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I. Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigunggesuche.

(Junisession.)

(Vom 19. Mai 1947.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, unter Vorlage der Akten über nachstehende 70 Begnadigungsgesuche Bericht zu erstatten und über deren Erledigung Antrag zu stellen.

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Ada Decarli, 1909, Hausfrau, Scareglia (Tessin), Antonio Croci, 1922, Kaufmann, Mendrisio (Tessin), Fernand Fridez, 1902, Gärtner, Boncourt (Bern), Ezio Nessi, 1908, Uhrenmacher, Lugano (Tessin),

5. Jeanne Scheiwiller, 1907, Hausfrau, Zürich, 6. Léon Carnazzi, 1928, Mechaniker, Montier (Bern), 7. Marcel Barbusse, 1920, französischer Staatsangehöriger, Reisevertreter, St-Julien (Frankreich), 8. Charles Lagutaine, 1920, französischer Staatsangehöriger, Landarbeiter, St-Julien, 9. Carlo Morosoli, 1913, Maurer und Gemüsehändler, Cagiallo (Tessin) 10. Isi Herschmann, 1918, polnischer Staatsangehöriger, Eeisevertreter, Genf, U. Placide Tournier, 1918, Landwirt, französischer Staatsangehöriger, Soral (Genf), 12. Bernhard Babey, 1908, Bauvorarbeiter, Grandfontaine (Bern), 18. Achille Ambrosi, 1920, Kaufmann, Brescia (Italien).

14. Danilo Pozza, 1915, Kaufmann, Verona (Italien), 15. Alois Jäggi, 1902, Hilfsarbeiter, früher in Schaffhausen jetzt in Kriens (Luzern), Bundesblatt. 99. Jahrg. Bd. II.

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August König, 1901, Schlosser, Höchst (Vorarlberg), Alphonse Vieux, 1918, Landwirt und Mechaniker, Champery (Wallis), Teobaldo Conza, 1900, Bäcker, Arogno (Tessin), Remi Conza, 1923. Bäcker, Arogno (Tessin), Aurelio Moresi, 1928, Handlanger, Cozzo di Colla (Tessin), Bruno Moresi, 1924. Handlanger, Cozzo di Colla (Tessin).

André Anderset, 1914, Angestellter, Genf, Robert Monnerat, 1919, Chauffeur, Geuf.

Gioconda Beffa, 1879. Hausfrau, Locamo (Tessin), Henri Bratschi, 1921, Fabrikarbeiter, Le Sentier (Waadt), Charles Bratschi, 1923, Fabrikarbeiter, Le Sentier (Waadt), Francis Meylan, 1908, Photograph, Genf, Willi Albarin, 1903, Kaufmann, Pully (Waadt).

Pierre Gaudard, 1918, gewesener Grenzwächter, Genf, Giuseppe Kestenholz, 1918, Kaufmann. Cortivallo (Tessin), Georg Keller, 1919, Hilfsarbeiter, früher in St. Margrethen, jetzt in Burg (Thurgau), Andrea Longhi, 1904, Kaufmann, Monte Olimpino (Italien), Alfred Michel, 1899, Kaufmann, Corseaux (Waadt), Valentine Ravel, 1896, Hausfrau, Genf, Kurt Berler, 1912, österreichischer Emigrant, zurzeit in Lugano.

(Zollvergehen.)

Gemäss Bundesgesetzes v o 1 . l . Oktober 1925 über das Zollwesen sind bestraft worden: 1. Ada Decarli durch Strafverfügung der Zolldirektion Lugano vom 16. August 1946 zu Bussen von Fr. 133.34 und Fr. 150.-- verurteilt, welche auf Beschwerde hin von der eidgenössischen Oberzolldirektion auf Fr. 66,37 bzw. Fr. 100 ermässigt wurden, Frau Decarli bat von italienischen Schmugglern Waren erworben, in der Hauptsache Reis, obschon sie wusste, dass diese Waren unter Umgehung der Zollkontrolle eingeführt worden waren. Als Gegenwert übergab sie Tabakwaren.

Die Gebüsste ersucht um eine weitere Herabsetzung der Bussen aut dem Begnadigungswege, wozu sie missliche wirtschaftliche Verhältnisse geltend macht.

Laut Auskunft der zuständigen Gemeindebehörden lebt die Verurteilte mit ihrer Familie in durchaus geordneten Verhältnissen, so dass kein Kommiserationsgrund vorhanden ist. Unter diesen Umständen beantragen wir mit der eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

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2. Antonio Croci, wie folgt verurteilt: am 10. Juli 1945 von der eidgenössischen Oberzolldirektion zu einer Busse von Fr. 228.84, und am 6. September desselben Jahres von der Zolldirektion Lugano zu Bussen von Fr. 28 und Fr. 6, wegen Teilnahme an verschiedenen Ein- und Ausfuhrschmuggelgeschäften.

Am 19. September 1946 wurden alle drei Bussen als uneinbringlich in insgesamt 25 Tage Haft umgewandelt.

Croci ersucht um Bückwandlung der Haftstrafe in die ursprünglichen Bussen und Ermächtigung, die entsprechenden Beträge in einigen Monatsraten bezahlen zu können.

Die Umwandlung der Busse in Haft ist in Bussensachen die letzte Verfügung des erkennenden Eichters. Die späteren Verfügungen gehören zur Vollstreckung. Dabei ist es eine Frage der Vollstreckung, ob die nachträgliche Zahlung der Busse die Haft, in welche die Busse umgewandelt worden ist, hinfällig macht (BGE 6#,IV/158). Wir sind aus diesem Grunde der Ansicht, dass der Entscheid über die Begehren des Gesuchstellers Sache der zuständigen kantonalen Vollzugsbehörde sein dürfte, und beantragen demgemäss, auf die Eingabe nicht einzutreten, 3. Fernand Fridez durch Strafverfügung der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 26. September 1946 zu zwei Bussen im Gesamtbetrag von Franken 444.80 verurteilt, weil er eine eingeschmuggelte Kanadierjacke erworben und zudem 6 kg synthetische Steine unter Umgehung der Zollvorschriften selbst eingeführt hatte.

Er ersucht um Begnadigung, wozu er versichert, seine finanziellen Verhältnisse ermöglichten es ihm nicht, einen so hohen Betrag aufzubringen. Er müsse für eine zahlreiche Familie aufkommen und habe sich sozusagen aus Not vergangen.

Die Gesuchsangaben sind in der Hauptsache unrichtig. Fridez ist zweifellos in der Lage, die ganze Bussenschuld wenigstens in Baten zu entrichten, wie das Zollamt Pruntrut in seinem Bericht vom 24. Dezember 1946 ausführt.

Angesichts des offensichtlich schlechten Zahlungswillens des Gesuchstellers beantragen wir mit der eidgenössischen Oberzolldirektion Abweisung, 4. Ezio Nessi, durch Straf Verfügung der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 3. Januar 1947 zu einer Busse von Fr. 577.78 verurteilt, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil er Schmuggelgut in Gewahrsam genommen hatte.

Nessi ersucht um teilweisen Erlass der Busse, deren Bezahlung ihm
infolge seiner schwachen wirtschaftlichen Verhältnisse und einer Krankheit zu grosse Mühe macht.

Die eidgenössische Oberzolldirektion kann die Eingabe nicht zur Berücksichtigung empfehlen.

Der Verurteilte hat tatsächlich nur ein sehr geringes Einkommen. Dazu kommt, dass sein Gesundheitszustand zu wünschen übrig lässt, Angesichts dieser Kommiserationsgründe beantragen wir die Herabsetzung der Busse

172 bis zu Fr. 50 and fügen bei, dass dieses weitgehende Entgegenkommen insbesondere auch deshalb gerechtfertigt ist. weil das Verschulden des Gebüssten nicht besonders schwer zu sein scheint.

5. Jeanne Se h ei willer, durch Straf Verfügung der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 20. Dezember 1946 zu einer Busse von Fr. 600 verurteilt, unter Nachlas« eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil sie bei ihrer Einreise unterlassen hatte, einen aus Prankreich eingeführten. neuen Pelzmantel im Werte von über Fr. 2000 zur Verzollung anzumelden.

Für die Gebüsste ersucht deren Ehemann um Begnadigung, wozu er versichert, dass die Einfuhr des Pelzmantels nicht in gewinnsüchtiger Absicht erfolgte.

Da keine stichhaltigen Begnadigungsgründe geltend gemacht werden und solche offenbar auch nicht vorhanden sind, b e a n t r a g e n \vir mit der eidgenössischen Oberzolldirektion ohne weiteres Abweisung.

: 6. Léon C a r n a z z i . durch S traf Verfügung der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 9. August 1.945 211 einer Busse von Fr. 720 verurteilt, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehong, weil er unter seinen · Arbeitskollegen 2010 Heftchen Zigarettenpapier vertrieben hatte, obwohl er wusste. dass die Ware unter Umgehung der Zollkontrolle eingeführt worden war.

Mit Schreiben vom 9. Februar 1946 ersucht Carnazzi, der bis zu diesem Zeitpunkt Fr. 400 in Baten einbezahlt hatte, um Erlass des Bestes, wozu er namentlich seine bescheidenen Verhältnisse als Fabrikat-heiter geltend macht.

Der Verurteilte wurde in der Folge aufgefordert, weitere Ratenzahlungen zu leisten. Er kam dieser Aufforderung nach, so dass heute nur noch Fr. 120 ausstehen. Mit Rücksicht auf den bekundeten Sühnewillen und den Umstand, dass Carnazzi sich anlässlich der Zolluntersuchung in jeder Beziehung korrekt benahm, b e a n t r a g e n wir den Erlass des Bussenrestes.

7. und 8. Marcel B a r b u s s e und Charles L a g u t a i n e , durch Strafverfügung der eidgenössischen OberzoHdirektion vorn 6. Dezember 1946 zu Bussen von Fr. 979.34 und Fr. 881.40 verurteilt, weil sie im Auftrag eines Dritten 141 Flaschen Parfüm widerrechtlich eingeführt hatten. Da ihr Verhalten zugleich auch eine Verletzung des Alkoholmonopols darstellte, wurden sie beide von der eidgenössischen Alkoholverwaltung zu Bussen von je
Fr. 376.14 verurteilt.

Da die erwähnten Bussen nicht erhältlich waren und die Verurteilten als Ausländer keine Sicherheit leisten konnten, wurden die erstem sofort in die entsprechenden Haftstrafen umgewandelt. Der Strafvollzug begann am 28. November 1946. Am 81. Januar 1947 ersuchten die Verurteilten in getrennten Eingaben um Erlass der Reststrafen, wozu sie vor allem geltend machten, dass sie sich einzig aus Not gegen die Zollvorschriften vergriffen hätten.-

173 Da die eidgenössische Alkoholverwaltung gegen einen allfälligen Erlass der Beststrafen keine Einwendungen inachte und die eidgenössische Oberzolldirektion im übrigen feststellte, dass die aus der Umwandlung der Zollbussen sich ergebenden Haftstrafen am 22. bzw. 28. Februar 1947 verbüsst wären, womit die Eingaben in bezug auf die Zollstrafsache gegenstandslos würden, verfügte der Bundesanwalt am 21. Februar die Freilassung der Gesuchsteller.

Angesichts der Stellungnahme der erwähnten Amtsstell.en.be an tragen wir heute den endgültigen Ërlass der verbleibenden Haftstrafen.

9. Carlo Morosoli, durch Strafverfügungen der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 3. Juli 1946 zu Bussen von Fr. 766.67 und Fr. 947.66 verurteilt, weil er zusammen mit einem Dritten wollene Kleidungsstücke, Schaffelle und andere Waren von italienischen Schmugglern erworben und abgesetzt und den genannten Italienern für insgesamt Fr. 860 Zigaretten geliefert hatte. Eine dagegen eingereichte Beschwerde wurde vom eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement am 14. September 1946 abgewiesen.

Morosoli ersuchte in dem Augenblick um Begnadigung, als er von der Zolldirektion Lugano zur Bezahlung der Bussen aufgefordert wurde. Er sei zurzeit ohne Beschäftigung und befinde sich ohnehin in finanzieller Bedrängnis.

Ferner sei er sich keines schuldhaften Tuns bewusst gewesen.

Der Verurteilte hat die ihm vorgeworfenen Schmuggelgeschäfte gewerbsmässig betrieben. Über die Bechtswidrigkeit seiner Handlungsweise war er sich jedenfalls im klaren. Im übrigen stellen wir fest, dass seine persönlichen Verhältnisse nicht derart sind, dass er keine Teilzahlungen leisten und die ihm auferlegte Busse nicht nach und nach aufbringen könnte. Wir beantragen mit der eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

10. Isi Herschmann, durch Strafverfügung der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 21. August 1946 zu einer Busse von Fr; 1147.74 verurteilt, weil er eine grössere Anzahl wollener Kleidungsstücke und Seidenstrüinpfe abgesetzt hatte, von denen er wusste, dass sie aus Italien eingeschmuggelt worden waren. Eine gegen diese Strafverfügung eingereichte Beschwerde wurde vom eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement am 26. September 1946 abgewiesen.

