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Schweizerisches Bundesblatt.

X. .Jahrgang. l.

Nr. 17.

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17. April 1858.

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des

Schweiz. Bundesrathes an die h. Bundesversammlung über seine Geschaftsführung im .Jahr 1857.

Tit.

Der schweiz. Bundesrath hat die Ehre, Jhuen, uach Maßgabe des Art. 90, Ziffer 16 der Bundesverfassung , den Bericht über seine Geschäftsführung im Jahr 1857 hiemit zu erstatten.

Geschäftskreis des politischen Departements.

I. Auswärtige Angelegenheiten.

A.

Neuenburgerfrage.

Das Jahr 1857 begann inmitten der Ausregung, welche die Neuen...

burgerfrage hervorgerufen hatte.

Die deßhalb getroffenen militärischen Maßnahmen ; die gegen das Ende des Jahres 1856 stattgefundene Zusammenkunft der Bundesversammlung ; die aus ihren Berathungen hervorgegangenen Beschlüsse ; die Truppenbewegungen, welche um jene Zeit stattfanden.: mußten die Aufmerkfamkeit eines Jeden in hohem Grade in Anspruch nehmen. Mehrere Tage lang lebte man in einem Zustande der Erwartung dessen, was da kommen werde.

Während jener Zeit der Krisis hat das Volk, wie die Behörden und die Armee, nicht nur Beweise von Energie und Begeisterung gegeben, sondern auch stetsfort eine würdige und Achtung gebietende Haltung beobachtet. Wie dann die Schweizernation und die eidg. Armee von den im Januar 1857 erfolgten Entschließungen der Bundesversammlung Kenntniß erhielt, nach welchen der Konflikt auf gütlichem W e g e beigelegt werden

Bundesblatt. Jahrg. X. Bd. I.

23

214 sollte, so fezteu fie in die gefaßten Beschlüsse gerechtes Vertrauen un.^ zweifelten keinen Augenblik, daß die höchsten Landesbehörden nur solche Bedingungen eingehen würden, welche mit der Würde der Nation vereinbar wären. Die Armee ward entlassen, und es begannen zu Paris die Unterhandlungen, welche bis zum Monat Juni sich hinauszogen, dan^ aber durch den Abschluß eines Vertrages beendigt wurden, in welchem die v o l l s t ä n d i g e Unabhängigkeit Neuenburgs ausgesprochen war.

Es find demnach im Neuenburgerkonflikte , so weit er in das Geschästsjahr säl.lt, z w e i Perioden zu unterscheiden. Die e r s t e erstrekt fich.

vom Anfang des Jahres bis zum Erlaß des Beschlusses vom 16. Januar, die z w e i t e beginnt mit den zu Paris stattgefunden^ Unterhandlungen, und geht bis zum Abschlusse des Vertrages. Ueber beide dieser Perioden erstatteten wir Jhnen aber spezielle Berichte, und in zwei außerordentlichen Sessionen haben Sie sich ausschließlich mit der Neuenburgerfrage beschäftigt,.

auch jedes Mal wichtige Beschlüsse gefaßt. Daher glauben wir, Wieder-

holungen von schon Gesagtem vermeiden zu sollen , und verweisen dafür auf unsere Botschaften vom 13. Januar, vom 8. Juni und 4. Juli 1857^), auf unfern Spezialbericht über das Anleihen von 12 Millionen Franken^), so wie auf den Bericht über die Bewaffnung und den Feldzug von 1857 .^).

Wir befchränkeu uns demnach, die Hauptgesichtspunkte, welche den Gang der erwähnten Angelegenheit dominirt haben, bloß ü b e r s i c h t l i c h und r e su m ir end darzustellen.

Vom

I . b i s z u m 16. J a n u a r .

Die außerordentlich zusammeugekommene Bundesversammlung faßt.^ am 30. Dezember 1856 folgenden Beschluß.

,,Art. 1. Der Bundesrath wird zum Zweke einer friedlichen Aus..gleichung der Neuenburgersrage, in gleicher Weise wie bis anhin, zu allen ,,Mitteln Hand bieten , welche mit der Ehre und Würde der Schweiz ver-

.,träglich und welche die Anerkennung der Unabhängigkeit Neuenburgs

,,von jedem auswärtigen Verbande herbeizuführen geeignet find.

,,Art. 2. Die vom Bundesrathe erlassenen militärischen Ausgebote .,,und die übrigen, von ihm getroffenen Sicherheitsmaßnahmen find ge^ ..nehmigt.

,,Er ist beauftragt, alle weitern Anordnungen zu treffen, um, im ,,Falle eine ehrenhaste friedliche Ausgleichung nicht erzielt würde, zur Ver..

^theidigung des^Vaterlandes auf das ä u ß e r s t e gerüstet zu fein.

,,Für die dießfalls zu bestreitenden Ausgaben wird ihm ein unbe^ ,,fchränkter Kredit eröffnet.

*) S. B..ndesblatt v. I. 1857, Bd. I^ Seite 27, ....41, 847.

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215 ..

,,Art. 3. Der Bundesrath ist ermächtigt, die exforderlichen Geldan..leihen für Rechnung der Eidgenossenschaft auszunehmen und die Anleiheus.Kontrakte definitiv abzuschließen.

,,Art. 4. Der Bundesrath ist beauftragt, diesen Beschluß den Kan^tonen und dem Schweizervolke in angemessener Weife bekannt zu machen.^ Auf den Wunsch des Ministers der auswärtigen Angelegenheiten Frankreichs, so wie des englischen Gesandten, kam unser Minister nach .Bern, um uns in Kenntniß zu sezen, wie sehr der Kaisex der Franzosen wünsche, daß die Neuenburgerfrage friedlich und zugleich v o x t h e i l h a f t für die Schweiz gelöst werde. Ebenso theilte er uns die vom Herrn Grafen W a le w ski enthaltenen Ausschlüsse über die Tragweite der französischen Note vom 26. November mit, deßgleichen die Erklärungen, die ihm der englische Gesandte zu Paris gemacht hatte, dahin gehend, ex halte es für nothwendig, daß die Schweiz die Gelegenheit bennze, um den Zwist auf eine f r i e d l i c h e und für sie e h r e n v o l l e Weise beizulegen.

Am 31. Dezember 1856 gaben wir unferm Minister neue Jnstruktionen/die im Geschäftsberichte von 1856 enthalten find^).

Jn Anbetracht der hohen Wichtigkeit der Umstände und der für die Schweiz zu wahrenden Jnteressen glaubten wir, als speziellen Träger der neuen Instruktionen einen außerordentlichen Gesandten nach Paris abordnen zu sollen, der dann von S. M. dem Kaiser der Franzosen akkreditirt wurde. Unsere Wahl fiel auf den Herrn l^r. K e r n , Mitglied der Bundesversammlung , der vollkommen mit den Absichten dieser Behörde vertraut war und der aus andern Gründen noch unsere Aufmerksamkeit auf fich zog.

Unser außerordentliche Gesandte uud unser bevollmächtigte Ministex begaben sieh sogleich nach Paris. Jn ihren Audienzen beim Kaiser und dem Minister der auswärtigen Angelegenheiten überzeugten sie sich, daß die Art und Tragweite der Zusicherungen, die der Schweiz gegeben wurden, mit ihren Jnstrnktionen übereinstimmten. Sie traten in Verbindung mit dem Repräsentanten der englischen Regierung und mit andern Ministern. Sie überzeugten sich , daß die Schweiz durch ihre würdevolle und entschlossene Haltung, durch ihre Festigkeit, Verträglichkeit und ihren Einmuth , wie auch durch ihr Bestreben, der Frage einen durchaus n a t i on a l e n Eharakter zu erhalten, sich die Achtung und die allgemeine
S^mpathie erworben habe.

Die Bewegung dauerte indessen im Jnnern der Schweiz fort. Wenn gleich der Bundesrath für eine friedliche Lösung des Konfliktes sich geneigt zeigte, so traf er nichts desto weniger alle Anstalten zur Verteidigung, welche die Umstände erheischen könnten. Mit dem 1. Januar trat der von der Bundesversammlung ernannte Oberbefehlshaber der eidg. Armee in Aktivität. Auf dessen Befehl wurde dann das Obfervationskorps auf ungefähr 29,000 Mann und 1600 Pferde verstärkt. Neue Truppen wurden

^) S . Buudesblatt v. I. 1857, Band I, Seite 193.

216 .^

aufgeboten und diejenigen, welche schon ausgehoben waren, wurden am Rhein konzentrirt.

Bedeutende Befestigungen erstanden in B a s e l , S c h a f f h a u s e n und E g lis au. Militärische Zurüstungen aller Art fanden während jener Zeit statt. Bereitwillig kamen die Kantone allen au fie gestellten Anforderungen entgegen, und überall zeigte das Schweizervolk die größte Begeisterung.

Während dieß alles vorgieng, geschah ebenfalls Wichtiges auf dem Felde der Diplomatie. ^Ju einer Note vom 5. Januar verpflichtete sich F r a n k r e i c h , alle Anstrengungen zu machen (de faire tous ses efforts), um einen Vergleich herbeizuführen, wodurch die vollständige Unabhängigkeit Neuenburgs gesichert würde. Die englische Gesandtschaft erklärte in einer Depesche vom 7. Januar, die Regierung der Königin sei bereit, das Versprechen zu erneuern, welches sie schon unterm 25. November 1856 dem Buudesrathe gemacht hatte.

Eine vom Minister der auswärtigen Angelegenheiten an den Reprä^ ^seutanten O e s t e x r e i c h s in Bern gerichtete Note vorn 9. Januar, und eiue von Herrn K r u d e n e x unterzeichnete Note der r u s s i s c h e n Gesandtschaft in der Schweiz, d. d. 11. Januar, enthielten ebenfalls, wenn gleich in verschiedenen Ausdrüken, die Versicherung, daß die beiden ge.nannten Mächte ihr Möglichstes thun wollten, um eine d e f i n i t i v e Bei.legung der Neuenburgerfrage zu erzweken und dabei so viel als möglich den Wünschen der Schweiz Rechnung zu tragen, wenn nämlich diese den gegen die realistischen Gefangenen angehobenen Prozeß niederschlage.

Nach reiflicher Erwägung aller Umstände ; nach Vergleichung der . französischen Note vom 5. Januar mit derjenigen vom 26. November ; nach gewonnener Ueberzeugung , daß die zweite Note Garantien darbiete, die in . der ersten nicht ausgesprochen waren; nach erlangter Ueberzeugung,

daß die von den Mächten gleichzeitig gemachten Eröffnungen ein Schritt

waren, gleich dem der Eingabe der Kollektivnote vom 21. Dezember 1856, aus deren Vorschlage wir einzugehen geneigt waren ; nach sorgfältiger Abwägung der unserm außerordentlichen Gesandten k o . . f i d e n t i e l l gemachten Erklärungen, so wie einer Menge unbestreitbarer Nachweisungen (renseigneInents) und spezieller Berichte über die friedlichen Gesinnungen des Königs von Preußen: find wir zu der Gewißheit gelangt, daß durch ein Eingehen auf die von den Mächten gemachten Vorschläge die Schweiz dasjenige erreichen würde, was fie schon längst gewünscht hatte, nämlich die A n e r k e n n u n g der U n a b h ä n g i g k e i t N e u e n b u r g s.

Wir entschlossen uns daher, Sie zum zweiten Male außerordentlich einzuberufen, um Jhnen von dem Geschehenen, sowol in Beziehung auf

die Verteidigung der Schweiz, als hinsichtlich der friedlichen Löfung des

Streites , Rechenschaft abzulegen.

Die Sache erschien Jhnen, wie uns, und daher faßten Sie am 16. Januar folgenden Beschluß : ,,Art. 1. Der^ Prozeß, welcher wegen des am 2./3. Herbstmonat

217 1856 im Kanton ^Nenenburg stattgehabten Aufstandes unterm 4. Herbst.monat angehoben worden ist, wird hiemit niedergeschlagen.

,,Art. 2. Die durch das Dekret der Anklagekammer vom 15. Ehristmonat 1856 in Anklagezustand verfezten Personen haben, so weit dieß uicht bereits geschehen ist, das Gebiet der schweizerischen Eidgenossenschaft auf so lange zu verlassen, bis die Neuenburger-Angelegenheit ihre voll-

ständige Erledigung gefunden hat.

,,Art. 3. Das definitive Uebereinkommen in der Neuenburger-Angelegenheit soll der Bundesversammlung zur Genehmigung vorgelegt werden.^ Seit dem 16. Jauuar.

Nachdem Jhr Beschluß erlassen wax, bemühten wir uns, die Gründe, welche Sie dazu bewogen hatten , so wie die Tragweite desselben dem Schweizervolke zur Kenntniß zu bringen. Wir sandten ihn auch sammt einer Proklamation an die Armee, welche Jhre Entschließung mit Vertrauen aufnahm.

Wir entließen dann die im Felde gestandenen Truppen und bezeugten ihnen, im Namen des Vaterlandes, unfern lebhaftesten Dank. Die Besestigungsarbeiten wurden eingestellt, und wir trafen im Weitern diejenigen Maßnahmen , welche Jhr Beschluß forderte. Die realistischen Gesaugenen ließen wir auf eine sichere und zwekmäßige Weife an die Gränze bringen ; wir theilten Jhre Schlußnahme denjenigen Mächten^ mit, die uns ihre Beihilfe zugesagt hatten, und indem wir sie auf. .die von Jhnen kund gegebenen friedlichen Gefinnungeu hinwiesen, sprachen wir das Vertrauen aus, sie werden nun ihrerseits sich verwenden, daß s.^nelleine Lösung der Neuenburgerfrage erfolge, und zwar nach der gerechten Erwartung der schweizerischen Nation.

Wir ernannten neuerdings den Herrn ^r. Kern zum außerordentlichen Gesandten und beauftragten ihn , un.^ bei den zu eröffnenden Unterhandlangen und vorzüglich in den Konferenzen , welche stattfinden würden, zu vertreten ; auch ertheilten wir ihm dießfalls bestimmte Jnstruktionen,

die -. anf die Jdee der gänzlichen Unabhängigkeit Neuenburgs gegründet --

während den langen Unterhandlungen niemals aus dem Gesichte verloren wurden. Der Wortlaut der erwähnten Jnstruktionen findet sich in unserer Botschaft vom 8. Juni 1857.

Obgleich die Unterhandlungen im Anfange langsam vor fieh giengen, so wurden sie doch durch keinen fatalen Vorfall bezeichnet. Die öffentliche Meinung in der Schweiz war aber sehr ungehalten , und es gab sich im Volke ein Mißbehagen und eine Unzufriedenheit kund, welche, von dex unvorhergesehenen Verzögerung der Lösung der Frage herrührend, leicht erklärlich war. Wir versäumten nichts^ eine Beschleunigung der Sache zu erzweken,^nd beriefen uns zu diesem Ende häufig auf die öffentliche Stimmung. ^

218 Jene Zeit hatte übrigens für die Eidgenossenschaft den Vortheil.

daß wichtige Fragen erörtert werden konnten. Wir lassen hier einige davon folgen.

..... Direte nnter^andInn^n.

Wir waren der direkten Unterhandlung mit Preußen nicht entgegen, was unsere Jnstruktionen und mehrere unserer Depeschen an Herrn K e r n beweisen. Jn diesem Falle wäre das zwischen den Parteien abgeschlossene Uebereinkomn.niß der Konferenz vorgelegt worden , welche dasselbe sank.^ tionirt und als Element des europäischen Staatsrechtes würde anerkannt haben; allein da die d i r e k t e n Unterhandlungen in P a r i s nicht eröffnet werden konnten , so stellte man die Frage an uns , ob es für die Schweiz .nicht besser gewesen wäre, einen Abgeordneten direkt nach B e r l i n zu senden.

