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Schweizerisches Bundesblatt.

50. Jahrgang. II.

Nr. 13.

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23. März 1898.

Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über

seine Geschäftsführung im Jahre

1897

D. Politisches Departement, I. Organisation. -- Personelles.

Das Bundesgesetz betreffend die Organisation des politischen Departements vom 26. März 1897 ist am 1. Juli in Kraft getreten.

Das politische Departement umfaßt nun folgendes ständige Personal : einen Departementssekretär, einen Adjunkten, einen Kanzleisekretär, einen Sekretär für das Naturalisationsbureau und zwei Kanzlisten I. Klasse.

Zum Adjunkten (Stellvertreter des Sekretärs) wurde am 6. August Herr Dr. jur. Anton Suter, von Krummenau (St. Gallen), früher Gesandtschaftssekretär, gewählt.

Herr Dr. jur. G. Du Pasquier, Gesandtschaftssekretär, der provisorisch angestellt war, hat im September das politische Departement verlassen, um beim Handelsdepartement die Funktionen eines Übersetzers zu übernehmen.

Am 30. November erhielt Herr Dr. jur. W. Pedrazzini, von Campo, Vallemaggia, die erbetene Entlassung von der Stelle eines I. Kanzlisten und wurde am 23. Dezember durch Herrn Dr. jur.

H. Schreiber, von Thusis, ersetzt.

Bundesblatt 50. Jahrg. Bd. IL

l

II. Bundeskanzlei.

1. Sitzungen der Räte, a. Gesetzgebende Räte.

Im Jahre 1897 haben 4 Sessionen stattgefunden, nämlich vom 15. bis 27. März, 8. Juni bis 3. Juli, 20. September bis 16. Oktober und 6. bis 18. Dezember. Der Nationalrat hielt in dieser Zeit 76, der Ständerat 65 und die vereinigte Bundesversammlung 4 Sitzungen.

b. Bundesrat.

Der Bundesrat hielt 129 (im Jahre 1896: 115) Sitzungen ab und behandelte 5711 Geschäftsnummern (1896: 6056).

Die Zahl der von ihm ausgegangenen Schreiben betrug 6006 (.1896: 6579), wozu 825 (1896: 960) Ausfertigungen bundesrätlicher Bewilligungen zur Erwerbung eines schweizerischen Kantons- und Gemeindebürgerrechts kamen. Den Departementen sind 11,277 Auszüge aus dem bundesrätlichen Protokoll (189G : 11,330) zugestellt worden.

An den Bundesrat sind 5355 Schreiben gelangt (l 896 : 5643) und den einzelnen Departementen überwiesen worden.

2. Kanzleiarbeiten.

Die Bundeskanzlei hat von sich aus 2243 Geschäftsnummern erledigt (1896: 2366).

Die Zahl der den Kantonen und auswärtigen Staaten zugestellten Civüstandsakten betrug 16,010 '(1896: 15,343) und diejenige der vermittelten Strafurteilsauszüge 4590 (1896: 4834).

Beglaubigungen wurden 2042 ausgestellt (im Jahr 1896: 1720).

3. Personelles.

Herr Rudolf E g l i , Weibel, ist zum Kanzlisten des Militärdepartements ernannt worden ; an seine Stelle wurde der bisherige Weibelgehülfe Herr Adolf G - u g g i s b e r g befördert, und als Weibelgehülfe neu gewählt : Herr Ernst W a n z e n r i e d , von Bolligen.

Andere Personalveränderungen haben auf der Bundeskanzlei nicht stattgefunden.

4. Drucksachen.

Das Bundesblatt wurde in der nämlichen Auflage gedruckt, ·wie im Vorjahre, und umfaßte vier starke Bände mit zusammen 2855/g deutschen und 258Y2 französischen Druckbogen. Die Zahl der Abonnenten betrug 1678 für die deutsche und 757 für die französische Ausgabe, einschließlich der von den Staatskanzleien der Kantone Aargau und Waadt direkt bestellten Exemplare.

Vom Band XVI der eidgenössischen Gesetzsammlung sind 26 deutsche, 22 französische und 13 italienische Druckbogen erschienen.

Von der Eisenbahnaktensammlung wurden 40 1 /% Bogen in deutscher und 24 Bogen in französischer Sprache gedruckt, vom Publikationsorgan für Transport- und Tarifwesen 27 YS, bezw.

30YS Bogen.

Das stenographische Bulletin der Verhandlungen der Bundesversammlung umfaßte 1713/4 Druckbogen.

Bei Prüfung des Geschäftsberichtes pro 1896 wurde im Nationalrat der Übelstand signalisiert, daß das Bundesblatt eine relativ so schwache Verbreitung besitze. Wir bedauern, daß die Zahl der Abonnenten nicht größer ist ; es darf aber nicht vergessen werden, daß der Absatz amtlicher Publikationen in der Regel gering ist, daß das Bundesblatt in 723 deutschen und 558 französischen Exemplaren gratis abgegeben wird, und daß das Bedürfnis, das Bundesblatt zu halten, sich nicht so fühlbar macht, weil die Tagespresse den das größere Publikum interessierenden Inhalt desselben ihren Lesern ebenfalls zur Kenntnis bringt. Bei einer Vermehrung der Zahl der Abonnenten darf aber nicht etwa an Mehreinnahmen des Bundes gedacht werden, da die Verwaltung, wie wir es im Geschäftsbericht pro 1892 erwähnten, ungefähr Fr. 7 per Exemplar einbüßt.

Beim stenographischen Bulletin wurde im Nationalrat bemerkt, trage das zu langsame Erscheinen offenbar die Hauptschuld an der schwachen Verbreitung. Wir wollen auch hier nicht unterlassen, hervorzuheben, daß das besteingerichtete amtliche stenographische Bulletin mit den telegraphischen Referaten der Presse über die Verhandlungen der Räte nicht konkurrieren kann.

5. Materialverwaltung.

Bei Prüfung des Voranschlags pro 1898 ist im Ständerat die Anregung gemacht worden, für sämtliche eidgenössischen Ver-

waltungen ein einheitliches System der Materialbeschaffung durchzuführen, um so Ersparnisse und eine bessere Kontrolle über die Verwendung dieser Kredite zu erzielen.

Folgende Departemente, bezw. Departementsabteilungen beziehen jetzt ihre Schreibmaterialien ausschließlich von der Bundeskanzlei und aus ihrem Kredit: 1. Bundeskanzlei; 2. Politisches Departement, exklusive Auswanderungswesen; 3. Departement des Innern : Kanzlei, Archiv, Bibliothek ; 4. Justiz und Polizei: Kanzlei, Bundesanwaltschaft; 5. das ganze Militärdepartement, ohne : Waffenfabrik, Pulverfabrik, Pferderegieanstalt und Munitionsfabrik; 6. das Finanzdepartement, exklusive Staatskasse, Banknotenkontrolle, Münzverwaltung und Zollverwaltung.

Folgende Abteilungen beziehen Sehreibmaterialiengegen Rückvergütung aus eigenen Krediten bei der Materialverwaltung der Bundeskanzlei : 1. beide Auswanderungsbureaux ; 2. Gesundheitsamt; 3. Landesbibliothek ; 4. Oberbauinspektorat ; 5. Direktion der eidgenössischen Bauten; 6. Oberforstinspektorat ; 7. Amt für geistiges Eigentum; 8. Staatskasse; 9. Banknotenkontrolle ; 10. Oberzolldirektion, inklusive Handelsstatistik ; 11. Alkoholamt; 12. Handel und Handelsamtsblatt; 13. Industrie; 14. Landwirtschaft; 15. Amt für Gold- und Silberwaren; 16. Eisenbahndepartement (administrative und technische Abteilung).

Kein Material von der Bundeskanzlei beziehen : 1. Statistisches Bureau ; 2. Versicherungsamt; 3. Münzverwaltung; 4. Post- und Telegraphen Verwaltung.

Dieses System so weit abzuändern, daß alles Material von der Bundeskanzlei geliefert werden solle, erscheint aus folgenden Gründen unthunlieh :

Für manche Abteilungen sind, namentlich was Zeichnungsmaterial betrifft, solche Specialitäten notwendig, daß die Anschaffung viel eher der sachkundigen Departementsabteilung selbst überlassen bleiben muß.

Die Post- und Telegraphenverwaltung und die Zollverwaltung brauchen für sich eine solche Menge Schreibmaterial, daß sich der Bestand eigener Materialverwaltungen für diese Abteilungen vollauf rechtfertigt, weil Engrosankäufe auch von diesen eigenen Ver waltungen gemacht werden können.

In der Bundeskanzlei mangelt es schon jetzt am Raum für die Unterbringung derjenigen Bureauutensilien, die sie an die von ihr bedienten Verwaltungsabteilungen abgiebt. Würde man die Zahl dieser Abteilungen vermehren, so müßte sich sofort das Bedürfnis herausstellen, neue, größere Lokalitäten der Materialverwaltung einzuräumen, sowie auch dem jetzigen Materialverwalter einen ständigen Gehülfen beizugesellen. Eine Ersparnis würde somit bei diesem Verfahren kaum erzielt.

III. Referendumsangelegenheiten; eidgenössische Abstimmungen.

In der Volksabstimmung vom 28. Februar 1897 wurde das Bundesgesetz betreffend Errichtung einer Bundesbank mit 255,984 gegen 195,764 Stimmen verworfen.

Der Bundesbeschluß betreffend Revision von Art. 24 der Bundesverfassung (Wasserbau- und Forstpolizei) wurde am 11. Juli vom Volke mit 156,102 gegen 89,561 Stimmen (18 gegen 7 Standesstimmen) angenommen; ebenso der Beschluß betreffend Aufnahme eines Art. 69 bis in die Bundesverfassung (betreffend den Verkehr mit Nahrungs- und Genußmitteln und solchen Gebrauchs- und Verbrauchsgegenständen, welche das Leben oder die Gesundheit gefährden können) mit 162,250 gegen 86,955 Stimmen (21 gegen 4 Standesstimmen).

Bei der Sammlung der Unterschriften gegen das Bankgesetz sind die gleichen Übelstände zu Tage getreten, welche bei jedem Referendumsbegehren durch das mit der Prüfung der Unterschrütenbogen beauftragte statistische Bureau regelmäßig konstatiert werden.

Es ist vorgeschrieben, daß nur der stimmberechtigte Bürger sich an Referendums- und Initiativbegehren beteiligen darf. Zur Wahrung dieser Vorschrift hat der die Stimmregister führende

Beamte auf jedem Referendumsbogen zu bescheinigen, daß alle darauf befindlichen Unterschriften von stimmberechtigten Bürgern herrühren. Es geschieht aber oft, daß Referendumsbogen einfach in bianco beglaubigt werden. Ein anderes Mittel, Unterschriften nicht stimmberechtigter Bürger einzuschmuggeln, besteht darin, daß man dem zuständigen Beamten Unterschrif'tenbogen mit nur wenigen Namen zur Beglaubigung vorlegt und sie dann wieder in Umlauf setzt. Wenn in der Beglaubigung die Zahl der legalisierten Unterschriften nicht angegeben ist, so ist es klar, daß die Feststellung, ob nachträglich noch weitere Unterschriften Nichtstimmberechtigter hinzugekommen sind, unmöglich ist.

Manche Unterschriftenbogen trugen wohl die Beglaubigung eines X, aber ohne Angabe der amtlichen Eigenschaft der bescheinigenden Person und oft ohne den amtlichen Stempel, so daß wir völlig im Ungewissen waren, ob die Bescheinigung der Stimmberechtigung von dem zuständigen Gemeindebeamten herrührte.

Es wurde ferner konstatiert, daß mehrere Unterschriften offenbar von der gleichen Hand geschrieben waren, und endlich, daß mancher Bürger mehrmals unterzeichnet, d. h. seinen Namen in verschiedene Bogen eingetragen hatte. Es fehlte auch nicht an Leuten, welche, statt ihren Namen und Vornamen auszuschreiben, einfach mit Anführungszeichen (,,) zeichneten.

Um diesen Ubelständen und Mißbrauchen vorzubeugen, sahen wir uns am 23. Februar veranlaßt, eine neue Verordnung zu erlassen und sie durch ein Kreisschreiben vom gleichen Tage den Kantonsregierungen mit einigen erläuternden Bemerkungen zur Vollziehung mitzuteilen.

Diese Verordnung, welche auf den bisherigen Erfahrungen beruhte und keinen anderen Zweck verfolgte, als dem Gesetze Nachachtung zu verschaffen und zu verhindern, daß mißbräuchliche Praktiken Wurzeln fassen und dadurch unsere demokratischen Institutionen selbst Schaden erleiden, wurde infolge der Anfechtung, die sie im Nationalrate erfuhr, mit Kreisschreiben an die Kantonsregierungen vom 2. April sistiert.

Die Frage wird indessen immer wieder auftauchen, wie den Übelständen abgeholfen werden könne und solle, welche regelmäßig bei jedem Referendumsbegehren zu Tage treten, und die der Bundesrat nicht zu beseitigen vermag, so lange er sich nicht auf klare, bindende Vorschriften eines Gesetzes oder einer Verordnung stützen kann.

Bei Anlaß der Volksabstimmung über das Bundesgesetz betreffend die Bundesbank richtete der Stadtrat von Luzern an den

Bundesrat das Gesuch, dieser möchte dafür sorgen, daß die Abstimmungsurne für die Beamten und die Angestellten der öffentlichen Verkehrsanstalten in der Stadt Luzern auch am Samstag, dem 27. Februar, Vor- und Nachmittag, aufgestellt werde.

Wir konnten diesem Begehren nicht entsprechen, weil es mit Art. 9 des Bundesgesetzes, betreffend Volksabstimmungen über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse, vom 17. Juni 1874, imWiderspruch stand, welcher lautet: ,,Die Stimmgebung des schweizerischen Volkes erfolgt auf dem ganzen Gebiete der Eidgenossenschaft an einem und demselben Tage. Dieser Tag wird durch den Bundesrath festgesetzt.u Der Stadtrat von Luzern machte geltend, daß die eben citierte Bestimmung für die Beamten und Angestellten der öffentlichen Verkehrsanstalten durch das Bundesgesetz vom 28. Dezember 1888 aufgehoben worden sei, welches vorschreibe, daß dieser Kategorie von Bürgern Gelegenheit gegeben werden soll, sich an den Wahlen und Abstimmungen zu beteiligen. Diese Novelle beschränke die Erleichterung der Ausübung des Stimmrechts lediglich insoweit, als jeder Bürger an seinem ordentlichen Domizil zu stimmen habe, und als die Stellvertretung bei der Stimmgabe untersagt sei (Art. 3 und 8 des Bundesgesetzes betreffend die eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen vom 19. Juli 1872).

Wir erwiderten hierauf, daß das Bundesgesetz vom 20. Dezember 1888 keineswegs den Art. 9 des Bundesgesetzes vom 17. Juli 1874 aufgehoben habe, noch mit ihm im Widerspruch stehe.

Das Bundesgesetz vom 20. Dezember 1888 schreibe nur vor, daß gewissen Beamten und Angestellten Gelegenheit gegeben werden solle, sich an den eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen zu beteiligen, wobei es, in Ermanglung einer dem Art. 9 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874 delegierenden Bestimmung, selbstverständlich sei, daß diese Gelegenheit nur an dem vom Bundesrate festgesetzten allgemeinen Abstimmungstage geboten werden dürfe.

De lege ferendo, habe der Bundesrat nichts einzuwenden, daß den Eisenbahnbeamten u. s. w. schon am Samstag Gelegenheit geboten würde, ihr Stimmrecht auszuüben ; de lege lata halte er seine bisherige Praxis für unanfechtbar. Der Bundesrat habe sich bei Anwendung der Gesetze an die für deren Auslegung allgemein geltenden Normen zu halten, und nach diesen könne eine alte gesetzliche Vorschrift nur dann durch ein neues Gesetz als aufgehoben betrachtet werden, wenn dieses sie ausdrücklich aufhebe

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oder mit ihr im Widerspruche stehe. Weder das eine noch das andere sei hier der Fall, folglich bestehe Art. 9 des Bundesgesetzes vom 17. Januar 1874 noch zu Eecht. Daraus, daß der Gesetzgeber in der Novelle vom 20. Dezember 1888 nur die Art. 3 und 8 des Bundesgesetzes vom 19. Juli 1872 ausdrücklich vorbehalten habe, folge nicht, daß alle anderen, die Erleichterung der Ausübung des Stimmrechts beschränkenden bundesgesetzlichen Bestimmungen dahingefallen seien.

Die Novelle vom 20. Dezember 1888, welche Art. 4 des Bundesgesetzes vom 19. Juli 1877 modifizierte, habe nur den Kreis der Personen erweitern wollen, denen Gelegenheit geboten werden sollte, sich an den Wahlen und Abstimmungen zu beteiligen. Dies gehe aus einer Vergleichung des neuen mit dem alten Texte klar hervor.

Aus diesen Gründen lehnten wir das Gesuch des Stadtrates von Luzern ab, dagegen luden wir die Regierung des Kantons Luzern ein, dafür zu sorgen, daß die am Abstimmungstage erst gegen Abend in Luzern eintreffenden Eisenbahnbeamten ihr Stimmrecht noch ausüben können. Dies erreichte man dadurch, daß am Bahnhofe bis nach Ankunft der betreffenden Züge eine Urne aufgestellt wurde.

IV. Internationale Angelegenheiten. -- Grenzverhältnisse.

1. Der Zwischenfall, der sich am 16. September 1896 bei der Begegnung des Chefs des Militärdepartements mit Herrn Dr. Alberto Nin, Gesandten der Republik Uruguay, auf dem Manöverfeld des ni. Armeecorps bei Zürich ereignet hatte, ist durch den Austausch freundschaftlicher Erklärungen zwischen beiden Regierungen beigelegt worden.

2. Abgeordnete des schweizerischen Hülfsbundes für Armenien überreichten am 4. März dem Bundespräsidenten, im Namen von 430,000 Schweizern und Schweizerinnen, eine Adresse zu gunsten der Armenier.

Wir erwiderten: Der Bundesrat habe diese Adresse als eine vom warmen Mitgefühl des Schweizervolkes für die Leiden anderer Völker zeugende Kundgebung gern entgegengenommen und hege die Hoffnung, daß diese Kundgebung, welcher der Gedanke an eine mit der neutralen Stellung der Schweiz unvereinbare Ein-

mischung in die Angelegenheiten fremder Staaten fern liege, auch jenseits unserer Grenzen richtig beurteilt und gewürdigt werde.

3. Am 28. September hat der Oranje-Freistaat seinen Beitritt zur Genfer Übereinkunft vom 22. August 1864 zur Verbesserung des Loses der im Kriege verwundeten Militärs erklärt.

Wir gaben von dieser Erklärung den bei dieser Übereinkunft beteiligten Regierungen Kenntnis, welche davon Akt nahmen.

4. Der Vorort Zürich des schweizerischen Friedensvereins richtete am 29. März an uns das Gesuch, wir möchten bei den anderen Staaten Schritte thun, um das Projekt der interparlementarischen Konferenz, betreffend Errichtung eines ständigen Schiedsgerichtes zur Schlichtung internationaler Streitigkeiten, der Verwirklichung entgegenzuführen.

Wir erwiderten : Der Bundesrat verfolge mit großem Interesse die Friedensbewegung und zolle den edlen Bestrebungen der Friedensvereine seine volle Anerkennung, bedauere aber, Schritte in dem gewünschten Sinne nicht thun zu können, weil er den Augenblick hierzu noch nicht für gekommen erachte.

5. Den 26. April teilte uns Herr Bircher, Oberst-Corpsarzt, im Auftrage der Direktion des schweizerischen Centralvereins vom Roten Kreuz, mit, dieser Verein beabsichtige, eine freiwillige Ambulanz unter Führung des Herrn Dr. Bircher auf den türkischgriechischen Kriegsschauplatz zu senden, und fragte an, ob der Bundesrat geneigt wäre, die nötigen Sanitätsoffiziere zur Verfügung zu stellen. Die Besoldung derselben sollte der Bund übernehmen, die Versicherung, die Reise und die Verpflegungskosten dagegen das Rote Kreuz, welches auch alle weiteren Kosten für Ausrüstung und Unterhalt der Ambulanz bestreiten würde. Die hierfür nötigen Gelder würden durch eine Nationalsubskription beschaffen werden.

