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Vierter Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung zur Aussenwirtschaftspolitik (Vom 27. Januar 1975)

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, Wir beehren uns. Ihnen nachstehend, gestützt auf den Bundesbeschluss vom 28. Juni 1972 über aussenwirtschaftliche Massnahmen. Bericht zu erstatten.

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Der Stand der Internationalen 11

Wirtschaftsbeziehungen

Weltwirtschaftslage

Während der Berichtspenode hat die allgemeine Inflation eine Beschleunigung erfahren. Gleichzeitig zeichnete sich eine Tendenz zur Stagnation ab, die ·wahrscheinlich im Jahre 1975 anhalten wird. Dem Kampf gegen die Inflation muss weiterhin Priorität eingeräumt werden. Allerdings steht heute in gewissen Staaten die Besorgnis über Arbeitslosigkeit und Rezession im Vordergrund.

In den letzten zwölf Monaten bis Oktober 1974 stiegen die Verbraucherpreise im OECD-Raum um 14,5 Prozent gegenüber 7.7 Prozent im Jahr 1973 und 4,7 Prozent im Jahr 1972. Während dieser Beschleunigung der Inflation verschiedene Ursachen zugrundelagen - sie sind im einzelnen m unserem Geschäftsbericht für das Jahr 1974 aufgeführt - trugen gewisse Faktoren in besonderem Masse zur Teuerung im zweiten Halbjahr bei. Einerseits haben sich die Preiserhöhungen bei Gütern und Dienstleistungen, die international ausgetauscht werden, auf das allgemeine Preisniveau ausgewirkt. Auf der ändern Seite sind die Lebensmittelpreise

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trotz einer allgemeinen Senkung der Preise für Rohstoffe - mit Ausnahme derjenigen für Erdöl - weiterhin angestiegen. Darüber hinaus scheinen die Inflationserwartungen einen vermehrten Einfluss auszuüben.

Der Konjunkturrückgang war im zweiten Halbjahr stärker zu verspüren, als dies vorausgesehen worden war. Die Aussichten für das Jahr 1975 haben sich im allgemeinen verschlechtert. In den meisten Staaten ist die Wachstumsrate gering oder gleich null. In den Vereinigten Staaten zeichnet sich sogar eine leichte Rezession ab. Es wird angenommen, dass die Wirtschaft der Industriestaaten bis Ende 1975 praktisch stagnieren wird. Dies wird, wegen der Abhängigkeit vom Ausland, Auswirkungen auf die Wirtschaft der Kleinstaaten haben, für welche die Wachstumsaussichten besser zu sein schienen. In den meisten Ländern wird eine je nach Sektor verschiedene Entwicklung beobachtet; während die Produktionskapazitäten in der Chemie, der Eisenindustrie und dem Kohlenbergbau voll ausgelastet sind, leidet die Automobil-, die Bau-, die Textil- und die Fremdenindustrie unter einem merklichen Nachfragerückgang.

Die Tatsache, dass eine ausgeprägte Inflation von keinem oder nur einem schwachen Wachstum begleitet ist, stellt die Wirtschaftspolitik vor ein neues Dilemma: wie soll der starke Preisauftrieb ohne schwerwiegende Folgen für die wirtschaftliche Tätigkeit und die Situation auf dem Arbeitsmarkt gebremst werden? Auf jeden Fall wird die Aufrechterhaltung einer schwachen Wachstumsrate während einer gewissen Zeit wahrscheinlich der Preis sein, der bezahlt werden muss, um die Inflationserwartungen, welche die Inflation anheizen, abzuschwächen.

Der Zustand der Zahlungsbilanzen hat sich weiter verschlechtert. Die Erdölpreise, denen diesbezüglich eine wesentliche Bedeutung zukommt, sind auf ihrem hohen Niveau geblieben oder sogar noch gestiegen. Ende Jahr fassten die Erdölproduzentenländer verschiedene Beschlüsse, welche die Beseitigung des gegenwärtigen Preismechanismus zum Ziel haben. Sie beschlossen, die auf Konzessionsöl (Teil des gehobenen Erdöls, der Eigentum der Gesellschaften ist) erhobenen Abgaben zu erhöhen, um die Preisdifferenz zum Beteiligungsöl, das den Produzentenländern gehört, zu reduzieren. Dieser Beschluss wird wahrscheinlich ein erneutes Ansteigen der Konsumentenpreise der Erdölprodukte bewirken und neue
Belastungen für die Ertragsbilanzen der Industrieländer und der öleinführenden Entwicklungsländer mit sich bringen.

In unserem dritten Bericht zur AussenwirtschaftspolitikD weisen wir darauf hin, dass die massiven Erhöhungen des Erdölpreises weitreichende Folgen für die Zahlungsbilanzen haben werden; diese Erwartungen haben sich bestätigt. 1974 erzielten die in der OPEC (Organisation der erdölexportierenden Staaten) zusammengeschlossenen Länder Devisenüberschüsse in der Grössenordnung von schätzungsweise 60 Milliarden Dollar; für 1975 ist mit Einnahmen in ähnlichem Umfang zu rechnen. Diesen Überschüssen entsprechen Fehlbeträge von ungefähr 40 Milliarden Dollar zulasten der Industriestaaten und von rund 20 Milliarden Doli) BEI 1974II339-341

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lar zulasten der öleinführenden Entwicklungsländer. Die einzelnen Industriestaaten wurden in sehr unterschiedlichem Ausmass von diesem Defizit betroffen: während die Bundesrepublik Deutschland, die Niederlande und Belgien nach wie vor Überschüsse erzielten, hatten andere Länder zum Teil ganz beträchtliche Fehlbeträge zu verzeichnen.

Bereits in unserem letzten Bericht hoben wir hervor, dass eine derartige Lage Massnahmen erfordert, die geeignet sind, diese aussenwirtschaftlichen Ungleichgewichte zu korrigieren. Jene Entwicklungsländer, die weder über Erdöl noch Rohstoffe verfügen, sind kaum in der Lage, ihre Ausfuhren zu steigern und ihren Binnenverbrauch einzuschränken. In dieser schwierigen Situation bedürfen sie vermehrter finanzieller Hilfe zu Vorzugsbedingungen. Die wichtigsten ölexportierenden Länder sowie Kanada und die Niederlande haben deshalb dem Internationalen Währungsfonds rund 3,7 Milliarden Dollar zur Verfügung gestellt («Ölfazilität»).

Die öleinführenden Industriestaaten müssen - unter Hinnahme des Gesamtdefizits ihrer Ertragsbilanzen - Massnahmen treffen, um sich diesen neuen aussenwirtschaftlichen Gegebenheiten anzupassen und auf diese Weise eine gleichmässigere Verteilung des Fehlbetrages zu gewährleisten. Die neue Lage erheischt jedoch vor allem eine Verminderung des Erdölkonsums, um die Handelsbilanzen zu entlasten.

In Anbetracht des Umfanges der Ungleichgewichte ist es offensichtlich, dass sich der Anpassungsprozess der Zahlungsbilanzen über mehrere Jahre erstrekken wird. In der Zwischenzeit u ird es von Bedeutung sein, dass es den öleinführenden Industriestaaten gelingt, ihre laufenden Defizite - wenigstens teilweise auf dem Wege einer Rückschleusung von Kapitalien aus den Erdölproduzentenländern zu finanzieren. Die Industriestaaten in ihrer Gesamtheit wurden bislang vom Umstand begünstigt, dass ihnen Kapitalien zuflössen, die es ihnen ermöglichten, einen Teil ihres laufenden Gesamtdefizites zu kompensieren. Die Verminderung der Währungsreserven oder das Absinken der Wechselkurse, die sonst die Folge dieses Defizits gewesen wären, konnten auf diese Weise in Grenzen gehalten werden. Die wichtigsten Nutzmesser waren die Vereinigten Staaten und Grossbritannien. Das «Recycling» der Ölmilliarden in die anderen Defizitländer hat sich bis jetzt vorwiegend über die Kapitalmärkte -
insbesondere über den Eurodollarmarkt und denjenigen der Vereinigten Staaten - abgewickelt. Die Aufnahmefähigkeit dieser Märkte und der dort tätigen Bankinstitute ist indessen beschränkt, weshalb es unerlässlich ist, gleichzeitig mit den Bestrebungen auf Verminderung der Erdölnachfrage auf multilateraler Grundlage andere, Systeme zur Umverteilung der Ölgelder zu entwickeln.

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Auswirkungen auf die schweizerische Aussenwirtschaft

Die Abschwächung der i internationalen Konjunkturentwicklung hatte sich im ersten Halbjahr noch nicht sichtbar auf den schweizerischen Aussenhandel ausgewirkt; der weltweite Mangel und die entsprechend starke Nachfrage nach

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Rohstoffen und Halbfabrikaten hatten im Gegenteil noch eine mengenmässige Ausweitung unserer Ausfuhren, namentlich von Chemikalien sowie von Metallen und Metallwaren um je etwa 20 Prozent, ermöglicht und waren damit hauptverantwortlich für das reale Wachstum der Gesamtexporte um rund 10 Prozent.

Schon bald nach Jahresmitte begann sich indessen eine Wende in der Entwicklung unserer Ausfuhren abzuzeichnen. Entsprechend der sich rasch abschwächenden internationalen Nachfrage gingen die mengenmässigen Zuwachsraten deutlich zurück. Im Bereich der Investitionsgüter sanken die realen Zuwachsraten im dritten Quartal auf knapp 4 Prozent; die Konsumgüterexporte wurden nach Jahresmitte im Vorjahresvergleich mengenmässig sogar rückläufig. Nachdem in den Monaten August und September eine reale Stagnation in Kauf genommen werden musste, bildete sich die Zunahme des Gesamtexportvolumens im dritten Quartal auf nur noch 3,3 Prozent zurück.

Der Monat November brachte schliesslich eine eigentliche Zäsur in der Entwicklung der Rahmenbedingungen der schweizerischen Aussenwirtschaft, indem die schon seit einiger Zeit feststellbare internationale Nachfrageabschwächung in ihren Auswirkungen durch die rasch ansteigende Höherbewertung des Schweizerfrankens verstärkt wurde. Nachdem der mit den Anteilen der 15 wichtigsten Abnehmerländer am schweizerischen Gesamtexport gewichtete Aufwertungssatz des Frankens (verglichen mit den Kursrelationen Anfang Mai 1971) gegen Jahresmitte noch rund 23 Prozent betragen hatte, musste in der zweiten Jahreshälfte ein ununterbrochener Anstieg der Aufwertungsrate festgestellt werden. Anfang November überschritt sie bereits die 30-Prozent-Grenze, und ab Mitte desselben Monats führte der massive Dollarzustrom - zum Teil handelte es sich vermutlich um «Petrodollars» - zu einem weiteren sprunghaften Anstieg bis auf über 40 Prozent am 18. November. Unmittelbar nach Bekanntwerden der von Bundesrat und Nationalbank getroffenen Massnahmen gegen den Zufluss ausländischer Gelder fiel der Aufwertungssatz zwar auf 33 Prozent zurück, stieg dann aber in den folgenden Wochen wiederum stetig bis zu einem Spitzenwert von 42,5 Prozent am 17.Dezember an; der mit der Gesamtausfuhr gewogene Ansatz erreichte dabei sogar 47,5 Prozent.

Im November sank das Exportvolumen erstmals seit längerer Zeit - und zwar gleich
um 7,5 Prozent - unter das Niveau des entsprechenden Vorjahresmonats. Damit ist der reale Exportzuwachs in den ersten elf Monaten 1974 insgesamt auf 5,4 Prozent zurückgegangen. Von den bedeutendsten Branchen weisen nur noch die chemische sowie die Metallindustrie mit je rund 12 Prozent hohe reale Zuwachsraten auf, während die Ausfuhrsteigerung in der Maschinenindustrie auf 5 Prozent gefallen ist. Bei den Uhrenexporten ist im laufenden Jahr eine mengenmässige Stagnation und im Bereich der Textil- und Bekleidungsindustrie sogar ein realer Exportrückgang um 4,5 Prozent eingetreten.

Die vom erwähnten Anstieg des Wechselkurses unserer Währung ausgehende Verschlechterung der preislichen Konkurrenzfähigkeit der schweizerischen Exportwirtschaft konnte durch den Umstand, dass der interne Preisanstieg im laufenden Jahr in wichtigen Abnehmer- und Konkurrenzländern - mit Ausnahme

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vor allem der Bundesrepublik - grösser war als in der Schweiz, nur in geringem Masse gemildert werden. Wenn es trotzdem noch gelungen ist, die durchschnittlichen Ausfuhrpreise in Franken - gemessen am Exportpreisindex - 1974 noch um etwa 13 Prozent anzuheben, so dürfte dies neben der geringen Preiselastizität der Nachfrage nach vielen schweizerischen Exportgütern sowie dem ausserordentlichen Ausmass der weltweiten Inflation vor allem dem bis weit in das abgelaufene Jahr hinein noch ausgeprägten internationalen Nachfrageaufschwung insbesondere im Bereich der Basisprodukte und Halbfabrikate zuzuschreiben sein. Die Anzeichen (verbreitetes Nachlassen des Bestellungseingangs aus dem Ausland, zunehmende Zahl der Annullierungen von Auslandaufträgen vor allem in der Textilindustrie) sind jedoch nicht mehr zu übersehen, dass die Verstärkung der Höherbewertung unserer Währung im geschilderten Ausmass und zu einer Zeit schwächerer internationaler Nachfrage Folgen für die'Wettbewerbsfähigkeit unserer Export- und Fremdenverkehrswirtschaft nach sich ziehen wird.

Zur Beurteilung der Exportaussichten im Jahre 1975 sind namentlich zwei Faktoren massgebend: Einerseits die Konjunkturentwicklung in unseren wichtigsten Abnehmerländern und andererseits die durch Wechselkurssituation und Teuerungsgefâlle wesentlich mitbestimmte Entwicklung der preislichen Konkurrenzfähigkeit der schweizerischen Erzeugnisse, die über den Anteil unserer Lieferungen am Gesamtimport dieser Länder entscheidet. Infolge der gedämpften internationalen Nachfrage dürfte die seit Mitte 1974 feststellbare Abschwächung der Exporttätigkeit im Jahre 1975 anhalten. Ferner wird entscheidend sein, in welcher Weise die Zahlungsbilanzdefizite wichtiger Industrie- und Entwicklungsländer finanziert und deren Importfähigfceit aufrechterhalten werden können.

Die veränderten Wechselkursrelationen, auf die der Tourismus bisher offensichtlich wesentlich empfindlicher reagiert hat als der Aussenhandel. dürften die Hauptursache der ungünstigen Entwicklung des Reiseverkehrs aus dem Ausland bilden: Während sich die Frequenz der einheimischen Gäste noch leicht erhöht hat, ist die Beherbergungsziffer (Anzahl Logiernächte in Hotel- und Kurortbetrieben) der Ausländer im dritten Quartal 1974 im Vorjahresvergleich erneut um rund 9 Prozent zurückgegangen. Dabei ist
bezeichnenderweise die Nachfrage aus den Ländern mit gegenüber dem Franken am meisten abgeschwächter Währungsposition am stärksten betroffen: Grossbritannien (-39%). Frankreich (-19%), Italien (-18%), USA (-11%).

Verschiedene Umstände haben dazu beigetragen, dass die Ölteuerung sowie der allgemeine Anstieg der Rohstoffpreise 1974 nicht zu der anfänglich befürchteten erheblichen Verschlechterung der schweizerische?! Ertragsbilan: geführt haben.

Als Folge eines leichten mengenmässigen Rückgangs der Einfuhr, der noch deutlichen realen Ausweitung der Ausfuhr sowie der durch die Abschwächung der Importteuerung und den sukzessiven Anstieg des Exportpreisniveaus im Verlaufe des Jahres bewirkten allmählichen relativen Verbesserung der realen Austauschverhältnisse (terms of trade) blieb das Handelsbilanzdefizit etwas unter 8 Milliarden Franken. Demgegenüber dürften der Überschuss aus dem Dienstleistungsverkehr (trotz real rückläufiger Entwicklung des Fremdenverkehrs) sowie vor allem

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der Aktivsaldo aus den Arbeits- und Kapitaleinkommen wiederum deutlich höher ausgefallen sein als im Vorjahr. Der Fehlbetrag aus den einseitigen Übertragungen ist angesichts der kleineren Zahl ausländischer Saisonarbeiter nur geringfügig angestiegen, so dass auch für 1974 mit einem leichten Überschuss der Ertragsbilanz gerechnet werden kann.

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Welthandelsprobleme

Die Ungleichgewichte in der Weltwirtschaft haben - insbesondere im Laufe des zweiten Semesters des Jahres 1974 - eine Verlangsamung des Wachstums des Welthandels mit sich gebracht. Bei instabilen Verhältnissen sind die Regierungen einem starken Druck ausgesetzt, Schutzmassnahmen zu ergreifen oder ihre direkten oder indirekten Exporthilfen zu verstärken.

Im allgemeinen jedoch, abgesehen von einigen bestimmten Fällen (zum Beispiel Importdepot von Italien) konnte der erreichte Liberalisierungsgrad im Handel bewahrt werden. Bei der Annahme des «Stillhalteabkommens» der OECD (vgl. Ziff. 3) sowie an der Jahresversammlung der Vertragsparteien des GATT haben tatsächlich alle Vertreter der wichtigsten Handelsnationen unterstrichen, dass die Zuflucht zu individuellen Schutzmassnahmen die Schwierigkeiten, die durch diese Massnahmen gelöst werden sollten, nur auf andere Länder übertragen würden und gleichzeitig eine Kettenreaktion auslösten, deren schwerwiegende Folgen für den gesamten internationalen Handel nicht besonders hervorgehoben werden müssen.

Mit Befriedigung kann festgestellt werden, dass gerade in der Zeit, in welcher aufgrund der internationalen Wirtschaftslage eine verstärkte Zusammenarbeit erforderlich ist, die Verabschiedung des neuen Handelsgesetzes durch den amerikanischen Kongress endlich ermöglicht, in die aktive Phase der in Tokio eröffneten neuen weltweiten Handelsgespräche einzutreten. Man muss sich allerdings im klaren sein, unter welchen außergewöhnlichen Umständen diese Verhandlungen geführt werden müssen. Es ist tatsächlich seit Bestehen des GATT das erste Mal, dass in einer Zeit, in der das wirtschaftliche Wachstum durch eine spürbare Verlangsamung gekennzeichnet ist, ein weiterer Abbau der Handelshindernisse vorgesehen ist. Zudem, wenn bis heute das primäre Ziel der Regierungen in der Sicherung der besten Bedingungen für die Abwicklung ihrer Exporte bestand, so ist zu erwarten, dass in der bevorstehenden Verhandlungsrunde der sichere Zugang zu den Versorgungsquellen für Rohstoffe, Halbfabrikate und Nahrungsmittel zu den Verhandlungspunkten gehört, die für die Unterhändler von prioritärer Bedeutung sein werden. Mit ändern Worten, die Verhandlungsziele und -bereiche, wie sie 1973 in der Erklärung von Tokio (vgl. unseren 39. Bericht) umschrieben wurden, werden nochmals gegeneinander
ausgewogen werden müssen.

Die konjunkturelle Lage sowie auch die Art der zu lösenden Probleme werden demnach die an den Verhandlungen teilnehmenden Länder - Industrie- und Entwicklungsländer - vor schwierige Aufgaben stellen. Allein jedoch schon die

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Tatsache, dass die Verhandlungen eingeleitet worden sind, ermöglicht eine bei den heutigen wirtschaftlichen Verhältnissen willkommene Gelegenheit, Konsultationen zu pflegen und dauerhafte Kontakte zwischen den für die Handelspolitik ihrer Länder Verantwortlichen aufzunehmen und auszubauen.

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Internationale Währungsdiskussionen

Die Jahresversammlung des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank, die vom 30. September bis 4. Oktober in Washington abgehalten wurde, stand ganz im Zeichen der durch die Erdölkrise heraufbeschworenen schwerwiegenden Wirtschaftsprobleme. Die Fragen des Zahlungsbilanzungleichgewichts, des «Recycling» der Ölmilliarden und der Kapitalhilfe zu Vorzugsbedingungen an die Entwicklungsländer, die von der Krise am härtesten betroffen wurden, standen neben den Gesprächen über eine Neuordnung des internationalen WährungsSystems im Mittelpunkt der Debatten.

Zwei neue Organe wurden geschaffen: das erste, der «Interimsausschuss des Gouverneursrates des IWF», soll gewissermassen den «Zwanziger-Ausschuss» ablösen und sich mit Fragen der Reform und des Funktionierens des internationalen Währungssystems befassen. Wegen der Bedeutung und der Dringlichkeit des Problems gehört auch die Behandlung der Finanzierung der Öldefizite sowie des allfälligen Ausbaus der zu Beginn des Jahres eingeführten «Ölfazilität» zu seinem Auftrag. Das zweite Organ, der «Gemeinsame Ministerausschuss des IWF und der Weltbank», wird sich vor allem mit dem Kapitaltransfer an die Entwicklungsländer befassen. Die Schweiz wurde eingeladen, den Arbeiten dieses Ausschusses als Beobachter zu folgen.

Der Gouverneursrat des IWF genehmigte die Schlussfolgerungen und Empfehlungen, die im Bericht des Zwanzigerausschusses über die Reform des internationalen Währungssystems enthalten sind. Eine einzige Empfehlung wurde dabei zum Beschluss erhoben; sie betrifft eine neue, aber provisorische Methode zur Bewertung der Sonderziehungsrechte (SZR) auf der Grundlage eines sogenannten «Währungskorbes» und die Verzinsung dieser SZR. Die übrigen Fragen werden Gegenstand von Verhandlungen im Interimsausschuss bilden.

