829

# S T #

Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend die Petition des Verbandes des Personals schweizerischer Transportanstalten über die Revision des Bundesgesetzes vom 27. Juni 1890 betreffend die Arbeitszeit beim Betriebe der Transportanstalten.

(Vom 11 März 1898.)

Tit.

In der Petition des Centtalkomitees des Verbandes des Personals schweizerischer Transportanstalten vom 15. Dezember 1895 ist verlangt, daß den Art. 2--6 des citierten Gesetzes folgende Fassung gegeben werden möchte: Art. 2. ,, D i e Arbeitszeit der B e a m t e n , A n g e s t e l l t e n und Arbeiter soll bei n o r m a l e m Betriebe 10 Stunden t ä g l i c h n i c h t ü b e r s t e i g e n ; s o w e i t d e r B e t r i e b eine m e h r a l s g e w ö h n l i c h eA r b e i t s z e i t e r f o r d e r t , s o l l d a s P e r s o n a l f ü r geleis t e t e Ü b e r z e i t a r b e i t e n t s p r e c h e n d e n t s c h ä d i g t werden."

Art. 3, Absatz 2. ,, N a c h u n g e f ä h r der H ä l f t e der A r b e i t s z e i t i s t e i n e R u h e p a u s e v o n w e n i g s t e n s einer Stunde bis zu zwei S t u n d e n zu gewähren.a Art. 4 . ,, D e n B e a m t e n , A n g e s t e l l t e n u n d A r b e i t e r n sind im J a h r e , angemessen v e r t e i l t , 52 fest eingeteilte Ruhetage freizugeben, wovon j e d e n f a l l s 17 auf den Sonntag f a l l e n sollen, nebst einem U r l a u b

830

von 8 Tagen n a c h W a h l des Personals. Der d i e n s t f r e i e T a g soll w e n i g s t e n s 3 6 S t u n d e n u m f a s s e n . E i n A b z u g a m G e h a l t e o d e r L o h n e d a r f wegen d e r Dienstb e f r e i u n g oder dem Urlaub nicht stattfinden."

Art. 5 soll dahin erweitert werden, daß a u ß e r an den Sonntagen auch an den hohen Pesttagen der G ü t e r d i e n s t u n t e r s a g t sein soll.

Art. 6. ,,Wo b e s o n d e r e V e r h ä l t n i s s e es n o t w e n d i g machen, ist der Bundesrat ermächtigt, gegenüber den B e s t i m m u n g e n dieses Gesetzes a u s n a h m s w e i s e A n o r d n u n g e n l ä n g s t e n s auf die D a u e r eines Monats z u t r e f f e n , u n t e r m ö g l i c h s t e r B e r ü c k su i c h t i g u n g d e r B e s t i m m u n g e n der A r t i k e l 2, 3 und 4.

Diese Forderungen zielen gegenüber dem Bundesgesetze vom 27. Juni 1890 dahin, daß 1. die Arbeitszeit um 2 Stunden gekürzt, die Überschreitung der gesetzlichen Maximalarbeitszeit aber gestattet werden soll, sofern für die Mehrleistung eine Extravergütung ausgerichtet wird ; 2. um die Mitte der Arbeitszeit statt der einstündigen Ruhepause eine solche von i bis 2 Stunden gewährt werden soll; 3. die im bestehenden Gesetze geforderten 52 dienstfreien Tage nicht nur 24, sondern 36 Stunden umfassen sollen und jedem Angestellten nach seiner Wahl per Jahr ein achttägiger Urlaub gewährt werden soll; 4. der Güterdienst nicht nur an den Sonntagen, sondern auch an den hohen Pesttagen untersagt sein soll; 5. die im Art. 6 des bestehenden Gesetzes vorgesehenen ausnahmsweisen Anordnungen des Bundesrates jeweilen längstens für die Dauer eines Monats bewilligt werden sollen.

Zur Begründung dieser Forderungen im allgemeinen ist geltend gemacht, daß das Gesetz vom 27. Juni 1890 seitens der Bahnverwaltungen noch nicht vollständig durchgeführt wurde und daß den Angestellten der Mut und die Macht fehlen, dessen strikte Ausführung zu verlangen, hauptsächlich um des lieben Brotes willen.

Anderseits seien es gerade einzelne Bestimmungen des Gesetzes selbst, welche den Eisenbahner gegenüber der übrigen Arbeiterschaft und den weitern bürgerlichen Kreisen bedeutend ungünstiger stellen, und zwar namentlich hinsichtlich der Dauer der Arbeitszeit, wobei die Bahngesellschaften immer noch nur die wirkliche Arbeitszeit statt der Präsenzzeit in Anrechnung bringen, und überdies hinsichtlich der Ruhetage.

831 Mit Bezug auf die Reduktion der Arbeitszeit und Bezahlung «der Überstunden ist sodann bemerkt, daß gerade die Durchführung einer derartigen Bestimmung beinahe zur Unmöglichkeit werde, weil häufig Betriebsstörungen durch allzu großen Andrang von Personen oder Gütern oder auch Witterungseinflüsse u. s. w. vorkommen, demzufolge das Personal eine längere und oft noch anstrengendere Arbeit zu leisten habe. Das Personal habe nun derart verlängerte Dienstleistungen noch nie verweigert und werde stets seine Pflicht voll und ganz zu erfüllen trachten ; seitens der Bahnverwaltungen sollte dann aber auch für solche Mehrleistungen eine angemessene Entschädigung verabfolgt werden, was aber nicht oder nur unvollständig geschehe. Man werde zwar den Petenten einwenden, daß die meisten Bahnverwaltungen bereits eine kürzere Arbeitszeit als die zwölfstündige durchgeführt haben, wie dies aus den Diensttabellen hervorgehe, es müsse aber diesbezüglich hervorgehoben werden, daß die Bahnverwaltungen vermittelst Cirkular erklärt haben, dem Personal erst Überstunden anzurechnen und zu bezahlen, wenn 12 Stunden Arbeit geleistet worden. Gerade dieser Umstand sei es, der vielfach unter dem Personal Unzufriedenheit hervorrufe, indem die Bahnverwaltungen dann noch nur die effektive Arbeitsleistung in Betracht ziehen, während die oft stundenlang andauernde Präsenzzeit gar nicht in Berechnung gebracht werde.

Eine Regelung der Differenz zwischen Präsenzzeit und effektiver Arbeitszeit dürfte in der Vollziehungsverordnung Platz fìnden, und zwar in einer den vorstehenden Ausführungen entsprechenden Weise.

Ein fernerer Umstand, der ganz energisch eine Revision des bestehenden Gesetzes erfordere, sei derjenige, daß das Eisenbahnpersonal gegenüber der übrigen speciell dem Fabrikgesetze unterstellten Arbeiterschaft ganz bedeutend ungünstiger gestellt sei.

Während nämlich der Eisenbahner angehalten werden könne und auch oft genug dazu angehalten werde, wöchentlich während 84, resp. 72 Stunden dem Dienste obzuliegen, schreibe das eidgenössische Fabrikgesetz eine wöchentliche Arbeitszeit von 65 Stunden vor, die selbst in einer bereits ansehnlichen Anzahl dem Fabrikgesetz unterstellten Etablissements sogar auf 60, resp. 54 Stunden reduziert sei. Gerade dieser Umstand sei es, der vielfach unter dem Eisenbahnpersonale Unzufriedenheit
erwecke, und es liege gewiß nur im Interesse der Behörden und der Bahnverwaltungen, eine Revision des Gesetzes betreffend die Arbeitszeit im Sinne einer Reduktion der letztern vorzunehmen. · Der Einwand der Bahnverwaltungen, es erfordere ein solches Begehren eine bedeutende Vermehrung der Arbeitskräfte, dürfe zum vornherein als nichtig angesehen werden, wie dies bereits im Berichte des Eisenbahndepartements über die Durchführung des Gesetzes nachgewiesen worden sei. Offenbar

832

würde dadurch die Zahl der Arbeitslosen in der Schweiz kaum oder nur unmerklich vermindert, trotzdem gerade von dieser Seite zur Verminderung der Arbeitslosen auch etwas beigetragen werden sollte.

Die Forderung derein- bis z w e i s t ü n d i g e n Ruhepause um die Mitte der Arbeitszeit ist in der Petition nicht speciell begründet.

In der Begründung der Forderung eines Stägigen Urlaubs per Jahr und der Ausdehnung der Ruhetage auf 36 Stunden ist vorerst darauf hingewiesen, daß gemäß Art. 11 und 12 der Vollziehungsverordnung zum Gesetze vom 27. Juni 1890 die Einteilung der Arbeitszeit sowohl als die Zuteilung der Ruhetage für jede Fahrplanperiode der Aufsichtsbehörde zur Kenntnis gebracht werden solle. Freilich werde dieser Vorschrift nachgelebt, aber es werdeo gewöhnlich schon nach kürzester Frist beliebige Änderungen an diesen Diensteinteilungen vorgenommen, wobei es häufig genug vorkomme, daß der Eisenbahner da und dort einen dienstfreien Tag einbüße, den er dann später nachverlangen müsse, sofern er dazu den Mut besitze, was aber nicht immer der Fall sei. Die Petenteo müssen hier das Bekenntnis ablegen, daß es immer noch einzelne Eisenbahner gebe, die aus schnöder Gewinnsucht und in vollständiger Verkennung ihres vitalsten Interesses sich freiwillig dazu hergeben, auf ihre Ruhetage zu verzichten, nur um auf diese Weise dea kargen Lohn etwas zu verbessern. Es betreffe dies speciell das.

Zugsbegleitungspersonal, das an den dienstfreien Tagen eben die Entschädigung für die durchfahrenen Kilometer einbüße (die Kilometerentschädigung sei überhaupt ein System, mit dem über kurz; oder lang gebrochen werden müsse) ; die Wärter auf der Strecke, die oft den Ablöser aus der eigenen Tasche entschädigen müssen^ und endlich das Personal der Güterbahnhöfe, dem manchenorts bis zur Stunde nur die wirklichen Arbeitstage bezahlt werden, das heißt 6 Tage per Woche, während der Sonntag für sie als dienstfreier Tag gelte. Gerade hier sei die Verführung am größten, sich als Ablöser an den Sonntagen zu offerieren, in der Absicht, auf diese Weise für 7 Tage abgelöhnt zu werden.