Am 27. April beschlossen wir, der Mission des schweizerischen Roten Kreuzes 8 Sanitätsoffiziere, l Apotheker und l Verwaltuugsoffizier zur Verfügung zu stellen und den Feldsold dieser Offiziere während der Dauer der Expedition zu übernehmen. Wir erklärten uns ferner bereit, der Ambulanz das nötige Material (Zelte, Kisten, Apotheker- und Verbandzeug u. s. w.) leihweise mit der Verpflichtung zu überlassen, verdorbene oder verloren gegangene Gegenstände dem Bunde, zu vergüten. Konserven sollten vom Oberkriegskommissariat der Mission zum Selbstkostenpreis zur Verfügung gestellt werden.

Da die sogenannte Hülfe der Neutralen nur dorthin gebracht werden darf, wo sie verlangt wird, so war es selbstverständlich,

10 daß die kriegführenden Staaten von der beabsichtigten Absendung einer Ambulanz benachrichtigt und angefragt werden sollten, ob ihnen diese Hülfe willkommen sei. Das politische Departement erließ denn auch im Einverständnisse mit dem Bevollmächtigten der Direktion des schweizerischen Centralvereins vom Roten Kreuze Telegramme in diesem Sinne sowohl an die Ministerien der auswärtigen Angelegenheiten Griechenlands und der Türkei, als an die Centralkomitees des Roten Kreuzes in Athen und des Roten Halbmondes in Konstantinopel.

Während die türkische Regierung die angebotene Hülfe dankend annahm und Saloniki als den Platz bezeichnete, wohin sich die Ambulanz zu begeben hätte, antwortete das griechische Ministerium, daß der dort von der Armee und den Privatvereinen organisierte Sanitätsdienst vorläufig ausreiche ; man behalte sich vor, die großherzige Unterstützung des schweizerischen Roten Kreuzes in Anspruch zu nehmen, wenn sieh später ein Bedürfnis danach fühlbar machen sollte.

Am 3. Mai teilte uns die Direktion des Roten Kreuzes mit, daß mit Rücksicht darauf, daß nicht beide kriegführenden Regierungen das Anerbieten des schweizerischen Centralvereins vom Roten Kreuze angenommen haben, dieser Verein beschlossen hätte, vorderhand von der Absendung einer freiwilligen Ambulanz nach dem türkisch-griechischen Kriegsschauplatz Umgang zu nehmen.

Diese Erklärung brachte uns in eine unangenehme, fast peinliche Situation. Nachdem wir, dem Wunsche des schweizerischen Centralvereins vom Roten Kreuze entsprechend, nicht nur die griechische, sondern auch die türkische Regierung angefragt hatten, ob die schweizerische Ambulanz willkommen wäre, und nachdem die letztere das Anerbieten mit Dank angenommen hatte, waren wir zu der Annahme berechtigt, daß diesem Wunsche ohne weiteres entsprochen werden würde, das um so mehr, als aller Wahrscheinlichkeit nach auch in Saloniki Gelegenheit genug geboten gewesen wäre, beiden kriegführenden Parteien Dienste zu leisten.

In unserer Antwort vom 4. Mai an die Direktion des schweizerischen Centralvereins vom Roten Kreuz gaben wir unserem Befremden über diese Mitteilung Ausdruck und bemerkten ferner : ,,Es würde sich weder mit der neutralen Stellung der Schweiz noch mit den Pflichten internationaler Höflichkeit vertragen, wenn der Bundesrat der in Aussicht genommenen Expedition staatliche Unterstützung auch dann noch angedeihen ließe, nachdem Sie die

11 Hülfe, welche Sie sich der einen kriegführenden Partei zu bringen vorbehalten, wiewohl diese hierauf -- vorderhand wenigstens -- verziehten zu wollen erklärt, der andern kriegführenden Partei zu bringen sich weigern, wiewohl diese das Anerbieten mit Dank angenommen hat.

,,Der Bundesrat ist daher zu seinem Bedauern in der Lage, zu erklären, daß er sich mit dieser Angelegenheit überhaupt nicht mehr wird befassen können und jede weitere Beteiligung wird von der Hand weisen müssen.

,,Demnach wird schweizerischen Offizieren, welche mit einer vom Roten Kreuz ausgerüsteten Ambulanz nach dem Kriegsschauplatz sollten reisen wollen, das Tragen der schweizerischen Uniform untersagt, und es wird ihnen vom Bunde kein Sold ausbezahlt werden ; dieser wird der Ambulanz weder Sanitätspersonal noch Konserven etc. zur Verfügung stellen, kurz, er wird die Expedition als reines Privatunternehmeu ' betrachten, bei dem er sich in keiner Weise mehr zu beteiligen hat und beteiligen wird.

Natürlich fallt auch die Bezeichnung der für dieselbe in Aussicht genommenen Offiziere dahin.a Wir verständigten die türkische Regierung von der Entschließung des schweizerischen Centralvereins vom Roten Kreuz und sprachen darüber unser Bedauern aus, indem wir gleichzeitig hervorhoben, daß dieser Verein ganz unabhängig ist und daß uns keine Einwirkung auf seine Entschließungen zusteht.

Mit Telegramm vom 6. Mai ersuchte der Präsident des griechischen Roten Kreuzes um Absendung der Ambulanz. Infolge der inzwischen in Epirus und in Thessalien vorgefallenen blutigen Kämpfe habe sich die Situation geändert, und eine Ambulanz könnte nun gute Verwendung finden.

Wir beschlossen am gleichen Tage : 1. Es habe bei dem Beschlüsse des Bundesrates vom 4. Mai, nach welchem dieser seine weitere Beteiligung bei der Expedition von der Hand weise, sein Bewenden.

2. Es sei das Telegramm des Präsidenten des griechischen Kreuzes der Direktion des schweizerischen Roten Kreuzes, Herrn Dr. Stähelin in Aarau, unter Hinweisung auf die Schlußnahme vom 4. dies zu gutfindender Berücksichtigung telegraphisch mitzuteilen.

3. Dem Präsidenten des griechischen Roten Kreuzes sei telegraphisch zur Kenntnis zu bringen, daß von seinem Wunsche der

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Direktion des schweizerischen Roten Kreuzes zu gutfindender Berücksichtigung Mitteilung gemacht worden sei, daß aber der Bundesrat sieh mit dieser Angelegenheit nicht mehr befasse.

6. Die vorletzte internationale Konferenz der Vereine des Roten Kreuzes, welche vom 21. bis 27. April 1892 in Rom tagte, hatte folgenden Wunsch formuliert: ,,La cinquième conférence internationale des Sociétés de la Croix rouge émet le voeu que les puissances signataires de la Convention de Genève s'entendent pour étendre les bienfaits de cette convention aux guerres maritimes, dans les conditions et dans la mesure qui leur sont applicables."

Auf Anregung des italienischen Komitees des Roten Kreuzes nahm sich die italienische Regierung der Sache an und ließ den Bundesrat anfragen, ob er geneigt sei, die Initiative zur Einberufung einer diplomatischen Konferenz zu ergreifen, welche eine Revision der Genfer Konvention in dem Sinne einer Ausdehnung ihrer Grundsätze auf den Seekrieg vorzunehmen hätte.

Es ist zu bemerken, daß schon im Jahre 1868 der Bundesrat auf Gesuch der Pariser Konferenz der Hülfsvereine vom Jahre 1867 und auf Anregung der italienischen Regierung selbst (Note vom 15. August 1867) eine Konferenz von Delegierten der Vertragsstaaten einberufen hatte, um die Genfer Konvention zu revidieren und zu ergänzen. Die Verhandlungen fanden vom 5. bis zum 20. Oktober in Genf auf Grundlage eines ,,Enoncé de quelques.

idées à examiner11 statt, das vom internationalen Komitee des Roten Kreuzes in Genf ausgearbeitet worden war. Die Bevollmächtigten der 14 vertretenen Staaten unterzeichneten ein aus 14 Zusatzartikeln bestehendes Abkommen, welches jedoch niemals perfekt wurde, weil einige Staaten es nicht ratifizierten. (Siehe Botschaft des Bundesrates vom 2. Dezember 1868, betreffend Zusatzartikel zur Genfer Konvention vom 22. August 1864.)

Es würde sich nun darum handeln, einen neuen Versuch zu machen, um, sei es in Form von Zusatzartikeln, sei es durch eine Totalrevision der Genfer Konvention, die Mängel zu beseitigen, welche, wie die seit 1864 gemachten Erfahrungen bewiesen haben, dieser Konvention anhaften, und ihre Grundsätze auch auf den Seekrieg auszudehnen.

Wir antworteten der italienischen Regierung, daß wir uns mit diesem Gegenstände bereits seit geraumer Zeit beschäftigten und nicht ermangeln würden, sobald die Vorarbeiten abgeschlossen seien, bei den Regierungen der Vertragsstaaten die nötigen Schritte zu thun.

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An der XI. internationalen Konferenz der Gesellschaften des Roten Kreuzes, welche im September in Wien stattfand und an der wir durch die Herren Dr. Ziegler, eidgenössischen Oberfeldarzt und A. de Claparède, schweizerischen Gesandten in Wien, vertreten waren, berichtete das italienische Centralkomitee über die Verhandlungen zwischen dem Bundesrat und der königlich italienischen Regierung, betreffend Ausdehnung der Wohlthaten der Genfer Konvention auf den Seekrieg. Die Konferenz nahm davon Akt und dankte der italienischen Regierung und dem Bundesrate für ihre Bemühungen.

7. Schon im Jahre 1882 hatte die Gesandtschaft der Vereinigten Staaten Amerikas den Abschluß eines die Bürgerrechtsverhältnisse von Schweizern in Amerika und Amerikanern in der Schweiz regelnden Vertrages angeregt. Der Vorschlag ging dahin : Die ins amerikanische Bürgerrecht aufgenommenen Schweizerbürger würden durch die bloße Thatsache ihrer Naturalisation in den Vereinigten Staaten ihres ursprünglichen Heimatrechtes mit allen sich daran knüpfenden Folgen verlustig erklärt. Der in Amerika naturalisierte, aber nach der Schweiz bleibend zurückgekehrte Schweizerbürger würde dagegen das ursprüngliche Schweizerbürgerrecht wieder erwerben. Für die Angehörigen der Union würden mit Bezug auf ihr Verhältnis zur Union und zur Schweiz die gleichen Grundsätze zur Anwendung kommen.

In einer Note vom 20. Februar 1885 lehnte der Bundesrat diese Anträge aus folgenden Gründen ab : Der Besitz des schweizerischen Bürgerrechts hängt von demjenigen eines Gemeinde- und Kantonsbürgerrechts ab. Die schweizerische Bundesverfassung verbietet im Art. 44 den Kantonen, einen Bürger seines Bürgerrechts verlustig zu erklären, und auch dem Bunde kommt eine solche Befugnis nicht zu. Es würde ihm daher die Kompetenz abgehen, vertraglich an den Erwerb des Bürgerrechts der Vereinigten Staaten Amerikas den Verlust des Schweizer Bürgerrechts zu knüpfen.

Der Begriff der Unverjährbarkeit und Unverwirkbarkeit des Schweizerbürgerrechts, aufs innigste mit den Anschauungen des Schweizervolkes verwoben und durch verschiedene kantonale Verfassungen als ein Grundrecht der Bürger anerkannt, würde es der Schweiz auch unmöglich machen, einen Vertrag abzuschließen, wodurch der Bürger nach > einer kürzern oder längern Abwesenheit die schweizerische Nationalität und das Kantonsbürgerrecht verlieren müßte. Umgekehrt wäre es auch nicht möglich, dem

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Bürger eines anderen Staates die Erwerbung der schweizerischen Nationalität durch Ersitzung zuzusichern, weil sowohl die eidgenössischen als die kantonalen Verfassungen und Gesetze einem solchen Gedanken entgegenstehen.

Im Jahre 1886 und zuletzt mit Note vom 8. Dezember 1896 kam die Gesandtschaft der Vereinigten Staaten Amerikas auf die Angelegenheit zurück und legte den Entwurf eines Vertrages vor.

Dieser neue Schritt war im Berichte des Staatssekretärs an den Präsidenten der Vereinigten Staaten für das Jahr 1896 mit folgenden Worten angekündigt worden : ,,Obwohl der im Jahre 1882 und 1886 gemachte Versuch, mit der Schweiz einen Naturalisationsvertrag abzuschließen, gescheitert ist, wäre es sehr zu begrüßen, wenn mit der Eidgenossenschaft ein Abkommen zu stände käme, welches den Status sowohl als die persönlichen und die Eigentumsrechte der Bürger der Vereinigten Staaten, die schweizerischer Herkunft sind, besser bestimmte. Es ist eine merkwürdige Anomalie, daß die helvetische Republik mit nur wenigen andern modernen Staaten noch an dem allgemein verlassenen Grundsatz einer ewigen Unterthanenpflicht (perpetuai allegiance) festhält. Dies ist um so bemerkenswerter, als dieser Grundsatz in der Schweiz nicht auf der alten Theorie der absoluten Herrschaft des Landesherrn über seine Unterthanen zu beruhen scheint, sondern auf dem Verhältnis des Bürgers zu der Ortsgemeinde, wo er infolge Abstammung odor auch durch Einkauf (purchase) eine Art ewigen Bürgerrechts erwirbt -- ein V e r h ä l t n i s , das nur mit der Z u s t i m m u n g der Gem e i n d e g e l ö s t w e r d e n k a n n . Dieser Anspruch (pretension) geht so weit, daß in Amerika geborene Söhne naturalisierter Schweizer zum Militärdienst angehalten werden, wenn sie die Schweiz besuchen.

,,Der Minister der Vereinigten Staaten in Bern ist, da jetzt bessere Aussichten auf Erfolg vorhanden zu sein scheinen, beauftragt worden, neue Verhandlungen zum Abschlüsse eines Vertrages einzuleiten."

Nach Art. 2, Absatz 2, des von der Gesandtschaft der Vereinigten Staaten vorgelegten Entwurfes müßte ein Schweizer, der das amerikanische Bürgerrecht erworben hat, von der Schweiz in allen Beziehungen als amerikanischer Bürger angesehen werden.

Die Tragweite dieser Bestimmung kann daran ermessen werden, daß nach amerikanischem Rechte ,,alle Personen, die in den Vereinigten Staaten geboren oder naturalisiert und ihrer Juris-

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diktion unterworfen sind, Bürger der Vereinigten Staaten und des Staates sind, in welchem sie ihren Wohnsitz haben".

Art. 3 sieht die Möglichkeit vor, daß einem in der Schweiz naturalisierten Amerikaner bei seiner Rückkehr das amerikanische Bürgerrecht 'wieder verliehen werden könne, ohne daß die schweizerischen Behörden sein inzwischen erworbenes Schweizerbürgerrecht noch geltend machen könnten.

Nach Art. 4 wird der Verzicht auf das Schweizerbürgerrecht präsumiert, wenn sich der aus Amerika stammende Schweizerbürger wieder in Amerika niederläßt, ohne die Absicht zu haben, in die Schweiz zurückzukehren.

Wir beantworteten die Note der Gesandtschaft der Vereinigten Staaten Amerikas am 22. Januar folgendermaßen : Heute noch wie im Jahre 1885 stehe dem Abschlüsse eines Vertrages nach dem vorgelegten Entwurfe der im Art. 44 der Bundesverfassung niedergelegte Grundsatz entgegen. Wenn die Regierung der Vereinigten Staaten es befremdlich finde, daß die Schweiz an diesem Grundsätze festhalte, so wolle sie bedenken, daß jeder Staat selbst die Bedingungen festzusetzen habe, unter welchen sein Bürgerrecht erworben werde oder verloren gehe, und daß das in der Schweiz geltende Recht ebenso in der Anschauung des Schweizervolkes begründet sei, wie die in den Vereinigten Staaten geltenden, von den hierseitigen abweichenden Satzungen der Anschauung des amerikanischen Volkes entsprechen mögen. Es sei nicht richtig, daß ein Schweizerbürger nur mit der Zustimmung seiner Gemeinde aus dem schweizerischen Staatsverbande entlassen werden könne.

Wenn die Zulässigkeit eines Verzichtes auf das Schweizerbürgerrecht beanstandet werde, so könne der Verzichtende nach dem Bundesgesetz vom 3. Juli 1876 an das Bundesgericht rekurrieren, welches, wenn die von diesem Gesetze aufgestellten Bedingungen erfüllt seien, erkenne, daß dem Gesuche um Entlassung entsprochen werden müsse. So habe z. B. das Bundesgericht noch vor kurzem entschieden, daß die Nichtbezahlung der Militärsteuern keinen Grund bilde, die Entlassung zu verweigern.

8. Wir hatten am 5. März erkannt, daß der sich in Zürich als Studierender der Universität aufhaltende Friedrich Ernst Schneider, geboren in den Vereinigten Staaten Amerikas als Sohn eines dort naturalisierten Schweizerbürgers, in der Schweiz militärdienstpflichtig sei. Dieser unser Entscheid stützte sich auf die Feststellungen der Zürcher Behörden, wonach weder der nach Amerika ausgewanderte Vater des Friedrich Ernst Schneider, noch

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die dieser selbst je auf das Schweizerbürgerrecht verzichtet hatte, so daß Vater und Sohn noch als Bürger von Pfäffikon, ihrer Heimatgemeinde, betrachtet werden mußten.

Gegen diesen Beschluß beschwerte sich die Gesandtschaft der Vereinigten Staaten Amerikas mit Note vom 24. März. Die Sache hat eine so große prinzipielle Bedeutung, daß wir uns nicht versagen können, diese Note hier in wortgetreuer Übersetzung zum größten Teil wiederzugeben: ,,Dieser Entscheid des Bundesrates hat hierseits lebhaftes Bedauern und Überraschung hervorgerufen und kann von den Vereinigten Staaten nicht als endgültig angenommen werden. · Ich bin der zuversichtlichen Meinung, daß eine sorgfältigere und einläßlichere Prüfung der Sachlage, unter Berücksichtigung der zwischen den Vereinigten Staaten und der Schweiz bestehenden vertraglichen Beziehungen, den Bundesrat zu einer Schlußnahme geführt hätte, die der anerkannten Einsicht und Gerechtigkeit dieser hohen Behörde besser entsprochen, mit den feststehenden völkerrechtlichen Grundsätzen mehr im Einklang gestanden und der Regierung der Vereinigten Staaten zu größerer Befriedigung gereicht hätte.

,,Herr Schneider ist geborener Bürger der Vereinigten Staaten, weil er zu einer Zeit geboren wurde, wo sein Vater schon im Betitze des Bürgerrechts der Vereinigten Staaten war.

,,Es muß daher des ernsthaftesten darauf beharrt werden, daß Herr Schneider gemäß den Bestimmungen des im Jahre 1850 abgeschlossenen Niederlassungsvertrages von der Leistung des Militärdienstes in der Schweiz entbunden werde. Welche Erwägungen auch zu gunsten der Theorie geltend gemacht werden mögen, daß die Bestimmungen dieses Vertrages für die naturalisierten Bürger schweizerischer Abstammung nicht anwendbar seien, so kann doch darüber ein Zweifel nicht bestehen, daß es in der Absicht der vertragschließenden Parteien lag, ihnen für sämtliche geborenen Vereinigten Staatenbürger Geltung zu verschaffen.

,,Im Vertrage ist keine Ausnahme für diejenigen stipuliert, deren Eltern schweizerischer Herkunft sind. Wer auf den vertraglichen Schutz Anspruch erheben will, hat bloß nachzuweisen, daß er die Eigenschaft eines geborenen Bürgers der Vereinigten Staaten besitzt . . . .

,,Soll es der Schweiz zustehen, zwischen geborenen Bürgern der Vereinigten Staaten einen Unterschied aufzustellen und zu entscheiden, wer von denselben ein Recht auf vertragliehen Schutz besitzt und wer nicht, so hat jener Vertrag für die Vereinigten

^

Staaten keinen Wert mehr und kann auch nicht mehr die Geltung eines Abkommens zwischen gleichgestellten Souveränen besitzen.