Die «Zehnergruppe», der die Schweiz als Beobachter angehört, trat an der Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank sowohl auf der Stufe der Stellvertreter als auf Ministerebene zusammen. Sie stimmte der Erneuerung der «Allgemeinen Kreditvereinbarungen», die von der Zehnergruppe verwaltet werden, um weitere fünf Jahre zu und beschloss. die Arbeiten der Gruppe auf der Stufe der Stellvertreter wieder aufzunehmen. Eine Sitzung der Stellvertreter fand darauf am 20. und 21. November in Paris statt. Dabei wurden insbesondere
zwei Vorschläge, ein amerikanischer Entwurf sowie ein Plan der OECD, über die Schaffung eines Mechanismus des «Recycling» und der Finanzierung der Zahlungsbilanzdefizite unter der Ägide der OECD behandelt. Zur Abklärung der technischen Probleme wurde eine Arbeitsgruppe eingesetzt.

542 Die Frage der Finanzierung der laufenden Zahlungsbilanzdefizite wird in den künftigen internationalen Währungsgesprächen, die zur Hauptsache innerhalb der Institutionen des Internationalen Währungsfonds stattfinden werden, eine zentrale Rolle einnehmen. Obschon die Schweiz nicht zu den Mitgliedern der Bretton-Woods-Institutionen zählt, hat uns das Interesse, das wir diesen für unsere Wirtschaft bedeutungsvollen Fragen entgegenbringen, bewegen, nach Mitteln und Wegen zu suchen, uns in die laufenden oder künftigen Diskussionen einzuschalten.

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Entwicklungsfragen

Die neue Lage auf dem Rohstoffmarkt hat die bereits bestehenden Unterschiede zwischen den einzelnen Entwicklungsländern weiter stark vergrössert. Besonders kritisch hat sich die Situation für die volksreichen und rohstoffarmen Entwicklungsländer zugespitzt, da diese Staaten gezwungen sind, ihre schon sehr bescheidenen Devisenerlöse noch vermehrt für Nahrungsmittel- und Rohstoffimporte aufzuwenden.

Aus diesem Grund und weil man sich bewusst ist, dass eine wirtschaftliche Entwicklung aller Länder für die harmonische Ausgestaltung der Weltwirtschaftsbeziehungen von grosser Bedeutung ist, werden gegenwärtig insbesondere im Rahmen der UNO und des OECD-Ausschusses für Entwicklungshilfe (DAC) Anstrengungen unternommen, den von den Preiserhöhungen am meisten betroffenen Staaten zu helfen und Lösungen auszuarbeiten, die geeignet sind, der bedrohlichen Lage dieser Länder zu begegnen. Ein besonders heikles Problem stellt dabei die herrschende Nahrungsmittelknappheit dar.

Die Lage der Entwicklungsländer ist in unserem Bericht über die Auswirkungen der neuesten weltwirtschaftlichen Ereignisse auf den schweizerischen Beitrag zur internationalen Entwicklungszusammenarbeit eingehend analysiert worden.

Wir verweisen Sie auf diesen Bericht.

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Europäische Zusammenarbeit

21 Entwicklung der Europäischen Gemeinschaften (EG) 211 Politische Zusammenarbeit Während es die ökonomische Lage nicht erlaubte, wesentliche Schritte in Richtung der auf 1980 geplanten Wirtschafts- und Währungsunion zu unternehmen, hat die sogenannte «Politische Zusammenarbeit» gewisse Fortschritte gezeitigt. So haben die Mitgliedstaaten anlässlich der Zypernkrise ihre gemeinsame Haltung in veröffentlichten Stellungnahmen sowie durch Demarchen in Ankara, Athen und Nikosia zum Ausdruck gebracht. Auch im Rahmen der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) haben sich die Neun mit

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Erfolg um ein vereinheitlichtes Vorgehen bemuht und zu wichtigen Fragen gemeinsame Vorschlage eingereicht Die Vorbereitungen der euro-arabischen Konferenz über die wirtschaftliche, technische und kulturelle Zusammenarbeit wurden weitergeführt, doch musste die noch für das Jahr 1974 vorgesehene Eröffnungssitzung verschoben werden Vorbereitet durch die informelle Zusammenkunft der Staats- und Regierungschefs vom 16 September m Paris, fand als Hauptereigms am 9 und 10 Dezember m derselben Stadt die Europaische Gipfelkonferenz statt Sie kam uberem, die Tätigkeit der Gemeinschaft und die Politische Zusammenarbeit m ihrem Gesamtzusammenhang anzugehen und zu diesem Zweck dreimal im Jahr einen Rat der Staats- und Regierungschefs einzuberufen sowie die Aussenmimster vermehrt mit einer impulsgebenden und koordinierenden Rolle zu betrauen Zudem soll die konzertierte Diplomatie unter der Leitung des jeweiligen Prasidialstaates noch verstärkt werden Ferner hielt es die Konferenz für wünschenswert, auf die Praxis der durchgehenden Einstimmigkeit zu verzichten und setzte sich mit Vorbehalt Dänemarks und Grossbntanmens für eine baldmoglichste Volkswahl der Mitglieder des Europaischen Parlaments ein 212 Aus« artige Beziehungen Im Hinblick auf den Ersatz der auslautenden Abkommen von Yaounde und Arusha sowie den Embezug gewisser Commonwealthlander m das bestehende AssoziationsSystem sind die im Juli 1973 begonnenen Verhandlungen mit den 45 Staaten des aß iranischen, kanbischen und pazifischen Raumes weitergeführt worden, wobei eines der Hauptprobleme m der Einfuhrung einer einseitigen Exporterlosgarantiezu Gunsten der Entwicklungslander bestand Ferner hat der Rat am 7 November im Rahmen der künftigen gemeinsamen Handelspolitik gegenüber den Staatshandelslandern ein Abkommensschema gebilligt, das nach dem Vorbild des mit Jugoslawien abgeschlossenen Abkommens einen rucht-piaferentiellen Handels\ ertrag mit Meistbegunstigungsklausel darstellt Das Abkommensschema wurde den COMECON-Staaten, China, Nordvietnam und Kuba zur Prüfung zugestellt Als Ergänzung dazu sowie als Interimslösung bis zur gemeinschaftlichen Regelung der Handelsbeziehungen zu den genannten Staaten verabschiedete der Rat am 12 November die Grundsatze einer ab l Januar 1975 geltenden gemeinsamen autonomen Handelspolitik, wobei die auslaufenden Emfuhrregimes
der Mitghedstaaten m bezug auf die einzelnen osteuropaischen Staaten pro\ isonsch weitergeführt werden - Am 22 Juli einigte sich der Rat zudem über die Einführung eines Informations- und Konsultationsverfahrens für Kooperationsabkommen der Mitgliedstaaten mit dritten Landern Dieses Verfahren bedeutet insofern einen Fortschritt, als es bisher für die Kooperationspolitik, im Gegensatz zur Handelspolitik, keine Gememschaftsregeln gab Einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu einer weltweiten Entu ickhmgspohtik der Gemeinschaft vollzog der Rat m seiner Sitzung vom 16 Juli Er gab seine Zustimmung zum Grundsatz einer finanziellen und technischen Hilfe der Gemein-

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schaft auch an nicht-assoziierte Entwicklungsländer sowie zur Harmonisierung und Koordinierung der Politik der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Zusammenarbeit. Zudem einigte er sich am 12. November über ein neues, ab 1. Januar 1975 geltendes System der Allgemeinen Präferenzen: Um die Schwierigkeiten, in die manche Entwicklungsländer wegen der Energieverteuerung geraten sind, zu mildern, wurde die Liste der landwirtschaftlichen Verarbeitungserzeugnisse erweitert und die Präferenzspanne erhöht.

Als Folge der Rückkehr Griechenlands zur demokratischen Staatsform hat der Rat am 16./17. September seine Entschlossenheit bekundet, unverzüglich den Ausbau der Assoziation wieder in Gang zu setzen und damit den spätem Beitritt Griechenlands zur Gemeinschaft zu erleichtern. Seit dem I.November besteht nun, nach zwölfjähriger Übergangszeit, für einen grossen Teil der gegenseitigen Handelsströme Zollfreiheit zwischen Griechenland und der EWG. Vom vollen Zollabbau noch ausgenommen sind eine gewisse Anzahl industrieller Güter, für die beim Abschluss des Abkommens eine 22jährige Übergangsperiode ausgehandelt worden ist. - Der Rat begrüsste auch die demokratische Entwicklung in Portugal und bekräftigte den Willen der Gemeinschaft, die von diesem Land erstrebte Annäherung an Europa in Form einer Erweiterung des bestehenden Freihandelsabkommens zu fördern.

Das am 19. Dezember 1973 unterzeichnete nicht-präferentielle Handelsabkommen mit Meistbegünstigungsklausel zwischen der Gemeinschaft und Brasilien ist am 1. August für einen Zeitraum von drei Jahren in Kraft getreten. Die beiden Partner kamen ferner überein, untereinander eine Zusammenarbeit auf den Gebieten der Landwirtschaft und der Investitionen einzuführen.

Das Abkommen sieht zudem vor, dass die Gemeinschaft im Rahmen der Allgemeinen Präferenzen zu Gunsten der Entwicklungsländer den Gemeinsamen Zolltarif für Kakaobutter und löslichen Kaffee im Rahmen bestimmter Einfuhrplafonds teilweise aussetzt. Im Fleischbereich sieht das Abkommen, ähnlich wie gegenüber Argentinien, Einfuhrerleichterungen der Gemeinschaft vor, wobei Brasilien allerdings die Lieferungen so zu überwachen und zu steuern hat, dass keine Störungen eintreten. - Ebenfalls am 1. August ist ein ähnliches, am 2. April 1973 unterzeichnetes Abkommen zwischen der Gemeinschaft und Uruguay in Kraft
getreten. Nebst den oben erwähnten Bestimmungen setzt der Vertrag auch gewisse EWG-Zoll-Konzessionen für Handarbeitserzeugnisse und Vorteile für die uruguayischen Rindfleischexporte fest.

213 Wirtschafts- und Währungspolitik Am 21. Oktober hat der Rat den Jahresbericht über die Wirtschaftslage der Gemeinschaft gebilligt, dem die folgenden Daten zu entnehmen sind : Im Zeitraum 1973/74 betrugen das reale Wachstum in der Gemeinschaft 2,5, die durchschnittliche Inflationsrate 13,5 Prozent. Für 1974/75 wird mit ähnlichen Werten gerechnet. Während das Wachstum in den einzelnen Mitgliedstaaten einigermassen im Gleichschritt verlaufen soll, werden für den Preisauftrieb nach wie vor erhebliche,

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wenn auch im Vergleich zu bisher etwas geringere nationale Unterschiede erwartet. Nur allmählich vermindern werden sich auch die zur Zeit beträchtlichen Ungleichgewichte in den laufenden Zahlungsbilanzen der Mitgliedstaaten.

In den Leitlinien für die im Jahre 1975 zu befolgende Wirtschaftspolitik empfiehlt die Kommission den Mitgliedstaaten mit hohen Zahlungsbilanzdefiziten eine Dämpfung der Binnennachfrage, während die Überschussländer eine interne Nachfrage sichern sollten, «die dem Kosten- und Preisauftrieb durch erhöhte Produktivitätsgewinne entgegenwirken kann.» Alle Mitghedstaaten müssten indessen die Expansion der Gesamtnachfrage in den durch das Wachstum der Produktionskapazitäten gegebenen Grenzen halten. Diesen allgemeinen Leitlinien folgen konkrete Empfehlungen an die einzelnen Mitgliedstaaten hinsichtlich ihrer Haushalt-, Geldmengen-, Kredit-, Preis- und Sozialpolitik. Schliesslich wird festgehalten, dass die Gemeinschaft im Jahre 1975 noch schweren wirtschaftlichen Gleichgewichtsproblemen ausgesetzt sein werde. Ein durchgreifender Erfolg bei der Inflationsbekämpfung und dem schrittweisen Abbau der Zahlungsbilanzdefizite könne nur dann ohne schwerwiegende Verschlechterung der sozialen Lage erreicht werden, wenn alle sozialen Gruppen mitarbeiteten und die zu bringenden Opfer gerecht unter sich verteilten.

Die vom Ministerrat grundsätzlich bereits am 21. Oktober gebilligte Verordnung über Gemeinschaftsanleihen ist am 18. November endgültig verabschiedet worden. Damit ist die Gemeinschaft von den die Bedienung der Anleihe nach einem bestimmten Schlüssel garantierenden Mitgliedstaaten ermächtigt worden, bei Drittstaaten oder auf dem Kapitalmarkt Finanzmittel in der Höhe von insgesamt 3 Milliarden Dollar (einschl. Zinsen) aufzunehmen, um sie alsdann solchen Mitgliedstaaten auszuleihen, die sich in ölpreisbedmgten Zahlungsbilanzschwierigkeiten befinden. Die Weiterleitung der Mittel an einzelne Mitgliedländer wird dabei von strengen, im Einzelfall durch den Rat festzulegenden wirtschaftspolitischen Bedingungen abhängig gemacht. Dadurch soll die gemeinschaftliche Finanzierung von Zahlungsbilanzdefiziten auch in den Dienst der 'Bemühungen um eine intern besser abgestimmte Wirtschaftsentwicklung der Gemeinschaft gestellt werden.

Die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten haben sich
auf ihrem Pariser Gipfeltreffen vom 9./10. Dezember geeinigt, am 1. Januar 1975 einen provisorischen Europäischen Regionalfonds in Kraft treten zu lassen. Mit einjähriger Verspätung gegenüber dem Stufenplan konnte damit theoretisch der formelle Übergang zu einer zweiten Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion erfolgen.

Der Fonds wird für die ersten drei Jahre mit 1,3 Milliarden Rechnungseinheiten ausgestattet, wogegen der Kommissionsvorschlag, auf den man sich Ende 1973 vergeblich zu einigen versuchte, auf 2,25 Milliarden Rechnungseinheiten gelautet hatte. Im Unterschied zum damaligen Vorschlag, der eine sehr breite Streuung der Mittel nach dem sogenannten Giesskannenprinzip vorsah, sollen nach der jetzt beschlossenen Formel die Mittel in die am weitesten zurückliegenden Gebiete der Gemeinschaft fliessen. Dies bedeutet, dass nur Italien, Grossbritannien und Irland mehr aus dem Fonds beziehen als sie einzahlen, während die übrigen Mitglied-

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Staaten, wenn auch teilweise in nur geringem Umfang, zu Netto-Geberländern werden.

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Landwirtschaftspolitik

Die im Vergleich mit dem Weltmarkt teils beträchtlich tieferen EWG-Agrarpreise, der Rückstand der landwirtschaftlichen Einkommen gegenüber jenen anderer Berufstätiger und vor allem der Preisanstieg für Produktionsmittel veranlasste die EWG-Landwirtschaft, erhöhte Preisforderungen zu stellen. Angesichts der sich verschlechternden Weltversorgungslage hat der Rat das im März für das Wirtschaftsjahr 1974/75 schon um 8,5 Prozent erhöhte Preisniveau am 2. Oktober um weitere 5 Prozent angehoben. Diese Einigung war jedoch nur zu erreichen, indem jenen Mitgliedstaaten, die auf eine Revision der gemeinsamen Agrarpolitik drängen, zugestanden wurde, dass die Kommission dem Rat einen Bericht über den Zustand dieser Politik vorzulegen hat, dass EWG-vertragswidrige nationale Agrarbeihilfen abgeschafft und die ausserordentlichen Preiserhöhungen jenen für das Wirtschaftsjahr 1975/76 - die Kommission hat 9 Prozent vorgeschlagen angerechnet werden.

Durch die Abwertung der Grünen Lira um 12,5 Prozent und die entsprechende Verminderung der Währungsausgleichsbeiträge ergab sich eine zusätzliche Erhöhung der durch die Marktordnungen festgelegten italienischen Agrarpreise.

Diese sind damit wieder in den Bereich des gemeinschaftlichen Preisniveaus zurückgekehrt. Auch für die neuen Mitgliedstaaten Dänemark, Grossbritannien und Irland wurden abweichend von der bisherigen Regelung im Bereich der Landwirtschaft sogenannte «repräsentative Umrechnungskurse» festgesetzt.

Zur Sicherung der internen Versorgungslage sind auf den Ausfuhren von Getreide und Zucker teils prohibitive Abschöpfungen eingeführt worden, wobei vorgesehen ist, diese Massnahme auch auf die entsprechenden Veredelungs- und Verarbeitungserzeugnisse auszudehnen. Zudem wurden auf den Einfuhren von Zucker sowie auf der freien Zuckerquote Subventionen gewährt, während die Rückerstattung auf «Industriezucker» gestrichen wurde. - Ferner ist darauf hinzuweisen, dass der Rat die bestehende Zuckermarktordnung zwar verlängert, die Grundquoten angesichts der weltweiten Verknappung aber beträchtlich erhöht hat.

Die Überschuss-Situation auf dem Rindfleischmarkt hat erwartungsgemäss noch keine Milderung erfahren. Das am 15./l7. Juli eingeführte befristete Einfuhrembargo wurde verlängert. Ein Teil der Überschüsse wurde mit Subventionen exportiert, ein anderer soll mit
gezielten Konsumentensubventionen auf dem Binnenmarkt abgesetzt werden. Schliesslich werden an Viehhalter - auch im Blick auf die im Anschluss an die Überschussphase zu erwartende Verknappung - Prämien zum Durchhalten der Viehbestände und zur Verzögerung des Angebots ausgerichtet.

Der Weinmarkt wird ebenfalls durch Überschüsse gedrückt; diese sind teilweise zu Brennzwecken abgezweigt worden.

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Andere gemeinsame Politiken

Am 17. September verabschiedete der Rat auf der Grundlage der von der Kommission ausgearbeiteten «neuen energiepolitischen Strategie» eine Entschliessung. Diese bekräftigt den politischen Willen zur Erarbeitung und Durchführung einer gemeinsamen Energiepolitik und schafft damit wesentliche Grundlagen für ein gemeinschaftliches Konzept, das darauf abzielt, eine sichere und wirtschaftlich zufriedenstellende Versorgung der Gemeinschaft zu gewährleisten. Anlässlich seiner Tagung vom 17. Dezember hat der Rat diese Entschliessung durch folgende Zielsetzungen in bezug auf die Deckung des EG-Rohenergiebedarfs konkretisiert:

Kernenergie Mineralöl Erdgas Kohle Hydraulische und geothermische Energie . . .

14 61 4 11 6 226 3

min mal

maximal

13 41 18 17 3

16 44-49 20-23 17 3

Ferner hat der Rat ein Gemeinschaftsprogramm für eine rationellere Energienutzung angenommen, das eine Senkung der jährlichen Wachstumsrate der Nachfrage um 3 Prozent vorsieht. Gutgeheissen wurde schliesslich ein Kredit von 44,5 Millionen Rechnungseinheiten für 22 gemeinschaftliche Vorhaben im Bereich der Energieforschung.

Im Bereich der Industriepolitik hat der Rat am 15. Juli 1974 eine Entschliessung über seine künftige Politik auf dem Gebiet der Datenverarbeitung verabschiedet und damit erstmals gemeinschaftliche Grundsätze und Verfahren für die Zusammenarbeit in einem konkreten Industriebereich festgelegt. Er hält es für wünschenswert, dass mittelfristig ein systematisches Programm der Gemeinschaft zur Förderung der Forschung, der industriellen Entwicklung und Anwendung der Datenverarbeitung aufgestellt wird, das insbesondere eine Koordinierung der einzelstaatlichen Förderungsmassnahmen und - in geeigneten Bereichen von gemeinsamem europäischem Interesse - eine gemeinschaftliche Finanzierung vorsehen würde.

In Durchführung des Umwehschutzprogramms der Europäischen Gemeinschaften hat der Rat am 7. November folgende Rechtsakte verabschiedet: - eine Richtlinie über Qualitätsanforderungen an Oberflä'chenwasser. das zum Trinken bestimmt ist, - eine Richtlinie über die Sammlung, Lagerung und die Behandlung des Altöls, - eine Empfehlung zur Durchsetzung des Verursacherprinzips in der Gemeinschaft,

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- eine Entschliessung über Energie- und Umweltschutz, - einen Beschluss über den Beitritt der Gemeinschaft zur Pariser Konvention über die Verhütung der Meeresverschmutzung vom Lande aus, - einen Beschluss über den Beitritt der Gemeinschaft zur Strassburger Binnengewässerkonvention des Europarates.

In bezug auf die Verkehrspolitik hat der Rat am 11. Dezember den kombinierten Huckepack-Verkehr ab Oktober 1975 liberalisiert, d. h. vom innergemeinschaftlichen Strassengüterverkehrs-Kontingent ausgenommen. Dieses Kontingent wurde zudem um 20 Prozent auf 2285 Zulassungen erhöht und das Margentarifsystem um ein weiteres Jahr verlängert. Ferner hat der Rat im Hinblick auf die für das Jahr 1980 vorgesehene gemeinschaftliche Eisenbahnpolitik eine Entscheidung gefasst, durch welche die Geschäfts- und Buchführung der öffentlichen Transportunternehmen einer verstärkten Transparenz unterworfen werden.