Obgleich wir die Vortheile, die^ eine d i r e k t e Unterhandlung, wenn nicht in Beziehung auf die zu erlangenden Bedingungen, doeh wenigstens mit Rüksicht auf größere Freiheit, vollkommen einsahen, so haben wir dennoch die uns dießfalls gemachten Eröffnungen von ^der Hand gewiesen und unserm außerordentlichen Gesandten in Paris geschrieben, daß die BundesVersammlung, nachdem sie durch ihren Beschluß vom 16. Jannar, im Vertrauen auf die ihr gegebenen Versicherungen, einen großen Schritt auf dem Wege der Eonsiliation gethan , in einen Akt, der als eine n e u e K o n z e s s i o n ausgelegt werden müßte, uicht einwilligen könnte; daß, wenn eine Mission nach B e r l i n ^ unternommen werden sollte, zuerst der diplomatische Verkehr der Schweiz mit Preußen durch eine andere Persönlichkeit als den gegenwärtigen Minister jenes Staates hergestellt werden müßte,

daß der König seine Absichten klar kundgebe und daß endlich der Tag der

Zusammenkunft der Konferenz definitiv angesezt würde.

Es wurde daher einer Mission nach B e r l i n keine Folge gegeben, und wir warteten die Konferenzen ab, deren Eröffnung wir stetsfort zu Beschleunigen trachteten.

^. .^onserenzen.

Wir waren im Falle , mehrere auf die Konferenzen bezüglichen Fragen einer Prüfung zu unterwerfen und sie auf dent Wege der Korrespondenz zu behandeln.

So war z. B. der Ort der K o n f e r e n z e n anfänglich nicht bestimmt festgesezt, und wir hatten Gründe zur Annahme, die englische Regierung möchte sie in L o n d o n abgehalten wissen wollen, was wirklich der Fall war. Wir gaben daher unferm Abgeordneten die Weisung , sich dießfalls nicht auszusprechen, damit dieser Punkt keine Gelegenheit zu einer, wenn auch nur momentanen Mißhelligkeit unter den Bevollmächtigten Frank-

reichs und Englands gäbe.

Z u l a s s u n g der S c h w e i z zur K o n f e r e n z .

Sie wurde in den ersten Sizungen der Konferenz nicht bloß für Preußen, sondern auch für die Schweiz ausgesprochen, u..^ wir konnten.

219 schon im Ansang der Konferenzen uns überzeugen, daß diese Zulassung .oon keinem Repräsentanten in Zweifel gezogen wurde, zumal, nach ihrem Ausspruche, die gleichmäßige Zulassuug beider Parteien fich von selbst verstehe. Die Erklärungen, welche uns individuell gemacht wurden, beruhigten .uns vollständig, wenn gleich die Konferenzen verschoben wurden.

Ursachen der Verschiebung.

Es haben dazu mehrere Umstände beigetragen, wie z. B. die weite Ent^fernung einer der Mächte , das späte Antworten der andern auf das Einberufungszirkular und das Ertheilen der nöthigen Jnstruktionen an die Be.vollmächtigen. Außerdem wurden die Sizungen der Konferenz so lange verschoben , bis England und Frankreich über die Hauptpunkte sich verfiändigt hatten.

Diesem Einverständniß über den Grundsaz gänzlicher Unabhängigkeit

^..euenburgs haben wix immer eine hohe Wichtigkeit beigelegt; und wenn wir in der Verteidigung unserer Jnstruktionen die größte Entschiedenheit bewiesen , so geschah es hauptsächlich deßwegen , weil dieses feste Auftreten

.uns das sicherste Mittel schien , die Einheit der Ansicht zwischen den beiden

Mächten zu unterhalten. Ueberzeugt, daß ein Hinneigten zum Nachgeben^ ^in Punkten, die in den aufzustellenden Bestimmungen erseheinen konnten, nichts Anderes gewesen wäre, als ein allmäliges Weichen in ^ A l l e m ^ind eine Selbstschwächung, wodurch leicht Verwirrung in die Unterhandlung hätte gebracht werden können, so haben wir stetsfort unser politisches Feld, als das Einzige, was zur Grundlage einer Ausgleichung dienen konnte, unverlezt erhalten. Statt Zugeständnisse zu machen, verlangten

wir, daß der König vor Allem feine Absichten vollständig kund gebe. .

Die vom König gemachten Schwierigkeiten in Betreff der von ihm verlangten Verzichtleistung hemmten auch wesentlich den Gang der Sache.

Dieser Monareh führte zur Begründung seiner Politik an, der Beschluß ^om 16. Januar sei so vollzogen worden, daß man die zeitweilige Entfernung der Gefangenen in eine V e r b a n n u n g umgewandelt habe; ferner

stüzte er sieh auf grundlose Anschuldigungen und Klagen, welche einige

Neuenburger in der Absicht eingereicht hatten, um die Unterhandlungen .zu hintertreiben.

Wir^waren mehrmals im Falle, Angriffe gegen die republikanische StaatsverwaltungNeuenburgs abzuweisen^ und es erforderte große Anstrengung, .um die Hindernisse zu überwinden, die man in Paris und Berlin anhäufte.

Jnmitten von Schwierigkeiten, die entgegen den uns im Januar ge^ebenen Zusicherungen gemacht wurden, stießen wix auf eine Eventualität, die wir hätten voraussehen sollen, nämlich, daß P r e u ß e n auf seinem Widerstande beharren oder unerfüllbare Bedingungen stellen würde. Wix konnten uns überzeugen, daß in dieser Hypothese England und Frankreich ^ns treu beistanden und die Zusriedenstellung der Schweiz erwirkten.

Die Konferenzen konnten endlich mit dem Monat März eröffnet .werden.

220 Kompetenz

und V e r f a h r e n der Konferenzen.

^ Obgleich die zur Behandlung kommenden Fragen in unserer Jnstruktio^ vorgesehen waren, so durften wir fie, ihrer hohen Wichtigkeit wegen, iu unfern Depeschen nicht aus den Augen verlieren.

Es fragte sich , ob die Konferenz bloß ihre Vermittlung eintrete^ lassen, oder nach der Mehrheit der Stimmen o b l i g a t o r i s c h e Entscheide von fich aus erlassen wollte. Der leztere Modus wäre im Widerspruche mit allen Antezedentien gewesen, so wie auch eine Verlegung unserer Unabhängigkeit. Wir machten daher zum Voraus unsere Vorbehalte in Betreff der Rechte der Schweiz ; und wenn wir unfern Bevollmächtigten nicht gleich bei der Eröffnung der Konferenzen den Vorbehalt stellen ließen, daß

den eidgenössischen Räthen die vollständige Freiheit zustehen solle , die Protokolle anzunehmen oder zu verwerfen, fo geschah dieß erstens in Berükfichtigung der unserm Repräsentanten gegebenen bestimmten Zusicherungen, zweitens weil eine derartige Erklärung während dem ganzen Verlaufe der Unterhandlung abgegeben werden konnte, und weil übrigens der in unferm Beglaubigungsschreiben enthaltene Ratifikationsvorbehalt den gleichen Zwek hatte.

Man warf oft die Frage auf, ob sich die Konferenzen lediglich mit der Neuenburgerfrage befassen oder, nachdem fie einmal angefangen hätten, mit der Schweiz fich zu beschäftigen, fie nicht auch in einige unserer innern Angelegenheiten sich mischen würden. Die uns dießfalls gemachte^ Erklärungen beruhigten uns aber vollständig.

Jn Betreff der Verfahrungsart zirkulirten viele Voraussezungen ; auch sprach man von einer Kol^.ektivnote und von offenen Schreiben (lettre^ patente^) des Königs von Preußen ^e. Wir benuzten daher diesen Anlaß, uns neuerdings gegen jede Schlußnahme zu verwahren , welche der sreien Entschließung der Schweiz hinderlich sein würde. Zudem beauftragten wir

unfern Bevollmächtigten, dahin zu wirken, daß der Ausgangspunkt (1...

point de départ) der Konferenzen nicht aus dem Londoner Protokoll von 1852 genommen würde, ein Protokoll, das wir niemals anerkannt haben, zumal dasselbe bloß die Lage des Kantons Neuenburg, wie die Ereignisse der lezten Jahre sie gestalteten, betrafen.

Die Zeit vor der Eröffnung der Konferenzen wurde dazu benuzt^ verschiedene Fragen, für welche die Bevollmächtigten zuerst^ sehr eingenommen waren, ins Klare zu sezen, wie z. B. die Ansprüche des Königs ^on Preußen auf das Neuenburger Staatsvermögen und die Wiedereinführung der ehemaligen Bourgeoisien ^e. Ueber diese Materien haben dann ^die Herren Sta.atsräthe .Piaget und H u m b e x t interessante Denkschriften ausgearbeitet, so daß diese Fragen bei der Eröffnung der Konferenzen klar beleuchtet (élucidées) waren und in Folge dessen die erwähnten Ansprüche definitiv abgewiesen wurden.

221.

Zusammenkunft der

Konferenzen.

Die Mächte bedienen fich heut zu Tage der Konferenzen zur Regelung internationaler Fragen.

Wir wollen auf die Details der zu Paris behandelten nicht wieder zurükkommen, sondern bloß erwähnen, daß in acht Sizungen über die^ Grundlagen und Bedingungen für die Anerkennung Neuenburgs als sou-.

veränen Staat verhandelt werden mußte. Die Sizungen wurden für eine ziemlich lange Zeit unterbrochen, während welcher der König von Preußen in Betreff seiner Verzichtleistung aus Neuenburg Vorbehalte stellte, auch Anhänger des alten Regierungss^stems ihre Agitation sortsezten.

Die Akten enthalten alle auf die stattgehabten Verhandlungen bezüglichen Einzelheiten. Wir fühlen uns verpflichtet, unserrn außerordentlichen Gesandten für den Eifer und die Thätigkeit, die er zu jener wichtiger^.

Zeit an den Tag legte, das ehrenvollste Zeugniß öffentlich zu ertheileu.

Die erste Sizung fand am 5. März statt und die lezte am 20..

April. Während diesen langen Unterhandlungen beharxten wir bei unsere Jnstruktionen, und zwar nicht aus Hartnäkigkeit, sondern vermöge unsere Rechtes und unserer Gründe. Wir thaten es, weil die vor dem 16. Januar von den Mächten erhaltenen ^usicherungen uns dazu berechtigten, und weil wir uns aus allen Kräften einer Verminderung der Souveränetät Neuen.^ burgs widersezen mußten.

^Der König seinerseits blieb unentwegt bei der Art seiner Anschauung aller Hauptfragen, nämlich in Betreff der Beibehaltung des Fürstentitels^ der Entschädigungsforderung, der Kirchengüter und der Bourgeoisie . vor^ Neuenburg.

Wir glauben sagen zu dürfen , daß in diesem langen Kampfe die öffentliche Meinung Europas zu Gunsten der S.^weiz sich aussvrach, indem ihre entschlossene Haltung, verbunden mit Mäßigung, allgemeiner^ Beifall ärntete und ihre gerechten Forderungen Billigung fanden Das.

Schweizervolk war in der Erwartung dessen , was aus den Konferenzen.

hervorgehen würde.

^...rschla^ der ^.....nseren^ fur die ^chwe^ und sur .^reu^en.

Da die Bevollmächtigten die Unmöglichkeit einsahen, die beiden streitenden Parteien zu einem Einverständnisse zu bringen, legten sie ihnen im April einen Entwurf zur Ausgleichung vor, in dem Sinne jedoch, daß beide Theile sich f r e i entschließen könnten. Die vermittelnden Mächte empfahlen aber die Annahme des Vorschlages sowol in Berlin , als i^ Bern. Uus stellte man denselben als einen Akt dar, der so günstige Bedingungen enthalte, wie sie nur immer für die Schweiz zu .erlangen möglich gewesen seien, auch fügte man bei, daß durchaus keine Aussicht auf^ Modifikationen vorhanden sei. Man rieth uns sogar, unsere Entschließung nicht aufzuschieben, damit die Konferenz besser aus den König von Preuße^.

^222 einwirken könnte. Unser außerordentliche Gesandte erstattete uns eineu mündlichen Bericht, in welchem er fich entschieden für die Annahme des Vorschlages aussprach. Es ist unbestritten , daß das Vergleichsprojekt, ^nd namentlich die Herabsezung der Entschädigungssumme auf eine Million, in Berlin große Unzufriedenheit erzeugte, und daß die Gegner vom Ueberhinkommen eine Verwerfung des Vorschlags zu erzweken suchten, während ^..ie vermittelnden Mächte dagegen Allem aufboten, einer f r i e d l i c h e n ^Ausgleichung die Oberhand zu verschaffen.

Bevor wir uns über den Vergleichsentwurf aussprachen, holten wir Darüber das Gutachten des Staatsraths von Neuenburg ein. Wir waren überzeugt, daß der Vorschlag nicht befriedigen konnte in Hinficht auf die .geforderte Entschädigung; allein man hatte doch die H a u p t s a c h e er^ .langt, und diese durfte eines untergeordneten Punktes wegen nicht preis^gegeben werden. Hätten übrigens neue Unterhandlungen zu einem günstigeren Resultate geführt.^ Nein; denn nur durch die großen Bemühungen eines ^Theils ^er Bevollmächtigten, und durch höhern Einfluß uoch besonders, gelangte man ^an das Ziel, wohin man gekommen ist. Wäre der Status quo vorzuziehen gewesen.. Daran dachten wir niemals, sondern wir hielten im Gegentheile dafür, der Vergleich sei, troz feiner Mängel, ein ehrentoller.

Bei diesem Zustande der Dinge handelte es sich darum, ob die Bun^esversammiung sogleich einberufen werden sollte, damit die Kammern nicht ^u den möglichen Fall versezt würden, später über eine nicht mehr zn Hindernde Sache deliberiren zu müssen.

Wenn wir nicht f ü r Annahme des Vorschlages gewesen wären, so Hätten wir allerdings die Bundesversammlung unverweilt einberufen; allein da wir, wie schon gesagt, für das Annehmen des Vergleichsentwnrses ^aren , so glaubten wir , wie dieß beim Abschluß alter internationalen Verträge zu geschehen pflegt. zur Unterzeichnung des Vertrages, unter Vox^ behalt jedoch der Ratifikation, ermächtigen zu sollen ; welches Verfahren wir unserer konstitutionellen Stellung angemessener hielten.

Uebrigens war .dieß der Weg, den Sie, Tit., uns in Jhrem Beschlusse vom 16. Januar ^orgezeichnet hatten, indem es dort heißt: ,,Das d e f i n i t i v e Uebexeinkommen in der Neuenburger.^gelegenheit ^foll der Bundesversammlung zur Genehmigung vorgelegt werden.^
Wir ermächtigten denn also unfern Abgeordneten zur Unterzeichnung .des Vertrags, unter Vorbehalt der Ratifikation und aus den Fall, daß ^aran n i ch t s abgeändert werde. An allfällig neuen Diskussionen sollte ^.nfer Minister, seinen Jnstruktioneu zufolge, Theil nehmen und darüber Bericht erstatten.

Da wir nach diesem wichtigen Akte die Unterhandlung als beendigt

betrachteten, glaubten wir das Geheimniß , welches bis dahi.r uns hin^ derte, gewisse Dokumente zur Kenntniß des Publikums zu bringen, theil^veise lüften zu dürfen. Deßhalb erfolgte aber eine Reklamation von Seite des Grafen W a l e w s k i , und sogar ein Artikel im Moniteur français..