Vergleiche man aber das Verhältnis des Eisenbahners an Hand der Bestimmungen des Art. 4 gegenüber dem Schweizervolke, so müsse zugegeben werden, daß der Eisenbahner hinsichtlich der dienstfreien Tage in seinen Rechten verkürzt worden sei. Neben
den 52 Sonntagen im Jahre feiern die große Mehrheit der Schweizerbürger noch weitere kirchliche und bürgerliche Feiertage. So feiere die Bevölkerung der reformierten Kantone noch den Neujahrstag, den Karfreitag, den Auffahrtstag und Weihnachten; überdies werden in der Mehrzahl dieser Kantone noch weitere bürgerliche Feiertage, z. B. Ostermontag, Pfingstmontag etc., gefeiert, was

833

für den Bürger ein Total von cirka 60 Feiertagen ausmache. In den katholischen Kantonen finde man ähnliche kirchliche Feiertage, die sogar in einzelnen Kantonen auf die hohe Zahl von 10 ansteigen. Aber auch im Fabrikbetrieb steige die Zahl der Arbeitstage auf höchstens 308. Nicht unerwähnt lassen wollen die Petenten bei diesem Anlasse die vielen bürgerlichen Feste, als da seien Sänger-, Turn- und Schützenfeste, Ausstellungen etc. etc., bei welchen Anlässen der Eisenbahner meistens aufs äußerste angestrengt werde, um einerseits den Anforderungen des Dienstes Genüge zu leisten und anderseits das Publikum vor Unglücksfällen zu bewahren.

An solchen Anlässen habe der Eisenbahner selten oder nie Gelegenheit teilzunehmen; infolge Mangels an Personal müssen die Feiertage verschoben werden, und wenn es dem Eisenbahner nur ünmal einfallen würde, an seinem Rechte, d. h. an den ihm zugeteilten Freitagen festzuhalten, so harrte seiner die Kündigung eventuell sofortige Entlassung wegen angeblicher Dienstverweigerung.

Aber auch hinsichtlich der Dauer der Ruhezeit an sog. dienstfreien lagen sei der Eisenbahner ungünstiger gestellt als der Bürger und Arbeiter. Art. 13 der Vollziehunusverordnung zum Bundesgesetz betreffend die Arbeitszeit laute: Die dienstfreien Tage müssen am Vohnort verbracht werden können. Sie sollen volle 24 Stunden unfassen und dürfen weder durch die Übergabe noch Übernahme es Dienstes gekürzt sein. Während nun der Bürger allgemein an an den Sonn- und Feiertagen vorangehenden Tagen bereits abends un 6 Uhr seine Arbeit schließe und dieselbe erst wieder am drauffolgenden Arbeitstage, morgens um 6 Uhr, aufnehme, also der San- und Feiertag, nicht bloß der dienstfreie Tag des Bürgers vele 36 Stunden umfasse, könne der Eisenbahner bloß Anspruch ereben auf eine 24stündige Dienstbefreiung, und daß von diesem Rente seitens der Bahngesellschaften der ausgiebigste Gebrauch geiacht werde, davon könnte jeder Eisenbahner Zeugnis ablegen.

Ma wolle nur ein Beispiel anführen : Die Ruhetage des Eisenbmiers werden zum voraus für jede Fahrplanperiode festgesetzt (leler aber von den Bahnverwaltungen oft genug beliebig wieder abwandert); dabei finde jeweilen auf den Ruhetag der Dienstwehsel statt in der Weise, daß der Mann nach einer Woche Frndienst eine Woche lang den Mittel- oder Spätdienst versehe.

Ha2 nun
z. B. der Mann eine Woche lang den Spätdienst verseha und es trete sein Ruhetag ein, so habe derselbe gewöhnlich berits zum Frühdienst wieder anzutreten; in solchen Fällen komme es enn auch vor, daß die Dienstbefreiung des Eisenbahners bloß 26-27 Stunden betrage, also immerhin noch 8--10 Stunden weniger alsieim übrigen Bürger. Eine derartige Inanspruchnahme während desDienstes komme aber einer eigentlichen Arbeitsüberlastung

834

gleich; es sei denn auch eine schon längst erwiesene Thataache, daß die meisten Unfälle beim Bahnpersonal als eine Folge der Überanstrengung zu betrachten seien. Alle die angeführten Übelstände seien nicht der Phantasie der Petenten entsprungen, sie existieren in Wirklichkeit trotz aller Vertuschungstheorien und lassen daher die angeführte Gesetzesänderung als wünschbar, ja sogar als notwendig erscheinen; denn erst dann werde der Art. 4 der Bundesverfassung: ,,Alle Schweizer sind vor dem Gesetze gleich etc.a, zur Wahrheit werden, und gerade der Eisenbahner habe ein R e c h t , zu fordern, daß auch für ihn die Gleichheit vo1 dem Gesetze durchgeführt werde, unterliege er doch mehr als jede: andere Bürger einer Unzahl von Strafbestimmungen, von denen da' Bürger gar keine Ahnung habe. Die Gleichheit vor dem Gesetze sollte sich aber nicht nur in den strafgesetzlichen Bestimmungen resp. den zu erfüllenden Pflichten als Bürger, geltend machen ; neb, diese Gleichheit sollte ausgedehnt werden auch hinsichtlich dir Rechte als Bürger und Mensch, und da leide der Eisenbahner an schwersten unter der Ungleichheit, die darin bestehe, daß er nah 12 und mehr Stunden ins Joch gespannt sei, während doch seilst das Fabrikgesetz nur eine llstündige Arbeitszeit vorsehe. In eiier großen Zahl von Gewerben finde man bereits die lOstündige, ja sogar selbst in dem Fabrikgesetz unterstellten Gewerben die 9stünd.s;e Arbeitszeit; und erst in den Bureaux der Bundesverwaltung, ©r Kantons- und Ortsbehörden und selbst in den centralen Burefflx der Bahnverwaltungen finde man die Sstündige Arbeitszeit: Vo sei denn da von Gleichheit die Rede? Um aber diese Gleicheit wenigstens anzustreben, stellen Petenten das Gesuch: ,, E s . e i das B u n d e s g e s e t z b e t r e f f e n d die A r b e i t s z e i t barn Betriebe der Eisenbahnen und anderer Transpfftanstalten einer Revision zu unterziehen, und zrar u n t e r s p e c i e l l e r B e r ü c k s i c h t i g u n g : a . einer R e d u k i o n der A r b e i t s z e i t von 12 auf 10 in eine b e s t i m r t e , gesetzlich festgestellte T a g e s z e i t einzusetzade S t u n d e n ; b. einer 3 6 s t ü n d i g e n R n h e p a u s e ; c. 52'est e i n g e t e i l t e r R u h e t a g e , p l u s e i n e m U r l a u b v o n 8 Tgen n a c h W a h l des Personals.tt Mit Bezug auf Art. 5 des Gesetzes
ist von den Petente zugegeben, daß einige Bahngesellschaften aus eigenem Antriebe ußer an den Sonntagen auch an einzelnen hohen Feiertagen (Weihnachten, Karfreitag) den Güterdienst eingestellt haben, »weit dadurch eine Schädigung des Verkehrs nicht verursacht «rde.

Die Petenten erachten es nun als wünschenswert, daß dies
835 würde, demzufolge ein wenn auch nur kleiner Teil des Bahnpersonals dazu gelangen dürfte, einen Feiertag als Ruhetag genießen zu können. Von einer Schädigung der Verkehrsinteressen hierdurch könne ebensowenig als von einer Schädigung der Industrie durch die Ein- und Durchführung des Fabrikgesetzes gesprochen werden.

Betreffend den Art. 6 des Gesetzes ist von den Petenten die Notwendigkeit ausnahmsweise!' Anordnungen anerkannt, um den enormen Andrang, sei es im Personen-, namentlich aber im Güterverkehr, bewältigen zu können, wie sieh derselbe alljährlich in gewissen Landesteilen und zu gewissen Jahreszeiten geltend mache.

Der Bundesrat habe aber auch bereits derartige ausnahmsweise Anordnungen getroffen unter genauer Bestimmung der Zeitdauer und glauben deshalb die Petenten, daß im Art. 6 eine einschränkende Bestimmung Platz finden dürfte.

Zum Schlüsse ist ausgeführt, daß die Petenten an Hand ihrer praktischen Erfahrungen im Eisenbahndienste die in Wirklichkeit bestehenden Verhältnisse dargelegt haben und daß sie glauben, in überzeugender Weise die Notwendigkeit einer Revision des Bundesgesetzes über die Arbeitszeit beim Betriebe der Eisenbahnen und anderer Transportanstalten dargethan zu haben. Sie glauben aber auch seitens der h. Bundesversammlung um so eher einen diesbezüglichen Beschluß im Sinne der gestellten Postulate erwarten zu dürfen, als die Frage der Verkürzung der Arbeitszeit bereits die weitesten Kreise des Schweizervolkes erfaßt habe, denn anders können die Petenten den zustimmenden Beschluß der Delegiertenversammlung des schweizerischen Grütlivereins zum Beschlüsse der Delegiertenversammlung des Verbands des Personals schweizerischer Transportanstalten nicht erklären. Die Forderung der Verkürzung der Arbeitszeit mache sich aber nicht allein beim Betriebe der Eisenbahnen und anderer Transportanstalten, sondern auch beim Fabrikbetriebe geltend, indem hier die Arbeitszeit von 11 auf 10 Stunden herabgesetzt werden solle.

Die Berichterstattung des Bundesrates über diesen Gegenstand hat sich verzögert, weil alle in Betracht kommenden Verhältnisse einläßlich geprüft werden mußten und auch nicht unterlassen werden durfte, den Verwaltungen der Transportanstalten Gelegenheit zu geben, zu den gestellten Forderungen Stellung zu nehmen, wenn mau sich nicht dem Vorwurfe der Einseitigkeit aussetzen wollte.

Das Eisenbahndepartement hat der Präsidialverwaltung des Verbands der schweizerischen Normalbahnen, der Präsidialverwaltung

836

des Verbands der schweizerischen Sekundärbahnen, der Oberpostdirektion und der Telegraphendirektion je ein Exemplar der Petition mit der Einladung übermittelt, sich diesbezüglich auszusprechen.

Sämtliche vorgenannten Verwaltungen verhalten sich der Petition gegenüber im allgemeinen ablehnend.