Bin derartiger Anspruch oder die Ausübung einer derartigen Befugnis seitens der Schweiz kann von den Vereinigten Staaten nicht zugestanden werden.

,,Jeglichen Anspruch, den die Schweiz, gestützt auf ihre besondere Theorie über angeborenes Bürgerrecht, auf die Dienstleistung des Herrn Schneider hätte geltend machen können, ist nach den Bestimmungen des Vertrages dahingefallen. Gemäß den anerkannten Lehrsätzen des Völkerrechts müssen lokale und Gemeindegesetze vor den ausdrücklichen Bestimmungen des Vertrages zurücktreten. Von einem lokalen Gesetz kann nicht angenommen werden, daß es dem andern vertragsschließenden Souverän bekannt sei, und wenn ein solches lokale Gesetz mit dem Inhalt eines Vertrages in Konflikt gerät, so kann jener andere Souverän durch dasselbe nicht gebunden sein. Es sind das Grundsätze, die nach meiner Ansicht als elementar und selbstverständlich betrachtet werden dürfen.

,,Ich bin deshalb in der Lage, neuerdings das Begehren zu stellen, daß Herr Schneider als geborener Bürger der Vereinigten Staaten Amerikas von der Leistung des Militärdienstes in der Schweiz befreit werde."

Wir lehnten dieses Begehren von neuem ab, und zwar gestützt auf folgende Gründe: Art. II des Niederlassungsvertrages zwischen der Schweiz und den Vereinigten Staaten vom 25. November 1850 bestimmt allerdings, daß die Bürger eines der beiden Staaten, welche in dem anderen wohnen, von dem persönlichen Militärdienste befreit sind, allein es unterliegt keinem Zweifel, daß für die Beantwortung der Frage, wer als Bürger des Niederlassungsstaates zu betrachten ist, die Gesetze dieses Staates maßgebend sind. Dies beruht auf dem allgemein anerkannten, selbstverständlichen Satze, daß jeder souveräne und selbständige Staat selbst die Bedingungen bestimmt, unter welchen sein Bürgerrecht erworben wird und verloren geht.

Der Bundesrat bestreitet nicht, daß Herr Schneider nach der Gesetzgebung der Vereinigten Staaten amerikanischer Bürger ist; aber ebenso unbestritten ist es, daß er kraft unseres Staatsrechts Schweizerbürger ist und infolgedessen, da er sich gegenwärtig unter unserer Jurisdiktion befindet, allen jenen staatsbürgerlichen Pflichten unterliegt, die mit der Eigenschaft eines Schweizerbürgers verbunden sind.

Bandesblatt. 50. Jahrg. Bd. II.

2

F-

18 Der von der Gesandtschaft der Vereinigten Staaten in ihrer Note entwickelte Standpunkt ist unhaltbar, weil er darauf hinausgeht, uns eine Gesetzgebung aufzuzwingen, die nicht die unserige ist, was unzulässig und mit der Stellung eines souveränen, unabhängigen Staates schlechterdings unvereinbar wäre.

Der Vertrag vom 25. November 1850 hat nicht und kann nicht die Tragweite haben, die ihm vom Vertreter der Vereinigten Staaten beigemessen wird. Es wäre sonst unbegreiflich, warum und zu welchem Zwecke die Regierung der Vereinigten Staaten zu widerholten Malen den Abschluß eines Staatsvertrages vorgeschlagen hat, wo es u. a. heißt: ,,Jeder Schweizerbürger, welcher in den Vereinigten Staaten nach dem dortigen Gesetze naturalisiert worden ist, soll von der schweizerischen Regierung in jeder Hinsicht als Bürger der Vereinigten Staaten betrachtet und als solcher behandelt werden." Eine solche Bestimmung wäre in der That überflüssig, wenn die Schweiz schon kraft des Niederlassungsvertrages von 1850 verpflichtet wäre, jeden als amerikanischen Bürger anzuerkennen und zu behandeln, der bewiese, diese Eigenschaft gemäß der Gesetzgebung der Vereinigten Staaten erworben zu haben.

Der Standpunkt des Bundesrates in dieser Angelegenheit entspricht dem Standpunkte, den er stets allen andern Staaten gegenüber eingenommen hat und den die andern Staaten der Schweiz gegenüber einnehmen. Es genüge, auf die französischen Gesetze vom 26. Juni 1889 und 22. Juli 1893 hinzuweisen, welche ihre Wirkungen zu entfalten fortfahren, trotzdem andern Staaten daraus manche Nachteile erwachsen. Damit der Vertrag von 1850 der internen Gesetzgebung und der schweizerischen Bundesverfassung hätte derogieren können, wäre es nötig gewesen, die Befreiung der in Amerika naturalisierten Schweizerbürger vom Militärdienst ausdrücklich zu vereinbaren, wie es denn auch b e s o n d e r e r Verträge bedurft hat, um die Anstände zu beseitigen, welche zwischen den Vereinigten Staaten Amerikas und anderen Staaten wegen des Militärdienstes von in Amerika naturalisierten Bürgern entstanden.

Wir erwähnen den Vertrag mit dem Norddeutschen Bunde vom 22. Februar 1868, mit Österreich vom 20. September 1870 und mit Belgien vom 16. November 1868.

Herr Schneider ist keineswegs genötigt, gegen seinen Willen Schweizer zu bleiben ; er kann gemäß dem Bundesgesetz
vom 3. Juli 1876 auf sein Schweizerbürgerrecht verzichten ; thut er es nicht, so muß angenommen werden, daß er trotz der Lasten, die mit dem Schweizerbürgerrecht verbunden sind, vorzieht, Schweizer zu bleiben.

^

Aber auch gesetzt den Fall, daß nach schweizerischem Recht Herr Schneider nicht die Befugnis hätte, auf sein Schweizerbürgerrecht zu verzichten, könnte der Schweiz das Recht, von ihm den Militärdienst zu fordern, nicht bestritten werden. Diese Anschauung, weit entfernt gegen die Grundsätze des Völkerrechts zu verstoßen, ward von einem hervorragenden amerikanischen Staatsmann, Herrn Staatssekretär Webster, geteilt, welcher in einer Note vom 1. Juni 1852 an den Gesandten der Vereinigten Staaten bei dem König von Preußen darauf aufmerksam machte, daß eine Regierung, wenn sie ihren Unterthanen das Recht nicht zuerkennt, aus ihrem Unterthanenverband herauszutreten, vollkommen berechtigt ist, sie zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen anzuhalten, wenn sie unter ihrer Jurisdiktion betroffen werden.

Dies die Argumente, die wir der Note des nordamerikanischen Gesandten entgegensetzten.

Seitdem ist die Regierung der Vereinigten Staaten auf die Sache nicht wieder zurückgekommen, hat auch den Niederlassungsvertrag vom 25. November 1850 nicht gekündigt.

9. Der Anstand mit Italien wegen der italienischen Zollschiffe auf dem Luganersee, die wiederholt über unsere Grenze hinausgefahren waren, ohne daß davon der Bundesbehörde Anzeige erstattet worden wäre, ist im Sinne unserer Reklamation beigelegt worden. Die italienische Regierung hat die nötigen Anordnungen getroffen, damit künftighin der Bundesrat vorher benachrichtigt werde, wenn ein Zollschiff durch unsere Gewässer fahren muß, um von einem italienischen Hafen zum andern zu gelangen.

10. Am 23. Februar 1897 haben wir beschlossen, die noch in der Bundeskasse liegende Summe von rund Fr. 178,000, herrührend aus rückständigen Sold- und Pensionsgeldern der f r ü h e r e n Schweizerregimenter in spanischen Diensten, sei zu liquidieren. Nachdem die Frist zur Anmeldung daheriger Ansprüche am 23. August 1897 abgelaufen ist, hat der Liquidator die Prüfung der angemeldeten Forderungen begonnen. Wir hoffen, bis Ende 1898 diese Angelegenheit erledigen zu können.

11. Wir sind leider noch nicht in der Lage, Ihnen die Genehmigung des im Jahre 1891 zwischen der Schweiz und Prankreich abgeschlossenen Vertrages über die Grenzbereinigung zwischen Wallis und Hochsavoyen (Mont Dolent) durch die französische gesetzgebende Behörde zu melden.

12. Bei gewissen Grenzanständen haben wir die Erfahrung o·emacht, daß es zeitraubender Nachforschungen bedarf, um in

K" den Besitz des zur Beurteilung der Frage nötigen Urkundenmaterials zu gelangen. Die auf unsere Grenze bezüglichen Urkunden sind bei weitem nicht alle im Bundesarchiv vorhanden, sondern zum Teil in den kantonalen Archiven zerstreut. Um diesem Mangel abzuhelfen, haben wir die Veranstaltung einer gedruckten Sammlung der wichtigsten Dokumente (Verträge, Protokolle u. s. w.), die sich auf die Feststellung unserer Landesgrenze beziehen, angeordnet. Eine genaue Beschreibung unserer Grenzen in historischer und topographischer Hinsicht wird dieser Sammlung als Einleitung vorangehen. Es wird ferner durch das topographische Bureau eine genaue, auch die Marchsteine mit ihren Nummern angebende Karte der schweizerischen Grenzzone aufgenommen und der Sammlung beigegeben werden.

Eine vorläufige Grenzinspektion, die wir durch 7ollwäohter haben vornehmen lassen, hat uns in der Ansicht bestärkt, wie notwendig es sei, hierin Wandel zu schaffen. Diese Inspektion hat ergeben, daß längs unserer Grenze eine größere Anzahl fehlender oder schadhafter Marchsteine zu ersetzen sind. Wir haben das hierzu Erforderliche angeordnet.

Verhandlungen mit den Nachbarstaaten schweben noch mit Bezug auf die Setzung und die Wiederherstellung folgender Grenzsteine : a. Nr. 151 A, 158, 181 A, 182, 185, 189, 191, 235 A, 236, 261, 278, 288, 290, 292, 321, 321 A, 322 zwischen dem Kanton Bern und Frankreich (Departement Beifort) 5 b. Nr. l, 4, 20, 23, 26, 34, 36, 37, 44, 60, 69, 76, 82, 90, 93, 102, 104, 155, 167 und 168 zwischen dem Kanton Neuenburg und Frankreich (Doubs); c. Nr. 3, 5, 7, 10, 21, 23, 24, 117, 124, 125, 126 und 145 zwischen dem Kanton Waadt und Frankreich (Doubs); d. Nr. 3, 9, 27, 27bis, 31, 35, 36, 40, 67, 77, 83bi8, 101, 130, 145, 147, 153, 158, 190, 191 und 192 zwischen dem Kanton Genf und Frankreich (Hochsavoyen) ; Nr. 25, 27, 76, 135 und 157 zwischen demselben Kanton und dem AinDepartement ; e. Nr. l zwischen Baselstadt und dem Elsaß; Nr. 6, 3, 45, 47, 56«, 58«, 62, 64, 66, 68, 74, 77, 80, 81, 83, 84, 89, 110, 114, 117, 120, 121, 123, 129, 132a, 134, 135«, 140, 1436 und 147 zwischen Baselstadt und dem Großherzogtum Baden (Bezirksamt Lörrach); f. Nr. 19, 30, 44, 45, 65, 105, 106, 111, 126, 127, 130, 132, 134 und 135 zwischen Baselland und dem Elsaß;

·21 g. Nr. 7, 10, 13, 14, 20, 22, 45, 49, 56, 58, 64, 70, 77, 81, 83, 95 und 97 zwischen dem Kanton Solothurn und Deutschland; h, Nr. 34, 48, 153, 247 zwischen dem Kanton Schaffhausen und dem Bezirksamt Waldshut (Baden) ; Nr. 448, 477, 534, 557, 571, 575 zwischen Sehaffhausen und dem Bezirksamt Bonndorf (Baden); Nr. 46, 55, 89, 189, 191, 199, 201, 334, 360, 366, 370 zwischen Schaffhausen und dem badischen Bezirksamt Konstanz; Nr. 21, 29, 32 und 47 zwischen dem gleichen Kanton und dem badischen Bezirksamt Engen.

Eine Kommission ist ernannt worden zur Feststellung jenes Teiles der Grenze, welcher durch den N a n t de V e s o g n e zwischen der südwestlichen Ecke des Kantons Genf (Gemeinde Chancy) und dem Departement Hochsavoyen gebildet wird.

Eine weitere Grenzbereinigung, die noch. im Gange ist, bezieht sich auf die Strecke zwischen den Grenzsteinen Nr. 130, 131 und 132 bei Ligornetto (Tessin) und Clivio (Italien).

Genehmigt sind die Protokolle betreffend : a. die Grenzberichtigung zwischen den Gemeinden V e y r i e r (Hochsavoyen) und B o s s e y (Genf) ; b. die Wiederherstellung des Grenzsteines Nr. 210 zwischen den Gemeinden Arzier und Le Muids (Waadt) und den französischen Gemeinden B o i s d ' A m o n t und Les R o u s s e s , sowie des Grenzsteines Nr. 280 zwischen der Waadtländer Gemeinde La R i p p e und der französischen Gemeinde Vesenez; c. die Wiedererrichtung einer Anzahl Marchsteine zwischen dem Kanton Bern und Frankreich ( D o u b s d e p a r t e m e n t ) ; d. die Wiederherstellung des Grenzsteines Nr. 25 zwischen B r e n o (Tessin) und C u r i g l i a (Italien).

13. Zwei italienische Zollwächter verübten am 12. April bei Castasegna eine Grenzverletzung. Die italienische Regierung gewährte uns Genugthuung, indem sie die Fehlbaren disciplinarisch bestrafte.

T. Besondere Fälle.

1. Nach den Berichten unseres Generalkonsuls in Valparaiso i s t H e i n r i c h M e y e r , von Oberendingen (Aargau), der, wie wir im Geschäftsbericht für 1896 meldeten, eine so unmenschliche Behandlung durch die chilenische Polizei zu erdulden hatte, von der Anklage, einen chilenischen Polizeisoldaten ermordet zu haben, freigesprochen worden.

22 2. Ein Schweizerbürger, Namens Johann S o m m e r , aus Ursenbach (Bern), ist am 17. März in Ercilla (Chile) von herumstreichendem Gesindel überfallen, beraubt und derart mißhandelt worden, daß er einige Tage darauf starb. Er hinterläßt fünf Kinder, von denen vier in zartem Alter, so daß sie versorgt werden müssen. Der schweizerische Generalkonsul in Valparaiso ist eingeladen worden, zuständigen Orts darauf zu dringen, daß die Mörder ermittelt und bestraft werden.

In der gleichen Kolonie ist ein anderer Schweizer, Namens Emmenegger, aus dem Kanton Freiburg, ermordet worden.

3. Nach einem Berichte unseres Ministerresidenten in BuenosAyres sind die Mörder des Job. H u b e r aus dem Kanton Zürich verhaftet und sollen bald abgeurteilt werden.

4. Über den Ausgang des Prozesses gegen die Mörder des Joseph L a u b er aus Gliß (Wallis), der Eheleute Balthasar M a t h i e u und ihrer Enkelin Marie M a r n e r aus dem Kanton Wallis haben wir noch keine Nachrichten aus Buenos-Ayres erhalten.

5. Im Berichtsjahre sind beim politischen Departement neunzehn Gesuche um Befreiung von Schweizerbürgern aus der französischen Fremdenlegion eingelangt. Nur in acht Fällen war unsere Verwendung erfolgreich; drei sind noch pendent. Die französische Regierung weigert sich stets, Söldner zu entlassen, die schon 18 Jahre alt waren, als sie sich anwerben ließen, es sei denn, daß sie an einer schweren Krankheit leiden, die sie dienstuntauglich macht.

6. K o n s u l a r g e r i c h t s b a r k e i t .

Wir haben nur ein Konsulat, welches mit Jurisdiktionsbefugnissen ausgestattet ist, nämlich das Generalkonsulat in Yokohama. Diese Gerichtsbarkeit gründet sich auf Art. 4, 5 und 6 des Freundschafts- und Handelsvertrages mit Japan vom 6. Februar 1864, wonach Streitigkeiten zwischen Schweizerbürgern in Japan ,,der Jurisdiktion der in Japan eingesetzten schweizerischen Behörden unterstellt sinda.

Die Organisation und das Verfahren unseres Konsulargerichts sind nicht, wie es in anderen Staaten der Fall ist, durch Gesetz geregelt. Die am 14. Februar 1866 vom Bundesrate dem schweizerischen Generalkonsul in Yokohama erteilten Instruktionen besagen in Ziffer 5 : ,,Bei Ausübung der Jurisdiktion soll der Herr Generalkonsul sich jedesmal einige seiner Landsleute als Gerichtsbeisitzer beiordnen und die in der Schweiz geltenden allgemeinen Rechtsgrundsätze, sowie die Platzusancen zur Richtschnur nehmen. "·

23 Das Kreisschreiben des Bundesrates vom 11. Juli 1882 an die schweizerischen Konsularbeamten in Japan giebt diesen eine ausführlichere Anleitung : für das Verfahren sei, soweit die besondern Verhältnisse der Jurisdiktion in Japan es zuließen, das Bundesgesetz vom 22. November 1850 über das Verfahren bei dem Bundesgerichte in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten anzuwenden ; was das materielle Recht betreffe, so seien in allen civilrechtlichen Fragen die Bundesgesetze über das Obligationenrecht, die Handlungsfähigkeit u. s. w., sowie die Gesetze des Heimatkantons des Interessenten, oder vorkommenden Falls des Beklagten, maßgebend, es wäre denn, daß Lokalgebräuche bestünden, deren Beobachtung allsdann vorzuziehen sein dürfte.

Mit Bezug auf die Weiterziehung einer Prozeßsache an eine höhere Instanz besagen die bundesrätlichen Instruktionen nur, daß ,,die von dem Konsulargericht gemäß § 5 der Instruktionen vom 14. Februar 1866 gefällten Urteile sofort vollstreckbar sind, auch wenn Rekurs an den Bundesrat eingelegt werden sollte"'.

Die Firma C. und J. Favre-Brandt in Yokohama legte gegen drei Urteile des schweizerischen Konsulargerichts in Japan vom 5. Dezember 1892 und 4. Februar 1893, womit sie mit ihren Forderungen an einen schweizerischen Kaufmann, Herrn Schoene, abgewiesen worden war, Berufung an den Bundesrat ein.

Wir erkannten, daß es dem Charakter des Bundesrates als einer Administrativbehörde widerspräche, wenn er sich als Berufungsinstanz in einer rein bürgerlichen Rechtsstreitigkeit konstituieren würde, und beschränkten uns darauf, die Sache in formeller Beziehung, d. h. nur nach der Richtung hin zu prüfen, ob das Konsulargericht in Yokohama richtig verfahren sei.

Wir glaubten uns hierzu befugt, weil der Bundesrat als oberste Aufsichtsbehörde berechtigt und verpflichtet ist, die Amtsführung der ihm unterstellten Konsularbeamten auch in Beziehung auf die Ausübung der Gerichtsbarkeit zu kontrollieren und in Beschwerdefällen, d. h. wenn es sich ergeben sollte, daß die Konsuln als Richter ein regelwidriges Verfahren, Kompetenzüberschreitung u. s. w.

sich haben zu Schulden kommen lassen, Recht und Ordnung wiederherzustellen, d. h. das Urteil aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung entweder an dasselbe oder au ein anderes schweizerisches Gericht in dem ausländischen Staate zu verweisen,
eventuell zu erklären, die Sache gehöre nicht vor ein konsularisches Gericht.

Da sich aus der angestellten Untersuchung kein Kassationsgrund ergab, so wiesen wir die Rekurse der Herren C. und J. FavreBrandt ab.

24

Den gleichen Standpunkt vertraten wir in einem anderen Rekursfalle, betreffend ein Urteil des schweizerischen Konsulargerichts in Yokohama vom 28. September 1896 in der Civilstreitsache Merian-Zäslin contra Haus Spörri. Der Rekurrent, Haus Spörri, wurde mit seinem Kassationsbegehren ebenfalls abgewiesen.

Die schweizerische Konsulargerichtsbarkeit in Japan wird mit der vollen Inkraftsetzung des am 10. November 1896 mit Japan abgeschlossenen Freundschafts-, Niederlassungs- und Handelsvertrages aufhören.

