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Schweizerisches Bundesblatt.

50. Jahrgang. V.

Nr. 47.

9. November 1898.

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Übertragung und Abänderung der Konzession einer schmalspurigen Eisenbahn von Samaden über Maloja nach Castasegna.

(Vom 28. Oktober 1898.)

Tit.

Nach Verständigung mit dem Albulakomitee als Inhaber der Konzession einer schmalspurigen Eisenbahn von S a m a d e n über M a l o j a nach C a s t a s e g n a , vom 15. Oktober 1897 (E. A. S.

XIV, 474 ff.), suchte die Direktion der R h ä t i s c h e n B a h n mit Eingabe vom 25. April ds. J. um Ü b e r t r a g u n g der K o n z e s s i o n auf ihre Gesellschaft und gleichzeitig um Erhöhung der Personentaxen für die dritte Klasse und der Gütertaxen nach.

Zur Begründung des Gesuches im allgemeinen wird angeführt, daß bei Einreichung des Konzessionsgesuches für die in Rede stehende Linie im Juni 1895 die Konzessionsbewerber der Ansicht waren, daß zunächst die Strecke von Thusis bis Samaden zu erstellen sei, der dann die Portsetzung nach St. Moritz, Maloja und Castasegna, mit Anschluß an Cleven, zu folgen hätte. Seither hatten sich aber die Verhältnisse abgeklärt und erscheine es am natürlichsten, als Endpunkt der in erster Linie zu bauenden Strecke, anstatt Samaden, die Hauptstation des Engadiner Fremdenverkehrs, St. Moritz, zu wählen, also die zur Konzession Samaden-Castasegna gehörige Strecke Samaden-St. Moritz gleichzeitig mit der Albulabahn zu bauen. Es sei dies ein Grund, welcher die Gesellschaft Bundesblatt. 50. Jahrg. Bd. V.

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veranlaßte, schon jetzt auf eine Regelung der Konzessionsverhältnisse Bedacht zu nehmen.

Was speciell die Taxerhöhung anbetrifft, so geht das Gesuch dahin, die Taxen für Samaden-Castasegna denjenigen von Landquart-Davos und der Albulabahn Filisur-Samaden in allen Teilen gleichzustellen, d. h. die Personentaxe III. Klasse von 7 Rappen auf 10 Rappen per Kilometer und bei den Gütertaxen die höchste Klasse von 3,75 auf 6 Rappen, die niedrigste von 1,85 auf 4 Rp.

per 100 Kilogramm und Kilometer zu erhöhen.

Wenn von den Taxen der Strecke Landquart-Davos ausgegangen werde, so seien dieselben als durchaus bescheidene zu bezeichnen. Trotz Einhaltung aller zulässigen Ökonomie sei es erst im fünften Betriebsjahre möglich geworden, eine bescheidene Dividende von 33/4 % auszurichten, während die durchschnittliche Dividende der ersten fünf Jahre sich nicht über 1,65% zu erheben vermochte. Nun seien aber die Verhältnisse, welche eine angemessene Verzinsung des Anlagekapitals bedingen, für die Strecke Samaden-Castasegna, im ganzen betrachtet, noch schwieriger als für Landquart-Davos, wie aus einer Gegenüberstellung der kilometrischen Baukosten (L. D. Fr. 160,000 -- S. C. Fr. 260,000), der Länge der in schwieriger Schneeregion liegenden Strecke (L. D. 17 km. == 30 % -- S. C. 39 km. = 75 %), der durchschnittlichen Steigung der ganzen Linie (L. D. 25,2 %o -- S. C.

23,2 °/oo) und der 'Bergstrecke (L. D. 32,3 %o -- S. C. 37,7 %<>), sowie der anwohnenden Bevölkerung pro Kilometer (L. D. 320 -- S. C. 117) bei beiden Linien leicht ersichtlich sei. Dieser Vergleich, welcher keiner weitern Erklärung bedürfe, würde es sogar rechtfertigen, für Samaden-Castasegna noch höhere Taxen als für Landquart-Davos anzuwenden, um eine annähernd gleiche Rendite des Baukapitals zu erzielen. Allein weiter zu gehen, dürfte mit dem Grundzwecke der Anlage einer Bahn, den Verkehr durch möglichst billige Taxen zu erleichtern und zu beleben, nicht mehr zu vereinbaren sein.