Die Präsidialverwaltung des Schweizerischen Eisen bah nverbandes, der Vereinigung der N o r m a l b a h n e n machte in ihrer Rückäußerung vom 10. Juni 1896 darauf aufmerksam, daß die Durchführung des Gesetzes vom 27. Juni 1890 die Anstellung eines zahlreichen Personals erforderte, das nicht sofort beigestellt werden konnte und dessen Einarbeitung nur nach und nach möglich gewesen sei. Es kommen denn auch bei einzelnen Gesellschaften erst seit kurzem die vom Gesetze vorgeschriebenen Maßnahmen ganz zur Anwendung und es können daher jetzt die Wirkungen des Gesetzes mit vollständiger Sachkenntnis noch nicht überall beurteilt werden. Eine Revision des Gesetzes wäre daher jedenfalls verfrüht, es erscheine angezeigt, hierfür die Erfahrung einer längern Zeit abzuwarten.

Es müsse dann zunächst darauf hingewiesen werden, daß der in der Petition niedergelegte Beschluß der Delegievtenversammlung des Verbands des Personals schweizerischer Transportanstalten noch weiter gehe als die Petition selbst, indem derselbe die Arbeitszeit in eine bestimmte, gesetzlich festgestellte Tageszeit verlegen wolle.

Die Bahnverwaltungen betrachten diese weitergehende Forderung durch die Petition selbst als fallen gelassen, indem der Vorschlag der Petenten für den neuen Art. 2 des Gesetzes diese Bestimmung nicht vorsehe.

Was die tägliche Arbeitszeit anbetreffe, so sei zu bemerken, daß das Gesetz keinen Unterschied mache zwischen der Dauer der Präsenz im Dienst und der Dauer der wirklichen Arbeit, und daß laut der bundesrätlichen Vollziehungsverordnuug vom 6. November 1890 auch die Dienstbereitschart und sogar Arbeitsintervalle bis zu einer halben Stunde zwischen den Kurszeiten der Züge als Arbeitszeit zu rechnen seien.

Diese Unterscheidung sei aber praktisch sehr wesentlich beim Eisenbahndienste. Die dem Personal obliegende Arbeitsleistung sei vielmals keine anhaltende und von häufigen und oft sehr langen Pausen unterbrochen, während welcher die Angestellten zwar auwesend sein müssen, wobei sie jedoch entweder gar nicht oder ohne erhebliche Anstrengung arbeiten.

837

Thatsächlieh erreiche nun aber diese Arbeitszeit, wie sie durch die vom Bundesrate genehmigten Diensteinteilungen festgestellt sei, nur in verhältnismäßig wenigen Fällen -- und dies namentlich nicht auf größern Stationen und Bahnhöfen, wo meist anhaltender gearbeitet werden müsse -- 12 Stunden.per Tag, sondern sie sei meistens erheblich kleiner. Wo dagegen 12 Stunden täglich oder annähernd so viel eingeteilt seien, spielen die Präsenzzeiten, beziehungsweise die Pausen ohne eigentliche Arbeit, eine wesentliche Rolle. Auch sei entgegen der Darstellung in der Petition zu bemerken, daß auf die genaue Durchführung der genehmigten Diensteinteilungen überall gehalten werde und Überzeitarbeit zu den Ausnahmefällen zu rechnen sei.

Es sei der Wirklichkeit entgegen, wenn man, wie dieses die Petition thue, die Arbeitsdauer der Eisenbahnangestellten mit der wirklichen Arbeitszeit der Fabrikarbeiter vergleiche.

Diese letztern haben in anhaltender Weise während der ganzen Dauer ihrer Anwesenheit in der Fabrik sich der Arbeit zu widmen und außer zur wirklichen Arbeitsleistung werde ihre Anwesenheit im Arbeitsraum durch die dienstlichen Erfordernisse nicht beansprucht. Anders, wie oben schon gesagt, bei den Eisenbahnaogestellten. Eine Arbeitszeit von 65 Stunden per Woche in einem meistens geschlossenen Arbeitsraum bilde für den Fabrikarbeiter eine größere Anstrengung als die maximale Arbeitszeit von 6 x 1 2 = 72 Stunden innert des gleichen Zeitraumes für den Eisenbahnangestellten. Abgesehen davon dürfe behauptet werden, daß die durchschnittliche Arbeitszeit der Eisenbahnangestellten diese wöchentliche Stundenzahl nicht erreiche.

Jedermann, der im Eisenbahndienst thätig war, oder mit dessen Einzelheiten sonst vertraut sei, werde die Richtigkeit dieser Behauptungen bezeugen müssen.

Die Gesuchsteller scheinen übrigens in ihren. Auseinandersetzungen mehr auf der Frage der Bezahlung der vom Personal ausnahmsweise geleisteten Überstunden, als auf der eigentlichen Herabsetzung der täglichen Arbeitszeit zu bestehen. Sie verlangen, daß die Transportunternehmer die über die gesetzliche Arbeitszeit, bezw. über die eingeteilte Dienstzeit hinaus geleisteten Arbeitsstunden, wie z. B. bei Betriebsstörungen, bedeutenden Zugsverspätungen und anderen Hemmnissen im Zugsverkehr etc., entschädigen sollen. Gegenwärtig werden die
auf diese Weise zugebrachten Stunden, sofern es sich um Überschreitung der gesetzlichen Arbeitszeit handle, immer und in den übrigen Fällen meistens durch die Verwaltungen bezahlt, oder aber, obwohl seltener, am nächsten oder an einem der nächstfolgenden Tage durch Gewährung einer

838

ausreichenden Extraruhezeit ausgeglichen. Hinsichtlich der etwa vorkommenden Fälle der Überschreitung der eingeteilten Dienstzeit, welche, wie schon gesagt, meistens unter dem Maximum stehe, sei zu bemerken,»daß es angesichts der Zufälligkeiten und der Eigenartigkeit des Eisenbahnbetriebsdienstes nicht angehen könne, jede über die eingeteilte Dienstzeit hinausgehende ausnahmsweise Inanspruchnahme, sofern sie innerhalb der gesetzlichen Schranken bleibe, zu vergüten, sondern daß dies erst eintreten solle, wenn die Überzeitarbeit eine gewisse Regelmäßigkeit erlange. Diese Ausnahmefalle müßten bei einer zehnstündigen Dienstzeit natürlich viel öfter vorkommen, als bei einer zwölfstündigen, und können nicht vermieden werden, wie dies das Komitee der Gesuchsteller selbst zugebe; es würde sich somit auch hieraus für eine Anzahl von Beamten eine direkte Besoldungserhöhung ergeben.

Was die Ruhepausen nach ungefähr der Hälfte der Arbeitszeit anbetreffe, so müssen die Verwaltungen sich ebenfalls gegen die neuen Forderungen der Petition aussprechen ; eine daherige Gesetzesänderung sei um so unnötiger, als jetzt schon die große Mehrzahl der Beamten viel mehr als die einstundige Ruhepause genieße.

Es müsse aber auch auf die schweren finanziellen Folgen hingewiesen werden, welche namentlich eine Herabsetzung der täglichen Dienstzeit des Personals mit sich bringen würde. In der Schweiz bestehe auf den weitaus meisten Linien kein regelmäßiger Nachtdienst mit doppeltem Personal. Eine einzige Persooaltour könne auf den meisten StHtionen den Dienst besorgen, ausgenommen, wenn Züge früh am Morgen und spät am Abend kursieren. Bei Herabselzung der täglichen Dienstzeit von 1.2 auf 10 Stunden müßte vielerorts das Personal verdoppelt und im ganzen bedeutend vermehrt werden, und da der Gehalt derjenigen Angestellten, deren Dienstzeit herabgesetzt würde, nicht könnte vermindert werden, so würden hieraus neue Ausgaben erwachsen; diese Ausgaben würden sehr bedeutende sein, da man, um ein tüchtiges Reservepersonal zu haben, genötigt sein würde, vollständige Zahlung zu leisten und nicht nur im Verhältnis der von ihm zu leistenden relativ geringfügigen Arbeit.

Es sei hier auch noch darauf aufmerksam zu machen, daß die vom Komitee vorgeschlagenen Änderungen hinsichtlich der Arbeitszeit beim Fahrpersonal zu einer teilweise
veränderten Organisation des Dienstes hinsichtlich Zahl und Lage der Depots führen müßten, und daß dadurch dem Personal, bezw. dessen Familien, durch die notwendigen Versetzungen hinsichtlich der Wohnungs- und sonstigen Lebensverhältnisse Nachteile entstehen würden, die erfahrungsgemäßvom Personal stark empfunden werden.

839 Nach diesen Darlegungen werde die Behörde ersucht, auf die hier behandelten Begehren der Petition nicht eintreten zu wollen.

Das Komitee des Verbandes des Personals der Transportanstalten verlacge sodann eine Abänderung des Art. 4 des Gesetzes hinsichtlich folgender 3 Punkte : Erstens sollen die in diesem Artikel bezeichneten 52 Freitage per Jahr, angemessen verteilt, zum voraus fest bezeichnet werden (fest eingeteilte Ruhetage); sodann soll der Ruhetag wenigstens 36 Stunden umfassen, und endlich werde verlangt, daß über diese 52 Ruhetage hinaus dem Personal ein nach freier Wahl desselben anzutretender jährlicher Urlaub von 8 aufeinanderfolgenden Tagen zugesichert werde.

In betreff des ersten Punktes stimme das Begehren mit der vom Bundesrat in der Vollziehungsverordnung vom 6. November 1890, Art. 12, erteilten Vorschrift überein, in welcher gesagt sei, daß die Ruhetage für jede Fahrplanperiode zum voraus bezeichnet werden müssen. Diese Frage sei daher geregelt und eine Abänderung des Gesetzes bezüglich dieses Specialpunktes unnötig. Wenn aber vom Komitee verlangt werden wollte, daß diese Bezeichnung der Ruhetage in unabänderlicher Weise zum voraus erfolge, unter Ausschluß von Ausnahmen, so seien die Verwaltungen überzeugt, daß die Behörde mit ihnen der Ansicht sei, daß eine solche Forderung unannehmbar wäre, da es praktisch unmöglich sei, zum voraus Ruhetagstabellen aufzustellen, in welchen allen unvorhergesehenen Ereignissen eines Jahres, wie Erkrankungen, Todesfällen, Betriebsstörungen und sonstigen Unregelmäßigkeiten, welche eine Veränderung der Diensteinteilung nach sich ziehen müssen, Rechnung getragen werde.

Übrigens seien auch diese Ausnahmen durch die Bestimmungen der oben erwähnten Vollztehungsverordnung mit Garantien umgeben, welche dem Personal wohl genügen dürften.