Im Bereich der Sozialpolitik hat der Rat am 17. Dezember eine Richtlinie über die gleiche Entlöhnung von Männern und Frauen ab 1. Oktober 1975 gutgeheissen. Die Richtlinie harmonisiert den Begriff der Arbeit sowie die Kontrollen, Rekurse und Strafbestimmungen. Ferner hat er die Richtlinie über den Schutz der Arbeitnehmer bei Massenentlassungen verabschiedet.

216

EGKS und Euratom

Die starke Nachfrage auf dem Kohlenmarkt hat sich im zweiten Halbjahr mit entsprechender Preishausse fortgesetzt. Der Bedarf überstieg bei weitem das laufende Angebot, so dass seine Befriedigung nur durch einen weiteren Abbau der Haldenbestände möglich war.

Auch die Lage in der Stahlindustrie war durch ein extrem hohes Niveau der Nachfrage und das durch die vorhandenen Produktionskapazitäten begrenzte Angebot gekennzeichnet. Infolgedessen blieb auch die Versorgungslage im Schrottbereich stark angespannt.

In der Berichtsperiode wurde die Prüfung von 35 Kohleforschungsprojekten abgeschlossen. Der Rat stimmte dem Antrag der Kommission zu, für diese Vorhaben 7,4 Millionen Rechnungseinheiten bereitzustellen. 4,6 Millionen Rechnungseinheiten wurden für 38 Stahlforschungsprojekte bewilligt.

Im Bereich der Euratom hat der Rat am 4. Juni mit einer Entschliessung über die Versorgung der Gemeinschaft mit angereichertem Uran den Betreibern von Anreicherungsanlagen der Diffusions- und Zentrifugentechnologie empfohlen, die Konzertation der Entwicklung ihrer derzeitigen Projekte in verstärktem Masse fortzusetzen. Die Verbraucher von angereichertem Uran wurden aufgefordert, bei wirtschaftlich gleichen Bedingungen Aufträge vorzugsweise der europäischen Urananreicherungsindustrie zu erteilen.

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Wirtschafts- und Handelsrecht

Die zu den Grundprinzipien des Gemeinsamen Marktes gehörenden Freiheiten der Niederlassung und der Dienstleistungserbringung sind in ihrer Bedeutung vom Europäischen Gerichtshof verdeutlicht worden. An sich hätten nach den Artikeln 52 und 59 des EWG-Vertrages bis zum Ende der Übergangszeit, also dem 31. Dezember 1969, sämtliche auf nationale Kriterien abstellenden Beschränkungen der genannten Freiheiten mittels vom Rat zu erlassender Richtlinien beseitigt werden sollen. Da es jedoch bis zum genannten Zeitpunkt und auch bis heute nicht möglich war, sämtliche für die verschiedenen Berufszweige vorgesehenen Liberalisierungsrichtlinien zu verabschieden, stellte sich die Frage, ob nicht dennoch die Artikel 52 und 59 des Römer-Vertrages je ein seit dem Ende der Übergangszeit unmittelbar anwendbares allgemeines Diskriminierungsverbot enthalten. Dies hat der Gerichtshof für beide genannten Artikel bejaht: So hat er zunächst am 21. Juni in der Rechtssache 2/74 entschieden, dass es einen Verstoss gegen Artikel 52 EWGV darstellt, wenn dem Angehörigen eines Mitgliedstaates die berufsmässige Niederlassung als Rechtsanwalt in einem ändern Mitgliedstaat allein auf Grund seiner Staatsangehörigkeit verweigert wird. Und in einem zweiten, die Rechtssache 33/74 betreffenden Urteil vom 3. Dezember wurde festgehalten, dass nach Artikel 59 EWGV die grenzüberschreitende Erbringung von Dienstleistungen (konkret ging es wieder um die Anwaltstätigkeit) zugelassen werden muss, wenn die berufsspezifischen Voraussetzungen im Mitgliedstaat, in dem die Dienstleistung erbracht werden soll, erfüllt sind.

Ein weiteres, in den gleichen Sachzusammenhang gehörendes Urteil des Europäischen Gerichtshofes betrifft die Auslegung der Freizügigkeitsbestimmungen des EWG-Vertrages (Art. 48 ff.) sowie der Verordnung Nr. 1612/68. In der Rechtssache 9/74 wurde am 3. Juli entschieden, dass es den Staaten im Gemeinschaftsbereich untersagt ist, Kinder von Angehörigen anderer Mitgliedstaaten von der Ausbildungsförderung (Gewährung von Stipendien) auszuschliessen.

Im wettbewerbsrechtlichen Bereich hatte der Gerichtshof in zwei Fällen Gelegenheit, die Grenzen der Ausübung nationaler gewerblicher Schutzrechte zu präzisieren. In der Rechtssache 192/73 (van Zuylen/Hag AG) wurde am 3. Juli entschieden, dass es gegen die Bestimmungen des EWG-Vertrages
über den freien Warenverkehr verstösst, wenn der Vertrieb eines Erzeugnisses, das in einem Mitgliedstaat rechtmässig mit einem Warenzeichen versehen wurde, in einem anderen Mitgliedstaat allein mit der Begründung verboten wird, in diesem Staate bestehe ein ursprungsgleiches identisches Warenzeichen. Dürfe somit der Inhaber eines in einem Mitgliedstaat geschützten Warenzeichens den Markenartikel in einem anderen Mitgliedstaat vertreiben, dann gelte gleiches für einen Dritten, der dieses Erzeugnis in dem erstgenannten Staat ordnungsgemäss erworben hat. .Hingegen könnten Warenzeichenrechte auf jeden Fall geltend gemacht werden, um den rechtmässigen Inhaber des Warenzeichens vor missbräuchlicher Benutzung durch Personen zu schützen, denen keinerlei Rechtstitel zustehen.

Ein sehr ähnliches, jedoch auf das Patentrecht bezogenes Urteil betrifft die am 31. Oktober entschiedene Rechtssache 15 und 16/74 (Centrafarm/Sterling

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Drug/Winthrop). Danach dürfen auch Patente nicht zur Abgrenzung der einzelnen nationalen Märkte innerhalb der Gemeinschaft ausgenutzt werden. Die im nationalen Patentrecht gewährte Möglichkeit, die Einfuhr einer von einem Patent geschützten und in einem ändern Mitgliedstaat rechtmässig in den Verkehr gebrachte Ware zu verbieten, ist folglich mit den gemeinschaftlichen Regeln über den freien Warenverkehr ebenfalls unvereinbar. Dabei ist es insbesondere auch unerheblich, ob der Patentinhaber und der eventuelle Lizenznehmer zum gleichen Konzern gehören.

Im Bereich des Gesellschaftsrechts ist darauf hinzuweisen, dass das Europäische Parlament den Statusentwurf für eine Europäische Aktiengesellschaft gutgeheissen hat. Sollte der Rat diesen Vorschlag verabschieden, so würde damit die erste allgemeine und rein supranationale Gesellschaftsform der Rechtsgeschichte verwirklicht. In bezug auf die Mitbestimmung hatte die Kommission eine Arbeitnehmervertretung von einem Drittel vorgeschlagen; das Parlament hingegen einigte sich auf die Vertretung von Kapital und Arbeit zu je einem Drittel, wobei das dritte Drittel kooptiert würde. Diese Modelle sind indessen nur als «Mitüberwachung» konzipiert, insofern der Verwaltungsrat zu einem blossen Aufsichtsrat, dem keine eigentlichen Leitungsaufgaben obliegen, abgewertet wird.

22

Beziehungen Schweiz/EG 221

Freihandelsabkommen

In einer wechselhaften weltwirtschaftlichen Lage, bedingt durch Versorgungsschwierigkeiten und Zahlungsbilanzungleichgewichte, sind die Vorteile des Freihandelsabkommens und des guten Funktionierens seiner internen Mechanismen in spürbarer Weise in den Vordergrund gerückt. Hat der gegenseitige Handel in der Berichtsperiode erheblich zugenommen, so wird sich diese Tendenz mit der am 1. Januar 1975 erfolgenden dritten Zollabbaustufe von 20 Prozent noch konsolidieren. Es ist anzunehmen, dass die sich damit einstellenden Produktivitätsvorteile bei der gegenwärtigen Marktlage auch den Konsumenten zugute kommen dürften, sofern diese eine vergleichende und zurückhaltende Nachfrage ausüben.

Während die Schweiz für das Jahr 1974 noch mit einer ausgeglichenen Ertragsbilanz rechnen darf, steht die Gemeinschaft vor einem geschätzten globalen ·Zahlungsbilanzdefizit von rund 20 Milliarden Dollar. Trotz dieser Perspektive hat sie das im Frühjahr auf Ausfuhren nach Italien erhobene Depot für die meisten Agrarprodukte aufgehoben und ist damit einer Forderung, welche die Schweiz an der dritten Sitzung des Gemischten Ausschusses Schweiz-EWG erhoben hatte, zwar erst teilweise, aber doch wesentlich nachgekommen.

An der vierten, in Brüssel abgehaltenen Sitzung des Gemischten Ausschusses bestätigte sich die Nützlichkeit dieses in halbjährlichen Intervallen zusammentretenden Gremiums im Hinblick auf die ordnungsgemässe Durchführung des Abkommens. Es bot aber auch Gelegenheit zu einem weiten Meinungsaustausch über die externen Bedingungen des Freihandels, nämlich die gemeinsamen Anstrengun-

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gen zur Bewältigung der sich aus der weltwirtschaftlichen Lage ergebenden Probleme und die von den Vertragspartnern zu verfolgende Wirtschaftspolitik in den dem Freihandel mit Industrieprodukten vorgelagerten volkswirtschaftlichen Sektoren. Von erster Dringlichkeit ist die Anpassung der Wirtschaft an die stark verteuerte Energie, wobei die entsprechende Kosteninflation gemeistert, der langfristige Zahlungsbilanzausgleich gefunden und im gegenseitigen Verhältnis auf eine den Abkommenszielen entsprechende Versorgung mit Grundstoffen beachtet werden muss. Der Gemischte, Ausschuss unterstrich die Notwendigkeit, beim Angehen der genannten Probleme noch in verstärktem Masse zusammenzuarbeiten und die bestehenden Konsultationsmechanismen voll in Anspruch zu nehmen.

Zuvor hatte der Ausschuss im schriftlichen Verfahren einige vom Zollausschuss vorbereitete Änderungen des Protokolls Nr. 3 angenommen. Deren wichtigste modifiziert erstmals seit Inkrafttreten des Abkommens die Listen A und B gemäss Vorschlägen aller Freihandelspartner, wodurch auf den 1. Januar 1975 der eingetretenen wirtschaftlichen und zolltechnischen Entwicklung Rechnung getragen werden kann. Des weitern wurde Artikel 23 Absatz l betreffend das Drawback-Ver bot auf den 1. Januar 1975 für ein Jahr suspendiert und der Zollausschuss beauftragt, während dieser Zeit eine den wirtschaftlichen Gegebenheiten besser angepasste Formulierung zu finden.

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Landwirtschaft

·Die unter Ziffer 214 beschriebene Entwicklung der EWG-Landwirtschaftspolitik hat sich auch auf verschiedenen Gebieten des zwischen der Schweiz und den EG-Ländern bestehenden landwirtschaftlichen Aussenhandels ausgewirkt.

Die erwähnten Agrarpreiserhohungen führten im Milchsektor zu einer entsprechenden Anhebung der Mindestpreise für unsere wichtigsten Kaseexporte; doch konnten diese auf dem Markt realisiert werden. - Unterdessen wurden ferner für Schmelzkäse und Säuglingsmilchpulver ins Gewicht fallende Verbesserungen der Einfuhrbedingungen ausgehandelt, die in den ersten Monaten des neuen Jahres in Kraft treten sollen.

Nachdem die Ausfuhren von Nutz- und Zuchtvieh unter dem italienischen Depot (s. Ziff. 614) stark gelitten hatten, verunmöglichten während einiger Wochen italienische Auflagen die Ausfuhr von Nutzvieh. Es bedurfte nachdrücklicher Interventionen zur Beseitigung dieser Hindernisse. Hingegen ist es trotz unseren Bemühungen in Brüssel und Rom noch nicht gelungen, die Einfuhrbewilligungspflicht für Nutzvieh zu beseitigen oder wenigstens die auf zehn Tage beschränkte Einfuhrlizenzdauer zu verlängern. - Die traditionelle Ausfuhr von Bündnerfleisch nach der EWG, ist durch das Einfuhrverbot für Rindfleisch zum Stillstand gekommen. Wir bemühten uns, vorläufig noch ohne Erfolg, um praktische Lösungen zur Ermöglichung der Wiederaufnahme dieser Ausfuhren.

Während sich die Versorgungslage für Reis wieder emigermassen normalisiert hat, wurden unsere Zuckerbezugsmöglichkeiten aus der EWG, die in den letzten Jahren über 90 Prozent unserer Einfuhren ausmachten, auf Grund der

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EWG-Ausfuhrabschöpfungen lahmgelegt. Die gesamte Produktion der Ernte 1974/75 ist zur Deckung der schwierigen Versorgungslage der EWG zurückbehalten worden. Wir sind in Brüssel vorstellig geworden und bemühen uns um die Wiederherstellung der traditionellen Handelsströme.

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Transitabkommen Schweiz/EGKS

Der Transportausschuss, der durch das Abkommen für die Einführung direkter internationaler Eisenbahntarife im Verkehr mit Kohle und Stahl im Durchgang durch das schweizerische Gebiet von 1956 eingesetzt worden ist, stimmte am 8./9. Oktober anlässlich seiner ordentlichen Sitzung in Luzern auf schweizerischen Antrag einer Kürzung resp. Aufhebung der Sonderrabatte für die Transit-Tarife im Schrottverkehr zu. Die zunehmenden Abnahmeschwierigkeiten der Bahnen an der Südgrenze und die damit für die SBB und BLS verbundenen zusätzlichen Kosten machten diesen Schritt erforderlich. Es sei beigefügt, dass die bisher von der Schweiz autonom gewährten Rabatte wie auch jene, die für die nächste Zukunft weiterhin auf den übrigen EGKS-Transporten zugestanden werden, nicht einer rechtlichen Verpflichtung, sondern einer Gewohnheit entsprechen, die durch reibungslose Verkehrsvoraussetzungen bedingt wird.

Ferner ist darauf hinzuweisen, dass am 10. Oktober in Brüssel ein Ergänzungsprotokoll zum obgenannten Abkommen von der Schweiz, den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften unterzeichnet worden ist. Mit diesem Protokoll treten die drei neuen Mitgliedstaaten Dänemark, Grossbritannien und Irland dem Transitabkommen bei, was zur Folge hat, dass auch deren Eisenbahnen zur Festsetzung und zur Anwendung von direkten Tarifen mitzuwirken haben.

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Rheinschiffahrt

Die Zentralkommission für die Rheinschiffahrt (ZKR) nahm im April den Richtlinienvorschlag Nr. 6 der Kommission der Europäischen Gemeinschaften zur Kenntnis, mit welchem die Anwendung der Mehrwertsteuer auf die Rheinschiffahrt verlangt wird. Das Plenum liess in einem Brief an den Präsidenten des Rates der EG festhalten, dass die in der Richtlinie vorgeschlagene Regelung gegen Artikel 14 und 3 der Mannheimer Akte verstosse. Die Schweiz beantwortete eine entsprechende Anfrage von Seiten der Gemeinschaft ausdrücklich mit dem Hinweis darauf, dass sie die grundsätzlichen Bedenken der ZKR vollends teile.

In Anbetracht der 1974 trotz der um 5 Prozent angestiegenen Transporte wiederum ungünstigen Ertragslage der Rheinschiffahrt hat die ZKR die Regierungen mit Nachdruck auf die Notwendigkeit hingewiesen, die Abwrackaktionen in vermehrtem Masse fortzusetzen und baldmöglichst eine Regelung für die zeitweilige Stillegung von Schiffsraum zu vereinbaren. Die dritte Zusammenkunft zur Ausarbeitung einer solchen Regelung war für März 1974 vorgesehen, musste jedoch verschoben werden, da die Europäischen Gemeinschaften und ihre der

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Mannheimer Akte und der Mosel-Konvention angehörenden Staaten vorerst erweiterte Verhandlungsrichtlinien auszuarbeiten hatten. Nachdem diese Richtlinien am l I.Dezember verabschiedet werden konnten, ist mit einer Wiederaufnahme der Verhandlungen zu Beginn des Jahres 1975 zu rechnen.

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Europäischer Dienstpass

Mit Briefwechsel zwischen unserer Mission bei den Europäischen Gemeinschaften und der EG-Kommission vom 5. Dezember hat die Schweiz den Dienstpass, den die Europäischen Gemeinschaften ihren Chefbeamten ausstellen, als Reisedokument anerkannt. Da es sich hierbei um den ersten «Europäischen Pass» handelt, kommt dieser Geste eine gewisse symbolische Bedeutung zu.

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Europäische Zusammenarbeit auf dem Gebiet der wissenschaftlichen und technischen Forschung (COST)

Unter den 'neun von insgesamt zwölf Forschungsunternehmen, an denen die Schweiz beteiligt ist, fand in letzter Zeit die COST-Aktion 11 besondere Aufmerksamkeit. Zweck dieser Aktion ist es. an Hand einer Pilot-Anlage die Möglichkeit eines europäischen Netzes für den Informationsaustausch zwischen Datenverarbeitungsanlagen zu untersuchen. Ein im Hinblick darauf ausgeschriebener Wettbewerb, an dem sich 28 Bewerber beteiligten, ist von einem britisch-französischen Konsortium gewonnen worden, während mit der Lieferung der Software eine schweizerische Firma betraut wird. Nach Erprobung der Pilot-Anlage sollen Knotenzentren in allen fünf Instituten installiert werden, die bei dieser Forschung eine führende Rolle spielen, nämlich : Institut de recherche en informatique et automation (F), National Physical Laboratory (GB), Politecnico di Milano (I), Gemeinsame Forschungsstelle der EG in Ispra und die ETH Zürich.

Im übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Rat auf Vorschlag des Ausschusses für wissenschaftliche und technische Forschung (CREST) am 25. September hinsichtlich der Zukunft der COST die folgenden Grundsätze gebilligt hat: - Die COST ist als ein Rahmen, in welchem Drittstaaten an Aktionen von gemeinschaftlichem Interesse beteiligt werden können, aufrechtzuerhalten; - Das «'gemeinschaftliche Interesse» an einer Aktion bedingt nicht, dass alle EGMitgliedstaaten an ihr beteiligt sein müssen; - Besteht kein gemeinschaftliches Interesse an neu vorgeschlagenen Aktionen, so können diese im Rahmen der COST dennoch durchgeführt werden. Die Kommission der EG kann auch in diesem Fall die Sekretariatsarbeiten besorgen, doch sind die anfallenden Kosten durch die beteiligten Regierungen zu vergüten.

Auf Grund dieser Richtlinien bleibt die Mitwirkung von Drittstaaten im Rahmen der COST weiterhin möglich. Wir lassen uns dabei wie bisher vom Gedanken leiten, dass sich unsere Mitarbeit vor allem an solchen Forschungsak-

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tionen rechtfertigt, die in der Schweiz ohnehin unternommen werden müssten und bei denen sich mit der internationalen Aufgabenteilung konkrete Vorteile ergeben.

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Europäische Freihandelsassoziation (EFTA)

Der primären Zwecksetzung des EFTA-Abkommens entsprechend haben sich dessen Mitgliedstaaten auch in der Berichtsperiode um die Erhaltung, Konsolidierung und, wo möglich, den weiteren Ausbau des industriellen Freihandels unter sich bemüht. In diesem Sinne sind die handelspolitischen Massnahmen erörtert worden, zu denen sich einzelne EFTA-Staaten - Finnland, Island und Portugal - infolge der weltwirtschaftlichen sowie politischen Entwicklungen veranlasst sahen.

Die Verhandlungen zur Einführung gewisser Richtlinien, die bei der Berechnung der Kompensationsabgaben oder -Zahlungen zum Ausgleich von unterschiedlichen Preisen der in importierten oder exportierten landwirtschaftlichen Verarbeitungsprodukten enthaltenen Rohstoffe zu beachten wären, wurden weitergeführt. Eine gewisse Komplikation hat dieser Problemkreis durch die Umkehrung der Preissituation bei wichtigen Rohstoffen, vor allem beim Zucker, erfahren.

Unter dem Titel der Ausweitung des Freihandels wurden schliesslich die Bemühungen um den Abbau der technischen Handelshindernisse mit vermehrter Intensität fortgeführt. Das sogenannte INST-Verfahren (vor dem Erlass neuer technischer Normen oder Bestimmungen sind die EFTA-Partner zu konsultieren) wurde überprüft und im Lichte der mit ihm gemachten Erfahrungen neu formuliert. Auf demselben Gebiet der nichttarifarischen Handelshindernisse hat der Rat ferner beschlossen, durch die Handels- und Nonnenexperten untersuchen zu lassen, welche Gebiete und Methoden sich für eine weitere Reduktion dieser Hindernisse am besten eignen. Dabei bezweckt die EFTA nicht die Schaffung eigener Normen; beabsichtigt ist vielmehr, Ansatzpunkte für neue Impulse in umfassenderen Organisationen zu finden. Schliesslich ist, ebenfalls in diesem Zusammenhang, schweizerischerseits an der Herbsttagung der EFTA-Minister in Helsinki ein Vorstoss zugunsten von Vereinfachungen des Registrierungsverfahrens bei der Einfuhr von pharmazeutischen Erzeugnissen unternommen worden.