VI. Vertretung der Schweiz im Auslande.

A. Gesandtschaften.

Im Personal unserer diplomatischen Vertretung im Auslande sind folgende Veränderungen vorgekommen: Rom. Herr Dr. Hans Rudolph B u r e k h a r d t , seit April 1896 Attaché bei der schweizerischen Gesandtschaft in Rom, wurde im Januar 1897 auf sein Gesuch hin unter Verdankuug der geleisteten guten Dienste entlassen.

Herr Johann Bernard Wer n li, von Thalheim (Aargau), wurde am 18. Oktober zum Kanzler der Gesandtschaft ernannt.

Washington. Zum Kanzler der schweizerischen Gesandtschaft in Washington haben wir Herrn Rudolph H tigli, Notar in Bern, gewählt.

Buenos Ayres. Herrn Edmond R u c h e t t e , von Genf, Sekretär der schweizerischen Gesandtschaft in Buenos Ayres, haben wir die erbetene Entlassung unter Verdankung der geleisteten Dienste erteilt.

Berlin. Herr Legationsrat Karl C. T a v e l , von Payerne, starb am 21. Dezember an einem Herzschlag. Wir haben in ihm einen intelligenten, treuen und gewissenhaften Beamten verloren, der seit 1888 dem Bunde als Attaché des Departements des Auswärtigen und als Gesandtschaftssekretär in Washington und in Berlin vorzügliche Dienste geleistet hatte.

Wien. Herr F. du Martheray, Sekretär der Gesandtschaft, ist zum Legationsrat befördert worden.

25 B. Konsulate.

a. Errichtung neuer Konsulate.

1. Das schweizerische Vizekonsulat in F l o r e n z ist in ein vom Konsulat in L i v o r n o unabhängiges Konsulat umgewandelt worden. Zu seinem Amtsbezirke gehören die Provinzen Florenz, Siena und Arezzo, während der Amtsbezirk des Konsulats in Livorno die Provinzen Livorno, Pisa, Lucca, Massa Carrara und Grosseto umfaßt.

2. Wir haben in P r a g ein schweizerisches Konsulat für Böhmen, Mähren und Schlesien errichtet.

3. Das Vizekonsulat in Hamburg wurde aufgehoben, weil es neben dem Konsulate nicht notwendig war.

b. Veränderungen im Bestände unseres Konsularpersonals.

Es sind zu Konsuln ernannt worden : Barcelona. Am 16. Januar Herr Johann Schmid, von Schlattingen (Thurgau), an Stelle des Herrn Syz.

Livorno. Am 13. Februar Herr Viktor L i e b e r von Prauenfeld.

Florenz. Am 13. Februar Herr Karl S t ein h a u sii n, von Sumiswald (Bern).

Baliia. Am 27. April Herr Hans Massini, von Basel, an Stelle des zurückgetretenen Herrn E. Meister.

Riga. Am 6. Juli Herr Heinrich M a n t e l von Winterthur, an Stelle des verstorbenen Herrn Karl Johann Caviezel.

Kopenhagen. Am 6. Juli Herr W. S c h a f f n e r , von Basel, an Stelle des am 30. März verstorbenen Herrn Cloötta.

Lissabon. Am 27. August Herr Jules M a n g e , von Genf, an Stelle des zurückgetretenen Herrn Zellweger.

Montevideo. Am 4. Oktober Herr Hermann W e t t s t e i n , von Wallisellen (Zürich), als Nachfolger des verstorbenen Herrn Alfred Grimm.

Prag. Am 18. Oktober Herr Daniel M ä r k y , von Monthal (Aargau).

Mannheim. Am 9. November Herr Karl H a f t er, von Weinfelden (Thurgau).

Bremen. Am 3. Dezember Herr Friedrich K r o s e , deutscher Staatsangehöriger.

26

Sala-via. Am 23. Dezember Herr F. Zimmermann, von Diessenhofen, bisheriger Vizekonsul, an Stelle des zurückgetretenen Herrn Bugen Buss.

Es sind ferner folgende Veränderungen zu verzeichnen : Hamburg. Herr Joß-Regli wurde auf sein Gesuch hin von der Stelle eines Vizekonsuls unter Verdankung der geleisteten guten Dienste entlassen.

Traiguen (Chile). Herr C. Breganti erhielt die erbetene Entlassung als Vizekonsul unter Verdankung der geleisteten guten Dienste.

An seine Stelle haben wir Herrn Wie dm er, von Diemtigen (Bern), gewählt.

Yokohama. Herr Dr. jur. Joseph K n ö r r , von Basel, ist zum Sekretär des Generalkonsulats ernannt worden.

Warschau. Herr Konsul Bardet kam um seine Entlassung ein, die wir ihm am 16. November unter Verdankung der geleisteten guten Dienste erteilten.

Buenos-Ayres. Wir haben Herrn Franz F l u r y von Klein-Llitzel, Kanzler bei der Minister-Residentur, zum schweizerischen Vizekonsul befördert.

Frankfurt, a. M. Herrn Konsul Karl von F r i s c h i n g wurde die aus Gesundheitsrücksichten erbetene Entlassung unter Verdankung der seit 1877 dem Bunde geleisteten guten Dienste erteilt. Der Posten hat noch nicht wieder besetzt werden können.

|c. Die Zahl der Konsularbezirke beträgt 110, von denen 9 unmittelbar durch die Gesandtschaften verwaltet werden. Wir haben im ganzen 113 Konsularbeamte, nämlich : 12 Generalkonsuln, 72 Konsuln, 28 Vizekonsuln, l Konsularagent.

d. Konsularentschädigungen.

38 konsularische Vertretungen (9 Generalkonsulate, 28 Konsulate, l Vizekonsulat) haben folgende Entschädigungen erhalten: 1. Algier, K Fr.

1,500. -- 2. Amsterdam, K ,, 1,000. -- 3. Antwerpen, K ,, 1,000. -- 4. Besançon, K ,, 3,000. -- Übertrag Fr.

8,500. --

27 Übertrag 5.

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36.

37.

38.

Bremen, K Brüssel, G.-K Bukarest, G.-K Chicago, 111., K Cincinnali, Ohio, K Genua, K Hamburg, K Havre, K Lissabon, G.-K Livorno, K Lyon, K Madrid, G.-K Mailand, K Marseille, K Melbourne, K Montevideo, K Moskau, K Neapel, G-.-K New-Orléans, La., K New-York, K Nizza, K Odessa, K Philadelphia, Pa., K Riga, K Rio de Janeiro, G.-K St. Louis, Mo., K St. Petersburg, G.-K Stockholm, K Tiflis, K Traiguen, V.-K Valparaiso, G.-K Venedig, K Warschau, K Yokohama, G.-K.

Gehalt des Berufs-Generalkonsuls Für den neu gegründeten Kanzlerposten . . .

Fr.

,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,,

8,500. -- 1,000. -- 6,000. -- 3,500. -- 1,500. -- 1,500. -- 2,000. -- 1,500. -- 7,000. -- 1,000. -- 1,000. -- 4,000. -- 1,500. -- 4,500. -- 3,000. -- 2,000. -- 1,000. -- 3,000. -- 2,500. -- 2,000. -- 9,000. -- 3,000. -- 2,000. -- 2,000. -- *)500. -- 9,000. -- 1,500. -- 6,000. -- 3,500. -- 1,000. -- 1,000. --1,000. -- 1,000. -- 1,000. --

Fr. 11,500. -- ,,

1,972. 10 Total

*) Entschädigung für das I. Semester.

B 13,472. 10 Fr. 110,972. 10

28 e. Konsulartarif. -- Einnahmen und Ausgaben der schweizerischen Konsulate.

1. Nach Ziffer 7 des Tarifs für die Konsulargebühren (Beilage 7 zum Reglement für die schweizerischen Konsularbeamten vom 26. Mai 1875) durften die schweizerischen Konsuln bisher für Zeitversäumnis bei persönlicher Besorgung von Privatgeschäften im Interesse Dritter folgende Gebühren erheben : für einen halben Tag Fr. 15 in Europa, Fr. 30 in außereuropäischen Ländern ; für einen ganzen Tag Fr. 30 in Europa, Fr. 50 in außereuropäischen Ländern.

Wir haben diesen Tarif folgendermaßen abgeändert: für einen halben Tag Fr. 10 in Europa, Fr. 15 in außereuropäischen Staaten ; für einen ganzen Tag Fr. 2(KTin Europa, Fr. 30 in außereuropäischen Staaten.

Eine weitere Änderung, die wir an dem Konsulartarif vorgenommen haben, betrifft die Gebühren für Liquidierung von Erbschaften. Ziffer 9 dieses Tarifs bestimmte: Für Liquidierung von Erbschaften (Unkosten nicht inbegriffen) : a. bis auf Fr. 5000 zwei Prozent; b. von Fr. 5000--100,000 vier Prozent; c. von Fr. 100,000 und darüber fünf Prozent.

Die Anwendung dieses Tarifs hatte in der Praxis zu ganz absurden Konsequenzen geführt. Wir haben daher gefunden, daß auch hierin Wandel geschaffen werden müsse, und sind bei Bestimmung des neuen Tarifs davon ausgegangen, daß sowohl auf die wirkliche Mühewaltung und die Zeitversäumnis als auch auf die Höhe der erhobenen Summe Rücksicht zu nehmen sei. Ziffer 9 des Konsulartarifs lautet nun: ,,Für Einziehung von Geldern und Erhebung von Verlassenschaften : ,, E i n s v o m H u n d e r t d e s N e t t o b e t r a g e s (Unkosten nicht inbegriffen).

,,Die Konsuln haben außerdem, wenn das Geschäft zeitraubende Gänge und Korrespondenzen verursacht, Anspruch auf die unter Ziffer 7 aufgeführten Gebühren für Zeitversäumnis.a So darf z. B.

ein Konsul, der eine Verlassenschaft_ von Fr. 10,000 liquidiert hat und dabei 5 volle Tage beschäftigt gewesen ist, in Abzug bringen :

Ausgaben und Einnahmen der schweizerischen Konsulate pro 1897.

A. u. e g a b e n.

Konsulate.

Hiete, Heizung nnd Beleuchtung-.

Besoldung des Kanzlers.

Auslagen für Porti und Aufrufe.

Bureaubediirfnlsse, fobiliar u. dgl.

Total der Ausgaben.

Total der Einnahmen.

Konsulat gebühren.

Fr.

Kr.

l'Y.

Kr.

Kr.

Kr.

i'-r.

6. ir>

· Adeiaido V -K ! Aloicr K

540. -- 903. --

Antwerpen, K

500. -- 420. -- 1,200. --

Athen K Bahia K

646. 60 Bayonne, V.-K Besançon, K Béziers, K. .

606. 30

! Bruxelles, G.-K 1 Bucarest, G. -K ; Chieao-o 111 K Christiania, K Cincinnati, Ohio, K

.

270. --

880. -- 1,620. --

3,150. -- 4,000. --

1,600. --

5,280. -- 2,894. 51

15. -- .

.

.

400. -- 200. --

Florenz K. .

. .

Frankfurt a/M K Galatz, K Galveston, Texas, K Hamburg, K Havre, K. .

1,200. --

1,055. --

319. 50

Cordoba V -K Denver, Colorado, K · Dijon, K. ...

.

.

.

Königsberg i/Pr., K .

Knoxville, Tenn., K.-A Leipzig, K Lissabon, G.-K

.

E i n n. a h. m e n.

25. 30

15. --

786. 45

3,000. --

834. -- 444. 55

1,500. -- 910. --

3.

135.

43.

5.

16.

-- -- -- 85 --

116.

77.

47.

66.

75 50 70 --

37.

75.

131.

24.

85 91 30 05

148. 75 58. -- 249. 85

441.

24.

99.

24.

21.

319.

130.

96.

408.

12.

149.

16.

10 35 95 40 -- 65 -- 20 25 m 79 50

333.

236.

9.

81.

97.

220.

200.

19.

262.

4.

137.

29.

25 10 25 50 50 50 -- 50 70 78 19 10

102.

75.

49.

71.

8.

6.

27.

91.

45.

74.

62.

35 18 22 30 20 15 50 90 06 20 70

91.

61.

5.

246.

38.

90 55 70 75 50

2.

14.

85.

52.

36.

46.

15 95 20 15 30 90

362. 50 73. 70

Kr.

1,830. -- 1,246. 75

53. 55

53. 55

1,282. --

1,117. --

1,027. 75

186.

95.

224.

65.

25.

60 83 80 -- --

2,580. 65

3,256. 65

260. 45 109. 20

260. 45 169. 90

1,430. 90

1,055. --

118. 50

64. 50

4,570. 15 5,950. --

6,197. 10 4,592. --

115. 70

115. 70

7,550. 95

13,005. 95

17. 69

21. 39

3,500. 99

6,395. 50

45. 60

45. 60

209.

136.

454.

518.

87.

6.

53.

25 73 92 05 -- 15 25

Bemerkungen,

Ausgaben. | Einnahmen.

1 1

239.

112.

209.

470.

117.

295.

168.

25 -- -- -- -- -- 90

3,894. 35

3,190. 20

45. 06

67. 50

2,770. 70 1,490. 95

1,856. -- 7,679. --

330.

246.

15.

117.

-- 75 -- --

52.

95.

224.

65.

25.

256.

50.

169.

55.

64.

165.

1,092.

82.

11,505.

21.

4,895.

21.

50 83 80 -- -- 65 -- 90 -- 50 -- -- 44 95 39 50 90

165.

112.

209.

410.

117.

295.

168.

1,190.

67.

356.

579.

25 -- -- -- -- -- 90 20 50 -- --

ro I. Semester ;S57.

538. 25

1,500 1,000

· 1,000

i i Ì

Kr.

fl. 15

1,291. 75 1,443. 50

186. 60 133. 91

de r

Kr.

Kr.

9. 15

24. 05

25. 75 16. --

Über« IlllSS

MekrergMungTM Jalircsdes Bundes für eutschädlgiiDg' ìnrciubcdSrfnisse, des Bandes.

Porti n. dgl.

196. 75 38. 55

165. -- at keioc Rechnungen pro 1897 eingesandt.

134. 10

1

38. 08 802. 95

40. 95 25. -- 676. --

3,000

!

Pro I. Semester 1897.

:

210. 45 60. 70

375. 90 54. --

1,000 6,000 3,500

1,626. 95

32. 10 1,358. --

33. 26

1,500

5,455. -- 3. 70 2,894. 51

1,500

Bloß für das U. Semester 1697 (Konsulwccbaclj.

Hat keine Rechnungen pro 1897 eingesandt.

23. 70 30. --

74. -- 60. --

24. 73 245. 92 48. 05

30. -- 288. 85 115. 65 2,000

704. 15

1,500

914. 70

Pro I. Semester 1S3T.

22. 44 6,088. 05

7,000

Hat keine Rechnungen pro 1897 eingesandt.

i | j .

110. -- 500. --

Livorno, K Louisvillo, Ky., K Lyon, K Madrid, G -K.

Mailand. K Manila, K. . .

1,000. -- 1,616.

1,000.

1,284.

ROO.

55 -- 30 --

533. 75 422. 50 .

2,600.

1,800.

6,009.

35.

-- -- 75 --

3,600. -- 200. --

.

681. -- Montreal, K 1,200. --

3,600. --

München, K

929. 75 744. --

Neapel, G.-K New York K Nizza, K Nueva Helvecia, V.-K Odessa, K. .

Palermo K Para K Fatras G -K Paysandu, V -K 1 Philadelphia Pa K Philippeville, V -K Portland, Oregon, K ! Port Louis, K

2,600. -- 564. 25

300. -- 5,300.- -- 719. 25 8,240. -- 3,000. --

510. --

840. --

300. --

.

! Prag, K. . .

Ri°-a K Rio de Janeiro, G.-K Rio Grande do Sul, K ' Rosario V -K 1 Rotterdam G -K · San Francisco, Cal., K Snntos V -K . St. Louis, Mo., K : St. Paul, Minn., K St. Petersburg, G.-K ! Stockholm, K Stuttgart, K

Venedi^ K 1 Warschau, K.

1

70 60 15 20

14. 25

80. --

1,630. 92

3,940. --

80. 75

215. --

1,520. 75

220. 75 80. --

12. -- 80. --

40 95 90 75 45

1,224. 10

.

262. 50 120. --

1,000. --

300. -- 4,095. --

227. 25 165. 25 15. 70

4,590. 10

4,951. -- 1,164. --

242.

143.

67.

5.

89.

90.

19.

100.

423.

9.

157.

58.

1,0(57. 60

82.

20.

15.

316.

5.

63.

75 25 75 33 60 34

138. --

80 60 -- 25 75 -- 65 -- 25 50 35 50

-- 70 -- 15 20 75 25 -- -- -- 15 -- 50

16. 09 -- -- -- 50

32. 25

193. 76 41. 50

1,343. 05 6,307. 95

795. 30 11,565. -- 4,725. 85

20. 25 350. 75

3,498.

2,177.

27,579.

4,790.

-- 70 13 65

1,353. 02

200. -- 1,620. --

1,050.

111.

250.

775.

193. 20 4,040. --

125. 60 111. 79

282.

45.

73.

56.

240.

10.

217.

150.

8.

-- -- -- 44

193. 20 4,956. 75

48. 45

235.

42.

99.

48.

355.

40.

194.

104.

14.

250.

888.

365.

904.

2,233. 80

4,505. 88

263. 25 200. -- 3,600. --

30 30 12 75 24

40. -- 67. 76

4,894. 33

186. 48 428. 60

42.

162.

232.

101.

77.

826. 10 46. 95 25. 41

35. -- 220. 50

270. -- 6,000. --

. . . .

250. --

180. -- 69. 87

1,080. 55 2,605. --

400. -- 5,300. --

1,328. 20

669. 25 52. 50

224. 05 300. -- 364. 40

344.

114.

135.

434.

600. -- 40. -- 2,200. --

379. 95 6,018. 55 1,991. 95 8,065. --

30 -- -- 25 50 10 35 25 41 80 60 75 -- 55 95 40 -- 35 75 57 25

40 40 05 60 -- -- 20 70 65

1,358. --

4,670. 90 3,225. -- 7,741. 45

230.

125.

83.

34.

52.

229.

38.

31.

25.

143.

49.

89.

27.

23.

173.

56.

625.

738.

4.

123.

22.

57. 10

Tiflis K Traiguen, V.-K Triest, K . .

Turin, K

12.

297.

38.

177.

40. -- 49. 20 260. 25

40. -- 49. 20 260. 25 358. -- 379. 95 279. 70 250. -- 2,018. 55 491. 95 3,565. -- 180. -- 69. 87 1,951. -- 16t. -- 40. -- 67. 76 1,233. 80 130. 85 1,040. -- 193. 75 41. 50 998. -- 177. 70 18,579. 13 1,790. 65 80. -- 1,940. -- 215. --

8.

14.

97.

729.

574.

?

Marseille, K Mendoza, V.-K. .

Mexiko, G.-K. .

270. --

6. 25

25.

35.

47.

143.

39.

20 40 53 15 09

401. 10 114. 70

*--

125. -- 401. 10 114. 70 862. 30

1,672. 03 9,467. 75

9,631. 60

780. 85 488. 15

677. 15 125. --

6,392. 30

1,729. 60

104. 60

93. 20

1,195. --

3,519. --

490. --

260. --

7,911. 35

6,960. -- 3,630. --

254. 70 23. 15

213. 75

16. 09

1,088. --

67. 50

147. 60 600. 65

1,497. 70 1,278. 65

859. 90 1,796. 27

1,037. 60 1,690. 15 1,717. --

2,505. 88 125. -- 1,353. 02

1,000

677.

125.

1,729.

93.

2,019.

260.

960.

130.

213.

60 25 35 25

194. 50

1,000

104. 10

48. 50

1,347. 65

4,000

1,500

1,233. 05

323. 55

4,500

489. 25 17. 37 360. 90 337. 90

3,000 (2,000)

1

Pro I. Semester 18S7.

6. 95 42. 35 1,166. 20

1,000 62. 35

916. 75

3,000

161. 50 1,301. 55 2,809. 95

2,500 2,000 9,000 3,000

1,382.

16,014.

64.

65.

2,309.

134.

2,000

40 13 80 75 08 25 Keine Ausgaben noch Einnahmen.