Wenn vielleicht gefunden werden sollte, es wäre richtiger, die Personentaxen I. und II. Klasse noch weiter zu erhöhen und diejenigen III. Klasse, welche angeblich doch nur von der Landbevölkerung getragen werden, möglichst niedrig zu belassen, so sei dem entgegenzuhalten, daß für Landquart-Davos die Zahl der Reisenden I. und II. Klasse zusammen nur 10,67 °/o der ganzen
Reisendenzahl ausmache und, neben der Landbevölkerung, auch eine große Anzahl von auswärts kommenden Reisenden die III.

Klasse benutzen. Die Erhöhung der Taxen dieser Klasse belaste

also keineswegs fast ausschließlich die Landbevölkerung. Zudem werden auch bei einer Taxe von 10 Rappen per Kilometer die Lokalreisenden noch immer erheblich billiger fahren können, als bisher mittelst der Post, indem ein Postplatz (Interieur) von Samaden nach Cleven im Sommer Fr. 13. 65, im Winter Fr. 8. 10 koste und ein Bahnbillet III. Klasse Fr. 6. 20 kosten werde.

Ein weiterer Grund für die Gleichstellung sowohl der Personen- als der Gütertaxen der Hochsektionen der Rhätischen Bahn mit denjenigen von Landquart-Davos und Filisur-Samaden liege in dem Bestreben, Unbilligkeiten auszuschließen.

Es möge auch darauf hingewiesen werden, daß, wenn für die Strecke Samaden-Castasegna billigere Taxen als für die nördliche Zufahrt zugelassen werden, dem Bestreben, das Engadin wirtschaftlich wieder fester an den diesseitigen Kantonsteil anzuschließen, der Boden vollständig entzogen würde.

Als einen weitern Punkt, der einer Revision bedürfe, bezeichnet das Gesuch die Rückkaufsklausel (Art. 26), welche mit dem Bundesbeschlusse vom September 1897, wonach der Rückkauf rühestens auf den Zeitpunkt erfolgen könne, mit welchem die Bahn 30 Jahre im Betriebe sein werde, in Einklang zu bringen wäre.

Hierzu sei gleich bemerkt, daß dies weder notwendig noch angezeigt erscheint. Durch den Bundesbeschluß vom 14. Oktober 1897 (E. A. S. XV, 23) wurden ganz allgemein s ä m t l i c h e seit dem Jahre 1886 erlassenen Eisenbahnkonzessionen, welche die Klausel nicht mehr enthalten, daß die Entschädigungssumme finden Rückkauf in keinem Falle weniger als die nachgewiesenen erstmaligen Anlagekosten betragen dürfe, in der Weise ergänzt, daß der Rückkauf auf Grundlage der Konzession frühestens 30 Jahre nach Eröffnung des Betriebes erfolgen kann. Dieser Beschluß findet also nach seinem Wortlaut ohne anderes auf die Konzession Samaden-Maloja-Castasegna Anwendung, ohne daß es dazu noch einer speciellen Konzessionsänderung bedarf. Durch Vornahme einer solchen in einem einzelnen Falle, was bis dahin nur geschehen ist, wenn es sich um gänzliche Umgestaltung einer Konzession handelte, könnten höchstens Zweifel in die allgemeine Anwendbarkeit des Beschlusses geweckt werden, wozu nach dem klaren Wortlaut desselben nicht der mindeste Grund vorhanden ist.

Was die Übertragung der Konzession anbelangt, so liegt eine Erklärung des Albulakomitees, vom 25. Januar 1898, vor, wonach dieses damit einverstanden ist. Daß auch der Kleine Rat des

Kantons Graubünden zustimmt, geht aus dessen Beschluß vom 5. April 1898, wenn darin auch eine a u s d r ü c k l i c h e diesbezügliche Erklärung fehlt, unzweideutig hervor. Ebensowenig liegt unseres Erachtens für den Bund ein Grund vor, der Konzessionsübertragung entgegenzutreten, und wir beantragen daher, dem Gesuche, vrie bezüglich der ändern Linien des Bündner Schmalspurnetzes, zu entsprechen.