Herschmann ersucht um teilweison Erlass der Busse, deren Betrag er als übersetzt betrachtet,
und macht zu diesem Zwecke geltend, er habe nicht gewusst, dass die in den Handel gebrachten Waren unter Umgehung der Zollvorschriften eingeführt worden waren.

Diese Behauptung steht in vollem Widerspruch mit den Aussagen des Verurteilten während der Untersuchung. Herschmann, der ledig ist, keine Unterstützungspflichten hat und genügende Einkünfte aufweist, hat bis heute noch nichts an die Busse bezahlt. Wir beantragen mit der eidgenössischen Oberzolldirektion Abweisung und verweisen auf die Akten.

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11. Placide T o u r n i e r , durch Strafverfügungen der eidgenössischen ÖberKolldirektion vom 14. März 1946 und des eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes vom 15. desselben Monats zu Bussen von Fr. 890 und Fr. 1656.88 verurteilt, weil er unter Ausnützung der Lage seiner Wohnung in der Nähe der Grenze eingeschmuggelte Waren verschiedener Art und 2686 zum Ausfuhrschmuggel bestimmte Stahluhren entgegengenommen und weitergeleitet hatte.

Beschwerden wurden sowohl vom genannten Departement als auch vom Bundesrat abgewiesen.

Für Tournier ersucht ein Eechtsanwalt um Begnadigung, wozu er in erster Linie die bescheidenen Verhältnisse des Gebüssten geltend macht, der sich keineswegs in gewinnsüchtiger Absicht vergangen habe, sondern einzig im Bestreben, unglücklichen Landsleuten einen Dienst zu erweisen.

Wir beantragen mit der eidgenössischen Oberzolldirektion deshalb Abweisung, weil Tournier -- im Gegensatz zu seinen Mitverurteilten -- bis heute noch nichts bezahlt hat. Gegen einen Zahlungsbefehl der zuständigen Zollbehörde hat er sogar Bechtsvorschlag erhoben und die Verwaltung unnötigerweise zui Eröffnung und Durchführung des Bechtsöifmmgsverfahrens veranlasst. Gegenüber Ausländern, die sich so wenig einsichtig erweisen, wäre eine besondere Nachsicht unangebracht. Zu bemerken ist schliesslich, dass die Gesuchsangaben den tatsächlichen Verhältnissen nicht entsprechen.

12. Bernard Bäbe; 7 , durch Strafverfügung der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 30. Januar 1946 zu einer Busse von Fr. 1125 verurteilt, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil er einen grossangelegten Ausfuhrschmuggel unterstützt hatte, derart, dass er die mit Tabak beladenen Schmuggler zu verschiedenen Malen auf ihm bekannten Schleichwegen bis an die Grenze führte.

Für Babey ersucht ein Bechtsanwalt um Begnadigung, wozu er die Schuldfrage aufwirft und die finanziellen Schwierigkeiten des Verurteilten hervorhebt.

Die eidgenössische Oberzolldirektion ist der Ansicht, dass ein teilweiser Erlass der Busse zurzeit verfrüht sei, da Babey an die Busse noch nichts bezahlt hat.

Der sonst gut beleumdete Gesuchsteller muss für drei noch unmündige Kinder aufkommen. Sein Einkommen ist irn Verhältnis zu den vorhandenen Familienlasten knapp. Es ist ferner zu beachten, dass er sich zu einer Zeit verging,
als er infolge eingetretener Arbeitslosigkeit vom eigentlichen Initianten und Organisator des erwähnten Tabakschmuggels ein Darlehen erhalten hatte.

Es liegt deshalb die Vermutung nahe, dass er von diesem unter Druck gesetzt wurde. Bei dieser Sachlage glauben wir, ihm bis zu einem gewissen Grad entgegenkommen zu müssen, und beantragen Herabsetzung der Busse bis zu Fr. 600.

18. und 14. Achille Ambrosi und Danilo P o z z a , durch Strafverfügungen der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 17. März 1947 zu Bussen von je

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Fr. 1485 verurteilt wegen widerrechtlicher Einfuhr einer grösseren Menge Damenstrürnpfe. Beide Bussen worden als uneinbringlich in je 3 Monate Haft umgewandelt.

Mit Eingabe vom 81. März 1947 ersuchten die Verurteilten um teilweise Begnadigung, wozu sie ihre Pflichten gegenüber ihren Angehörigen und ihren bisher unbescholtenen Leumund geltend machten.

Die Gesuchsteller wurden durch Verfügung des Bundesanwaltes vom 26. April 1947, d.h. nach Verbüssung von zwei Dritteln Haftzeit, wieder auf freien FUSS gesetzt unter ausdrücklichem Vorbehalte des endgültigen Entscheides der Begnadigungsbehörde. Unter Hinweis auf die Akten beantragen wir den Erlass der Beststrafen von je einem Monat Haft.

15. Alois Jäggi, durch Strafverfügung der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 28. Januar 1943 zu einer Busse von Fr. 1608 verurteilt, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, Jäggi war von 1937 bis 1942 bei einer Transportfirma als Speditionsgehilfe tätig. Anlässlich einer im Herbst 1942 eingeleiteten Untersuchung wurde festgestellt, dass er 42 Bettvorlagen vom Zollagerplatz seiner Arbeitgeberin gestohlen und unverzollt abgeführt hatte. Für den Diebstahl wurde er vom Kantonsgericht Schaffhausen zu einer unbedingten Gefängnisstrafe von 8 Monaten verurteilt.

Seine Frau ersucht für ihn um Erlass des noch ausstehenden Bussenrestes von Fr. 498, wozu sie die bescheidenen Verhältnisse der Familie geltend macht und des ferneren ausführt, ihr Ehemann habe sich seinerzeit aus Not vergangen.

Es steht fest, dass Jäggi trotz seines bescheidenen Einkommens den grösseren Teil einer für seine Verhältnisse hohen Busse in regelmässigen Eaten aufgebracht hat. Obwohl sein bisheriges Verhalten in mancher Beziehung zu wünschen übrig lässt, kann nicht von der Hand gewiesen werden, dass er sich in letzter Zeit wesentlich gebessert hat, was verschiedene Berichte der zuständigen Behörden dartun. Wir beantragen mit den Zollbehörden den Erlass der noch unbezahlten Bestbusse, 16. August König, durch Strafverfügung des eidgenössischen Finanzund Zolldepartements vom 18. Dezember 1945 zu einer Busse von Fr. 1500 verurteilt, weil er sich an der widerrechtlichen Einfuhr von 39 Automobilreifen aus Österreich beteiligt hatte.

Er ersucht um Ermässigung der Busse, wozu er auf seine ärmlichen Verhältnisse und die geringen
Verdienstmöghchkeiten im Vorarlberg verweist.

Laut den von den Zollorganen am Wohnort des Gebüssten eingezogenen Erkundigungen sollen die Verhältnisse so sein, wie sie König in seiner Eingabe schildert. Der Verurteilte lebt mit seiner Familie in unverkennbar ärmlichen Verhältnissen. Sein Verdienst als Bauhandlanger ist sehr bescheiden, und auch

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sein Gesundheitszustand lässt zu wünschen übrig. Mit Bücksicht auf diese Tatsachen und die heute immer andauernden ausserordentlichen Umstände in Österreich beantragen wir den gänzlichen Erlass der Busse.

17. Alphonse Vieux, durch Strafverfügung der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 11. September 1945 üu einer Busse von Fr. 2380 verurteilt, welche im Beschwerdeverfahren auf Fr. 1785 herabgesetzt wurde, sowie durch Straf Verfügung des eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes vom 13. September 1945 zu einer solchen von Fr. 1952, weil er grössere Mengen Tabak unter Umgehung der Zollkontrolle ausgeführt und sich an einem Ausfuhrschmuggel von Uhren massgebend beteiligt hatte.

Vieux ersucht um Erlass des noch ausstehenden Bussenbetrages von Fr. 2670.25, wozu er Familienlasten und eine bedrängte finanzielle Lage geltend macht.

Der Verurteilte hat seine Schmuggelgeschäfte gewerbsmässig betrieben.

Er handelte einzig aus Gewinnsucht. Die heute geltend gemachten finanziellen Schwierigkeiten dürfen ohne weiteres bezweifelt werden, wie die zuständige Zollkreisdirektion glaubhaft dartut. Da keine stichhaltigen Begnadigungsgründe nachgewiesen sind, beantragen wir mit der eidgenössischen Oberzondirektion Abweisung.

18. und 19. Teobaldo Coriza und dessen Sohn Eemi Conza, durch Strafverfügungen der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 28. September 1946 zu Bussen von Fr. 1293.34 und Fr. 1940 verurteilt. Die dagegen eingereichten Beschwerden wurden am 7. Dezember 1946 vom eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement abgewiesen.

Teobaldo Conza hat drei grössere Posten Naturseide, die unter Umgehung der Zollvorschriften eingeführt worden waren, in seiner Wohnung in Gewahrsam genommen und verheimlicht. Sein Sohn war beim Absatz dieser Ware behilflich.

Für die Gebüssten ersucht ein Rechtsanwalt um eine wesentliche Herabsetzung der Busse, wozu er darzutun versucht, dass die den Strafverfügungen zugrunde liegenden Verumständungen geringfügiger Natur seien.

Da eigentliche Begnadigungsgründe nicht geltend gemacht werden und solche offenbar auch nicht vorhanden sind, b e a n t r a g e n wir mit der eidgenössischen Oberzolldirektion Abweisung.

20. und 21. Aurelio Moresi und Bruno Moresi, durch Strafverfügungen der eidgenössischen Oberzolldirektiqn vom 31. August 1945 wie folgt verurteilt: der erqte'zü einer
Busse von Fr. 1334.28, sein Bruder zu einer solchen von Fr. 1037.50; ferner wurden beide gleichzeitig zu einer gemeinsamen Busse von Fr. 1446.67 verurteilt.

Die beiden Brüder Bruno und Aurelio Moresi haben im Val di Colla einen schwungvollen. Handel mit Schimiggelware (Eeis, Butter, Fleischwaren,

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Kleidungsstücke und Fahrradbereifungen) betrieben, die sie von italienischen Schmugglern übernommen hatten.

In getrennten Eingaben ersuchen sie um Begnadigung, wozu sie ihre bescheidenen finanziellen Verhältnisse sowie Unterstützungspflichten geltend machen. Bruno Moresi erklärt zudem, dass er krank und deshalb sozusagen arbeitsunfähig sei.

Die Verurteilten haben bis heute nichts bezahlt. Sie gelten an ihrem Wohnort als junge Leute, die sich mit Vorliebe den «einträglicheren» Sehrnuggelund Schwarzhandelsgeschäften widmen, statt einer ernsten und regelmässigen Beschäftigung nachzugehen. Entgegen seiner Behauptung ist Bruno Moresi kerngesund. Wir beantragen mit der eidgenössischen Oberzolldirektion ohne weiteres Abweisung.

22. und 23. André Anderset und Robert M on n er at, durch Straf Verfügungen des eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes vom 26. März Ì946 zu Bussen von Fr. 2420 und Fr. 2723.75 verurteilt. Auf die dagegen eingereichten Beschwerden konnte der Bundesrat wegen Fristversäumnis nicht eintreten. Monnerat hat im Spätherbst 1945 versucht, 99 ihm von Anderset übergebene goldene Chronographen auf dessen Veranlassung über die Grenze zu schmuggeln. Bei der Ausfuhrkontrolle wurden die Uhren im Inlandwerte von Fr. 10 890 sowie etwas Tabakwaren vorgefunden und beschlagnahmt.

Inawischen wurden die ausgesprochenen Bussen bezahlt, so dass die als Zollpfand haftenden Uhren zurückerstattet werden konnten.

Am 26. September 1946 ersuchte ein Rechtsanwalt für die beiden Verurteilten um Erlass der Bussen auf dem Begnadigungswege, wozu er in der Hauptsache die bedrängten Verhältnisse der Verurteilten sowie ihren angegriffenen Gesundheitszustand geltend machte.

Durch die Bezahlung der Bussen erlosch der Strafanspruch des Staates.

Die Strafen müssen als verbüsst betrachtet werden, weshalb wir Nichteintreten beantragen.

24. Gioconda B e f f a , durch Strafverfügung der eidgenössischen Ober/oJldirektion vom 6. Juli 1946 zu einer Busse von Fr. 8406.67 verurteilt, weil sie im Laufe des Jahres 1945 1657 kg eingeschmuggelten .Reis an 70 verschiedene Empfänger in der Schweiz vermittelt und überdies 286 kg auf eigene Rechnung bezogen hatte. Eine hiegegen eingereichte Beschwerde wurde vorn eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement am 28. September 1946 abgewiesen.

