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.nationalräthlichen Kommission in Sachen des Rekurses des h. Standes Schasshausen, betreffend die Ehe SchmidlinRegler und des h. Standes Waadt, betreffend die Ehe.

Reganelly-Rebeaud.

.

(Vom 12. Juli I858.)

Die Akten über die beiden Rekursfälle sind zu einer eigentlichen Litteratur angewachsen. Es liegen darüber, namentlich über die Ehe Schmidlin-Ziegler, verschiedene Drukfchriften, Rechtsgutachten berühmter Juristen , und zwar in entgegengefeztem Sinne vor. Dieß rührt daher,.

weil die berathenen Fachmänner großentheils in die Materie selbst eingegangen sind. - Die Bundesversammlung kann jedoch die beiden Rekurs. fälle nur insoweit behandein, als sie staatsrechtlicher Natur sind.

(Art. 74, Z. 16 der Bundesverfassung.) '

Alles Weitere fällt nicht in ihre Kompetenz.

Das Bestreben der Kommission gieng daher dahin, die Staatsr e c h t l i c h e Frage, welche sie in beiden Fällen durchaus analog findet, von allen materiellen Gesichtspunkten zu befreien und auf ihre Einfachheit

zurükzuführen. Jn dieser Einfachheit ist die Frage bloß eine Frage des

Forums oder der Kompetenz zwischen je zwei dabei betheiligten Kantonen.

Die .Kommission giebt gerne zu, daß auch diese Frage noch mit guten Gründen verschieden beurtheilt werden kann. Allein die Mitglieder, welche au der Berathung Antheil nehmen konnten, sind zulezt doch einstimmig zu der Ansicht gelangt, daß der Bundesrath und der Ständerath die Kompetensrage grandsäzl.ch richtig gelöst haben, und sie sind daher im Falle, die Zustimmung zu den bezüglichen Beschlüssen des h. Ständerathes vom.

17. Dezember 1857 zu beantragen..

tatsächliche Verhältnisse.

A. Ehe Schmidlin-Zieglex.

Joseph Schmidlin, ungefähr 30 Jahre alt, Bürger von Triengen, Kantons Lnzern, nahm am 21. Mai i 856 die gesezliche Niederlassung

in Schaffhausen. Am 1.2. Juli 1856 schloss er daselbst einen Ehevertrag mit der ungefahr 50jährigen Wittwe Maria Elisabetha von Ziegler, geb.

....92 ^on Waldkirch. Am 1. August I8^6 ertheilte der Regierungsrath vo...

^..uzern die Bewilligung, nach Vorweisung der Verkündungsscheine, die Ehe .außer dem Kanton Luzern einsegnen zu lassen.

Am 3. August fand die Eheperkündung in Triengen Statt; und am 8. stalte darüber das Pfarramt Triengen die Erklärung aus, daß ebendieselbe Eheverkündung durch den betreffenden Pfarrgeistlichen in Schaff.pausen vorgenommen werden könne.

Tags vorher (7. August) hatte der Gemeinderath von Txieng.^ dem

^Bräutigam die doppelte Erklärung behändigt , daß gegen die fragliche Ehe ^ein Hinderniß bestehe, daß allen dortfeitigen Gesezen und Regierung^ Verordnungen über die Ehebefugniß Genüge geleistet sei: ferner, daß die Braut den Geschlechtsnamen und das Ortsbürgerrecht des Bräutigams er^ halte, und daß die Ehe dort (in Triengen) mit allen Folgen rechtlich an..^ erkannt werde.

Jn Schaffhausen fand die Eheverkündung nicht Statt.

Das Waisengericht der Stadt Schaffhausen hatte vielmehr am 16.

Juli, auf Klage mehrerer Anverwandten der Braut, beschlossen, es sei die frühere Geschlechtsbeistandschaft der Wittwe von Ziegler in eine ,,Vogtschaff umzuwandeln.

Der Regierungsrath wies jedoch die Angelegenheit an das Waisengericht zurük, zur Einvernahme der Fra.u Ziegler. Diese Einvernahme und die Bestätigung des Beschlusses vom 17. Juli erfolgte vor Waifengericht am 18. August.

Aber auch dieser Beschluß wurde von .der Regierung wieder kasfirt (17. September,., weil nicht in die Kon.petenz eiuer Administrativbehörde fallend.

Am 25. September wurde Frau Ziegier vom Waisengericht vorläufig bevogtet , vorbehalten die Genehmigung dieser Bevogtigung durch das zuständige Gericht. Am 27. September Auskündnna in diesem Sinne im Amtsblatt des Kantons Schaffhausen, und am 29. gleichen Monats Ein^ leitnng beim Bezirksgerichte Schaffhau.en.

Das war der allseitige Stand der Dinge, als die Ehe zwischen Schmidlin und der Wittwe v. Ziegler-Waldkirch am 6. Oktober 1856 zu

Txiengen durch den dortigen Oxtsgeistlichen förmlich kopulirt wurde.

Der Gemeinderath von Triengen machte am 15. Oktober von dieser Kopulation dem Stadtrath von Schaffhaujen Anzeige, mit dem Gesuch um Vermögensübergabe.

Statt daß diese bewerkstelligt worden wäre, zitirte das Bezirksgericht Schaffhausen behufs Verhandlung des Bevvgtigungsprozesses die mehrerwähnt.. Frau auf den 10. November, und da dieselbe uicht erschien, so wurde die Vorladung am 22. gleichen Monats unte^r Kontumazandrohung erneuert, während das Obergericht ^on Luzern ihre Weia^erung, der .Zitation Folge zu leisten, begründet erklärte.

Jn Folge dessen entspann sich zwischen den Regierungen von Luzeru und Schaffhaufen eine Korrespondenz, welche indeß zu keinem Ergebniß führte, sondern zur Folge hatte, daß die Regierung von Lnzern am 26.

Januar 1857 an den Bundesrath gelangte mit dem Gesuche, daß in An-

.

393 Erkennung der Gültigkeit der fraglichen . Ehe die Regierung von Schaff^hausen angehalten werden möchte, das Vermögen der Frau herauszugeben, .und^den Bevogtigungsprozeß gegen dieselbe aufzuheben/jedenfalls zu sistireu.

