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Bundesratsb eschluss über

den Rekurs des Ernest Jeanmaire-Langhans, Möbelhändler und Tapezierer, in La Chaux-de-Fonds, betreffend Eintragung in das Handelsregister.

(Vom 27. Mai 1898.)

Der s c h w e i z e r i s c h e Bundesrat bat über den Rekurs des Ernest J e a n m a i r e - L a n g h a n s , Möbelhändler und Tapezierer, in La Chaux-de-Ponds, betreffend Eintragung in das Handelsregister, auf den Bericht des Justiz- und Polizeidepartements, f o l g e n d e n Beschluß gefaßt.

A.

In thatsächlicher Beziehung wird festgestellt:

I.

Auf Verlangen zweier Gläubiger war der Möbelhändler und ' Tapezierer Ernest Jeanmaire-Langhans in La Chaux-de-Fonds vom dortigen Handelsregister-Bureau zur Eintragung in das Handelsregister aufgefordert worden. Jeanmaire bestritt keineswegs, daß .sein Geschäft dem Umfange nach ihn zur Eintragung in das

693 Handelsregister nötigen würde; dagegen weigerte er sich deshalb, sich eintragen zu lassen, weil er den Betrieb mit Rücksicht auf seine Geschäftslage eingestellt habe und die Aktiven nur noch zu gunsten seiner Gläubiger liquidiere.

Der Registerführer legte daher die Akten seiner Aufsichtsbehörde dem Justizdepartement des Kantons Neuenburg zum Entscheide vor.

Durch Verfügung vom 7. April 1898 stellte dieses fest, daß E. Jeanmaire zur Eintragung in das Handelsregister verpflichtet sei. Es stützte sich dabei auf folgende Erwägungen : a. Es sei keineswegs festgestellt, daß Jeanmaire seinen Geschäftsbetrieb thatsächlich aufgegeben habe. Er habe in einem Cirkulare an seine Gläubiger lediglich die Absicht ausgesprochen, dies zu thun.

6. Das Geschäft Jeanmaires sei keineswegs liquidiert; Unternehmungen im Liquidationsstadium müssen aber bis zur Beendigung der Liquidation im Handelsregister eingetragen bleiben.

H.

Gegen diese Verfügung rekurrierte Ernest Jeanmaire mit Eingabe vom 12. April rechtzeitig an den Bundesrat. Er verlangt deren Aufhebung und macht zur Begründung seines Begehrens Folgendes geltend : a. Er habe seinen Geschäftsbetrieb aufgegeben. Wenn gegenwärtig noch eine gewisse Aktiv-Masse in seinen Händen sei, so habe er für ein und allemal darauf verzichtet, mit derselben Handel zu treiben, da er sie gewissermaßen als gemeinschaftliches Pfand seiner Gläubiger betrachte. Letzteren stelle er sie zur Verfügung, um deren Wert zu ihren gunsten zu realisieren.

b. Wenn das Justizdepartement des Kantons Neuenburg annehme, daß Geschäfte, die sich in Liquidation befinden, während der Dauer dieser Liquidation unter allen Umständen im Handelsregister eingetragen sein müssen, so befinde es sich im Irrtum.

Der Bundesrat habe gegenteils in seinem Entscheide vom 10. März 1893, in Sachen Delarue festgesetzt, daß dies bei Einzelfirmen nicht der Fall sei (Bundesblatt 1893, Bd. I, Pag. 740, französische Ausgabe -- deutsch: Bd. l, Pag. 1075). Nur Gesellschaften seien gehalten, während der Dauer der Liquidation im Handelsregister zu bleiben.

Bundesblatt. 50. Jahrg. Bd. III.

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c. Das Begehren um seine Eintragung sei von zwei seiner Gläubiger gestellt worden, mit denen er gegenwärtig keine Geschäfte mehr mache. Dieselben hätten das Begehren zu der Zeit stellen sollen, da sie mit ihm die Geschäfte abschließen wollten: gegenwärtig seien sie zur Stellung des Eintragsbegehrens nicht mehr berechtigt.

IIL .

In seiner Vernehmlassung hält das Justizdepartement des Kantons Neuenburg an seiner Verfügung fest und beantragt Abweisung des Rekurses.

a. Es macht geltend, daß Jeanmaire nach seinem eigenen Geständnis noch beträchtliche Aktiven in Händen habe, die er, allerdings zu gunsten seiner Gläubiger realisiere. Um die Realisierung vornehmen zu können, müssen aber notwendig handelsmäßige Geschäfte vorgenommen werden.