208. 75

1,300. --

59. 75 * Das Konsulat erhebt keinerlei Gebühren.

350. 75 388. 45 -- . 60

2,000

1,241. 23 Hat keine Rechnungen pro 1897 eingesandt.

96. 65

256. 35 418. --

31.

34.

162.

628.

»500 9,000

304.

114.

105.

213.

45 70 95 60

Konsulat neu gegründet; Amtsantritt 1. Febrimr 1898.

* Entschädigung bloß für I. Semester.

809. 73 163. 85

Hat keine Rechnungen pro 1897 eingesandt.

103.

363.

3,662.

11.

15 -- 60 20 -- -- -- -- 75

1,500

88. --

1,000 1,000

6,000 3,500

70 15 70 40 2,324. --

230. -- 951. 35 3,375. 30 190. 60 Hat keine Rechnungen pro 1897 eingesandt.

147.

600.

37.

690.

717.

50 65 60 15 --

1,071. 91 Hat keine Rechnungen pro 1897 eingesandt.

80. --

1,000 1,000 1,000

897. 05 241. 05 830. 2 79. 27

Nota. Kciae Rechuuugsstelluuge i sind trotz mehnoaliger Aufibrder jngeu eingegangen von den Konsula teu in Aauncion, Jobannesburg, Po ·t Louis, Rio Gra ode do Sul, Syda ey und von den "\fizekousulaten in Cordoba und Tra gueu.

29 1% von Fr. 10,000 = 5 Tage Zeitversäumnis zu Fr. 20 per Tag (in Europa) =

Fr. 100 ,, 100

zusammen

Fr. 200

Für das einfache Inkasso von Geldern, das keinen nennenswerten Zeitverlust verursacht, ist nur die Gebühr eins vom Hundert zu erheben.

2. Was die Einnahmen und die Ausgaben unserer Konsulate betrifft, so gestatten wir uns, auf die beiliegende Zusammenstellung zu verweisen.

VII. Auswärtige diplomatische Missionen und Konsulate in der Schweiz.

A. Diplomatische Missionen.

a. Es überreichten ihre B e g l a u b i g u n g s s c h r e i b e n : Am 30. Januar: Herr Graf Dmitry Louis von B y l a n d t als Minister-Resident der Niederlande.

Am 20. Februar : Herr Kommandeur Alessandro R i v a als außerordentlicher Gesandte und bevollmächtigter Minister Italiens.

Am 4. Mai: Herr Geheimrat und Ritter Alexander von J o n i n als außerordentlicher Gesandte und bevollmächtigter Minister Rußlands.

6. Am 9. August übergab Herr John L. P e a k sein Abberufungsschreiben als außerordentlicher Gesandte und bevollmächtigter Minister der Vereinigten Staaten Amerikas.

Sein Nachfolger, Herr John G. A. L e i s h m a n , überreichte am gleichen Tage sein Beglaubigungsschreiben.

Am 1. Juli übersandte Herr Dr. José Gii F o r t o u l , Geschäftsträger der Vereinigten Staaten von Venezuela, dem Bundesrate sein Abberufungsschreiben.

B. Konsulate.

Wir haben folgenden ausländischen Konsularbeamten das Exequatur erteilt: Niederlande. Am 16. Januar dem Herrn P. Plan t eng a als Vizekonsul in Davos-Platz und am 25. März dem Herrn Hermann D. V i e h off als Konsul in Basel.

30

Vereinigte Staaten Amerikas. Am 29. Januar dem Herrn Samuel Ho H i n g er als Vize- und Deputy-Konsul in Basel; am 20. Juli dem Herrn Henry H. M o r g a n als Konsul in Borgen; am 17. September dem Herrn Adam L i e b e r k n e c h t als Konsul in Zürich und am 20. Dezember Herrn James T. D u B o i s als Generalkonsul in St. Gallen.

Repüblica Mayor de Centro America. Am 5. Februar dem Herrn Edgar L o b e r t als Konsul in Basel.

Chile. Am 17. März dem Herrn Richard H a g n a u e r als Konsul in Zürich.

Deutschland. Am 21. Mai dem Herrn Dr. Julius von E c k a r d t als Generalkonsul in Basel.

Rußland. Am 28. Mai dem Herrn Maurice de P r o z o r , Kammerherrn und Kollegienrat, als Generalkonsul von Rußland, in Genf.

VIII. Schweizerische Hülfsgesellschaften.

Auch dieses Jahr haben wir unter wohlthätige Vereine und Anstalten im Auslande die Summe von Fr. 48,314.45 verteilt,, wovon Fr. 23,000 vom Bunde und Fr. 24,820 von den Kantonen beigesteuert wurden ; der Rest von Fr. 494. 45 rührt aus früheren Beiträgen her, die nicht ganz verwendet worden waren. Die Summe von Fr. 48,314. 45 verteilt sich auf die schweizerischen Hülfsvereine mit Fr. 35,330, auf die schweizerischen Asyle mit Fr. 10,184. 45, und auf ausländische Anstalten, die auch Schweizer aufnehmen, mit Fr. 2800. Im übrigen verweisen wir auf die im Bundesblatt 1897, IV, 1146, veröffentlichte Tabelle und heben nur noch folgendes hervor: Die Tabelle enthält 121 Hülfsvereine (122 im Vorjahr), 10 schweizerische Asyle (9 im Vorjahr) und 16 ausländische Asyle und Spitäler -(14 im Vorjahr), oder im ganzen 147 Vereine und Anstalten. Das Gesamtvermögen der Hülfsvereine betrug anfangs 1897 Fr. 1,614,847. 53, das der schweizerischen Asyle Fr. 682,996. 52, zusammen Fr. 2,297,844.05. Die Gesamtausgaben der Hülfsvereine für wohlthätige Zwecke (mit Ausschluß der Verwaltungskosten) betrugen im Jahre 1896 Fr. 210,264. 36, diejenigen der schweizerischen Asyle Fr. 164,793. 62, v zusammen Fr. 375,057. 98. Die Einnahmen (Subsidien Inbegriffen) beliefen sich im Jahre 1896 im ganzen auf Fr. 530,810. 40, wovon Fr. 342,667. 25 auf die Hülfsvereine und Fr. 188,143. 15 auf die schweizerischen Asyle entfielen.

31 Im Berichtsjahre sind aus verschiedenen Gründen (Auflösung u. s. w.) fünf Vereine und Anstalten von der Liste weggefallen; dagegen wurden zum erstenmal sieben Vereine und Anstalten darin verzeichnet. Auch dieses Jahr verzichteten eine Reihe vermögender Gesellschaften auf jeden Beitrag zu gunsten weniger gut gestellter Vereine.

Da wiederholt im Schöße des Nationalrates von der schweizerischen Hülfsgesellschaft in Bukarest die Rede war, welcher kein Beitrag gewährt werde, so sei hier bemerkt, daß diese Gesellschaft vor Jahren aus der Liste gestrichen wurde, weil sie sich nicht der Bestimmung fügen wollte, wonach im Jahresberichte der Hülfsvereine keine Polemik geführt werden darf, weder gegen schweizerische Konsuln, noch gegen andere Gesellschaften. Mit Schreiben vom 5./17. Oktober 1896 stellte sodann die in Rede stehende Gesellschaft das Gesuch, der Bundesrat möge sie wieder in die Liste eintragen, ohne ihr jedoch einen Beitrag auszusetzen, denn sie verzichte ausdrücklich darauf zu gunsten anderer minder gut situierten Vereine. Diesem Verlangen wurde entsprochen.

Ein Gesuch um Bewilligung eines Beitrages ist seither nicht eingelangt.

IX. Bürgerrechtsbewilligungen.

Das politische Departement hatte sich im Laufe des Jahres 1897 mit 1042 (1188 im Jahre 1896) Gesuchen um Erteilung der Bewilligung zur Einbürgerung, zu befassen.

Von diesen 1042 Gesuchen wurden: 821 bewilligt (960 im Jahre 1896); 38 abgewiesen (40 im Jahre 1896); 21 von den Gesuchstellern zurückgezogen (70 im Jahre 1896) ; 158 waren am 31. Dezember noch nicht erledigt (118 im Jahre 1896), weil die Bewerber die erforderlichen Ausweise noch nicht beigebracht hatten.

1042 Von den erteilten Bewilligungen entfallen : 426 auf Deutsche, 196 auf Franzosen, 118 auf Italiener, 43 auf Österreicher, l auf einen Ungar, 24 auf Russen, 7 auf Amerikaner aus den Vereinigten Staaten, 2 auf Rumänen, 2 auf Belgier, 2 auf Holländer, l auf einen Engländer, l auf einen Spanier, l auf einen Schweden und l auf einen Portugiesen.

32

Diese Bewilligungen erstrecken sich auf 452 verheiratete Frauen und auf 1387 minderjährige Kinder, somit beträgt die Gesamtzahl der Personen, denen im Jahre 1897 die bundesrätliche Bewilligung zur Erwerbung des schweizerischen Bürgerrechts erteilt wurde, 2664 (2909 im Jahre 1896).

Was die Einbürgerungen in den Kantonen betrifft, so verweisen wir auf folgende Zusammenstellung der uns von den Kantonsregierungen gelieferten Angaben.

ll

Anzahl der Einbürgerungen

Einbürgerungen in den Kantonen im Jahre 1897.

Kantone

I

s CH

W t

153 40 6 2 1 3

Zürich Bern Luzern Uri Schwyz Obwalden Glarns Zne Freiburg

. . . .

. .

. .

.

Baselstadt Baselland

. . .

. . .

Appenzell I.-Rh St. Gallen .

W

Thurgau Tessin . . . .

"Waadt .

Wallis Neuenburg Genf .

. . . .

.

.

.

1895 11 2 1

1897

63 17 2

79 21 3 2

1

3

1 2 1

Minimum

1200 2400 1500 500 400 5000 1000 2000 1500 800 1200 800 1000

800 250 800

400 300 400

200 75 300

13 3 10 16 34 17 10 13 80

250 600 1200 300 600 1000 600 200

50 600 300 50 600 200 600 50

377

--

--

. . .

Im ganzen

717

29 i

311

Maximum

50 500 250

800 500 1200

1 5

der Gemeinden

500 500 600 ?

400 700

1 5 5 41 11 8 2

15 2 5 13 20 15 1 12 111

2

Maximum

1 2 4 21 5 1 1

1 1

. . . .

der Kantone

1896

29 6 15 31 54 32 11 26 196

. . .

.

2 7 10 64 16 9 4

Gebühren

Datum der bundesrätlichen Bewilligung

Minimum

200 500

650 500 200 100 500

3000 2475 2000 1000 800 2000 800 1350 800

800 1000 200 50 300 300 300 300 50

--

--

!

i

: i

34

Die Burgergemeinde Interlaken wünschte, dem Herrn Dr. Ludwig Bamberger in Berlin, in Anerkennung der Verdienste, die er sich um diese Gemeinde erworben hatte, das Ortsbürgerrecht von Interlaken schenkungsweise zu erteilen. Im Hinblick auf Art. l des Bundesgesetzes vom 3. Juli 1876 ersuchte die Regierung des Kantons Bern den Bundesrat, er möchte hierzu seine Bewilligung erteilen.

Zum erstenmal seit dem Erlaß des Bundesgesetzes vom 3. Juli 1876 sahen wir uns vor die Frage gestellt, ob die Bedingungen, welche Art. 2 dieses Gesetzes für die Erteilung der bundesrätlichen Bewilligung vorsieht, auch von dem Ausländer zu erfüllen seien, dem ein kantonales und Gemeinde-Bürgerrecht h o n o r i s c a u s a verliehen werden will, und insbesondere, ob dieser Ausländer sich über einen zweijährigen "Wohnsitz in der Schweiz auszuweisen habe.

Wir entschieden diese Frage in bejahendem Sinne, indem wir uns durch folgende Erwägungen leiten ließen : Nachdem Art. l des Bundesgesetzes vom 3. Juli 1876 ganz allgemein statuiert hat, daß das Schweizerbürgerrecht einem Ausländer ohne Bewilligung des Bundesrates nicht erteilt werden könne und diese Bewilligung auch für das schenkungsweise zu erteilende Bürgerrecht, das Ehrenbürgerrecht, als notwendig erklärt hat, fährt Art. 2 ohne Einschränkung fort: ,,Der Bundesrat wird die Bewilligung nur an solche Bewerber erteilen, 1. welche seit zwei Jahren in der Schweiz ihren ordentlichen Wohnsitz haben; 2. deren Verhältnisse gegenüber dem bisherigen Heimatstaate so beschaffen sind, daß vorauszusehen ist, es werden aus der Aufnahme derselben der Eidgenossenschaft keine Nachteile erwachsen."

Nach allgemeinen Interpretationsregeln ist nun nicht anzunehmen, daß dieser Artikel nur dea gewöhnlichen Fall des nachgesuchten Bürgerrechts betreffe, nicht aber den andern des Ehrenbürgerrechts, der im vorhergehenden Artikel ebenso ausdrücklich erwähnt ist. Ziffer 2 desselben Art. 2 läßt sich mit gleich gutem Grunde auf die schenkungsweise Erteilung des Bürgerrechts anwenden; nichts läßt vermuten, daß die daherige Bestimmung in diesem Falle nicht gelten solle. Es widerspräche aber den elementarsten Grundsätzen der Gesetzesauslegung, Ziffer 2,

35 nicht aber Ziffer l desselben Art. 2, auf die Erteilung des Ehrenbiirgerrechts anwendbar zu erklären.

Da Herr Dr. Bamberger sich über einen zweijährigen Wohnsitz in der Schweiz nicht ausweisen konnte, so waren wir nicht in der Lage, die nachgesuchte Bewilligung zu erteilen. ,

X. Optionen.

Es sind uns im Berichtsjahre 151 Optionserklärungen für die Schweiz (194 im Jahre 1896) und 116 provisorische Optionsanzeigen (85 im Jahre 1896) zugekommen.

XI. Auswanderung.

A. Administrative Sektion.

I. Allgemeines.

1. Im nachfolgenden geben wir eine Übersieht der von den patentierten schweizerischen Auswanderungsagenturen im Berichtsjahre nach überseeischen Staaten beförderten Schweizerbürger und in der Schweiz niedergelassenen Ausländer ; in Rubrik 3 wird die Summe der Beträge aufgeführt, die den Agenten im Jahr 1897 übergeben wurden und den Auswanderern an ihrem Bestimmungsorte auszubezahlen waren.

Zahl Betrag der den Kantone.

der Auswanderer.

Agenten einbezahlten Wechselsummen.

Fr. Cts.

Zürich Bern Luzern Uri Schwyz Unterwaiden ob dem Wald .

Unterwalden nid dem Wald · Glarus

344 470 41 12 39 15 4 54

37,434.

62,685.

4,792.

5,445.

7,154.

. 2,370.

465.

11,385.

60 20 80 -- 50 -- -- --

Übertrag

979

131,732. 10

36 Kantone.

Zahl der Auswanderer.

Übertrag Zug Freiburg Solothurn Baselstadt Basellandschaft Schaffhausen Appenzell A.-Rh Appenzell I.-Rh St. Gallen Graubünden Aargau Thurgau Tessin Waadt Wallis Neuenburg Genf

Total

979 6 21 50 189 71 58 37 2 149 70 125 61 303 118 76 107 86 2508

Betrag der den Agenten einbezahlten Wechselsummen.

Fr. Cts.

131,732. 10 585. -- -- 4,101. 80 26,762. 15 12,060. -- 5,642. 20 5,180. -- -- 7,727. -- 1,682. 50 11,102. -- 17,644. -- 900. -- 5,134. -- 12,620. -- 3,229. 20 -- _ 246,101. 95

Im Berichtsjahre hat die rückläufige Bewegung, die die schweizerische Auswanderung, wenn man von der geringen Zunahme derselben im Jahr 1894 absieht, seit dem Jahr 1893 verfolgt, angehalten ; die Abnahme der Zahl der Auswanderer gegenüber dem Vorjahre beträgt 822 oder 24,7 %> während sie in letzterm gegenüber dem Jahr 1895 nur 22°/o betrug. Die Zahl der im Berichtsjahre Ausgewanderten steht ferner um 3994 unter dem Durchschnitt der Auswanderungsziffer des vorausgegangenen Jahrzehnts und ist um 10,994 niedriger als die des Jahres 1883, wo sie die stärkste seit der Zeit war, daß es eine schweizerische Auswanderungsstatistik giebt.

An der Abnahme der Auswanderung sind, mit Ausnahme der Kantone Basellandschaft und Waadt, alle Kantone beteiligt, am meisten Bern, Uri, Obwalden, Freiburg, Solothurn, Appenzell A.-Rh., St. Gallen und Wallis.

37

Noch ist hier anzumerken, daß zufolge den Berichten der schweizerischen Konsulate in Marseille und Rio de Janeiro im November 1897 etwa 44 Personen nach der brasilianischen Provinz Säo Paulo ausgewandert sind, die sich der Vermittlung einer schweizerischen Agentur nicht bedient zu haben scheinen und darum in obigen Zahlen nicht inbegriffen sind. Näheres hierüber berichten wir im Abschnitt über die Auswanderungsziele.

Von den 0,ae%o (gegen l,u%° im Jahre 1896 der Gesamtbevölkerung der Schweiz repräsentierenden Auswanderern des Jahres 1897 waren 1467 oder 58,8% Kantonsbürger, 311 oder 12,4% Schweizerbürger anderer Kantone und 730 oder 29% in der Schweiz wohnhaft gewesene Ausländer. Überdies haben die schweizerischen Agenturen 3050 aus den benachbarten Ländern behufs Abschlusses eines Reisevertrages in die Schweiz gekommene Personen nach überseeischen Staaten befördert. Selbstverständlich genießen diese den Schutz unseres Gesetzes in gleicher Weise wie die auswandernden Schweizerbürger und in der Schweiz niedergelassenen Ausländer.

Dem Berufe nach gehörte die Mehrzahl der Auswanderer, wie fast immer, der Landwirtschaft an, die auch bei den gegenwärtigen Verhältnissen der überseeischen Staaten leichter Beschäftigung finden, als Fabrikarbeiter, Handwerker, Handelsbeflissene, Commis u. dgl., und deren Einwanderung auch willkommener ist, als die der letztern.

Von der Summe von Fr. 246,101. 95 waren Fr. 241,004. 25 in New York, Fr. 4147. 70 in andern Städten der Vereinigten Staaten, Fr. 400 in Brasilien und Fr. 550 in Argentinien auszubezahlen. Es hat somit durchschnittlich jeder Auswanderer einen Wechselbetrag von Fr. 98. 12 mitgenommen; hierbei ist jedoch die Zahl der noch nicht erwerbsfähigen Personen und die Thatsache in Betracht zu ziehen, daß viele Auswanderer, namentlich diejenigen, die sich nicht nach den Vereinigten Staaten begeben, ihre Wechsel bei Banken kaufen, andere immer noch Barbeträge mit sich nehmen oder solche nachkommen lassen, nachdem sie sich definitiv anzusiedeln entschlossen haben. Es folgt aus dieser Thatsache auch, daß die schweizerischen Auswanderer sich nicht aus der ärmeren Bevölkerung rekrutieren, vielmehr, mit wenigen Ausnahmen, Leute sind, die mit bescheidenen Mitteln und viel Willenskraft in weniger stark bevölkerten Ländern eine sichere Existenz zu erlangen hoffen.

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Die Einschiffung der aus der Schweiz beförderten Personen fand über folgende Häfen statt: Hamburg (9), Bremen (16), Amster dam (7), Rotterdam (13), Vlissingen (7), Antwerpen (385), Southampton (138), Boulogne s. m. (23), Havre (1642), Cherbourg (4),.

St. Nazaire (4), La Fallice (La Rochelle) (7), Bordeaux (7), Barcelona (1), Marseille (182) und Genua (63).

II. Agenten, Unteragenten und Kautionen.

1. Mit der Beförderung von Auswanderern befaßten sich, wie im Vorjahre, 9 Hauptagenturen und ein zum Verkauf von Passagebilletten ermächtigtes Geschäft. Auch im Bestand der Firmainhaber sind im Berichtsjahre Änderungen nicht eingetreten.