Die Gründe , auf welche beide Regierungen sich Duzten , so wie die Erwägungen des Bundesrathes selbst, sind näher ausgehoben in dem B esch l u s s e , welchen derselbe am 1. Juni l 857 über fragliche Angelegen-

heit faßte, und welcher dahin gieng :

,,Sofern die Regierung ^ von Schaffhaufen die von Wittwe Ziegler,

..geb. von Waldkirch, mit J. Schmidlin eingegangene Ehe mit ihren bür-

....gerlichen Folgen nicht anerkennen will, so hai.e sie ihre daherigen Einreden ...vor den kompetenten Behörden ^des Kantons Lnzern anzubringen.^-) Die Regierung von Schaffhaufen rekurrirte gegen diesen Beschluß an die Bundesversammlung. .

Der Ständerath bestätigte jedoch denselben am 17. Dezember 1857 iu etwas veränderter Fassung dahin .

,,Es sei der Rekurs der Regierung von Schaffhausen in dem Sinne ^abgewiesen, daß die Einreden gegen die von der Wittwe Ziegler, geb. von

^Waldkirch , mit J. Schmidlin eingegangene Ehe mit ihren bürgerlichen ^Folgen vor den kompetenten Behörden des Kantons Lnzern Anzubringen ^ seien...

.^.

^

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B. Ehe Reganell^-Rebeaud.

Eine jezt ungefähr 70jährige Frauensperson , Esther Marrel, wurde ^u Rovravet, Gemeinde ^vonand, Kautons Waadt, geboren, und wohnte daselbst bis I833. Jn diesem Jahre verheiratete fie sich mit David Franz Rebeaud in Chavannes-le-Chen...., gleichen Kantons, und wohnte daselbst mit ihm.

Schon 1837 wurde sie Wittwe , und kehrte sodann wieder nach

.^vonand zurük,^ wo sie bis Ende 1855 oder Anfang 1856 ihr regel-

mäßiges Domizil hatte.

Dort machte fie die Bekanntschaft eines ungefähr ^35jährig^n Mannes , Namens Peter Reganelly, Bürger der benachbarten Gemeinde Ehe^res, Kantons Freiburg. Am 24. November 1855 schloß dieser Reganellv mit der Wittwe Rebeaud vor dem Notar Boudrv zu ^verdon (Kts. Waadt^ einen Ehevertrag, und am 27. Dezember 1855 stellte der Gemeinderath v.on Ehe^res (Bürgerort des Bräutigams) die Bewilligung zur Heixath (^erInis de mariage) in einem gedrukten Formular dahin aus, daß aus den vorgelegten Akten sieh dex Beweis ergebe^ Reganell^ und ^ seine zukünftige Ehefrau ^haben Allem Genüge gethan, was die Zivilgeseze des Kantons Freiburg vorschreiben , um gültig (licitement) ihre Ehe einzugehen, und daß daher von der bürgerlichen Auktorität keinerlei Hinderniß walte, daß ihre Ehe verkündet und gefeiert werden könne (publié ei...

^célé^ré).

^) Siehe Bund^blai.t v. ..^ 1.^, .^and I, Se.re ....4.

^undesblatt. Jahrg. X. Bd. II.

38

^94 Die Vollziehung der Ehe verzog fich. Wittwe Rebeaud nahm am 20. Januar 185^ ihr Domizil in Chavannes-1e-Chéne , bei den Ver..

wandten ihres verstorbenen Mannes. Diese und der Gemeinderath (Municipalité) veranlaßteu ihre Bevogtiguug (interdiction).

Das Gericht von ^verdon spxach dieselbe aus am ^9. Februar 185^ aus Grund der Geistlosigkeit und Verschwendungssucht (ponr cause d..^ déInence et de prodiga1ité).

Keinerlei Appellation oder Rekurs gegen dieses Urtheil liegt vor.

Am 22. März^l856 wurde vom Friedensgerichte Mollondins (wohn....

. Ehavannes gehört). dex Gemeinderath Franz Michoud zum Vormunde (tnteur) der Wittwe Rebeaud bestellt.

Am 19. Dezember 1856 begab sie fich -- wie die WaadtländerBehörden erklären -- heimlich in den Kanton Freiburg; und zwar nach.

Ehe^res zu ihrem Bräutigam Regauelly.

Die Vorbereitungen zur Vollziehung der Eh.. wurden getroffen; und.

der Pfarrer von ..^vonand um deren Verkündigung angegangen , die er jedoch verweigerte, weil der Vormund. der Braut seine Zustimmung versage (21. Jaguar 1857). Am 24. Januar erhielt der Pfarrer vor..

Eheyres vou der Kanzlei des Bischofes von Freibuxg , auf ein Gesuch vom 23., welches nicht vorliegt, die Antwort, daß derselbe, ,,so weit^ es ihn betreffe^ (pour ce qui concerne sa grandeur) die Dispens von jeder Verkündung in .^vonand ertheile, und was die Verkündung in Ehernes anbelange , die Dispense für zwei dieser Verkündungen gewähre.

Sonntags den 25. Januar 1857, ^Morgens 10 Uhr (Zeit des össeut.^ lichen Gottesdienstes), fand die einmalige Verkündung ^in^er Pfarrkirche zu^ Eheyres Statt.

Gleichen Tages erwirkte der Vormund der Wittwe Rebeaud vom.

Friedensrichter des Kreises Mollondins (Waadt) eine amtliche Anzeige , daß er gegen die beabsichtigte Ehe .förmliche Einsprache erhebe (de faire opposition fornieue au Inariage) .verbunden mit der Zitation an Reganell^ und Rebeaud zu einem Vorstande (audience privée) auf Samstag den 3l. Januar.

vor dem Friedensrichter in Mollondins betreffend dieser Opposition.

Der Friedensrichter des zweiten Preises der Br.or^e in Stäfsis bewilligte Montags den 26. Januar ^die Notifikation jener .^mtsanzeige (Exploit^.

und dieselbe wurde am gleichen Morgen von 4..^ l..is 4^ Uhr durch deu Weibel Marmier in Ehe.^res, wie er bezeugt, notifizirt, gelesen und Initgetheilt (notifié, 1u et remis) dem Herrn Pfarrer Monne^ in Ehe^res, der Wittwe Rebeaud und dem P. J. Reganell^.