&. Es weist im fernem darauf hin, daß Rekurrent falsch berichtet sei, wenn er annehme, daß Einzelfirmen, die sich im Liquidationsstadium befinden, im Handelsregister nicht eingetragen sein müssen. In seinem Entscheide vom 25. März 1895 in Sachen Secondo Raviola in La Chaux-de-Fonds spreche sich der Bundesrat im gegenteiligen Sinne aus.

IV.

Paul Robert, Agent d'affaires, in La Chaux-de-Fonds, der seiner Zeit namens zweier Gläubiger das Begehren um Eintragung des Rekurrenten gestellt hatte, und dem deshalb die Rekursschrift zur Vernehmlassung war zugestellt worden, beantragt ebenfalls Abweisung des Rekurrenten, indem er im wesentlichen dieselben Gründe anführt, wie die Aufsichtsbehörde des Kantons Neuenburg.

B.

In rechtlicher Hinsicht fällt in Betracht:

I.

Der Rekurrent hat nicht bestritten, daß sein Geschäft dem Umfange nach die Pflicht zur Eintragung in das Handelsregister begründen würde.

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n.

Die Einrede, daß die Gläubiger, namens derer Geschäftsagent Robert das Begehren um Eintragung des Rekurrenten stellte, nicht legitimiert seien, ist unbegründet. Der Bundesrat hat längst festgestellt, daß derjenige, welcher die Eintragung einer eintragspflichtigen Person verlangt, keinerlei persönliches oder vermögensrechtliches Interesse nachzuweisen habe, sondern daß die Gründe für die Eintragung lediglich in der Person bezw. dem Geschäft des Einzutragenden zu suchen seien (Entscheid vom 8. September 1891, in Sachen A. Wust-Zeiger in Luzern -- Bundesblatt 1892, Bd. II, pag. 538, Ziffer 3).

III.

Auch die Berufung auf den Entscheid des Bundesrates vom 10. März 1893, in Sachen Delarue, ist nicht zutreffend. Der Bundesrat spricht in diesem Entscheid keineswegs den Grundsatz aus, daß eine in Liquidation befindliche Einzelfirma nicht im Handelsregister müsse eingetragen sein. Delarue hatte sein Geschäft mit allen Vorräten bereits verkauft und betrieb keinerlei Handelsgeschäfte mehr. Seine Aktiven waren liquidiert, was bei Jeanmaire nicht der Fall ist. Der Bundesrat entschied nur dahin (Ziffer 3, litt. b. des bezüglichen obcitierten Entscheides), daß der bisherige Einzelinhaber eines Geschäftes nach dessen Veräußerung nicht deshalb zur Eintragung könne verhalten werden, weil seine Verbindlichkeiten noch nicht liquidiert seien. Dagegen erklärte er keineswegs, daß der Inhaber einer in Liquidation befindlichen Einzelfirma überhaupt nicht zur Eintragung könne verhalten werden. Wie das Justiz-Departement des Kantons Neuenburg in seiner Vernehmlassung richtig bemerkt, hat er vielmehr in einem (nicht publizierten) Entscheid vom 25. März 1895, in Sachen Raviola, das Gegenteil erklärt.

IV.

Da die Aktiven des Rekurrenten zugestandenermaßen noch keineswegs liquidiert sind, das Geschäft vielmehr zum Zwecke ihrer Verwertung noch weiter betrieben werden muß, so ist Jeanmaire zur Eintragung in das Handelsregister verpflichtet.

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Demgemäß wird beschlossen: 1. Der Rekurs wird als unbegründet abgewiesen.

2. Gemäß Art. 26, Abs. 6, der Verordnung über Handelsregister und Handelsamtsblatt, vom 6. Mai 1890, ist daher Ernest Jeanmaire-Langhans von Amtes wegen in das Handelsregister einzutragen.

Bern, den 27. Mai 1898.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Buffy.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Kingier.

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Bundesratsbeschluss über den Rekurs des Ernest Jeanmaire-Langhans, Möbelhändler und Tapezierer, in La Chaux-de-Fonds, betreffend Eintragung in das Handelsregister. (Vom 27.

Mai 1898.)

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1898

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08.06.1898

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692-696

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