223 Unsererseits sandten wir unserm Abgeordneten eine Depesche, die wir auch ^der Konferenz mittheilen ließen. Sie lautet also :.

Tit.

..Der Herr Graf v. S a l i g n a e - F e n e l o n hat unserm Prä^fidenten eine Depesche Sr. Exzellenz des Grafen Walewski über die Ver,,öffentlichung einiger, auf die Neuenburgersrage bezüglichen Aktenstüke vor...gelesen. Der Herr G r a f W a l e w s k i bedauert lebhaft die Veröffentlichung ...dieser Aktenstüke und hält dafür, dieses Vorgehen sei eben so wenig mit ^den durch die internationalen Uebungen gebotenen Rüksichten , als mit ...den durch die Bevollmächtigten eingegangenen Verpflichtungen überein^stimmend.

,,Wie Sie, Tit., bemerkt haben werden, trägt die Veröffentlichung,

^die durch die schweizerische Presse stattgefunden hat , keinen amtlichen ...Eharakter; der Bundesrath hat sich darauf beschränkt, den Druk einiger ^Aktenstüke zu gestatten, und er konnte bei der jezigen Lage der Dinge ^und im Jnteresse der Annahme des von der Konferenz ausgearbeiteten ^Entwurfs selbst nicht anders handeln. Uebrigens mußte er bedeutenden ^innern Verhältnissen, fo wie den Geboten, welche das politische System ...der Schweiz mit sich bringt und welche ohne Gefahr nicht hätten mißDachtet werden können, Rechnung tragen.

,,Sie wissen, wie sehr die Oeffentlichkeitsgewohnheiten mit unseru ...republikanischen Einrichtungen verwachsen sind. Sie wissen, .daß die eid^genössischen Räthe, -- um nur ein Beispiel anzuführen,-- stets öffentlich ^über die Neuenburgerfrage berathen haben, so oft sie sich damit zu be....fassen hatten. Der Hauptgrundsaz unserer Einrichtungen verlangt, daß ^die Behörden sich nach dem Willen des L a n d e s richten. Sie ^uüsseu ... daher fortwährend dessen Meinung hören, und um dieß eben mit Erfolg ^thun zu können, müssen sie ihm die Mittel bieten, sich über eine Sache .,,aufzuklären. ^ ,,Bedenken Sie nun, wie langfam die Lösung der Neueuburgerfrage .,,vor sich gieng. Seit der von den Räthen der Eidgenossenschaft im Januar ^1857 gefaßten Schlußnahme befand sich das Schweizervolk in einem Zu^ ^stande fortwährender Gespanntheit.

Zwischen die Ehaneen einer lang....wiexigen Unterhandlung ballotirt, erwartete es deren Beendigung mit einer .,,ganz natürlichen Ungeduld und verlangte auch öfters .Aufschluß über den ^Sta..d der Angelegenheit. Da ihm hierin aber nicht entsprochen werden ..konnte, so blieb den falschen Auslegungen und den Aufreizungen des Par^teigeiftes ein weites Feld offen.

,,Daher verlangte man auch, nachdem die Unterhandlungen zu einem .^nahezu bestimmten Ziele gelangt waren und der Bundesrath seinen definì .,,tiven und wichtigen Beschluß gefaßt hatte, noch allgemeiner und ent^schiedener, genau unterrichtet zu werden. Der Bundesrath mußte ge...statten, daß einige Aktenstüke zur Kenntniß des Publikums ^gebracht würden, ....und dieß um so mehr, als man in der Voraussicht eines nahe bevorstehenden ..Zusammentritts der Räthe der öffentlichen Meinung die Möglichkeit, sich ^auszufprechen, verschaffen mußte.

224 ..Wollen Sie auch nicht außer Acht .lassen, daß vermöge unserem ,,Einrichtungen der Bundesrath, statt von fich aus einen Beschluß zu fassen, ..jezt schon die Räthe hätte einberufen können , um sie iiber das zu ..unterzeichnende Verkommniß zu beratheu. Ex hätte dann gewiß nicht ..unterlassen dürfen , sämmtliehe Akten der Unterhandlungen ihnen vorzu,,legen, was natürlich zur Folge gehabt hätte, dieselben mehr oder wenigem

,,in die Oeffentlichkeit zu bringen.

,,Endlich ist der Vexgleichsentwurf dem Bundesrathe als ein in seiner ,,Gesammtheit anzunehmender Akt empfohlen worden, weßhalb wir die ..Diskussion der einzelnen Artikel als geschlossen zu betrachten berechtig^ ,,waren.

,,Der Bundesrath zweifelt nicht , daß diese Betrachtungen genügen ,,werden, um klar zu beweisen, wie er sich nur durch das Jnteresse der ,,Sache selbst habe leiten lassen. Er müßte daher sehr bedauern, wenn das, ,,was er thun zu sollen glaubte, und was übrigeus nur in der Erfüllung ,,seiner Pflichten als Vollziehungsbehörde der fchweiz. Eidgenossenfchast ,,lag, mit den Verpflichtungen der Herren Konferenzmitglieder iw Wider,,spruche stünde, und er erlaubt sich, beizufügen, daß er allen Grund hat,.

,,zu erwarten, ein so untergeordneter Vorfall, wie die stattgehabte Ver^ ,,öffentiichung, dürfe nicht so aufgefaßt werden, daß hiedureh das Ender^ ,,gebniß der Verhandlungen gefährdet werden könnte.

,,Sie werden Sr. Exzellenz dem Herrn Grafen Walewski ^gegenwärtigem ,,Schreiben vorlesen.^ Es ist wahrscheinlich, daß durch Beschleunigung unserer Entschließung in Betreff der Unterzeichnung des Vertrages und durch Veröffentlichung der vorerwähnten Dokumente wir ^lbänderung^begehren , die weit hätten gehen können , zuvorgekommen sind. Die Mißstimmnng in Berlin war bekannt, und die Konferenz hätte vielleicht versucht sein können, dieselbe z.^ vermindern. Dieses konnte nun ohne unser freiwilliges Zugeben nicht mehr geschehen. Der König ließ wirklich Versuche bei nns machen und erbot sich , auf jede Entschädigung verzichteu zu wollen , wenn wir einige seinem ersten Bedingungen , . mit oder ohne Redaktionsabänderung , annehme^ wollten; allein wir wiesen diese Eröffnungen von der Hand und erklärten, an dem uns vorgelegten und von uns angenommenen Vergleiehsprojekte uns ausschließlich halten zu wolleu.

Der Kaiser Napoleon schrieb eigenhändig nach Berlin und ließ auch daselbst persönliche Schritte thun , um den König zur Annahme des Vertragsentwurfes zu bestimmen. Jn Folge dessen ermächtigte wirklich de.^

König seinen Vollmachtträger zur Unterzeichnung, mit der Erklärnng jedoch,

daß er aus die im projektirten Vertrage ihm zugesprochene Entschädigung von einer Million f r e i w i l l i g verzichte; worauf dann am 26. Mai di^ Unterzeichnung erfolgte.

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225 ....1.

Ratifikation, weitere ....^af^na^tuen, ..^onse^nenzen.

Sie haben sich, Tit., in einer außerordentlichen Session, die wir im ^Monat Juni veranstalteten, nochmals mit der Neuenburgerfrage beschäftigt.

..Wir erstatteten Jhnen damals Bericht iib..x die feit Jhrem Beschlusse vom 16. Januar stattgefundenen Unterhandlungen, und Sie genehmigten dann fast e i n s t i m m i g den am 26. Mai abgeschlossenen Vertrag. Da der ..König von Preußen denselben ebenfalls ratisizirt hatte, so kam die Konserenz von Neuem zusammen, um die Auswechslung der Ratifikationen vor.zunehmen. welche am 16. Juni zu Paris wirklich erfolgte.

Jn Folge der im Vertrage ausgesprochenen Amnestie dursten die Ge^fangenen, welche momentan die Schweiz verlassen mußten, in dieselbe ungehindert wieder zurükkehren.

Auf die Nachricht vom Ausgange der Unterhandlungen hatte der Große Rath des Kantons Nenenburg von sich aus eine allgemeine Amnestie erlassen für alle bei den Truppenausgeboten in den Monaten Dezember.

.und Januax stattgefundenen Militäxvexgehen. Die Amnestie sollte jedoch erst nach erfolgter Auswechslung der Ratifikationen ihre Anwendung fin.den. Nachdem diese Auswechslung erfolgt war , erließ der Staatsrath ^on Neuenburg einen Beschluß, worin er erklärte, daß die am 3. Juni .ausgesprochene Amnestie nunmehr in vollständige Wirksamkeit treten solle.

Die Betreffenden durften daraufhin unverzüglich und ganz ungehindert wieder in ihre Heimath zurükkehren und daselbst in den ungeschmälerten Besiz ihrer bürgerliehen und politischen Rechte treten.

Der König von Preußen dagegen publizirte den in Betreff Neuenburgs abgeschlossenen Vertrag und entband die Neuenburger förmlich ihres ihm

geleisteten Eides.

Das Ziel, welches die Bundesbehörde sich vorgeftekt hatte, als fie die Loslassung der Gefangenen dekretirte , war denn also durch die Anerkennung der gänzlichen Unabhängigkeit Neuenburgs von jedem auswärtigen Verbande vollständig erreicht. Der Artikel 23 der Wiener Kongreßakte wurde in Beziehung auf diesen Punkt aufgehoben und durch die Bestimmungen des Pariser Vertrages , der in das europäische Staatsrecht aufgenommen wird, ersezt. Dadurch erhielt auch die Unabhängigkeit dex Schweiz eine neue Einweihung (consécration). Die Eidgenossenschaft gieng befreit von den Komplikationen, die in Folge einer Doppelstellung entstanden waren, aus der bestandenen Krisi^ hervor. Von nun an h o m o g e n und, kraft des europäischen Staatsreehtes selbst , jedem äußern Einflusse euthoben, konnte fie unter der Aegide ihrer neuen Jnstitutionen, stark durch ihre Unverlezbarkeit und ihre Neutralität, ihrer intern Entwiklung ob-

liegen. Die Nation begrüßte freudig das erlangte Resultat.

Die Regierungen, welche an den Unterhandlungen sich betheiligten, hatten ihr gegebenes ^ort redlich gehalten, und wir bezeugten ihnen da^ her für. die Art , wie sie die Lösung der N.^uen^urgersrage herbeigeführt^ unsern aufrichtigsten Dank.

226 .

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..^roto.^o........

der

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^.

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. n se r e n z e n .

Wir wollen .hier die Aktenstücke, welche bereits veröffentlicht worden find, nicht wieder aufführen, wohl aber die noch nicht zur Oeffentlichkeit gelangten Konferenzprotokolle, die für Viele von Jnteresse fein mögen, und deren Wortlaut nun folgt.

Protokoll der ersten K o n f e r e n z , ^ehalten im Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten für die Lösung der Neuenburgerfrage.

Gegenwärtig find : die Bevollmächtigten von Oesterreich , ,, Frankreich , ,, Großbritannien, .. Rußland.

Der Ministex der auswärtigen Angelegenheiten ^S. M. des Kaisers der Franzofen hat die Repräsentanten von Oesterreich, Großbritannien und

Rußland eingeladen , sich über die geeignetesten Mittel zur Lösung der Neuenburgerfrage zu besprechen.

Jn B e t r a c h t ,

daß der Staat N e u e n b u r g unter Bedingungen konstituirt wurde, die unvermeidlich Zwistigkeiten zwischen S. M. den König von Preußen, Fürst von Neuenburg, und die schweiz. Eidgenossenschaft, zu welcher das .Land Neuenburg unter besondern Bedingungen gehört, bringen mußten, so

daß diese Doppelstellung den Frieden von Europa beständig gefährdet;

daß das vom 28. Dezember abhin datixte Zirkular des Berliner Kabinets erklärt, S. M. der König von Preußen sei bereit, über die zukünftige Stellung des Landes Neuenburg in Unterhandlung zu treten, und daß die in dieser Angelegenheit vom König bereits bewiesene Mäßigung fich gleich bleiben werde, wenn die Großmächte Europas ihm Vorschläge machen zu müssen glauben ,.

haben die unterzeichneten Bevollmächtigten nach reiflicher Berathung e i n m ü t h i g gefunden, daß das einzige Mittel, den Neuenburgerkonflikt auf eine befriedigende Weise beilegen zu konnen, darin besteht, daß S. M. der König von Preußen , im Jnteresse Europas und in Berükfichtigung der , Ruhe und des Glükes des Landes Neuenburg, auf die Rechte verzichte, welche die Verträge ihm über dieses Fürstenthum und die Grasschaft Va^ langin ertheilen.

Die Bevollmächtigten haben daher beschlossen, den Bevollmächtigten P r e u ß e n s einzuladen, an der nächsten Sizung Theil zu nehmen, auch .ihm das Resultat der heutigen Berathung mitzutheilen.

Paris, den 5. März I857.

22.^ Protokoll der zweiten Konferenz.

Gegenwärtig:

die Bevollmächtigten von Oesterreieh, ., Frankreich, ., Großbritannien,^ ... Preußen , ... Rußland.

Das Protokoll der Sizung vom 5. März wird verlesen und davor^ eine Abschrift dem Bevollmächtigten Preußens gegeben.

^ ^ Der Bevollmächtigte von Preußen erklärt, daß er, seinen Jnstxuktione^ zufolge, seiner Regierung Bericht erstatten müsse.

Die Bevollmächtigten von Oesterreich , Frankreich , Großbritannien und Rußland sprechen die Hoffnung aus, der Bevollmächtigte von Preußeu werde ihnen bald von den Gesinnungen seiner Regierung Kenntniß zu geber.^ im Falle sein.

Paris, den 7. März 1857.

Protokoll der dritten Konferenz.

Gegenwärtig : ut ante.

Der Bevollmächtigte Preußens zeigt der Konferenz an, daß der König^ sein erhabener Herr, den Jnhalt des Protokolls vom 5. März reiflieh erwogen habe ; ex fezt ausführlich die in Folge dieser Erwägung vor^ Sx.^Majeßät gefaßten Entschließungen aus einander, und erklärt: daß der König (wie er, der Bevollmächtigte, es erwartete) im Pro^ tokoll vom 5. März die bestimmte Anerkennung der Rechte gefunden habe,.

die ihm durch die Verträge über das Fürstentum N e u e n b u r g und die Grasschaft V a l a u g i n zustehen; daß S. M. sich hierauf stüzt, um dax^ zuthun, daß, wenn Sie in Unterhandlungen über Jhre unbestrittenen Rechte einwilligt, Sie dadurch einen Beweis von Jhrer Selbstentsagung (ahnégation) gibt, und daß es dann aber Jhr zukommt, die Bedingungen für das Opfer zu stellen , welches Sie im europäischen Jnteresse zu bringe^ bereit ist;

daß der König nicht zugibt, die Ausübung Seiner Rechte über Neuen-

burg, das bald 1^ Jahrhundert lang unter dem Zepter seiner königlichen^

Fürsten wahrhaft glüklich war, sei unverträglich mit den Bedingungen,.

unter denen dieses Land der schweiz. Eidgenossenschaft einverleibt wurde ^ daß Se. Majestät in die Jhr von den vier Mächten vorgeschlagene Vereinbarung nur aus Rüksicht aus den Einmuth, womit der im Protokoll vom 5. März bezeichnete Beschluß gefaßt wurde, einzutreten bereit ist.

Der Preußische Bevollmächtigte theilt der Kommission die Bedingungen

mit, an deren strikte Erfülluug der König die Giltigkeit der Akte knüpft,

in welcher Se. Majestät eventuell sich bereit erklärt, auf Jhre Souverän^ tätsrechte .über das Fürstenthnm Neuenburg und die Grafschaft Valangiu zu verzichten.