Gleichwohl wurde die Kopulation am 27. Januar (nicht am 26.

Januar Morgens 1 Uhr)^ vom Pfarrer zu Ehchres in dortiger Pfarrkirche vollzogen, und es erscheinen am gleichen, 2.^. Januar^ Nachmittags I Uhr, die beiden Genannten vor dem Beamteten des Zivilstandes von Ehchres .mit der Erklärung , daß dieß geschehen , und um ihr... Ehe in die Zivil^tandsregister eintrage^ zu lasseu; was auch geschah.

.

^

39^

Ebenfalls am gleichen Tage ließ die Wittwe Re.^eaud durch den Frie- ^ ...ensrichtex des zweiten Bro^ekreises an Herrn Franz M.choud eine Protestation ausstellen gegen dessen Amtsanzeige und Zitation vom 25. Januar,

zugleich mit der Erklärung, daß sie die Ehe mit P. J. Reganell.... voll^ zogen habe.

Die Mittheilung dieser Protestation und Erklärung fand jedoch nicht Statt, weil, wie der Friedensrichter von Mollondins mit Schreiben vom 4. Februar anzeigte, d^as Justiz^ und Polizeidepartement des Kantons Waadt ihn nicht ermächtigte, die Notifikation zu gestatten. J... Vorstande vor dem Friedensrichter in Mollondins am 3I. Januar 1857, betreffend die Opposition gegen die besprochene Heirath, erschienen Reganell.^ nnd seine Angetraute nicht. --Der Vormund Michoud leitete seine Klage beim Bezirksgerichte .^oerdon ein. Der Präsident desselben erließ am 7. Februar Citation ans den 25. gleichen Monats durch öffentlichen Anschlag im beh.rnpteten Domizil der Frau zu Ehavannes.

^ ^ Reganell.) wandte sich am 12. Februar beschwerend an den Bundesrath wegen Ent^iehung^ des r^chtmäßigen^Forums (distraction de for) und in Folge Jnsinuation des Bundesrathes wurde die weitere Gerichtsverhandlun.^ vom Bezirksgerichte ^verdon am 2.5. Februar bis zum Entscheid der Bundesbehörden sistirt. Sowohl die Regierung von Waadt, als jene von Freiburg gaben ihre Vernehmlassnngen dem h. Bundesrathe ein.

Estere behauptete, daß die Eheeinsegnung konkordatswidrig erfolgt, und die Wittwe Rebeaud als Be^ogtete ohne Zustimmung des Vogtes zur Eingehung der Ehe nicht berechtiget gewesen sei.

Die Regierung von Freiburg dagegen (Präsidentschaft: Schaller, Eafte.lla), obwohl die unterlaufenen Unregelmäßigkeiten (irrégularités) zngebend, erklärte, daß sie die Wittwe Rebeaud ais nunmehrige Frau Reganeit^ und als Bürgerin der Gemeinde Ehchres anerkenne, und die Kompetenz der freiburgischen Behörden behaupte. .

Gleichen Tages, wie den Rekurs. betreffend die Ehe SchmidlinZiegler (1. Juni 1857), entschied der Bundesrath auch den Kompetenz..

anstand zwischen Waadt und Freiburg in gleichem Sinne dahin :^ ,,Sofern die Regierung von Waadt die von Wittwe Rebeaud, geb.

^Marrel, mit P. J. Reganell^ eingegangene Ehe mit ihren bürgerlichen ,,Folgen nicht anerkennen will, so habe sie ihre daherigen Einreden vor den ^kompetenten Behörden des Kantons Frei^nrg anzubringen.^ Ebenso hat der Ständerath am 17. Dezember ...857 über fragliche Angelegenheit beschlossen : .. Es sei der Rekurs der Regierung von Waadt in dem Sinne abge..wiesen, daß die Einreden gegen die von Wittwe Rebeaud , geb. Marrel, ,,.nit P. J. Reganell.^ Angegangene Ehe mit ihren bürgerlichen Folgen ^vor den kompetenten Behörden des Kantons Freibnrg anzubringen seien. ^

396 Rechtliche Gesichtspunkte.

. Die kommission knüpft ihre rechtliche^Erörternng vorerst an den Re..

kursfall zwischen Schaffhausen und Luzeru, betreffend die Ehe SchmidlinZiegler. Die etwelchen Abweichungen des Falles Reganell^Rebeaud werden später gesöndert angereiht werden.

Fragt es sich nun in rechtlicher Hinsicht , ob der Nationalrath dem Beschlusse des Ständerathes beizustimmen, oder aber eine davon abweichende ..^chlußn^hme zu fassen Gründe habe , so muß vor Allem der Stande punkt festgestellt werden, von welchem aus allein die Angelegenheit dem Entscheide der Bundesbehöxden unterstellt sein kann.

^ Jn Schaffhausen wurde gegen die Braut die Bevogtigung unter der

Suspensivbedingung gerichtlicher Bestätigung provisorisch verhängt, aber

vor der Kopulation der Ehe nicht zu gerichtlicher Bestätigung gebracht; die Eheverkündung am Heimatorte der Braut unterblieb gänzlich.

Das find die Gründe, warum Schaffhausen die Ehe SchmidlinZiegler als k.^nkordatswidrig und ungültig erklärt , und die betreffende Frauensperson in Beziehung auf die Fragen ihres Status fortwährend noch der Gerichtsbarkeit .^ .. Schaffhausen unterworfen betrachtet. Luzern da..

gegen behauptet die .Bevogtigung als rechtlich nicht zu Stande gekommen, den konkordatswidrigen Mangel der Verkündung am Heimatort der Braut als unwesentlich, die Ehe als gültig, uud die Frau Zieglex als nunmehrige Frau Schmidlin mit allen bürgerlichen Rechtsfolgen als eine Lnzerner^ bürgerin.

