Butter und 815 kg Käse der regulären Marktversorgung entzogen, diese Ware ohne Bationierungsausweise und zum Teil zu übersetzten Preisen abgegeben lind endlich 180 kg Hafer und 1080 kg Heu widerrechtlich verkauft.

Der Verurteilte, der an die Busse bereits 350 Franken bezahlt hat, ersucht um' Erlass von Eestbusse,
Verfahrenskosten und der Ablieferung des widerrechtlichen Gewinnes unter Hinweis auf seine äusserst schlechte finanzielle Lage und seine grossen Unterhalts- und Unterstützungspflichten.

Die bescheidenen Verhältnisse des Gesuchstellers waren bereits dem Bichter bekannt, sie haben sich jedoch inzwischen wesentlich verschlechtert.

Nicht nur hat sich seine Frau wegen Tuberkulose operieren lassen müssen und bedarf immer noch der Schonung, sondern Arnold ist inzwischen selbst von der gleichen Krankheit erfasst worden und ans Bett gebunden. Neben seinen zwei eigenen Kindern soll er auch noch seine ebenfalls leidende Mutter und einen Teil seiner minderjährigen Geschwister unterstützen, von denen eine Schwester ebenfalls an Tuberkulose leidet. Die finanziellen Verhältnisse des Gesuch-

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stellers, die bereits das Gericht zur Ausfüllung einer besonders kleinen Busse veranlassten, haben sich somit seither noch bedeutend verschlechtert. Ein Entgegenkommen in bezug auf die Busse erscheint deshalb als gerechtfertigt.

In Berücksichtigung aller Umstände beantragen wir den Erlass der Bestbusse.

Die Verfahrenskosten und die Verpflichtung zur Ablieferung des widerrechtlichen Gewinnes sind keine Strafen und können deshalb im Begnadigungsweg nicht aufgehoben weiden. Das Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes wird prüfen, wieweit Arnold diesbezüglich entgegengekommen werden kann.

102. Emil Leumann, verurteilt am 12. September 1946 vom 1. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu 20 Tagen Gefängnis, zu einer Busse von Fr. 4000 und zur Ablieferung des unrechtmässig erworbenen Vermögensvorteils im Betrage von Fr. 710.50 an den Bund. Es wurden der Strafregistereintrag und die Veröffentlichung des Urteils verfügt. Lehmann hat vom Monat Mai 1942 bis April 1945 26 988 kg Milch, 500 kg Butter und ca. 2100 kg Käse nicht in die vorgeschriebenen Kontrollen eingetragen und diese Butter- und Kasemengen sowie 4 Liter Bahm ohne Rationierungsausweise und zum Teil unter Überschreitung der Höchstpreise abgegeben.

Durch einen Rechtsvertreter ersucht der Verurteilte um Erlass der Gefängnisstrafe, allenfalls um Gewährung des bedingten Strafvollzuges, wozu vor allem die Feststellungen des Gerichtes und die Strafzumessung einer Kritik unterzogen werden. Sodann wird geltend gemacht, das Vorleben des Lehmann sei makellos; müsse dieser die Freiheitsstrafe verbüssen, so werde er in den Augen seiner Mitbürger zu einem Zuchthäusler gestempelt.

Kritik am Urteil kann im Begnadigungsweg nicht berücksichtigt werden ; diese hätte im Berufungsweg angebracht werden müssen. Der sonst gute Leumund bildet für sich allein keinen Begnadigungsgrund, sondern dient nur zur Feststellung, ob der Gesuchsteller eines Entgegenkommens gegebenenfalls überhaupt würdig wäre. Hinsichtlich der Verbüssung der Freiheitsstrafe sind im vorliegenden Fall keine Folgen zu erwarten, die nicht normalerweise mit jeder Strafhaft verbunden wären. Da Lehmann wegen gleicher Widerhandlungen im November 1948 bereits zu einer Busse von Fr. 1500 verurteilt worden ist, musste er sich der Folgen seiner erneuten Widerhandlungen bewusst
sein, und es kann ihm, da keine zwingenden Begnadigungsgründe vorliegen, die mit der Verbüssung jeder Freiheitsstrafe verbundene Ehrenminderung nicht abgenommen werden.