Die Verwaltungen erklären sodann, daß die Behauptung unrichtig sei, ein Teil des Personals fahre fort, während der Ruhetage bei der Bahn zu arbeiten, um sich den Gehalt oder Lohn zu sichern, weil derselbe dem Gesetze zuwider an den Ruhetagen abgezogen werde; die Petition enthalte keinen Beweis irgend welcher Art hierfür. Ebenso unrichtig sei auch die Behauptung, daß Bahnwärter aus eigenen Mitteln ihren Ersatzmann bezahlen müssen, oder daß Stationsarbeitern gestattet werde, während ihrer Ruhetage als Ersatz oder
Aushülfe zu fungieren. Unrichtig sei ferner die Behauptung des Centralkomitees, daß ,,gewöhnlich"1 schon nach kurzer Zeit ,,beliebige'1 Änderungen an den Ruhetagseinteilungen vorgenommen werden, und ebenso die Angabe, daß die Angestellten

840

den Ersatz für verlorene Ruhetage ,,nachverlangen"1 müssen. Richtig sei allerdings, daß ausnahmsweise Änderungen, wie es übrigens durch das Gesetz und die Vollziehungsverordnung vorgesehen sei, angeordnet werden müssen, und daß also eingeteilte Ruhetage nicht benützt werden können ; wo und wenn dies aber der Fall sei, so werde dafür Sorge getragen, daß die Ruhetage sobald als möglich nachgeholt werden können, ohne daß sich die Angestellten irgendwie zu bemühen hätten. Dem allfälligeo Versuch des Personals, auf die gesetzlichen Ruhetage zu verzichten, werde von den Bahnverwaltungen entgegengetreten und nach dem Willen des Gesetzes darauf gehalten, daß die Angestellten an den Ruhetagen auch wirklich ausruhen, was aber von diesen erfahrungsgemäß häufig genug ganz mißachtet werde und dann bei der Wiederaufnahme des Dienstes mangelhafte Leistungen, Unregelmäßigkeiten, Unfälle und Excesse zur Folge habe.

Zur Unterstützung des Begehrens um Erhöhung der Dauer und der Anzahl der Ruhetage führe die Petition nur einen einzigen Grund an; derselbe verdiene seiner Sonderbarkeit wegen wiedergegeben zu werden. Die Petition mache nämlich darauf aufmerksam, daß in der Schweiz jedes Jahr eine große Anzahl religiöser Feste stattfinden, vorab in den katholischen Gegenden, und daß das Eisenbahnpersonal infolge der strengen Anforderungen seines Dienstes verhindert sei, an solchen Festen teilzunehmen, was eine Ungerechtigkeit sei, welche nicht geduldet werden sollte. Desgleichen fänden in der Schweiz alljährlich Festlichkeiten aller Art statt, als Gesangfeste, Turnfeste, Schützenfeste, Ausstellungen etc., und die Eisenbahnangestellten seien nicht im stände, an denselben teilzunehmen wie andere Bürger, weil sie eben die Sklaven ihrer Dienstleistung bei der Eisenbahn seien. Es ergebe sich hieraus, so sage die Petition, eine Verletzung der Bundesverfassung, welche in ihrem Art. 4 die Gleichstellung aller Bürger vor dem Gesetze garantiere.

Es sei nun zunächst darauf aufmerksam zu machen, daß die Eisenbahnangestellten sich in mancher Beziehung in einer bevorzugten Stellung gegenüber vielen Teilen der übrigen Bevölkerung befinden. Sie genießen Vorteile, welche in gleichem Umfange sonst nirgends bestehen, weder in der Industrie, noch im Handel, weder in der Landwirtschaft, noch bei den öffentlichen Verwaltungen.

Eine Reihe
von Ausnahmegesetzen seien entweder ausschließlich zu gunsten der Eisenbahnangestellten oder unter besonderer Berücksichtigung ihrer Verhältnisse erlassen, so das Hülfskassengesetz, die Haftpflichtgesetze und das Ruhetagsgesetz selbst; andere wohlthätige Einrichtungen beruhen auf Privatinitiative der Gesellschaften, wie Krankenkassen, Lebensmitteldepots, Ersparniskassen, Freikarten und Beamtenbillette, welche alle von den Bahnaugestellten sehr geschätzt

841 seien ; letztere seien mindestens ebensogut besoldet, wie diejenigen irgend eines andern ähnlichen Zweiges der menschlichen Thätigkeit.

Mittelst der Freikarten und Fahrvergünstigungen sei dem Eisenbahnbeamten ermöglicht, zum Teil mit seiner Familie Ausflüge zu machen, auch Feste zu besuchen ; in beschränktem Maße könne er zu seiner Erholung und Belehrung sogar Reisen ins Ausland machen, wie sie andern Ständen nicht zugänglich seien. Die bedeutende Zahl von Anstelluogsgesuchen, welche den Verwaltungen tagtäglich zugehen, sei übrigens ein genügender Beweis dafür, daß der Eisenbahnangestellte sieh in guter Stellung befinde und nicht als Sklave behandelt werde, weder durch das Publikum, noch durch die Verwaltungen, wie dies darzustellen versucht werde.

Es wäre doch befremdend, wollte man, wegen des in der Petition angegebenen Zweckes, ,,Feste zu feiern*, die dem Eisenbahnangestellten zur Erholung gesetzlich zugesicherten 52 Ruhetage in der begehrten Weise ausdehnen, zuzüglich 8 Tage jährlicher Ferien. Es würde dadurch für den Eisenbahnangestellten eine Ausnahme geschaffen, die nicht begründet werden könnte und dem auch vom Komitee vertretenen Gedanken der Gleichheit mit andern Berufsstellungen wenig entsprechen würde.

Zu dem Begehren eines weiteren freien Urlaubes von 8 Tagen sei noch zu bemerken, daß jetzt für gewisse Gelegenheiten, wie Hochzeit, Traueranlässe in der Familie, dringende Geschäfte etc., außer den fest eingeteilten Ruhetagen von Fall zu Fall weiterer Urlaub bewilligt werde. Es sei noch zu erwähnen, daß die nicht zum Sonntagsdienst eingeteilten ständigen Arbeiter, was namentlich auf größern Bahnhöfen in Betracht falle, neben den 52 Sonntagen auch die im Transportreglement vorgesehenen eidgenössischen und kantonalen Feiertage frei haben und bezahlt erhalten.

In seiner Botschaft an die Bundesversammlung vom 28. November 1888 habe der Bundesrat die dem Eisenbahnpersonal jährlich notwendige Ruhezeit auf 17 Sonntage und 14 andere Tage angesetzt. Dieses Jahrestotal von 31 Tagen sei in den Verhandlungen der eidgenössischen Räte successive auf 34 Tage, dann plötzlich auf 52 Tage erhöht worden, welche Zahl schließlich in das vorliegende Gesetz aufgenommen worden sei. Im Jahre 1890 sei diese Zahl von 52 Ruhetagen als eine bedeutende betrachtet worden.

Seither haben sich weder die
Existenzbedingungen der Angestellten, noch die Betriebsverhältnisse der Eisenbahnen wesentlich verändert, und was in dieser Sache damals als gut erachtet worden sei, müsse es auch noch im Jahre 1896 sein.

Zu der Forderung, der dienstfreie Tag solle wenigstens 36 Stunden umfassen, sei im weitern zu sagen, daß jetzt in WirklichBnndesblatt. 50. Jahrg. Bd. I.

57

842 keit der dienstfreie Tag io der Regel, namentlich wenn er auf den Sonntag falle, mehr als 24 Stunden betrage, d. h. er dauere vom Vorabend des Ruhetages bis zum Morgen des dem Ruhetage folgenden Tages. Es komme allerdings auch vor und könne nicht vermieden werden, daß der Ruhetag nur 24 Stunden betrage, allein dies sei auch in andern Lebensstellungen nicht immer zu umgehen.

Wenn die Petition mit Bezug auf die Bestimmung der Bundesverfassung: ,,Alle Schweizer sind vor dem Gesetze gleich etc.tt, von einer Rechtsverkürzung der Eisenbahnangestellten spreche, so sei das um so unverständlicher, als gerade für den Eisenbahnangestellten durch die Begehren eine sehr ausgesprochene Ausnahmestellung angestrebt werde.

Zu der Behauptung der Petition, es sei eine längst erwiesene Tbatsache, daß die meisten Unfälle beim Bahnpersonal als eine Folge der Überanstrengung zu betrachten seien, werden keiaerlei Belege gegeben. Diese Behauptung sei denn auch vollständig aus der Luft gegriffen und unrichtig.

Nach dieser Darlegung der Verhältnisse stellen die Verwaltungen das Gesuch, es möchte weder auf eine Vermehrung der jährlichen Ruhetage noch auf die Fixierung der längern Dauer derselben eingetreten werden, weil auch hinsichtlich dieser Forderungen keine Begründung und kein Bedürfnis vorliegen, während damit für die Eisenbahnverwaltungen eine große Ausgabensteigerung eintreten würde.

Das Komitee des Verbandes des Personals der Transportanstalten verlange sodann, daß in Art. 5 des Gesetzes, gleich wie an Sonntagen, der Güterdienst auch an hohen Feiertagen untersagt sein soll. Das Komitee übersehe hierbei vollständig, daß das Gesetz längstens so vollzogen werde und daß auch durch das Transportreglement vom 1. Januar 1894 Sonn- und allgemeine Feiertage mit Bezug auf den Gilterdienst gleich gestellt seien.

Eine Ergänzung des Gesetzes sei somit in dieser Beziehung überflüssig.

Schließlich verlange die Petition, daß die Dauer der Ausnahmsmaßregeln, zu welchen der Bundesrat laut Art. 6 des Gesetzes die Ermächtigung zu" erteilen befugt sei, auf höchstens einen Monat beschränkt werde. Das Komitee, welches die Petition unterzeichnet habe, mache diesbezüglich einfach darauf aufmerksam, daß der Bundesrat schon zu wiederholten Malen solchen von ihm bewilligten teilweisen Abweichungen vom Gesetze Schranken bestimmt habe,
und daß daher kein Grund vorhanden sei, diese Maßregel nicht zu verallgemeinern, indem man dieselbe in das Gesetz aufnehme und die Grenze auf die Dauer eines Monats festsetze. In seinen Ge-

843

schäftsberichten über die letzten Jahre und speciell in demjenigen des Jahres 1895 habe der Bundesrat diejenigen Abweichungen näher bezeichnet, welche er geglaubt habe, zugestehen zu sollen.

Beim Lesen dieser Berichte werde jedermann klar werden, daß die Festsetzung der Dauer dieser Ausnahmemaßregeln ausnahmslos auf einen Monat eine durchaus unmögliche sei.