Auch die nachgesuchte Erhöhung der Personentaxe 111. Klasse und der Gütertaxen dürfte nach unserm Dafürhalten bewilligt werden, nachdem einerseits die Regierung von Graubünden, auf deren besondern Wunsch seiner Zeit die niedrigen Taxen in die Konzession aufgenommen wurden, in Anbetracht der veränderten Verhältnisse der Erhöhung rückhaltlos zustimmt, und anderseits die von der Gesuchstellerin geltend geinachten Gründe die Erhöhung sachlich gerechtfertigt erscheinen lassen.

Zunächst liegt die Herstellung der Taxeinheit für die verschiedenen Bergstrecken der Rhätischen Bahn im Interesse einer einfachen Tarifbildung und stellt sich auch als ein Gebot der Billigkeit dar, welche Gleichhaltung der bei den einzelnen, ähnliche Verhältnisse aufweisenden Linien beteiligten Bevölkerung verlangt.

Aber auch den weitern von der Gesellschaft angeführten Gründen kann die Berechtigung nicht abgesprochen werden. Zwar treffen diese Gründe nicht sämtlich für die ganze Linie gleichmäßig zu.

Hohe Baukosten wird insbesondere die Sektion Maloja-Castasegna verschlingen, und auch nur auf dieser Strecke werden die Steigungen besonders groß, denjenigen von Landquart-Davos und FilisurSamaden ähnlich sein, während die Strecke Samaden-Maloja weder ausnahmsweise bauliche Schwierigkeiten noch bedeutende Steigungen aufweisen wird. Dagegen werden gerade auf dieser Strecke im Winter die Schneeverhältnisse dem Betriebe außerordentliche Schwierigkeiten bereiten. Ferner kommt hier die die Rendite nachteilig beeinflussende geringe Bevölkerungsdichtigkeit als ein maßgebender Faktor in Betracht. Es liegen mithin doch jedenfalls für alle Teile der Linie besondere Verhältnisse vor, welche die Bewilligung ausnahmsweiser Taxen wie bei Landquart-Davos und Filisur-Samaden rechtfertigen. Und dann ist es auch nur billig, daß ein Ausgleich der Taxen zwischen den Strecken, welche für Bau und Betrieb besondere Schwierigkeiten bieten, und denjenigen,
wo dies nicht der Fall ist, in der Weise stattfinde, daß die für jene begründeten hohen Taxen nicht allein diese Strecken belasten, sondern eine gleichmäßige Verteilung auf die ganze Linie

Platz greife, wie dies übrigens unter ähnlichen Verhältnissen regelmäßig zur Anwendung kam.

Ferner ist auch nicht zu verkennen, daß billigere Taxen auf der Linie Samaden-Maloja-Castasegna als auf derjenigen FilisurSamaden die südliche Zufahrtslinie zum Engadin vor der nördlichen in Vorteil setzen würde, der in der Folge leicht geeignet sein könnte, den Zweck, welcher mit der unter bedeutenden Opfern der Gemeinden, des Kantons und des Bundes zu erstellenden Albulalinie verfolgt wird, nämlich das Engadin wirtschaftlich wieder fester an den diesseitigen Kantonsteil anzuschließen, illusorisch zu machen.

Indem wir schließlich noch darauf hinweisen, daß eine Personentaxe von 10 Rappen per km. und Gütertaxen von 6 bezw.

4 Rappen per kg. und km. auch ändern Unternehmungen, welche dem allgemeinen Verkehr zu dienen bestimmt sind und nicht die schwierigen Bau- und Betriebsverhältnisse der in Rede stehenden Linie aufweisen, admittiert wurden, glauben wir Ihnen die nachgesuchten Taxerhöhungen zur Genehmigung empfehlen zu sollen.

Die veränderten Verhältnisse bedingen sodann noch einige weitere Modifikationen der Konzession vom 15 Oktober 1897.