Die Verurteilte ersucht unter Hinweis
auf ihre Mittellosigkeit um Begnadigung und fügt bei, sie habe nur ihren Mitmenschen behilflich sein wollen.

Irgendeine Bereicherungsabsicht habe nicht bestanden.

Demgegenüber stellen wir mit den Zollbehörden fest, dass Frau Beffa jedenfalls nicht mittellos ist. Entgegen ihren Behauptungen muss erklärt werden, dass sie den Handel mit widerrechtlich eingeführten Waren gewerbs-

178 mässig betrieben hat, 'Dazu kommt, dass sie sich bis anhin nicht die geringste Mühe gab, wenigstens einen Toi), der Busse aufzubringen, weshalb wir die Gesuchsabweisung beantragen.

25. und 26. Henri Bratschi und Charles B r a t s c h i , durch Strafverfügung der eidgenössischen Oberzolldirektion vom '23, November 1944 zu einer gemeinsamen Busse von Fr. 4975 verurteilt, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unierziehung, weil sie in den Jahren 1948 und 1944 wiederholt Tabak. Schuhwerk und Saccharin au französische Schmuggler abgegeben hatten. Eine dagegen eingereichte Beschwerde wurde vom eidgenössischen Finanz- und Zolldepartemont am 5. Februar 1945 abgewiesen. -- Henri Bratschi wurde zudem am 29, Dezember 1944 zu einer Busse von Fr. 733.84 verurteilt, weil er kurz zuvor aus Frankreich ein Pferd eingeschmuggelt hatte.

An der gemeinsamen Busse ist heute ein Betrag von Fr. 2548.34 ungedeckt, an der gegen Henri Bratschi allein ausgesprochenen Busse ein solcher von Fr. 478.94. Ein Rechtsanwalt ersucht für die Verurteilten um Erlass dieser Bestanzen, wozu er die Gründe, welche die Brüder Bratschi zum Schmuggel veranlassten, in längeren Ausführungen erörtert, die Schuldfrage aufwirft und die bescheidenen Verhältnisse der Gesuchsteller geltend macht.

Die Gebüssten haben sich einzig aus Gewinnsucht vergangen und ohne irgendwelche Hemmungen über die Zollvorschriften hinweggesetzt. Während der in Betracht kommenden Zeitspanne wurden nicht weniger als elf Strafprotokolle gegen sie aufgenommen. Da sie im übrigen nicht den besten Leumund au gemessen scheinen, beantragen wir mit der eidgenössischen Oberzondirektion Abweisung, immerhin unter Zubilligung von weiteren Zahlungserleichterungen.

27. Francis Meylari, durch Straf Verfügung des eidgenössischen Finanz .und Zolldepartementes vom 16. Februar 1945 zu einer Busse von Fr. 5088.34 verurteilt, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil er anfangs 1945 im Auftrage eines Dritten insgesamt 2500 Zwanzigfränkengoldstücke erworben und seinem Auftraggeber übergeben hatte, wohlwissend, dass sie zur widerrechtlichen Ausfuhr nach Frankreich bestimmt waren.

Meylan wurde nach erfolgloser Betreibung von der Staatsanwaltschaft des Kantons Genf aufgefordert, die Busse in regehnässigen Baten zu entrichten.

Bis zum August 1946
zahlte er auf diese Art Fr. 2000 ein, worauf ein Rechtsanwalt für ihn um wenigstens teilweisen Erlass des Restes ersuchte, wozu er auf den bis dahin bekundeten ZahmngswiUen hinwies und geltend machte, die Abzahlung der Gesamtbusse sei dem wirtschaftlich schwachen Meylan nicht zuzumuten. -- Als die Umwandlung der noch unbezahlten Restbusse in Haft drohte, wurde jedoch auch dieser Betrag entrichtet. Meylan behauptet, das Geld sei ihm zu diesem Zwecke geliehen worden, und er müsse es dem Darleher nach und nach zurückerstatten, weshalb er sein Begnadigungsgesuch aufrechterhalte.

i?y Mit der Bezahlung der Busse ist auch der Strafanspruch des Staates erloschen. Besondere Gründe, die für einen nachträglichen Erlass der Strafe in Form einer Eückerstattung sprechen könnten, scheinen nicht vorzuliegen, zumal Meylan über den nötigen Kredit verfügte, um sich den ansehnlichen Betrag von über Fr. 8000 auf dem Darlehenswege zu verschaffen. Wir beantragen daher, auf das Gesuch nicht einzutreten.

28. Willi Albarin, durch Strafverfügungen des eidgenössischen Finanzund Zolldeparteinentes und der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 8. März 1943 zu Bussen von Fr. 6288.84 und Fr. 90 verurteilt, je unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung. Beide Bussen wurden vom Bezirksgericht Zürich am 11. Mai 1945 in drei Monate und sieben Tage Haft umgewandelt, welcher Entscheid vom zürcherischen Obergericht am 7. Juli 1945 bestätigt wurde.

Albarin lieferte im November 1942 an Drittpersonen 2629 Armbanduhren im Inlandwert von Fr. 28 275, wobei ihm bekannt war, dass diese Ware zur widerrechtlichen Ausfuhr nach Italien bestimmt war. Ausserdem besorgte er um dieselbe Zeit seiner Schwägerin kurz vor deren Abreise nach Deutschland ein Kleidungsstück, obschon er genau wusste, dass dieses entgegen dem bestehenden Verbot ausgeführt werden sollte.

Der Verurteilte hat nachträglich und im Einverständnis mit der zuständigen kantonalen Vollzugsbehörde Teilzahlungen im Gesamtbetrage von Franken 5500.-- geleistet. Der heute noch ungedeckte Betrag beziffert sich auf Fr. 853.84, um dessen Erlass er unter Hinweis auf den bisher bekundeten Sühnewillen ersucht.

Zu bemerken ist, dass ein erstes Begnadigungsgesuch Albarins anlässlich der Sornmersessioii 1946 antragsgemäss (vgl. Antrag 16 des Berichtes vom 6. Mai 1946, BEI. II, 34) abgewiesen wurde. Wir erklärten damals, dass wir den Gesuchsteller nicht für würdig halten konnten, eines Entgegenkommens teilhaftig zu werden. Unsere Stellungnahme hat sich seither nicht verändert.

Wie ein neuester Polizeibericht überzeugend dartut, ist der Gebüsste in der Lage, auch noch den relativ kleinen Bestbetrag der Gesamtbusse zu entrichten.

Seine Lebensweise zeugt jedenfalls von dieser Fähigkeit, weshalb wir mit der eidgenössischen Oberzolldirektiou die Gesuchsabweisung beantragen.

·29. Pierre G au d a r d , durch Straf Verfügung des eidgenössischen Finanzund
Zolldepartementes vom 9. Juli 1943 zu einer Busse von Fr. 6666.67 verurteilt, weil er sich in der Zeit vom 7. Dezember 1942 bis Januar 1948 an der widerrechtlichen Ausfuhr von Goldmünzen beteiligt hatte. Eine gegen diese Verfügung eingereichte Beschwerde wurde später vom Bundesrat abgewiesen.

Gaudard, der bis heute in Baten Fr. 4166.67 an die Busse bezahlte, ersucht um Erlass des Bestes, Er verweist darauf, dass er infolge seiner Verfehlungen vorübergehend aus dem Kanton Genf ausgewiesen worden sei, während

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dieser Zeit von seiner Familie getrennt leben musate und zur Abtragung seiner Schuld ein Darlehen aufnehmen musste. Heute sei er wieder in Genf und möchte sich verselbständigen.

Der Geäuchsteller hat die ihm zur Last gelegten Handlungen im Amte begangen und wurde hiefür von seinem Anstifter belohnt. Er wurde deshalb am 8. Juni 1948 von einem Divisionsgericht wegen passiver Bestechung, Ungehorsam und Nichtbefolgung von Dienstvorschriften zu 8 Monaten Gefängnis verurteilt, welche Strafe in der Folge verbüsst wurde. Nachdem er sich vier Jahre lang Mühe gegeben hat, einen namhaften Teil der Busse nach und nach aufzubringen, glauben wir, dass ein Entgegenkommen um so gerechtfertigter wäre, als sein Bestreben, sich nunmehr- wieder unabhängig zu machen und für seine Familie m sorgen, Anerkennung verdient. Wir b e a n t r a g e n aus diesen Gründen mit der eidgenössischen Oberzolldirektion den Erlass des noch, ausstehenden Bussenrcstes.

30. Giuseppe K e s t e n h o l z , durch Straf Verfügung des eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes vom 12. Oktober 1946 zu einer Busse von Fr. 6962.22 verurteilt wegen aktiver Teilnahme an einem gros's angelegten Ausfuhrschmuggel von Uhren im Werte von Fr. 52 497, Saccharin (im. Inlandwert von Fr. 6605) sowie Zigaretten und Penicillin in grossen Mengen. Eine gegen diese Strafverfügung eingereichte Beschwerde wurde . am 24. Januar 1947 vom Bundesrat abgewiesen.

Kestenholz ersucht um teilweisen Erlass der Busse, die er als im Verhältnis zu seiner Schuld und seinen persönlichen Verhältnissen übersetzt erachtet.

Der Verurteilte hat eine Zeitlang den Schmuggel beinahe gewerbsmässig betrieben. Entgegen der in der Eingabe enthaltenen Behauptung, Kestenholz habe beim Schmuggel der erwähnten Waren nur eine unbedeutende Bolle gespielt, müssen wir feststellen, dass er eine der Hauptpersonen war, die massgebend am Zustandekommen der verschiedenen widerrechtlichen Avisfuhren beteiligt gewesen sind. Da seine finanziellen Verhältnisse im übrigen als zufriedenstellend gelten, b e a n t r a g e n wir mit der eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung, immerhin unter Zubilligung von Teilzahlungen nach dem Ermessen der zuständigen Vollzugsbehörden.

31. Georg Keller, vom eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement am 18. Dezember 1945 zusammen mit seinem damaligen
Arbeitgeber und einem Dritten zu einer gemeinsamen Busse von Fr. 22288.84 verurteilt, wobei bestimmt wurde, dass die Verurteilten für diesen Betrag solidarisch haften und im Falle der Umwandlung der Busse in Haft auf jeden ein Drittel (Fr. 7427.78) entfalle. Keller und seme beiden. Mitverurteilten hatten im Laufe des Jahres 1945 einen ausgedehnten Einfuhrschmuggel von Automobilreifen betrieben..

Inzwischen kam der Arbeitgeber des Keller bei einem Verkehrsunfall ums Leben, wonach der Bündesrat den Keller treffenden Busgenanteil auf dem Beschwerdeweg auf Fr. 2971.11 herabsetzte.

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Mit Schreiben vom 2l. November 1946 ersuchte Keller um Begnadigung, wozu er geltend machte, er könne die hohe Busse nicht aufbringen. Er habe im Frühjahr 1946 geheiratet und müsse seither mit finanziellen Schwierigkeiten kämpfen. Aus der Widerhandlung gegen die Zollvorschriften habe er keinen Gewinn gezogen.

Die eidgenössische Oberzolldirektion kann das Gesuch nicht zar Berücksichtigung empfehlen.

Der gut beleumdete Gesuchsteller lebt nachgewiesenermassen in bedrängten Verhältnissen. Infolge der Gründung eines eigenen Haushaltes ist er Verpflichtunge eingegangen, die den grössten Teil seines Einkommens bis Ende 1948 beanspruchen werden. Dazu kommt, dass anlässlich des Strafverfahrens eine Anzahl Automobilreifen als Zollpfand beschlagnahmt werden konnten, aus deren Erlös noch ein Betrag von Fr. 1672.71 vorhanden ist, der an Busse und Kosten angerechnet werden kann. Ferner hatte der verstorbene Arbeitgeber eine Hinterlage von Fr. 8783.60 geleistet, die ebenfalls für die gemeinsame Busse haftet. Der auf Keller entfallende Bussenanteil beläuft sich daher heute nur noch auf Fr. 311.48, die wir mit Rücksicht auf die Gesamtumstände des Falles zu erlassen beantragen.

32. Andrea Longhi, durch 8 traf Verfügungen des eidgenossischen Finanzund Zolldepartementes und der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 2. und 5. Dezember 1946 zu Bussen von Fr. 9170 und Fr. 11 850 verurteilt, weil er Drittpersonen veranlasst hatte, Marder- und Kaninchenfelle im Gesamtwerte von Fr. 18 755 unter Umgehung der Zollkontrolle einzuführen und in gleicher Weise Oppossum-, Silberfuchs- und Waschbärfelle im Werte von zusammen Fr. 7900 auszuführen. Beide Bussen wurden in der Folge in je drei Monate Haft umgewandelt.