Einzelne Ausnahmen betreffen die Diensteinteilung selbst und müssen so lange dauern, als die Verhältnisse, welche dieselben begründen, in der Regel mindestens während einer, wenn nicht während mehrerer Fahrplanperioden. Andere haben Bezug auf Perioden außerordentlichen Verkehres und liegen dann im Interesse des verkehrenden Publikums. Es könne aber durch kein Gesetz zum voraus bestimmt werden, wie lange solche außergewöhnliche Verkehrsperioden andauern sollen.

Der Verband habe auch die finanziellen Resultate näher geprüft, welche sich für die demselben angehörenden Verwaltungen aus der Annahme der vom Komitee des Verbandes des Personals der Transportanstalten vorgeschlagenen Maßnahmen ergeben würden.

Vorausgesetzt, daß die Dienstzeit des Personals gesetzlich von 12 auf 10 Stunden herabgesetzt, daß der Ruhetag, statt zu 24, zu 36 Stunden berechnet werde und daß zu den jährlichen 52 Freitagen zu 36 Stunden noch 8 Urlaubstage hinzukommen, auf welche Punkte einzig sich seine Berechnungen erstreckt haben, so würde den VerbandsverwalLungen eine neue jährliche Mehrausgabe von mindestens Fr. 4,188,500 erwachsen.

Diese ohne jeden Ausgleich und ganz unwiedereinbringlich zu Lasten der Verwaltungen fallende Mehrausgabe sei auf Grund gewissenhafter und vollständiger Voranschläge berechnet worden. Es sei auch gerade durch diese Ermittlung die Absendung des Berichts der Bahnen etwas verzögert worden.

Das Komitee, welches die Petition redigiert habe, werde zwar die von den Verwaltungen gemachte Schätzung in Abrede stellen und behaupten, die Abänderung des Gesetzes in dem ihm genehmen Sinne habe für die Verwaltungen geringe finanzielle Tragweite.

Demgegenüber müsse aber jetzt schon wiederholt werden, daß dieselben auf eingehender Berechnung beruhen. Die Verwaltungen seien überzeugt, daß die Mehrausgaben eher noch größer sein werden, wie sich dies bei den Berechnungen gezeigt habe, welche anläßlich der Eingaben zum bestehenden Gesetze gemacht worden seien.
Zum Schlüsse können die Verwaltungen nicht umhin, noch daran zu erinnern, daß vor wenigen Wochen das Personal der schweizerischen Eisenbahnen unter Androhung eines allgemeinen Ausstandes die Erhöhung sämtlicher Gehälter im Verhältnis von

844

10--25 °/o verlangt habe. Nach mühevollen Unterhandlungen sei eine Verständigung erzielt worden und die Bahnverwaltungen haben sich zu diesem Zwecke sehr große Mehrausgaben auferlegt, welche schwer auf dem Geschäftsjahr 1896 lasten und infolge der periodischen stufenweisen Erhöhungen noch auf eine Reihe von Jahren hinaus zunehmen werden.

Kaum haben nun die Angestellten diese Genugthuung erhalten, so verlangen dieselben eine weitere von ebenso großer Bedeutung.

Der Erhöhung der Gehälter soll die Reduktion der Arbeitszeit und die Verlängerung der Ruhezeit folgen, d. h. für einen um 10 bis 25 °/o erhöhten Gehalt würde der Angestellte eine um cirka 20 °/o verminderte Dienstzeit erhalten. Das Personal hätte den doppelten Vorteil, besser bezahlt zu sein und weniger arbeiten zu müssen.

Was die Verwaltungen betreffe, so würden diesel beo, da sowohl die Erhöhung der Gehälter als auch die Arbeitsverminderung auf eine Vermehrung der Ausgaben hinausläuft, auf einen Schlag mit diesen enormen Mehrkosten belastet werden.

Die Verwaltungen werfen die Frage auf, ob dieses Resultat der Billigkeit entsprechend, und ob es an der Zeit wäre, im Augenblicke, da das Personal seine Stellung bedeutend gebessert sehe, auch die Arbeitsverhältnisse über den Haufen zu werfen und ein Gesetz zu ändern, dessen Folgen sich bereits für die Angestellten so günstig, für die Verwaltungen so hart erwiesen haben?

Die Verwaltungen überlassen es zutrauensvoll den hohen Bundesbehörden, diese Fragen zu beantworten.

Im Berichte des V e r b a n d s der S e k u n d ä r b a h n e n vom 5. November ist vorerst darauf hingewiesen, daß unter den Beweggründen, welche zur Einführung des Ruhetagsgesetzes vom Jahre 1890 führten, seiner Zeit hauptsächlich Rücksichten auf die Betriebssicherheit genannt wurden, welche es als erforderlich erscheinen ließen, daß einerseits dem Personale eine angemessene Zahl von Ruhetagen, worunter 17 Sonntage, bewilligt und daß anderseits die tägliche Beanspruchung der Angestellten ein gewisses Maximum nicht überschreiten dürfe.

Heute werde man in erster Linie sich zu fragen haben, ob der Zweck, den das Gesetz verfolgt habe, erreicht worden sei. Nur wenn das nicht der Fall wäre, hätte der Gesetzgeber Anlaß, seine Arbeit von 1890 einer Revision zu unterziehen. Mit keinem Worte werde aber in der Petition gesagt oder auch nur angedeutet, daß das Gesetz nach Ansicht der Gesuchsteller seinen Zweck, die Be-

845

triebssicherheit zu fördern, nicht erreicht habe. Es seien vielmehr ganz andere, zum größten' Teil eigennützige Ziele, die mit der Petition angestrebt werden.

Zur Besprechung der verschiedenen Forderungen der Petenten übergehend ist sodann bemerkt, daß der Eiseubahndienst mit seinen eigenartigen Verhältnissen eine etwas längere Arbeitszeit erfordere als andere Berufsarten. Da aber, wo dem Personale eine Arbeitszeit auferlegt sei, welche die gemäß Gesetz gestattete ganz oder nahezu erreiche, handle es sich nicht um einen Dienst, der während der ganzen Arbeitszeit die intensivste Bethätigung des Mannes, die Inanspruchnahme aller seiner Kräfte verlange. Die Petition sage selbst, daß die Eisenbahnverwaltungen in der Regel die 12stündige Arbeitsleistung nicht fordern. Nur da, wo es sieh um leichte Dienstverrichtungen handle, werde ein Dienst von 12 Stunden angesetzt, meist ein Dienst, der kaum mehr als die bloße Anwesenheit des Personals erfordere. Es sei hier nur an die Vorstände auf kleinen Stationen, an die Streckenwärter, an die Arbeiter auf den Stationen u. s. w. zu erinnern. Namentlich bei den Sekundärbahnen mache man die Wahrnehmung, daß die auf der Diensteinteilung stehende Dienstzeit oft lediglich sogenannte Präsenzzeit sei, bei der die ganze Dienstleistung des Angestellten in seiner Anwesenheit bestehe, ohne daß geistige oder körperliche Anstrengung von ihm gefordert würde.

Ganz anders sei daneben die Bethätigung des Fabrikarbeiters, der während der Arbeitszeit intensive Arbeit zu leisten, fortwährend alle geistigen und körperlichen Kräfte anzuspannen habe.

Es bestehe offenbar ein wesentlicher Unterschied zwischen der Arbeit, die ein Fabrikarbeiter zu leisten habe, und derjenigen eines Eisenbahnangestellten, und darum sei es auch durchaus zu rechtfertigen, wenn von letzterem eine längere Anwesenheit im Dienste verlangt werden könne, als von ersterem.

Anderseits dürfe die Beanspruchung des Eisenbahnangestellten auch deshalb eher eine größere sein, weil dessen Bezahlung eine viel bessere sei als die des Fabrikarbeiters. Es sei einmal unbestreitbare Thatsache, daß die Eisenbahnangestellten mit den ihnen zur Verfügung stehenden Kenntnissen in keinem andern Beruf es zu einem ihrem Gehalt im Eisenbahndienst entsprechenden Erwerb bringen können. Es beweise auch der Andrang, der für offene Stellen
bei den Eisenbahnverwaltungen überall sich geltend mache, daß die Arbeitsverhältnisse bei den Bahnen nicht so unerträgliche seien, wie die Petitionäre sie darzustellen belieben. Es sei nun allerdings richtig, daß beim Eisenbahndienst hie und da Überschreitungen der durch die Diensteinteilungen vorgeschriebenen Dienstzeiten vorkommen müssen, namentlich wenn Zugsverspätungea

846

nicht vermieden werden können. Das Personal selbst gebe zu, daß in den meisten Fällen die Überzeitarbeit bezahlt werde; nicht über das Prinzip herrsche mithin Streit mit den Bahnverwaltungen, sondera nur über die Anwendung desselben. Differenzen in dieser Beziehung lassen sich auch durch gesetzliche Regelung der Materie nicht beseitigen, da es wohl unmöglich sei, alle Fälle, die etwa vorkommen können, durch Gesetz zum vornherein zu ordnen. Selbstverständlich seien die Fälle, in denen die Überschreitung der vorgeschriebenen Arbeitszeit nicht umgangen werden könne, bei den Sekuudärbahnen sehr selten, da sich deren Betrieb meist wesentlich regelmäßiger abwickle als derjenige der Hauptbahnen.

Eine sehr weitgehende Forderung sei die bezüglich der Frei(Rast-)Tage. Es sei nicht wahr, daß die Diensteinteilungen von den Bahnverwaltungen in beliebiger Weise geändert werden. Die Diensteinteilungen werden nicht bloß pro forma gemacht und vorgelegt, es bestehe überall die Absicht, denselben nachzuleben. Allein oft seien die Verhältnisse stärker als die Menschen. Unvorhergesehene Festlichkeiten, Erkrankungen etc. setzen die Verwaltungen zeitweise in die zwingende Notwendigkeit, von der Diensteinteilung abzugehen.

Noch viel öfter aber sei es das Personal selbst, welches aus den verschiedensten Gründen Abänderung der festgestellten Ordnung wünsche und verlange. Daß die Bahnen solchen Begehren entgegenkommen, werde ihnen noch zum Vorwurf gemacht! Die Bahnverwaltungen können sieh schon damit einverstanden erklären, von der einmal festgesetzten Einteilung ohne dringende Gründe nicht abzugehen, wenn das Personal mit einem solchen Verfahren, durch das es zur Maschine gestempelt werde, einverstanden sei.