2. Die Veränderungen, die im Bestände der Unteragenten erfolgt sind, waren dagegen, wie immer, erheblich. Aus dem Dienste der Hauptagenturen traten 28 Unteragenten und ebensoviele wurden angestellt. Zu Ende des Berichtsjahres gab es 152 Unteragenten und 2 Filialen des Passagegeschäftes. Keine Agenten giebt es in den Kantonen Nidwaiden, Zug, Freiburg, Basellandschaft und Appenzell I.-Rb. ; in großer Anzahl finden sich solche in den Kantonen Bern, Tessin, St. Gallen und Graubünden.

Über die nachteiligen Folgen des häufigen Wechsels der Unteragenten haben wir uns in früheren Berichten einläßlich vernehmen lassen ; die dort erwähnten Übelstände wurden auch im Berichtsjahre konstatiert. Der Rückgang der Auswanderung hat begreiflicherweise die meisten Unteragenten veranlaßt, sich mehr dem neben dem Auswanderungsgeschäfte betriebenen Berufe zuzuwenden ; diesem Unistande muß es zugeschrieben werden, daß, wie sich bei Inspektionen gezeigt hat, viele Unteragenten sich weniger daran gelegen sein lassen, der Führung der Kontrollen über die Vertragsabschlüsse und den sonstigen Skripturen die erforderliche Aufmerksamkeit zu schenken und sich mit den Weisungen der Behörden und der Agenturen vertraut zu machen.

3. Zu Ende des Jahres 1896 betrug die Gesamtsumme der von den Agenturen bei der eidgenössischen Wertschriftenverwaltung deponierten Kautionen Fr. 988,000 ; hinterlegt wurden während des Berichtsjahres Fr. 133,500, zurückgezogen infolge Austrittes von Unteragenten, Auslosung von Werttiteln u. s. w. Fr. 139,500, so daß zu Ende des Berichtsjahres noch Fr. 982,000 im Depot verblieben.

4. Einige Agenturen richteten das Gesuch an uns, wir möchten diejenigen Geschäfte, welche sich mit dem Verkauf oder der Ver-

39 mittlung von Passagebilletten befassen, verhalten, sich um ein Patent zu bewerben, eventuell die strafrechtliche Verfolgung der nicht patentierten Passagegeschäfte veranlassen. Wir erwiderten hierauf: 1. Das Bundesgesetz vom 22. März 1888 enthält keine Bestimmung, derzufolge die Bundesbehörde Personen oder Gesellschaften, welche sich mit der geschäftsmäßigen Beförderung von Auswanderern oder mit dem geschäftsmäßigen Verkauf von Passagebilletten befassen, zu verhalten hätte, sich um ein Patent zu bewerben. Nach Art. 19 dieses Gesetzes sind Personen und deren Gehülfen, welche ohne Patent oder Genehmigung Auswanderungsgeschäfte betreiben oder sich mit dem geschäftsmäßigen Verkauf von Passagebilletten befassen, von Amtes wegen oder auf Klage hin den kantonalen Gerichton zu überweisen.

2. Die an die Bundesbehörde gerichteten Beschwerden gegen Personen, die sich mit dem Verkauf von Passagebilletten befassen, wurden jeweilen den zuständigen kantonalen Behörden zur weitern Behandlung überwiesen. In der Regel aher fanden die Gerichte, daß nicht jeder Verkauf von Passagebületten und jede darauf bezügliche Auskündigung in öffentlichen Blättern als mit den Bestimmungen des Auswanderungsgesetzes unvereinbar betrachtet werden könne. Mit der Aufstellung eines Bundesgesetzes über den Geschäftsbetrieb von Auswanderungsagenturen habe der Gesetzgeber nur die Auswanderer schützen wollen, keineswegs aber auch andere Personen, die, wie z. B. Touristen, Geschäftsleute u. s. w., sich ebenfalls aus der Schweiz nach einem überseeischen Staate begeben wollen und zu diesem Zwecke sich Passagebillette erwerben.

5. Über das Verhältnis der Agenturen zu den Schiffsgesellschaften, über das wir schon früher einige Andeutungen zu geben Veranlassung hatten, giebt das Gesuch einer Agentur Aufschluß, wir möchten unsere Intervention dafür eintreten lassen, daß eine Schiffsgesellschaft die von ihr zur Beförderung übernommenen Auswanderer zum Transport annehme. Wir glaubten, auf das Gesuch nicht eintreten zu sollen, da das von der Schiffsgesellschaft der Agentur gegenüber eingeschlagene Verfahren mit keiner Bestimmung des Auswanderungsgesetzes in Widerspruch steht, wie die, Agentur irrtümlich angenommen hatte. Es existiert auch sonst keine Vorschrift, welche die Schiffsgesellschaften hindern könnte, gewisse Bedingungen für ihren Verkehr mit Auswanderungsagenturen aufzustellen und die Passagiere der einen zur Beförderung

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zu übernehmen und die einer andern nicht. Immerhin kann das Verhalten der in Betracht kommenden Schiffsgesellschaft, der die Agentur behauptet, keine Veranlaßung zu der Maßnahme gegeben zu haben, nicht gebilligt werden, und sollte verlangt werden können, daß eine Schiffsgesellschaft, die eine große Zahl der aus der Schweiz auswandernden Personen befördert, sämtliche Agenturen, die den Anforderungen des schweizerischen Gesetzes Genüge leisten, auf gleichem Fuße behandle und nicht aus Willkür den Geschäftsbetrieb einer Agentur einenge.

III. Anstände im Auswanderungsverkehr.

Die Zahl der Anstände, auf die nach den an uns gerichteten Beschwerden und Interventionsgesuchen Auswanderer beim Vertragsabschlüsse, auf der Reise oder am Ziele derselben stießen, hat im Berichtsjahre nicht in demselben Verhältnisse, wie die Auswanderung selbst, abgenommen, wenn auch im Verhalten der meisten Agenten gegenüber den Anforderungen des Gesetzes etwelche Besserung zu konstatieren ist. Auf den Umstand, daß beim Transport des Auswanderers und seines Gepäckes verschiedene Personen und Gesellschaften mitwirken, daß der größte Teil der Beförderung im Auslande sich vollzieht, und daß viele Auswanderer, des Reisens ungewohnt, es oft an der nötigen Vorsicht fehlen lassen, ist eine große Anzahl der Anstände zurückzuführen. Daneben muß bemerkt werden, daß es immer noch Agenten giebt, die mit dem Vertragsabschluß und der Beschaffung der Billette ihre Verpflichtungen gegenüber dem Auswanderer erfüllt zu haben glauben und es ihm überlassen, sich aus der Verlegenheit zu ziehen, wenn sich während der Reise Hindernisse oder Unannehmlichkeiten in den Weg stellen. Es muß dies namentlich mit Rücksicht auf die immer zahlreichen Fälle gesagt werden, in denen Auswanderern das Gepäck abhanden kam.

Unzweifelhaft läßt sich aus den über die Vorkommnisse gedachter Art an uns gelangten Mitteilungen auch der Schluß ziehen, daß das auswanderungslustige Publikum besser als früher mit den ihm durch das Gesetz und den Reisevertrag zugesicherten Rechten vertraut ist und weiß, wohin es sich im Falle einer Beeinträchtigung der letztern zu wenden hat. In 6 Fällen handelte es sich nicht um Auswanderer im Sinne des Gesetzes, sondern um Personen, die aus einem überseeischen Staate nach der Schweiz zurückkehrten. Nicht unterlassen wollen wir an dieser Stelle, anzuerkennen, daß unsere Gesandtschaften und eine Anzahl Konsulate in den

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Ein- und Ausschiffungshäfen sich der Sache der Auswanderer in sorgfältiger Weise annehmen, und uns bei der Erledigung der zahlreichen Anstände im Emigrantenverkehr vielfach behülflich waren.

Die Klagen und Interventionsgesuche des Jahres 1897 betrafen : 1. Die Beförderung von Personen, die wegen vorgerückten Alters oder Gebrechlichkeit arbeitsunfähig waren und deren hinlängliche Versorgung am Bestimmungsorte nicht nachgewiesen war (Art. 11, Ziff. 1): 5 Fälle.

2. Die Beförderung von Personen, denen die Gesetze des Einwanderungslandes den Eintritt verbieten (Art. 11, Ziff. 4): 10 Fälle.

3. Die Beförderung von Personen, die nicht im Besitze von Ausweisschriften über Herkunft und Bürgerrecht waren (Art. 11, Ziff. 5): 4 Fälle.

4. Kontraktwidrige Beförderung von Auswanderern (Art. 15 und 16): 5 Fälle.

5. Mangelhafte Beförderung des Gepäcks von Auswanderern und Unterlassung der Versicherung desselben (Art. 15, Ziff. l und 5): 9 Fälle.

6. Anstände bei der Ausbezahlung von Wechselbeträgen an Auswanderer: 2 Fälle.

7. Unbefugter Betrieb von Auswanderungsgeschäften (Art. 19) : 2 Fälle.

8. Verwendung von Personen, die den Behörden nicht als Unteragenten bekannt waren, zum Geschäftsbetriebe (Art. 5, AI. 5): 4 Fälle.

9. Unbefugte Publikationen (Art. 8, 19 und 24): 7 Fälle.

10. Illoyale Konkurrenz: 2 Fälle.

11. Zuwiderhandlung gegen die Bestimmungen über die Kolonisationsunternehmungen (Art. 10 und 19) : 2 Fälle.

12. Behandlung von Auswanderern während der Überfahrt : 2 Fälle.

13. Mißachtung der Vorschrift in Art. 16, Ziff. 7, des Gesetzes (Zusendung von Auswaudererverzeichnissen an die Konsulate in den Ein- und Ausschiffungshäfen) : l Fall.

14. Anstand betreffend Rückerstattung einer Anzahlung auf den Accordò etrag : l Fall.

42 Einige dieser Fälle mögen hier des Thatbestandes oder der Art und Weise halber, wie sie erledigt wurden, einläßlicher behandelt werden.

1. Von der schweizerischen Gesandtschaft in Buenos Aires wurde uns die Anzeige gemacht, daß ein Auswanderer, der zufolge seines Reisevertrages von Marseille nach Montevideo hätte befördert werden sollen, vom Kapitän des Dampfers, auf dem er die Überfahrt machte, in Rio de Janeiro ans Land gesetzt worden sei, weil man befürchtet habe, daß wegen des Umstandes, daß ihm an der linken Hand zwei Finger fehlten, seine Einwanderung in der Republik Uruguay auf Schwierigkeiten stoßen könnte. Der Auswanderer sei dann auf einem italienischen Dampfer nach Montevideo und von dort ins Innere des Landes gereist, wo er auf ehrenvolle Weise sein Brot verdiene. Er verlange nun eine Entschädigung der Kosten, die ihm durch das Verfahren des Kapitäns entstanden seien. Aus der eingeleiteten Untersuchung ergab sich, daß die Schiffsgesellschaft, welche seinen Transport übernommen, schon in Marseille die Unmöglichkeit eingesehen, den Mann nach Uruguay zu befördern. Die Gesellschaft erklärte, sie habe nicht Gefahr laufen wollen, in Montevideo Fr. 15,000--20,000 als Strafe dafür zu bezahlen, daß sie einen Mann, der sein Brot nicht verdienen könne, dorthin gebracht hätte. Der Auswanderer habe nichtsdestoweniger befördert zu werden gewünscht; sie lehne deshalb jede Verantwortlichkeit ab. Auch die Agentur wollte aus demselben Grunde und weil thatsächlich die Einwanderung in Montevideo gestattet worden, eine Entschädigung nicht leisten. Aus der mit dem Konsulat in Marseille gewechselten Korrespondenz erhellt, daß es sich in Fällen, wo es zweifelhaft erscheint, ob ein Auswanderer zur Beförderung nach Uruguay übernommen werden kann, empfiehlt, daß der Auswanderer sich an das Konsulat des genannten Staates wende, das im vorliegenden Falle wahrscheinlich eine Einschiffüngsbewilligung erteilt hätte. Es konnte sonach höchstens der Schiflsgesellschaft der Vorwurf gemacht werden, daß sie allzu ängstlich verfahren sei. Dem Entscheide des Richters mußte es überlassen werden, ob dieser Umstand es rechtfertigte, sie zu einer Entschädigung zu verhalten.

2. Eine Agentur hatte eine Person nach New York befördert, die wegen außerehelicher Schwangerschaft an der Einwanderung verhindert und mit dem nämlichen
Dampfer, dei1 sie nach New York gebracht, wieder nach Havre zurückbefördert wurde. Wir sahen uns veranlaßt, die Agentur aus folgenden Gründen in eine Buße zu verfallen :

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1. Art. 11, Ziffer 4, des Bundesgesetzes vom 22. März 1888 verbietet den Agenten die Beförderung von Personen, denen die Gesetze des Einwanderungslandes den Eintritt verbieten.

2. Die Gesetze der Vereinigten Staaten von Amerika betreffend die Einwanderung, vom 3. März 1891 und 3. März 1893, verbieten die Einwanderung solcher Personen, denen die Überfahrtskosten von dritter Seite bezahlt worden sind und von Personen, von denen zu befürchten ist, daß sie der öffentlichen Wohlthätigkeit zur Last fallen werden. In die letztere Kategorie werden vorzugsweise alleinstehende ledige Frauenspersonen eingereiht, die ihrer Niederkunft entgegensehen.

3. Von den genannten Gesetzen ist eine Übersetzung in den drei Landessprachen angefertigt und im Bundesblatte veröffentlicht worden (s. B.-B. 1891, IV, 339 und ff. und 1893, H, 416 und ff.)- Exemplare dieser Übersetzung sind den Auswanderungsagenturen s. Z. mit der Einladung zugestellt worden, diejenigen Personen, welche mit ihnen behufs Abschluß eines Auswanderungsvertrages in Unterhandlung treten, auf die Bestimmungen jener Gesetze aufmerksam zu machen. Überdies hat das Departement einen Auszug aus dem Gesetze vom Jahre 1891 ebenfalls in den drei Landessprachen angefertigt und den Agenturen mit der Weisung mitgeteilt, dafür zu sorgen, daß ein Exemplar in den Bureaux der Haupt- und TJnteragenturen an leicht sichtbarer Stelle angebracht werde. Bndlich ist in den Berichten über die Geschäftsführung des Bundesrates während der verflossenen Jahre einer Anzahl von Fällen Erwähnung gethan, in denen ledige Frauenspersonen, die ihrer Niederkunft entgegensahen, bei ihrer Einwanderung in die Vereinigten Staaten auf Widerstand gestoßen sind. Es ist sonach behördlicherseits nichts unterlassen worden, um die Agenturen vor^der Beförderung solcher Personen zu warnen.

4. Die von der Agentur vorgebrachte Ausrede, die von der Einwanderungsbehörde von New York wegen außerehelicher Schwangerschaft zurückgewiesene Auswandrerin habe dem Unteragenten von ihrem Zustande keine Mitteilung gemacht und der Agent habe denselben nicht bemerkt, ist vollständig haltlos. Es ist selbstverständlich, daß die Auswandrerin die fragliche Mitteilung nicht gemacht hat und auch nicht zu machen hatte, und die Behauptung, sie habe den Agenten getäuscht, ist deshalb ganz und gar unzutreffend. Von den Agenturen wird auch nicht verlangt, daß sie den fraglichen'Zustand bemerken; ihre Aufgabe ist es

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vielmehr, überhaupt Personen, die mit ihnen Ausvvanderungsverträge abschließen wollen, unter Hinweis auf den in Rede stehenden Auszug auf die Gefahr aufmerksam zu machen, der sie sich aussetzen, falls sie in eine der Kategorien gehören, denen die Einwanderungsgesetze den Eintritt in die Vereinigten Staaten verbieten.

Es geht nun aus der Verantwortung des Agenten deutlich hervor, daß er dies unterlassen hat, sonst würde er sich nicht damit entschuldigen, daß er den Zustand der Auswandrerin überhaupt nicht bemerkt habe.

Über einige weitere Fälle von Rückbeförderung von nach den Vereinigten Staaten Ausgewanderten berichten wir im Abschnitt über die Auswanderungsziele.

3. Aus einer von der zuständigen Behörde des Kantons Zürich geführten Untersuchung gieng hervor, daß eine Agentur zwei Personen nach Amerika befördert hatte, die nicht im Besitze von Ausweisschriften über Herkunft und Bürgerrecht gewesen waren.

Zur Verantwortung hierüber aufgefordert, machte die Agentur geltend, die eine der beiden Personen sei im Besitze eines amerikanischen Bürgerscheins gewesen und habe die Vorweisung von Ausweisschriften des Mitreisenden für den Zeitpunkt des Abholens der Billette versprochen. Übrigens seien den beiden nur Passagebillette -- für die Reise von Havre bis nach New York -- verkauft worden und in solchen Fällen sei es nicht üblich, Reiseverträge abzuschließen oder von den Passagieren die Vorweisung von Ausweisschriften zu verlangen. Diese Ausrede konnten wir nicht gelten lassen und verfällten die Agentur in eine Buße, von folgenden Erwägungen geleitet: In erster Linie ist zu beachten, daß E. und J. B. behaupten, die Auswanderungsagentur habe ihnen nicht allein Schiffsbillette für die Reise von Havre bis New York verkauft, sondern ihre Beförderung ab Basel übernommen. Wie dem aber auch sein mag, so steht fest, daß, ob mit dem Auswanderer ein schriftlicher Vertrag abgeschlossen worden ist oder nicht, die Bestimmungen des Gesetzes auf den Fall anwendbar sind; sobald eine Agentur die Bezahlung des Überfahrtspreises oder eines Teils desselben angenommen hat, muß der Vertrag als abgeschlossen betrachtet werden. Vielmehr könnte der Agentur der weitere Vorwurf gemacht werden, daß sie in Umgehung der Vorschrift in Art. 17 des Gesetzes den Vertrag nicht schriftlich ausgefertigt hat. Im vorliegenden Falle handelt es sich jedoch nicht um die Frage, ob

45 ein Reisevertrag abgeschlossen worden sei, sondern darum, zu untersuchen, ob eine in Verletzung von Art. 11, Ziffer 5, ausgeführte Beförderung vorliege. Nach der vom Bundesrat schon zu wiederholten Malen als unhaltbar bezeichneten Argumentation der Agentur wäre es den Agenten ein Leichtes, die Bestimmungen des Art. 11 des Auswanderungsgesetzes, in denen die Kategorien von Personen aufgestellt sind, deren Beförderung nicht übernommen werden darf, zu eludieren. Wenn in eine dieser Kategorien gehörende Personen von einer Agentur nach einem überseeischen Staate befördert werden wollten, könnte sie einfach vom Abschluß eines schriftlichen Vertrages Umgang nehmen und das aus humanitären, polizeilichen und internationalen Rücksichten aufgestellte Verbot würde illusorisch.

In ganz gleicher Weise verhält es sich mit der Ausrede, es handle sich nur um den Verkauf eines Passagebillettes. Gerade mit Rücksicht auf die Thatsache, daß sich unter der Herrschaft des Bundesgesetzes vom 24. Dezember 1880 einzelne Agenten hatten beikommen lassen, Personen, die zu befördern ihnen verboten war, Passagebillette zu verkaufen, hat die Bundesversammlung sich veranlaßt gesehen, den geschäftsmäßigen Verkauf solcher BiUette ebenfalls dem Gesetze zu unterstellen (siehe Art. 2 des Gesetzes vom 22. März 1888 und Art. 4 der Vollziehungsverordnung vom 10. Juli 1888, wo bestimmt wird, was unter Passagebilletten zu verstehen ist). Es folgt hieraus zur Evidenz, daß Personen, welche in eine der in Art. 11 leg. cit. aufgestellten Kategorien gehören, auch nicht mit Passagebilletten versehen werden dürfen.

4. Zu einer langwierigen und komplizierten Untersuchung gab die Klage Veranlassung, die die italienische Gesandtschaft in Bern gegen eine Agentur erhob, deren Korrespondenz mit einem italienischen Agenten von der italienischen Polizei mit Beschlag belegt und uns Übermacht worden war.