An der erwähnten Ministertagung fand auch ein Gedankenaustausch über die wachsenden Schwierigkeiten der Weltwirtschaft statt. Die Aussprache erstreckte sich namentlich auf handels-, währungs- und energiepolitische Probleme, mit denen die EFTA-Staaten, die alle besonders eng mit der Weltwirtschaft verbunden sind, gegenwärtig konfrontiert sind.

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Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD)

Von den mannigfaltigen Arbeiten der OE.CD verdienen die folgenden Erwähnung:

Exekutivausschuss in Sondersession Dieser von Botschafter P. R. Jolies präsidierte Ausschuss. der sich aus Chefbeamten der 24 Mitgliedstaaten und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften zusammensetzt, ist mit der Aufgabe betraut, die Übersicht über die internationalen Wirtschaftsprobleme und deren gegenseitigen Beziehungen zu wahren. Er ist somit in der Lage, sicherzustellen, dass die Arbeiten der verschiedenen internationalen Gremien übereinstimmen, und ihre Fortschritte zu überwachen.

Im November kam der Ausschuss aufgrund einer Analyse der Weltwirtschaftslage zum Schluss. dass den sich gegenwärtig verschärfenden sektoriellen und strukturellen Problemen in Zukunft besondere Beachtung zu schenken sei.

Schwierigkeiten sind bekanntlich nicht nur in der Automobilindustrie, sondern namentlich auch in der Chemie, in der Textilindustrie und im Fremdenverkehr aufgetreten.1 Der Ausschuss untersuchte das Verhältnis zwischen der Wirtschaftslage und der im letzten Mai von den OECD-Ministern abgegebenen handelspolitischen «Stillhalteerklärung» (s. Anhang 2 unseres 3. Berichtes). Er stellte dabei fest, dass diese Erklärung zwar ursprünglich dazu bestimmt war. unangebrachte und für die Mitgliedstaaten schädliche Reaktionen zu verhindern und Zeit für die Ausarbeitung eines Planes zur internationalen Zusammenarbeit zu gewinnen. Es gehe jedoch heute darum, die Voraussetzungen zu prüfen, die erfüllt sein müssen, um die Handelsliberalisierung aufrechterhalten zu können. Zu diesen Voraussetzungen zählen zweifellos die Anstrengungen zur Eindämmung und Finanzierung der hohen Zahlungsbilanzdefizite.

Was die Probleme der internationalen Investitionen und der Tätigkeit der multinationalen Unternehmen anbelangt, so entschied sich der Ausschuss für eine verstärkte Zusammenarbeit unter den Mitgliedstaaten auf pragmatischer Grundlage. Von den bereits ausgearbeiteten Plänen (Vorschriften über Massnahmen der öffentlichen Hand zur Förderung oder Hemmung der Investitionstätigkeit sowie über die Anwendung des Prinzips des «traitement national») ausgehend, sieht der Ausschuss vor, Regeln für den Austausch von Informationen und für die Verbesserung und Harmonisierung der Statistiken aufzustellen, einheitliche Vorschriften für das Verhalten von multinationalen und anderen - öffentlichen oder privaten Unternehmen, die internationale Investitionen tätigen, zu erlassen sowie zwischenstaatliche Verfahren zur Behandlung möglicher Klagen einzuführen.

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Der wirtschaftspolitische Ausschuss und seine Arbeitsgruppen Der wirtschaftspolitische Ausschuss und seine Arbeitsgruppen befassten sich weiterhin mit der Analyse der Wirtschaftslage sowie mit den wirtschaftspolitischen Massnahmen, die es in einer Zeit anhaltender Inflation, merklichen Wachstumsrückgangs und beträchtlicher Ungleichgewichte in den Zahlungsbilanzenzu ergreifen gilt, und zwar unter Berücksichtigung der Auswirkungen der gestiegenen Erdölpreise. Die Diskussionen im Ausschuss Hessen erkennen, dass die meisten Staaten den Kampf gegen die Inflation nach wie vor als vorrangig betrachten. Die OECD-Länder sind indessen auch bereit, im Falle einer wirklich drohenden Rezession die notwendigen expansiven Massnahmen zu ergreifen. Dies wird zur Zeit aber nicht als erforderlich betrachtet, herrscht doch die Ansicht vor, dass eine gewisse Nachfragedämpfung wünschbar sei, bis die Teuerungsraten wieder auf ein annehmbareres Mass zurückgegangen seien. Zudem ging aus den Diskussionen auch hervor, dass sich in den meisten Ländern bedeutende sektorielle Schwierigkeiten bemerkbar machen, die eine selektive Nachfragepolitik erfordern. Eine Anzahl Länder sprachen sich ferner für eine massvolle Einkommenspolitik aus, die jedoch von Massnahmen begleitet sein sollte, welche zu einer besseren Einkommensverteilung führen. Was die Zukunft des internationalen Handels- und Zahlungsverkehrs anbetrifft, gelangte der Ausschuss zur Ansicht, dass eine Verminderung der Entwicklungshilfe den wirtschaftlichen Bedürfnissen der Mitgliedstaaten letztlich entgegenwirken würde und dass zusätzliche Massnahmen zur Verminderung des Energiekonsums erforderlich seien.

Die Arbeitsgruppe Nr. 3 befasste sich weiterhin mit den Zahlungsbilanzproblemen. Sie hob hervor, dass es nicht nur um die Finanzierung der Erdöldefizite an sich gehe, sondern dass auch eine aussenwirtschaftliche Abstimmung zwischen den Mitgliedstaaten erforderlich sei, um die aus der Verschlechterung der «Austauschverhältnisse» entstehenden globalen Lasten besser verteilen und die nicht erdölbedingten Ungleichgewichte korrigieren zu können. Die Gruppe nahm sodann Kenntnis von den «Recycling»-Vorschlägen, welche von den Vereinigten Staaten und der OECD vorgelegt worden sind, und gelangte zur Ansicht, dass es ihr obliege, allfallige Finanzierungsbedürfnisse zu beziffern.
Die Arbeitsgruppe Nr. 2 behandelte die makroökonomischen Probleme, die sich mittelfristig aus den erhöhten Energiepreisen ergeben.

Die Arbeitsgruppe Nr. 4 befasste sich mit den durch die Inflation hervorgerufenen Verzerrungen sowie mit Inflationsbekämpfungsmassnahmen, die nicht die Nachfrageregulierung bezwecken.

Handelsausschuss Der Handelsausschuss beschäftigte sich mit den Problemen im internationalen Rohstoffhandel sowie mit den Massnahmen auf dem Gebiet der Exportkontrolle. In diesen miteinander verknüpften Bereichen nahm er eine Bestandesaufnahme vor und unterzog die möglichen Massnahmen zur Intensivierung der inter-

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nationalen Zusammenarbeit einer ersten Prüfung. Der Ausschuss setzte ferner die Arbeiten über Exportkredite und Exportkreditgarantien sowie über die Beseitigung von Diskriminierungen im öffentlichen Auftragswesen fort.

Um weltausschuss Der Umweltausschuss hielt am 13./14. November 1974 eine Zusammenkunft auf Ministerebene ab. Die Schweiz war durch den Vorsteher des Eidgenössischen Departements des Innern vertreten. Die Hauptthemen bildeten die Umweltschutzpolitik in den Achtziger-Jahren, die Verantwortung der Industriestaaten und die Rolle der OECD. Die Minister billigten eine Erklärung zur Umweltschutzpolitik, in der sie ihren Willen bekräftigen, in einer Welt des sozio-ökonomischen Wandels ihre Anstrengungen zum Schutz und zur Verbesserung der menschlichen Umwelt und der Lebensqualität fortzusetzen. Diese Erklärung drückt namentlich den Willen der Mitgliedstaaten aus, eine neue Betrachtungsweise des wirtschaftlichen Wachstums, welche alle Elemente der Lebensqualität berücksichtigt und sich also nicht auf die Menge der erzeugten Güter beschränkt, zu 'fördern. Die Minister nahmen überdies zehn Aktionsvorschläge an. die gewisse dringliche und nur durch internationale Zusammenarbeit zu lösende praktische Probleme betreffen. Einer dieser Vorschläge bezieht sich auf das sogenannte Verursacherprinzip und seine Verwirklichung.

Internationale Energie-Agentur Am 18. November unterzeichnete die Schweiz, unter Vorbehalt der Ratifikation durch die eidgenössischen Räte, das Abkommen über ein Internationales Energieprogramm, dessen Durchführung der unter der Obhut der OECD geschaffenen Internationalen Energie-Agentur anvertraut wurde. Dieses Abkommen war durch die von der Washingtoner Konferenz im Februar geschaffene «Koordinationsgruppe» ausgearbeitet worden (vgl. unseren 3. Bericht).

Bei der Unterzeichnung des Abkommens gab Botschafter P. Languetin, Delegierter des Bundesrates für Handelsverträge, eine Erklärung ab, worin er darauf hinwies, dass die Mitwirkung der Schweiz in der Internationalen Energie-Agentur mit ihrer traditionellen Politik im Einklang steht. Er legte überdies dar, dass die Schweiz durch ihren Beitritt zum Abkommen keine Verpflichtungen eingeht, die mit ihrer immerwährenden Neutralität unvereinbar wären, und dass ihre Beteiligung sie nicht daran hindern wird, so zu handeln, wie sie es
als angezeigt-erachtet, um ihre Neutralität zu wahren.

Die Arbeiten sind von den verschiedenen im Abkommen vorgesehenen Organen sofort aufgenommen worden. Sie bezwecken namentlich die rasche Verwirklichung folgender Ziele des Energieprogramms: - eine gleichmässige Selbstversorgung mit Erdöl in Zeiten gestörter Zufuhren sowie gemeinsame Massnahmen zur Drosselung der Nachfrage und zur Zuteilung des zur Verfügung stehenden Öls zu sichern;

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- Informationen über den internationalen Ölmarkt zu sammeln und einen Rahmen für Konsultationen mit den Ölgesellschaften zu schaffen ; - ein Programm der langfristigen Zusammenarbeit zur Förderung der Entwicklung alternativer Energiequellen und damit zur Verringerung der Abhängigkeit von Öleinfuhren auszuarbeiten und durchzuführen; - die Beziehungen auf der Grundlage der Zusammenarbeit mit den Ölförderländern und den übrigen Ölverbraucherländern zu fördern.

x Langfristige Entwicklung im Energiebereich Die OECD erarbeitete ferner einen Bericht über die langfristige Entwicklung im Energiebereich bis 1985. Dieser Bericht stellt einen ersten Versuch der globalen Einschätzung der langfristigen Energieprobleme dar. Er gliedert sich in drei Teile.

Der erste beschreibt aufgrund verschiedener Hypothesen die möglichen Entwicklungen im Energiesektor bis 1980 und 1985 und zeigt einige der grossen Probleme auf, die sich für die Energiepolitik der Regierungen ergeben ; der zweite gibt einen Überblick über Möglichkeiten zur Einsparung von Energie und zum Ausbau der Energieproduktion im OECD-Raum; der dritte untersucht die wichtigsten Aspekte der nationalen und internationalen Auswirkungen der Energiepolitik der Mitgliedstaaten.

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Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen (GATT) 41

Neue multilaterale Handelsverhandlungen

Am 20. Dezember 1974 hat der amerikanische Kongress die neue Handelsgesetzgebung verabschiedet, die innert kürzester Zeit von Präsident Ford unterzeichnet werden dürfte. Damit ist eine lange Periode der Ungewissheit beendet worden, die einen Übergang der Arbeiten des GATT zur eigentlichen Verhandlungsphase verzögert und sogar Zweifel an der Möglichkeit, Verhandlungen durchzuführen, hatte aufkommen lassen. Anlässlich der Novembersitzung der Vertragsparteien hatten verschiedene Delegationen - darunter auch die Schweiz - ihrer Besorgnis über die Verspätung der Gesetzgebung und ihrer Hoffnung auf die Annahme des Trade Bill vor Ende Jahr Ausdruck gegeben.

Die Verabschiedung des Handelsgesetzes wird nun den Anlauf der Verhandlungen ermöglichen. Allerdings muss die amerikanische Administration nach Gesetz vorerst die interessierten Kreise konsultieren, bevor sie im tarifarischen und nichttarifarischen Bereiche Offerten machen kann. Ein schrittweises Vorgehen dürfte demzufolge die Gesamtheit der Verhandlungen charakterisieren. Diese Methode entspricht auch derjenigen, die bisher von den übrigen Partnern, insbesondere der EG und Japan, bei der Ausarbeitung ihrer Stellungnahmen verfolgt wurde.

Anlässlich der nächsten Sitzung, die für Februar 1975 vorgesehen ist, wird der Verhandlungsausschuss vorausslichtlich über die Verhandlungsmethoden

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sowie über die Anpassung der Verhandlungsziele an die seit der Konferenz von Tokio vom September 1973 veränderten Wirtschaftsverhältnisse entscheiden müssen.

Am 17./18.MÌ hatte der Verhandlungsausschuss seine dritte Session abgehalten und die Berichte der vier im Februar eingesetzten Arbeitsgruppen entgegengenommen. Darauf gestützt, beschloss er das weitere Vorgehen. So wurden die Gruppen für den Handel mit Agrarprodukten und für den Handel mit tropischen Erzeugnissen, die beide ihre Abklärungen noch nicht abschliessen konnten, eingeladen, ihre Arbeiten fortzusetzen. Dagegen wurde die Tätigkeit der beiden ändern Gruppen, die mit ihren Vorarbeiten praktisch an der Schwelle der Verhandlungen angelangt waren, entweder eingestellt (Gruppe für Zolltariffragen) oder auf die Prüfung bestimmter noch zu vertiefender Themen beschränkt (Gruppe für nichttarifarische Handelshindernisse). Der Verhandlungsausschuss beschloss ferner, die zwei weiteren Gruppen, die ihre Arbeit bisher noch nicht aufgenommen hatten, einzuberufen. Diese Gruppen, von denen die eine die Möglichkeit sektorenweiser Verhandlungen zu prüfen hat und die andere das multilaterale Schutzklauselsystem einer technischen und analytischen Beurteilung unterziehen soll, sind im Oktober zusammengetreten.

Diese technischen Vorbereitungsarbeiten wurden ergänzt durch eine Reihe von Konsultationen über verschiedene grundsätzliche Fragen, die im Hinblick auf eine zügige und zielstrebige Verhandlungsaufnahme von den beteiligten Ländern noch abzuklären sind, insbesondere bezüglich Programm und Methode der Verhandlungen über die verschiedenen ins Auge gefassten Themen1.

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Laufende Anwendung des Abkommens

In den zwei Themenkreisen, welche die Vertragsparteien an ihrer bereits erwähnten 30. Session beschäftigten, widerspiegelte sich die doppelte Aufgabe, die dem GATT unter den gegenwärtigen Umständen zufällt. Einmal haben die Vertragsparteien die Anwendung des allgemeinen Abkommens seit ihrer letzten Session überprüft. Dabei hatten sie jedoch nur einige der sechzig im Ratsbericht enthaltenen Punkte herauszugreifen. Der Grund für diese Ausdehnung der GATT-Tätigkeit liegt nicht zuletzt im vermehrten Rückgriff verschiedener Länder auf Schutzklauseln. Neben den bereits in unserem letzten Bericht erwähnten Fällen von restriktiven Importmassnahmen aus Zahlungsbilanzgründen (Italien, Island, Israel), die inzwischen z. T. wieder aufgehoben oder gelockert wurden, sind auch zunehmend sektorielle Schutzmassnahmen notifiziert und geprüft worden: so insbesondere betreffend die Einfuhr von Rindfleisch (EWG, Japan) und von Schuhen (Australien).

Der zweite von den Vertragsparteien erörterte Themenkreis betraf die generelle Frage der Aufrechterhaltung und Absicherung des erreichten Liberalisierungsgrades unter den heutigen Verhältnissen. Dabei haben sich die Vertragsparteien einhellig zu den GATT-Grundsätzen und zu einer liberalen Welthandelsordnung bekannt.

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Im Hinblick auf eine verbesserte Funktionsfähigkeit des GATT und auf eine engere Verbindung zu anderen internationalen Organisationen, so insbesondere zu den Instanzen des Internationalen Währungsfonds, wurden in den letzten Monaten verschiedene organisatorische Vorschläge geprüft.

Nach Genehmigung durch die eidgenössischen Räte ist die Schweiz am 8. Oktober dem Ende 1973 abgeschlossenen multilateralen Abkommen über den internationalen Textilhandel definitiv beigetreten. Um eine ausgewogene und wirksame Anwendung dieses Abkommens zu ermöglichen, hat die Schweiz die Preiszertifizierung auf Einfuhren japanischer Textilerzeugnisse mit Wirkung ab 1. Januar 1975 aufgehoben.

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Mehrseitige wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern

Die bereits im einleitenden Kapitel des vorliegenden Berichts erwähnte Welternährungskonferenz von Rom dürfte wohl das augenfälligste Merkmal der Anstrengungen sein, welche im zweiten Halbjahr 1974 im Hinblick auf eine Verbesserung der wirtschaftlichen Situation der Entwicklungsländer unternommen wurden. Die Konferenz hatte zur allgemeinen Zielsetzung, Massnahmen zu suchen und in die Wege zu leiten, um den Hunger in der Welt wirkungsvoller als bisher zu bekämpfen. Sollen Krisen im Nahrungsmittelsektor inskünftig vermieden werden, ist es unerlässlich, dass der komplexe Problemkreis von Grund auf und auf breiter Front angegangen wird.

Diesem Umstand haben sowohl die intensiven Vorbereitungsarbeiten als auch die Themenstellung dieser Konferenz Rechnung getragen. Aufgrund einer trotz Zeitdruck umsichtig durchgeführten Analyse der gegenwärtigen und künftigen Welternährungslage wurde ein weitreichendes Programm von nationalen und internationalen Massnahmen zusammengestellt, die eine grössere Nahrungsmittelproduktion, bessere Verteilung und Verwaltung lokaler Überschüsse bezwecken und überdies dazu beitragen, dass durch rechtzeitige Information sowie verstärkte Solidarität unter den Völkern Hungersnöte in Zukunft vermieden werden.

Alle Staaten sind nun aufgefordert, auf nationaler Ebene vordringlich die politischen, wirtschaftlichen und finanziellen Entscheidungen zu treffen, die für die Erreichung der gesteckten Ziele erforderlich sind.

Insgesamt hat die Welternährungskonferenz 22 Entschliessungen im Konsensverfahren ohne Abstimmung gefasst. Hinzu kommt die «Erklärung über die Ausrottung des Hungers und der Unterernährung».

Eine Reihe von Entschliessungen befasst sich mit der Nahrungsmittelerzeugung. Im wesentlichen geht es um eine Vielzahl von nationalen Massnahmen, durch welche die landwirtschaftliche Produktion vorwiegend in den Entwicklungsländern massiv erhöht werden soll. Sie entsprechen der Erkenntnis, dass die Entwicklungsländer ihren Nahrungsmittelbedarf langfristig zum grossen Teil

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selbst sicherstellen müssen und dass Hilfe von aussen nur flankierende Bedeutung haben kann. Weitere Entschliessungen befassen sich insbesondere mit der Düngemittelversorgung, der Agrarforschung sowie der Schaffung eines internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung. Letzterer soll i der Finanzierung von Entwicklungsprojekten zur Steigerung der Nahrungsmittelerzeugung dienen und sowohl von Industriestaaten als auch von finanzkräftigen Entwicklungsländern (Erdölproduzenten) gespiesen werden. Es ist aber noch offen, welche Länder sich tatsächlich an diesem Fonds beteiligten werden und ob das erforderliche Anfangskapital aufgebracht werden kann.

Drei weitere Entschliessungen haben zum Ziel, die Welternährung durch international koordinierte Massnahmen sicherzustellen. Im einzelnen sollen ein globales Informations- und Frühwarnsystem für Ernährung und Landwirtschaft geschaffen, Verpflichtungen zur Vorratshaltung auf nationaler Ebene eingegangen und eine auf Kontinuität ausgerichtete Politik der Nahrungsmittelhilfe zur Überwindung lokaler Versorgungslücken und für Katastrophenfälle befolgt werden.

Für die Nahrungsmittelhilfe sollen ab 1975 jährlich mindestens 10 Millionen Tonnen Getreide zur Verfügung gestellt werden. Die grösseren Getreideausfuhrländer haben sich inzwischen bereiterklärt, etwa 2 Millionen Tonnen Getreide in Form von Hilfe zu liefern und weitere 5,5 Millionen Tonnen bereitzustellen, sofern sich die Erdölländer an den Kosten beteiligen. Damit könnten die kurzfristigen Bedürfnisse der ärmsten Entwicklungsländer gedeckt werden. Im übrigen sollen andere Lebensmittel in angemessenen Mengen gespendet werden.

Eine umfassende Entschliessung ist auch für den Bereich des Handels und der landwirtschaftlichen Anpassungsmassnahmen ausgearbeitet worden, da der internationale Warenaustausch für gewisse Aspekte des Welternährungsproblems wichtig sein kann. Die Resolution enthält zahlreiche Empfehlungen, insbesondere an die Adresse der Industriestaaten ; in ihrer Substanz entsprechen diese Empfehlungen jedoch dem, was im GATT und in der UNCTAD bereits erreicht worden ist.