Wer übrigens an seinen Rasttagen verkürzt wei'de, könne sich ja bei der Aufsichtsbehörde beschweren, wo er jedenfalls Recht finden werde, wenn die Beschwerde begründet sei. Die Behauptung, daß das Personal nicht den Mut habe, begründete Beschwerden an zuständiger Stelle anzubringen, werde heutzutage wohl niemand für ernstgemeint nehmen. Neu sei die Behauptung, daß die Eisenbahnangestellten durch das Gesetz gegenüber den übrigen Bürgern verkürzt seien. Ob denn wohl ein Stand in der Schweiz sich einer so weitgehenden Fürsorge von Seiten des Staates rühmen könne, wie gerade die Eisenbahnangestellten ? Mit welchen
Angehörigen des Handelsstandes, mit welchem Inhaber eines eigenen Geschäftes, namentlich im Mittelstande, habe sieh der Gesetzgeber in gleichem Maße beschäftigt, wie mit jenen?

Es werde darauf verzichtet, auf die einzelnen unzutreffenden Behauptungen der Petition einzutreten, weil die Eingabe sonst einen Umfang erhalten würde, den man ihr nicht geben könne,

847

noch wolle. Namentlich wollen die Verwaltungen es unterlassen, sich mit den auf ganz falschen Voraussetzungen und Schlußfolgerungen ruhenden Deduktionen über die Gleichheit der Eisenbahnangestellten vor dem Gesetze zu befassen. Sehe man sich die Sache richtig an, so seien es, wenn man überhaupt von einem gesetzliehen Recht jedes Bürgers auf eine bestimmte Zahl von Ruhetagen sprechen wolle, wohl nicht die Eisenbahnangestellten, die in ihren Rechten verkürzt worden seien, sondern die übrigen Staatsbürger, über welche der Staat bis jetzt seine schützende Hand nicht ausgebreitet habe. Wenn der Eisenbahnangestellte in der Wahl seiner Ruhetage nicht ganz so frei sich bewegen könne, wie die Angehörigen einer andern Berufsart, so hänge das mit der besondern Natur des Eisenbahndienstes eng zusammen, der eben nicht an die Zeit, in welcher sich sonst das bürgerliehe Tagewerk abspiele, gebunden sei und der auch keine Unterbrechung erleiden könne. Für die eventuellen Beschränkungen seien aber die Angestellten reichlich entschädigt durch die bessere Löhnung gegenüber den auf gleicher Bildungsstufe stehenden Angehörigen anderer Berufsarten.

Urlaub sei den Angestellten auch bis jetzt schon bewilligt worden, wenn die Dienstverhältnisse es gestattet haben. Ein R e c h t auf Urlaub können die Bahnverwaltungen ihren Angestellten allerdings ebensowenig zugestehen, als dies von Seiten anderer Geschäfte geschehe. Die Erteilung von solchem beruhe auf einem freien "Willensakt des Arbeitgebers, wie dies schon aus dem Worte selbst hervorgehe, und könne diesem durch nichts aufgezwungen werden.

Geradezu absurd sei daher das Begehren, daß der Urlaub nach freier Wahl dem Personale zur Verfügung stehen solle. Auf der ganzen Welt haben die Angestellten sieh mit dem Geschäftsherrn und unter sich über die Zeit des Urlaubs zu verständigen, nur die Eisenbahnangestellten fordern -- diesmal wohl kaum der Gleichheit mit den übrigen Bürgern wegen -- daß die Wahl ihres Urlaubs ihnen allein überlassen werden solle ! Namentlich bei Unternehmungen, bei denen der Verkehr sich auf eine gewisse Zeit im Jahre beschränke (Saisonverkehr), müßten derartige Rechte der Angestellten unhaltbare Zustände herbeiführen.

Mit Bezug auf die Unterdrückung des Güterverkehrs an den Festtagen wird geltend gemacht, daß es billigen Anforderungen genügen dürfte,
wenn der Güterdienst an den Sonntagen und an den vier Festtagen Neujahr, Karfreitag, Himmelfahrtstag und Weihnachten untersagt sei. In der Regel gehe mau darauf aus, die Zäh! der Arbeitstage auf Kosten der Feiertage zu vermehren und nicht umgekehrt. Die jetzige Fassung der bezüglichen Vorschrift erscheine präcis genug und sei der unbestimmten, Unsicherheit schaffenden

848

des Vorschlages der Patenten unbedingt vorzuziehen. Gegen weitere Einschränkung des Güterdienstes würde sich jedenfalls auch der Handelsstand verwahren, und zwar mit vollem Rechte.

Über die Verlängerung der Pause um die Mitte der Arbeitszeit und die Einschränkung der ausnahmsweisen Anordnungen im Sinne von Art. 6 des Gesetzes spricht sich der Verband der Sekundärbahnen nicht aus, derselbe hat dagegen um so einläßlicher geprüft, von welcher finanziellen Tragweite die verlangte Gesetzesrevision für die Sekundärbahnen wäre. Es ist diesbezüglich hervorgehoben, daß die Gesuchsteller in höchst leichtfertiger Weise sich mit dem finanziellen Punkte mit der kurzen Behauptung abfinden, daß eine Vermehrung der Arbeitskräfte durch ihre Bekehren nicht erfordert werde. Die Behörde werde es begreiflich finden, wenn die Verwaltungen sich hier mit einer Phrase nicht beruhigen ließen, sondern sich eine Prüfung der finanziellen Tragweite des Begehrens angelegen sein ließen, seien doch durch die weitgehenden Forderungen des Personals nicht nur die Interessen der Aktionäre, sondern auch diejenigen von Obligationeninhabern und vom Gemeinwesen bedroht.

Schon das Arbeitsgesetz von 1890 habe den Bahnen große Mehrausgaben gebracht,, was durch Vergleichung der Ausgabenziffern vor Einführung desselben und seither konstatiert werden könne.

Nach den gemachten Erhebungen hätte die an begehrte Gesetzesrevision nachstehende Mehrausgaben im Gefolge: Waldenburgerbahn per Jahr Fr.

920 Tramways suisses ,, " ,, 50,000 Rorschach-Heiden ,, ,, ,, 3,500 Appenzellerbahn ,, ,, ,, 12,120 Frauenfeld-Wyl ,, ,, ,, 1,500 Régional des ßrenets . . . . ,, ,, ,, 1,072 Birsigthalbahn ,, ,, ,, 5,000 Elekrtrisehe Straßenbahn Zürich ,, ,, ,, 8,000 Tramelan-Tavannes ,, ,, ,, 2,500 Ütlibergbahn ,, ,, ,, 2,245 Kriens-Luzern-Bahn ,, ,, ,, 4,000 Rhätisehe Bahn ,, ,, ,, 69,000 Genfer Schmalspurbahnen . . ,, ,, ,, 28,105 Die Verwaltungen bemerken hierzu, daß von Seiten des Personals zweifelsohne eingewendet werde, daß die Mehrausgaben von einigen Tausend Franken nicht in Betracht fallen, wenn es sich darum handle, die Lage der Angestellten zu verbessern, es könne aber dieser Einwand nicht unbesehen hingenommen werden. Die Mehrzahl dur Sekundärbahnen sei finanziell nicht so gestellt, daß jede Mehrausgabe als Nebensache behandelt werden könnte. Ein großer Teil

849 derselben müsse bei Bemessung der Ausgaben größte Sparsamkeit walten lassen, um das finanzielle Gleichgewicht nicht zu stören.

Da und dort müßten notwendige Arbeiten verschoben oder auf das äußerste eingeschränkt werden, um neben der Verzinsung des Obligationenkapitals noch die vorgeschriebenen Einlagen in die Fonds machen zu können. Es dürfe frei herausgesagt werden, daß die weitgehenden Forderungen des Personals die Existenz der einen uad der andern Verwaltung ruinieren müßten. Zum Beweise hierfür wird auf nachstehende Zusammenstellung der Rechuungsüberschüsse verwiesen, die den Gesellschaften bei Annahme des Revisionsbegehrens noch zur Verfügung stehen würden.

Bahnen.

Bedarf fUr Überschuß Ausgabenexklusive Vermehrung Reduzierter Verzinsung konFondsdurch die Überschuß. solidierter Einlagen. Eingabe.

Anleihen.

Fr.

3,977 Waldenburger-Bahn . .

203,771 Tramways suisses 20,000 Rorschach-Heiden 68,821 Appenzellerbahn . . .

10,400 Frauenfeld- Wyl . .

Régional des Brenets .

6,030 Birsigthal-Bahn .

29,686 Elektrische Straßenbahn Zürich 27,247 Tramelan-Tavaunes . .

8,208 43,665 Ütliberg-Bahn . . . .

2,885 Kriens-Luzern-Bahn . .

Rhätische Bahn *) . . 500,000 78,253 Voie Etroite Genève *) Budget.

Fr.

920 50,000 3,500 12,120 1,500 1,072 5,000

Fr.

3,057 153,771 16,500 56,701 8,900 4,958 24,686

Fr.

3,977 91,104 20,000 48,195 10,400 6,000 15,870

8,000 19,247 2,500 5,708 2,245 41,420 24,000 4,000 1,415 -- 69,000 431,000 429,400 28,105 50,148 101,600

Im weitem ist dann ausgeführt, 'daß manche Bahn zum vornherein in die Unmöglichkeit versetzt würde, ihr Obligationenkapital zu verzinsen; sie würde, wohl kaum zum Vorteil und zur Ehre des Landes, zur Zwangsliquidation gezwungen. Anderen Unternehmungen würde auf immer jede Aussicht a.uf eine Dividende für die Aktien genommen, wodurch dem Wohlstand und der finanziellen Situation wohl mehr als eines Aktionärs, die bei den Sekundärbahoen wohlverstanden nicht in den Reihen der verpönten Groß-

850

aktiooäre und ausländischen Spekulanten, sondern unter dem einheimischen Mittelstand zu suchen seien, der Todesstoß versetzt würde. Wenn das Bahnpersonal glaube, bei der Verfolgung seiner eigennützigen Ziele sich nichts um diejenigen kümmern zu müssen, die seiner Zeit im Vertrauen auf eine vernünftige und sachgemäße Geschäftsführung den Gesellschaften ihr Geld zur Gründung der im Interesse größerer oder kleinerer Gegenden gelegenen Unternehmungen hergegeben haben, so könne es doch nicht Aufgabe des Staates sein, jene bei der Verfolgung derartiger Zwecke zu unterstützen und so einem Stande auf Kosten dritter allerlei Vorteile zu verschaffen.

Es dürfe an dieser Stelle auch darauf aufmerksam gemacht werden, daß es nicht im Interesse des Landes liegen könne, die Stellung der Sekundärbahngesellschaften durch Vermehrung ihrer Ausgaben allzusehr zu erschweren, denn nur dann können Landesteile, die heute noch ohne Eisenbahnverbindungen seien, erhoffen, daß ihre Bestrebungen zur Erreichung solcher Aussicht auf Erfolg haben werden, wenn nicht zum vornherein jede Hoffnung auf eine wenn auch nur bescheidene Verzinsung des aufgewendeten Kapitals abgeschnitten werde.

