657

# S T #

Bericht über

die Beschwerde des Felix Mermoud, in Saxon, gegen den Bundesratsbeschluss vom 23. November 1897, betreffend Grossratswahl.

(Vom 6. April 1898.)

Tit.

Der Große Rat des Kantons Wallis hatte den 18./20. Mai 1897 die Wahl des Felix Mermoud, in Saxon, in den Großen Rat kassiert und an dessen Stelle Alfred Tissières in Martigny als gewählt erklärt. Gegen diesen Beschluß beschwerte sich Mermoud beim Bundesrat. Wir traten auf die Beschwerde wegen Inkompetenz nicht ein, in Erwägung ziehend, daß uns eine Überprüfung eines Entscheides nicht zustehe, wo, wie im vorliegenden Falle, nicht die Verletzung von Bundesrecht oder kantonalem Verfassungsrecht, sondern nur Verletzung einer kantonalen Gesetzes- oder einer Reglementsvorschrift in Frage steht. Mermouds Wahl war nämlich kassiert worden, weil er infolge Verurteilung wogen Unterschlagung nicht wählbar sei ; denn Unterschlagung sei, im Sinne des kantonalen Wahlgesetzes, gleich wie Diebstahl zu behandeln, vgl.

Bundesbl. 1897, IV, Seite 1203.

Mit Beschwerdeschrift vom 4. Februar 1898 zieht F. Mermoud unsere Entscheidung vor die Bundesversammlung. Er behauptet, die bundesrätliche Kompetenz sei mit Unrecht verneint worden, denn es sei durch den angefochtenen Kassationsentscheid Art. 4 der Bundesverfassung verletzt worden ; die Gleichstellung der Unterschlagung mit Diebstahl sei willkürlich und widerspreche dem offenbaren Sinne des Walliser Wahlgesetzes ; ferner stehe das Verfahren des Großen Rates des Kantons Wallis anläßlich der Behandlung der Wahlangelegenheit Mermoud-Tissières in offenbarem

658

Widerspruch mit den Bestimmungen des Großratsreglementes.

Mermoud verlangt daher unter Aufhebung des Walliser Großratsbeschlusses vom 18./20. Mai 1897 und des Bundesratsbeschlusses vom 23. November 1897 die Validation seiner Wahl in den Großen Rat.

Namens der Regierung des Kantons Wallis beantragt Prof. G.

Vogt in der ßekursbeantwortung vom 20. März 1898 die Bestätigung unserer Entscheidung vom 23. November 1897. Zunächst weist Prof.

Vogt die Übereinstimmung unserer Entscheidung mit der bundesgerichtlichen Praxis betreffend die Rechtsgleichheit nach; sodann betont er, daß die Unterstellung der Unterschlagung unter den in einem Wahlgesetz vorkommenden Diebstahlbegriff für das Wahlrecht, im Gegensatz zum Strafrecht, keineswegs als Willkür erscheinen kann, am allerwenigsten im Wallis, das lange Zeit unter dem Einfluß der römischen Praxis gestanden hat. Unter Prüfung der allgemeinen Bedeutung des Wahlprüfungsrechtes vertritt er endlich zur Begründung der Unhaltbarkeit der Beschwerde Mermouds die Ansicht, daß den kantonalen gesetzgebenden Räten das Recht der Wahlprüfung als eine selbständige, nach eigenem Ermessen auszuübende, nicht unter der Oberhoheit des Bundes stehende Befugnis zukomme.

Wir halten zwar diese Auffassung des kantonalen Wahlprüfungsrechtes nicht für richtig, es ist aber nicht nötig, dieselbe im einzelnen zu widerlegen ; denn auch ohne diese Auffassung kann der Beschwerde Mermouds keine Folge gegeben werden.

Indem der Vertreter der Regierung des Kantons Wallis die Erwägungen unserer Entscheidung vom 23. November im wesentlichen nicht anficht, können wir uns an dieser Stelle damit begnügen, auf unsere Entscheidung und auf die Rekursbeantwortung zu verweisen, und beantragen, auf die Beschwerde Mermouds vom 4. Februar 1898 nicht einzutreten.

B e r n , den 6. April 1898.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Ruffy.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

T^OHE;.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht über die Beschwerde des Felix Mermoud, in Saxon, gegen den Bundesratsbeschluss vom 23. November 1897, betreffend Grossratswahl. (Vom 6. April 1898.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1898

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

16

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

06.04.1898

Date Data Seite

657-658

Page Pagina Ref. No

10 018 266

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.