Eine letzte Resolution behandelt die institutionellen Fragen. Sie ist wichtig für das weitere Vorgehen, durch das die Verwirklichung der in den anderen Entschliessungen angenommenen Postulate gewährleistet werden
soll. Ein von der Generalversammlung der UNO zu bestellender Welternährungsrat soll in umfas,sender Weise diejenige Politik verfolgen und überprüfen und im Rahmen des UNO-Systems koordinieren, die von der Konferenz betreffend Nahrungsmittelproduktion, Ernährungssicherheit, Nahrungsmittelhandel und -hilfe beschlossen worden ist. Des weiteren ist der FAO empfohlen worden, einen Ausschuss für Welternährungssicherheit einzusetzen, der laufend die Nachfrage, das Angebot und die Vorräte von Lebensmitteln überprüft, die diesbezüglichen Informationen rechtzeitig bekanntgibt und der die Massnahmen vorschlägt, die zur Verwirklichung des in der FAO entworfenen Planes für die nationale Vorratshaltung erforderlich sind. Auch wurde zur Verbesserung der Koordination im Bereich der Nahrungsmittelhilfe die Verstärkung des Komitees des Welternährungsprogramms UNO/FAO beschlossen. Im übrigen greift diese Resolution zahlreiche

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Aufgaben heraus die sich im Sinne der oben dargelegten Konferenzergebnisse stellen, und weist sie bereits bestehenden oder neu zu schaffenden Organen zu.

Erwähnt sei ferner die an die Weltbank, die FAO und das UNO-Entwicklungsprogramm (UNDP) gerichtete Empfehlung, eine Konsultativgruppe über Nahrungsmittelproduktion und Investitionen in Entwicklungsländern zu bilden. Diese soll dazu beitragen, dass die finanzielle und technische Hilfe für die landwirtschaftliche Produktion in den Entwicklungsländern verbessert und erhöht wird.

Der Rat der Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (UNCTAD) trat am 20. August bis 14. September zu seiner 14. Tagung zusammen. Diese Session stand vorwiegend im Zeichen der Erklärung und des Aktionsprogramms zur Errichtung einer neuen internationalen Wirtschaftsordnung, die von der 6. Sondertagung der UNO-Generalversammlung über Rohstoff- und Entwicklungsfragen angenommen wurde. In einer durch Mehrheitsbeschluss verabschiedeten Resolution forderte der Rat die Mitgliedstaaten auf, die erforderlichen Massnahmen zu treffen, um die Ergebnisse der Sondersession in die Tat umzusetzen. Ferner beschloss der Rat, die bisher bestehende «Zwischenstaatliche Arbeitsgruppe für die Übertragung technischen Wissens» in einen ständigen UNCTADAusschuss umzuwandeln. Seine Aufgabe wird vor allem darin bestehen, die Probleme zu analysieren, die sich im Zusammenhang mit der Übertragung des technischen Wissens an die Entwicklungsländer stellen, und entsprechende Lösungen vorzuschlagen. Schliesslich beauftragte der Rat das UNCTAD-Sekretariat mit der Ausarbeitung einer Reihe von Studien. Diese betreffen namentlich die Auswirkungen der Inflation auf die internationalen Wirtschaftsbeziehungen sowie das schwierige Problem des Rohstoffhandels.

Die Zwischenstaatliche Arbeitsgruppe der UNCTAD för die Übertragung technischen Wissens hielt ihre dritte und letzte Tagung ab. Durch Mehrheitsbeschluss entschied sie, zwei Expertengruppen einzusetzen, um einerseits einen Vorentwurf eines Kodexes von Verhaltensregeln für den Transfer technischen Wissens an die Entwicklungsländer auszuarbeiten und andererseits, die Auswirkungen des internationalen Patentsystems auf den wirtschaftlichen Fortschritt der Entwicklungsländer zu untersuchen. Die beiden Expertengruppen werden dem neu gebildeten
ständigen UNCTAD-Ausschuss über das Ergebnis ihrer Arbeiten Bericht zu erstatten haben.

Der UNCTAD-Ausschuss für Industrieprodukte befasste sich vom 2. bis 12. Juli erneut mit den nichttarifarischen Hindernissen, welche die Ausfuhr der Entwicklungsländer nach den Industriestaaten behindern, und prüfte die Möglichkeiten, diese Handelshemmnisse abzubauen. Da die Tagung jedoch gleichzeitig mit den vorbereiteten GATT-Gesprächen über multilaterale Handelsverhandlungen stattfand, war die Bereitschaft der vertretenen Länder zu Zugeständnissen gering. Unter diesen Umständen konnten auch keine Resolutionsentwürfe angenommen werden.

Ebenfalls in Genf tagte Ende des Jahres die Expertengruppe für Ursprungsregeln des Sonderausschusses der UNCTAD für Präferenzen und setzte die im Vorjahr begonnenen Arbeiten zur Verbesserung und Harmonisierung der Vor-

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Schriften über den Warenursprung fort. Gestützt auf die Erfahrungen in der Anwendung der Ursprungsregeln für die Wareneinfuhr im Rahmen des allgemeinen Präferenzensystems wurden von den Geberländern, die das gleiche Ursprungssystem wie die Schweiz anwenden, Verbesserungen in Aussicht gestellt.

Wir beabsichtigen im Interesse möglichst einheitlicher Ursprungsregeln diese Änderungen sowie die Harmonisierung der Texte m der ersten Hälfte des Jahres 1975 ebenfalls einzuführen.

An ihrer dritten Tagung im Jahre 1972 in Santiago hatte die UNCTAD, einem Vorschlage des mexikanischen Staatspräsidenten stattgebend, eine Zwischenstaatliche Arbeitsgruppe beauftragt, den Entwurf einer Charta über die wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten auszuarbeiten Die erwähnte Gruppe, in welcher die Schweiz nicht vertreten war, hat ihre Arbeiten im Laufe dieses Jahres abgeschlossen; sie legte der Generalversammlung der Vereinten Nationen an ihrer letzten Session einen Text vor, der zum grossen Teil Grundsätze festhält, die in den zuständigen internationalen Institutionen bereits in der einen oder anderen Form gutgeheissen worden sind. In einer durch Mehrheitsbeschluss zustandegekommenen Resolution genehmigte die Generalversammlung die neue Charta.

Da die Charta auch eine Reihe von für die meisten westlichen Industriestaaten nicht annehmbaren Bestimmungen enthält - namentlich bezüglich der Fragen der Nationalisierungsentschädigungen, der Kontrolle und der Reglementierung der ausländischen Investitionen sowie auch über die Unterstützung der Produzentenkartelle - haben fast alle diese Länder entweder dagegen gestimmt oder sich der Stimme enthalten.

Die in unserem dritten Bericht zur Aussenwirtschaftspolitik erwähnte Studie einer Gruppe hochgestellter Persönlichkeiten über die Wirkung der multinationalen Gesellschaften auf den Entwicklungsprozess und die internationalen Beziehungen - dieser Gruppe gehörte auch Herr alt Bundesrat Schaffner an - wurde dem Wirtschafts- und Sozialrat (ECOSOC) der Vereinten Nationen zur Prüfung vorgelegt. Der Rat beschloss, einen Zwischenstaatlichen Ausschuss von Mitgliedern einzusetzen und ihre Probleme im Zusammenhang mit den multinationalen Gesellschaften weiter zu vertiefen.

Was die internationalen Rohstoffabkommen anbelangt, sind im vergangenen Halbjahr vor allem folgende
Entwicklungen erwähnenswert : Der Internationale Kakaorat hat am 30. August 1974 beschlossen, das im Internationalen Kakao-Übereinkommen von 1972 festgelegte Preisband für Kakaobohnen ab sofort um 6,5 US-Cents je Pound oder rund 25 Prozent zu erhöhen. Der untere Richtpreis wird dadurch auf 29,5 Cents und der obere Richtpreis auf 38,5 Cents angehoben. Begründet wurde dieser Schritt hauptsächlich mit den allgemein gestiegenen Produktionskosten in den Anbaugebieten. Der Beschluss soll zudem zur Produktionsausweitung ermutigen, denn die weltweite Kakaoerzeugung bleibt seit einiger Zeit deutlich hinter dem Verbrauch zurück. Da der Marktpreis nach wie vor beträchtlich über dem oberen Richtpreis liegt, hat der Rat auf einen schweizerischen Antrag hin ferner beschlossen, die Produktionskapazitäten und die Nachfrageentwicklung eingehend zu prüfen. Das Ergebnis

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dieser Untersuchung soll den Produzentenländern die Grundlagen für eine Anbaupolitik liefern, die geeignet ist, das Angebot langfristig wieder mit der Nachfrage ins Gleichgewicht zu bringen.

Der Internationale Kaffeerat hat die Verlängerung des geltenden Internationalen Kaffee-Übereinkommens um ein weiteres Jahr, d. h. bis 30. September 1976 beschlossen. Dadurch wird Zeit gewonnen für die bisher wenig ergiebigen Verhandlungen über ein neues, wieder umfassendes Abkommen. Wir haben der neuerlichen Verlängerung zugestimmt und werden das «Protokoll demnächst unterzeichnen. Dadurch sichern wir uns ein Mitbestimmungsrecht bei den innerhalb der Internationalen Kaffee-Organisation geführten Verhandlungen.

Die von Ihnen in der Dezembersession genehmigten Protokolle zur Verlängerung des Internationalen Weizenabkommens von 1971 um ein Jahr, d. h. bis 30. Juni 1975, werden wir vor Ende Januar 1975 ratifizieren. Dadurch wird die Schweiz im Rahmen des Übereinkommens für Nahrungsmittelhilfe auch im laufenden Jahr 32 0001 Getreide den Entwicklungsländern, die solcher Lieferungen dringend bedürfen, zur Verfügung stellen können.

Der Versorgungsengpass auf dem Weltzuckermarkt und die für unser Land deutlich spürbaren Auswirkunge haben in der Berichtsperiode weite Kreise stark beschäftigt. Ein Beitritt der Schweiz zum Internationalen Zucker-Übereinkommen von 1973, das nur administrative Bestimmungen enthält, würde die Versorgungslage unseres Landes grundsätzlich nicht verbessern. Wegen der fehlenden Regelungen im wirtschaftlichen Bereich bietet die geltende Vereinbarung den Einfuhrmitgliedländern keine Handhabe, um sich irgendwelche Vorteile in der Belieferung durch andere Mitglieder sichern zu können. Sollte sich die Situation so ändern, dass die Internationale Zuckerorganisation konkrete Funktionen erhält, würden wir die Frage eines schweizerischen Beitritts erneut prüfen.

Im Bereich der Finanzhilfe haben wir Ihnen mit Botschaft vom 30. September 1974 eine erneute Beitragsgewährung an den Afrikanischen Entwicklungsfonds (FAD), dem wir 1973 als Gründungsmitglied beigetreten sind, vorgeschlagen. Wir beantragten Ihnen die Leistung eines Sonderbeitrages von 12 Millionen Franken an den FAD, der den 1971 von Ihnen eröffneten Rahmenkredit von 400 Millionen für Finanzhilfe belastet und diesen damit zu 326,45 Millionen
Franken verpflichten würde. Der Sonderbeitrag ist für weiche Entwicklungsdarlehen an die von den derzeitigen weltwirtschaftlichen Umständen und Naturereignissen besonders betroffenen unter den am wenigsten fortgeschrittenen afrikanischen Ländern bestimmt. Diese Operation fügt sich damit in die internationalen, von der UNO koordinierten Anstrengungen zur Soforthilfe an diese Entwicklungsländer ein und stellt einen der schweizerischen Beiträge daran dar.

Wird sind ferner einer Vereinbarung zwischen einigen OECD-Ländern beigetreten, die vorsieht, dass bilaterale Finanzhilfekredite für den Bezug von Waren nicht nur aus dem Kreditgeberland, sondern auch aus Entwicklungsländern verwendet werden können. Damit wurde im Bemühen, die Lieferbindung bei den öffentlichen Entwicklungsleistungen aufzuheben ein gewisser Fortschritt erzielt.

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Teilnehmer dieser Vereinbarung sind bis jetzt die BRD, Dänemark, Italien, Japan, die Niederlande, Norwegen, Schweden, die Schweiz und die Vereinigten Staaten.

Auf dem Gebiete des Beistands zur Förderung des industriellen Sektors ist der Ständige Ausschuss des UNIDO-Rates, in seiner Eigenschaft als vorbereitendes Komitee für die zweite Generalkonferenz der UNIDO tagend, im Dezember zu seiner zweitletzten Session vor Durchführung dieser auf den März 1975 nach der peruanischen Hauptstadt einberufenen Konferenz zusammengetreten. Wichtigste Aufgaben der Konferenz werden sein, die Rolle der Industrialisierung für die Entwicklung der zurückgebliebenen Länder zu überdenken, die bisherigen UNIDO-Bemühungen zur Entwicklung dieser Länder zu überprüfen, eine langfristige Strategie für die weiteren Arbeiten der Organisation zu formulieren und im Lichte der gewandelten Weltwirtschaftslage eine neue Konzeption der internationalen Zusammenarbeit im Bereiche der Industrie festzulegen.

Der Entwicklungshilfeansschuss (DAC) der OECD hat anlässlich des Jahresexamens der schweizerischen Politik der Entwicklungszusammenarbeit unsere Anstrengungen im Jahre 1973 auf dem Gebiete der öffentlichen Entwicklungshilfe geprüft. Er stellte fest, dass die finanziellen Bedingungen unserer Leistungen zwar den Bedürfnissen der Entwicklungsländer angepasst seien, hob aber mit grosser Beunruhigung hervor, dass der Umfang der schweizerischen öffentlichen Entwicklungshilfe wesentlich höher sein sollte; dies angesichts der Lage der meisten Entwicklungsländer und der Wirtschaftskraft unseres Landes sowie im Vergleich zu den anderen Staaten des DAC.

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Zweiseitige Beziehungen zu einzelnen Ländern und Ländergruppen 61

Westeuropa

611 Bundesrepublik Deutschland Die deutsche Wirtschaft ist weiterhin von gegenläufigen Entwicklungen gekennzeichnet: Einer rückläufigen realen Inlandnachfrage standen nach wie vor kräftig expandierende Exporte gegenüber, obgleich die Auslandnachfrage namentlich seit Jahresmitte - wie auch in der Schweiz - tendenziell schwächer geworden ist. In den einzelnen Bereichen lassen sich weiterhin beträchtliche konjunkturelle Unterschiede erkennen - insbesondere zwischen der chemischen und der Stahlindustrie auf der einen sowie der Automobilindustrie und der Bauwirtschaft auf der ändern Seite. Bei nur wenig verlangsamtem Preisauftrieb.i der mit einem jahresdurchschnittlichen Anstieg des Konsumentenpreisindexes von rund 7 1 A Prozent weit unter dem Mittel der OECD-Länder liegt, hat die schwache Produktionsentwicklung zu stärkerer Arbeitslosigkeit mit einer Rate von rund 2 '/·. Prozent gegen Jahresende geführt.

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Im Gegensatz zu den meisten Industrieländern ist die BRD gegenwärtig ohne Zahlungsbilanzsorgen. Trotz erheblicher Mehrausgaben für Mineralölimporte wird der Überschuss der deutschen Leistungsbilanz 1974 mit voraussichtlich etwa 30 Milliarden D-Mark sogar mehr als doppelt so hoch sein wie im vorangegangenen Jahr. Unter der Annahme, dass es nicht zu einer weltweiten Rezession kommen und das konjunkturelle Klima in der BRD auch 1975 noch längere Zeit gedämpft bleiben wird, dürfte der hohe Leistungsbilanzüberschuss des laufenden Jahres auch 1975 nicht wesentlich abgebaut werden.

Sowohl die schweizerischen Bezüge aus der Bundesrepublik als auch unsere Ausfuhren nach Deutschland entwickelten sich in den ersten zehn Monaten 1974 mit wertmässigen Zuwachsraten von 16,9 Prozent bzw. 17,3 Prozent etwas unter dem Durchschnitt des gesamten schweizerischen Aussenhandels.

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Frankreich

Das französische Wirtschaftsbild wird durch widersprüchliche Faktoren bestimmt : starke Umsätze im Einzelhandel und im Export, anhaltendes Wachstum bei ansteigender Inflationsrate, beträchtliche Fehlbeträge der Zahlungsbilanz, Abgleiten des Franc-Kurses und soziale Spannungen. Die Zahl der Arbeitslosen hat sich im Herbst wesentlich erhöht und übersteigt 600 000. Trotz Budgetgleichgewicht, Kreditrestriktionen und Preisüberwachung stieg die Inflationsrate weiterhin.

Das Abgleiten des Franc-Kurses erleichterte die Ausfuhr französischer Waren. Infolge der Verteuerung des Rohöls und anderer Rohstoffe nahm indessen die Einfuhr wertmässig erheblich zu, so dass für das laufende Jahr mit einem Zahlungsbilanzdefizit von über 20 Milliarden Francs zu rechnen ist.

Die schweizerischen Einfuhren aus Frankreich sind fast doppelt so hoch wie die französischen Bezüge schweizerischer Waren. Indessen nahm das Aussenhandelsdefizit weniger zu als im Vorjahr.

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Grossbritannien

In Grossbritannien war im Jahr 1974 eine merkliche Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage festzustellen. Zu den Folgen der Erdölkrise kamen diejenigen von Streikaktionen, insbesondere der Bergarbeiter. Bis in den Herbst stagnierte die Industrieproduktion. Die Zahl der Arbeitslosen nahm zu (Mitte Oktober 640000 oder 2,7% der Beschäftigten); die jährliche Inflationsrate erreichte im Oktober 17,1 Prozent und die Löhne waren innert Jahresfrist um 23 Prozent gestiegen.

Das Defizit der britischen Handelsbilanz ist nach wie vor sehr hoch, in erster Linie wegen der Belastung durch hohe Kosten der Rohstoff- und Energieeinfuhr.

Es wird für 1974 auf 5 Milliarden Pfund geschätzt. Der Schweizerfranken hat seit Jahresbeginn im Verhältnis zum Pfund eine Höherbewertung um rund 20 bis 25 Prozent (im November) erfahren.

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Der schweizerisch-britische Handelsaustausch, der sich 1973 erstmals seit 1945 wieder durch einen Aktivsaldo zu unseren Gunsten ausgezeichnet hatte, wird 1974 wieder defizitär sein.

614 Italien

Die wirtschaftliche Lage Italiens hat sich seit der letzten Berichterstattung weiterhin verschlechtert und zu verschärften sozialen Spannungen gefuhrt. Die Inflationsrate, die im Jahre 1973 noch 10,8 Prozent betrug, ist im Jahre 1974 auf über 20 Prozent gestiegen. Nach provisorischen Schätzungen w, ird sich das Handelsbilanzdefizit im Jahre 1974 auf 6000 bis 7000 Milliarden Lire (rd. 9-10,5 Mrd.

Dollar) erhöhen. Etwa drei Viertel davon entfallen allein auf die Energieimporte.

Das italienische Zahlungsbilanzdefizit dürfte im laufenden Jahr 5300 Milliarden Lire erreichen.

Um einem weiteren Anwachsen des Geldvolumens zu steuern, hat die Bank von Italien zu einer restriktiven Kreditpolitik gegriffen. Diese Politik zusammen mit der Depotpflicht für Einfuhrwaren hatte die Erhöhung des Zinsfusses zur Folge, der zurzeit zwischen 18 und 24 Prozent schwankt.

Zur Unterstützung der ergriffenen Massnahmen auf dem Geldsektor und zur Abschöpfung der Kaufkraft hat die italienische Regierung auf einer Reihe von Waren und Dienstleistungen die Mehrwertsteuer (IVA) erhöht.

Nachdem die Anfang Mai 1974 eingeführte Bardepotpflicht für gewisse Einfuhrgüter nicht den erwarteten Erfolg zeigte, sah sich Italien genötigt, neue Auslandskredite im Umfang von mehr als 6 Milliarden Dollar zu beanspruchen.

Besonders empfindlich hatte sich die Depotpflicht auf die italienische Einfuhr einer Reihe landwirtschaftlicher Erzeugnisse ausgewirkt. Die schweizerischen Behörden intervenierten deswegen wiederholt in Rom. Ende Juli wurde zunächst die Höhe des Depots für die Einfuhr von Vieh halbiert ; Ende Oktober wurde es sodann für praktisch alle unsere Landwirtschaft interessierenden Erzeugnisse und auch für einige Industriewaren abgeschafft. - Was die Nutzviehausfuhren betrifft, sei auf Ziffer 222 hingewiesen.

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Portugal

Die Bewegung der Streitkräfte, die am 25. April die Regierung Caetano stürzte, sowie die später gebildete provisorische Regierung haben die Wiedereinführung der Demokratie, die beschleunigte Verbesserung des Lebensstandardes breiter Bevölkerungsschichten sowie die Selbstbestimmung der Überseeprovinzen zum Ziel.

Die auf wirtschaftlichem Gebiet bereits getroffenen und in Aussicht genommenen Massnahmen bezwecken in erster Linie eine Reform der Wirtschaftsstruktur. Durch das neue Industrialisierungsgesetz sollen die Wirtschaftsmonopole entmachtet sowie die unter dem früheren Regime bestandenen Privilegien beseitigt werden. Mit dem Streik- und Aussperrungsgesetz will man zwar das Streikrecht

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anerkennen, jedoch Handlungen, die nicht als legal bezeichnet werden, bekämpfen. Verstaatlichungen haben bis jetzt, ausser den schon bisher unter Regierungskontrolle gestandenen Emissionsbanken, keine stattgefunden. Der Staat behält sich aber die Möglichkeit vor, in die Basisindustrien und Privatbanken einzugreifen, wenn er findet, ihre Geschäftsführung sei mit den Interessen des Landes unvereinbar.