Daß unter allzugroßer Vermehrung der Ausgaben der Gesellschaften für das Personal auch die Betriebssicherheit leiden müßte, bedürfe wohl kaum langer Begründung mehr. Wenn die Mittel der Gesellschaften für Persqnalausgaben aufgezehrt werden, so müssen selbstverständlich die laufenden Unterhaltungsarbeiten auf das äußerste eingeschränkt werden. Schon jetzt habe man Beispiele von Bahnen, die sich bezüglich der notwendigen Arbeiten Einschränkungen auferlegen müssen. Viele Bahnen würden durch die Einführung der lOstündigen Arbeitszeit in die zwingende Notwendigkeit versetzt werden, den Zugsverkehr so einzurichten, daß die vorgeschriebene Arbeitszeit für das Personal nicht überschritten!

würde, und zwar nur aus dem Grunde, weil sie die Mittel nicht aufzubringen vermöchten, um das erforderliche Ablöserpersonal anstellen zu können. Es müßte somit die Bewilligung der Forderungen des Personals da und dort entschieden eine Abnahme der Leistungsfähigkeit der Bahnen nach sich ziehen, womit wohl dem allgemeinen Landesinteresse kaum gedient wäre.

Aus dem Berichte der O b e r p o s t d i r e k t i o n geht hervor, daß die Arbeitszeit des dem Gesetze unterstellten Postpersonals bereits auf 10 Stunden reduziert ist, und daß Abweichungen nur im Fahr-

851

dienste und auch nur dann vorkommen, wenn sie ohne unnatürliche Gestaltung der Dienstorganisation nicht umgangen werden können. Nach diesem Berichte wäre die Festlegung der Arbeitszeit in eine bestimmte Tageszeit beim Postdienste noch weniger möglich als im Eisenbalmdienste, weil, abgesehen von den Früh-, Spät- uad Nachtzttgen, bei vielen Bureaux während der ganzen Nacht gearbeitet werden müsse. Im weitern ist bemerkt, daß die Postverwaltung ihrem Personale für die Ausübung des effektiven Nachtdienstes eine billige Vergütung ausrichte. Was aber speeiell die begehrte Vergütung für geleistete Mehrarbeit anbetreffe, so müsse die Verwaltung sich entschieden gegen Aufnahme einer solchen Bestimmung in das Gesetz aussprechen. Das Arbeitsgesetz verfolge den idealen Zweck, Überlastung des Personals zu verhüten.

Sei nun eine längere Arbeitszeit, als die im Gesetz bestimmte, nicht zu vermeiden, so solile die Überzeit nicht mit Geld, sondern mit nachfolgender längerer Ruhezeit entschädigt werden.

In denjenigen Fällen, wo das Personal außerordentlicherweise über die gesetzliche Zeit hinaus in Anspruch genommen werden müsse, wie es z. B. über die Festzeit des Jahreswechsels oder bei Betriebsstörungen etc. zutreffe, könne billigerweise vom Postpersonale, das nicht im Taglohne, sondern mit einem bestimmten Jahresgehalte angestellt sei, verlangt werden, daß es sich der Mehrarbeit ohne Extravergütung willig unterziehe. Das Verlangen der Vergütung der Überstunden wäre gerechtfertigt, wenn die Löhnung des Personals nur auf Grund der effektiven Dienstzeit stattfäude.

Mit dem Begehren, es sei nach ungefähr der Hälfte der Arbeitszeit eine Ruhepause von wenigstens einer bis zu zwei Stunden zu gewähren, könnte sich die Postverwaltung, soweit es sich nicht um das Fahrpersonal auf durchgehenden Routen handle, einverstanden erklären. Bei der Postverwaltung betrage diese Ruhezeit, im Tagesdienste, sozusagen ohne Ausnahme mehr als eine Stunde.

Bezüglich der Zahl der Ruhetage ist ausgeführt, daß das sedentäre Personal der Postverwaltung in den Genuß von 52 Ruhetagen per Jahr gelange und daß diesem Personale gestattet sei, auf Rechnung dieser Ruhetage einen 8-, beziehungsweise 14tägigen Urlaub zu verlangen. Be/.üglich des Zeitpunktes, auf welchen der Urlaub angetreten werden könne, behalte sich die Verwaltung freie Hand
vor. Die Beamten können jährlich während 6 Monaten im Bahnposldienst verwendet werden und gelangen während dieser Zeit in der Regel schon je den s e c h s t e n Tag in den Genuß eines Ruhetages. In der Regel kommen sie also auf mehr als 52 Ruhetage, es werde ihnen aber dessenungeachtet noch ein zusammenhängender Urlaub gewährt. Die Postkondukteure seien das ganze

852 Jahr im Fahrdienst thätig und stehen meistens ebenfalls je den sechsten Tag außer Dienst, so daß sie, inbegriffen die eventuell noch extra zu gewährenden Freisonntage, bis zu 70 Ruhetagen per Jahr gelangen. Zusammenhängende Urlaube werden, außer in dringenden Fällen, den Kondukteuren nicht gegeben, da sie ohnedies auf eine hohe Zahl Ruhetage gelangen.

Soweit es den Postdienst betreffe, werden die gegenwärtigen Bestimmungen von Art. 4 des Gesetzes, gemäß welchem das Personal im ganzen auf 52 Ruhetage Anspruch habe, als hinreichend erachtet.

Ein durchaus unbilliges Verlangen sei das Begehren, daß dem Personale die Wahl des Urlaubs anheimgestellt bleiben solle. Schon jetzt werden die Urlaube in übergroßem Maße auf die eigentlichen Sommermonate, also auf die Zeit des anhaltend großen Verkehrs verlegt, und sei es unmöglich, allen Begehren auf den gewünschten Zeitpunkt zu entsprechen. Stehe es in der Macht jedes Beamten oder Angestellten, den Antritt des Urlaubes auf einen ihm beliebigen Zeitpunkt festzusetzen, so werden sich die Urlaubsgesuche während des Sommers in einer Art und Weise mehren, daß genügendes dienstkundiges Ersatzpersonal gar nicht aufzutreiben wäre. Überhaupt würde durch Annahme dieses Postulats ein Zustand geschaffen, welcher jede geordnete Verwaltung in Frage stellen würde. Es müsse dabei auch auf die Festzeit des Jahreswechsels aufmerksam gemacht werden. Für die Bewältigung des Verkehrs sei die Verwaltung darauf angewiesen, daß das Personal möglichst vollständig sei und jeder sein möglichstes thue, da schon jetzt genügendes, mit dem Dieuste vertrautes Aushülfspersonal nicht ausfindig gemacht ·werden könne. Die Petenten können zur Unterstützung ihres Begehrens kaum Beispiele aus dem bürgerlichen Leben anfuhren.

Kein Geschäftsherr werde seinen Leuten zur Zeit des größten Verkehrs Urlaub geben, dieser werde vom Prinzipal vielmehr während der flauen Zeit, also nach des letztern und nicht nach der Untergebeneu Gutfinden verabfolgt.

Hinsichtlich der Dauer der Ruhetage sei die Postverwaltung bereits weiter gegangen, als die Vollziehungsverordnung zum Gesetze es fordere. Im fahrenden Dieuste betrage diese Ruhepause 30--36 Stunden und nach den Nachtzügen bestehen sogar Ruhepausen von 45, 48 und 49V2 Stunden. Die Ruhetage der Beamten und Angestellten der sedentären Bureaux umfassen in
der Regel 33--36 Stunden. Nach Ansicht der Postverwaltung sei das Verlangen nach Gleichstellung mit dem bürgerlichen Leben unausführbar. Die bürgerliche Freiheit finde ihre Schranken jedesmal in der Annahme einer Stellung, welche dein Bürger bestimmte Dienstpflichten überbinde.

853 Im gewöhnlichen Betriebe falle die Arbeitszeit in der Regel mit der Tageszeit zusarameo. Da gebe es weder Früh-, noch Spät-, noch Nachtdienst. Der Betrieb der Verkehrsanstalten dagegen sei in starkem Maße auf die Nachtstunden verwiesen. Es sei deswegen geradezu unmöglich, in Bezug auf die Bahnpostbeamten und Kondukteure eine Diensteinteilung zu erstellen, daß die 36stündige Ruhepause ohne Ausnahme gewährt wäre. Im Postdienste dränge sich naturgemäß der stärkste Verkehr auf die Spät- und Frühzüge und müssen diese daher in weitem Maße zur Postbeförderung benutzt und durch zahlreiches Personal bedient werden. Es könnte nur in einzelnen wenigen Fällen die Dienstorganisation so abgeändert werden, daß die 36stündige Ruhe erreicht wäre. Wie aber schon gesagt, werden die Bahnpostbeamten und Kondukteure weitaus in dea meisten Fällen jeden sechsten Tag abgelöst, so daß von einer Überanstrengung nicht die Rede sein könne.

Die Verwaltung giebt zu, daß die Bemessung des Ruhetags mit 24 Stunden etwas knapp sei, und fügt bei, daß nach ihrer Ansicht eine Minimalruhepause von 30 Stunden zugestanden werden könnte.

Dem Berichte der T e l e g r a p h e n d i r e k t i o n ist zu entnehmen, daß die Beamten, Angestellten und Arbeiter der Telegraphenverwaltung in der Re
In solchen Fällen übernehme auch der gewöhnliche Bürger, freiwillig oder gezwungen, außerordentliche Mehrleistungen, für welche er meistens keine besondere Vergütung erhalte. Überhaupt sollte der immer mehr bei Fixbesoldeten sich geltend machenden Tendenz, ihre Pflicht nur in einem bestimmt und möglichst eng begrenzten Rahmen zu erkennen und für jede auch nur einigermaßen über den Durchschnitt hinausgehende Dienstleistung Anspruch auf Extraentschädigung zu erheben, mit aller Entschiedenheit entgegengetreten werden.

,,

854 Anderseits sei zu bemerken, daß die im Taglohn angestellten Telegraphen- und Telephonarbeiter schon jetzt für Überstunden entsprechend bezahlt werden.

Die Einschränkung der Arbeitszeit der Telegraphen- und Telephonbeamten und -bediensteten auf eine bestimmte Tageszeit sei unmöglich, weil die Bedürfnisse des Verkehrs je nach dem Ort und der Jahreszeit ändern und in einer Anzahl von Bureaux der Dienst erst spät abends endige und andere permanenten Dienst haben.