^28 Die Bevollmächtigten von Oesterreich, Frankreich, Großbritannien und Rußland nehmen mit lebhafter Freude die Mittheilung auf, die ihnen ^om Preußischeu Bevollmächtigten über die Dispositionen S. M. des Königs .von Preußen , in Betreff der allfälligen Verzichtleistung auf die Jhm durch .Verträge über das Fürftenthnm Neuenburg und die Grafschaft Valangiu zustehenden Rechte gemacht worden find.

Was die Bedingungen anbetrifft, an welche diese Verzichtleistung geknüpft wird, so beschließen die vier Bevollmächtigten, bevor fie sieh darüber. aussprechen, daß dieselben dem Bevollmächtigten der Schweizerischen Eidgenossenschaft mitgetheilt werden , und daß an ihn die Einladung er^ehe, der nächsten Sizung beizuwohnen.

Paris, den 24. März 1857.

Protokoll der vierten

Konferenz.

Gegenwärtig: ut ante, ferner der schweizerische Bevollmächtigte.

Der Bevollmächtigte der Schweizerischen Eidgenossenschaft wird eingeführt; derselbe übergibt seine Vollmachten, die in gehöriger Form befunden werden.

Die Protokolle vom 5. , 7. u. 24. März werden ihm vorgelesen und ihm Abschriften davon zugestellt, sammt der Beilage zum lezten Protokol.l. (Bedingungen Preußens.)

Der Bevollmächtigte der Schweizerischen Eidgenossenschaft wünscht die erhaltenen Aktenstüke aufmerksam prüfen zu können, bevor er sich über deren

Jnhalt ausfpricht; in Folge dessen wird die Sizung aus den 28. März

vertagt.

Paris, den 25. März 1857.

Protokoll der fünften Konferenz.

Gegenwärtig: ut ante.

Der Schweizerische Bevollmächtigte theilt der Konferenz die Ansicht seiner Regierung über die Art. 1, 2,. 3, 4 und 5 der Beilage zum Pro^ tokoll Nr. 3, enthaltend die von S. M. dem König von Prenßen ge-

stellten Bedingungen, mit und entwikelt^ dieselbe.

^ Es entsteht eine Diskussion über diesen Gegenstand.

Die Bevollmächtigten von Oesterreich, Frankreich, Großbritannien und Rußland sind der Anficht, daß der Artikel 1 ganz einfach angenommen

werden könne. Ueber die Artikel 2, 3 u. 4 wird nichts De^ itives be^ hoffen.

^

229 Jn Betreff des Axt. 5 finden die Bevollmächtigten von Oesterreich, Frankreich , Großbritannien und Rußland , es sei , nach reiflicher Be^..athung und aus verschiedenen Gründen, der Schweiz anzurathen, siesolle den Grundsaz einer an S. M. den König von Preußen zu bezahlenden Entschädigung nicht verwerfen.

Die Berathung der übrigen Artikel wird auf die nächstfolgende

Sizung verschoben.

Paris, den 3l. März 1857.

. Protokoll der sechsten Konferenz.

Der Schweizerische Bevollmächtigte theilt die Ansicht seiner Regierung uber den 5., 6., 7., 8. u. 9. Artikel der Beilage zum dritten Protokoll ^der Konferenz mit.

Definitives ist nichts beschlossen worden.

Die Bevollmächtigten von Oesterreich, Frankreich, Großbritannien und Rußland drüken die Hoffnung aus , daß S. M. der König von Preußen aufheben möchte.......

Der Bevollmächtigte der Schweiz verlangt, daß das von ihm in der

lezten und heutigen Sizung vorgelesene Aktenstük, enthaltend die Anficht seiner Regierung über die Bedingungen Preußens ins Protokoll ausgekommen werde.

Dieses Aktenstük wird dem gegenwärtigen Protokoll als Beilage beigefügt.

Da der Preußische Bevollmächtigte nicht autorifirt ist, auf ModifiNationen einzutreten , so will er an seine Regierung berichten.

Der Schweizerische Bevollmächtigte glaubt, hinsichtlich einer im Pro-

tokoll Nr. 3 enthaltenen Bemerkung die Erklärung machen zu müssen, daß die Schweizerische Eidgenossenschaft, kraft ihrer Rechte, sich volle Freiheit vorbehält, die ihr gestellten Bedingungen anzunehmen oder zu verwerfen, oder auch Abänderungen daran von sich aus vorzuschlagen.

Von dieser Anschauungsweise ausgehend, hat der Schweizerische Bevollmächtigte seine Antwort auf die von Preußen gestellten Bedingungen xefümirt.

Paris, den 1. April 1857.

Protokoll der siebenten Konserenz.

Der Bevollmächtigte Frankreichs zeigt den Bevollmächtigten von Preußen und der Schweiz an , daß er seit der lezten Konferenzsiznng , in Gemeinschaft mit den Bevollmächtigten von Oesterreich , Großbritannien und Rußland, die Neuenburgerfrage reiflich geprüft habe und daß die viex

Bnndesblatt. Jahrg. ^. Bd. I.

24

2.^0 Bevollmächtigten, iu Würdigung der hohen Sorgsalt für die Angehörigen.

Nenenburgs, um derentwillen S. M. der König von Preußen Bedingungen gestellt hat, von deren Annahme ex die Verzichtleistung auf die Oberherxschaftsrechte , welche ihm durch Verträge über das Fürstentum Neuenburg und die Grafschaft Valaugiu zukommen, abhängig macht, und überdieß vom Wunsche beseelt, dieser edeln Sorgfalt ein Genüge zu leisten, haben geglaubt, einige Abänderungen vorschlagen zu sollen, wodurch eine baldige Ausgleichung ermöglicht werden könnte.

Die Bevollmächtigtem der oben genannten vier Mächte verlassen sich übrigens auf den loyalen ..

Geist der Schweizerischen Eidgenossenschaft und. zweifeln nicht, daß die Schweiz. Bundesregierung bei Ausführung ihrer .eingegangenen Verbindlichkeiten in versöhnlichem und billigem Sinne handeln und dadurch die wohlwollenden Absichten S. M. des Königs von Preußen in Beziehung auf

das künftige Glük der Neuenbnrger vollständig erfüllen werde.

Die Bevollmächtigten von Oesterreich, Frankreich, Großbritannien und Rußland haben gefunden , der Abschluß eines Vertrages sei der einfachst^ und zugleich normalste Modus, der angewendet werden könne. Sie haben daher nach reiflicher Bexathung einen Vertragsentwurf ausgearbeitet, der -uach ihrer Anficht - alle zur Erreichung des vorgesezten Zwekes wünschbaren Bedingungen in fich vereinigt.

Was die Beibehaltung des Titels eines F ü r s t e n von N e u e n b u r g und V a l a n g i n anbetrifft, so glaubten die Bevollmächtigten von Oesterreich, Frankreich, Großbritannien und Rußland (des Leztern Ansicht hierüber findet sich bereits im Protokoll der fünften Konferenz), davon in.

Vertrage selbst keine Erwähnung machen zu sollen; vielmehr schien ihnen rationeller , die Beipflichtung ihrer Höfe zu der kundgegebenen Absicht S. M. des Königs von Preußen in einem Schlußprotokolle, das zu gleicher Zeit unterzeichnet würde, wie der Vertrag selbst, zu konstatiren.

Dex Bevollmächtigte Preußens bringt in Erinnerung, daß er bereits die Ehre gehabt habe, der Konferenz mitzutheilen, er sei nach seinen Jnstruktionen n.cht ermächtigt, auf Modifikationen in den gestellten Bedin-

gungen (Protokoll Nr. 3) einzutreten. Deßhalb könne er lediglich an

seinen Hof referiren.

Der Bevollmächtigte der Schweizerischen Eidgenossenschaft kann sich auch nicht aussprechen über den Vorschlag der Bevollmächtigten von Oesterreich, Frankreich, Großbritannien und Rußland, und wird deßhalb die Weisungen seiner Regierung einholen.

Paris, den 20. April 1857.

Protokoll der achten Konferenz.

Dex Preußische Bevollmächtigte verlangt, daß im Protokoll die nachstehende Eröffnung, welche die Annahme des Vertragsprojektes, mit Weg...

lassung des Art. 6, der .^n der Entschädigung handelt, von Seite S. M.

des Königs von Preußen enthält, aufgenommen werde.

231 ,,Der Bevollmächtigte von Preußen thut kund, daß der König, sein .,,erhabener Herr, mit Befriedigung gesehen hat, wie die Konferenz die ..Gesinnungen Seiner hohen Sorgsalt für die Angehörigen Neuenburgs zu ..würdigen wisse, Gefühle, aus denen alle Bedingungen hergeflossen find, ,,denen S. Majestät die Verzichtleistung auf die durch Verträge Jhr zu..kommenden Rechte unterordnete. Ferner hat der König sich überzeugen ,,können, daß, wenn die Repräsentanten der vier Mächte geglaubt haben, ,,Seine ursprünglichen Bedingungen einigermaßen zu modifiziren, fie es ,,nur deßwegen thaten, um dieser großmüthigen Sorgfalt ein Genüge zu ..leisten, und in der Absicht, bald eine Vereinbarung zu Stande zu briu,,gen, die bei kontradiktorifchen Verfügungen schwierig gewesen wäre.

,,Endlich anerkennt der König das von den Repräsentanten dex vier ,,Mächte in die loyalen Gesinnungen und den Geist der Verträglichkeit und ..Billigkeit der fchweiz. Eidgenossenschaft gesezte Vertrauen, wonach fie an ,,der vollständigen Ausführung der wohlwollenden Absichten Sr. Majestät ,,für das zukünftige Glük Neuenburgs nicht zweifeln. Der König sezt den ,,größten Werth auf diese Enoneiation, die gerade wesentlich zu Seiner ,,definitiven Entschließung beitrug ; denn in Seinen Augen drükt fie dem ,,Vertrage seinen wahren Eharakter und seine wahre Tragweite auf, und ,,ihretwegen hofft Seine Majestät auch, daß die Stimulationen dieser Akte ,,einen Vollzug finden werden, welcher der uneigennüzigen Sorgsalt ent,,spricht. die allein den König bewegen konnte, die Gränzen seiner Zu,,geständnisse noch weiter auszudehnen.

,,Was den Titel eines F ü r s t e n von N e u e n b u r g und G r a f e u ,.von V a l a n g i n anbetrifft, den der König für sich, Seine Erben und ,,Nachfolger beibehalten will, so besteht Se. Majestät keineswegs darauf, ..daß aus diesem Gegenstande ein Vertragsartikel gemacht werde.

Da ,,übrigens die Repräsentanten der vier Mächte im Protokoll der fünften ,,Konserenz ihre Beistimmung zum Prinz.pe der Beibehaltung des Titels ,,erklärt ha.^en, so erachtet Se.ne Majestät es nicht für nothwendig, auf ,,diesen Punkt in einem neuen Protokolle zurük zu kommen.

,,Wenn der König eine Entschädigung von der Schweiz verlangte, so ,,wollte Er damit weit eher eine P r i n z i p i e n - als eine Geldfrage er,,heben. Der König hätte
den Betrag dieser Entschädigung doch nur dazu ,,angewendet, zu den vielen Wohlthaten, die das Land Neuenburg von ,,seinen Fürsten empfieng, neue noch hinzu zu fügen. Es genügte dem ,,König, daß der Grund saz von der Konferenz anerkennt wnrde, und ,,daher verzichtet Er auf jede Entschädigung.

,,Der König beabsichtigte, durch die Artikel 6 und 7 Seiner Be,,dingnngen die .Kirchengüter, die frommen Stiftungen ^e. gegen die Even,,tualitäten der Zukunft auf die wirksamste Weise sicher zu stellen. Seine ,,Majestät konnte die Einwendungen, welche die Schweiz gegen die, das

,,zukünftige Wohl Neuenburgs allein bezwekenden Artikel machte, nicht

,,erwarten. Seine Majestät, welche in den Artikeln 7 und 8 des Vertrags,,entwurses den gleichen Geist und die gleichen Gesinnungen wie in Jhreu

232 ..gestellten Bedingungen findet, muß bedauern, daß man die Garantien, ..welche Sie gefordert hatte, schwächen zu müssen glaubte. Sie wünscht ..dahex sehr, daß die Zukunft Jhre Befürchtungen nicht rechtfertigen möge.

..Die lediglich als Wunsch ausgedrükte 9. Bedingung hatte zum ..Z^k, für d^ Z^t.. ^oo N.^uburg fich selbst angehören würde, die ..Neuenburger zu exmahnen, sich eine neue Verfassung und dadurch bleibende .^Rechte zu geben, die Gemüther zu beruhigen, allen Groll zu entfernen, ..Alle zu gemeinsamer Anstrengung für das Wohl des Vaterlandes zu ver..einigen, und gegenseitige Erbitterung und Beschuldigungen zu verhüten.

..Die entschiedene Weigerung der Schweiz hat die Verwirklichung dieses

..Gedankens verhindert. Von allen Modifikationen an den ursprünglichen ..Bedingungen hat Seine Majestät dieses Abgehen am meisten bedauert.^ Nachdem der Preußische Gesandte die vorstehenden Explikationen abgegeben hatte, erklärte ex fich ermächtigt zur Unterzeichnung des von den Repräsentanten der vier Mächte vorgeschlagenen Vertrags, mit Ausnahme des wegfallenden sechsten Artikels. Er bemerkt, daß in einem Schlußaxtikel die Zeit für Auswechslung der Ratifikationen dieses Vertrages festgesezt und dieser Termin möglichst kurz bestimmt werden sollte.

Der Schweizerische Bevollmächtigte zeigte seinerseits der Konferenz an, daß er zur Unterzeichnung eines Vertrages nach dem vorerwähnten Wortlaute ermächtigt sei und verlangt, daß die nachstehende Erklärung zu Protokoll genommen werde.

..Wenn Seine Majestät der König von Preußen den Titel eines ..Fürsten von Neuenburg und Grafen von Valangin fortführen will, nach^ ..dem der Vertrag in Kraft getreten ist, so muß dabei wohl verstanden ..fein, daß er daraus in k e i n e m F a l l e irgend ein Recht gegenüber der ..Schweiz oder dem Kanton Neuenburg ableiten kann.^ Mit Rüksicht auf die Weglassung des Art. 6 im Vertrage erklärt fieh der Schweizerische Bevollmächtigte, nachdem er zur Annahme des von den vier Mächten ausgearbeiteten Vertragsentwurfes die Ermächtigung exhalten, unter Bezugnahme auf die von ihm angeführten Gründe, und iu Erwägung, daß durch die Weglassung des sechsten Artikels dieser Vertrag den von seiner Regierung ihm ertheilten und dem Protokoll der sechsten Sizung der Konferenz beigefügten Instruktionen näher gebracht wird, zur Unterzeichnung des Entwurses bereit, unter Vorbehalt jedoch der Ratifia kation durch die Bundesversammlung.

Der Schweizerische Bevollmächtigte macht die Bemerkung, daß im Texte des Art. 7 das Wort ,, S t a d t . ^ ausgelassen worden sei, indem das Testament des Barons von P u r ^ sage, er seze die Stadt und Bourgeoisie von Neuenburg zu Universalerben ein.

Da der Preußische Bevollmächtigte nicht ermächtigt ist, eine ...lbän...

derung am Wortlaute des dem Protokoll Nr. 5 beigefügten Vertragsentwurss zuzugeben, so beschließt die Konserenz Umgangnahme vom gestellten Amendement, weil die Bevollmächtigten von Oesterreich, Frankreich, Großbxitannien und Rußland die Bemerkung machten, der Text des siebente....