Ein Rechtsanwalt ersuchte für Longhi am 1. März 1947 um teilweise Begnadigung, wozu er den Sachverhalt naher schilderte und die Schwierigkeiten hervorhob, m i t denen d e r Verurteilte u n d seine Familie seit Mit Verfügung vom 20. März 1947 ordnete der Bundesanwalt die Freilassung des Longhi auf den nächstfolgenden Tag an, unter ausdrücklichem Vorbehalt des Entscheides der Begnadigungsbehörde. Da der Gesuchsteller über zwei Drittel der ausgesprochenen Haftstrafen verbüsst hat -- er wurde am 13. November 1946 vorhaftet --, b e a n t r a g e n wir den Erlass der Eeststrafe.

38. Alfred Michel, durch Strafverfügung des
eidgenössischen Finanzund Zolldepartementes vom 13. April 1938 zu einer Busse von Fr. 11 407.50 verurteilt, weil er den Verkauf von belgischen Zigaretten übernommen hatte, von denen er wusste, dass sie widerrechtlich eingeführt worden waren. Der hinterzogen Zoll belief sich auf Fr. 10 140. Eine gegen diese Strafverfügung eingereichte Beschwerde wurde vom Bundesrat am 26. September 1938 abgewiesen.

182 Michel hat. die ihm von der Vollzugsbehörde zugestandenen Katen regelmässig entrichtet und sich redlich bemüht, die getroffenen Abmachungen einzuhalten. Er hat bis heute Zahlungen im Gesamtbetrag von Fr. 6769.20 geleistet, so dass noch Fr. 4688.80 ungedeckt sind. Er ersucht unter Hinweis auf seine schwierigen wirtschaftlichen Verhältnisse um Erlass dieses Restbetrages.

Mit Rücksicht darauf, dass Michel sich nicht aus eigenem Antrieb am Zollvergehen beteiligte und sich nach erfolgter Verurteilung jahrelang bemühte.

aus seinem Verhalten die Konsequenzen zu ziehen, beantragen wir mit der eidgenössischen Oberzolldirektion den Erlass des ausstehenden Bussenrestes.

34. Valentine R a v e l , durch Straf Verfügung des eidgenössischen Finanzund Zolldepartementes vom 14. September 1944 zu einer Busse von Fr. 10 000 verurteilt, gemeinsam mit ihrem Ehemann, wegen widerrechtlicher Ausfuhr von Tabakwaren, Feuerzeugen, Goldstücken im Inlandwerte von Fr. 71 300 und Uhren im Werte von Fr. 17 500.

Ein erstes Begnadigungsgesuch der Ehtleute Ravel, welches sich auf einen unbezahlten Restbetrag von Fr. 7259.08 bezog, wurde anlässlich der Sommersessioii 1946 antragsgemäss (Antrag 20/21 des Berichtes vom 6. Mai 1946, BEI. II, 86) abgewiesen. Im November 1946 und Januar 1947 wurden je Fr, 500 an die gemeinsame Busse einbezahlt. Am 26. Januar 1947 verschied der Ehemann. Der Valentine Ravel im Falle der Umwandlung infolge Uneinbringlichkeit zukommende Bussenanteil beträgt somit heute Fr. 8129.84.

Ein Anwalt ersucht für sie um Erlass dieses Bussenrestes, wozu er die bedrängte Lage der Gebüssten geltend macht und insbesondere ausführt, der verschiedene Ehemann habe seiner "Witwe nichts als Schulden hinterlassen.

Die eidgenössische Oberzolldirektion könnte sich allenfalls mit einem teilweisen Erlass der Busse einverstanden erklären.

Aus den in letzter Zeit eingezogenen Erkundigungen geht hervor, dass die nun auf sich allein angewiesene Gesuchstellerin kürzlich vom öffentlichen Fürsorgeamt der Stadt Genf unterstützt werden musste. Es liegt auf der Haiid, dass ihr die Bezahlung des noch geschuldeten Restbetrages unter diesen umständen nicht zugemutet werden kann, selbst wenn dieser herabgesetzt würde.

Valentine Ravel wird Mühe genug haben, sich in ihrem Alter eine neue Existenz zu schaffen. Wir beantragen aus diesen
Gründen den Erlass des noch ungedeckten Bussenrestes.

35. Kurt B er l er, durch Straf Verfügung des eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes vom 12. Oktober 1946 zu einer Busse von Fr. 12117.78 verurteilt, unter Nachlass eines Bussendrittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil er dem Mitverurteilten Kestenholz (vgl. Antrag 80) Uhren, Schmuckgegenstände und Penicillin geliefert hatte mit dem Auftrag, sie nach Italien zu schmuggeln.

Berler, der Fr. 8651.80 an die Busse bezahlt hat, ersucht um Erlass des.

Restes, den er angesichts seiner überaus bescheidenen Verhältnisse als Emigrant..

183 der in der Schweiz keiner lukrativen Beschäftigung nachgehen könne, nicht zu entrichten imstande Bei.

Unter Hinweis auf die Ausführungen der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 31. März 1947 beantragen wir deshalb Abweisung, weil die Gesuchsangaben offensichtlich wahrheitswidrig sind und Berler den noch geschuldeten Bussenrest von Fr. 3465.98 zu befahlen m der Lage ist.

36. David Burri, 1900, Handlanger, Bern, 37. Werner Meierhofer, 1905, Hilfsarbeiter, Kaiserstuhl (Aargau), 38. Georges-René Gilgen, 1909, Metzger und Handlanger, Vevey, 39. Karl Brühlmann, 1911, Kaufmann, Zürich-Höngg, 40. Jakob Funk, 1870, Kaufmann, Guldisloo-Wetzikon (Zürich), 41. Otto Müller, 1878, Kräutersammler, Suhl- (Aargau), 42. Jakob Keller, 1897, Bäcker, Altnau (Thurgau), 48. Germanie Calame, 1898, Hausfrau, St. Immer (Bern), 44. Amalie Fäh, 1880, Hausfrau, Waldkirch (St. Gallen), 45. Hermann Brakl, 1905, staatenloser Emigrant, Zürich, 46. Herbert Freudmann, 1905, staatenloser Emigrant, Zürich, 47. Gertrud Dux, 1920, Hausfrau, Marbach/Zinggen (St. Gallen), 48. Eloi Rossier, 1898, Beisevertreter, Bulle (Freiburg), 49. Salomon Mandel, 1909, Buchbinder, staatenlos, Zürich, 50. Ernest Berger, 1909, maître d'hôtel, Lausanne, 51. Ernö Mayländer, 1904, ungarischer Emigrant, Zürich, 5g. Emma Liechti, 1895, Pensionshalterin Schwarzenegg (Bern), 53. Rudolf Heiniger, 1922, Hilfsarbeiter, Eriswil (Bern), 54. Berta Heiniger. 1924, Angestellte, Eriswil, 55. Walter Brand, 1917, Bäcker und Handlanger, Bern, 56. Gilbert Burgat, 1919, Mechaniker, Genf, 57. Primo Brosi, 1912, Bäcker, Lugano, 58. Louis Monin, 1888, Gemeindeschreiber, Glovelier (Bern).

59. Ernst Zimmermann, 1894, Kaufmann, Zürich, 60. Franz Wechsler, 1896, Bäcker, Neuheim (Zug), 61. Jean Matti, 1891, Bäcker, Lausarme, 62. Joseph Silacci, 1908, Maurer, La Chaux-de-Fonds (Neuenburg), 68. Josette SUacci, 1929, Laboratoriumsgehilfin, La Chaux-de-Fonds, 64. Ernest Wenger 1908, Kaufmann. Lausanne, 65. Josef Mindel 1900, Bäckermeister, Herbetswil (Solothurn),

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70.

Robert Meylan, 1903, Milchhändler. Lu Vraconnaz (Waadt), Albert Hämmerli, 1885, gewesener Metzgermeist er, Chézard (Neuenburg), Jean Küng, 1898, Bäcker, Genf André Pasche, 1897, Metzger, Vevey (Waadt), Arthur Schär, 1899, Metzgor. Bévilard (Bern).

(Sicherstellung der Landesversorgung mit Lebens- und Futtermitteln.)

Gemäss Bundesratsbeschluss vom 17. Oktober 1939 über die Sicherstellung der Landesversorgung mit Lebens- und Futtermitteln und den auf Grund desselben erlassenen Ausführungsvorschriften teilweise in Verbindung mit den Strafbestimmungen über die Kosten der Lebenshaltung und den Schutz der regulären Marktversorgung sowie andern Vorschriften sind verurteilt worden : 36. David Burri, verurteilt am 80. Oktober 1945 vom Einzelrichter des 1. kriegswirtschaftlichen Strafgerichts zu einer Busse von Fr. 120 wegen widerrechtlicher Aneignung von Mahlzeitenmarke sowie wegen Bezugs und versuchten Bezugs von Brot mit gefälschten Rationierungsausweisen Burri ersucht um Milderung der Busse. Der von ihm abgegebenen Begründung dürfte zu entnehmen sein, dass er es als besondere Härte empfindet, neben der kriegswirtschaftlichen Ahndung auch noch gemeinrechtlich wegen der gleichen Verfehlung verurteilt worden zu sein, wobei gleichzeitig noch eine frühere bedingte militärische Gefängnisstrafe von 8 Monaten vollzogen worden sei. Er macht ferner geltend, er sei ein armer Handlanger, und seine Frau sei kränklich.

Was die geltend gemachte mehrfache Bestrafung für ein und dasselbe Delikt anbetrifft, so ist darauf hinzuweisen, dass die Verbüssung der militärischen Gefängnisstrafe nicht einer Bestrafung für das kriegswirtschaftliche Vergehen gleichgesetzt werden darf, sondern lediglich die Folge des Bückfalls innerhalb der Probezeit war und deshalb hier nicht berücksichtigt werden kam). Bezüglich der kriegswirtschaftlichen Verurteilung ist zu bemerken, dass die Tatsache der gleichzeitigen gemeinrechtlichen Verfolgung bei der Festsetzung des Bussenbetrage durch den kriegswirtschaftlichen Richter berücksichtigt worden ist. Dio durchgeführten Erhebungen haben gezeigt, dass die Einkommensverhältnisse der Eheleute Burri, die nur für sich allein zu sorgen haben, die Abzahlung wenigstens eines Teils der Busse ohne weiteres erlaubt hätten. Wenn Burr an Busso und Kosten bis jetzt überhaupt nichts entrichtet hat, so lässt dies auf mangelnden guten Willen schliessen. Die Behauptung ferner, seine Frau sei kränklich, wird durch nichts belegt; jedenfalls steht fest, dass sie in ihrer festen Anstellung ihr regelmässiges Einkommen bezieht. Der Leumund des Gesuchstellers ist nicht gut. Auf Grund dieser Feststellungen beantragen wir mit dem Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung.

185 87. Werner Meierhof er, verurteilt am 8. Februar 1945 vom Einzelrichter des 2. kriegswirtschaftlichen Strafgerichtes zu einer Busse von Fr. 150, weil er im Jahre 1943 das von der Gemeinde Weiach zur Verarbeitung übernommene Stockholz zum Teil in Überschreitung der Höchstpreise und ohne Bezugsscheine verkauft hat.

Meierhofer ersucht um Erlass der Busse unter Hinweis auf die ärmlichen Verhältnisse, in denen er mit seiner Familie lebt, Müsste er die Busse bezahlen, so wäre er gezwungen, an die Armenpflege zu gelangen.

Der Gemeinderat von Kaiserstuhl bestätigt die Angaben des Gesuchstellers. Dieser habe Mühe, seinen Familienpflichten nachzukommen. Das älteste der 5 Kinder sei bereits in einer Familie versorgt. Die Heimatgemeinde Weiach unterstützt das Gesuch ebenfalls. Meierhofer werde schon jetzt unterstützt und sei nicht in der Lage, die Busse zu bezahlen. Unter den obwaltenden Umständen könnte die Umwandlung der Busse in eine Freiheitsstrafe nur der Familie zu Schaden gereichen.

Das Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes beantragt angesichts der vorhandenen Vorstrafen Ablehnung des Gesuches.

Trotzdem gewisse Zweifel gehegt werden können, ob Meierhofer eines besonderen Gnadenaktes würdig sei, beantragen wir in Berücksichtigung des UmStandes, dass Meierhofer im vorliegenden Fall offenbar nicht aus bösem Willen, sondern wegen mangelnder Gewandtheit gefehlt hat, den gänzlichen Erlass der Busse. -- Soweit Meierhofer um den Erlass der Kosten bittet, so kann die Bundesversammlung darauf mangels Zuständigkeit nicht eintreten.