Im Wirtschaftsablauf ist eine Verunsicherung eingetreten. Durch die Entkolonialisierung der Überseeprovinzen sind wirtschaftliche und finanzielle Schwierigkeiten für das Mutterland zu erwarten. Die gegenwärtige Politik lässt einen wachsenden staatlichen Einfluss auf die privaten Unternehmen befürchten. Soziale Forderungen sowie drastische Kreditbeschränkungen erschweren vor allem die Tätigkeit der vielen kleinen und mittleren Unternehmen. Ein besonderes Problem bilden die stets steigenden Lebenskosten, die sowohl inflationsbedingt sind als auch durch die Verteuerung der Importe wichtiger Grundstoffe, wie Erdöl usw.

verursacht werden. Das Defizit der Aussenhandelsbilanz, die traditionell passiv ist, hat eine erhebliche Steigerung erfahren, nachdem die Importe wertmässig in einem viel stärkeren Ausmass zugenommen haben als die Exporte. Dieses Defizit sowie die Mindereinnahmen aus dem Tourismus und aus Emigrantenüberweisungen haben zu einer passiven Zahlungsbilanz und zu einer spürbaren Reduktion der Gold- und Devisenreserven, die zu Beginn dieses Jahres noch rund 8 Milliarden Schweizerfranken betragen haben sollen, geführt.

Die sich abzeichnende wirtschaftliche Rezession hat sich bis jetzt auf den schweizerisch-portugiesischen Warenverkehr nicht ausgewirkt. Dieser weist weiterhin sowohl bei der Ausfuhr als auch bei der Einfuhr eine ständige Zunahme auf. Die vor allem zu Beginn des neuen Regimes entstandenen Schwierigkeiten in der Erteilung von Einfuhrlizenzen und der Zollabfertigung, die auf rigorose Kontrollen im Zusammenhang mit der Unterbindung der Kapitalflucht und Spekulation zurückzuführen waren, konnten durch die Intervention unserer Botschaft in Lissabon und die Debatten im Rahmen der EFTA beseitigt werden. Nach den Erklärungen des portugiesischen EFTA-Delegierten wird sein Land die eingegangenen EFTA-Verpflichtungen einhalten. Die auf aussenwirtschaftlichem Gebiet verfügten Massnahmen sind denn auch inzwischen weitgehend aufgehoben worden.

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Schweden

Da das schwedische Abschöpfungssystem sich auf unsere Käseexporte sehr nachteilig auswirkte, nahmen wir mit den schwedischen Behörden Besprechungen auf, um eine Lösung zur Aufrechterhaltung unserer traditionellen Exporte zu suchen. Es konnten Fortschritte in dieser Richtung erzielt werden, zum Teil unter Einbezug der privatrechtlichen Interessenverbände. Eine grundsätzliche und handelspolitische Lösung wird aber von uns längerfristig nach wie vor angestrebt.

569 617 Spanien Rückschläge im Wirtschaftsablauf sind unverkennbar. Sie äussern sich insbesondere in einem Anwachsen des Zahlungsbilanzdefizits und in einer hohen Inflationsrate. Die Regierung hat Massnahmen ergriffen, die ein angemessenes Wachstum des realen Bruttosozialproduktes gewährleisten sollen. Mit dem Ziel, das Handelsbilanzdefizit zu reduzieren, wurden dabei u. a. verschiedene Importerleichterungen, die in den vergangenen Jahren aus konjunkturellen Gründen autonom in Kraft gesetzt wurden, rückgängig gemacht.

In den Verhandlungen über die Neugestaltung des im Jahre 1970 mit den EG geschlossenen gegenseitigen Präferenzabkommens sind seit dem dritten Bericht keine wesentlichen Fortschritte erzielt worden.

Die anhaltende Inflation blieb nicht ohne Auswirkungen auf die inländischen Preise landwirtschaftlicher Erzeugnisse, namentlich der Milch. Im Durchschnitt stieg der Produzentenpreis um etwa 20 Prozent. Diese Entwicklung erforderte eine weitere Anpassung der im schweizerisch-spanischen Abkommen vom 21. Dezember 1971 (vgl. 84. Bericht) für Käse festgesetzten Mindest- und Schwellenpreise sowie der Zollansätze. Da gleichzeitig auch die Ansätze für Käse ändern Ursprungs entsprechend erhöht wurden und die durch das Abkommen von 1971 erreichte Liberalisierung des Imports erhalten blieb, konnte dieser Anpassung zugestimmt werden. Ein diesbezügliches Protokoll wurde am 3. Juli 1974 unterzeichnet. Gleichzeitig konnten einige Änderungen der Zollnomenklatur für Käse im Sinne unserer Wünsche erreicht werden.

618 Türkei Der Kredit von 13 Millionen Franken, welcher der Türkei im Dezember 1972 im Rahmen der OECD als zweite und letzte Tranche für die Finanzierung des zweiten Fünfjahresplanes gewährt wurde, ist mit rund 8,8 Millionen Franken ausgenützt worden. Die Benützungsfrist ist Ende Dezember 1973 abgelaufen.

Der schweizerisch-türkische Handelsverkehr entwickelt sich gesamthaft gesehen befriedigend, obwohl gewisse Waren, vor allem fertige Textilien, nach wie vor zur Einfuhr nicht zugelassen sind.

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Osteuropäische Staatshandelsländer 621 Allgemeines

Unsere seit bald vier Jahren im Gange befindlichen Bestrebungen, die Waren- und Zahlungsabkommen mit den osteuropäischen Staatshandelsländern aus den Nachkriegsjahren, die auf die damalige Zerrüttung des Osthandels zugeschnitten waren, durch zeitgemässe, den gewandelten Voraussetzungen und den erweiterten Möglichkeiten Rechnung tragende Vertragsinstrumente unter Aufhebung des obsolet gewordenen gebundenen Zahlungsverkehrs abzulösen, konnten

570 abgerundet werden: Zu den schon in Kraft stehenden Wirtschaftsabkommen mit der Tschechoslowakei (1971), Rumänien und Bulgarien (1972) sowie Polen und Ungarn (1973) ist ein Handelsabkommen mit Albanien hinzugekommen (für Einzelheiten vgl. weiter unten). Da gegenüber Albanien, wie auch gegenüber der Sowjetunion, schon zuvor kein gebundener Zahlungsverkehr bestand und dieser im Verhältnis zu Jugoslawien bereits auf den 1. Januar 1969 aufgehoben worden war, ist ein - von der Schweiz autonom gehandhabtes - Clearing nur noch gegenüber der Deutschen Demokratischen Republik wirksam. Auch dieser Staat äussert seit einiger Zeit den Wunsch, mit uns in Verhandlungen zu treten, um den Handelsaustausch mit der Schweiz auf eine vertragliche Basis zu stellen. Es ist beabsichtigt, demnächst entsprechende Verhandlungen, die mit jenen des Politischen Departements über die vermögensrechtlichen Ansprüche der Schweiz gegenüber der DDR parallel laufen werden, einzuleiten.

Generell bewegt sich unser Wirtschaftsverkehr mit Osteuropa immer noch in relativ bescheidenem Rahmen (etwa 5% unseres Welthandelsvolumens). Doch weist er erneut stark überdurchschnittliche Zuwachsraten auf und beginnt einen etwas breiteren Raum einzunehmen, was angesichts der erstrebenswerten Diversifizierung sowohl unserer Exportmärkte wie unserer Versorgungsmöglichkeiten in der heutigen Weltwirtschaftslage durchaus nicht ohne Belang ist. Die Erneuerung unseres wirtschaftspolitischen Instrumentariums kommt uns dabei zweifellos zustatten, um die systembedingten Hindernisse, die der Entwicklung der Wirtschaftsbeziehungen zu den Oststaaten nach wie vor Schranken setzen, in einem gewissen Ausmass zu überwinden.

622 Albanien Der Wunsch, mit der Schweiz ein Handelsabkommen abzuschliessen, war von Albanien auf diplomatischem Wege schon seit einiger Zeit geäussert worden.

Die entsprechenden Verhandlungen konnten am 28. Oktober mit der Unterzeichnung des neuen Vertragsinstruments abgeschlossen werden (Beilage 1). Das Abkommen mit Albanien liegt materiell weitgehend auf der Linie unserer übrigen Wirtschaftsabkommen neuer Observanz mit den Oststaaten, auch wenn es wegen des relativ geringen Handelsvolumens (insgesamt 6-7 Mio. Fr., mit starkem Übergewicht zugunsten der Schweiz) etwas einfacher gestaltet worden ist. So wird in der üblichen Weise die Förderung des gegenseitigen Warenverkehrs unter Beachtung der Import- und Exportstrukturen der beiden Länder (zwecks Mitberücksichtigung der Konsumgüter, worunter auch unserer typischen Agrarprodukte ; Art. 1), die Meistbegünstigung in Zollsachen unter Ausschluss der Vorteile aus Zollunionen und Freihandelszonen (Art. 2 und 3) sowie die Einhaltung von Preisen, wie sie auf den charakteristischen internationalen Märkten Geltung haben (Verhinderung des Dumping; Art. 4), festgelegt. Da mit Albanien, wie schon erwähnt, kein Clearing bestand, genügte die Feststellung, dass sich der Zahlungsverkehr, wie bisher, in Schweizerfranken oder anderen konvertierbaren Währungen abwikkeln wird (Art. 5). Ferner ist die Schaffung einer Gemischten Kommission vorge-

571 sehen, die nötigenfalls auf Verlangen der einen oder anderen Vertragspartei abwechslungsweise in der Schweiz oder in Albanien zusammentreten soll. Dagegen konnte, da dafür im Falle Albaniens kaum Bedarf besteht, auf den Einschluss einer «Good will»-Klausel über die wirtschaftliche Zusammenarbeit verzichtet werden. Im Schlussartikel ist vereinbart, dass das Abkommen am Tage seiner Unterschrift provisorisch in Kraft gesetzt wird (womit sich für uns, verglichen mit dem bisherigen Zustand, keinerlei Lasten, sondern nur gewisse Vorteile ergeben) und dass es nach Vollzug und1 Notifikation der in den beiden Staaten erforderlichen Genehmigungsprozeduren, d. h. schweizerischerseits nach Verabschiedung des vorliegenden Berichtes durch Sie, definitiv in Kraft tritt. Die Laufzeit ist auf fünf Jahre festgelegt, worauf sich die Gültigkeitsdauer jeweils um ein weiteres Jahr verlängert, wenn das Abkommen nicht mindestens drei Monate vor seinem Ablauf schriftlich gekündigt wird. In einem dem Abkommen zugehörigen Briefwechsel wird schliesslich festgehalten, dass das Handelsabkommen, solange Liechtenstein mit der Schweiz durch einen Zollunionsvertrag verbunden bleibt, auch auf dem Gebiet des Fürstentums Anwendung findet.

623 Bulgarien Wie m unserem dritten Bericht zur Aussenwirtschaftspohtik ausgeführt worden war (Ziff. 621), hatte die bulgarische Regierung bei der ersten Zusammenkunft der in unserem neuen Wirtschaftsabkommen vorgesehenen Gemischten Regierungskommission in Sofia ihre Absicht dargelegt, gewisse Gebirgsgegenden des Landes in vermehrtem Mass nutzbar zu machen, und den Wunsch bekundet, hierbei mit der Schweiz zusammenzuarbeiten. Zu diesem Zweck wurde Anfang Oktober eine vom ersten stellvertretenden Minister für Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie, Ivan Tonev, geleitete bulgarische Studienmission für mehrere Tage in die Schweiz entsandt. Es wurde ihr von der Handelsabteilung Gelegenheit geboten, mit zahlreichen öffentlichen Stellen und privaten Fachkreisen (Abteilung für Landwirtschaft, Bauernverband, Viehzuchtverbände, Milchverband, eine Berggemeinde im Berner Oberland) Fühlung zu nehmen, in die schweizerischen Methoden und Erfahrungen hinsichtlich der Förderung unserer eigenen Bergregionen einen umfassenden Einblick zu erhalten und eine Anzahl Betriebe zu besichtigen (so u. a. Musterbetrieb einer landwirtschaftlichen Schule, Alpwirtschaftsbetrieb, Ortskäserei, Alpmelioration. Raiffeisenkasse. lokaler Industriebetrieb in den Bergen). Die bulgarischen Gäste zeigten dabei für den Bezug schweizerischen Zuchtviehs sowie landwirtschaftlicher Kleinmaschinen und Seilbahnen zum Einsatz in den bulgarischen Gebirgsgegenden Interesse. Der Kontakt wird weitergeführt.

624 Jugoslawien Mitte Oktober weilte eine vom Unterstaatssekretär im jugoslawischen Aussenhandelsministerium. Viteslav Vanicek, geleitete jugoslawische Wirtschaftsdelegation vier Tage lang in der Schweiz. Sie erwiderte damit einen Besuch, den eine

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aus Behörden- und Wirtschaftsvertretern bestehende schweizerische Delegation im Jahre 1970 anlässlich der schweizerischen Teilnahme an der Zagreber internationalen Herbstmesse Jugoslawien abgestattet hatte.

Die Zusammenkunft zwischen den beidseitigen Regierungsvertretern in Bern diente vorerst einer Aussprache über den Stand und die Perspektiven des sich gut entwickelnden Handelsaustausches (Gesamtvolumen: rund 740 Mio. Fr., mit einem starken Aktivsaldo zugunsten der Schweiz). Beide Partner bekundeten ihre Bereitschaft, diesen Austausch, der noch ansehnliche Ausbaumöglichkeiten bietet, weiter zu fördern. Die jugoslawische Seite legte in dieser Hinsicht besonderen Wert auf einen besseren Ausgleich der gegenseitigen Handelsbilanz, wobei freilich das schweizerische Übergewicht im Warensektor zahlungsmässig durch die Spargeldüberweisungen der bei uns tätigen jugoslawischen Arbeitskräfte sowie die Ausgaben schweizerischer Touristen in Jugoslawien eine beträchtliche Korrektur erfahrt.

Des weitem erläuterte der jugoslawische Delegationschef, der auch vom Vorsteher des Volkswirtschaftsdepartements empfangen wurde, die Voraussetzungen, die In Jugoslawien unter seinem eigenständigen System der «sozialistischen Marktwirtschaft» auf gesetzgeberischer Ebene geschaffen worden sind, um die industrielle Kooperation auszuweiten und das Zustandekommen von «joint ventures» mit westlichen Industriestaaten zu fördern. Bereits bestehen eine Anzahl sich gut entwickelnder Zusammenarbeitsverträge (namentlich Lizenzvereinbarungen, aber auch Lohnarbeits-, Umarbeitungsverträge u.a.m.) zwischen schweizerischen und jugoslawischen Unternehmungen. Man hofft auf jugoslawischer Seite, diese langfristige Zusammenarbeit ausdehnen zu können.

Parallel zu den Gesprächen auf offizieller Ebene erhielten die der Delegation angehörenden Vertreter der jugoslawischen Wirtschaftsorganismen Gelegenheit zu ausgedehnten, von der Zentrale für Handelsförderung organisierten Kontakten mit den entsprechenden schweizerischen Wirtschaftskreisen, die dem Erfahrungsaustausch sowie der Erkundung neuer Geschäfts- und Kooperationsmöglichkeiten dienten. Im Verlauf einer von der Handelskammer Schweiz-Jugoslawien in Zürich veranstalteten Zusammenkunft referierte Unterstaatssekretär Vanicek abschliessend aus jugoslawischer Sicht über die gegenseitigen Wirtschaftsbeziehungen.

Es ist vorgesehen, auch in Zukunft derartige Treffen durchzuführen.

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Sowjetunion

Die Gemischte schweizerisch-sowjetische Kommission für wissenschaftlichtechnische, industrielle und wirtschaftliche Zusammenarbeit, über deren Errichtung wir Sie in unserem ersten Bericht zur Aussenwirtschaftspolitik (Ziff. 43) näher orientiert hatten und die seither zweimal zu ordentlichen Tagungen zusammengetreten ist, hat Mitte November in Moskau wiederum eine sogenannte Zwischensession abgehalten. Die Besprechungen dienten dem Zweck, über den Stand der beidseitigen Bemühungen eine provisorische Bilanz zu ziehen, eine Anzahl

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hängiger Projekte weiter zu fördern, inzwischen aufgetauchte Fragen zu bereinigen, neue Kontakte anzubahnen und die nächste ordentliche Sitzung der Gemischten Kommission, die im Juni 1975 stattfinden wird, vorzubereiten. Dabei wurde auch die immer noch offene Frage eines eventuellen späteren Bezuges von Erdgas aus der Sowjetunion, die wir an der Junitagung zu vertiefen gedenken, erneut aufgeworfen. Ebenso steht eine Neufassung des Protokolls über wissenschaftlich-technische und wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen der Schweizerischen Uhrenkammer und dem Staatskomitee des Ministerrates der UdSSR für Wissenschaft und Technik aus dem Jahre 1970 zur Diskussion.

In genereller Hinsicht verdient Beachtung, dass der schweizerisch-sowjetische Handelsverkehr, der bisher regelmässig ein deutliches Übergewicht zugunsten der Schweiz aufwies, zwar nach beiden Richtungen nochmals angewachsen ist, sich aber nunmehr, mit einem Gesamtvolumen von rund 780 Millionen Franken, ausgeglichener gestaltet hat. Stark gesteigerte schweizerische Mineralölimporte zu den heutigen höheren Preisen haben massgebend dazu beigetragen.

626 Ungarn Die schweizerisch-ungarischen Wirtschaftsbeziehungen zeichnen sich - entgegen dem Verhältnis zu den meisten anderen Oststaaten - schon seit einigen Jahren durch eine weitgehend ausgeglichene Handelsbilanz aus. Als industriell recht fortgeschrittenes Land ist Ungarn in der Lage, ein verhältnismässig reichhaltiges Warensortiment anzubieten. Am diesjährigen «Comptoir Suisse», an dem es als Ehrengast teilnahm, erhielt es Gelegenheit, den Entwicklungsstand semer Volkswirtschaft zur Darstellung zu bringen. Der Staatssekretär im ungarischen Aussenhandelsmimsterium, Dr. Jenö Baczoni, der von seiner Regierung an der Spitze einer Behördendelegation zur Eröffnung des ungarischen Pavillons nach Lausanne entsandt worden war, stattete auf Einladung des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements am 11. September auch der Bundesstadt einen Besuch ab, wo er vom Departementschef empfangen wurde und mit dem Direktor der Handelsabteilung sowie dem zuständigen Delegierten für Handelsverträge zu einer Aussprache zusammentraf, die sich sowohl auf die Weltwirtschaftslage als auch auf das schweizerisch-ungarische Wirtschaftsverhältnis und gewisse damit zusammenhängende Einzelfragen erstreckte. Spezielle Beachtung wurde dabei den Möglichkeiten der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit Ungarn geschenkt, die sich zusehends entwickelt, wobei neben den herkömmlichen Lizenzvereinbarungen u. a. bereits auch ein Montagevertrag im Uhrensektor sowie eine teilweise Produktionsverlagerung in der Büromaschinenbranche zu verzeichnen sind.

Zusammenkünfte mit schweizerischen Wirtschaftskreisen, die von der Zentrale für Handelsförderung in Lausanne und von weiteren schweizerischen Interessenten in Zürich organisiert wurden, an denen auch der gleichzeitig in der Schweiz weilende Präsident der ungarischen Handelskammer und die ihn begleitenden Vertreter ungarischer Aussenhandelskorporatkmen teilnahmen, ergänzten das Programm.

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63

Afrika

631 Allgemeines Die Handelsbilanz der Schweiz mit den afrikanischen Staaten dürfte, soweit sich dies im Zeitpunkt der Redaktion dieses Berichtes beurteilen lässt, bedeutend weniger aktiv abschliessen als dies im Vorjahr der Fall gewesen war. Dieser Umstand ist nicht zuletzt auf die in letzter Zeit stark gestiegenen Preise für Rohstoffe und landwirtschaftliche Produkte, die einen erheblichen Anteil an unseren Gesamteinfuhren aus diesem Kontinent ausmachen, zurückzuführen.

Die sich seit einiger Zeit schon abzeichnende Tendenz vieler Länder Afrikas, ihre Wirtschaft vermehrt einer staatlichen Kontrolle zu unterwerfen, hat sich im Berichtszeitraum weiterhin verstärkt. Die schweizerischen Behörden bemühen sich deshalb intensiv, einen Teil der Beziehungen mit diesen Staaten durch den Abschluss von Abkommen über die Forderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen auf eine vertragliche Basis zu stellen. Bis zum 31. Dezember 1974 konnten mit 21 afrikanischen Ländern, zuletzt mit der Demokratischen Republik Sudan, solche Abkommen ausgehandelt werden.

632 Elfenbeinküste Die Wirtschaft der Elfenbeinküste befindet sich nach wie vor in einer Phase gesunder Entwicklung. Sie findet ihren Niederschlag in hohen Zuwachsraten des Bruttoinlandprodukts und des Exportes, in den zunehmenden staatlichen und privaten Investitionen sowie in der derzeitigen Baukonjunktur. Im Rahmen des Ausbaus der Infrastruktur erhielt ein schweizerisches Baukonsortium von der Regierung der Elfenbeinküste den Auftrag zum Bau einer 100 km langen Autobahn, die neue Gebiete der landwirtschaftlichen Nutzung öffnet. Die Bausumme inklusive Kreditzinsen ist mit 185 Millionen Franken veranschlagt. Unter dem Aspekt der Entwicklungshilfe in einem für das Land wichtigen Sektor gewährte der Bund die Exportrisikogarantie.