Wir beantragen mit dem Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung.

103. Franz Zimmermann, verurteilt am S.März 1946 vom kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgerioht, in Milderung des erstinstanzlichen Urteils, zu 8 Wochen Gefängnis und zu einer Busse von Fr. 3000. Es wurden der Strafregistereintrag und die Urteilsveröffentlichung verfügt. Zimmermann hat Bundesblatt.

99. Jahrg.

Bd. III.

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2 Stück Grossvieh, über 35 Kälber und-15 Schweine schwarz geschlachtet, Gewichtsdrückungen im Ausmass von rund 1000 kg vorgenommen, Fleisch ohne Bationierungsausweise abgegeben und während 2 Monaten die Schlachtgewichtszuteilung überschritten.

Der Verurteilte ersucht um bedingten Erlass der Gefängnisstrafe und Herabsetzung der Busse auf Fr. 500, wozu er auf seine vielen Aktivdiensttago verweist und geltend macht, die gesetzlich geforderten Kontrollen seien ausschliesslich von seiner Ehefrau geführt worden, er habe sich damit nicht befasst. Er habe auch keinen widerrechtlichen Gewinn erzielt. Sein Geschäft sei durch den Krieg stark in Mitleidenschaft gezogen worden, und während der Strafverbüssung würde der Betrieb ganz der Ehefrau zur Last fallen, da er keinen Angestellten habe.

Die gleiche Begründung lag bereits der Appellationsschrift des Zimmermann zugrunde. Das Gericht hat diesen Einwänden durch Herabsetzen der Freiheitsstrafe von l Monat auf 8. Wochen und der Busse von Fr. 5000 auf Fr. 3000 in sehr weitgehendem Masse Kechnung getragen. Den bedingten Strafvollzug hat es jedoch verweigert, da beim Gesuchsteller keine Notlage bestanden habe und weil diesem angesichts seiner kriegswirtschaftlichen Vorstrafen die nötige Einsicht fehle. Der Gesuchsteller bringt somit nichts vor, was dem Gericht nicht schon bekannt gewesen wäre und was zu einer Begnadigung fuhren könnte.

Auch .seine finanzielle Lage hat sich nicht verschlechtert, sondern verbessert.

Seine zahlreichen kriegswirtschaftlichen Vorstrafen lassen ihn zudem eines besonderen Entgegenkommens ohnehin als unwürdig erscheinen. Unter diesen Umständen beantragen wir mit dem. Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement es die Abweisung des Gesuches.

104. Edouard Würsten, verurteilt am 1. November 1946 vom 3. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu l Monat Gefängnis, unter Anrechnung der ausgestandenen Untersuchungshaft von 8 Tagen, und zu einer Busse von Fr. 1200.

Es wurde ferner der Eintrag des Urteils in die Strafregister verfügt.

Würsten hat sich von Ende 1942 bis zum Oktober 1944 als Angestellter des Bationierungsbureaus in Genf zusammen mit einem Dritten ca. 240 Lebensmittelkarten angeeignet und diese unter Erzielung eines widerrechtlichen Gewinnes verkauft.

Der Verurteilte ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe,
wozu er geltend, macht, er sei an seinem gegenwärtigen Arbeitsplatz unabkömmlich. Müsste er seine Strafe verbüssen, so würde er nicht nur seine Stelle verlieren und mit seiner Frau und seinem Kinde der öffentlichen Hand zur Last fallen, sondern es müsste auch seinem Arbeitgeber, einem internationalen Hilfswerk, schwerer Schaden entstehen.