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38. Georges-Rene Gilgen, verurteilt am 24. Juli 1945 durch den Einzelrichter des 10. kriegswirtschaftlichen Strafgerichts zu einer Busse von Fr, 150, weil er die ihm zugeteilten Fleischzuteilungen überschritten und zudem Schwarzschlachtungen vorgenommen hatte.

Gilgen ersucht um Erlass der Busse unter Hinweis auf die bereits im Juni 1945 erfolgte Liquidation seines kleinen Metzgereibetriebes und seine heute sehr bescheidenen Verhältnisse als Fabrikarbeiter. Er habe auch für seine Familie zu sorgen. Gilgen hat den ihm auf sein Ersuchen hin eingeräumten, sehr entgegenkommenden Ratenzahlungsplan nicht eingehalten. Er hat bis jetzt, ohne sich mit den Vollzugsbehörden in Verbindung zu setzen, überhaupt nichts bezahlt. Andrerseits ergibt sich aus
den bei den Ortsbehörden durchgeführten Erhebungen, dass Gilgen bei gutem Willen die Busse wenigstens zum Teil hätte bezahlen können. Angesichts des Fehlens jeglichen Zanlungswillens und der Nachlässigkeit des kriegswirtschaftlich bereits vorbestraften Gilgen ist ein Entgegenkommen nicht am Platz. Wir beantragen mit dem Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung.

89. Karl Brühlmann, verurteilt am 20. Juni 1944 vom Einzelrichter des 2. kriegswirtschaftlichen Strafgerichtes zu Fr, 160 Busse wegen Vornahme Bundesblatt.

99. Jahrg.

Bd. II.

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einer volkswirtschaftlich ungerechtfertigten Schiebung, begangen dadurch, dass er im Januar 1948, ohne regulären Zwischenhändler mit Süßstoffen und ohne im Besitz einer Preisbewilligung zu sein, 4 kg Dulzin zum Preise von Fr. 55 je Kilo erwarb und für Fr. 75 per Kilo verkaufte.

Brühlmann ersucht um Erlass der Busse, wozu er in der Hauptsache Unterhaltspflichten geltend macht und die Schuldfrage aufwirft.

Unter Hinweis auf den Bericht des Generalsekretariates des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes vom 25. März 1947 beantragen wir mit dieser Behörde deshalb ohne weiteres Abweisung, weil die Gesuchsangaben den Tatsachen nicht entsprechen und der Verurteilte zweifellos in der Lage ist, die Busse in vollem Umfange zu entrichten.

40. Jakob Punk, verurteilt am 81. Juli 1945 vom Einzelrichter des 6. kriegswirtschaftlichen Strafgerichtes zu einer Busse von Fr. 170 wegen Minderablieferung von 881 Eiern in der Legeperiode 1948/44.

Der Verurteilte ersucht um Erlass der Busse, wozu er sich auf sein hohes Alter, seine Leiden sowie den schlechten Gesundheitszustand seiner Tochter beruft.

Die Angaben des Gesuchstellers über seinen und seiner Tochter Gesundheitszustand treffen zu. Funk befindet sich in ärztlicher Behandlung. Seme finanziellen Verhältnisse sind ausserordentlich bescheiden; er ist auf die Unterstützung durch seine Kinder angewiesen und bezieht die Altersbeihilfe. Funk wird als fleissig und solid geschildert und geniesst einen guten Leumund.

Wir beantragen im Hinblick auf diese Umstände und das hohe Alter des Gesuchstellers den völligen Erlass der Busse.

* 41. Otto Müller, verurteilt ain 23. Juni 1945 vom Einzelrichter des 1. kriegswirtschaftlichen Strafgerichts zu einer Busse von Fr. 200 wegen Handels mit Eationierungsausweisen für Lebensrnittel.

Durch einen Rechtanwalt ersucht Müller um Erlass der Busse. Er weist auf die bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnisse .des Verurteilten, dessen Arbeitsunfähigkeit und geistigen Zustand hin, der es ihm unmöglich gemacht habe, die Konsequenzen seiner Handlungsweise zu überblicken.

Müller ist heute 69jährig. Seit einem Bahnunfall im Jahre 1921 hat der als früher sehr tüchtige Handwerker geschilderte Gesuchsteller nie mehr eine geordnete berufliche Tätigkeit ausüben können, Jn sehr bescheidenen Verhältnissen lebt er heute sehr zurückgezogen
und fristet seinen Unterhalt ·mit dem Kräuterhandel. Sein Leumund ist gut. Unter diesen Umständen beantragen wir den gänzlichen Erlass der Busse.

42. Jakob Keller, verurteilt am 10. Juli 1944 vom Einzelrichter der 2. strafrechtlichen Kommission des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes zu einer Busse von Fr. 200 wegen Überschreitens des Sonntagsbackverbotes, fahrlässiger Nichtführung der Backkontrolle und Verarbeitung von 270 kg Mehl aus dem Eeservelager ohne Bewilligung, begangen in den Jahren 1942/48.

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Keller ersucht um Herabsetzung der Busse, wozu er seine wirtschaftlich sehr schwache Lage in den Vordergrund stellt, die es ihm nicht einmal möglieh mache, die von der Vollzugsbehörde festgesetzten monatlichen Teilzahlungen von Fr. 10 zu leisten, ohne die Unterstützung der Heimatgemeinde in Anspruch nehmen au müssen. Im Landsturmalter habe er noch über 800 Aktivdiensttage leisten und während seiner dienstlichen Abwesenheit jeweils die Bäckerei schliessen müssen.

Der Gesuchsteller gilt als fleissiger und solider Mann, der sich alle Mühe gebe, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Sein Geschäft sei jedoch klein und der Verdienst gering. Seine Angaben über die finanzielle Lage treffen zu.

Die Familie mit zwei Kindern lebt in äusserst bescheidenen Verhältnissen.

Wir beantragen deshalb Erlass der ganzen Busse und Anrechnung der bereits erfolgten Abzahlungen an die Kosten.

48. Germaine Calarne, verurteilt am 8. September 1945 vom 8. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu einer Busse von Fr. 200 wegen ungerechtfertigten Bezuges und Eigengebrauchs von 20 Kinderkarten, 88 ganzen Lebensmittelkarten, 6 Einmachzuckerkarten, 5 Textilkarten, 8 Schuhkarten und 14 Seifenkarten in der Zeit vom Mai 1940 bis September 1944, indem sie es bewusst unterliess, den Behörden über das Ausscheiden eines Angehörigen aus ihrer Haushaltung Meldung zu erstatten.

Die Gesuchstellerin bittet um Erlass der Busse, wozu sie versucht, die Verantwortung für die Verfehlung auf die mangelnde Kontrolle und Zusammenarbeit der betreffenden Kriegswirtschaftsämter abzuschieben und behauptet, ihre finanzielle Lage gestatte ihr die Zahlung der Busse nicht.

Die für die Begnadigung geltend gemachten Gründe wurden bereits vom urteilenden Gericht in weitem Masse zugunsten der Gesuchstellerin berücksichtigt, und eine weitere Herabsetzung der Busse erscheint bei der Schwere der Verfehlung nicht angebracht. Wenn die wirtschaftlichen Verhältnisse der Gesuchstellerin auch einfach sind, so kann ihr angesichts des Einkommens ihres Ehemannes, der von den unberechtigten Kartenbezügen Kenntnis hatte, die Zahlung der Busse zugemutet werden, um so mehr, als ihre erwachsenen Kinder ihren Unterhalt reichlich selbst verdienen und Unterstützungspflichten nicht bestehen. Wir beantragen deshalb die Gesuchsabweisung.

44. Amalie Fäh, verurteilt am 31. August 1946
durch den Einzelrichter des 5. kriegswirtschaftlichen Strafgerichtes zu einer Busse von Fr. 200 wegen Minderablieferung von 870 Eiern und Falschmeldung des Geflügelbestandes.

Frau Fäh ersucht um Erlass der Busse, wozu sie ihre Unschuld beteuert und ihre ärmlichen Verhältnisse in den Vordergrund stellt.

Das Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes kann sich mit einem Bussenerlass nicht einverstanden erklären. Demgegenüber beantragen wir im Hinblick auf die im Verhältnis zur Schwere des Verschuldens etwas hohe Busse und angesichts der vorliegenden mehr als bescheidenen Verhältnisse den gänzlichen Erlass der Busse.

188 45. und 46. Hermann Brakl und Herbert Freudmann, verurteilt am 16. Juli 1945 durch den Einzelrichter dea 9. kriegswirtschaftlichen Strafgerichts zu Bussen von Fr. 140 und 200 -wegen Kaufs von Eationierungsausweisen. Brakl hat bis jetzt Fr. 80, Freudmann Fr. 55 entrichtet.

Durch einen Bechtsanwalt ersuchen Brakl und Freudmann um Erlass des Bussenrestes, wozu auf die völlige Mittellosigkeit hingewiesen wird sowie auf die Tatsache, dass beide durch die Fremdenpolizeibehörden wegen dieser Verfehlung bereits über 3% Monate interniert worden seien, was die allfällige Bussenumwandlung als ungerechtfertigte Härte erscheinen lassen müsste.

Brakl und Freudmann werden seit ihrer Einreise in die Schweiz im Jahre 1988 von der israelitischen Müchtlingshilfe unterhalten. Sie besitzen weder Vermögen noch ein nennenswertes Einkommen. Aus ihren spärlichen Mitteln haben sie bereits einen Teil der Busse bezahlt. Die wegen dieser Verfehlung verfügte Internierung hatte, wenn auch nur Administrativmassnahme, für Brakl und Freudmann doch weitgehend Strafcharakter. Freudmann befindet sich zudem in ärztlicher Behandlung. Unter diesen Umständen und unter Berücksichtigung des Fehlens gewinnsüchtiger Motive beantragen wir den Fjrlass des Bussenrestes.

47. Gertrud Dux, verurteilt am 15. März 1944 vom Einzelrichter der 4. strafrechtlichen Kommission des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementès zu einer Busse von Fr. 200 wegen Aneignung gefundener Bationierungsausweise für Grossbezüger, versuchter Einlösung dieser Ausweise und Verkaufs derselben. Die ausgefällte Busse wurde durch den Richter am 8. Juli 1946 wegen Ausbleibens jeglicher Zahlung trotz mehrfacher Mahnung und fruchtloser Betreibung in 20 Tage Haft umgewandelt.

Die Gesuchstellerin bittet um Erlass der Busse unter Hinweis auf die ärmlichen Verhältnisse, in denen sie mit Mann und Kind lebe. Der Verdienst des Mannes als Streckengramper hange stark vom Wetter ab und sei deshalb unregelmässig. Ihre Gesundheit lasse zu wünschen übrig.

Das Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes kann eine Begnadigung nicht befürworten.

Die Angaben der Gesuchstellerin scheinen nach den getroffenen Erhebungen zuzutreffen. Auch von den Ortsbehörden wird bestätigt, die Wohn- und Lebensverhältnisse der Familie seien, wenn auch geordnet, so doch sehr ärmlich.
Die Gesuchstellerin sei vor einigen Jahren längere Zeit in Spitalbehandlung gewesen, und auch ihr heutiges Aussehen lasse auf eine geschwächte Gesundheit schliessen.

Unter diesen Umständen und im Hinblick auf das Fehlen j eglichen Anhaltspunktes, dass das Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes oder der Umwandlungsrichter geprüft hätte, ob die Gesuchstellerin schuldlos ausserstande war, die Busse zu bezahlen (Art. 49, Z. 3, Abs. 2 StGB), beantragen -wir Bückwandlung der Haft in die ursprüngliche Strafe und Herabsetzung derselben auf Fr. 50 unter Zubilligung von Zahlungserleichterungen.

189 48. Eloi Eossier, verurteilt am 25. September 1945 vom Einzelriehter des 8. kriegswirtschaftlichen Strafgerichts zu einer Busse von Fr. 250, weil er für seinen Arbeitgeber Terpentinöl zu übersetzten Preisen verkaufte und diesem so zu einem widerrechtlichen Gewinn verhalf.

Eossier schildert in einem Schreiben an die Vollzugsbehörde seine durch schwere Familienlasten und Krankheit verursachte finanziell schlechte Lage.

Wenn er auch nicht ausdrücklich um Brlass der Busse ersucht, so ist sein Schreiben doch als Begnadigungsgesuch zu bewerten.

Die vom Gesuchsteller gemachten Angaben treffen zu. Er ist herzleidend und kann gegenwärtig nur 3 Tage in der Woche arbeiten. Sein Verdienst ist entsprechend klein und reicht kaum für die Ernährung seiner 10 Kinder aus.

Wir beantragen mit Eücksicht auf diese Kommiserationsgründe den gänzlichen Erlass der Busse, der auch deshalb gerechtfertigt erscheint, weil Eossier sich einzig auf Geheiss seines Arbeitgebers verging.