Offenbar liegt es nicht in der Kompetenz der Bundesbehö.rden . zu entscheiden, ob die Ehe wirklich eine gültige oder eine ungültige sei, und es mnß in dieser Hinficht dem Urtheiie der zuständigen Behörden volle Freiheit vorbehalten bleiben. Noch weniger können sich die Bundesbehörden über Gründe der^Moralität einlassen. Von den Gegnern fraglicher Ehe wird die^ Verbindung e^nes jüngeren Mannes mit einer viel altern vermöglichen Frauensperson als eine immoralische Handlung bezeichnet, und das Eingehen der W^ttwe in eine solche Verbindung als einen Beweis leicht..

sinniger Verschwendung, ja selbst theilweiser Geistesstörung, um so mehr als dem Bräutigam selbst verschiedene unehrenhafte Handlungen, für die ^r bestraft werden, nachgeredet werden. Von der entgegengesezten Seite wird erklärt, die Moral der Vorsorge für die Braut und der Opposition gegen deren Ehe habe ihr höchstes Motiv auch nur im -- Gelde.

Wir lassen alle diese Betrachtungen bei Seite ; für die Bundesbehöxden können sie nichts entscheiden.

Der gan.^e Anstand zwischen Schaffhaufen und Luzern ist nur insoweit staatsrechtlicher Natur, als es sich bei waltendem Widerspruch um die Frage handelt :. .^ .

Vor der G e r i c h t s b a r k e i t w e l c h e n S t a a t e s muß die F r a g e ü b e r d i e Gültigkeit o d e r U n g ü l t i g k e i t einer faktisch v o l l z o g e n e n , a b e r rechtlich b e r i t t e n e n Ehe e n t s c h i e d e n werden..

^

397 Jnsoweit nun eben diese Streitigkeit über das Forum staatsrechtSicher Natur ist, fallt sie nach Art. 74, Ziffer 16 der Bundesverfassung unzweifelhaft in die Kompetenz der Bundesversammlung, und diese Kompetenz wird auch allseitig anerkannt.

Jn Lösung der staatsrechtlichen Frage stellen wir nothwendig die ^oraussezung voran , daß die faktische Vollziehung der Ehe , wenn auch unregelmäßig , doch nicht durch ein Verbrechen zu Stande gekommen sei.

Das^Vorhandeusein oder die Anklage eines Verbrechens würde unsere Fol.gerungen wesentlich verändern; allein im vorliegenden Falle wird auf ein Verbrechen nirgends geklagt.

Nehmen wir nun an, ein ganz gleicher Fall wäre zwischen Staaten eingetreten, die unter sich in gar keinem Bundesverbande, und in keinem Vertragsverhältnisse stehen. Der Angehörige des einen Staates schließt in demselben eine Ehe ab mit der Angehörigen eines andern Staates ans eine mehr oder weniger unregelmäßige Weise. Die Ehe wird faktisch vollzogen. Der Staat des Bräutigams anerkennt die Ehe, und die Gehetrathete als seine Angehörige. Umgekehrt erhebt der Staat der Braut dagegen Einsprache; oder auch Angehörige dieses leztern Staates thun es aus privatrechtlichen Gründen.

Die Kommission glaubt, daß sofern die beiden Staaten nicht eine wirkliche Kriegslage aus ihrer Streitigkeit machen wollten, ^die Frage über

Gültigkeit oder Ungültigkeit der Ehe nirgends anders rechtlich verhandelt.

werden sollte, als vor dem Forum des Mannes, und^des anerkannten faktischen Bestandes der Ehe; und zwar nach der N a t u r der Sache und nach den Regeln des B e f i z e s .

Nach der N a t u r ^ d e r Sache ,. weil durch die Thatfache einer mit einer staatlichen Anerkennung vollzogenen Ehe doch eine wenigstens faktifche Bereinigung zweier Reehtsfubjekte in Ein prävaliere..des Recht^subjekt entsteht, als welches nur der Mann betrachtet werden kann, in dessen Status, wir geben zu, einstweilen bloß faktisch die Frau übergeht.

Nach den R e g e l n des B e s i z e s , weil der mit einer staatlichen Anerkennung errungene ^esiz wenigstens so lange fortdauert, bis er rechtlich aufgehoben ist, und rechtlich nur da ausgehoben werden kann, wo ex präsumt..v rechtlich geduldet, ja anerkannt wird.

Wir geben zn, daß bei solchen nicht verbündeten Staaten der Staat der Braut unter Umständen, wie sie gerade in unsern beiden Fällen vorliegen , auch ohne Kriegführung ein wichtiges Retorsionsmittei in feiner

Gewalt hätte, nämlich^ die Ehe faktisch fortbestehen zulassen, dagegen

die Verabfolgung des Frauenvermögens zu verweigern.

Allein, wenn die Beiden betreffenden Staaten auch n^x in völkerrecht-

lich freundschaftlichem Verhältniß, wie z. B. in jenen^ der Freizügigkeit, zusammen stehen, so wird der ^taat der .Braut schon aus Gründen der Reziprozität zu der Rechtsansicht gelangen, daß die Frage der Vermögens^anslieserung unter befreundeten Staaten durchaus abhängig sei von dex

.^98 Frage des bürgerlichen Standes, und diese in Beziehung auf .eine vour Staate des Mannes anerkannte Ehe im Falle des Widerspruchs natürlicher Weise doch nur in jenem Staate gelöst werde, wo diese Ehe anerkannt

ist und faktisch besteht.

Zu diesem Resultate würden, so erachtet Jhxe Kommission, in An.Betracht moralischer und rechtlicher Gründe, Staaten gelangen müssen, welche unter sich bloß in völkerrechtlich freundschaftlichen nicht aber iu bundesstaat^rechtlichen oder besondern Vertragsbeziehungen stehen.

Untersuchen wi^r nun, wie sich der .^o.npetenzkonflikt zu lösen hat, wenn er unter zwei ^schweizerischen Kantonen entsteht, welche zudem Theiluehmer einschlägiger Konkordate sind. Jn dieser Hinsicht betrachtet die Kommission als^ maßgebend :

1) Das Konkordat vom 8. Juli 1808, bestätigt am 9. Juli 1818.