Dieselbe wurde (Art. 28) erst auf den Zeitpunkt vollziehbar erklärt, auf welchen eine Bahnverbindung zwischen dem Engadin und dem nördlichen Kantonsteil hergestellt oder wenigstens gesichert sein werde, und demgemäß sollte (nach Art. 5) der Bundesrat dann später die Frist bestimmen, binnen welcher die vorschriftgemäßen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Gesellschaftsstatuten einzureichen seien. Nun beabsichtigt aber die Rhätische Bahn im Einverständnis mit der Kantonsregierung, auf deren Antrag jene Bestimmung in die Konzession Aufnahme fand, die einen Teil der Linie Samaden-Maloja-Castasegna bildende Strecke Samaden-St. Moritz gleichzeitig mit der Albulabahn zu bauen, um ihren vorläufigen Abschluß am Hauptpunkt des Engadiner Fremdenverkehrs, in St. Moritz, zu finden.

Es bedingt dies einerseits, daß in der Konzession die Trennung der Linie in die Sektionen Samaden-St. Moritz und St. MoritzMalqja-Castasegna und der sektionsweise Bau vorgesehen, und anderseits, daß die Konzession wenigstens für die 1. Sektion SamadenSt. Moritz vollziehbar erklärt und die Frist schon jetzt festgesetzt werde. Wir beantragen dies im Sinne des nachstehenden Beschlußentwurfes zu thun und die gleiche Frist, wie für Filisur-Samaden -- 30. Juni 1900 -- anzunehmen.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 28. Oktober

1898.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Ruffy.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

(Entwurf.)

Bimdesfoeschluss betreffend

Übertragung und Abänderung der Konzession einer schmalspurigen Eisenbahn von Samaden über Maloja nach Castasegna.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. einer Eingabe der Direktion der Rhätischen Bahn in Chur, vom 25. April 1898 ; 2. einer Botschaft des Bundesrates, vom 28. Oktober 1898, beschließt: 1. Die durch Bundesbeschluß vom 15. Oktober 1897 dem Albulakomitee zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft erteilte Konzession einer schmalspurigen Eisenbahn von Samaden über Maloja nach Castasegna (E. A. S. XIV, 474 ff.) wird auf die Gesellschaft der Rhätischen Bahn in Chur unter dem Vorbehalt übertragen, eventuell bei einer späteren Zusammenfassung der verschiedenen der Rhätischen Bahn erteilten, beziehungsweise auf sie übertragenen Konzessionen in einem einheitlichen Konzessionsakt auch die vorgenannte Konzession einzubeziehen.

2. Die Art. 15 und 18 dieser Konzession werden dahin abgeändert, daß die Gesellschaft ermächtigt wird, für den Transport von Personen in der III. Wagenklasse 10 Rp. per Kilometer der Bahnlänge zu beziehen, und daß im Tarif für den Transport von Waren die höchste Klasse nicht über 6 Rp., die niedrigste nicht über 4 Rp. per 100 Kilogramm und Kilometer betragen soll.

8 3. Der Gesellschaft wird die Teilung der Linie in zwei Sektionen, Saniaden-St. Moritz und St. Moritz-Maloja-Castasegna, und demgemäß der sektionsweise Bau gestattet, in der Meinung, daß die Nichteinhaltung der Fristen für die eine Sektion nur den Hinfall der Konzession für diese, nicht auch für die andere Sektion zur Folge haben würde.

4. Für die erste Sektion, Samaden-St. Moritz, sind die vorschriftsgemäßen technischen und finanziellen Vorlagen, sowie die abgeänderten Gesellschaftsstatuten bis zum 30. Juni 1900 einzureichen; für die zweite Sektion, St. Moritz-Maloja-Castasegna, wird der Bundesrat die Frist später bestimmen.

5. Der Bundesrat ist mit dem Vollzug dieses Beschlusses beauftragt.

-J3-OSS-

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Übertragung und Abänderung der Konzession einer schmalspurigen Eisenbahn von Samaden über Maloja nach Castasegna. (Vom 28. Oktober 1898.)

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09.11.1898

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