49. Salomon Mandel, verurteilt am 16. Juli 1945 vom Einzelrichter des 9. kriegswirtschaftlichen Strafgerichts zu einer Busse von Fr. 280 wegen Kaufs von 700 Mahlzeitencoupons in den Monaten März bis Juli 1944 zum Verbrauch im eigenen Haushalt.

Mandel stellte durch einen Eechtsanwalt das Gesuch um Erlass, allenfalls Ermässigung des noch nicht bezahlten Bussenrestes von Fr. 175, wozu er geltend machen liess, er sei mittellos, erhalte seinen Lebensunterhalt von der israelitischen Flüchtlingsorganisation und könne deshalb die Busse nicht bezahlen.

Er sei ferner im Anschluss an die Verfehlung bereits interniert worden, was sich bei Vollzug der in Haft umgewandelten Busse als doppelte Strafe auswirken müsste.

Die durchgeführten Erhebungen haben gezeitigt, dass Mandel im Besitze einer Arbeitsbewilligung als Buchbinder ist und seit August 1946 eine Stelle in der Privatwirtschaft innehat. Trotzdem hat Mandel sein Gesuch, wenigstens für den Erlass eines Teils der Busse, aufrechterhalten unter Hinweis auf vorübergehende Erkrankung und Unterstützungspflicht gegenüber seinen Eltern in England.

Bei dieser Sachlage entfällt die im Gesuch geltend gemachte Bedürftigkeit.

Bei dem nicht unbeträchtlichen Gesamteinkommen des Mandel kann ihTM die Zahlung der Busse auch neben der Unterstützung seiner Eltern im Ausland zugemutet werden. Die von ihm geltend
gemachte Krankheit war übrigens nur vorübergehend. Wir beantragen mit dem Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes Abweisung des Gesuches unter Zubilligung der ratenweisen Bezahlung der Busse.

50. Ernest Borger, verurteilt am 11. Oktober 1945 vom Einzelrichter des 8. kriegswirtschaftlichen Strafgerichtes zu einer Busse von Fr. 800 wegen Kaufs von Eationierungsausweisen für 100 kg Zucker, 40 kg Butter und 40 Liter öl zum Zwecke der Anlegung einer Eeserve an diesen Lebensmitteln

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für die Bewirtschaftung der unter seiner Leitung stehenden Gaststätte sowie wegen Übergabe dieser Ausweise an seinen Lieferanten ohne gleichzeitigen Bezug der Ware.

Durch einen Eechtsanwalt ersucht der Gebüsste um Herabsetzung der Busse, wozu er geltend machen lässt, der eigentliche Nutzniesser seiner Handlungsweise sei nicht er, sondern sein Arbeitgeber gewesen. Er sei durch die Leitung dieser Gaststätte ohnehin in Schulden geraten, weshalb ihm die Bezahlung dieser hohen Busse ausserordentlich schwer falle.

Das Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes beantragt Ablehnung des Gesuches mit dem Hinweis, die für die Begnadigung geltend gemachten Gründe seien bereits dem Bichter bekannt gewesen und von diesem bei Festsetzung des Bussenbetrages weitgehend berücksichtigt worden.

Obschon dies zutrifft, glauben wir, diesen Tatsachen etwas mehr Eechnung tragen zu dürfen, und beantragen, insbesondere auch im Hinblick auf die dem Gebüssten überbundenen hohen, über einen Drittel des Bussenbetrages ausmachenden Kosten, den Erlass der Bussenhälfte.

51. Brno Mayländer, verurteilt am 16. Juli 1945 vom Einzelrichter des 9. kriegswirtschaftlichen Strafgerichts zu einer Busse von Fr. 800 wegen Kaufs von 600 Mahlzeitencoupons, 2 Zuckerkarten von 4,5 kg, l SchokoladeMonatsration, 200 g Butter.ohne Bationierungsausweis zum Preise von Fr. 5 und wegen Weiterverkaufs von l Zuckerkarte zu 4,5 kg zum Ankaufspreis Mayländer ersucht um Erlass oder Herabsetzung der Busse, wozu er auf seine misslichen finanziellen Verhältnisse hinweist und den Umstand, dass er im Anschluss an seine Verfehlung interniert worden sei.

Der Gesuchsteller lebt seit 1988 als Emigrant in der Schweiz. Er erhält für sich und sein Kind von der landeskirchlichen Flüchtlingshilfe des Kantons Zürich Unterstützungsbeiträge. Seine Frau ist lungenleidend und ist in Davos untergebracht. Bis jetzt hat Mayländer in Eaten Fr. 90 an die Busse bezahlt.

Entgegen der gänzlich ablehnenden Stellungnahme des Generalsekretariates des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes beantragen wir im Hinblick auf die äusserst bescheidene finanzielle Lage und in Anbetracht des vom Gesuchsteller bisher gezeigten Zahlungswillens die Herabsetzung des Bussenbetrages auf Fr. 125, unter Zubilligung von Teilzahlungen nach Ermessen der Vollzugsbehörde.
52, Emma Liechti, verurteilt am 15. März 1945 vom Einzelrichter des 1. kriegswirtschaftlichen Strafgerichts zu einer Busse von Fr. 880 wegen fortgesetzten Schwarzbezuges grösserer Mengen Butter, Käse, Eahm und Milch in der Zeit vom November 1940 bis August 1943.

Die Gebüsste stellt das Gesuch um Erlass bzw. Herabsetzung der Busse auf die Hälfte, wozu sie geltend macht, die im Urteil genannten Quantitäten der schwarz bezogenen Waren seien, wie schon dem Gericht dargelegt, viel

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zu hoch veranschlagt; Käse und Milch habe sie überhaupt nie ohne Abgabe von Bationierungsausweisen entgegengenommen. Sie weist ferner noch besonders darauf hin, dass ihr Gesuch nicht als Appellation aufzufassen sei.

Die von der Gesuohstellerin für die Begnadigung angeführten Beschwerden hätten aber gerade auf dem Appellationswege geltend gemacht werden müssen.

Alle Tatsachen waren bereits dem Eichter bekannt, der nach erfolgter Beweiswürdigung und verbindlicher Feststellung des Straftatbestandes die Busse ausgefällt hat. Es erscheint nicht zulässig, diese Tatsachen unter Umgehung des ordentlichen Instanzenganges in einem Begnadigungsverfahren zu überprüfen. Die Gesuohstellerin führt daneben keine eigentlichen Begnadigungsgründe an. So wird ihr auch nicht geltend gemacht, ihre wirtschaftliche Lage hätte sich seit dem Urteil zu ihrem Nachteile entwickelt. Die getroffenen Erhebungen lassen den Schiusa zu, dass sie die Busse ohne besondere Schwierigkeiten bezahlen kann. Wir beantragen deshalb mit dem Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes Gesuchsabweisung.

53. und 54. Budolf Heiniger und Berta Heiniger, verurteilt am 8. September 1945 vom Einzelrichter des 1. kriegswirtschaftlichen Strafgerichts zu Bussen von Fr. 850 bzw. 110, weil sie als Eiersammler 1850 bzw. 625 Bier von verschiedenen Produzenten ohne Eationierungsausweise entgegengenommen und sie, angeblich zum festgesetzten Höchstpreis, weiterverkauft hatten.

Die Gesuchsteller bitten um Erlass der verhängten Bussen, wozu sie vor allem auf ihre äusserst bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnisse hinweisen und geltend machen, dass die gegen sie und ihre -- mitverurteilte -- Mutter ausgesprochenen Bussen insgesamt ungefähr ein Jahreseinkommen aus dem Eierhandel der ganzen Familie ausmachten und als übersetzt zu bezeichnen seien.

Das Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes ist der Auffassung, dass das Gericht den Gesuchstellern im Strafmass schon sehr weitgehend entgegengekommen sei, und beantragt deshalb Abweisung.

Die Begnadigungsgesuche werden anderseits vom Gemeinderat von Eriswil unterstützt.

Die finanziellen Verhältnisse der Gesuchsteller sind im Hinblick auf die schweren Familienlasten, -wie die durchgeführten Erhebungen zeigten, als äusserst bescheiden zu bezeichnen und verdienen
Berücksichtigung. Bei dieser Sachlage und in Anbetracht dessen, dass allein die Verfahrenskosten, die von einer Begnadigung nicht erfasst werden, einen ansehnlichen Bruchteil des Bussenbetrages ausmachen, beantragen wir den gänzlichen Erlass der Busse.

55. Walter Brand, verurteilt am 21. Juni 1948 von der 1. strafrechtlichen Kommission des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes zu einer Busse von Fr. 850 wegen Kaufs und Verkaufs von Bationierungsausweisen für Lebensmittel, Seife, Schuh- und Textüwaren.

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Brand ersucht um Brlass der Busse unter Hinweis auf seine schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse seit der letzten von ihm wegen Diebstahls und Betruges verbüssten Gefängnisstrafe.

Der Gesuchsteller hatte nach der Entlassung aus dem Strafverhaft im April 1946 ein Einkommen, das ihm ohne weiteres ^Ratenzahlungen an die Busse gestattet hätte. Er stellt sich aber auf den Standpunkt, nichts zu bezahlen, bevor die Busse seinen Wünschen gemäss reduziert worden sei; lieber gehe er wieder ins Gefängnis. Der Gesuchsteller weist zahlreiche gemeinrechtliche Vorstrafen auf. Auf eine Bückfrage bezüglich seiner gegenwärtigen Einkommensverhältnisse und der von ihm geltend gemachten Krankheit hat er nicht geantwortet. Brand erscheint eines Gnadenerlasses unwürdig, und wir beantragen mit dem Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes Gesuchsabweisung.

56. Gilbert Burgat, verurteilt am S.Oktober 1948 vom 3. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu einer Busse von Fr. 150 wegen Schwarzhandels mit Kaffee, ferner vom Einzelrichter des 3. kriegswirtschaftlichen Strafgerichts am 4. August 1944 zu einer Busse von Fr. 120 wegen Verkaufs von Fleischund Mahlzeitenkarten, und am 15. Mai 1945 zu einer Busse von Fr. 100 wegen Schwarzhandels mit Bindemitteln für Salatsauce und ungeröstetem Kaffee.

Burgat ersucht um Herabsetzung des Gesamtbussenbetrages, wozu er geltend macht, er habe diese Schwarzhandelsgeschäfte nur getätigt, um aus seiner aussichtslosen wirtschaftlichen Lage herauszukommen. Hinsichtlich der letztgenannten Verfehlung habe er unterlassen, Einsprache zu erheben. Einem Mitbeschuldigten, der von diesem Eecht Gebrauch gemacht habe, sei die Busse auf die Hälfte herabgesetzt worden.

Wenn der Gesuchsteller geltend macht, er hätte sich durch Schwarzhandel eine Einnahmequelle schaffen wollen, bildet dies sicher keinen Grund zu besonderer Müde. Ebensowenig kann der angeführte Verzicht auf die Einsprache als Begnadigungsgrund Berücksichtigung finden. Dagegen ist festgestellt worden, dass Burgat im Jahre 1939 unversichert verunfallt ist und seither nur noch ganz leichte Arbeit verrichten kann. Er lebt bei seinen Eltern, denen er einen Teil seiner unregelmässigen Einkünfte abliefert; sein Vater ist arbeitsunfähig. Bei dieser Sachlage dürfte es dem Gesuchsteller in der Tat schwer fallen, den vollen
Bussenbetrag innert nützlicher Frist zu bezahlen.

Wir beantragen deshalb die Herabsetzung des Gesamtbetrages von Fr. 870 auf Fr. 200, wobei Burgat für die Abtragung seiner Verpflichtung nach dem Ermessen der Vollzugsbehörde die Möglichkeit zu Teilzahlungen eingeräumt werden soll..

57. Primo Erosi, verurteilt durch Strafmandat des Einzelrichters des 7. kriegswirtschaftlichen Strafgerichtes vom 8. Juli 1945 zu einer Busse von Fr. 400 wegen unerlaubten Anbrauchens des Eeservelagers an Backmehl im Umfange von 3376 kg.

193 Erosi macht geltend, dass das Gericht auf seinen wegen Krankheit verspätet eingereichten Einspruch nicht eingetreten sei und ersucht um Herabsetzung der Busse auf dem Begnadigungsweg.

In der Tat ist der Eichter auf die verspätet eingetroffene Einsprache des Gesuchstellers nicht eingetreten, sondern hat sich darauf beschränkt, diesen über die einschlägigen Bestimmungen betreffend die Einsprachefrist aufzuklären. Erosi wurden dadurch weitere Kosten erspart; waren dem Eichter doch die in der Einsprache geltend gemachten Tatsachen im wesentlichen schon bei Ausfällung des Strafmandates bekannt gewesen. Auch entsprach die Höhe der Busse der Gerichtspraxis in zahlreichen analogen Fällen.