(Aeltere off. Sam...l. l. S. 28.^

2,. Das Konkordat vom 4. Juli 1820. (Off. Samml. li. S. ...4 und 25.)

3) Der Nachtrag zu diesem Konkordate vom 15. Juli 1842.

..^amml. lll. S. 204.)

(Off..

4) Den Art. 90, Ziffer 2 der Bundesverfassung.

Zum voraus sei bemerkt, daß sämmtliche vier Kantone, die in Frage kommen, L u z e r n und S c h a f f h a u s e n , F r e i b u r g und W a a d t , deu ^bezeichneten Konkordaten beigetreten sind. Die Bestimmungen jener Kon^ koxdate und der übrigen erwähnten Bundesvorschriften sind nun folgende^ ^ Schon am 8. Juli 1808, wieder bestätigt am 9. Juli 1818, schlossen sämmtliche Kantone der Schweiz ,,wegen dem Heimatrecht .^er in einen andern Kanton einheiratenden Schweizerin^ ein Konkordat des

wörtlichen Jnhalts :

,,Eine nach den Landesgesezen abgeschlossene und eingesegnete Ehe ^macht die Frau zur .Angehörigen desjenigen Kantons, in welchem der ,,Mann das Heimatrecht besizt.^ Es ist klar, daß unter dem Ausdruke ,,Landes^Gefeze^, die Geseze desjenigen Kantons gemeint sind , in welchem der Mann das Heimatrecht befizt, und zu dessen Angehörigen die Frau durch die uach den Landenge..

sezen geschlossene Ehe gemacht werden^ soll.

Damit sei jedoch keinesweges ausgeschlossen, daß ein von einem Kau^ tone v o r einer fraglichen Ehe eingegangenes Konkordat nicht auch als Landesgesez für den betreffenden Kanton zu betrachten sei.

Dieses Konkordat von 1818 scheint der^ kommission zur Lösung des .Kompetenzkonflikts von entscheidendem Gewicht.

Schmidt^.. besizt das Heimatrecht i... .^a^ton Luzern.. Dieß ist unbestritten.

Die kompetenten Behörden von Ludern anerkennen seine Ehe als 1.ach ihren Landesgesezen geschlossen und eingesegnet, sie anerkennen die Frau als die Angehörige des Kantons. Welches daher der Status de.

.Frau .bis zur Ehe gewesen sein möge, so sollte doch nach obigem Kou.or-

^ ^ate unzweifelhaft sein, daß alle Erörterungen über ihren Status vou uuu an vor das Foru.n desjenigen Heimatrechtes gehören, welches fie durch eine ^anerkannte Ehe nunmehr ,, b e si z t. ..

Untersuchen wir ferner, ob die spätern Konkordate von 18.^0 un.....

1842 hierüber Anderes verfügen..^ Am 4. Juli 1820 haben 20 eidg. Stände (alle außer Schw.^z und ^raubünden) über Eheeinsegnungen und Kopulationsfcheine - ,,zur Hand^habe sittlicher und bürgerlicher Ordnung.., wiefichder Eingang ausdrükt ein Konkordat geschlossen, dessen hieher bezügliche Bestimmungen also Bauten :.

I) ,,Es ist Sache der Kantonsgesezgebung, zu bestimmen, unter welcheu ,,Bedingnissen die Ehe zwischen ihren eigenen Kantonsangehörigeu ,,eingesegnet werden möge.^ .^) ,,Die Ehe zwischen dem oder der Angehörigen des einen Kantons, ,,und der oder dem Angehörigen eines andern Kantons, oder zweier.

,,Versprochenen des nämlichen Kantons, welche sich in einem andern ,,Kanton wollen kopulieren lassen, soll nur nach geschehener Vorwei.,,iung der Verkündungsscheine, sowohl von dem Wohnort als von der ,,Heimat, sowie einer Erklärung der^Regierung der Versprochenen, ,,daß kein gesezliches Hinderniß gegen die Ehe obwalte, eingesegnet ,,werden.

Sollte für eine Heirat zwischen Römifchkatholischen eine ,,Dispensation nach kanonischem Recht von der kompetenten geistlichen ,,Behörde ertheilt worden sein, so wird die Vorweisung des dießfälli,,gen Akts erfordert...

Die ^. 3-6 beschlagen die Einsegnung der Ehen von Schweizern ^uit Ausländerinnen oder umgekehrt ; ferner die Form der Verkündungs- und .Kopulationsscheine.

Der .:... 7 lautet .

7) ,,Die konkordierenden Stände anerkennen den Grnndsaz, daß alle ,,Folgen unregelmäßiger Kopulationen, und namentlich die Verpfiich,,tung, bei daraus entstehender Heimatlosigkeit, den betreffenden Jn,,dividuen und Familien eine bürgerliche Existenz zu sichern, aus deu,,jeuigen Kanton zurükfallen sollen, wo die Ehe eingesegnet wor,,den ist.^

Am 15. Juli 1842 endlich haben 15 Stände, nebst Appenzell A. Rh.

.(darunter alle vier heute betheiligten), das Konkordat v^.m 4. Juli I8.....0 .theilweise dahin revidirt ..

1) ,,Die Bewilligung zur Einsegnung einer Ehe^ zwischen Angehörigen ,,von zwei verschiedenen Kantonen, oder zwischen zwei Versprocheneu ,,des nämlichen Kantons, welche sich in einem andern Kanton wollen ,,trauen lassen, soll auf die Vorweisung der erforderlichen Verküu^dungsscheine und einer Erklärung der Regierung des heimatlichen .,,Kantons des Versprochenen (Bräutigams) ertheilt ^werden, durch ^welche bezeugt wird, daß dortseits die Bewilligung zu Einsegnung .,,der betreffenden Ehe außer ^dem Kanton erfolgt sei.^

400 2) ..Das Koukordat vom 4. Heumonat 1820 bleibt in allen übrige.^ ..Theilen in Kraft, insoweit dasselbe nicht durch den vorstehende...