Das Gericht hat die Verfehlungen des Gesuchstellers als ausserorderitlich schwer und die nach weitgehender Berücksichtigung aller Milderungsgründe festgesetzte Gefängnisstrafe im Hinblick auf sein verschlagenes Vorgehen als sehr milde bezeichnet.

475 Der Arbeitgeber bestätigt, dass der Gesuchsteller nur schwer abkömmlich sei, und erklärt zu bedauern, wenn Würsten entlassen werden müsste, ohne dass aber die Entlassung definitiv in Aussicht gestellt wird. Der Gesuchsteller ist als Buchhalter und Hilf »kassier tätig. "Wenn er tatsächlich, wie behauptet wird, derart unersetzlich ist, so wird auf seine Dienste auch bei seiner Abwesenheit von einem Monat nicht verzichtet werden. Würde er plötzlich krank, so müsste sich der Arbeitgeber notgedrungen auch einzurichten suchen. Zu diesem Z wecke hat übrigens die Vollzugsbehörde dem Gesuchsteller hinsichtlich der Ansetzung des Strafantritts bereits grosses Entgegenkommen gezeigt. Die Einkommensverhältnisse des Würsten sind nicht schlecht. Wenn er auch kein Vermögen besitzt, so dürfte doch die Familie durch die Verbüssung der Strafe nicht in Not geraten, wie dies geltend gemacht wird. Eine besondere, vom Eichter ungewollte Härte liegt somit nicht vor, sondern es handelt sich nur um die mit der Verbüssung jeder Freiheitsstrafe verbundenen Nebenfolgen.

Wir beantragen deshalb mit dem Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung, 105. Werner Mattmann, verurteilt am 22. November 1946 vom kriegswirtschaftlichen Straf appella tionsgericht, in Bestätigung des crstinstanzlichen Urteils, zu 7 Wochen Gefängnis und zu einer Busse von Fr. 8000. Es wurden der Strafrcgistereintrag und die Urteilspublikation verfügt. Mattmann hat vom 1. März 1942 bis zum 31. März 1944 7 Stück Grossvieh, rund 50 Kälber und 9 Schweine schwarz geschlachtet, Schlachtgewichtsdrückungen im Umfang von 2572 kg begangen und die Fettausbeute zu niedrig angegeben. Durch Abgabe von Fleisch ohne Eationierungsausweise hat er ca. 7000 kg Fleisch der allgemeinen Eatioiiierungsordnung entzogen und endlich 2 Grossviehhäute und 20 Kalbfelle verbrüht und verwurstet und der natürlichen Verwendung entzogen.

Ein Bechtsanwalt ersucht für den Verurteilten um Erlass der Gefängnisstrafe, wozu vor allem Einwände gegen die Nichtgewährung des bedingten Strafvollzuges erhoben und auf den sehwachen Gesundheitszustand Mattmanns hingewiesen wird. Ein Schreiben des Gemeinderates von Eoot, der sich für den Gemeindebürger Mattmann mit grossem Aufwand einsetzt, wird als integrierender Bestandteil des Gesuches erklärt. Darin
wird insbesondere darauf verwiesen, die lange Abwesenheit des Mattmann von seinem Geschäft müsste im Hinblick auf seine stark gespannte Finanzlage voraussichtlich zum Verkauf des Geschäftes führen. Die Vernichtung der Existenz dieses Mitbürgers müsse verhütet werden.

Eine Begnadigung könnte nur in Frage kommen, wenn der Vollzug des Urteils für den Gesuchsteller eine unzumutbare, vom Gericht nicht vorausgesehene und nicht gewollte Härte darstellen würde. Dies trifft jedenfalls weder hinsichtlich des ins Feld geführten Gesundheitszustandes, noch für die angeblich gespannte Finanzlage zu. Wenn auch seine Konstitution schwach sein mag, so ist er doch hafterstehungsfähig. Allen vom Arzt angeführten Krankheitserscheinungen und der von ihm als unerlässlich bezeichneten Behandlungs-

476 weise kann auch während der Strafverbüssung Eechnung getragen werden.