.^33 Artikels im Vertrage k.^nne in keinem Falle einen den Absichten des Douators widerstreitenden Sinn impliziren.

Die Bevollmächtigten von Oesterreich, Frankreich, Großbritannien und Rußland anerkennen hoch und laut (hautement) den neuen Beweis von versöhnlichem Sinne (conciliation) und großmüthiger Entsagung (abnégation) von Seite des Königs von Preußen, iudem Seine Majestät die Gränze Jhrex Zugeständnisse erweitert und aus jegliche Entschädigung Verzicht leistet. .Sie zweiseln keineswegs, es werde die Schweizerische Eidgenossenschaft hierin einen neuen Grund finden, die wohlwollenden Abfichteu S. M. des Königs von Preußen gegen die Neuenburger gewissenhaft zu realifiren.

Die unterzeichneten Bevollmächtigten schreiten hierauf zur Untexzeichuung des Vertrags.

Paris, den 26. Mai 1857.

Es haben unterzeichnet . ^ubuer.

^alen..^.

^ou.le.).

^at..teldt.

^ ^ .

..^eru.

B.

....^i.ehungeu ...u deu auswärtigen Staaten.

,)m .^l^^inen.

Die Beziehungen der Eidgenossenschaft zu den auswärtigen Staaten.

blieben ungeachtet der Komplikationen der Neuenburgerfrage auf vorzüglich gutem Fuße. Die besondern Umstände der ersten Hälfte des Jahres habeu unsere freundschaftlichen Verhältnisse mit den uns mittelbar oder nnmittelbar umgebenden Staaten in keiner Weise geändert; die Korrespondenzen, die gegenseitigen Mittheilungen, die sich oft ergebenden Reklamationen haben nichts Ausnahmsweise dargeboten, und es sind viele diefer Geschäste von keinem allgemeinen Jnteresse.

Diejenigen, welche speziell erwähnt zu werden verdienen, lassen wir hier folgen.

.)m .^....son^n.

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Der Geschäftsverkehr mit Oesterreich hat sich, gegenüber früheru Jahren, nicht vermindert.

Die Fälle von G r ä n z v e r l e z u n g längs dem Kanton Tesfin, ..welche bisher ziemlich häufig vorkamen und von Gränzwächtern oder Zoll-

^

234

beamten, die auf der Verfolgung von Schmugglern begriffen waren^ her.^ riihrten, hatte im Jahr 1856 den Bundesrath zu einer a l l g e m e i n e n Reklamation veranlaßt. Wir können nun mit Befriedigung sagen, daß solche Fälle seltener geworden sind. Jm Jahr 1857 haben wir bloß z w e i neue Reklamationen dieser Art, und zwar unwichtige Fälle betreffend, an die österreichische Administration zu richten gehabt, welch^ leztere dann sofort Untersuchungen anordnete. Einige frühere Fälle sind ebenfalls auf angemessene Weise in Ordnung gebracht worden.

Kollegium Borromäum.

Der Bundesrath hat nicht ermangelt, schon im Jahr 1856 dem schweizerischen Geschäftsträger in Wien Jnstruktionen für Eröffnungen an die kaiserliche Regierung im Sinne des Beschlusses der Bundesversammlung vom 25. Juli 1856 zu ertheiien, durch welchen der Bundesrath eingeladen wurde , die Ansprüche d..r beim Kollegium Borromäum interessirten Kantone zum Zweke einer A u s l ö s u n g der bestehenden Rechte, soweit an ihm, zu untersten.

Beinahe gleichzeitig mit dem Beschlusse vom 25. Juli batte jedoch die kaiserliche Regierung Verfügungen getroffen , damit beim Beginne des Schuljahres 1856-57 die Aufnahme von 24 schweizerischen Zöglingen im Seminar zu Mailand ohne Hinderniß in der vor 1848 üblichen Weise stattfinden könne. Die Mehrzahl der betheiligten Kantone meldeten nun dem Bundesrathe, daß sie demzufolge keinen Grund mehr hätten, auf ihren Forderungen zu bestehen, nachdem ihrem Begehren in der Hauptsache entsprochen worden fei.

Endlieh berichtete auch der schweizerische Gefchäststräger in Wien uber den Erfolg seiner ersten Schritte. Er vernahm auf dem Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten , daß d^e österreichische Regiernng nicht wol geneigt sei , ans den Vorschlag einer Ablösung einzugehen, und mau zeigte sich selbst erstaunt darüber, daß die Bundesbehörde auf eine Sache, nämlich die Wiedereröffnung des Seminars, zurükkomme, für die sie mehrere Jahre nachdrüklich sich verwendet und die sie nun erlangt habe.

Was die Kantone betrifft , so machten die meisten von der ihnen.

wieder zugestandenen Befugniß Gebrauch, und sandten ihre Schüler nach Mailand. Bei dieser Sachlage glaubte der Bundesrath , die Schritte ^ zum Zweke einer Ablösung für einstweilen nicht fortseien zu sollen, und ließ auch dem schweizerischen Geschäftsträger
in Wien Weisungen in diesem Sinne zugehen.

^. ..^it ^.nerei...^.

Aus unfern zahlreichen Beziehungen zu Frankreich heben wir die sol^ genden hervor: Während der Unterhandlungen über die Neuenbnrgerfrage wandte sich die Aufmerksamkeit ziemlich allgemein diesem Kantone zu. Eine gewisse.

Gährung, Folge der vorausgegangenen Begebenheiten und der Erwartung

2^ .künftiger Ereignisse, hat dort eine Zeit lang geherrscht. Wenn a^er die französische Regierung geglaubt hat, uns zu jener Zeit auf demagogische Umtriebe aufmerksam machen zu sollen , welche angeblich von den Haupt..

orten an der ueuenburgischen Gränze ausgingen und gegen die jezige Re^gierungsform Frankreichs gerichtet waren (unter Anderm handelte es fich auch um eine in M o x t e a u angeschlagene und Neuenburgern zugeschriebene Schmähschrift), so konnte diese Beschuldigung nur auf unrichtigen Angaben, ^dex auf den Berichten einiger aus dem Kanton entfernter Parteigänger beruhen. Wix^ haben sowol in dieser Hinficht, als auch in Bezug auf die Vorgänge im Kanton Neuenburg im Allgemeinen, wo die Regierung strenge Wachsamkeit handhabte und gegen jede, unsern völkerrechtlichen Pflichten zuwiderlaufende Kundgebung oder Handlung eingeschritten wäre, die Jrr-

.thümer berichtigt.

Wir haben über. diesen Gegenstand mit der Regierung von Neuenburg öfters korrespondirt. Wir hatten sie beauftragt,^ eine Untersuchung einzuleiten über.. jene Beschuldigungen , so wie iibex die Beschwerden wegeu Herausforderungen und Mißhandlungen, welche Franzosen aus schweizerischem Gebiete von Seite neuenburgischer Bürger sowol, als selbst von Seite der Gendarmerie erlitten haben sollten. Die gemachten Erhebungen haben die Grundlosigkeit dieser Beschwerden bewiesen , und wir ermangelten nicht , durch das Mittel unfers Vertreters in Paris die erforderlichen Mittheilungen zu machen, um die Regierung und die Gränzbevölkerung gegen .Beschuldigungen zu rechtfertigen, deren Quelle der Parteigeist gewesen und die man in der absieht, auf die Lösung der schwebenden Fragen einzuwirken, geltend gemacht hatte.

Es ist klar, daß die Anwesenheit einer großen Zahl von neuenburgischen Royalisten an der sranzösischen Gränze damals eine Ursache dex Ausregung für die Gränzbevölkerung war und daß hieraus Reibungen und

selbst Streitigkeiten entstehen konnten. Die Zahl dieser Flüchtlinge ist

zeitweise ans mehrere Hunderte gestiegen, und auf kurze Zeit hatte sich selbst ^das Gerücht von einem Aufstande verbreitet. Jedenfalls hinderte dieser außerordentliche Zustand die Wiederkehr der Ruhe und konnte bedauer.

liche Auftritte herbeiführen. Auf den Wunsch der Regierung von Neuenburg haben wir bei Frankreich das Begehren gestellt, diesem Stand der Dinge ein Ende zu machen , sei es durch Jnternirung jener Leute , sei es ^urch die Anordnung irgend welcher Vorkehren, die geeignet wären, dem Verkehr auf der Gränze die durch das Jnteresse beider Länder gebotene Sicherheit und Ordnung wieder zu geben. Die französische Regierung machte uns zuerst die Anzeige , daß sie die Jnternirung anordnen werde ; später^ hin gab sie uns die Zusicherung , daß sie den Behörden der angränzenden Departement angemessene Weisungen zur Verhinderung von agresfiven Demonstrationen von Seite der neuenburgischen Flüchtlinge ertheilt habe und daß Maßnahmen getroffen worden seien , damit keine Störung der öffentlichen

Ordnung stattfinden könne. Die Entwiklung und sodann die Lösung dex

^Neuenburgerfrage machten diesem Zwischenfall natürlich ein Ende.

236 Später machte uns die französische Gesandtschaft die Mittheilung..

^.aß in den Monaten Juli und August, so wie im Laufe des Herbstes,.

eine Menge italienischer Flüchtlinge in Genf angelangt sei , die eine seste Körperschaft bildeten, in Sektionen getheilt feien und mit andern ähu^ lichen Gesellschaften im Auslande Verbindungen unterhielten.

Wix gaben der Regierung von Genf von diesen Thatfachen Kenntniß,.

mit dex Einladung, eine genaue Untersuchung anzuordnen, durch die wir in den Stand gesezt würden , Maßregeln zu ergreifen oder allfällige Unrich^ tigkeiten jener Behauptungen zu widerlegen. Jm Dezember haben wir von Genf einen ersten Bericht erhalten, den wir unserm Minister in Paris.

mittheilten. Der weitere Verlauf dieser Angelegenheit fällt in das Jahr 1858.

Hemmung d e r A u s f u h r v o n Holz und Feld f r u c h t e n nach Frankreich.

Auf das Begehren^ französischer Eigentümer hat die französische Ge^ sandtschaft Beschwerde gegen Hindernisse erhoben, welche im Kanton Neuen^ burg durch alte Verordnungen der freien Benuzung der, Franzosen angehörenden Waldungen auf Neuenburgergebiet, so wie der freien Ausfuhr der Gewächse und Erzeugnisse ihrer an der Gränze liegenden Güter entgegen gefezt würden. Der Bundesrath hat die erforderlichen Aufschlüsse über die neuenburgische Gesezgebung ertheilt und nachgewiesen , daß fie weder mit den Bestimmung^ der Bundesverfassung, noch mit dem Zollgesez und Taxis vom 27. August 1851 , noch mit dem Art. 7 de^ Vertrages vom 18. Juli 1828 im Widerspruch stehe. Ueberdieß ergriff er unter Bezugnahme auf frühere Eröffnungen diesen Anlaß , um zu bemerken , daß nach seiner Ansicht das sicherste Mittel , allen solchen.

Beschwerden vorzubeugen, darin liege, dem Artikel 8 des Vertrages vom

18. Juli 1828, betreffend den Abschluß einer Uebereinkunst zwischen dex

Schweiz und Frankreich , durch welche die Benuzungsweise der Gränz^ waldungen bestimmt würde, Folge zu geben. Dieser, dex französischen Verwaltung übrigens schon früher zur Beachtung empfohlene Gegenstand

ist zur Zeit noch uicht erledigt.

... ......tit ^.^nien.

Pe nsionen.

Diese Angelegenheit ist im verflossenen Jahre ihrer völligen Erledigung wieder einen Sehritt näher gerükt. Dank dem Eiser und der Thätigkeit unse^.s Konsulats in B a r z e l o n a und des betreffenden Bevollmächtigten, Herrn Oberstlieutenant K r u t t e r , so wie des Herrn Gimenez in Madrid, ^em Herr Krutter im Februar 1857, da er selbst wieder in aktiven Dienst trat, mit Ermächtigung des Bundesrathes und der betheiligten Kantone seine Vollmachten übertrug. Ende Oktober^ übersandte uns Herr Gimeue^ durch das Mittel des ^schweizerischen Konsulats in Barzelona die Abrechnung ^iber die Peusionsanspxachen aus dex Periode von I835--1849, welche na.^

237^ Abzug der bezüglichen Kosten und Provisionen eine Gefammtsumme vo^

111,611 Realen 20 Eent. - Fr. 29,081. 70 ausmachten ^). Der Erlö.^

aus den uns eingesendeten Wechseln wurde unterm 6. November den betreffenden Kantonsregierungen zuhanden der Berechtigten übermittelt, und es findet sich somit auch diese Periode der spanischen Pensionsangelegenheit^ erledigt, mit Ausuahme einer einzigen Ansprache, deren Liquidation wegen.

Mangelhaftigkeit der Schriften verzögext wurde , nächstens aber zu erwarten ist.

Es bleibt nun nur noch die erste Periode, vor 1828, zu behandeln.

Ungeachtet der fortwahrenden Bemühuugen des schweizerischen Konsulat^ sowol , als des Herrn Kruttex darf eine baldige Beendigung der Liquidation dieser Epoche wol kaum erwartet werden, da die Zeit, aus welchem diese Ansprüche herrühxen, eine lange Reihe von Jahren politischer Erschütternngen und andauernder Kriege in sich begreift, während welcher eine^ Menge wichtiger, den Gegenstand beschlagender Urkunden abhanden ge^ kommen, oder mit den Regimentskassen verschwunden sind, so daß, um fie^ wieder herbeizuschaffen, die Archive der Provinzen, in denen die betreffenden Regimenter stationirten, durchsucht werden müßten. Um die^ Mit-.

wirkung der spanischen Behörden zu diesem Zweke zu erlangen, hat sich.

auch der Generalbevollmächtigte, Herr Krutter, an die Königin gewendet.

Der dießsällige Entscheid ist uns jedoch noch nicht bekannt.

^. ..^i.t den nt.rigen Staaten.

Unsere Beziehungen zu den Staaten, deren wir nicht besonder^ erwähnten, sowol zu denen, welche bei der Schweiz akkreditirte Vertreter haben , ^als zu denen , die keine haben , haben in bisheriger Weisen sortbestanden. Sie trugen stetsfort den Eharakter gegenseitiger Achtung und eines Entgegenkommens, das wir mit Befriedigung hier konstatiren.^

Wir erstatten im Nachstehendem Bericht über einige Gegenstände, die ihrer Beschaffenheit nach zusammengefaßt werden müssen, oder welche einer

weitläufigen Darstellung bedürfen..

C.

Vereinbarungen mit verschiedeneu Staaten ^.

^. Baden.

Der Vertrag zwischen der schweiz. Eidgenossenschaft und dem Groß.^ ^herzogthum Baden, betreffend die gegenseitigen Bedingungen über Freizügigkeit, Aufhebung des Epavenrechts und weitere nachbarliche Verhältnisse.

vom 6. Dezember 1856, hat am 7. Angust 1857 die Ratifikation de^ Schweiz^ und am 10. August gleichen Jahres diejenige Badens erhalten^ Die Ratifikationen find am 27. August in Bern ausgewechselt worden.

^) S. Bnndesblatt v. J. 1857, Band II, Seite 48.^

^38 11^. Bedien.