633 Demokratische Republik Sudan Am 17. Februar 1974 wurde in Khartoum mit der Demokratischen Republik Sudan ein Abkommen über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen unterzeichnet.

Das Abkommen enthält die in solchen Verträgen üblichen Bestimmungen über die Gleichbehandlung ausländischer Investitionen; es sichert die Transferierbarkeit der Erträge und der Kapitalrückzahlungen, eine angemessene Entschädigung bei Enteignung, Verstaatlichung und Besitzentziehung und sieht die Schaffung eines Schiedsgerichtes für Streitfälle vor.

575 634 Tansania Der Warenverkehr mit diesem Land wickelt sich seit der von Tansania vollzogenen Nationalisierung schweizerischen Eigentums im gewohnten bescheidenen Umfang ab. Ein geringer Rückgang der Importe und eine Steigerung der Exporte haben zur Folge, dass der Aktivsaldo der Handelsbilanz zugunsten der Schweiz eine Zunahme von 11,2 Millionen Franken aufweist. Unsere Botschaft in Dar es Salaam bemüht sich um die Honorierung der Entschädigungen an unsere Landsleute entsprechend dem mit diesem Land abgeschlossenen Investitionsschutzabkommen vom 3. Mai 1965. Das Eidgenössische Politische Departement hat in dieser Angelegenheit die Federführung inné.

635 Zaire Der relativ hohe Stand unserer Exporte nach Zaire von annähernd 50 Millionen Franken pro Jahr konnte beibehalten werden. Als nützlicher Beitrag zur Förderung der gegenseitigen Beziehungen darf zudem die Teilnahme Zaires als Ehrengast am «Comptoir Suisse 1974» gewertet werden.

64

Asien

641 Bangladesch Unsere Gespräche mit Bangladesch im Hinblick auf dessen Übernahme des Schuldendienstes für gewisse Kredite, die im seinerzeitigen Ostpakistan verwendet worden waren (vgl. dritter Bericht, Ziff. 642), haben zu einer Verständigung geführt; ein entsprechendes Schuldanerkennungsabkommen wurde am 4. Dezember 1974 unterzeichnet. Da jedoch Bangladesch aufgrund seiner prekären Zahlungsbilanzsituation nicht in der Lage ist, den übernommenen Schuldendienst gemäss den ursprünglichen Vereinbarungen mit den Gläubigern zu leisten, haben wir - in Anlehnung an die Beschlüsse des zuständigen Weltbank-Konsortiums (vgl. dritter Bericht, Ziff. 642) - gleichzeitig mit Bangladesch eine Schuldenkonsolidierung vereinbart, die ihrer langfristigen Laufzeit wegen der Bundesversammlung zur Genehmigung unterbreitet wird.

642 Volksrepublik China Wichtigste schweizerische Manifestation der Berichtsperiode im asiatischen Wirtschaftsraum war die von der Zentrale für Handelsförderung vorzüglich organisierte und erfolgreich durchgeführte schweizerische Ausstellung für industrielle Technologie (SITEX 74) in Peking. Auf einer Ausstellungsfläche von total 12 000 m2 bot sie rund 200 Ausstellern vom 7. bis zum 20. August Gelegenheit, 150 000 ausgewählten chinesischen Besuchern den Stand und die Vielfalt der schweizerischen Industrieproduktion vor Augen zu führen. Durch die gleichzeitige Veranstaltung von 150 technischen Vorträgen und Symposien, an denen insgesamt etwa

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2000 qualifizierte chinesische Fachleute teilnahmen, ist der Einblick in die Leistungsfähigkeit unserer Wirtschaft noch vertieft worden. Gleichzeitig erhielten die schweizerischen Aussteller und eine zu diesem Anlass eigens nach Peking gereiste Delegation schweizerischer Wirtschaftspersönlichkeiten ihrerseits Gelegenheit, mit den zuständigen chinesischen Ministerien, den Aussenhandelsorganisationen und weiteren chinesischen Wirtschaftskreisen in direkten Kontakt zu treten.

Es ist zu erwarten, dass die SITEX, die auch von einer nordkoreanischen Einkaufsmission besucht wurde, unserem - vorderhand noch relativ bescheidenen - Handel mit China, namentlich auf der Exportseite, einen gewissen Impuls verleihen wird. Schon jetzt sind erhöhte Handelszahlen zu verzeichnen. Dem stehen freilich auch hemmende Momente gegenüber (Sprache, Distanz, Systemunterschiede, chinesische Tendenz, die Wirtschaft möglichst «aus eigener Kraft» auszubauen, andauerndes Primat der Landwirtschaft, Streben nach gesamthaft ausgeglichener Handels- und Zahlungsbilanz), so dass sich der Handel mit China auch in Zukunft innerhalb bestimmter Grenzen halten dürfte.

Im grösseren Zusammenhang ist die SITEX, wie schon die schweizerische Werkzeugmaschinen-Ausstellung vom Frühjahr 1973 in Moskau und die EXPO vom Herbst des gleichen Jahres in Säo Paulo (Brasilien), in den Rahmen unserer generellen Bemühungen zu stellen, angesichts der sich wandelnden Wirtschaftslage unsere Auslandmärkte auch ausserhalb des westeuropäischen Wirtschaftsraumes offen zu halten und zu diversifizieren. China wird seinerseits 1975 am «Comptoir Suisse» in Lausanne als Gastland teilnehmen.

Die Tragweite der SITEX kam in der Entsendung einer vom Vorsteher des Politischen Departements geleiteten offiziellen schweizerischen Delegation zur Ausstellungseröffnung in Peking zum Ausdruck. Im Zuge der damit verbundenen Regierungsgespräche (vgl. Bericht des Bundesrates über seine Geschäftsführung im Jahre 1974) nahmen der Direktor der Handelsabteilung und der Delegierte für Handelsverträge den Anlass wahr, mit den massgebenden chinesischen Wirtschaftsinstanzen einen umfassenden Gedankenaustausch zu pflegen. Er diente vornehmlich dazu, die schweizerische Aussenhandelspolitik zu erläutern, die Ausrichtung der chinesischen Wirtschaftspolitik besser kennen zu lernen, die gegenseitige
Interessenlage zu klären, die Voraussetzungen und die Möglichkeiten eines längerfristigen Ausbaus der Wirtschaftsbeziehungen zu erkunden sowie gewisse Sonderprobleme zu erörtern (so z. B. die Ausgestaltung von Lizenzverträgen, die Kursgestaltung des Renminbi, den Kontakt mit den Endverbrauchern u. a. m.).

Gleichzeitig wurden, auf chinesische Anregung, an der SITEX zwischenstaatliche Verhandlungen eingeleitet, die, nachdem sie über die diplomatischen Kanäle fortgesetzt worden waren, am 20. Dezember in Bern in die Unterzeichnung eines schweizerisch-chinesischen Handelsabkommens ausmündeten (Beilage 2). Auch dieses Abkommen ist, in Form eines relativ einfachen Rahmenvertrages, auf eine Überbrückung hindernder Systemunterschiede zwischen einer Markt- und einer Staatswirtschaft zugeschnitten. Seine Existenz bietet zudem zusätzliche Gewähr für den Einschluss der gegenseitigen Austauschmöglichkeiten in die jeweiligen Mehrjahrespläne des Staatswirtschaftslandes. Hinsichtlich des materiellen Inhalts

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verdient im ersten Artikel über die Förderung des gegenseitigen Handelsverkehrs namentlich der zweite Absatz Beachtung, wonach - von uns aus gesehen zwecks besserer Berücksichtigung schweizerischer Konsumgüter' - die Struktur des Warenaustausches verbessert werden soll. Artikel 2 bestätigt die schon jetzt gehandhabte Meistbegünstigung in Zollsachen unter Ausschluss der Vorteile aus Zollunionen, Freihandelszonen oder Grenzverkehr. Im Artikel 3. dessen erster Absatz die Träger der kommerziellen Operationen umschreibt (natürliche und juristische Personen auf schweizerischer, Import- und Exportkorporationen auf chinesischer Seite), wird im zweiten Absatz festgelegt, dass sich der Handel zu vernünftigen, marktgerechten Preisen (Verhinderung des Dumping) abwickeln soll. Artikel 4 legt fest, dass sich der Zahlungsverkehr, da schon zuvor kein Clearing bestand, weiterhin in Franken, chinesischen Renminbi oder anderen konvertierbaren Währungen abwickelt. Im Unterschied zu den meisten übrigen Ostverträgen enthält das Abkommen mit China keine eigentliche Klausel über industrielle Zusammenarbeit, sondern beschränkt sich auf eine Äusserung des Interesses am kommerziellen Austausch auf dem Gebiet der Industrie, der Technik und der Dienstleistungen (Art. 5). Was den damit zusammenhängenden Schutz dès geistigen Eigentums anbelangt, so ist der Markenschutz bereits durch einen schweizerisch-chinesischen Notenwechsel von 1956/57 gegenseitig gewährleistet. Dagegen bietet die chinesische Gesetzgebung vorderhand noch keine Handhabe für einen allgemeinen Erfmdungs- und Patentschutz zugunsten von Ausländern; jedoch besteht gemäss ausdrücklicher Zusicherung des Aussenhandelsministeriums die Möglichkeit, einen solchen Schutz bei kommerziellen Vertragsabschlüssen von Fall zu Fall zu vereinbaren. Wir werden dem geistigen Eigentumsschutz im Verhältnis zur Volksrepublik China weiterhin unsere volle Aufmerksamkeit schenken. Die Artikel 6 und 7 (Schaffung einer Gemischten Kommission und Liechtensteinklausel) geben zu keinen weiteren Bemerkungen Anlass. Das für die Dauer von drei Jahren geschlossene Abkommen, das sich hernach stillschweigend um je ein weiteres Jahr erneuert, sofern es nicht drei Monate vor Ablauf gekündigt wird (wobei nach Art. 9 zuvor eingegangene Verpflichtungen noch fertig abzuwickeln sind), ist nach Artikel 8
am Tage seiner Unterzeichnung provisorisch in Kraft gesetzt worden. Es tritt definitiv in Kraft, sobald sich die beiden Staaten gegenseitig den Vollzug der innerstaatlichen Genehmigungsprozeduren notifizieren. Schweizerischerseits wird dies nach Ihrer Zustimmung zum vorliegenden Bericht geschehen können.

643 Hongkong Auf der Rückreise aus China bot sich dem zuständigen Delegierten für Handelsverträge Gelegenheit, mit dem Handels- und Industriedirektor der Kronkolonie verschiedene Fragen, so namentlich jene des Kampfes gegen die Herstellung und den Verkauf gefälschter Schweizer Uhren, erneut zu erörtern. Dank des Verständnisses der Hongkonger Behörden, des Einsatzes der Fahndungsorgane und der verschärften Gerichtspraxis konnten auf diesem Gebiet namhafte Fortschritte erzielt werden. Doch wird es noch sehr erheblicher, langwieriger Bemü-

Bundesblatt. 127. Jahrg. Bd. I

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hungen aller interessierten Stellen und Kreise bedürfen, bis von einer wirklichen Sanierung gesprochen werden kann. Wir schenken diesem Fragenkomplex laufend unsere volle Aufmerksamkeit.

644 Japan Bei einem Handelsvolumen von rund 2,3 Milliarden Franken mit einem Übergewicht von etwa 200 Millionen zugunsten der Schweiz ist Japan nach wie vor unser wichtigster Handelspartner in Asien und nimmt hinter den USA unter unseren aussereuropäischen Partnern den zweiten Platz ein.

Während der Handelsaustausch generell weiterhin anwächst, wirken sich anderseits in gewissen Sektoren immer noch restriktive Massnahmen für einzelne schweizerische Produkte hemmend aus. So ist, nach anfänglichen Fortschritten, die von uns erwartete Liberalisierung des Importkontingents für Lederschuhe wieder zum Stillstand gekommen. Wir werden mit unseren Bemühungen in dieser Frage nicht nachlassen. Japan hat ausserdem seine Absicht bekanntgegeben, die in der Kennedy-Runde des GATT gewährte Zollkonzession auf Skischuhen zurückzuziehen. Konsultationen mit den Hauptlieferanten, darunter der Schweiz, sollen gemäss den GATT-Verfahrensregeln demnächst aufgenommen werden.

645 Pakistan Im Ausmass, in dem Bangladesch den Schuldendienst für gewisse Kredite, die zur Finanzierung von Projekten im seinerzeitigen Ostpakistan verwendet worden waren, übernimmt, ist Pakistan aus früheren zwischenstaatlichen Zahlungsverpflichtungen zu entlassen. Wir haben daher parallel zum Schuldanerkennungsabkommen mit Bangladesch eine entsprechende Vereinbarung mit Pakistan getroffen. Angesichts seiner Zahlungsbilanzschwierigkeiten hat auch Pakistan um Gewährung einer langfristigen Schuldenkonsolidierung ersucht, die ihm nach eingehenden Beratungen des Weltbank-Konsortiums zugestanden wurde. Unsere diesbezüglichen Verhandlungen mit Pakistan konnten abgeschlossen werden, und das Schuldenkonsolidierungsabkommen wird - wie dasjenige mit Bangladesch aufgrund seiner langfristigen Laufzeit von der Bundesversammlung zu ratifizieren sein.

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Lateinamerika

651 Allgemeines Versorgungsprobleme auf dem Energiesektor sowie die Entwicklung der Preise auf den internationalen Nahrungsmittel- und Rohstoffmärkten wirken sich in den einzelnen Ländern unterschiedlich aus, je nach dem Grad ihrer Abhängigkeit bei Importen oder ihrer Exportfähigkeit. Im Durchschnitt stehen immer kleinere Überschüsse landwirtschaftlicher Erzeugnisse für die Ausfuhr zur Verfü-

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gung, weil die Produktionszunahme geringer ist als der Bevölkerungszuwachs.

Dadurch entstehen Ausfalle bei den Deviseneinnahmen. Diese werden durch Preissteigerungen bei vielen traditionellen Exportwaren und durch die zunehmende Ausfuhr industrieller Güter nicht voll gedeckt. Viele Länder sind deshalb mit sich verschärfenden Zahlungsbilanzproblemen konfrontiert, was insbesondere für Staaten mit grosser Importabhängigkeit beim Erdöl zutrifft. In den meisten Ländern ist ausserdem auch ein verstärkter Anstieg der Lebenshaltungskosten festzustellen.

Soweit, es sich im Zeitpunkt der Niederschrift des vorliegenden Berichtes beurteilen lässt, dürfte die Handelsbilanz der Schweiz mit den lateinamerikanischen Staaten im Jahre 1974 insgesamt mit einem etwas grösseren Überschuss als im Vorjahr abschliessen.

Die verschiedenen Integrationsbestrebungen führten nach wie vor nicht zum gewünschten Aufschwung des internen lateinamerikanischen Handels. Indessen wurden weitere Fortschritte auf dem Gebiet der gemeinsamen Industrialisierungspolitik im Andenpakt und allgemein in der regionalen Zusammenarbeit unter den Industrien mehrerer Branchen erzielt.

In drei Verhandlungsrunden wurde über Massnahmen zur Wiederbelebung der lateinamerikanischen Freihandelszone (ALALC) beraten. Die Ergebnisse lassen sich noch nicht überblicken. Ein Schwergewicht könnte sich bei der Verstärkung der branchebezogenen industriellen Zusammenarbeit innerhalb der Zone auf privater, offiziell genehmigter Grundlage ergeben.

Als letztes Land des Andenpaktes (Bolivien, Chile, Ekuador, Kolumbien, Peru und Venezuela) hat Chile im Juli die Vollzugsverordnung zu den Richtlinien über die Behandlung ausländischer Investitionen erlassen. Diese Bestimmungen wurden von den übrigen Partnern des Paktes als zu liberal bezeichnet.

652

Argentinien

Gute Ernten, hohe Weltmarktpreise für traditionelle argentinische Ausfuhrgüter sowie der zunehmende Export von Industrieprodukten vermochten die sinkenden Lieferungen von Fleisch und Wolle auszugleichen. Handels- und Zahlungsbilanz weisen Überschüsse in vorjährigem Umfang auf. Eine verstärkte Kontrolle über ausländische Investitionen sowie die angekündigte, aber noch nicht umschriebene Überführung wichtiger ausländischer Betriebe in argentinischen Besitz berühren, namentlich im Sektor der Elektrizitätswirtschaft, auch wesentliche schweizerische Interessen.

Verminderte Fleischimporte und ein wesentlicher wertmässiger Anstieg unserer Ausfuhr kennzeichnen den schweizerisch-argentinischen Warenverkehr. Der Rahmenkredit von 45 Millionen Franken zur Finanzierung der Einfuhr schweizerischer Investitionsgüter, der Argentinien 1968 eingeräumt wurde, ist zunehmend beansprucht worden; es stehen noch rund 7 Millionen Franken zur Benützung zur Verfügung.

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Brasilien

Auch im Jahre 1974 stieg das reale Bruttosozialprodukt um etwa 10 Prozent.

Indessen bewirkten die starke Importabhängigkeit beim Erdöl, erhöhte Preise für importierte Rohstoffe sowie ein auch durch die Inflation verursachter Anstieg der Nachfrage einen starken wertmässigen Zuwachs der Einfuhr. Die Ausfuhr konnte nicht entsprechend gesteigert werden; der Fehlbetrag der Handelsbilanz wird auf etwa 5 Milliarden Dollar geschätzt. Die Regierung hat Massnahmen zur Drosselung der Einfuhr bestimmter Waren getroffen. Es handelt sich insbesondere um Erzeugnisse, die als Luxusgüter betrachtet werden und sodann um die vermehrte Ausrichtung der Einkaufspolitik staatlich beherrschter Körperschaften auf Produkte brasilianischen Ursprungs.

Der schweizerische Import wies nur eine geringe wertmässige Zunahme auf.

Bei der Ausfuhr hingegen ist erneut ein Rekordergebnis zu verzeichnen.

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Chile

Im Warenverkehr mit dem Ausland hat Chile gegenüber 1973 höhere Ausfuhrwerte erzielt, was insbesondere auf gesteigerte Kupferlieferungen zu hohen Preisen zurückzuführen ist. Auch die Importe nahmen zu, wobei vermehrte Käufe von Rohstoffen und Halbfabrikaten im Vordergrund stehen.

Im schweizerisch-chilenischen Warenverkehr ist eine leichte Zunahme unserer Einfuhr und ein erheblicher Rückgang der Ausfuhr zu verzeichnen.

Das Konsolidierungsabkommen vom 28. Juli 1972 (vgl. 86. Bericht), das die Begleichung chilenischer Schulden, die zwischen Anfang November 1971 und Ende 1972 zur Zahlung fällig waren, an schweizerische Gläubiger ermöglichte, wird Vertrags gemäss abgewickelt.

Auf Grund der Empfehlungen des «Pariser-Klub» vom 25. März 1974 (vgl.

dritter Bericht) wurde am 7. Januar 1975 ein weiteres schweizerisch-chilenisches Abkommen über die Konsolidierung kommerzieller Schulden unterzeichnet.

Nach dieser Vereinbarung sind 80 Prozent der Forderungen (Kapital und Zinsen) aus Warenlieferungen, wofür die Exportrisikogarantie erteilt wurde und die Zahlung in den Jahren 1973 und 1974 fällig war, zu konsolidieren. Der entsprechende Lieferkontrakt muss vor dem 1. Januar 1973 abgeschlossen worden sein und die Gewährung eines Kredites von mehr als einjähriger Dauer vorsehen.

Chile hat den ihm eingeräumten Konsolidierungskredit zu 6,5 Prozent zu verzinsen und, nach Zwischenzahlungen in den Jahren 1975 und 1976, ab I.Januar 1977 in 14 gleichen Semesterraten zurückzuzahlen. Die Zinsen sind halbjährlich, erstmals Mitte 1975, zu überweisen. Der Bundesbeschluss vom 17. März 1966 (AS 1966 893, 1970 1707) bildet die gesetzliche Grundlage dieses Abkommens.

Der Chile einzuräumende Konsolidierungsredit wird voraussichtlich rund 23 Millionen Franken betragen. Sein endgültiger Betrag ist abhängig von den Überweisungen, die Chile an die schweizerischen Gläubiger vornimmt.

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Entsprechende Vereinbarungen mit Chile haben bisher die Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, Japan, Spanien und die USA getroffen. Damit wurden bereits gegen 90 Prozent der Schulden konsolidiert, die Gegenstand der gemeinsamen Empfehlungen der Gläubigerländer vom 25. März 1974 bilden.

655 Ekuador Die zunehmenden Erdölverschiffungen haben den Umfang und die Struktur des Exportes stark beeinflusst. Erhöhte Einnahmen des Staates schaffen die finanzielle Grundlage für die Ausführung einer grossen Anzahl von Entwicklungsprojekten der nationalen Planungsbehörden.

Die gute Konjunkturlage Ekuadors wirkte sich günstig auf die schweizerische Ausfuhr aus. Auch die Neigung zu privaten Investitionen scheint zuzunehmen.

656 Kuba Die Gültigkeitsdauer des Handelsabkommens vom 30. März 1954 (AS 7954 521) wurde um ein weiteres Jahr bis Ende 1975 verlängert.