Die finanziellen Verhältnisse erseheinen nach den Angaben der Gemeindebehörde als gesichert. Von einer gespannten Finanzlage kann bei den Einkommensund Vermögensverhältnissen des Gesuchstellers keine Eede sein. Was die Befürchtung betrifft, die lange Abwesenheit vom Geschäft werde eine nicht wieder gutzumachende finanzielle Schädigung nach sich ziehen, so kann dieses Vorbringen nicht als stichhaltig anerkannt werden. Bei gutem Willen wird der Gesuchsteller, wie dies auch boi andern zu Freiheitsstrafen verurteilten Metzgern möglich ist, eine Stellvertretung finden können. Die Vollzugsbehörde wird ihm mit der Festsetzung des Strafantritts weitgehend entgegenkommen. Im übrigen bringt die Verbüssung einer Freiheitsstrafe für jeden Erwerbstätigen unabänderlich eine gewisse finanzielle Einbusso mit sich. Diese stellt sich für Mattmann nicht als unzumutbar dar. Da somit zwingende Begnadigungsgründe nicht vorliegen, beantragen wir mit dem Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung.

106. Jean Wälti, verurteilt am 26. Oktober 1946 vom kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgericht in teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Urteils zu 8 Monaten Gefängnis, unter Abzug von 5 Tagen ausgestandener Untersuchungshaft, und zu einer Busse von Fr. 20 000. Gleichzeitig wurde die Veröffentlichung des Urteils und dessen Eintrag in die Strafregister verfügt.

Wälti hat in den Jahren 1942 und 1948 7 Stück Grossvieh, 95 Kälber und 60 Schweine schwarz geschlachtet, 15--16 Tonnen Fleisch ohne Eationierungsausweise verkauft, 400 kg Fleisch sowie aus Notschlachtungen stammende 19 Stück Grossvieh, 20 Kälber und 8 Schweine übernommen, ohne sie in die Schlachtkontrolle einzutragen.

Durch seine Bechtsvertreter ersucht der Verurteilte um Erlass dor Gefängnisstrafe und Herabsetzung der Busse. Von den im Gesuch angeführten Gründen könnte einzig der Hinweis auf die finanzielle Lage des Gosuchstellers und seinen angegriffenen Gesundheitszustand ein Entgegenkommen rechtfertigen, sofern nämlich der Vollzug der Strafe für ihn eine besondere, vom Gericht nicht gewollte Härte darstellen würde. Dies trifft jedenfalls in finanzieller Hinsicht nicht zu. Bezüglich des Gesundheitszustandes haben sich zwar zwei Ärzte
dahingehend ausgesprochen, durch die Strafverbüssung könnte sein Gesundheitszustand sich für dauernd verschlechtern. Nun bildet aber die Gesundheit an sich überhaupt keinen zwingenden Begnadigungsgrund, da es ohnehin Sache der Straf Vollzugs behör de ist, in jedem Fall zu überprüfen, ob der Verurteilte straferstehungsfähig ist. Sie kann je nach dem Befund den Vollzug, wenn erforderlich, auf unbestimmte Zeit hinausschieben oder die Strafverbüssung unter ärztlicher Kontrolle anordnen. Es sind somit alle Sicherungen in bezug auf die korrekte Durchführung des Strafvollzuges gegeben.

Die finanzielle Lage ist nach wie vor gut.

Die Tatsache allein, dass sowohl die Freiheitsstrafe wie auch die Busse schwer auf dem Gesüchsteller lastete, ist kein Anlass zu besonderer Milde,

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Angesichts der Schwere seiner Widerhandlungen, die den widerrechtlichen Umsatz von 87 000 kg Fleisch umfassen, ist die vom kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgericht gegenüber dem erstinstanzlichen Urteil bereits herabgesetzte Strafe keineswegs zu schwer, und die aus der Handlungsweise des Gesuchstellers sprechende Gesinnung vorbietet jedes Entgegenkommen. Wir beantragen deshalb die Gesuchsabweisung.