Unter Hinweisung darauf, daß in einigen Kantonen die Niederlassung ^..ou Belgiern Schwierigkeiten unterliegt, während die Schweizer in Bel^gien , mit Ausnahme der politischen Rechte , die gleichen Vortheile wie die Einheimischen genießen , machte uns die Belgische Gesandtschaft den Vor.^ Schlag, einen Niederlassungsvertrag, der den mit Frankreich, Sardiniens.

bestehenden entsprechen würde, abzuschließen. Wir haben uns möglichst genaue Aufschlüsse über die Zahl der in Belgien befindlichen Schweizer, ^bex die Pflichten und Rechte , welche daselbst mit der Niederlassung verbunden find, so wie über die zwischen beiden Ländern bestehenden HandelsBeziehungen verschafft. Bei unsern Berathungen find wir von der Ansicht ausgegangen, daß es für die Schweiz jedenfalls vorteilhaft ist, die ^Staaten zweiten Ranges, besonders diejenigen, welche, wie sie selbst, eine freisinnige Richtung verfolgen , und deren Bevölkerung großentheils dem .Handet und den Gewerben fich widmet, durch die Bande der Sympathie und gemeinsamer Jnteressen an fich zu knüpfen. Die Verträge über gegen-.

Zeitig.. Niederlassung, welche eine Annäherung und Verschmelzung der Bürger verschiedener Länder zur Folge haben , find gewiß das beste Mittel, zwischen Staaten die Bande der Freundschaft fester zu schließen und die freundschaftlichen Beziehungen zu vermehren ; um diesen Zwek aber zu er.reichen , muß mit diesen Verträgen noch ein weiterer Faktor sich verbinden, nämlich Bestimmungen , die geeignet sind , die Jndustrie und den Handel ^er beiden Länder zu begünstigen und den Verkehr zu vermehren , Bestimmungen, die nicht uur einer kleinen Anzahl von Bürgern, z. B. denen, ^welche von der Niederlassungsbesugniß Gebrauch machen , sondern der Be.völkerung im Allgemeinen Nuzen bringen. Dieß ist der^ Eharakter der Handelsverträge.

Was wir so eben gesagt haben , findet ganz besonders auf zwei Staaten, wie die S c h w e i z und Belgien, Anwendung. Der uns gemachte Vorschlag aber befchlägt nur die Niederlassung; denn er verlangt, daß ^en Belgiern in der Schweiz der Genuß der nämlichen Begünstigungen zugestanden werde, welche Belgien den Schweizern .gewährt. ^ Wir könnten Hierauf entgegnen , daß, wenn die belgische Gesezgebung den Schweizern ^Bortheile in Bezug auf die Niederlassung bietet, dieß für uns keine befondere Begünstigung ist, da sie im gemeinen Rechte des Landes liegt.

.Zudem bietet die Schweiz Belgien durch ihr gemäßigtes Zollsystem eben-

^alls Vortheile, während dieser Staat gerade die Produkte mit hohen Zöllen Belastet, welche für die Schweiz von großer Wichtigkeit sind. und während sie zu Gunsten anderer Länder für die gleichen Erzeugnisse Differentialzölle gestattet. Die von der Schweiz seit der neuen Verfassung mit andern Staaten abgeschlossenen Niederlassnngsverträge hatten auch stets die Han^elsbeziehungen der Eidgenossenschaft zu diefen Ländern mit zun. Gegen^ Stande. So hat Sardinien Erleichterungen für den Gränzverkehr neben ^..er Ermäßigung verschiedener Zollansäze zugestanden; so behandeln Eng-

^

^

2^

.laud und die V e r e i n i g t e n S t a a t e n hinsichtlich der Zölle die Schweig gleich wie die am meisten begünstigten Nationen. Dieß ist der Grund, warum der Bundesrath Belgien erklärt hat, daß, sofern lezteres sich geneigt zeige, in der so eben angedeuteten Weise vorzugehen und einen auf gegenseitigen und wirklichen Zugeständnissen beruhenden Vertrag zu unterhandeln, er seinerseits es sich werde angelegen sein lassen , hiezu Hand zu bieten , und zwar um so mehr, als es sich hier um einen Staat handelt, der mit der schweizerischen Eidgenossenfchaft in mehr als einer Hinsicht Aehnlichkeit hat, und für den unser Land lebhaste und ausrichtige Sympathie hegt. Daher h^t der .Bundesrath, in der Hoffnung, daß diese Wünsche srüher oder später i...

Erfüllung kommen werden, nicht geglaubt , aus den Antrag einer Uebereiukunft eingehen zu sollen, die nur die Niederlassung zum Gegenstande habeu würde.

.e. ^.ranereich.

Die französische Gesandtschaft hat im Namen ihrer Regierung den Wunsch ausgesprochen , daß das literarische und künstlerische Ei.genthnm durch einen Vertrag zwischen der Schweiz und Frankreich anerkannt und

gewährleistet werde. Sie hat uns gleichzeitig einen bezüglichen Entwurf

zugestellt, welchen wir den Kantonen mitgetheilt haben. Obw^l dieser Gegenstand zunächst nur diejenigen angehen konnte, welche dem dießfälligeu Konkordate beigetreten find, so haben wir uns doch an sämmtliche Kantonsregierungen gewendet, in der Meinung, daß die eine oder andere dadurch veranlaßt werdeu könnte, dem Konkordate vom 3. Dezember 1856, wenn sie demselben fremd geblieben, sich anzuschließen. Wir haben die .h. Stände eingeladen, uns wissen zu lassen, ob sie es für thunlich erachteten , diesen Eröffnungen Folge zu geben und Unterhandlungen aus Grund der gemachten Vorschläge, unter Vorbehalt der Ratifikation, einleiten zu lassen. Wir haben sie auch ersucht, uns die Bemerkungen mitzutheilen, welche sie im Falle wären, hinsichtlich der^Bestimmungen des Entwurfes, vorzubringen.

Nur wenige Kantone haben indessen noch im Laufe des Jahres 1857 geantwortet.

a. ^ersIen.

Der perfifche Gesandte in Paris hat unferm bevollmächtigten Minifier daselbst Eröffnungen gemacht, die aus die Unterhandlung eines Vertrages, ähnlich denjenigen, welche Persien jüngst mit verschiedenen Staaten abgeschlossen hat, abzielten. Wir haben unfern Minister ermächtigt, in Unterhandlung zu treten, wobei wir ihm als allgemeine Jnstruktion die Weifung ertheilten, für die Schweiz die nämlichen Vortheile zu beansprachen, welche die am meisten begünstigten Nationen besizen, und wenu

^abei die Niederlassung in Frage käme , den einschlägigen Artikel der

Bundesverfassung nicht außer .^lcht zu .lassen. Unser Minister trat mit ^em perfifchen Gefandten in Beziehung, und das Ergebniß ihrer UnterBedungen war ein Entwurf, welcher unter Anderm im ^dritten Artikel be-

.240 stimmte, daß die Angehörigen des einen der beiden Staaten, welche au^ dem Gebiete des andern sich aufhalten, in Allem gleich wie die Ange.hörigen der am meisten begünstigten Nationen behandelt werden sollen.

Nachdem einige später von uns gemachte Bemerkungen Berechtigung gefunden , wurde der Vertrag am 4. September durch die Bevollmächtigter^ der beiden Staaten unterzeichnet.

Dessen ungeachtet haben wir ihn aus dem Grunde Jhnen nicht zu..^ Genehmigung vorgelegt, weil wir eine offizielle Erläuterung von Seite des.

persischen Gesandten erwirken wollten , um die volle Ueberzeugung zu ge..

winnen, die Bestimmung des Artikels 3 fei hinsichtlich der Niederlassung beiderseits genau in dem Sinne aufgefaßt worden , welchen sie gemäß de.^ Bundesverfassung haben kann , und um versichert zu sein , daß man nicht früher oder später dem Vertrage eine Auslegung geben werde , welche die Schweiz nicht zugestehen könnte. Demgemäß beauftragten wir unfern neuen Minister in Paris, Fern k- Khan den Standpunkt unsers öffentlichen Rechtem klar zu. machen, indem nämlich gemäß der Bundesverfassung die nichtchristlichen Perser kein Recht auf die Niederlassung haben können , di.^ Kantone aber dessen ungeachtet befugt sind , ihnen die Niederlassung zu gestatten. Fürten Fall, daß der persische Gesandte erklärte, diese beschränkende Bestimmung unserer Verfassung fei in seinen Augen keiu Grund, den Vertrag selbst in Frage zustellen, waren wir bereit , diesen.

den Räthen znr Genehmigung zu unterbreiten.

Der persische Gesandte verstand sich jedoch nicht dazu, eine solche Erklärung abzugeben , und aus der Art und Weife , wie er sich gegen^ unfern Minister ausgesprochen hat, erhellte, daß er den Art. 3 des Vertrages als aus a l l e Perser ohne Ansehen der Religion anwendbar aufge^ ^ saßt hatte. Aus diesen Aufschlüssen konnte sich der Bundesrath über^ zeugen, daß ungeachtet der von ihm ertheilten Jnstruktionen hier ei^ Mißverständniß Plaz gegriffen hatte. . Er verzichtete daher, den Vertrag, so wie er war, den Räthen zur Genehmigung vorzulegen, mit dem Vorbehalt jedoch, wenn möglich den Abschluß einer Uebereinkunft anzustreben , welche nur die übrigen Punkte , mit Weglassung der Bestimmung über di^ Niederlassung, umfassen würde.

..e. .^erein.......rnngen nt.it Baden, Bauern, .^r^rei.^.. Sardinien nn.^ Wurtten...^...^ ,
^etrefsen.:.. den .t.ire^ten ..^er^r in ^eri^tss^en Der Bundesrath hat mit mehreren Staaten Vereinbarungen getroffen zum Zweke der Vereinfachung des Verfahrens bei Uebermittlung gericht..

licher Aktenstüke. Sämmtliehe Kantone haben der Einführung des neuen Versahrens ihre Zustimmung ertheilt und überdieß den Bundesrath im Allgemeinen ermächtigt, sich zum nämlichen Zweke mit andern Staaten^ welche dazu geneigt wären, zu verständigen. Einige Kantone haben sich^ vorbehalten, daß die auswärtigen Gerichte au eine Zentralbehörde, ^z. B.

^n das Obergericht des Kantons , an die Justizdirektion oder an die Re.^

241 ^ierung fich wenden sollen. Uebrigens ist sachbezüglich zu bemexken , daß ^as neue Versahren nur in solchen Fällen Anwendung findet, wo dex diplomatische Weg nicht durch Verträge^ vorgeschrieben ist. Zudem sind ^iese Vereinbarungen nur ein Modus vivendi, über den man sich im Korrespondenzwege verständigt hat , und von dem die Parteien mittelst vor.gängiger Kenntnißgabe zu jeder Zeit zurüktreten können.

. Folgende Vereinbarungen über den direkten Verkehr zwischen den Ge^ichtsbehörden find im Jahre 18.57 abgeschlossen worden .

mit B a d e n , in Kraft getreten auf den 1. November 1857 .

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Württemberg, ,,

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1. Januar

Oktober

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Die s a x d i n i s c h e R e g i e r u n g , obgleich von den Vortheilen .iber.zeugt, welche der direkte Verkehr gewährt, hat jedoch gefunden, ihn bei ^..em gegenwärtigen Stande ihrer Gesezgebung nicht gestatten zu können.

Jndessen ist fie der Ansicht , daß bei Anlaß der Revision des Gesezes über das Gerichtsverfahren Abänderungen getroffen werden können, welche ihr erlauben werden, für den gerichtlichen Verkehr mit allen Staaten eiu gleichmäßiges Verfahren festzustellen.

Die f r a n z ö s i s c h e R e g i e r u n g hat sich genügt erklärt, fich zur Annahme einer Maßregel zu verstehen, welche geeignet wäre, die Wirkung der Rechtspflege in den zwei Ländern zu föxderu; allein im Jntexesse der Unabhängigkeit der Gerichte hat sie gewisse Beschränkungen vorgeschlagen, die noch den Gegenstand weiterer Verhandlungen zwischen beiden Staaten bilden.

Ein gegenseitiger Modus vivendi ist auch zwischen O e s t e r r e ich und m e h r e r e n K a n t o n e n hinsichtlich der Verpflegungs- und Unterhaltung^ kosten für arme Angehörige des einen Landes, welche in dem andern exkranken, vereinbart worden. Einige Kantone haben sich für die Vergütung der Kosten , andere für den unentgeltlichen Unterhalt ausgespxochen.

Die Gesandtschaft von B ad en hat uns die unentgeltiche gegenseitige

Mittheilung der Todscheine über schweizerische und badische Angehörige

vorgeschlagen. Wir haben diese Mittheilung zur Kenntniß der Kantone gebracht, und bei denjenigen, von welchen bis Ende 1857 Antworten eingegangen find , lauteten dieselben in einem dem Vorschlage günstigen Sinne.

Die Regierung von B a y e r n hat Schritte gethan , um im Wege des Gegenxechts die Aufhebung der Militärsteuer zu erwirken, welche in.

einigen Kantonen von den bayerischen Unterthanen erhoben werden. Die bayerische Gesandtschaft machte offiziell die Anzeige, daß in Bauern kein Ausländer zum Militärdienste oder zu einer bezüglichen Ersazsteuex verhalten werde. Diese Eröffnungen find den Kantonen mitgetheilt worden , es hatten sich indessen hierüber bis Ende des Geschäftsjahrs noch nicht a.le: ausgesprochen.

242 l).

.Trennung de^ ^antou^ .^es^n und der ^ranbnndneri.^hen .^e-

rneiudeu .^uschlav uud .^ru^.o von den lombardieren ...^thiimern.

. Der Geschäftsbericht vom vorigen Jahre enthält eine Darstellung der Verhandlungen, welche seit der Mediationsakte bis auf unsere Zeit statt.gesunden haben. Er gibt die vom Bundesrathe an den Vertreter des heil. Stuhles unterm 19. März 1856 gerichtete Note wieder. Diese Note zeigt, in welcher Weise der Bundesrath beabsichtigte, die Unterhand-

lungen einzuleiten. Der Geschäftsbericht für l 856 enthält auch die Antwort des päpstlichen Geschäftsträgers vom 11. Juli 1856 mit den Bedingungen, von welchen der römische Hof die Eröffnung der Unterhandlnngeu abhängig zu machen gedachte.

Folgende find nun die wichtigsten, im Jahr 1857 stattgehabten That-

fachen.

Nachdem der Bundesrath im Lause des Monats April erfahren hatte, daß die Konferenz der lombardischeu Bischöse über die Vorschläge für die Wiederbeseznng des bischöflichen Stuhles zu E o m o sich geeinigt und dieselben nach Wien behufs der Ernennung gesendet habe, verlangte er mittels einer Note vom 15. April die Vertagung der Wahl bis zum Schlusse der Unterhandlungen und für den Fall, daß die Wahl dennoch stattfinden sollte, wünschte er, daß die Trennung den Gegenstand eines ausdrüklichen Vorbehalts in der Ernennungsbulle bilde. Jn sofern dieser Vorbehalt nicht aufgenommen würde, verwahrte sich der Bundesrath im Voraus gegen alle Folgen, welche man etwa aus der Ernennung hinsichtlich der siebenden Frage ableiten möchte. Jn seiner Antwort vom 24. April nahm der Geschäftsträger des heil. Stuhles aus diesem ^Begehren Veranlassung, um auf einige der in seiner frühern Note gemachten Bemerkungen zurükzukommen und schloß mit der Versicherung, daß er in der Depesche, welche er an den heil. Stuhl richte^ ,,dem gegen ihn geäußerten Wunsche eut^sprechen, d. h. für den Fall, daß die Ernennung des Bischof^ von Eomo ..nach Rom gelangt wäre, den heil. Stuhl dringend ersuchen werde, die ^Ausfertigung der apostolischen Bullen um einige Zeit zu verschieben, oder ..wenigstens den gewünschten Vorbehalt darin aufzunehmen.^ Die Ernennung des neuen Bischofs von Eomo wurde für die Dauer des abgewichenen Jahren aufgeschoben.