Kuba hat seine Verpflichtungen aus dem Abkommen vom 2. März 1967 über die Entschädigung der schweizerischen Interessen (AS 7972 2649) auch im siebten Jahr vertragstreu erfüllt. Die Entschädigungszahlungen erreichten bisher rund 20 Millionen Franken. Ausserdem wurde die Entschädigung auch für nachträglich geltend gemachte schweizerische Ansprüche zugesagt. Das Abkommen wird 1975 erfüllt sein.

657 Mexiko Auch Mexiko sieht sich Problemen gegenübergestellt, die sich namentlich aus einer hohen Inflationsrate ! und erhöhten Importpreisen für Nahrungsmittel und Rohstoffe ergeben. Neue Erdolfunde lassen eine Verstärkung des konjunkturellen Auftriebs erwarten.

Im April 1975 will Mexiko in Zusammenarbeit mit interessierten privaten schweizerischen Kreisen in unserem Land ein Symposium durchführen. Die Veranstaltung soll das gegenseitige Verständnis auf wirtschaftlichem und kulturellem Gebiet fördern und der Vertiefung der Beziehungen dienen.

Sowohl die schweizerische Einfuhr als auch unsere Ausfuhr verzeichneten Zunahmen. Von dem Mexiko im Jahre 1967 eingeräumten Rahmenkredit zur Finanzierung schweizerischer Investitionsgüterheferungen stehen noch rund 17 Millionen Franken zur Benützung offen.

658 Peru Die Entdeckung neuer Erdölvorkommen und eine erhöhte Fischmehlproduktion tragen wesentlich zu einer zufriedenstellenden wirtschaftlichen Entwicklung bei.

582 Die Überführung ausländischer Privatbetriebe in peruanischen Besitz schreitet voran. Sie bildet Gegenstand von Verhandlungen auch zwischen schweizerischen Firmen mit den peruanischen Behörden. Schwierigkeiten ergeben sich im Zusammenhang mit der Bedienung einer durch die Investitionsrisikogarantie des Bundes gedeckten Anleihe einer Elektrizitätsgesellschaft auf dem schweizerischen Kapitalmarkt. Obwohl die Bemühungen der interessierten schweizerischen Kreise von den Bundesbehörden unterstützt wurden, konnte noch keine Regelung erzielt werden.

Die schweizerische Einfuhr blieb hinter dem Vorjahresergebnis zurück; die Ausfuhr dagegen stieg überdurchschnittlich.

66

Nordamerika

661 Vereinigte Staaten von Amerika Der Entwurf für das neue Aussenhandelsgesetz der USA («Trade Reform Act») ist am 13. Dezember vom Senat verabschiedet worden, worauf in kürzester Zeit das Verfahren zur Bereinigung der Senatsversion mit dem unterschiedlichen Wortlaut des Entwurfes des Repräsentantenhauses durchgeführt wurde. Ein einheitlicher Gesetzestext wurde am 20. Dezember von beiden Häusern des Kongresses verabschiedet und dem amerikanischen Präsidenten zur Unterschrift zugeleitet. Das neue Gesetz, dessen Bestimmungen im Zeitpunkt der Abfassung dieses Berichts noch nicht bekannt sind, wird es den Vereinigten Staaten ermöglichen, eine neue handelspolitische Marschroute einzuschlagen, denn es enthält neben ändern wichtigen Ermächtigungen und Aufgaben die vom Präsidenten für die Aufnahme von Wirtschaftsverhandlungen mit dem Ausland benötigten Vollmachten. Die beiden Häuser haben sich in der Frage der Gewährung von Handelskonzessionen an gewisse europäische Staatshandelsländer einigen können. Die Gewährung solcher Konzessionen hat die Behandlung des Gesetzes durch den Senat bisher verzögert. Der Kongress hat die diesen Ländern in Aussicht gestellte Anwendung der Meistbegünstigung gebilligt und die Einräumung von Krediten der Export-Import-Bank an die Sowjetunion für die Dauer von 18 Monaten bewilligt; darnach verlangt der Kongress den Nachweis für die Erfüllung seiner Bedingung einer Liberalisierung der sowjetischen Ausreisepolitik, sollen die von ihm zugestandenen Vergünstigungen weitergeführt werden können.

Die Tarifkommission hat fristgerecht dem amerikanischen Präsidenten auf den 30. September 1974 den verlangten Entwurf für einen auf die Brüsseler Nomenklatur übertragenen Zolltarif der Vereinigten Staaten eingereicht. Der Entwurf enthält unter dem die schweizerischen Interessen in erster Linie tangierenden Kapitel der Erzeugnisse der Uhrenindustrie eine neue Position für elektrische und elektronische Uhrwerke sowie deren Bestandteile, die einen gegenüber dem heutigen Stand leicht erhöhten Zollansatz vorsieht. Mit diesem Zwischenergebnis sind

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die Vorarbeiten der Administration zum Stillstand gekommen. Vordringlich ist nun die Prüfung der grundsätzlichen Frage, ob für die USA die Übernahme des Brüsseler Nomenklaturschemas überhaupt zweckmässig ist.

Veranlasst durch die Klage einer einheimischen Bauernorganisation hat das Schatzamt in Washington im November eine Voruntersuchung begonnen, die abklären soll, ob schweizerische Käseausfuhren nach den Vereinigten Staaten subventioniert sind und demnach gemäss einer zwingenden amerikanischen Gesetzesvorschrift mit Ausgleichszöllen (countervailing duties) belegt werden müssen.

Die zuständigen Verwaltungen des Volkswirtschaftsdepartements hatten Gelegenheit, den schweizerischen Standpunkt Mitte Dezember einer amerikanischen Experten-Delegation gegenüber geltend zu machen.

Die seit April 1972 angekündigte Festsetzung eines amerikanischen Dumpingzolles auf schweizerischen schweren Transformatoren ist noch immer ausstehend. Diese allzulange dauernde Ungewissheit hat die entsprechenden Ausfuhren nach den USA völlig zum Erliegen gebracht und damit die Auswirkungen, die nichttarifarische Handelshindernisse haben können, eindrücklich aufgezeigt.

Schliesslich traten zwei vor der Federai Trade Commission hängige wettbewerbspolitische Untersuchungen über den Erwerb amerikanischer Firmen durch ein schweizerisches Unternehmen der Lebensmittelbranche in ein akutes Stadium.

In allen diesen drei Angelegenheiten haben wir uns zusammen mit der Schweizerischen Botschaft in den Vereinigten Staaten für die Wahrung der legitimen schweizerischen Interessen eingesetzt.

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Kanada

Das reale Bruttosozialprodukt stieg 1974 um etwa 4 Prozent; die Inflationsrate liegt bei 11 Prozent. Die landwirtschaftliche Produktion nahm weiter zu und auch bei der Industrialisierung werden Fortschritte erzielt. Der Aussenhandel, beeinflusst namentlich durch hohe Preise für traditionelle kanadische Exportwaren, erzielte sowohl bei der Einfuhr als auch bei der Ausfuhr überdurchschnittliche Zuwachsraten. Kanada unternimmt beträchtliche Anstrengungen zur Ausweitung seiner Aussenhandelsbeziehungen. Premierminister Trudeau besuchte in diesem Sinne verschiedene europäische Hauptstädte und pflog Kontakte mit den Organen der EG, während der Wirtschaftsminister, begleitet von Vertretern aus Handel und Industrie, die Beziehungen zu ändern Staaten vertiefte.

Der schweizerisch-kanadische Warenverkehr ist durch eine starke Steigerung des Importwertes gekennzeichnet, was insbesondere auf vermehrte Bezüge von Weizen zu höheren Preisen zurückzuführen ist. Auch unsere Ausfuhr nahm zu. Im weiteren werden auch Investitionen nach wie vor in namhaftem Umfang getätigt.

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Autonome Aussenwirtschaftspolitik

Die Veränderungen in den internationalen Rahmenbedingungen machten sich auch im Bereiche der autonomen Aussenwirtschaftspolitik zusehends bemerkbar. Die Verknappungs- und Teuerungserscheinungen im Rohstoffsektor führten seitens der inländischen verarbeitenden Industrie im Interesse der Erhaltung der relativ preisgünstigen einheimischen Rohstoffbasis zu wachsendem Druck auf die Ausfuhrbewirtschaftung. Andererseits verstärkten namentlich in der zweiten Jahreshälfte die massiv gestiegene Aufwertung des Frankens sowie die in verschiedenen Bereichen nachlassende Auslandsnachfrage die Schwierigkeiten in einzelnen teils strukturell ohnehin schwachen Branchen, was gesamthaft zu einem merklichen Auftrieb protektionistischer Strömungen in der schweizerischen Wirtschaft führte.

Landwirtschaftliche Verarbeitungserzeugnisse Infolge agrarpolitischer Massnahmen im In- und Ausland müssen die schweizerischen Nahrungsmittelfabrikanten, im Unterschied zur Verarbeitungsindustrie in der EWG und in den meisten ändern EFTA-Staaten, die von ihnen verwendeten Agrarrohstoffe wie Trockenmilch, Zucker, Mehl usw. in der Regel zu höheren Ansätzen kalkulieren als ihre Konkurrenten im Ausland. Die Wirkungen dieses Kostenhandicaps wurden in letzter Zeit umso spürbarer, als im Freihandelsabkommen mit der EWG der Zollabbau für landwirtschaftliche Verarbeitungserzeugnisse auf die in den Ausgangszollsätzen enthaltene Industrieschutzkomponente beschränkt und in der EFTA für verschiedene Nahrungsmittelprodukte der bisherige Freihandel teilweise rückgängig gemacht werden mussten. Um diese Wettbewerbsnachteile der schweizerischen Nahrungsmittelindustrie zu mildern, haben wir Ihnen am 9. Juli 1974 den Entwurf zu einem Bundesgesetz unterbreitet, wonach für landwirtschaftliche Verarbeitungserzeugnisse im Ausmass der zwischen der Schweiz und dem Ausland bestehenden Agrarpreisdifferenzen ein System beweglicher Einfuhrzölle und Ausfuhrbeiträge eingerichtet werden kann.

Die Inkraftsetzung des neuen Gesetzes - dem Sie in der letzten Session zugestimmt haben - sowie der entsprechenden Durchführungsbestimmungen wird allerdings vom Ausgang der gegenwärtig in bestimmten Wirtschaftskreisen in Gang befindlichen Referendumsbestrebungen abhängig sein.

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Antrag

Gestützt auf diesen Bericht empfehlen wir Ihnen, von den getroffenen Massnahmen in zustimmendem Sinne Kenntnis zu nehmen und zu beschliessen, dass sie weiter in Kraft bleiben sollen.

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Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

Bern, den 27. Januar 1975 Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident : Graber i

Der Vizekanzler: Sauvant 4013

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Beilage l

Handelsabkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Volksrepublik Albanien

Der Schweizerische Bundesrat und die Regierung der Volksrepublik Albanien, vom Wunsche geleitet, die gegenseitigen Handelsbeziehungen zugunsten beider Staaten zu fördern und auszuweiten, haben folgendes vereinbart : Artikel l Die Vertragsparteien sind bestrebt, den Warenaustausch zwischen den beiden Staaten in Berücksichtigung der in der Schweiz und in Albanien geltenden Bestimmungen und Regeln und gemäss den Klauseln dieses Abkommens mit allen geeigneten Mitteln zu erleichtern und zu fördern.

Die beiden Regierungen gewähren den Waren des anderen Landes auf ihren Märkten einen möglichst freien Zugang. Dabei ziehen sie die Einfuhr- und Ausfuhrstrukturen der beiden Länder in Betracht.

Artikel 2 Die beiden Regierungen kommen überein, einander gegenseitig die Behandlung der meistbegünstigten Nation in bezug auf die Zölle, Taxen, Zuschläge, Steuern, fiskalischen Belastungen und das administrative Zollverfahren, denen auf ihrem Gebiet die Einfuhr, die Ausfuhr, die Wiederausfuhr, der Transit, der Umschlag, der Transport, die Lagerung und die Verteilung aus dem Ausland stammender Waren unterworfen sind, zu gewähren.

Artikel 3 Die Meistbegünstigung gemäss Artikel 2 bezieht sich jedoch nicht auf die Vorteile, Zugeständnisse und Befreiungen, die jede der Vertragsparteien - den angrenzenden Staaten im Grenzverkehr,

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- den Staaten, die mit ihr in einer bereits bestehenden oder künftigen Zollunion, Freihandelszone oder Praferenzzone zusammengeschlossen sind, gewahrt oder gewahren wird Artikel 4 t

Die Vertragsparteien kommen uberein, dass der Warenaustausch zu den auf den charakteristischen internationalen Markten geltenden Preisen erfolgt Im Falle von Schwierigkeiten auf dem Gebiet der Preise, prüfen die zustandigen Behörden der beiden Staaten die Frage, um eine beiden Parteien genehme Losung zu finden Artikel 5 Die Zahlungen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Volksrepublik Albanien wickeln sich gemass den m beiden Staaten geltenden Bestimmungen m Schweizerfranken oder anderen \ on den Geschäftspartnern vereinbarten konvertierbaren Devisen ab

Artikel 6 Die Vertragsparteien kommen uberein eine aus Vertretern dei beiden Regierungen zusammengesetzte Gemischte Kommission zu bilden Sie überwacht die Einhaltung des vorliegenden Abkommens und kann namentlich die zu ergreifenden Massnahmen prüfen sowie Vorschlage jeder Art machen im Hinblick auf die Erleichterung und Ausweitung der Möglichkeiten des Warenaustausches zwischen den beiden Landern Sie tritt auf Verlangen der einen oder der anderen Vertragspartei abwechslungsweise m der Schweiz und in Albanien zusammen

Artikel 7 Das vorliegende Abkommen tritt am Tage semer Unterzeichnung vorläufig m Kraft Anschhessend genehmigen die Vertragsparteien das vorliegende Abkommen gemass den m jedem der beiden Staaten geltenden Bestimmungen und notifizieren sich auf dem diplomatischen Wege die Erfüllung des betreffenden Verfahrens Das Abkommen tritt am Tage des Erhaltes der zweiten Notifikation endgültig m Kraft Das Abkommen gilt für die Dauer von fünf Jahren Es wird jeweils stillschweigend für die Dauer eines Jahres verlängert, wenn es nicht drei Monate vor Ablauf seiner Laufzeit schriftlich gekündigt wird

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Geschehen in Bern, am 28. Oktober 1974, in zwei Onginalexemplaren, jedes in französischer und in albanischer Sprache, wobei beide Texte in gleicher Weise massgebend sind.

Für den Schweizerischen Bundesrat :

Für die Regierung der Volksrepublik Albanien :

Raymond Probst

Ahmet Jegeni

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Der Präsident der schweizerischen Delegation

Bern, den 28. Oktober 1974 Herrn Ahmet Jegeni Präsident der albanischen Delegation

Herr Präsident, Ich beehre mich, Ihnen mitzuteilen, dass gemäss dem Zollunionvertrag zwischen dem Fürstentum Liechtenstein und der Schweizerischen Eidgenossenschaft und solange ein derartiger Vertrag in Kraft bleibt, die von der Schweiz mit Drittstaaten abgeschlossenen Handels- und Zollabkommen sich auf das Fürstentum Liechtenstein erstrecken. Dies trifft deshalb auch auf das heute geschlossene Handelsabkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Volksrepublik Albanien zu.

Ich bitte Sie. vom Vorstehenden Kenntnis nehmen zu wollen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, die Versicherung meiner vorzüglichen Hochachtung.

Raymond Probst

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Der Präsident der albanischen Delegation

Bern, den 28. Oktober 1974 Herrn Raymond Probst Präsident der schweizerischen Delegation

Herr Präsident, Ich habe Ihr Schreiben vom heutigen Tag erhalten, das folgendermassen lautet: «Ich beehre mich, Ihnen mitzuteilen, dass gemäss dem Zollunionvertrag zwischen dem Fürstentum Liechtenstein und der Schweizerischen Eidgenossenschaft und solange ein derartiger Vertrag in Kraft bleibt, die von der Schweiz mit Drittstaaten abgeschlossenen Handels- und Zollabkommen sich auf das Fürstentum Liechtenstein erstrecken. Dies trifft deshalb auch auf das heute geschlossene Handelsabkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Volksrepublik Albanien zu.

Ich bitte Sie, vom Vorstehenden Kenntnis nehmen zu wollen.» Ich habe vom Vorstehenden Kenntnis genommen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, den Ausdruck meiner vorzüglichen Hochachtung.

Ahmet Jegeni

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Beilage 2

Handelsabkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Volksrepublik China

Der Schweizerische Bundesrat und die Regierung der Volksrepublik China, vom Wunsche geleitet, auf der Grundlage der Gleichberechtigung und im gegenseitigen Interesse zwischen den beiden Ländern, den Handelsaustausch zu entwickeln und die Wirtschaftsbeziehungen zu verstärken, haben folgendes vereinbart : Artikel l Die beiden Vertragsparteien ergreifen alle Massnahmen, die im Rahmen der in jedem der beiden Länder geltenden Bestimmungen und Regeln möglich und zulässig sind, um den Handelsaustausch zwischen den beiden Ländern zu fördern und zu entwickeln. Jede der beiden Vertragsparteien ergreift insbesondere alle geeigneten Massnahmen, um den freien Zugang der Waren der anderen Vertragspartei auf dem eigenen Markt zu erleichtern.

Die beiden Vertragsparteien bemühen sich, die Strukturen des Warenaustausches zu verbessern. Sie tragen im Rahmen des Möglichen dem Saisoncharakter der Waren Rechnung.

Artikel 2 Die beiden Vertragsparteien kommen überein, einander gegenseitig die Behandlung der meistbegünstigten Nation inbezug auf die Zölle, Taxen, Zuschläge und andere fiskalischen Belastungen, die bei der Einfuhr, der Ausfuhr und der Wiederausfuhr, beim Transit, beim Umschlag und bei der Lagerung erhoben werden sowie auf die hierauf bezüglichen Verfahren und Formalitäten zu gewähren.

Die vorstehenden Bestimmungen finden keine Anwendung a) auf die Vorteile, die eine der Vertragsparteien einem dritten Land, das mit ihr in einer Zollunion, Freihandelszone oder Präferenzzone zusammengeschlossen ist, gewährt oder gewähren wird ;

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b) auf die Vorteile, die eine der Vertragsparteien den angrenzenden Ländern zur Erleichterung des Grenzverkehrs gewährt oder gewähren wird.

Artikel 3 Der Warenaustausch zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Volksrepublik China erfolgt gemäss den in jedem der beiden Länder geltenden Bestimmungen und Regeln durch die schweizerischen juristischen und natürlichen Personen sowie durch die nationalen chinesischen Ein- und Ausfuhrgesellschaften.

Die beiden Vertragsparteien kommen überein, dass der Austausch von Waren- und Dienstleistungen zu vernünftigen, marktgerechten Preisen erfolgen soll.

Artikel 4 Die Zahlungen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Volksrepublik China werden gemäss den geltenden Bestimmungen und Regeln und aufgrund der üblichen Gepflogenheiten in jedem der beiden Länder zwischen den schweizerischen Banken, die Devisenoperationen durchführen, und der Bank von China in Schweizerfranken, in Renminbi oder in anderen den Geschäftspartnern genehmen konvertierbaren Währungen abgewickelt.

Artikel 5 Die beiden Vertragsparteien fördern den Austausch kommerziellen Charakters zwischen den beiden Ländern auf industriellem und technischem Gebiet sowie auf demjenigen der Dienstleistungen. Zu diesem Zweck gewähren sie sich die Erleichterungen, die im Rahmen der in den beiden Ländern geltenden Bestimmungen möglich sind.

"~ Artikel 6 Die beiden Vertragsparteien kommen überein, eine Gemischte Kommission für den Handel Schweiz-China zu errichten; sie hat zur Aufgabe, die Durchführung des vorliegenden Abkommens zu überwachen und nach geeigneten Mitteln zur Entwicklung der bilateralen Handelsbeziehungen zu suchen. Die Gemischte Kommission tritt auf Wunsch der beiden Parteien abwechslungsweise in Bern und in Peking zusammen.

Artikel 7 Dieses Abkommen erstreckt sich auf das Fürstentum Liechtenstein, solange dieses durch einen Zollunionsvertrag mit der Schweizerischen Eidgenossenschaft verbunden ist.

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Artikel 8 Dieses Abkommen tritt am Tage seiner Unterzeichnung vorläufig und nach gegenseitiger Notifikation der Erfüllung der betreffenden gesetzlichen Verfahren durch die beiden Vertragsparteien endgültig in Kraft.

Dieses Abkommen gilt für die Dauer von drei Jahren. Es wird jeweils stillschweigend für ein neues Jahr verlängert, wenn es nicht drei Monate vor seinem Ablauf von einer der beiden Vertragsparteien schriftlich gekündigt wird.

Artikel 9 Verpflichtungen, die aus der Anwendung dieses Abkommens während seiner Geltungsdauer entstehen, werden nach Ablauf des Abkommens gemäss seinen Bestimmungen erfüllt.

Ausgefertigt in Bern, am 20. Dezember 1974, in zwei Exemplaren, jedes in französischer und in chinesischer Sprache, wobei beide Texte in gleicher Weise massgebend sind.

Für den Schweizerischen Bundesrat :

Für die Regierung der Volksrepublik China :

Raymond Probst

Tchen Tche-fang

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Vierter Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung zur Aussenwirtschaftspolitik (Vom 27. Januar 1975)

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Jahr

1975

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

06

Cahier Numero Geschäftsnummer

75.004

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

17.02.1975

Date Data Seite

535-593

Page Pagina Ref. No

10 046 291

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