Ct. Aus dieser Korrespondenz gieng unzweifelhaft hervor, daß die Agentur ihrem italienischen Korrespondenten angeraten hatte, mit einem Auswanderer auf Grund eines falschen Ausweises über Herkunft und Bürgerrecht einen Reisevertrag abzuschließen. Die Agentur suchte sich damit zu entschuldigen, daß besagter Auswanderer auf Grund richtiger Ausweise befördert worden wäre und der falsche Paß nur dazu gedient hätte, die Einwanderung des 67jährigen Inhabers
des letztern in Argentinien, dessen Gesetze über 60 Jahre alten Personen die Einwanderung verbieten, zu ermöglichen. Doch war in dem Schreiben an den italienischen

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Korrespondenten nur von falschen und nicht auch von richtigen Ausweisen die Rede und untersagt Art. 11 des Gesetzes nicht allein die Beförderung von Personen, die nicht im Besitze von Ausweisschriften über Herkunft und Bürgerrecht sind (Zifi'er o), sondern auch die solcher, denen die Gesetze des Einwanderungslandes den Eintritt verbieten (Ziffer 4). Die Agentur machte allerdings noch geltend, in ihren den Unteragenten und Korrespondenten erteilten allgemeinen Instruktionen sei bereits die Weisung enthalten, die Passagiere müßten mit richtigen Ausweisen versehen sein. Aber im vorliegenden Falle wurde ja eben dem italienischen Agenten angeraten, von jener Weisung abzuweichen und dem Auswanderer einen falschen Paß zu verschaffen.

b. Aus der Korrespondenz gieng ferner hervor, daß die Agentur erklärt hatte, Auswanderer auch dann zur Beförderung zu übernehmen, wenn sie mit Ausweisen über Herkunft und Bürgerrecht nicht versehen seien. Hiergegen suchte sich die Agentur durch die Behauptung zu rechtfertigen, sie habe trotzdem keine Auswanderer ohne solche Ausweise befördert: dies erhelle aus ihrer Kontrolle und ihrer Korrespondenz, mit welcher sie Vorweisung von Ausweisschriften verlangt habe. Dieser Behauptung konnte angesichts der unbestreitbaren Thatsache, daß die Agentur in mehreren Briefen von der Verpflichtung der Beibringung von Ausweisschriften nur geringschätzig spricht, absolut kein Wert beigemessen werden.

c. Die Agentur bemerkte in den Instruktionen an ihre Vertreter, daß als Ausweis, in dessen Besitz ein Auswanderer sein müsse, eine Jagdbewilligung, ein Leumundszeugnis, ein unbegrenzter Urlaubsschein u. dgl. genügten. Damit stellte sie sich aber in Widerspruch mit dem Wortlaut von Artikel 11, Ziffer 5, des Bundesgesetzes vom 22. März 1888, der von Ausweisen über Herkunft und Bürgerrecht spricht, und mit den den Agenturen des öftern darüber erteilten Aufschlüssen, was unter einem Ausweis über Herkunft und Bürgerrecht zu verstehen sei. Nach diesen Aufschlüssen gilt als solcher Ausweis für Schweizerbürger ein Heimatschein oder eine andere gleichbedeutende Ausweisschrift und für Ausländer solche Papiere, welche überhaupt in klarer und bestimmter Weise über Herkunft und Bürgerrecht des Inhabers Auskunft geben, ein Requisit, das Jagdscheine u. dgl. nicht besitzen.

d. Eine ganz verwerfliche Art des Geschäftsbetriebes der Agentur zeigte sich in einem Briefe, mit dem sie dem italienischen Korrespondenten Anleitung gab, von den Auswanderern höhere

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Preise zu verlangen, als in den Tarifen festgesetzt seien und den Mehrbetrag für sich zu behalten. Hierzu bemerkte die Agentur, in den Reiseverträeen fla-uriere nur der Preis,? den sie selbst ero O halte, die Kommission des Korrespondenten also nicht, und vergaß somit, daß, abgesehen von der Immoralität des ganzen Handels, in dem Verfahren eine grobe Verletzung der Vorschriften in Artikel 15, Ziffer l, wonach der Speditionspreis im Vertrage festgesetzt sein muß und in keinem Falle und in keiner Weise erhöht werden darf, und Artikel 17, Ziffer 4, wonach alles, was der Auswanderer dem Agenten für die Beförderung bis zum vertraglich festgesetzten Bestimmungsorte bezahlt hat, im Vertrage notiert sein muß, lag. Bei der Einrede, daß der Auswanderer gegen den Korrespondenten klagen könne, der ihm zu viel abgenommen habe, ließ der Agent außer acht, daß die Agenten nach Artikel 7 des Gesetzes sowohl gegenüber den Behörden als gegenüber den Auswanderern für die Geschäftsführung ihrer Vertreter im Auslande persönlich verantwortlich sind. Allerdings glaubte die Agentur eine Haftbarkeit für die Handlungen solcher Korrespondenten, deren sich auch andere Agenturen bedienten und die nicht als Unteragenten zu betrachten seien, ablehnen zu können, ein Vorbringen, das wir als ganz unhaltbar bezeichnen mußten. In der That kommt es nicht darauf an, ob die Agenturen jenen Korrespondenten den Namen von Klienten oder Agenten geben, sondern einzig und allein auf die Natur des Geschäftes, das sie mit denselben abschließen. Jene Korrespondenten sind Mandatare der Agenturen, die ihnen wie den Uriteragenten ihre Preis- und Abfahrtslisten u. s. w. zuschicken und Weisungen über die mit Auswanderern zu treffenden Vereinbarungen erteilen. Die Korrespondenten selbst weisen den Agenturen Auswanderer zu und die Agenturen haben deshalb als deren Mandanten für ihre geschäftlichen Beziehungen mit Auswanderern die Verantwortlichkeit zu tragen. Wäre es anders, müßte der Bundesrat den Agenturen verbieten, Auswanderer, die ihnen von ausländischen Korrespondenten oder Klienten zugewiesen werden, zu befördern. Aus diesen Gründen wurde die Agentur in eine empfindliche Buße verfällt.

5. Irn Herbst 1895 reisten 6 Klosterfrauen aus der Schweiz über London nach East London (Südafrika); bei ihrer Ankunft daselbst fand sich ihr aus 11 Koffern
bestehendes Gepäck nicht vor.

Erst 14 Tage später erhielten sie zwei Koffer; alle Nachforschungen nach den übrigen 9 blieben fruchtlos, und die Londoner Agenten, welche den Transport vermittelt hatten, lehnten jede Verantwortlichkeit ab, unter dem Verwände, es sei keine Fracht bezahlt

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worden. Wir \vurden zu Beginn des Berichtsjahres angegangen, uns der Sache der Klosterfrauen, deren einzige Habe die Koffer enthielten, anzunehmen und beauftragten die Gesandtschaft in London, geltend zu machen, daß der Standpunkt, den die Londoner Agenten, bei ihrer Weigerung Entschädigung zu leisten, einnähmen, unhaltbar sei. Wenn ein Passagier auf einer Transportanstalt das Kecht habe, ein gewisses Quantum von Gepäck als sogenanntes Freigepäck mitzuführen, so sei dieselbe für den Verlust dieses letztern ebenso verantwortlich, wie für das Gepäck, für das besondere Frachtspesen bezahlt worden. Ein Teil des Passagebetrages müsse eben als Entgelt für die Spedition des Freigepäckes betrachtet werden. Es gelang dann auch der Gesandtschaft, die Schiffsmakler zu veranlassen, ernste Nachforschungen nach dem Gepäck anzustellen, das sieh auf einem Londoner Bahnhofe, allerdings ohne nähere Bezeichnung der Eigentümer und des Bestimmungsortes vorfand, und zu erwirken, daß dasselbe spesenfrei nach East London befördert wurde.

6. Eine Familie aus dem Kanton Zürich beschwerte sich beim Generalkonsulat in Rio de Janeiro, daß sie das einer Agentur zur Beförderung übergebene Gepäck nicht erhalten habe. Die eingeleitete Untersuchung ergab, daß sich dasselbe noch in Marseille befand, von wo es dann später auf Veranlassung des dortigen schweizerischen Konsulats nach ßio de Janeiro befördert wurde, und daß die Agentur es unterlassen hatte, das Gepäck gegen Beschädigung und Totalverlust zu versichern. Wir verfällten die Agentur in eine Buße, hauptsächlich von folgenden Erwägungen geleitet : 1. Aus den Berichten des schweizerischen Generalkonsulats in Rio de Janeiro, des schweizerischen Konsulats in Marseille und den von der Auswanderungsagentur eingeschickten Zuschriften ihres Vertreters in Marseille geht hervor, daß H. v. B. es unterlassen hat, für die Weiterbeförderung seines Gepäckes von Marseille nach Rio de Janeiro das ihm Obliegende zu thun, d. h.

den ihm in Genf übergebenen Gepäckschein dem Vertreter der Agentur in Marseille vorzuweisen. Noch bei seiner Ankunft in Rio de Janeiro hat er diesen Schein nicht sofort zur Stelle gehabt, sondern erst nach einiger Zeit gefunden. Jedoch ist zu beachten, daß die Auswanderer sieh in der Regel während der ganzen Dauer der Reise ihres Gepäckes nicht anzunehmen haben. Sie
übergeben es den Agenten zur Beförderung bis an den vertraglich festgesetzten Bestimmungsort oder den Ausschiffungshafen, und dort erst haben sie den Gepäckschein vorzuweisen.

49 2. Die Reklamation stellt sich als eine Schadenersatzforderung dar; über eine solche ist die administrative Bundesbehörde aber nicht zu entscheiden kompetent. Sie kann, wenn die Agentur sich weigert, Schadenersatz zu leisten, beim zuständigen Richter anhängig gemacht werden!

3. Dagegen ist der Bundesrat unzweifelhaft kompetent, darüber zu entscheiden, ob sich die Agentur nicht einer Verletzung des Auswanderungsgesetzes vom 22. März 1888, speciell der Bestimmung in Art. 15, Ziffer 5, schuldig gemacht hat.

4. Nach dieser Bestimmung umfaßt die Verpflichtung des Agenten gegen den Auswanderer in allen Fällen Versicherung des Gepäckes sowohl gegen Beschädigung als Verlust nach einem vom Bundesrate genehmigten und in dem Vertrag enthaltenen Tarif. Die Agentur hat das Gepäck der Familie v. B. nicht versichert und giebt als Grund der Unterlassung an, die Versicherung sei nicht verlangt worden. Es ist jedoch zu beachten, daß die Versicherung des Gepäckes von Auswanderern für den Agenten obligatorisch ist und nicht etwa nur dann einzutreten hat, wenn der Auswanderer sie verlangt.

7. Ein Auswanderer beschwerte sich darüber, daß ihm in Buenos Aires eine Summe von Fr. 200, die er einem Agenten in der Schweiz übergeben, verspätet ausbezahlt worden sei. Die Agentur wies nach, daß sie die nötige Vorsorge getroffen, daß das Geld so rechtzeitig als möglich in Buenos Aires anlange, und bestritt, daß dem Auswanderer ein Schaden erwachsen. Auch fanden wir nicht, daß eine Verletzung von Art. 14 des Gesetzes, 'wonach die Agenten bei Übernahme von Geldbeträgen dafür zu sorgen haben, daß die letztern dem Auswanderer am Bestimmungsorte bar und ohne Abzug ausbezahlt werde, vorliege, und verwiesen den Kläger, da der Streit sich nur um einen Schadenersatz drehte, an den Richter.

8. Auch in anderer Richtung läßt die Art und Weise, wie das Auswanderungsgeschäft betrieben wird und sich einzelne Agenten gegenseitig Konkurrenz machen, viel zu wünschen übrig, Bö wurde Beschwerde geführt, daß eine Agentur in ihren Cirkularen und Korrespondenzen andere Agenturen und solche Schiffsgesellschaften, mit denen diese Auswanderer befördern, herabsetze, die Überfahrtszeit der Schiffe, mit denen sie selbst befördere, zu kurz angebe; eine andere Agentur gab zu Reklamezwecken die hinterlegte Kaution höher an, als sie in Wirklichkeit ist; ein Agent führte in seinen Zirkulären Domizile auf, in denen er keinen Vertreter hatte ; ein Bundesblatt. 50. Jahrg.

Bd. 11.

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Unteragent benannte sich in Inseraten als Hauptagent u. dgl. Da solche Vorkommnisse meist nicht eine Verletzung einer Gesetzesbestimmung involvieren, somit nicht mit Verhängung von Bußen dagegen eingeschritten werden kann, mußten wir uns darauf beschränken, durch Vorstellungen und den Hinweis auf die Häßlichkeit einer Geschäftsführung mit Mitteln gedachter Art auf die Beseitigung der Übelstände hinzuwirken. Es muß indessen hier beigefügt werden, daß nur wenige Agenten sich solche Unregelmäßigkeiten zu Schulden kommen ließen.

9. Über die unhöfliche Behandlung und mangelhafte Verpflegung auf dem Schiffe, mit dem er von New York nach Havre befördert worden war, beschwerte sich ein Reisender, der unter anderem vorbrachte, im Zwischendeck sei jedem Passagier ein Dollar Extravergütung abgefordert worden. Diejenigen, welche sich weigerten, dieser ungebührlichen Forderung nachzukommen^ sei schlechteres Essen und in geringerer Quantität verabfolgt worden.

In unserem Auftrage brachte die schweizerische Gesandtschaft in Paris die Klage bei der Schiffsgesellschaft vor und erhielt folgende Auskunft : Nach den Vorschriften der seit vielen Jahren, bestehenden Schiffsreglemente hätten die Passagiere der 3. Klasse ihre Mahlzeiten selbst in der Küche zu holen und das Geschirr zu reinigen, viele Reisende befaßten sich indessen nicht gerne damit und übertrügen die Arbeit dem Schiffskellner, der dafür eine Entschädigung verlange. Auf diese habe er Anspruch, da er eine Arbeit besorge, der sich der Passagier nicht selbst unterziehen wolle. Daraus folge indessen nicht, daß der Schiffskellner nicht Unrecht gehabt habe, die Bezahlung zu verlangen, ohne den nötigen Aufschluß darüber zu geben. Dieser Angestellte sowohl als der Chef des Zwischendecks seien deshalb entlassen worden. Man hoffe, diese Maßregel werde dazu beitragen, daß in Zukunft keine Mißverständnisse mehr entstehen ; den Passagieren der 3. Klasse werde es freistehen, selbst das Geschirr zu reinigen oder dies durch einen Angestellten gegen Bezahlung thun zu lassen, ohne daß irgend welcher Druck auf sie ausgeübt werde, ob sie sich zum einen oder andern entschließen.

10. Die schweizerische Gesandtschaft in Buenos Aires berichtete, daß eine Anzahl Auswanderer sich darüber beschwert habe, daß auf ihrer Überfahrt von Marseille aus das Schiff (der Compagnie des
transports maritimes à vapeur) zu überfüllt gewesen (1400 Auswanderer) und im Zwischendeck große Unreinlichkeit geherrscht habe, die dem Transport zahlreicher Italiener zugeschrieben werden

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müsse. Sodann wurde über die mangelhafte Beköstigung der Passagiere geklagt und schließlich auf die erhebliche Differenz der Preise (Fr. 100) aufmerksam gemacht, den die schweizerischen und italienischen Auswanderer für die Überfahrt von Marseille nach Buenos Aires zu bezahlen gehabt hätten.

Aus der vom schweizerischen Konsulat in Marseille angestellten einläßlichen Untersuchung ging hervor, daß das in Rede stehende Schiff allerdings sehr stark und zwar größtenteils von Italienern besetzt war, die bereits in Genua sich eingeschifft hatten.

Es sei, berichtete das Konsulat, das Bestreben der Schiffsgesellschaft, die Trennung der Nationalitäten bestens durchzuführen und den schweizerischen und französischen Auswanderern reservierte Plätze einzuräumen; auch habe gesetzlich jeder Zwischendeckspassagier auf mindestens l I/B Kubikmeter Raum Anspruch. Auch hinsichtlich der Verköstigung gab das Konsulat durchaus befriedigende Auskunft und bemerkte, es müsse eben auf die Mehrzahl der Passagiere Rücksicht genommen werden, und es sei erklärlich, daß was dieser reichlich und gut scheine, französische und schweizerische Reisende weniger befriedige. Wenn aber der Überfahrtspreis mit der Dauer der Reise verglichen werde, werde man zur Einsicht gelangen, daß keine Ursache zur Beschwerdeführung vorliege.

Wegen der Konkurrenz mit den taliienischen Schiffsgesellschaften seien allerdings für die Personen, die sich in Genua einschifften, geringere Preise festgesetzt, als für die, die ab Marseille verreisten, wo eine derartige Konkurrenz nicht zu befürchten sei.

IV. Auswanderungsziele.

A. Nordamerika.

1. V e r e i n i g t e Staaten. Von den im Berichtsjahre aus der Schweiz ausgewanderten Personen haben sich 2149 oder 85,6% gegen 2787 oder 88,7% im Vorjahre nach den Vereinigten Staaten begeben; die Zahl der nach der Union ausgewanderten hat sonach um 638 abgenommen, aber von der G-esamtauswanderung repräsentiert sie immerhin über 1,9% mehr als im Vorjahre. Es hat somit die Auswanderung nach den anderen überseeischen Staaten in höherm Grade abgenommen als diejenige nach den Vereinigten Staaten. Wir haben uns in den Berichten über die Jahre 1893--1896 einläßlich über die Ursachen der Auswanderung verbreitet; im Jahre 1897 haben sich die Verhältnisse, denen jene Abnahme zuzuschreiben ist, nicht geändert. Von der

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Krisis, die im Jahre 1893 in der Union ausbrach, scheint sie sich noch nicht erholt zu haben, und der erhoffte Aufschwung noch nicht eingetreten zu sein. Es wurde auch ein Rückgang der Zahl der aus überseeischen Staaten auf Besuch in ihre alte Heimat gekommenen Personen konstatiert, die sonst immer Viele zur Auswanderung veranlaßten. Daneben hat ohne Zweifel die immer mehr sich verbreitende Nachricht von der feindlichen Stimmung, die in maßgebenden Kreisen der Vereinigten Staaten gegen die Einwanderung herrscht und nicht allein in den bestehenden rigorosen Gesetzen darüber, sondern auch in den Debatten über neue die Einwanderung noch mehr zu beschränken geeignete Gesetzesentwürfe sich geäußert hat, vielerorts Unlust zur Auswanderung erzeugt. Alles dies wird auch durch die Thatsache bestätigt, daß die Einwanderung in die Vereinigten Staaten überhaupt abgenommen hat; während im Jahre 1896 in New York 252,350 Zwischendeckund 99,223 Kabinepassagiere ankamen, wurden daselbst im Berichtsjahre nur 192,004 Zwischendeck- und 90,932 Kabinepassagiere gelandet.

Auf Anstände bei ihrer Einwanderung in New York stießen im Berichtsjahre 8 schweizerische Auswanderer.

In einem Falle handelte es sich um eine Person, deren ärztliche Untersuchung ergab, daß sie wegen übermässigen Alkoholgenusses arbeitsunfähig sei. Die Einwanderungskommission befürchtete, daß dieselbe der öffentlichen Wohlthätigkeit zur Last fallen werde und verfügte ihre Rückbeförderung.

Dem Konsulate in New York gelang es, die Verfügung der Heimbeförderung wieder rückgängig zu machen, von der ein Mann betroffen wurde, den die Hafenbehörde wegen vorgerückten Alters und weil er nur im Besitze einer geringen Barschaft war, an der Einwanderung hindern wollte. Das Konsulat bemerkte, daß es unter Umständen mit Risiko verbunden sei, bejahrte Leute, gegen deren Zulässigkeit sonst nichts vorliege, nach den Vereinigten Staaten zu befördern, weil befürchtet werde, daß sie über kurz oder lang der öffentlichen Wohlthätigkeit zur Last fallen und noch innerhalb eines Jahres nach ihrer Landung zurückspediert werden können.

Weil er ohne Subsistenzmittel sich befand, wurde ein 28jähriger Mann in New York zurückgewiesen, der im Besitze eines Fahrbillets ins Innere des Landes war. Das Konsulat verwendete sich mit Erfolg dafür, daß der Rückweisungsbeschluß aufgehoben und der Einwanderer Beschäftigung erhielt. Aus der eingeleiteten Unter-

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suchung ergab es sieh, daß der Mann bei seiner Abreise aus der Schweiz Barmittel besaß, unterwegs, auf der Reise nach Havre, aber darum gekommen war, ein neuer Beweis dafür, daß Auswanderer besser daran thun, Barmittel gegen Anweisungen auf den überseeischen Bestimmungsort umzutauschen.

