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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend das Begnadigungsgesuch der Ehefrau des Jean Baptiste Voillat, Nanette, geb. Chevillat, in Pruntrut.

(Vom 30. Dezember 1897.)

Tit.

Die Ehefrau des Jean Baptiste Voillat, Nannette, geb. Chevillat, in Pruntrut, wurde laut Urteil des Polizeirichters des Amtsbezirks Pruntrut vom 13. Mai 1897 zu einer Geldbuße von Fr. 150 nebst Kosten verurteilt, weil sie in der Gemeinde Coeuve bei Privatpersonen Bestellungen auf Nähmaschinen aufgesucht hat, ohne im Besitze der in Art. 2 des Bundesgesetzes betreffend die Patenttaxen der Handelsreisenden vom 24. Juni 1892 vorgeschriebenen Ausweiskarte für Handelsreisende gewesen zu sein.

Gegen dieses Urteil appellierte die Gebüßte an die Polizeikammer des Appellations- und Kassationshofes des Kantons Bern, welche dieselbe am 18. August d. J., in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils, und in Anwendung der Art. 2, 4, Sa und e, des angeführten Bundesgesetzes zu einer Geldbuße von Fr. 60 und zur Tragung der Kosten im Betrage von Fr. 27. 10 verurteilte.

Mit Zuschrift vom 9. November d. J. stellte die Verurteilte bei uns zu Händen der Bundesversammlung das Gesuch um Nachlaß jener Buße, behauptend, daß sie-kränklich, körperlich schwach und zu arm sei, um die Buße zu bezahlen oder, im Falle der Umwandlung der Buße in Gefangenschaft (Art. 8, Abs. 2), diese letztere bestehen zu können.

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Demgemäß ersuchten wir den Regierungsrat des Kantons Bern mit Schreiben vom 23. November, uns, unter Mitgabe des zweitinstanzlichen Urteils nebst den Strafuntersuchungsakten, ein Vermögenszeugnis über die Eheleute Voillat und ein ärztliches Gutachten über die Petentin einzuhändigen.

Vom Gemeindspräsidenten in Pruntrut wird nun unterm 27. November amtlich bezeugt, daß die Eheleute Voillat n o t o r i s c h arm seien. Der Arzt, Dr. Chevillât, bekundet mit Zeugnis vom 28. November d. J., daß die Ehefrau Voillat beständig leidend sei, so daß sie sich ihren Lebensunterhalt nicht durch Arbeit erwerben könne.

Nach Angabe des Regierungsstatthalteramts Pruntrut soll Dr. Chevillât allerdings mit der Petentin verwandt sein, jedoch in einem sehr entfernten Grade; thatsächlich sei es auch richtig, daß dieselbe ,,von sehr schwacher Gesundheit und oft krank seiu.

Die Glaubwürdigkeit des ärztlichen Zeugnisses liegt demgemäß außer Frage.

Aus diesen Gründen beantragen wir Ihnen, Tit., Sie mögen der Gesuchstellerin die ihr durch das Urteil der Polizeikammer des Kantons Bern vom 18. August 1897 auferlegte Geldbuße von Fr. 60 in Gnaden erlassen.

Genehmigen Sie, Tit., auch bei diesem Anlasse die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 30. Dezember 1897.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Dencher.

Der I. Vizekanzler:

Schatzmann.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend das Begnadigungsgesuch der Ehefrau des Jean Baptiste Voillat, Nanette, geb. Chevillat, in Pruntrut. (Vom 30.

Dezember 1897.)

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1898

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12.01.1898

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39-40

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