Da der vorjährige Bericht die N...te des päpstlichen Geschäftsträgers vom 11. Juli 1.^.56 wörtlich gegeben hat, und diese Note, so wie

diejenige vom 24 April , gegen eine Kantonsregierung Beschuldigungen enthielt, welche theilweise in die Oessentlichkeit gelangt sind, so glauben wir nicht unterlassen zu dürfen , auch die wichtigeren Stellen unserer Antwort an den römischen Hof vom 7. Juli hier anzuführen.

,,Der Bundesrath hat von der Erklärung Vormerkung genommen,

..welche der Herr Geschäftsträger des heil. Stuhles hinsichtlich der in

..seiner Note vom 15. April gestellten Begehren abgegeben hat, und ex

..zweifelt nicht, daß de... heil. Stuhl dieselben in gebührender Weise be-.

24^.

,,rülsichtigen werde. Allein er kann diese Gelegenheit nicht vorbei gehe.^ ..lassen, ohne sein Bedauern über die Anklagen aufzusprechen, welche sowol.

,,in der Note vom 24. April 1857, als in derjenigen vom 11. Juli

.,1856 gegen die Regierung eines schweizerischen Kantons ausgesprochen ,,sich finden. Welches auch die Ansieht sein möge , die man über das.

,,tessinische Kirchengesez hegt, der Bundesrath kann immer nicht zngeben.

,,daß aus demselben gefolgert werde, die Regierung dieses Kantons be,,günstige die Unordnung in Kirchensachen und erfülle ihre Pflichten^ gegen ,,die Religion und das Volk nicht. Der Bundesrath kann nicht zugeben, ,,daß man die Absichten ^der Regierung eines Kantons, während eine fried,,liche Unterhandlung waltet , in Ausdxüken anklage , welche mit Ver,,handlungen zwischen Mächten, die sich achten und die einer für sie wich,,tigen Frage eine befriedigende Lösung zu geben suchen , nicht verein,,bar sind.

,,Was sodann die Bedingungen insbesondere betrifft, deren Erfüllung ,,der heil. Stuhl verlangt, bevor er in Unterhandlungen fich einlasse, so ,,erlaubt sich der Bundesrath folgende Bemerkungen vorzubringen; ,,Die wichtigste dieser Bedingungen ist, daß der Kanton Tessin die ,,Vollziehung seiner kirchlichen Geseze, so wie die Folgen suspendire, welche ,,aus denselben sowol sür die Geistlichen, die fich ihnen unterzogen haben,.

,,als für diejenigen, die sich weigerten, fich^ ihnen zu unterwerfen, her,,fließen.

,,Die Regierung des Kantons Tessin, welcher die Antwort des Herru ,,Geschäftsträgers des heil. Stuhles vom Bundesrathe mitgetheilt worden ist, ,,hat erklärt, es sei ihr unmöglich, einer solchen Forderung zu entsprechen, ,,in welcher sie etwas ganz anderes erblike, als die Geneigtheit, fich einer ,,für die Kirche so gut, als für den Staat nüzlichen Aenderung günstig.

,,zu bezeigen. Jn der That^kann man sich mcht verhehlen, daß ein solches^ ,,Begehren, dessen Verwirklichung äußerst fchwi.ria, um nicht zu sagen ,,unmöglich wäre, uicht geeignet ist, d.e mit einer Verhandlung von solcher

,,Wichtigkeit selbstverständlich verbundenen Schwierigkeiten zu heben. Es

,,kann dem Herrn Geschäftsträger des heil. Stuhles eben so wenig ent,,gehen, daß von einem unabhängigen Staate verlange.., er solle, bevor ,,man sich auf Unterhandlungen mit ihm einlasse, die Vollziehung eines ,,in gesezlicher Weife berathenen und dur.... die große Mehrheit des Volkes ,,gutgeheißenen Gesezes einstellen, eine lästige Bedingung stellen und fich ,,dem Vorwurfe aussehen hieße , die Schranken der Mäßigung und dex ,,Gerechtigkeit überschritten zu haben. Der Bundesrath bedauert dieß um ,,so lebhafter, als er in s^nen Noten vom 19.^24. März 1856 und vom ,,15. April 186.^ Beweise feines aufrichtigen^ Wunsches, die Lösung einer ,,Frage, von welcher Jnteressen von höchster Bedeutung abhangen, in be,,sriedigender Weise zu Eude geführt zu s^.hen gegeben hat. Der Bundes,,rath richtet daher d^ dringend^ Gefue.... an den heil. Stuhl, nicht auf ,,dieser Vorbedingung zu beharren, besonder... da die Regierung von Tessi^

^erklärt hat, daß sie, r^nn si.^ ...uch d.^s kirchliche Gesez nicht sufpendiren

^44 ..,köune, fich doch nicht weigern werde, aus Abänderungsvorschläge einzu..treten, welche nicht die Hauptsache zum Gegenstande hätten. Die tesfinische .^.Regierung weiß, daß eine Unterhandlung stets Zugeständnisse zur Folge ^hat, welche eben Sache der Verhandlungen selbst find.

,,Nicht der Kanton Tessin allein verlangt die Trennung, sondern, was ^der Herr Geschäftsträger des heil. Stuhles nicht übersehen wollen, auch

,,die Bnndesbehörden find von der Wünschbarkeit , daß kein Theil der

...Schweiz unter ausländischer geistlicher Gerichtsbarkeit stehe, durchdrungen, ,,und demgemäß ist der Bundesrath von den Räthen eingeladen worden, ,,seine ganze Aufmerksamkeit diesem Gegenstand zu widmen. Wie der Herr ,,Geschäftsträger de.^ heil. Stuhles leicht einsehen werden, kann der Um...stand, daß ein tesfinisches Gesez Hochdenselben tadelnswerth erscheint, ...keinen Grund zu Einwendungen gegen die Begehren der Bundesbehörden .,,abgeben.

,,Der Hexr Geschäftsträger des heil. Stuhles haben in der Note vom ,,11. Juli 1856 beigefügt, daß die Verhandlungen unter der Mitwirkung ...sämmtlicher betheiligter Parteien, unter welchen. nach jener Note auch ,,Se. k. k. apost. Majestät, der Erzbischof von Mailand, und das Ordinariat ...von Eomo erscheinen, stattfinden sollten. Der Bundesrath erlaubt sieh hier ,,zu bemerken , daß er nicht einsehen kann , in wiefern die Regierung ..Sr. k. k. apost. Majestät bei der Lösung einer Frage betheiligt sein ,,kann, welche nur den Kanton Tessin in seinen Beziehungen zur Kirche .,,angeht. Es handelt sich eigentlich um eine nationale Sache, die in keiner .,,Weise die völkerrechtlichen Verhältnisse der Schweiz zu Oesterreich be^ ,,sehlägt, und eben so wenig diejenigen Oesterreichs zu tem heil. Stuhle.

.,Der Bundesrath kann daher der kaiserlichen Regierung ein Einmischung^ Brecht nicht zuerkennen und demgemäß auch nicht die Befugniß , fich bei ,,den Verhandlungen über die Trennungsfrage vertreten zu lassen. Es ist .,,indessen klar , daß der Bundesrath , indem er diese Ansicht ausspricht, ,,nicht gedenkt, eine besondere Unterhandlung mit der kaiserlichen Regierung .,,zur Regelung der die bischöfliche Tafel beschlagenden Verhältnisse auszu^ ,,sehließen ; der Bundesrath ist vielmehr geneigt zu solchen Unterhandlungen ,,Namens des Kantons Tessin, sei es im jezigen Zeitpunkte, sei. es uach^ ,,dem die Trennung, gemäß dem am 19.^24. März 1856 gestellten Be^.ge.hren ausgesprochen sein wird, Hand zu bieten.

,,Jn der Note vom 11. Juli 1856 bemerken der Herr Geschäfts^ .,,träger des heil. Stuhls im Weitern, daß die Verhandlungen im Sinne ,,der Errichtung eines neuen Bisthums und nicht einer Verbindung mit ,,den Bisthiimexn B a s e l oder Ehur geführt werden sollten. Wie der ,,Bundesrath bereits in seiner Note vom 19.^24. März 1856 hervorzu^ ^heben die Ehre hatte, scheiterten
die im Jahre 1833 auf Grundlage der ,,Errichtung eines neuen Bisthums angeknüpften Unterhandlungen an dex ,,Aufstellung gewisser Bedingungen , welche der Kanton Tessin als zuläßig ...nicht annehmen zu können glaubte. Die ^gleichen Bedingungen, wenn sie ....heute wieder geltend gemacht werden wollten , würden wahrscheinlich da....

245 ..nämliche Ergebniß zur Folge haben. ^ Der Bundesrath kann nicht zu..gestehen, daß die Jnteressen der Kirche, eben so wenig als^diejenigen des ,,Kantons, die Erstellung eines neuen Bisthums für den Kanton Tessin, .. statt dessen Verbindung mit einem der schweizerischen Bisthümer erfordere, ..und es würde ihn bemühen, wenn der heil. Stuhl an dieser Forderung ..festhalten wollte, die sehr bedauerliche Folgen nach fich ziehen könnte, ..besonders wenn fie mit den im Jahr 1833 gestellten Bedingungen be..gleitet wäre. Jedenfalls handelt es sich hier um eine bei den eigentlichen ..Verhandlungen zu erwägende Frage, die nicht als vorläufige Bedingung ,,füx die Eröffnung der Unterhandlung aufgestellt werden kann. Wenn ..dieß jedoch der unwiderrufliche Entschluß des heil. Stuhles sein sollte ,,und diese so wichtige Punkte als Vorbedingungen, die vom Kanton Tesfiu ..unbedingter Weife angenommen werden müßten, aufzustellen gedächte, so ,,wäre ernstlich zu befürchten, daß alle Versuche von Unterhandlungen schei^ ^teru würden, und man könnte in solchen Vorbehalten etwas ganz anderes ..erbliken, als den Wunsch, ein der Kirche, wie der weltlichen Obrigkeit, ,,der Unabhängigkeit und Wohlfahrt des Staates vorteilhaftes Vorhaben ,,einem gedeihlichen Ziele entgegen zu führen. Der Bundesrath weiß um ,,keinen erheblichen Grund, die Vereinigung des Kantons Tesfin mit einem ,,der bereits bestehenden schweizerischen Bisthümer zu hindern. Jn diesem ,,Sinne hat ex steh auch in seiner Note vom 19.^24. März 1856 aus^ ,,gesprochen, und indem ex gegen jene Vorbedingungen, welche eben den ,,Gegenstand der einzuleitenden Verhandluugen selbst bilden werden, Einsprache ,,erhebt, ersucht er den Herrn Geschäftsträger des heil. Stuhles, durch ,,seinen Einfluß dahin zu wirken, daß eine durchaus unzuläßige Verfahrens^ ,,weise ausgegeben werde. .e. ^e. ^e.

Der Geschäftsträger des hl. Stuhls machte unter Beifügung einiger

Betrachtungen, welche zu beantworten wir nicht für nöthig halten, die Anzeige, daß er unsere Note im empfehlenden Sinne nach Rom mitgetheilt habe und der Bundesbehörde die Antwort sofort nach Eingang zux Kenntniß bringen werde.

Die Regierung von Teffin ihrerseits verlangte wiederholt vom Bundesrathe, daß er der Bundesversammlung einen Beschlußentwurf in Betreff der Trennung vorlege ; wir exachteten jedoch , eine solche Schluß.^ uahme noch nicht beantragen zu sollen.

Jn den Monaten Oktober und November haben wir, da uns noch keine offizielle und bestimmte Antwort auf die Note vom 7. Juli 1857 zugekommen war, unter zweien Malen Exinuerungsschreiben an den päpst-

lichen Geschäftsträger gerichtet, wobei wir die Abficht zu erkennen gaben, die Sache vor die Bundesversammlung zu bringen und dieser Vorsehläge zu macheu, wenn gegen Erwarten eine gütliche Verständigung nicht zu Stande kommen würde.

Endlich haben wir gleichzeitig alle sachbezüglicheu Materalien sammeln

lassen und für die Ausarbeitung einer, die ganze Angelegenheit umfassenden

Bundesblatt. Jahrg. X. Bd. .I.

25

^

246 Denkschrift Sorge getragen , um jederzeit die Mittel in Händen zu ha...ei., je nach Erforderniß dex Umstände vorgehen zu können.

Uebrigens müssen wir noch beifügen, daß, wie ans Mittheilungen, die am Schlusse des abgewichenen Jahres uns in offiziöser Weife gemacht worden sind , fich schließen läßt , noch einige Hoffnung gehegt werden darf, die Hindernisse, welche fich der Eröffnung der Unterhandlungen entgegen^ gestellt hatten, beseitigt zu sehen, wenn der heil. Stuhl, von versöhnlichen Gesinnungen beseelt, nicht auf Vorbedingungen behaxrt, deren Annahme

unmöglich ist.

E.

^r.in^bereinia.ung.

..^u..il.ung ^iti^r ^unl.^.

Dieser Gegenstand hat uns oft beschäftigt, und wir haben , so weit es von uns abhieng, nichts versäumt, um die Beilegung der .wch waltenden Anstände zu erzielen.

Folgende find die noch streitigen Theile unserer Gränzeu.

I. Kranze zwischen ^..raubnnden nud ^e^erreich.

DiestreitigenPunkte find : bei Finstermüuz, im Müusterthal, zwischen Brusio und Tirano , zwifcheu Eastafegna und Eleven , auf dem Splügeu und im Val di Lei. Einige derselben haben uns speziell beschäftigt; so z. B. hat die Gränze bei Brusio bei Anlaß der Festsezung der Steuer^ heträge süx die kantonale Grundsteuer Weisungen von unserer Seite nothwendig gemacht. Die Arbeiten zur Aufuahme des österreichischen Kadastexplanes auf den streitigen Punkten im Münsterthale waren von solcher Vorsichtsmaßregeln begleitet und wurden in einer Weise bewerkstelligt, daß wir uns zu keinen Einwendungen veranlaßt fanden. Beschwerden der öster^

xeiehischen Gesandtschaft über angebliche , im Val di LeistattgehabteWald^frevel und andere Vorfälle haben eine Erwiderung von unserer Seite nothwendig gemacht, in welcher wir auch auf eine endliche Erledigung dieser

Anstände abstellten.

Seit Jahren hat der Bundesrath fortwährend mit der österreichischen Verwaltung Korrespondenzen gewechselt, ohne daß bis jezt ein Abschluß erzielt werden konnte.

Schon im Jahr 1^51 haben wir Kommissarien ernannt und Oesterreich ersucht, ein Gleiches zu thuu. Es wäre dieß das wirksamste Mittel, die Sache zu fördern; denn Kommissarien würden zusammentreten, die Urkunden prüfen , ihre Ansichten austauschen und besprechen, und es würde

hindurch möglich, fich vielleicht zu verständigen, während dex Status quo

bei dem Korrespondenzwege fich festwurzelt, wenn er nicht durch neue Verwiklungen gestört wird.

Oesterreich . hat zu wiederholten Malen und auch im Laufe des abge^ wichenen Jahres sich geneigt gezeigt, ebenfalls Kommissarien zu ernennen u^d wir hahe^ nicht ermangelt, unfern Vertreter in Wien auch jüngst

247 uoch anzuweisen, iu diesem Sinne sich zu verwenden. Wir hegen die Erwartung , daß unsexm dießfälligeu Begehren bald entsprochen werde.

^. ..^esfinis.^lon^ardische kränze.