107. Albert Strahin, verurteilt am 25. Oktober 1946 vom kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgericht, unter Herabsetzung der erstinstanzlich ausgesprochenen Gefängnisstrafe, zu vier Monaton Gefängnis, abzüglich 20 Tage ausgestandener Untersuchungshaft, und zu einer Busse von Fr. 6000. Gleichzeitig wurden der Strafregistereintrag und die Urteilsveröffentlichung verfügt. Ferner wurde der Erlös von Fr. 1075.50 aus don beim Verurteilten beschlagnahmten Fleischwaren eingezogen. Strahm hat vom Jahre 1943 bis Januar 1945 34 Stück Grossvieh, 6 Kälber und 30 Schweine schwarz geschlachtet, seit April 1943 keine Schlachtkontrolle geführt, während vieler Monate die Schlachtgewichts.

Zuteilung überschritten, Fleisch und Fett ohne Bationierungsausweise abgegeben, Fleisch- und Fettrationierungsausweise ohne Lieferung der entsprechenden Waren entgegengenommen und endlich ohne Patent und unter Umgehung der Annahmekommission Viehhandel getrieben.

Der Verurteilte ersucht um Begnadigung, ohne dabei einen bestimmten Antrag zu stellen. Er begründet sein Gesuch vor allem mit Hinweisen, die sich auf die Schuldfrage beziehen, und erklärt, das Strafvorfahren habe ihm schweren Schaden zugefügt und die Konfiskation des Verwertungserlöses treffe ihn hart.

Auf die Schuldfrage kann im Begnadigungsweg nicht eingetreten werden.

Die finanziellen Verhältnisse haben sich seit dem Urteil nicht verschlechtert.

Strahm ist zudem angesichts seiner zahlreichen gemeinrechtlichen und kriegswirtschaftlichen Vorstrafen begnadigungsunwürdig.

Wir beantragen mit dem Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftedepartementes die Gesuchsabweisung.

108. Hans Schneider, 1904, Schuhhändler, Bern.

(Kosten der Lebenshaltung und Schutz der regulären Marktversorgung).

108. Hans Schneider, verurteilt am 7. Dezember 1946 vom kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgericht, in weitgehender Milderung des erstinstanzlichen Urteils, zu einer Gefängnisstrafe von zwei Monaten, zu einer Busse von Fr. 20 000 und zur Bezahlung des unrechtmässig erworbenen Vermögensvorteils von Fr. 59 790.78 an den Bund. Ferner wurde die Publikation des Urteils und dessen Eintrag in die Strafregister verfügt, Bankguthaben von rund Fr. 51 500 als dem Staat verfallen erklärt und Guthaben für Schuhlieferungen im Betrage von rund Fr. 134 000 eingezogen. Schneider hat der

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Commission mixte de secours de la Croix-Bouge internationale sowie dem Auslandschweizer-Komitee der Polizeiabteilung des eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes in der Zeit von Ende Oktober 1943 bis Ende Mai 1944 118007 größtenteils unraodisch gewordener Paar Schuhen zu. übersetzten Preisen verkauft, wobei ein unrechtmässiger Verrnögensvorteil von mindestens Fr. 245 689.81 bezweckt worden war. Zufolge verfügter Beschlagnahme war der Verurteilte zur Zeit der Urteilsfällung nur noch um den Betrag von Fr. 59 790.78 bereichert. Er hat ferner 14 Paar Schuhe ohne Bationierungsausweise abgegeben.

Ein gegen dieses Urteil eingereichtes Bevisionsgesuch wurde am 17. Oktober 1947 durch das kriegswirtschaftliche Strafappellationsgoricht abgewiesen und die Sistierung des Vollzuges aufgehoben ; das Urteil ist somit vollstreckbar geworden.

