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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Konzession einer Eisenbahn von Wattenwyl nach Wimmis, eventuell nach Spiez (Stockenthalbahn).

(Vom 12. April 1898.)

Tit.

Im Oktober 1897 stellten die Herren G. L e n z , Fürsprecher, und F. W i n z e n r i e d , in Bern, beide Mitglieder der Direktion der Gürbethalbahn, das Gesuch um Erteilung einer K o n z e s s i o n für eine S t o c k e n t h a l b a h n von W a t t e n w y l nach S p i e z (Anschluß Lattigen), eventuell nach W i m m i s.

Der allgemeine Bericht geht davon aus, daß das vorliegende Projekt seine gegenwärtige Auferstehung der bevorstehenden Verwirklichung der Gürbethalbahn verdanke. Die letztere suche zwar, gemäß ihrer Konzession, in erster Linie Anschluß an Thun, der Marktverhältnisse wegen, und dies mit vollem Recht ; die Stockenthalbahn bilde dagegen die natürliche Fortsetzung gegen das Simmenund das Frutigthal und damit eventuell gegen den Lötschberg.

Sie nehme ihren Ausgang in der Station W a t t e n w y l der Gürbethalbahn und folge zuerst dem oberen Teile des Gürbethales, um bei dem bestbekannten Bade Blumenstein das eigentliche Stockenthal zu gewinnen. Hier solle die Station B l u m e n s t e i n in der Nähe von Dorf und Bad erstellt werden. Dann steige die Bahn am östlichen Bergeshang au der Ortschaft Pohlern vorbei und es

835 solle die zweite Station, O b e r s t o c k e n , auf dem Kulminationspunkt, auf der Höhe von Kistleren über dem lieblichen Amsoldingersee, angelegt werden, so daß die Linie einen besonderen landschaftlichen Reiz gewinnen werde. Der Abstieg nach Reutigen am südlichen Ende des Stockenthaies erfolge längs der Hauptstraße zuerst bis zur Station N i e d e r s t o c k e n , von welcher die Bahn mehr der Thalsohle folge bis zur Station R e u t i g e n .

Um den Anschluß an das oberländische Bahnnetz auf dem kürzesten Wege herzustellen, müsse nun die Kanderschlucht überbrückt werden und wende sich die Bahn nach Lattigen, wo eine ·einfache Signalstation die Einmündung in die Spiez-Erlenbachbahn vermitteln werde.

Eine andere Lösung sei der Anschluß in Wimmis, weshalb sich die Konzessionsbewerber vorbehalten, den Entscheid bei Anlaß der definitiven Tracéstudien zu treffen.

Dem technischen Berichte ist zu entnehmen, daß die Bahn eingeleisig und normalspurig projektiert sei und entweder mit Lokomotiven oder mittelst Elektrizität betrieben werden solle. Auf der ganzen Baulänge werde ein eigener Bahnkörper mit dem Normalprofil der Gürbethalbahn erstellt. Der Minimalradius betrage 300 Meter, die Maximalsteigung 25 °/oo. Die Baulänge von Mitte der Station Wattenwyl bis Lattigen würde 16 Kilometer betragen, Von hier bis nach Spiez sollte die bestehende Bahn benützt werden können und zwar auf eine Länge von 2550 Metern, so daß sich eine Betriebslänge von 18,550 Metern ergäbe.

Im Anschluß an die Gürbethalbahn werde die Zahl der Züge ,auf der Stockenthalbahn ungefähr die gleiche sein, da es naheliegend sei, daß der Betrieb sich in e i n e r Hand befinden werde.

Für 4--5 Züge in jeder Richtung könne man daher die Betriebskosten zu Fr. 5000 per Jahr und per Kilometer schätzen, was ungefähr Fr. 80,000 ausmache.

Die in der Interessensphäre der Bahn liegende Bevölkerung beziffere sich laut eidgenössischer Statistik auf rund 15,000 Seelen.

Die Einnahmen der Bahn werden auf Fr. 8000 per Jahr und per Betriebskilometer geschätzt, was einer Totaleinnahme von Fr. 128,000 entsprechen würde.

Der summarische Kostenvoranschlag berechnet für:

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I. Bahnanlage und feste Einrichtungen : per Kilometer Total A. Organisations- und Verwaltungskosten Fr. 6,000 Fr.

96,000 B. Verzinsung des Baukapitals ,, 2,000 ,, 32,000 C. Expropriation ,, 16,000 ,, 256,000 E. Bahnbau : 1. Unterbau , 25,000 ,, 400,000 2. Oberbau ,, 20,000 ,, 320,000 3. Hochbau und mechanische Stationseinrichtungen . . ,, 6,000 ,, 96,000 4. Telegraph, Signale, Bahnabschluß u. Verschiedenes ,, 2,000 ,, 32,000 II. Rollmaterial ,, 15,000 ,, 240,000 III. Mobiliar und Gerätschaften . . ., 2,000 ,, 32,000 Zusammen Fr. 1,504,000 zuzüglich circa 10 % für Unvorhergesehenes . . ,, 146,000 Summa Fr. 1,650,000 d. h. per Kilometer ungefähr Fr. 103,000.