Auch hier erwarten wir eine Antwort auf unsere Voxschläge. Un...

geachtet der mehrfachen Schritte, die wir durch das Mittel unsers Geschäftsträgers gethan habeu, hat uns die österreichische Regierung ihre Entschließungen noch nicht mitgetheilt, mehrmals aber, obwol in allgemeinen Ausdrüken, die Absicht ausgesprochen, die Lösung dieser Angelegenheit zu beschleunigen.

.....

..^^..isch^iiemontesis.^e Kranze.

Der Anstand betrifft hier eine A1pe di Cravairo1o genannte Berggegend, nebst einem anstoßenden Walde. Das Eigentumsrecht ist zwischen der tessinischen Gemeinde Eampo und der piemontefischen Thalschaft Antigorio streitig und auch die Hoheitsgränze zwischen beiden Staaten unbestimmt.

Die sardinifche Regierung hat uns ihre Antwort auf unsere Vorschläge zugehen lassen; allein sie hat neue Anträge gestellt und auch neue Thatsachen vorgebracht, wodurch wir uns genöthigt sahen, die Sache an die Regierung von Tessin zurükzuweisen.

Leztere hat uns indessen noch nicht Bericht erstattet, und wir konnten somit auch keinen Entscheid fassen.

^.

kränze zwischen den. Wallis nnd ..^tn ^hablai^.

Die Gebietsgränze ist zwischen den wallisanischen Gemeinden St. Gingolph und V o u v r ^ und den saxdinischen Gemeinden Novelle und la Ehapelle d . A b o n d a n e e a u f einer übrigens unbedeutenden Streke nicht festgestellt. Eine Verhandlung hat an Ort und Stelle zwischen Kommissarien der beiden Staaten im August 1856 stattgefunden und es wurde hierüber ein Protokoll aufgenommen, das nur noch der Unterschriften bedurfte. Die Jntendanz für das Ehablais weigerte fich jedoch, die ihrige zu ertheilen, weil der fardinische Kadasterplan , den die Kommissarien zu Rathe gezogen hatten, nicht als Grundlage für die Gränzbereinigung angesehen werden könne und man sich vielmehr an die natürlichen Gränzen zu halten habe,^ wie dieß im Jahr 1778 auf dem großen St. Bernhard geschehen sei.

Diese Meinungsverschiedenheit war während des ganzen Jahres 1857 ein Hinderniß sür die Wiederaufnahme der Verhandlungen. Mehrfache Korxespondenzen find mit der sardinischen Regierung hierüber gepflogen worden.

dieselbe hat jedoch die Ansicht festgehalten, daß sür die Festfezung der Gränze zwischen beiden Staaten den natürlichen Gränzmaxkeu zu folgen sei, d. h. den Höhen, welche die Wasserscheide bilden, während die Regierung von Wallis sieh an die Verhandlung vom 27.. August 1856 hielt und den saxdinischen Kadasterplan selbst als Grundlage betrachtet wissen wollte, welcher auch bisher als Regel gedient hat und den Jnteressen von

Wallis günstiger zu sein scheint. Die Frage ist unerledigt geblieben ; wir

haben indessen die Regierung von Wallis eingeladen, noch einige Untersuchungen vornehmen zu lassen.

^ ..^a die fardinische Regierung die trigonometrischen Arbeiten, welche für die Aufnahme eines neuen Kadasters für ihre festländischen Provinzen als Grundlage dieuen sollen, ausführen lassen wollte, so suchte sie zu Gunsten der Angestellten ihrer Verwaltung bei uns um die Erlaubniß nach, .^..thigensalls die Gränzen übersehreiten zu dürfen, um die Vermessungsfignale auf schweizerischem Gebiete aufzupflanzen.

Wir haben gefunden, daß in der Gewährung dieses Begehrens ein sreundnachbarliches Vorgehen liege, das einem befreundeten Volke gegenüber wol stattfinden dürfe.

Demgemäß haben wir auch die Gränz.^antone eingeladen , den sardinifchen Jngenieuren zu gestatten, auf schweizerischem Gebiete ihre Signale auf.

zustellen und ihre Beobachtungen zu machen. Gleichzeitig haben wir jedoch einige unerläßliche Vorsichtsmaßnahmen empfohlen und di.^ betreffenden Kantone (Wallis und Tesfin) aufgefordert, Abgeordnete zu bezeichnen, die den auf ihren Gränzen vorzunehmenden ^Vermessungsarbeit^n beiwohnen sollten. Jm Weitern sprach die sar^inifche Regierung in ihrem dießfälligen Gesuche die Hoffnung aus, daß die Regierungsbeamten der beiden Staaten, welche bei diesem Anlasse mit einander in Verkehr treten würden, die Gelegenheit benuzen könnten , um , wenn möglich, eine Lösung der noch waltenden Gränzanstände zu erzielen, und wir haben die Kautone .eingeladen, ihren Abgeordneten angemessene Jnstruktionen zu Diesem Zweke zu ertheilen. Die Regierungen von Wallis und von Tessin. beeilten fich, ihre Mitwirkung im Sinne unsexex Weisungen zuzusichern.

^. ...Kranze von ^.hur.gan nnd Ziiri^ gegen B^den.

Bei den Verhandlungen, welche dem Abfchlusse des Vertrages mit Baden über die Gränzbereinigung vorangingen, blieb ein Punkt unentschieden, nämlich der Theil des Sees vom Südostende von Konstanz längs des Ufers bis zum sogenannten Hörnli. Die Kommissarien betrachteten diese Streke damals als durch den Raslex'schen Vertrag vom 5. Dezember 1685 bestimmt. Der Nationalrath, als er am 20. Dezember 1854 dem Ver^ trage mit Baden die Genehmigung ertheilte, fand jedoch, daß hier noch etwas zu bereinigen sein dürfte , und er lud den Bundesrath ein , sein Augenmerk auf diesen Gegenstand zu richten. Nach einer neuen Prüfung der Sache hat der Bundesrath die Ueberzeugung erlangt, daß der Ras-

ler'fche Vertrag vom 5. Dezember 1685 die Gebietsgränze südöstlich von

Konstanz in genauer Weise bestimmt.

Die Gränze wird .^ier durch eine von Konstanz in einer Länge von 1500 geometrischen Schritten nach der Mitte des Sees gezogene und von da nach dem Hörnli zuriikgeführte Linie

gebildet. Ausnahmsweise bildet auf dieser Streke in der That nicht die Mitte des Sees die .Gränze., allein es ist nichts desto weniger Thatfache, daß hier vom rechtlichen Standpunkte aus die Gränze weder unbestimmt ist, noch streitig sein kann.

Der Bundesrath hat daher, nachdem ex d..e Regierung von Thurgau zu Rathe gezogen und übrigens auch der Großherzoglich Badisehen Gesandtschaft Mittheilungen gemacht hatte, anerkannt, daß hiex keine zweifelhafte Linie festzustellen fei. Wünschenswert^

.

^

w.ire es vielleicht gewesen, daß in dem Vertrage von 1854 derjenige von 1685 erwähnt oder auch wieder aufgenommen, oder daß statt der im Rasler^schen Vertrage bestimmten Gränze die Mitte des Sees als Gränzlinie bezeichnet worden wäre ; allein obschon nichts von dem Allem geschah , so ist die Gränze doch nicht streitig , und der Bundesrath hat daher für angemessen erachtet, der Sache keine weitere Folge zu geben.

Mehrere Punkte der Gränze zwischen einigen wenigen Züxcherischen und Basischen Gemeinden sind noch nicht festgestellt. Es wird daher durch diese Gemeinden zu einer Ausmarkung geschritten und darüber ein Protokoll aufgenommen werden müssen. Wir haben mit Zustimmung der Regierung von Zürich der Badischen Regieruug die von diesem Kanton gemachten

Vorschläge übermittelt.

0. (kränze zwischen Waadt nnd Frankreich.

Mit

Ausnahme des Theiles, der durch das seit Jahren streitige

Dappenthal gebildet wird, ist diese Gränze vollkommen bereinigt.

Die ehemaligen Tagfazungen haben sich oft damit besaßt und die Vororte sich bemüht, die Sache zu Ende zu bringen, jedoch ohne eine Erledigung erzielen zu können.

Da die Uebelstände des Status quo fich besonders für mehrere Privatverhältnisse, deren Bereinigung dadurch gehindert wird, stets lästiger werden, die Landesinteressen eine Lösung wünschen lassen, auch die französische Regierung ihrem Vertreter Jnstruktionen für die Wiederaufnahme des Gegenstandes ertheilt und Sie selbst den Bundesrath eingeladen haben, in endgültiger Weise alle zur Zeit streitigen Punkte zu bereinigen , so wurden die auf diese Frage bezüglichen Unterhandlungen bereits 1854 wieder aufgenommen.

Jm Jahr 1856 haben wir Frankreich Vorschläge gemacht, denen die Regierung des Kantons Waadt ihre Zustimmung ertheilt hatte und die^ auf eine Erledigung der Frage, oder in zweiter Linie aus einen Modus vivendi abzielten, welcher bis zu einer endgültigen Verständigung in Krast ver-

bleiben follte.

Anfangs dieses Jahres zeigte uns die französische Gesandtschaft in einer Verbalnote an, daß ihre Regierung sich zu einem neuen Provisorium nicht verstehen und auch die von uns bezeichneten Grundlagen zu einer Uebexeinkunft nicht annehmen könne. Dagegen machte sie uns neue Vorschläge und begleitete dieselben mit einem auf die Theilung des streitigen Gebietes gegründeten Begränznngsentwurfe.

Wir haben diese Vorschläge der waadtländischen Regierung mitgetheilt

und diese hat die Gränzlinie grundsäzlich angenommen , unter Vorbehalt mehrerer Bedingungen, die fie uns bezeichnete und die wir, nachdem wir sie theilweise^ noch vervollständigt hatten , der französischen Gesandtschaft

mittheilten.

Nachdem diese neue Grundlage für die Unterhandlungen einmal geuehmigt wax, hat ^fie den Gegenstand häufiger Mittheilungeu zwischen^

.

^

unferm politischen Departement und der französischen Gesandtschaft gebildet, ohne daß man jedoch dazu gelangt wäre , einen definitiven Entwurf festzustellen , der dem Großen Rathe des Kantons Waadt hätte unterbreitet werden können.

F.

diplomatische ^ertretun^ im ...^u.^aude.

Jn Folge der Bemerkungen , welche von der nationalräthlichen Priifungskommission für die Geschäftsführung vom Jahre 1856 gemacht wordeIr sind, so wie auch iu Folge der Verhandlungen über die Nenenburgerfrage , hat der Bundesrath es füx zwekmäßig erachtet , übex unsere Ver.^ txetung im Auslande sich neue Berichte und Ausschlüsse zu verschaffen. Nach einer reiflichen Prüfung hat ex einen Wechsel im Jnteresse der Schweiz wünschenswerth gefunden.

Der bevollmächtigte Minister in Paris, Herr Barman, wurde veranlaßt , um seine Entlassung nachzusuchen . und der Bundesrath hat sie in ehrenvollen .^iusdrüken und Bunter Verdankung der von ihm iu jener Stellung geleisteten Dienste angenommen.

Herr l)r. Kern, der in seiner Eigenschaft als außerordentlicher Gesandter sür die Verhandlungen, betreffend die Neuenburgerfrage, ausge^ zeichnete Diensie geleistet hatte und außerdem nach unserer Ansicht die erforderlichen Eigenschaften , um der Schweiz gute Dienste zu leisten , in feiner Person vereinigte, wurde von uns als außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister in Paris beglaubigt. Er hat seine Funktionen am 15. Oktober angetreten.

^ Eine beträchtliche Anzahl in K o n s t a n t i n o p e l niedergelassener Schweizer haben beim Bundesrathe das Begehren gestellt , in Konstantinopel eine Gesandtschaft zur Vertretung unsers Landes und besonders für den^Schuz und die Entwiklung unserer kommerziellen und industriellen Verbindungen mit dem Orient zu errichten. Obwol der Bundesrath den Gesinnungen, welche die Gesuchsteller geleitet haben, volle Anerkennung gewährte , glaubte er dennoch zur Zeit aus die Errichtung einer diplomatischen oder Konsularvertretung in Konstantinopel nicht eingehen zu sollen, und eben so wenig auf den Vorschlag , die Schweizer durch einen förmlichen Vertrag unter den Schuz einer auswärtigen Macht zu stellen.

Die Gründe dieser Entschließung finden sich in dem Berichte des Handels- und Zolldepartements entwikelt, welcher auch die im Personal der s c h w e i z e r i s c h e n K o n s u l a t e im A u s l a n d e eingetretenen, ziem^ lich zahlreichen Veränderungen bespricht.

(^

Diplomatische^ und .^.onsulat^er.^nat iu der .^chwei.^.

Folgende Veränderungen haben im Personal der bei der Schweiz be.....laugten auswärtigen Repräsentanten stattgefunden ^

^1 Spanien. Herr Ritter Franeiseo dirada, spanischer Minister^ resident, ist durch feine Regierung abberufen worden. An seine Stellest Herr Marquis d e San E a r l o s in der Eigenschaft eines Miuisterrefidenteu und hat uns die Schreiben überreicht , durch welche er bei der Bundes-

regierung beglaubigt wird.

B r a s i l i e n . Herr Ritter Guimaraens , brasilianischer Generalkonsul, wurde abberufen, und die kaiserliche Regierung von Brasilien exuannte einen Geschäftsträger in der Person des Herrn Ritter von Louxeiro, dex uns ebenfalls seine Beglaubigungsschreiben zugestellt hat.

P r e u ß e n . Die laufenden Geschäfte mit Preußen wurden wie bisher durch das Mittel dex französischen Gesandtschaft besorgt.

Jm Konsulatspersonal sind nachstehende Veränderungen eingetreten .

Herr John Endlich ist in Ersezung des verstorbenen .Herrn.Lee zum Konsul der V e r e i n i g t e n S t a a t e n in B a s e l ernannt worden. Die a r g e n t i n i s c h e R e p u b l i k hat Herrn Achilles H e x z o g - B e r r i in Bafel als Konsul beglaubigt. Beide haben das Exequatux erhalten.

Herr Sautter de Beauregard in Gens hat uns feine Entlassung von dex Stelle eines t o s k a u i s c h e n G e n e r a l k o n s u l s in der Schweiz angezeigt. Ueber seine Ersezung ist uns noch keine Mittheilung zugekommen.

II. Jnnere Verhältnisse.

Die Ruhe im Jnnern ist keinen Augenblik gestört .^worden. Jm Kan^ ton Neuenburg allein erhielt sich eine gewisse politische Gährung und eiu Kampf der Parteien , die sich, nach dem Abschluß des Pariser Vertrages, in anderer Weise zu gruppiren suchten. Jndessen wurde hier, so wenig als anderswo, die öffentliche Ordnung gestört.

Jm Allgemeinen scheinen die politischen Kämpfe den materiellen Juteressen das Feld geräumt zu haben. Fast in allen Landestheilen ziehen die Eisenbahnen, die Fortschritte des Akerbaues und der Gewerbe, die Entwiklung unserer Handelsverbindungen zeitweilig alle Aufmerksamkeit und Thätigkeit an sich. Allein trozdem (die Ereignisse vom Anfange des Jahres beweisen es) vergißt die Schweiz nicht, daß es noch weit höhere Güter zu wahren gibt, für welche alle materiellen Or^er zu bringen man bereit fein muß.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des schweiz. Bundesrathes an die h. Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im .Jahr 1857.

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Bundesblatt

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Feuille fédérale

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Jahr

1858

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1

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17

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

17.04.1858

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213-251

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