Ein Bechtsanwalt ersucht für den Verurteilten um Gewährung des bedingten Strafvollzuges für die Gefängnisstrafe, um Herabsetzung der Busse auf die Hälfte, um Neufestsetzung der Spesen und Entschädigungen und um Verzicht auf die Urteüspublikation. In der Begründung des Gesuches werden fast ausschliesslich die bereits vor den Gerichten geltend gemachten und von diesen gründlich geprüften und zum Teil weitgehend berücksichtigten Argumente wiederholt und Kritik am Urteil geübt. Ferner wird erklärt, dieses vernichte die Existenz Schneiders gänzlich, indem sich die Lieferanten geweigert hätten, ihn weiterhin zu beliefern, wenn er die Freiheitsstrafe verbüssen müsse. Die Busse sei, bei Berücksichtigung des noch abzuliefernden widerrechtlichen Gewinnes, der Verfahrenskosten und der dem Verurteilten sonst noch entstandenen grossen Auslagen schlechterdings untragbar.

Im Begnadigungsweg können nur Strafen gemildert, nicht aber die vom 'Gericht angeordneten Massnahmen aufgehoben oder die Verfahrenskosten erlassen werden. Soweit sich das Gesuch somit nicht auf die Gefängnisstrafe und die Busse bezieht, kann darauf nicht eingetreten werden. Keine Berücksichtigung können zudem alle jene Vorbringen finden, die bereits vor den Gerichten geltend gemacht worden sind oder die eine Kritik am Urteil enthalten. Aber auch die angeführten persönlichen Gründe können eine Begnadigung nicht rechtfertigen. Was die vom Gesuchsteller behauptete, im übrigen nicht näher belegte Weigerung der
Schuhfabriken auf Weiterbeheferung anbetrifft, so liegt darin kein Begnadigungsgrund. Diese Massnahme ist eine Folge seiner rechtskräftig festgestellten straf baren Handlungen, mit der er bereits im Zeitpunkt der Tatbegehung hat rechnen müssen. Die sich für ihn aus dem Urteil ergehenden finanziellen Verpflichtungen sind sicher schwer, was jedoch ein Entgegenkommen ebenfalls nicht zu begründen vermag. Das Gericht hat die Busse in voller Kenntnis der Verhältnisse Schneiders, die sich inzwischen nicht verändert haben, festgesetzt. Schneider hat sich übrigens bisher überhaupt noch nicht uin dio Tilgung seiner Verpflichtungen gekümmert, sondern hat, bevor noch die schriftliche Ausfertigung des Bevisionsentscheides vorlag, ein Begnadigungsgesuch eingereicht. Zudem ist die Gesinnung des Gesuchstellers, die er durch seine Handlungsweise an den Tag gelegt hat,

479 ausserordentlich verwerflich. Das kriegswirtschaftliche Straf appella tionsgericht hat festgestellt, das Vorgehen Schneiders, der keine Bedenken gehabt habe, den Wohltätigkeitscharakter der Aktion zu seinem eigenen Vorteil auszubeuten und damit den Eotkreuzgedanken und das Ansehen der Schweiz auf diesem Gebiet zu schädigen, weise auf eine starke Skruppellosigkeit hin; das Motiv des Verurteilten könne nur. in einer ausgeprägten und rücksichtslos verfolgten Gewinnsucht liegen. Dieso auf eingehender Kenntnis des Falles und der Persönlichkeit des Gesuchstellers beruhenden Feststellungen des Gerichtes lassen Schneider überhaupt eines Gnadenaktes als unwürdig erscheinen. In Würdigung aller Umstände beantragen wir entschieden die.Gesuchsabweisung.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 6, November 1947.

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Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Etter.

Der Bundeskanzler: Leimgruber.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

II. Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche.

(Dezembersession 1947.) (Vom 6. November 1947.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1947

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

45

Cahier Numero Geschäftsnummer

5323

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

13.11.1947

Date Data Seite

449-479

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