Mit dem Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes sind wir der Auffassung, dass auf diese rechtlichen Erörterungen im Begnadigungsverfahren nicht mehr eingetreten werden kann und dass deshalb, da irgendwelche Begnadigungsgründe weder vorliegen noch geltend gemacht werden, das Gesuch abzulehnen ist. Wir stellen in diesem Sinne Antrag.

58. Louis Monin, verurteilt am 29. September 1945 vom Einzelrichter des 8. kriegswirtschaftlichen Strafgerichtes zu einer Busse von Fr. 400. Monin hat als Vorsteher der Eationierungsstelle der Gemeinde Glovelier bis zum Oktober 1944 vorschriftswidrig den in den Aktivdienst eingerückten Wehrmännem statt einer halben eine ganze Lebensmittelkarte abgegeben. Die Gemeinde Gloveüer wurde für die Bezahlung von Busse und Kosten solidarisch haftbar erklärt. An die Busse wurden bisher Fr. 850 bezahlt.

Der Verurteilte ersucht um Erlass der Busse, wozu er auf seine schweren Familienlasten hinweist und geltend macht, er habe während seiner langjährigen Tätigkeit im Dienste der Gemeinde Glovelier immer sein Bestes gegeben und seine vielseitige Aufgaben ohne irgendwelche Beanstandungen erledigt.

Das Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes beantragt Ablehnung des Gesuches. Monin ist Vater von 9 Kindern, für deren sieben er noch zu sorgen hat. Er bewirtschaftet einen kleinen landwirtschaftlichen Betrieb und besorgt daneben die Gemeindegeschäfte. Die Entschädigung für diese Tätigkeit ist, gemessen an der Beanspruchung, klein.. Vermögen ist keines vorhanden. Angesichts der grossen Familienlasten sind die wirtschaftlichen Verhältnisse als bescheiden
zu bezeichnen. Unter diesen Umständen beantragen wir den Erlass des Bussenrestes.

59. Ernst Zimmermann, verurteilt am 21. Oktober 1944 durch die strafrechtliche Eekurskommission des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes, in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils zu einer Busse von Fr. 500, Zimmermann hat im Sommer 1941 360 kg Fruchtkaffee ausserhalb eines Kontingents zu einem über dem Marktwert liegenden Preis gekauft und den grössten Teil zu übersetztem Preis veräussert. Er hat ferner einem Interessenten ein Angebot für Tee ohne Eationierungsausweise gemacht. Der Gegenwert des restlichen Fruchtkaffees, den er ebenfalls zu verkaufen im Begriffe stand, wurde gerichtlich eingezogen.

194 An die Busse hat Zimmermann bisher Fr. 810 geleistet. Er ersucht um Erlass oder doch wenigstens um Herabsetzung der Strafe, wozu er sich auf die angebliche grossmütige Praxis der Begnadigungsbehörde beruft und geltend machtj er habe mit seinen Konkursgläubigern Abzahlungen vereinbaren müssen, die ihn stark belasteten. Zudem müsste seine Ehefrau auf ärztliche Empfehlung hin ihre berufliche Tätigkeit aufgeben, was eine weitere Verschlimmerung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse zur Folge haben werde.

Das Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes beantragt die Ablehnung des Gesuches. Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Gesuchstellers sind nicht gut. Er steht heute im Begriffe, mit einem Geschäftsfreund ein Import- und Exportgeschäft zu gründen. Da die Entwicklung dieses Geschäftes jedoch noch keineswegs überblickt werden kann, anderseits die Verdienstmöglichkeit der Ehefrau dahinzufallen droht, ist die wirtschaftliche Lage des Gesuchstellers sehr schwierig. Es besteht die Gefahr, dass alle Anstrengungen der letzten Zeit wieder zu nichts werden. In Berücksichtigung dieser Umstände sowie im Hinblick auf den vom Gesuchsteller gezeigten Zahlungswillen und das weite Zurückliegen seiner Verfehlung beantragen wir den Erlass des Bussenrestes.

60. Franz Wechsler, verurteilt am 12. Juli 1945 vom Einzelrichter des 2. kriegswirtschaftlichen Strafgerichtes zu einer Busse von Fr, 230 wegen Anbrauchens des Eeservemebllagers und am 28. März 1946 vom Einzelrichter des 9. kriegswirtschaftlichen Strafgerichtes zu einer Busse von Fr. 800 wegen Anbrauchens der Mehlreserve, Verkaufs von Backwaren in frischem Zustand und ohne Entgegennahme von Eationierungsausweisen sowie wegen mangelhafter Führung der Backkontrolle.

Der Verurteilte ersucht um Erlass der beiden Bussen im Betrage von zusammen Fr. 580, wozu er auf seine schwierige wirtschaftliche Lage, seine grossen Familienlasten sowie auf die ihm von der erlittenen Schlafkrankheit verbliebenen körperlichen und geistigen Schäden hinweist.

Das Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes beantragt die Gesuchsablehnung.

Wechsler betreibt eine kleine gepachtete Landbäckerei, die nur wenig abwirft. Dabei hat er für den Unterhalt seiner Familie mit 6 Kindern aufzukommen. Es trifft zu, dass der Gesuchsteller stets
kränklich ist. Nach dem Bericht der Ortspolizeibehörde steht er finanziell sehr ungünstig und kann seinen Verpflichtungen nur mit Mühe nachkommen. Sem Leumund ist ungetrübt.

Aus den geschilderten Verhältnissen drängt sich der Schluss auf, dass Wechsler auch eine stark herabgesetzte Busse nicht aufbringen könnte. Da er in persönlicher Hinsicht eines Entgegenkommens durchaus würdig zu sein scheint, beantragen wir den gänzlichen Erlass beider Bussen.

61. Jean Matti, wie folgt verurteilt: a. Am 10. Januar 1944 vom kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgericht zu Fr. 600 Busse, in Bestätigung eines erstinstanzlichen Urteils, weil

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er im Jahre 1942 an einem Kettenhandel teilgenommen hatte, indem er von einem Drogisten 388 Liter Paraffinol erwarb, die er mit einem widerrechtlichen Gewinn von Fr. 766 verkaufte; b. Am 28. August 1945 vom 10. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu 45 Tagen Gefängnis und Fr. 800 Busse wegen Teilnahme an zahlreichen Kettenund Schwarzverkäufen von Zucker, Mehl und Eiern sowie an einem Schwarzhandel mit Bationierungsausweisen für Lebensmittel. Ferner hat er während der Strafuntersuehung die Untersuohungsorgane durch bewusst falsche Angaben irregeführt.

Matti, der auf die erste Busse Fr. 450 bezahlte, ersucht um Erlass der Bestbusse und der anlässlich der zweiten Verurteilung ausgesprochenen Strafen, einschliesslich der Freiheitsstrafe. Er führt aus, dass seine Frau im Februar 1945 aus Angst vor den zu erwartenden Strafsanktionen Selbstmord beging.

Heute müsse er sich eine neue Existenz schaffen.

Der Gesuchsteller ist eines Entgegenkommens unwürdig. Er weist Vorstrafen auf und geniesst laut ausdrücklicher Feststellung des 10. kriegswirtschaftlichen Strafgerichtes keinen guten Leumund. Wie das Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtechaftsdepartementes ausführt, sind die in diesem Falle ausgesprochenen Strafen keineswegs übersetzt. Wir beantragen aus diesen Gründen die Gesuchsabweisung.

62. und 68. Joseph Silacci und Josette Silacci, verurteilt am 22./23. Mai 1946 vom Einzelrichter des 6. kriegswirtschaftlichen Strafgerichtes zu je einer Busse von Fr, 500 und Fr. 100 sowie zur Bezahlung des widerrechtlich erzielten Gewinnes von je Fr. 188.50 und Fr. 120.

Vater Silacci kaufte und verkaufte zu übersetzten Preisen und ohne Eationierungsausweise 290 kg Eeis. Er veräusserte ferner 2 neue Fahrradreifen zu übersetztem Preis und stiftete einen Dritten dazu an, zwei Bettdecken ohne Eationierungsausweise zu verkaufen, Josette Silaoci hat von ihrem Vater 250 kg Eeis ohne Eationierungsausweise gekauft und zu übersetztem Preis weiterverkauft.

Für sich und seine noch minderjährige Tochter stellt Joseph Silacci das Gesuch um gänzlichen oder wenigstens teilweisen Erlass der ihm und seiner Tochter auferlegten Verpflichtungen, wozu er geltend macht, er stehe im Begriff, sich wieder zu verheiraten ; seine Braut widersetze sich jedoch einer Heirat, bis diese Angelegenheit in Ordnung gebracht sei. Er könne
aber bei seinen bescheidenen Verhältnissen als Maurer den ihm aus seinem und dem Urteil gegen seine Tochter erwachsenen Verpflichtungen nicht nachkommen.

Das Gericht hat festgestellt, dass Joseph Silacci den Schwarzhandel gewohnheitsmässig betrieben hat. Seine Verfehlungen sind deshalb nicht leicht zu nehmen. Bei Festsetzung des Bussenbetrages hat der Eichter bereits besondere Eücksioht darauf genommen, dass dem Gesuchsteller noch eine Zollbusse auferlegt worden ist.

Wenn ßilacci zur Begründung seines Gesuches auf seine bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnisse hinweist, so haben die durchgeführten Erhebungen

196 andrerseits ergeben, dass er, der keinen TJnterstützungspflichten unterworfen ist, bei seinem Einkommen sehr wohl in der Lage gewesen wäre, ganz wesentliche Abzahlungen an seine Verpflichtungen zu leisten. Er hat aber trotz aller Vorstellungen der Vollzugsbehörde noch überhaupt nichts bezahlt und somit bewiesen, dass er nicht guten Willens ist. Er kann deshalb auch keine besondere Milde für sich in Anspruch nehmen. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass seine Verpflichtungen aus diesem Urteil angeblich ein vorläufiges Hindernis für die beabsichtigte Wiederverheiratung bilden soll. Der Gesuchsteller hat sich nur raschmöghchst zur Abzahlung seiner Schuld zu entschliessen, um dieses Hindernis selbst zu beseitigen.

Josette Silacci hat ebenfalls aus gewinnsüchtigen Motiven gehandelt.

Obschon noch nicht volljährig, ist sie mit ihrem ansehnlichen Arbeitseinkommen wirtschaftlich selbständig und von ihrem Vater unabhängig. Auch sie hätte aus eigenen Mitteln durch ^Ratenzahlungen ihre Schuld weitgehend abtragen können. Sie hat es aber an gutem Willen fehlen lassen.

Unter diesen Umständen beantragen wir angesichts des Fehlens von eigentlichen Begnadigungsgründen .die Gesuchsabweisung.

64. Ernest Wenger, verurteilt am 15. Juni 1945 vom 10. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu einer Busse von Fr. 800 wegen unbewilligten An- und Verkaufs von Autoreifen, Nichtaufnahme von solchen in das obligatorische Inventar. Das Gericht verfügte u. a. auch die Einziehung des widerrechtlich erzielten Gewinnes im Betrage von Fr. 1400 und der 25 nichtgemeldeten gebrauchten Eeifen, Wenger ersucht um Erlass oder wenigstens um Herabsetzung der Busse, wozu er auf seine schlechter gewordenen finanziellen Verhältnisse hinweist und geltend macht, er sei durch den verfügten Verfall von Fr. 1400 an den Staat und die Einziehung der Eeifen bereits genügend bestraft worden.

Die durchgeführten Erhebungen haben gezeigt, dass der Umsatz im Geschäft des Gesuchstellers wohl zurückgegangen ist, dass aber bezüglich seiner wirtschaftlichen Lage kein Anlass zu besonderer Besorgnis besteht. Unter Hin' weis auf die der Handlungsweise des Wenger zugrunde hegenden gewinnsüchtigen Motive, die Tatsache, dass das Gericht die mildernden Umstände bereits weitgehend berücksichtigte, und angesichts des Umstandes endlich, dass Wenger nur für sich
allein zu sorgen hat, beantragen wir im Einvernehmen mit dem Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsablehnung.

65. Josef Mindel, wie folgt verurteilt: am 30. Oktober 1944 vom Einzelrichter der 1. strafrechtlichen Kommission des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes zu einer Busse von Fr. 500, weil er im Jahre 1942/43 Weissbrot herstellte und dasselbe in frischem Zustand und zu übersetztem Preise verkaufte; am 28. November 1945 vom Einzelrichter des 8. kriegswirtschaftlichen Strafgerichts zu einer Busse von Fr. 280 wegen Anbrauchens des Beserve

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mehllagers ohne Bewilligung in der Zeit vom Mai 1948 bis Januar 1945; überdies am 20. Februar 1946 vom Einzelrichter des 8. kriegswirtschaftlichen Strafgerichts zu einer Busse von Fr. 200 wegen Anbrauchens des Beservemehllagers, unrationeller Betriebsführung und Unterbewertung von Backwaren, begangen nach dem Monat Januar 1945.