Werden von den Betriebseinnahmen im Betrage von Fr. 128,000 die Betriebsausgaben mit ,, 80,000 abgezogen, so ergebe sich ein Überschuß von .

Fr. 48,000 welcher zur Verzinsung eines Obligationenkapitals von Fr. 550,000 à 4 %, zur Dotierung des Erneuerungsfonds mit Fr. 8000 (Fr. 500 per Kilometer) und zur Verzinsung der Aktien mit circa 2 °/V ausreichen würde.

Der Regierungsrat des Kantons Bern erklärte mit Schreiben vom 26. Februar 1898, daß er gegen das Konzessionsgesuch keine Einwendung erhebe. Nach dem gewöhnlichen Verfahren hätten hierauf konferenzielle Verhandlungen zur Festsetzung des Konzessionsentwurfes stattfinden sollen. Da es sich aber erklärtermaßen um eine Bahn handelte, welche unter denselben Bedingungen gebaut und betrieben werden sollte wie die Grürbethalbahn, so glaubte das Eisenbahndepartement, von der Aufstellung einer vollständigen Konzession absehen und sich darauf beschränken zu dürfen, die Bedingungen der Konzession der Grürbethalbahn auch auf diese neue Linie anwendbar zu erklären, immerhin unter entsprechender Fristansetzung, sowie unter Beifügung der seit mehreren Jahren in alle Eisenbahnkonzessionen aufgenommenen Vorschrift, daß die Reisenden und das Personal bezüglich der aus dem Bundesgesetz:

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über die Haftpflicht vom 1. Juli 1875 hervorgehenden Verpflichtungen bei einer Anstalt zu versichern seien. Auch mußte selbstverständlich dem Bundesbeschluß vom 14. Oktober 1897 betreffend Ankündigung des Rückkaufs Rechnung getragen werden. Wenn sich die Konzessionsvertreter und die kantonale Regierung mit diesem Verfahren einverstanden erklärten, so konnte von der Anordnung einer konferenziellen Besprechung Umgang genommen und die Angelegenheit ohne weiteres an die Bundesversammlung geleitet werden.

Diese Zustimmungserklärung erfolgte denn auch, und zwar seitens der Konzessionsbewerber unterm 25., seitens des Regierungsrates unterm 29. März 1898. Bei diesem Anlaß wünschten aber die erstem, daß in erster Linie W i m m i s und nur e v e n t u e l l S p i e z als Endstation bezeichnet werde, damit Übereinstimmung mit dem Wortlaut des bernischen Volksbeschlusses betreffend die Beteiligung des Staates am Bau von Eisenbahnlinien, vom 28. Februar 1897, herrsche. Diesem Wunsch, den auch die Regierung befürwortete, entsprechend, wurde der Beschlußentwurf geändert.

Wir beehren uns, Ihnen denselben zur Annahme zu empfehlen und benützen auch diesen Anlaß, Sie, Tit., unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 12. April 1898.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Ruffy.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Ringier.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

Konzession einer Eisenbahn von Wattenwyl nach Wimmis, eventuell nach Spiez (Stockenthalbahn).

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht Ì. zweier Eingaben der Herren G. Lenz, Fürsprecher, und F. Winzenried, in Bern, vom Oktober 1897 und 25. März 1898; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 12. April 1898, beschließt: 1. Den Herren Gr. L e n z , Fürsprecher, und F. Winzenried, beide in Bern, wird zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft die Konzession für den Bau und Betrieb einer Eisenbahn von W a t t e n w y l durch das S t o c k e n t h a ] nach W i m m i s , eventuell nach S p i e z , unter den in der Konzession einer Eisenbahn von Bern durch das Grürbethal nach Thun vom 17. April 1891 (E. A. S. XI, 324) erteilten, durch Bundesbeschluß vom 26. Januar 1892 (E. A. S. XII, 6) teilweise geänderten Bedingungen und mit folgenden weitern Änderungen erteilt : a. Die Frist von 36 Monaten zur Einreichung der vorschriftsmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen, sowie der Gesellschaftsstatuten läuft vom Datum des gegenwärtigen Beschlusses an.

b. Die Reisenden und das Personal sind bezüglich der aus dein Bundesgesetz über die Haftpflicht, vom 1. Juli 1875, hervorgehenden Verpflichtungen bei einer Anstalt zu versichern.

c. Der Rückkauf kann frühestens 30 Jahre nach Eröffnung des Betriebes und von da an je auf 1. Mai eines Jahres erfolgen.

2. Der Bundesrat ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

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