Ein Urner wurde mit dem Schiffe, das ihn nach New York gebracht, zurückbefördert, da er schwachsinnig war. Es wurde behauptet, seine Beförderung habe die Schiffsgesellschaft auf Grund eines vor zwei Jahren mit einer schweizerischen Agentur abgeschlossenen, aber nicht zur Ausführung gekommenen und in den Händen des Mannes verbliebenen Reise Vertrages übernommen.

Die von den urnerischen Behörden angestellte Untersuchung ergab ein präcises Resultat nicht. Auffallend blieb, daß der Mann die kompliziertere Route über Southampton spontan gewählt und die Schiffsgesellschaft ihn auf Grund eines zwei Jahre alten Vertrages und ohne Schiffsbillet spediert hatte.

Soweit die Bestimmung der Einwanderungsgesetze der Vereinigten Staaten, wonach Einwanderer, die der öffentlichen Wohlthätigkeit zur Last fallen könnten, zurückgewiesen werden sollen, auf Personen Anwendung findet, die wegen vorgerückten Alters, Krankheit oder Gebrechlichkeit arbeitsunfähig sind und deren hinlängliche Versorgung am Bestimmungsorte nicht nachgewiesen ist, erscheint sie auch anderwärts, wo sonst die von den Vereinigten Staaten zur Beschränkung der Einwanderung getroffenen Maßnahmen nicht gebilligt werden, gerechtfertigt; eine Agentur, die eine Person gedachter Art nach den Vereinigten Staaten beförderte, würde sieh dadurch unzweifelhaft einer Verletzung der Bestimmung von Artikel 11, Ziffer l und 4, schuldig machen.

Anders verhält sich dagegen die Sache, wenn die in Rede stehende Bestimmung auf Personen angewendet wird, von denen die Einwanderungsbehörde in New York bloß befürchtet, daß sie möglicherweise der öffentlichen Wohlthätigkeit zur Last fallen könnten (paupers or persons likely to become it). Es kann den Agenturen unmöglich zugemutet werden, weiter zu gehen, als die Auswanderungslustigen auf die Bestimmungen der amerikanischen Einwanderungsgesetze aufmerksam zu machen. Daß sie voraussehen, welche Auswanderer etwa in Zukunft der öffentlichen Wohlthätigkeit zur Last fallen, oder von der amerikanischen Einwanderungsbehörde als solche Personen betrachtet werden, kann bei der Willkür, mit welcher die fragliche Bestimmung von den zuständigen Behörden bisweilen angewendet wird, nicht verlangt werden.

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Hie und da konnten wir uns auch der Vermutung nicht verschließen, daß einige Agenten es an der nötigen Vorsicht mangeln ließen und zwar deshalb, weil für sie aus einer Rückspedition meist kein Risiko entsteht und ihnen die Kommission für die Beförderung nicht entgeht.

Im vorjährigen Berichte haben wir des am 8. Dezember 1896 erfolgten Untergangs des auf der Fahrt nach New York begriffenen Dampfers ,,Salier"1 Erwähnung gethan. Aus freien Stücken hat sich der Norddeutsche Lloyd erboten, den Unterlassenen der von einer schweizerischen Agentur mit jenem Schiffe beförderten neun Italiener den Passagebetrag zurückzuerstatten.

Nicht unerwähnt lassen wollen wir, daß in der deutschen Presse New Yorks über die Behandlung, die die Auswanderer bei ihrer Ankunft im dortigen Hafen und während der Zeit, die sie in der Barge office, dem seit dem Brande auf Ellis Island provisorisch eingerichteten Unterkunftsgebäude, erfahren und die daselbst herrschende Unreinlichkeit schwere Anklagen gegen die New Yorker Einwanderungsbehörde erhoben worden sind.

2. Nach Mexiko wanderten drei Personen aus.

B. Central- und Südamerika.

1. Nach Centralamerika begaben sich 6 Auswanderer (l nach Cuba, 3 nach Haïti, je Ì nach Martinique und Guatemala).

2. Nach Südamerika begaben sich 307 schweizerische Auswanderer, gegen 499 im Vorjahre, nämlich nach Columbia 2, nach Brasilien 55, nach Uruguay 12, nach Argentinien 233 und nach Chile 5.

Die Auswanderung nach Südamerika ist schon seit längerer Zeit in Abnahme begriffen, als diejenige nach den Vereinigten Staaten.

Während die Zahl der im Jahre 1888 dorthin aus der Schweiz ausgewanderten Personen noch 1558 betrug, fiel sie im Jahre 1889 auf 1419, im Jahre 1890 auf 752, im Jahre 1891 auf 500 und hielt sich ungefähr auf dieser Höhe bis zum Jahre 1896, um im Berichtsjahre auf 307 zu sinken. Auch über die Gründe des Rückganges der Auswanderung nach Südamerika haben wir uns bereits in früheren Berichten vernehmen lassen ; diese Ursachen sind wie in den Vereinigten Staaten in der wirtschaftlichen Lage der argentinischen Republik, Chiles und Brasiliens zu suchen, daneben aber auch in den Unruhen, die in diesen Staaten nicht

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selten ausbrechen und in der Unsicherheit, die in verschiedenen Kolonien südamerikanischer Staaten herrscht.

Während aber in der Union die Abnahme der Einwanderung iu sehr vielen Kreisen nicht ungern gesehen wird, haben schon seit einer Reihe von Jahren die genannten südamerikanischen Staaten verschiedene Maßnahmen getroffen, um den Strom der europäischen Auswanderung auf ihr Gebiet zu lenken, so u. a. die Einführung der unentgeltlichen Beförderung von Auswanderern von einem europäischen Hafen aus, unentgeltlichen mehrtägigen Aufenthalt in einem Emigrantenhotel bis zur Abfahrt nach den Kolonien und unentgeltliche Reise dahin, Abgabe von Landlosen und Beschaffung der zur ersten Einrichtung nötigen Objekte unter anscheinend günstigen Bedingungen u. s. w. Während diese Vorkehren anfanglich auch in der Schweiz die Lust zur Auswanderung nach Südamerika weckten und förderten, scheinen sie allmählich diese Wirkung eingebüßt zu haben. Im Berichtsjahre ist ein Versuch gemacht worden, die Auswanderung nach Brasilien wieder in die Höhe zu bringen.

Der brasilianische Generalkonsul in Genf, Herr Dr. Pedro de Pereira Sodré, teilte uns im Oktober mit, daß er von der Regierung des Staates Sào Paulo beauftragt sei, uns von ihrem Vorhaben, in Funil eine schweizerische Musterkolonie zu gründen, Kenntnis zu geben. Um die Kolonie zu bevölkern, habe die genannte Regierung sich mit einer schweizerischen Kommission aus dem Kanton Zürich in Verbindung gesetzt, die auf ihre Einladung und auf Kosten des Staates nach Säo Paulo gekommen sei, um daselbst die Vorteile des in Betracht kommenden Gebietes zu studieren und zu konstatieren. Die Gesamtausdehnung der Kolonie betrage 29,040,000m2 und werde größtenteils in Lose von 12, 14 und 16ha. eingeteilt. Ein Los von 14 ha werde auf 1:157 §000 und das "Wohngebäude auf 2:500 § 000 zu stehen kommen.

Für die Beförderung der Kolonisten werde das Konsulat selbst Sorge tragen. Herr Sodré beschränkte sich hierbei darauf, die Hoffnung auszusprechen, der Bundesrat werde dem Unternehmen kein Hindernis in den Weg legen. Noch ehe er uns aber diese Mitteilung hatte zugehen lassen, brachten wir in Erfahrung, daß im Kanton Zürich bereits eine lebhafte Propaganda zu gunsten der Auswanderung nach der Kolonie Funil gemacht worden und daß auf Veranlassung eines Mitgliedes der Kommission, die der
im Jahre 1896 in Zürich gegründete ,,Auswanderungspionierverein11 nach Brasilien abgeordnet, sowohl durch Publikationen, Verbreitung von Flugblättern, betitelt : ,,Vertragspunkte zwischen der Regierung von Säo Paulo und

56 den Kolonisten von Funil" und Versammlungen eine Anzahl Personen sich entschlossen hätten, nach dieser Kolonie zu ziehen und daß Herr Sodré dabei die Hand im Spiele habe. Es wurde uns mitgeteilt, daß er bereits über die Beförderung einer großem Anzahl Auswanderer mit einer Schißsgesellschaft in Unterhandlung getreten sei. Wir gewannen hierdurch den Eindruck, daß Herr Sodré mit seiner Eingabe nur bezwecke, sein bisheriges mit dem Gesetze im Widerspruch stehendes Verhalten in einem bessern Lichte erseheinen zu lassen. Dieser Umstand, die überaus mangelhaften Aufschlüsse, die er über das Unternehmen gegeben und die Überzeugung, daß sich Brasilien für eine größere Auswanderung aus der Schweiz nicht eigne, veranlaßte uns, das Gesuch abschlägigzu bescheiden und Herrn Sodré zu eröffnen, daß wir nicht daran dächten, der spontanen Auswanderung nach Brasilien Hindernisse in den Weg zu legen, daß wir es dagegen im allgemeinen Landesinteresse erachteten, darüber zu wachen, daß die Auswanderungslust nicht durch künstliche Mittel geweckt werde und jede Propaganda zu gunsten der Auswanderung nach irgend einem überseeischen Staate unterbleibe. Da nun aus gewissen Vorgängen und Indizien geschlossen werden könne, daß eine Propaganda für die Auswanderung nach Säo Paulo bereits eingeleitet worden sei, so wolle man nicht ermangeln, ihn auf die Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 22. März 1888 (Artikel 10 und 19) und der Vollziehungsverordnung vom 12. Februar 1889 aufmerksam zu machen, wonach niemand ohne Ermächtigung des Bundesrates sich an einem Kolonisationsunternehmen beteiligen dürfe und dem Gesetze Zuwiderhandelnde den kantonalen Gerichten überwiesen würden.

Fremde Konsuln, welche einem vom Bundesrat nicht gebilligten Kolonisationsunternehmen direkt oder indirekt Vorschub leisten würden, setzten sich überdies der Gefahr aus, daß ihnen sofort das Exequatur entzogen werde.

Da aus den von den Statthalterämtern von Zürich und Affoltern a. A. vorgenommenen Untersuchungen unzweifelhaft hervorgieng, daß ein J. Keller in Hedingen für die Auswanderung nach Säo Paulo eifrigst Propaganda gemacht und sieh am Kolonisationsunternehmen von Funil beteiligt hatte, ohne um die Ermächtigunghierfilr nachzusuchen, hielten wir dafür, daß derselbe nach Maßgabe von Artikel 19 des Gesetzes dem zuständigen Gerichte zu überweisen
sei. Das Bezirksgericht Affoltern a. A. sprach jedoch Keller frei, indem es fand, er habe sich an dem Unternehmen nicht beteiligt, da er selbst auswandere und nicht nachgewiesen sei, daß er gegenüber den andern Kolonisten besondere Vorteile

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zugesichert erhalten habe. Doch hatte er in seiner ,,Aus der Schweiz nach Brasilien"1 betitelten Broschüre selbst zugestanden, daß er mit der Regierung von Säo Paulo bezüglich der Besiedelung ihrer Ländereien in Funil in Unterhandlungen getreten sei und daß diese später ihren Abschluß gefunden. Das Obergericht hob das Urteil auf und verfällte Keller in eine Buße.

Wie wir später erfuhren, sind mit Keller nichtsdestoweniger 43 Personen aus den Kantonen Zürich und Aargau nach Brasilien ausgewandert. Es läßt sich aus dieser Thatsache schließen, welchen Charakter die Propaganda angenommen hätte, wenn sie von uns gestattet und unter der Auskündigung betrieben worden wäre, daß sie unter den Auspizien der Regierung von Säo Paulo und des brasilianischen Generalkonsulats in Genf stattfinde und daß den Auswanderern, wie beabsichtigt war, die Kosten der Überfahrt von Marseille vorgeschossen würden. Auf die Gefahren, die der Auswanderer warten, deren Beförderung von fremden Kolonisationsgesellschaften bezahlt wird, haben wir schon des öftern aufmerksam gemacht und bemerken hier nur noch, daß in den meisten Auswanderungsgesetzen neuern Datums die sogenannten Freipassagen verboten sind.

C. Andere Auswanderungsziele.

Es wanderten ferner aus: nach Australien 7, dem nördlichen Afrika 11, nach Südafrika 22, nach Asien 3 Personen.

B. Kommissariat.

I. Ratschläge und Auskunfterteilungen an Auswanderer.

In Anbetracht der im Jahre 1897 konstatierten merklichen Abnahme der Auswanderung könnte man versucht sein, zu glauben, der Auskunftsdienst habe an Umfang ebenfalls wesentlich eingebüßt.

Dies ist aber durchaus nicht der Fall, denn der Verkehr des Kommissariates mit Privaten hat im Berichtsjahre neuerdings zugenommen.

Dieser Dienstzweig, dessen Nützlichkeit immer klarer zu Tage tritt, entwickelt sich fortwährend. Seine heutige Ausdehnung scheint man zum Teil den Schwierigkeiten zuschreiben zu müssen, welchen die Auswanderer gegenwärtig in den meisten überseeischen Ländern begegnen. Als in Amerika die Geschäfte noch besser gingen, wanderten im allgemeinen unsere Leute aus, ohne sich vorher einläßlich zu informieren; die Vereinigten Staaten /,. B., wohin sich

58 der große Auswandererstrom so zu sagen beständig ergoß, boten damals Aussichten, welche viele Auswanderer mit Recht oder Unrecht heute dort nicht mehr zu finden glauben. Auch in manchen andern für die Auswanderung in Betracht fallenden Gegenden herrschen übrigens Krisen. Infolgedessen will der Auswanderungslustige heute mehr als je sich genau unterrichten lassen, bevor er einen unabänderlichen Entscheid trifft. Der Briefwechsel zwischen dem eidgenössischen Auswanderungs-Kommissariat und den Auskunft nachsuchenden Privaten legt sowohl durch die Zunahme als auch durch die Art der Gesuche Zeugnis ab von dem Vertrauen, welches diese Institution einflößt.

Die mit Auskunft versehenen Auswanderungslustigen gehörten den verschiedensten Berufsarten an. Die Reihenfolge der Berufe, im Verhältnis zur Inanspruchnahme des Auskunftsdienstes aufgestellt, ändert von Jahr zu Jahr merklich und ergiebt für 1897 folgendes Bild: Als fleißigste Korrespondenten stehen die Kaufleute (junge Handelsbeflissene, verschiedene Angestellte, Fabrikanten etc.) an der Spitze; dann kommen die Handwerker (Schreiner, Schlosser, Maler, Schuhmacher, Uhrmacher, Confiseurs etc.) ; die Landwirte (selbständige Familien, auch Landarbeiter, Melker, Käser, Gärtner); weibliche Dienstboten (Mägde, Köchinnen, Zimmermädchen, Nähterinnen etc.) ; Vertreter des Gelehrtenstandes (Lehrer, Juristen, Ärzte, Apotheker) ; Architekte, Ingenieure, Zeichner ; Wirte, Hotelpersonal, Eisenbahnangestellte. Wie immer erhielt eine Anzahl Auskunftsbedürftiger, welche ihren Beruf nicht nannten, Aufschlüsse allgemeiner Natur.

Die Auskunftsgesuche betrafen größtenteils Nordamerika, in erster Linie die verschiedenen Staaten der Union, aber auch einige Gegenden von Centralamerika und von Kanada. Trotz der Krisis, unter welcher die Vereinigten Staaten noch immer mehr oder weniger leiden, trotz den dort gegen die Einwanderung gehandhabten Schutzmaßregeln übt also dieses Land doch immer noch eine große Anziehungskraft auf unsere Auswanderer aus. Dann folgt Südamerika mit der argentinischen Republik obenan; die übrigen diesen Erdteil betreffenden Anfragen hatten Bezug auf Brasilien, Chile und einige andere Gegenden, welche für die Auswanderer nur in besonderen Fällen Bedeutung hahon können.

Ziemlich zahlreiche Korrespondenzen behandelten die wichtigeren Gegenden Afrikas,
wie Transvaal, Kapland, Algerien, Tunis, Ägypten, Abessinien und den Kongostaat, ebenso verschiedene Küstenplätze, welche jungen Kaufleuten Aussichten zu bieten vermögen. Die übrigen Auskunftsbegehren bezogen sich auf Australien,

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gewisse Gegenden von Asien und selbst von Europa, obwohl unser Kontinent für die Auswanderung im eigentlichen Sinne des Wortes nicht wohl in Betracht fallen kann.

Das Kommissariat beschränkt seine Auskunfterteilungen selbstverständlich nicht auf eine getreue Beschreibung der die Auswanderungslustigen interessierenden Gegenden, sondern trägt den persönlichen Verhältnissen jedes einzelnen Rechnung und bemüht sich, die Gesuchsteller mit Winken und Ratschlägen zu versehen, welche den Umständen angepaßt sind.

Der Briefwechsel des Kommissariates mit unsern diplomatischen Vertretern und unsern Konsuln im Auslande war im Berichtsjahre besonders lebhaft und hat zur Wirksamkeit des Auskunftsdienstes wesentlich beigetragen. Andererseits bestrebte sich die Mehrzahl der Kantonsregierungen, durch zeitweise Publikationen die Interessenten auf das eidgenössische Auswanderungs-Kommissariat aufmerksam zu machen. Wir wissen die Bemühungen derjenigen zu schätzen, welche diese gemeinnützige Institution unterstützt haben, und wir hoffen, daß sie dem Kommissariat auch fernerhin wohlwollend zur Seite stehen werden.

Die italienische Ausgabe des ,,Ratgebers für schweizerische Auswanderer nach den Vereinigten Staaten von Amerika", deren baldiges Erscheinen der letzte Geschäftsbericht meldete, wurde vom März 1897 an zur Verfügung der Interessenten gestellt. Die Kantonsregierungen wurden hiervon benachrichtigt.

II. Begleitung von Auswandererzügen.

Die Begleitungsreisen sind in verschiedener Hinsicht nützlich.

Sie bieten dem Chef des Kommissariates Gelegenheit, auch auf diesem Wege mit Auswanderern in Berührung zu kommen, unter denen sich öfters Familien befinden, welche froh sind, in letzter Stunde einige gute Ratschläge zu erhalten. Andererseits ist es am Platze, daß ein Abgeordneter der schweizerischen Bundesbehörde mit den Transportgesellschaften, denen unsere Auswanderer anvertraut werden, mehr oder weniger in Verbindung bleibe, daß er sich mit eigenen Augen zu überzeugen vermöge von den Vorteilen und Nachteilen der Reise nach dem Einschiffungshafen, von den da oder dort eingeführten Verbesserungen und daß er, ohne zwar eine Überfahrt mitzumachen, doch wenigstens von Zeit zu Zeit in der Lage sei, zu beobachten, wie unsere Leute in den Auswandererschiffen untergebracht werden. Immerhin können diese Reisen nur in sehr beschränkter Zahl stattfinden.

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Die zwei ersten Begleitungsreisen im Jahre 1897 hatten Paris und Havre zum Ziele, von wo aus sich der größere Teil unserer Auswanderer nach den Vereinigten Staaten wendet. Die eine ging über Basel, die andere über Pontarlier, denn je nach dem vorherigen Wohnort des Auswanderers, manchmal auch je nach der in Anspruch genommenen Agentur, wird die Fahrt von der Schweiz nach Paris auf der Linie der Ostbahn oder auf derjenigen der Paris-Lyon-Mittelmeer-Bahn ausgeführt. Die dritte und letzte Reise, diejenige nach Antwerpen, über welchen Hafen die Auswanderer ebenfalls ziemlich zahlreich ziehen, ward so eingerichtet, daß unser Kommissär in nicht offizieller Eigenschaft am internationalen Kolonialkongreß in Brüssel teilnehmen konnte. Über diese Reisen wurden uns nach bisheriger Übung einläßliche Berichte unterbreitet.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im Jahre 1897.

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13

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23.03.1898

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