Bin erstes Begnadigungsgesuch des Verurteilten, das sich nur auf die Busse von Fr. 500 bezog, wurde von der Bundesversammlung in der Dezembersession 1945 antragsgemäss abgewiesen (vgl. Antrag 11 des Berichtes vom 9. November 1945). Der Gebüsste ersucht nun um Erlass oder wenigstens um Herabsetzung des Gesamtbussenbetrages von Fr. 980. Er bringt dazu ira wesentlichen die gleichen Gründe vor wie im ersten Gesuch. Er weist auf seine finanziell schlechte Lage hin und erklärt, der Sachverhalt, wie ihn das Gericht als Grundlage für seine erste Verurteilung angenommen habe, sei unzutreffend.

Das Anbrauchen der Mehlreserve andrerseits sei nur auf die Unausgiebigkeit des Brotmehls und seine Abwesenheit im Militärdienst zurückzuführen.

Für die Beurteilung des Gesuches bezüglich der erstgenannten Busse gelten nach wie vor die schon früher angeführten Erwägungen. Im übrigen zeigen die späteren Verfehlungen wie auch die Ausführungen im Begnadigungsgesuch, dass dem Mindel die Einsicht für die Notwendigkeit der kriegswirtschaftlichen Massnahmen und deren Einhaltung noch weitgehend fehlt. Sein Verhalten, insbesondere dem Einzelrichter der 1. strafrechtlichen Kommission gegenüber, war zudem in hohem Masse unwürdig. In Berücksichtigung dieser Umstände und der Tatsache, dass die finanzielle Lage des Gesuchstellers bei Ausfällung der verschiedenen Urteile berücksichtigt wird und sich seither nicht verschlechtert hat und dass andere Kommiserationsgründe nicht vorliegen, beantragen wir mit dem Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes Gesuchsablehnung.

66. Bobert Meylan, verurteilt am 19. Oktober 1945 vom 10. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu Fr. 1200 Busse, weil er in den Jahren 1941 bis 1948 rund 2500 kg Käse und 1190 kg Butter der Ablieferungspflicht entzogen und auf dem schwarzen Markt abgesetzt hatte.

Meylan, der bis heute in Raten Fr. 890 an die Busse bezahlte, ersucht unter Hinweis auf seine schlechten finanziellen Verhältnisse um gänzlichen oder doch
wenigstens teilweisen Erlass des Bussenrestes.

Das urteilende Gericht hat die heute geltend gemachten Umstände bei der Festsetzung des Strafmasses bereits berücksichtigt und beigefügt, eine -- an sich gerechtfertigte -- höhere Busse sei u. a. auch deshalb nicht angezeigt, weil Meylan sich offensichtlich unter dem Druck seiner Lieferanten verging und während der in Frage kommenden Zeitspanne häufigen Militärdienst leisten musste. Trotz der vom Gericht besonders hervorgehobenen Schwere der Widerhandlungen glauben wir, dem Gesuchsteller im Begnadigungsweg aus den hievor erwähnten Gründen in etwas vermehrtem Masse entgegenkommen zu können,, weshalb wir die Herabsetzung der Gesamtbusse um ein Drittel beantragen.

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67. Albert Haemmerli, verurteilt am 6. Juli 1945 vom kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgericht in Bestätigung dea erstinstanzhchen Urteils zu einer Busse von Fr. 8000. Ausserdem wurde die Urteilspublikation verfügt.

Haemmerli hat vom Oktober 1940 an während mehr als einem Jahr keine Schlachtkontrolle geführt. In dieser Zeit hat er 7 Kälber und 15 Schweine schwarz geschlachtet. Er hat im März 1942 unterlassen, 50 kg Fleisch in seine Schlachtkontrolle einzutragen und zwischen Juni und Oktober 1942 das 736 750 Meischpunkten entsprechende Fleischgewicht ohne Kationierungsausweise verkauft. Endlich hat er im Jahre 1948 unter zwei Malen mit 95 bzw. 125 kg seine Zuteilung überschritten.

Der Verurteilte, der bis jetzt an die Busse Fr. 1000 bezahlte, ersucht um Erlass des Bussenrestes, wozu er auf seine schlechte wirtschaftliche Lage hinweist. Er habe seinen Betrieb verkaufen müssen und arbeite nun als Handlanger in einer Brikettfabrik, um den Lebensunterhalt für sich und seine Frau zu verdienen.

Die durchgeführten Erhebungen haben die Angaben* des Gesuchstellers bestätigt. Haemmerli lebt heute aus seinem sehr bescheidenen Einkommen als Handlanger. Seme finanziellen Verhältnisse erscheinen ziemlich verwickelt und sind jedenfalls nicht gut. Dass Haemmerli trotz fortgeschrittenen Alters und angeblich etwas angegriffener Gesundheit Arbeit als Handlanger angenommen hat, dürfte diese Feststellung erhärten. Der Gesuchsteller hat trotzdem seinen Zahlungswillen gezeigt und Fr. 1000, die er allerdings borgen musste, an die Busse geleistet. Er geniesst einen guten Leumund.

Unter diesen Umständen und in Berücksichtigung der Tatsache, dass diese Verfehlungen schon ausserordentlich weit zurückliegen und aus einer gewissen Notlage heraus begangen worden sein mögen sowie auch im Hinblick auf die verhältnismässig hohen Verfahrenskosten beantragen wir den völligen Erlass des noch ungedeckten Bussenbetrages.

68. Jean Küng, verurteilt am 8. November 1945 vom kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgericht, in Verschärfung des erstinstanzlichen Urteils, zu einer Busse von Fr. 12 000. Das Gericht verfügte ausserdem die Eintragung in die Strafregister und die Urteilsveröffenthchung.

Küng hat vom November 1948 an während eines Jahres ungefähr 16 Tonnen Brotmehl ausgesiebt und die Rückstände mit dem für die Brotherstellung
bestimmten Mehl vermischt. Das ausgesiebte Mehl verwendete er zur Herstellung von Kleinbackwaren.

Der Gebüsste ersucht um wesentliche Herabsetzung der Busse, wozu er geltend macht, die Bezahlung dieser hohen Busse mache ihm ausserordentliche Mühe, da er neben dem in seinem Betrieb investierten Kapital kein Vermögen besitze. Er könne die Abzahlungen, die sich bisher auf Fr. 5000 beliefen, nicht fortsetzen, ohne andrerseits bei seinen Lieferanten Schulden zu machen. Er hätte auch für zwei noch schulpflichtige Kinder zu sorgen.

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Das kriegswirtschaftliche Strafappellationsgericht hat in voller Kenntnis der persönlichen und finanziellen Verhältnisse des Küng die von der ersten Instanz ausgesprochene Busse auf dag Doppelte erhöht. Es hat festgestellt, dass die Verfehlungen des Küng den schwersten bisher beurteilten Fall dieser Art dargestellt habe. Küng habe aus rein gewinnsüchtigen Motiven gehandelt; der daraus gezogene Vorteil wurde auf über Fr. 10 000 geschätzt. Erschwerend dürfte ins Gewicht fallen, dass der Gesuchsteller durch seine Handlungsweise nicht nur sich bereichert, sondern auf der andern Seite durch die Beimischung der beim Aussieben verbliebenen Bückstände unter das Brotmehl die Qualität des von ihm hergestellten und verkauften Brotes ganz wesentlich verschlechtert und derart seinen Kunden geschadet hat. Dass Küng sich zwecks Bezahlung dieser Busse persönlich sowie auch für seine Familie gewisse Einschränkungen auferlegen muss, erscheint nicht als besondere Härte und bildet keinen Anlass zu einer Begnadigung. Dies um so weniger, als auf Grand der durchgeführten Erhebungen keine Anhaltspunkte bestehen, dass der Gesuchsteller bei Bezahlung der Busse in eigentliche Schwierigkeiten geraten könnte.

Wir beantragen deshalb mit dem Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes Gesuehsablehnung, immerhin unter Zubilligung von weiteren Zahlungserleichterungen.

69. André Pasche, verurteilt am 5. Oktober 1946 vom kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgericht zu 10 Tagen Gefängnis und Fr. 2000 Busse, in teilweiser Abänderung eines erstinstanzlichen Urteils. Der bedingte Straferlass wurde wegen verschiedener kriegswirtschaftlicher Vorstrafen verweigert. Das Gericht verfügte ausserdem die Einziehung des Erlöses von Fr. 908.80 aus dem Verkauf des bei Pasche zu Beginn der Untersuchung beschlagnahmten, von diesem vorschriftswidrig erworbenen Fleisches sowie ferner die Urteilspublikation und die Eintragung in die Strafregister.

Pasche hat 1500 kg Fleisch gegen nur 15 % der vorgeschriebenen Eationierungsausweise gekauft und ohne Entgegennahme von solchen wieder verkauft. Weitere Einkäufe hat er überhaupt ohne Bationierungsausweise getätigt.

Ausserdem hat er Schweinefleisch zu übersetzten Preisen gekauft.

Für den Verurteilten ersucht dessen Verteidiger um gänzlichen Erlass der Gefängnisstrafe, wozu er
geltend macht, das Urteil sei im Verhältnis zu den gegenüber den Mitbeschuldigten ausgesprochenen Strafen zu hart. Er bestreitet zudem einen Teil der Pasche zur Last gelegten Verfehlungen und weist darauf hin, die Atmosphäre in diesem Verfahren sei, angesichts der Zusammenhänge mit dem Aufruhr in Bulle, von Anfang an für diesen ungünstig gewesen. Endlich wird auf den guten Leumund des Gesuchstellers hingewiesen.

Die angeführten Gründe beziehen sich alle auf Tatsachen, die bereits vom kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgericht bei der Strafzumessung berücksichtigt wurden. Dennoch sei festgestellt, dass die Strafen nach eingehender Prüfung der Tatumstände und der Verhältnisse jedes einzelnen Angeklagten ausgefällt wurden. Das Gericht hat ausdrücklich festgestellt,

200 dass es sich bei Pasche um einen Sonderfall handle und dass seine Verbindungen zu den andern Mitangeklagten nur lose gewesen seien. Der versteckte Vorwurf der Voreingenommenheit des Gerichtes kann deshalb nicht gehört werden.

Festzuhalten ist femer, dass Pasche diesen gegen die kriegswirtschaftlichen Vorschriften verstossenden Fleischhandel gewerbsmässig betrieben hat.

Eigentliche Begnadigungsgründe werden somit nicht geltend gemacht und hegen auch nicht vor. Namentlich ist der Gesuchsteller in der Lage, seinen Betrieb so zu organisieren, dass dieser auch während seiner lOtägigen Abwesenheit weiterläuft. Ins Gewicht fallende finanzielle oder andere Nachteile werden ihm dadurch nicht entstehen. Mit dem Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes beantragen wir deshalb Gesuchsabweisung.

70. Arthur Schaer, verurteilt am 8. Juni 1946 vom kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgericht zu einem Monat Gefängnis und Fr. 10 000 Busse, in Bestätigung eines erstinstanzlichen "Urteils. Das Gericht verfügte ausserdem die Strafregistereintragung und die Veröffentlichung des Urteils in zwei verschiedenen Zeitungen.

Schaer hat in der Zeit zwischen März 1942 und April 1944 24 Stück Grossvieh, 60 Kälber, 7 Schafe und 98 Schweine schwarz geschlachtet und deren Fleisch im Gesamtgewicht von über 20 Tonnen ohne Bationierungsausweise abgegeben.

Für den Verurteilten ersucht ein Bechtsanwalt um Brlass der Freiheitsstrafe, wozu er geltend macht, Schaer, dessen Gesundheitszustand nicht der beste sei, leide Mangel an Arbeitskräften.

Mit dem Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes sind wir der Ansicht, dass in diesem Falle keine Gründe vorhanden sind, die allenfalls für Nachsicht sprechen könnten. Wir beantragen deshalb die Abweisung der Eingabe und betonen zugleich, dass Schaer sich offensichtlich aus Gewinnsucht verging, die festgestellten Sehwarzschlachtungen ein ungewöhnlich grosses Ausmass annahmen und das Strafappellationsgericht in seinen Erwägungen, der Meinung Ausdruck gab, dass es höhere Strafen ausgesprochen hätte, wenn es an das Verbot der reformatio in pejus nicht gebunden gewesen wäre. Zu beachten ist schliesslich, dass der Gesuchsteller auf kriegswirtschaftlichem Gebiete vorbestraft ist.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 19. Mai 1947.

'304

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Etter.

Der Bundeskanzler: Leimgruber.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

I. Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche.

(Junisession.) (Vom 19. Mai 1947.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1947

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

20

Cahier Numero Geschäftsnummer

5241

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

22.05.1947

Date Data Seite

169-200

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10 035 874

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