...Art. 1 füx die an d i e s e m -- s o m i t t h e i l w e i s e r e v i d i r t e u ., ,,-- K o n k o r d a t e t h e i l n e h m e n d en Stände modifizirt worden ist.^ Nach der Auffassung der Kommission wurde sonach an dem Konkordate von I820 nur das modisizirt, daß in dem konkordierenden Kantone die .Vorweisung einer Dispensation für Ehen zwischen Römischkatholischeu.

uicht mehr erforderlich war, und ferners, daß, statt einer Erklärung der Regierung des V e r s p r o c h e n e n , daß kein gesezliches Hinderniß gegen ^ie Ehe walte, nur noch eine Erklärung der Regierung des heimatlichen Kantons des Bräutigams gefordert wurde, durch welche bezeugt werde, daß dortseits die Bewilligung zu Einsegnung der betreffenden Ehe außer dem Kanton erfolgt sei.

Jm Uebrigen blieb das .Konkordat von 1820 in allen Theilen in.

Kraft, und die Kommission^ nin^nt für ihre Argumentation keineswegs zu der Ansicht Zuflucht, daß unter dem Ausdruk: ,,die erforderlichen Verküudungsscheine^ im Konkordate. von 1842 nicht die.. ,,Verkündungsscheine sowohl von dem Wohnort, als von der Heimat^ (wie sich das Konkordat von 1820 ausdrükt) verstanden seien.

Nach Axt. 90 Ziffer 2 .^er Bundesverfassung hat der Bundesrath ..iuch für Beobachtung der Vorschriften eidgenössischer Konkordate zu wachen...

Fassen wir nun den Jnhalt der beiden Konkordate von 1820 und 1842, als eines für alle beigetretenen Kantone verbindlichen ..Landesgesezes.^ zusammen, so ergeben sich^mit Anwendung auf unsere Frage folgend^ Vorschriften .

Der Art. l beschlägt nur die Ehen zwischen den eigenen Kantonsungehörigen des ^nämlich en Kantons, ein Fall der ^hier nicht zutrifft.

Ju einer .der an die Bundesversammlung eingereichten Drukfchristen ist zwar sehr scharsfinnig hervorgehoben^ es sei also nach diesem Art. 1 Sache jeder Kantonsgesezgebung , zu bestimmen, unter welchen Bedingnissen die eigene Kantonsangehörige als Braut eine Ehe eingehen könne ; die Rechts^ sähigkeit einer Braut zur Eingehung einer. Ehe richte sieh daher nach der Gesezgebung ihres ursprünglichen Heimatkantons. Es bleibe der rechtlichen Erörterung in der Hauptfrage durchaus frei, zu entscheiden, welches Gewicht dieser .Argumentation gebühre. Für die staatsrechtliche Kompetenzfrage aber ist diese Jnterpretation insofern ungenau,. als der Art. 1 nicht^ von der e i n s e i t i g e n persönlichen Fähigkeit einer Person zur Eingehung der Ehe handelt, sondern von den B e d i n g n i s f e n der E h e , als eines.

e i n h e i t l i c h e n R e c h t s a k t e s zwischen z w e i e i g e n e n K a n t o n . s a n g e h ö r i g e n eines und desselben Kantons, ein Fall, der, wie bemerkt, vo^ der Bundesversammlung jezt nicht in Frage kommt.

Die Vorschriften für die Ehe zwischen dem oder der Angehörigen des einen Kantons und der oder dem Angehörigen eines andern Kantons si^d im Art. 2 des Konkordates von 1820, modifizirt durch das Konkordat.

.von 1842, voll^ndig enthalten.

40.^ Die Kommission anerkennt, da^ eine solche Ehe unter Anderm nu^ .nach geschehener Vorweisung der erforderlichen Verkündungs^cheine einge.^

segnet werden soll; ein Requisit, das hier gänzlich mangelt.

Die Kommission anerkennt demnach, daß die Ehe Schmidlin-Zieg..

ler (so auch R e g a n e l l . ^ - R e b e a u d ) k o n k o r d a t s w i d r i g kopulirt wor.^

den sei., ob deßhalb auch ungültig, dieß zu entscheiden steht ihr un.^ der Bundesversammlung nicht zu.

Die Kommission ist ferner d^er Anficht, ^daß, wenn v o r Abschluß und.

Vollziehung der Ehe beim Bundesrathe Beschwerde erhoben worden wäre über bevorstehende Kopulation einer Ehe ohne Vorweisung der erforderlichem Verkündungsscheine, der Bundesrath nach Art. 90, Ziff. 2 der BundesVerfassung gewiß keinen Anstand genommen hätte, für Beobachtung dex^ Konkordatsvorfchrift zu wachen.

Anders gestaltet sich jedoch die Frage, nachdem, allerdings mit Anßer^ achtfezung einer Konkördatsvorschrift, die Ehe doch eingesegnet, vollzogen und vom Kantone des Bräutigams, dessen^ Heimatrecht die Braut erlangen sollte, anerkannt wurde.

Hier entstund vorab die Frage, ob das Konkordat possessorisch ode^ definitiv die N u l l i t ä t .einer mit Außerachtlassung einer Konkordats^ vorschrift eingesegneten Ehe vorschreibe.

Die Konkordate von 1820 und I8..12 enthalten eine solche Vorschrift jedoch mit keiner Silbe, und der Bundesrath durfte daher dieselbe in de^ Kompetenzfrage auch nicht voraussezen. Nach dem noch geltenden Art. 7 des Konkordates von 1820 anerkannten vielmehr die konkordierenden S^ände^ den Grundsaz, daß a l l e F o l g e n u n r e g e l m ä ß i g e r K o p u l a t i o n e n , .

namentlich die Verpflichtungen ^ei daraus entstehender Heimatlosigkeit, aus denjenigen Kanton zurükfallen sollen, wo die Ehe eingesegnet worden ist.

Es ist ungenau , wenn dieser Art. 7 nur auf unregelmäßige Kopu.^ lat^onen mit Ausländerinnen (Art. 3 und 4 des Konkordates) bezogen.

werden will, oder nur ..uf die Verpflichtungen bei entstehender Heimat^

losigkeit. Der Art. 7, die Möglichkeit unregelmäßiger Kopulationen voraussezend, bezieht sich ganz allgemein aus a l l e Folgen solch^ un r e g e lm ä ß i g e r Kopulationen, und hebt die Verpflichtung bei entstehender Hei^ matlosigkeit nur ,, n a m e n t l i c h ^ als eine spezielle Art dieser Folgen.

heraus.

Der Art. 7 war daher nach seiner strikten .Forschrift für den Kom-^ petenzentscheid des Bundesrathes maßgebend, das heißt, er durfte di^ unregelmäßig kopulirte Ehe nicht präsumtiv als ejne ungültige betrachten,.

bis sie von kompetenter Stelle als solche erklärt wurde , mußte dagegen ^enjenigen^ Kanton, wo die Ehe eingesegnet worden war, für all e Folgen verantwortlich betrachten^ und daher die von diesem Kanton anerkannt^ Braut vorläufig bis zu anderem Entscheid als dessen Angehörige behandeln.

Mit diesem präsumtiven und possessorifchrn Heimatrecht, in Folg-^ des Konkordates selbst, war auch die Frage des kompetenten Forums ent.^.

Schieden.

.

^

402 Vergleichen wir noch mit einigen Gedanken die inneren Motive der .Konkordate von l808, I8l8, 1820 und 1842 mit den gegenwärtigen .Fragen.

Die angeführten Konkordate gehen durchwegs von der natur^ .gemäßen und sittlichen Jdee aus, daß das Heimattecht und F o r u m zweier Eheleute, das ist einer Ehe, nur ein e i n h e i t l i c h e s sein könne, und daß nicht die gleiche Verbindung im einten Kanton als Konkubinat, .und im andern Kanton als Ehe betrachtet werden solle. Als dieses einZeitliche Heimathrecht, Forum und Gesez prävaliert durch alle drei Kon-^ bordate hindurch , wenigstens präsumtiv dasjenige des Hauptes einer fraglichen Ehe^ des M a n n e s .

Die konkordierendeu Kantone sind nach dem ganzen Tenor der Kon..

bordate offenbar von der Jdee ausgegangen , daß sie vor der B e l ä s t i g u n g ^ ^durch Ehen, welche der sittlichen und bürgerlichen Ordnung widerstreiten,.

sich gegenseitig sicher stellen müssen, mit anderen Worten gegen die HerE i n z i e h u n g von Frauen in das Bürgerrecht des Mannes durch unregel.näßige Kopulationen. Niemand scheint dagegen Bestimmungen für nöthig .

gefunden zu haben, um das H e r a u s z i e h e n von Frauenspersonen aus ihrem bisherigen Statusverbande in einen neuen zu verhindern.

Mit .andern Worten: die Konkordate sollten gegen die Einheirathung schüzen; gegen d i e A u s h e i r a t h u n g zu schüzen, fand man damals nicht

...öthig.

Diese Anschauungsweise, welche, wie wir glauben, wirklich diejenige ^er betreffenden Konkordate ist, mag im bürgerlichen Leben ihre Gefährde .mit sich bringen, nicht einmal so sehr in Beziehung auf reiche, alte Wittwen, als in Beziehung auf noch liebenswürdigere Personen de... schönen Geschlechtes. Solchen Gefahren läßt sich jedoch nach .^er Natur des ehelichen Vertrages nicht absolut vorbeugen. Sie können nur verhütet oder .wenigstens wesentlich gemindert werden durch die moralischen und gesezlichen Hülfsmittel , welche der väterlichen Gewalt und was dieselbe ersezen soll, vor der Vollziehung einer Ehe zu Gebote stehen. Nach Vollziehung .einer Ehe, und wäre sie auch eine unregelmäßige, die possessorifchen RechtsMittel für den frühern Status einer Frauensperson noch als fortdauernd zu betrachten , dafür findet , soweit es ^die Kompetenzfrage betrifft , Jhre .Kommission keine zureichenden Gründe . in der Moral, in der Natnr der Sache, nnd keine in den bezüglichen Konkordaten.

Die vermutlichen Gesahren sind übrigens, insofern der persönliche Status als die Hauptsache ^betrachtet und den Vermögensrüksichten kein

.allzugroßes Gewicht beigelegt wird, doch so groß und allgemein nicht, als

^nan sich denken machte. Die Kommission hegt vielmehr die Hoffnung .

daß auch die rekurrirenden Kantone, wenn fie die Fälle aller Reziprozität recht in .^rwägung nehmen, fich mit dem Bescheide des Bundesrathes nachgerade befreunden und es als ein k l e i n e r e s Unglük betrachten wer^en , wenn hie und da ein Vermögen, selbst dureh eine ungeschickte Hand..

^

40^

.lung, in andere Hände und Kantone gelangt, als wenn die Einheit ^es eheliche.n Gerichtsstandes unter den Kantonen des schweizerischen Vaterlandes zerrissen würde.

Ob der Gerichtsstand des einen oder andern Kantons mit mehr oder.

^weniger Grund als der bessere oder schlimmere betrachtet werde, kann be^reiflich grundsätzlich wieder nichts entscheiden.

Der Rekursfall des Standes W a a d t , betreffend die Ehe R e g a n e l l r^-

R e b e a u d , unterscheidet sich faktisch darin, daß die Bevogtigung (interdic^ion) der Braut vor der Kopulation eine vollendete und vollzogene war.

Die konkordatswidrige Art und Weise, mit welcher der Pfarrer von Ehchres, troz der ihm amtlich kundgegebenen Opposition. der waadtländischen Behorden, mit der Kopulation vorschritt, ist daher eine um so bemühender e und tadelnswerthere. Etwelche Entschuldigung für sein Vorgehen findet sich in den bisherigen Akten nur in dem Umstande, daß die Brautleute in dem Besize eines Ehekontraktes , ausgestellt von einem waadtläudischen Notar, so wie im Besize der bürgerlichen Heixatsbewilligung (Permis de ^nariage) Seitens des Gemeinderathes von Ehevres sich befunden haben.

Bei Vorlage dieser Akten mochte es dem geistlichen Beamteten erlaubt er..

scheinen , zu seinen Funktionen zu schreiten.

Alle diese Gesichtspunkte sollen bei .der materiellen Würdigung der Statusfrage in ihrem vollen Werthe gewürdiget werden ; an der Ko.r.petenzsrage ändern sie jedoch grundfalsch nichts, so sehr wir die gerechte Empfindlichkeit des Standes Waadt darüber begreifen können und ehreu müssen.

.Jm Falle Regan e l l..., wie im Falle S ehm id lin ist die Ehe konkor^atswidrig und unregelmäßig abgeschlossen worden. Aber sie ist vollzogen.

D^e Brautleute haben den Besiz für sieh , und ohne Anklage einer verbrecherifchen Handlung.

Die Ehe wird bestritten auch aus dem Titel der Kontraktsunfähig.keit der Braut und einer vor deren Kopulation rechtlich anhängig gemachten Opposition.

. Aber die Ehe besteht faktisch; sie wird anerkannt von der Regierung ^es Mannes; damit ist vorläufig die Frau als Angehörige seines Forums ^u behandeln , unbeschadet dem definitiven Entscheid in Hauptfachen.

Die Kommission findet sonach die Beschlüsse des Bundesrathes vom

1. Juni 1857 prinzipiell wohlbegründet, gibt jedoch der Redaktion des

Ständerathes den Vorzug, weil es sich möglicher Weise nicht nur um Einred^.n handeln kann, welche die Regierungen als solche gegen die ein.gegangenen Ehen erheben , fondern anch um solche Einreden , welche allfällig P r i v a t p e r s o n e n oder andere Rechtsfubjekte gegen jene Eheu rechtlich geltend machen mögen.

Die Kommission empfiehlt Jhnen daher , Tit. , die Zustimmung zu.

^den bezüglichen Beschlüssen des Ständerathes vom 17. Dezember 1857, dahin lautend :

^04 ..i. Betreffend die ^e Sch.nidlin-^iegIer.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g .

^der schweizerischen Eidgenossenschaft, auf den Rekurs der Regierung von Schaffhaufen gegen den Beschluß ^es Bundeseathes vom 1. Juni 1857, durch welchen über die Beschwerde der Regierung von Luzern gegen diejenige von Schaffhausen, betreffend Anerkennung der von Joseph Sch.r.idlin, von Triengen, mit Maria Elisal.etha von Ziegler, geb. von Waldkirch, von Schaffhausen, eingegangenen Ehe, erkennt wurde: .. Sofern die Regierung von Schaffhausen die von Wittwe Ziegler,.

..geb. von Waldkirch, mit J. Schmidlin eingegangene Ehe mit ihren bür...gexlichen Folgen nicht anerkennen will, so habe si.... ihre daherigen Ein^ ^reden vor den kompetenten Behörden des .Kantons Bern anzubringen.^

b e schl i e ß t : Es sei der Rekurs dex Regierung von Schaffhausen abgewiesen, daß die Einreden gegen die von der Wittwe ..oon Waldkirch, mit J. Schmidlin eingegangene Ehe mit lichen Folgen vor den kompetenten Behörden des Kantons .bringen seien.

in dem Sinne Ziegler, geb.

ihren bürgerLnzeru anzu^

..1l.. Betreffend die ^e ^egane^-^.e...^..^.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g dex schweizerischen Eidgenossenschaft, ^auf den Rekurs der Rrgierung des Kantons Waadt gegen den Be^ schluß des. Bundesrathes vom I. Juni 1857, durch welchen über die Be^ schwerde der Regierung von Freiburg gegen diejenige von Waadt, betreff send Anerkennung der von Peter Joseph Reganell^, von Kerzers, mit Esther Rebeaud, geb. Marrel, von ^vonand, Kantons Waadt, eingegangenen Ehe, erkennt wurde: ... Sofern die Regierung von Waadt die von Wittwe Rebeaud, geb.

..Marr.el, mit P. J. Reganelly eingegangene Ehe mit ihren bürgerliche^ ...Folgen nicht anerkennen will, so habe sie ihre daherigen Einreden vor de^ ..kompetenten Behörden des Kantons Freibnrg anzubringen , ^

beschl ießt : Es sei der Rekurs der Regierung von Waadt in dem Sinne abge.^ wiesen, daß die Einreden gegen die von Wittwe Rebeaud, geb. Marrel, n1it P. J. Reganell.,. eingegangene Ehe mit ihren bürgerlichen Folgen vo.^ den kompetenten Behörden des Kantons Freiburg anzubringen seien.

405 Genehmigen Sie, Herr Präsident, Herren Nationalräthe, dieser.

sicherung vollkommener Hochachtung.

Bern, den l2. Juli 1858.

Namens der K o m m i s s i o n :

Jäger Steiner.

.......ambelet (abwesend).

Biieler (abwesend).

J.J. Füller, Berichterstatter..

#ST#

Bundesbeschluß, beireffend

den Rekurs der Regierung des Kantons Schaffhausen in der.

Schmidlin-Ziegler'schen Ehesache.

(Vom 28. Heumonat 1858.) ^ Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenosserischast, nach Prüfung der Rekursbeschwexde des Kantons Schaffhausen, vonm

7. Weinmonat 1857, betreffend die Ehe Schmidlin-Ziegler, beschließt:

Es liegt kein Grund zur Bundesintervention gegen den Kanton Schaffhausen vor, und es ist der bezügliche Beschluß des Bundesrathes vom l. Brachmonat 1857 somit aufgehoben.

Also beschlossen vom schweizerischen Nationalrathe, Bern, den 13.. Heumonat 1858.

Der Präsident:. J. Stehlin.

.

Der Protokollführer: Schieß.

Also beschlossen vom schweizerischen Ständerathes

Bern, den 28. Heumonat 1858.

Der Vizepräsident: F. Briatte.

Der Protokollführer: J. Kern-Germann.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht der nationalräthlichen Kommission in Sachen des Rekurses des h. Standes Schaffhausen, betreffend die Ehe Schmidlin-Regler und des h. Standes Waadt, betreffend die Ehe. Reganelly-Rebeaud. (Vom 12. Juli 1858.)

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1858

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40

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23.08.1858

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391-405

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10 002 557

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