Den Nachtdienstbeamtea werde eine Extravergütung ausgerichtet und es seien dieselben am folgenden Tage vom Dienste befreit.

Die Verlängerung des Ruhetages von 24 auf 36 Stunden halte für die Telegraphenverwaltung eiue Mehrausgabe von Fr. 20,000 zur Folge. Noch schwerer aber als der Kostenpunkt würde die aus dieser Änderung hervorgehende Komplikation der Stundenpläne und die Schwierigkeit, die notwendigen Uiensttouren rechtzeitig zu besetzen.

Das Bedürfnis einer Vermehrung der Ruhetage müsse entschieden bestritten werden, wie denn auch die bisher mit den Ruhetagen an Werklagen gemachten Erfahrungen keineswegs dafür sprechen. Die verlangte Vermehrung io Form eines Stägigen Urlaubs würde der Verwaltung eine weitere Mehrausgabe von jährlich wenigstens Fr. 30,000 verursachen. Diesen Urlaub vollends u ach W a h l des P e r s o n a l s zu gewähren, davon könnte nun und nimmer die Rede sein. Während der Fremdensaison, in den Monnten Juli, August und September, gelte es, alle Kräfte anzuspannen, um den Anforderungen des Verkehrs zu genügen, und es bedürfe die Verwaltung ihr gesamtes Personal während dieser Zeit um so notwendiger, als immer eine gewisse Anzahl von Telegraphisten in Militärkurse und Rekrulenschulen abgegeben werden müssen. Auch die Truppeüzusammenzüge, welche gewöhnlich die Abgabe einer Anzahl von Beamten an die Telegraphencorps und eine stärkere Besetzung der Telegraphenbureaux in der betreffenden Gegend erfordern, fallen in die erste Hälfte des Monats September.

Die Verwaltung sei daher nicht in der Lage, dem Bureaupersonale während der Zeit des strengsten Verkehrs andere Urlaube als wegen Krankheit bewilligen zu können.

Mit einer Vermehrung des Personals könnte diesem Umstände nicht begegnet werden, weil es unmöglich sei, eine ausreichende Zahl geübter Geholfen oder Gehülßnnen nur für eine kürzere Verwendung heranzubilden
und zu fortwährender Verfügung in Bereitschaft zu halten, und weil eine Vermehrung des in den übrigen Monaten ausreichenden definitiven Personals für die Verwaltung nur eine unnütze Ausgabe bringen würde.

855 Aber auch zu andern Zeiten als während des strengsten Verkehrs könne die Wahl des Zeitpunktes der Urlaube unmöglich dem beteiligten Personale überlassen werden, weil die dienstlichen Verhältnisse die Gewährung von Urlauben überhaupt nur unter der Voraussetzung gestatten, daß dabei eine von der Verwaltung festgesetzte Ordnung und Reihenfolge beobachtet werde. Eine solche sei schon deshalb unerläßlich, weil nur auf diese Weise überhaupt die Möglichkeit gegeben sei, jeden Beamten und Bediensteten innerhalb eines Jahres in den Genuß der ihm gesetzlich zukommenden Ruhe- bezw. Urlaubstage zu setzen. Wenn die Petition erheblich erklärt und eine Revision des Gesetzes vorgenommen werden sollte, so müßten bei der neuen Gesetzesredaktion unbedingt gewisse Vorbehalte der Telegraphenverwaltung diejenige freie Bewegung sichern, die im Interesse des allgemeinen Verkehrs und ganz besonders des Fremdenverkehrs unerläßlich sei und die sie auch als öffentliches gemeinnütziges Institut beanspruchen müsse.

Bevor wir zu den einzelnen Postulaten unsere Anträge formulieren, sei uns gestattet, die in der Petition enthaltenen allgemeinen Bemerkungen und die Begründung der Postulate einer kurzen Besprechung zu unterziehen.

Hierbei müssen wir in erster Linie die Behauptung der Petenten, daß das Gesetz vom 27. Juni immer noch nicht vollständig durchgeführt sei, einer nähern Prüfung unterstellen. Im großen ganzen kann das Gesetz als durchgeführt betrachtet werden, wenngleich noch zahlreiche Abweichungen von einzelnen Bestimmungen desselben bestehen. Die Behörde kommt bei jeder Fahrplanänderung in die Lage, ausnahmsweise Anordnungen im Sinne von Art. 6 des Gesetzes zu treffen, um die Erstellung von rationellen und dem Interesse der Angestellten selbst dienenden Diensteinteilern zu ermöglichen. Da die Diensteinteiler vieler Angestellten, im besondern derjenigen im Traktions- und im Zugsdieuste, den Fahrplänen der einzelnen Linien angepaßt werden müssen, so ist es oft absolut unmöglich, die Beanspruchung der einzelnen Angestellten innert den im Gesetze gezogenen Schranken zu halten, oder es wollte denn die Arbeitszeit ganz erheblich gekürzt und die Angestellten zu häufiger auswärtiger Übernachtung genötigt werden, was weder im Interesse des Dienstes noch in demjenigen des Personals liegen würde. Von einer Vermehrung der leider noch nicht durchweg zu vermeidenden auswärtigen Übernachtungen möchten wir entschieden abraten. Bei Bewilligung von Ausnahmen wird namentlich darauf Rücksicht genommen, daß damit dem Personale er-

856 möglicht werden kann, die Hauptruhepausen am Wohnorte zuzubringen, und daß die starke Beanspruchung an einem Tage durch eine entsprechend geringere Beanspruchung am vorausgehenden und am nachfolgenden Tage kompensiert werde. Außer den von der Behörde bewilligten Abweichungen kommen dann allerdings noch da und dort zufällige und zudem häufig willkürliche Abweichungen vor.

Die zufälligen Abweichungen sind in der Regel die Folge von Kursverspätungen, von unerwartetem Verkehrsandrang, von Erkrankungen und von Unfällen, während die willkürlichen dem Angestellten von den Vorgesetzten bald mit, bald ohne seine Zustimmung zugemutet werden, wobei ein zwingendes Bedürfnis nicht immer zu erkennen ist.

Wir wollen nicht unerwähnt lassen, daß durch die Kontrolle Fälle ermittelt worden sind, wo die Angestellten selbst ohne Vorwissen der Verwaltungen auf die im Gesetze geforderte Ruhe verzichteten, bezw. länger arbeiteten, als das Gesetz gestattet. Es sei hier auch noch des Umstandes Erwähnung gethan, daß da und dort seitens des Personals bestehende Übelstände verheimlicht werden und nur durch Drittpersonen zur Kenntnis der Kontrollorgane gelangen, und dieses namentlich da, wo den Angestellten für die Mehrleistungen eine Extravergütung ausgerichtet wird.

Bei Besprechung der Arbeitszeit ist von den Potenten betont, daß eine Regelung der Differenz zwischen Präsenzzeit und effektiver Arbeitszeit in der Vollziehungsverordnung Platz finden dürfte. Hierauf ist zu erwidern, dali diese Regelung bereits in der Vollziehungsverordnung vom 6. November 1890 erfolgt ist, und zwar in einer für die Angestellten günstigen Weise, indem vorgeschrieben wurde, daß die Zeit, in welcher der Beamte, Angestellte und Arbeiter für den Dienst einer Unternehmung in Anspruch genommen ist, einschließlich der Dienstbereitschaft und jeder Beschäftigung bei Hülfsarbeiten, sowie der Intervalle bis zu einer halben Stunde zwischen den Kurszeiten der Züge, als Arbeitszeit in Berechnung gezogen werdea muß. Aus der Petition ist nicht ersichtlich, wie anders diese Regelung gewünscht wird.

Die Behauptung der Petenten, es sei das Eisenbahnpersonal gegenüber der übrigen, speciell dem Fabrikgesetze unterstellten Arbeiterschaft hinsichtlich der täglichen Beanspruchung bedeutend ungünstiger gestellt, ist in ihrer Allgemeinheit nicht zutreffend. Richtig
ist, daß viele Angestellte der Zeit nach länger dienstlieh in Anspruch genommen sind als die Fabrikarbeiter, es ist aber die Dienstzeit der Eisenbahnangestellten je nach der Art der Beschäftigung häufig durch kleinere Intervalle, in welchen nur wenig oder auch gar nicht gearbeitet wird, unterbrochen, während der Fabrikarbeiter in der Regel während der ganzen Dauer der Arbeitszeit intensiv beschäftigt ist. Sodann ist hervorzuheben, daß bei den BahngeselJ-

857 Schäften zahlreiche Diensttoureu mit weniger als 12 Arbeitsstunden inklusive kleinere Intervalle vorkommen, und zwar namentlich beim fahrenden Personale. Es giebt Personalgruppen, deren Dienst während 6 und mehr Tagen wechselt und wobei die Arbeitszeit zwischen 7 und 12 Stunden variiert. Andere Personale wiederum haben nie mehr oder sogar immer weniger Arbeitszeit als die Fabrikarbeiter. Die Eigenartigkeit des Eisenbahnbetriebes gestattet es nicht, sämtlichen Angestellten täglich genau dieselbe Dienstzeit wie in den Fabriken zuzuweisen, und es ist die Bethätigung der Eisenbahner fast durchweg eine ganz andere als diejenige der Fabrikarbeiter ; es lassen sieh daher zwischen der Beanspruchung des Bahnpersonals und derjenigen der Fabrikarbeiter zutreffende Vergleichungen nicht wohl anstellen.

Die Bahnverwaltungen bestreiten die Richtigkeit der Behauptungen der Petenten, dahingehend, daß !.. gewöhnlich schon nach kurzer Zeit Änderungen an den Diensteinteilern vorgenommen werden; 2. die bei irgend einem Anlasse eingebüßten Ruhetage von den Angestellten nachverlangt werden müssen ; 3. da und dort Angestellte auf die Ruhetage verzichten, um sich für diese Tage den Lohn, bezw. eine erhöhte Einnahme, zu sichern, und daß Bahnwärter aus eigenen Mitteln ihre Ablöser haben bezahlen müssen.

Zugestanden ist von den Bahnverwaltungen, daß ausnahmsweise Änderungen, wie sie im Gesetze und in der Vollziehungsverordnung vorgesehen seien, angeordnet werden müssen, und daß also eingeteilte Ruhetage nicht benützt werden können; wo und wenn dieses aber der Fall sei, so werde dafür Sorge getragen, daß die Ruhetage sobald als möglich nachgeholt werden.

Demgegenüber ist festzustellen, daß durch die Kontrolle wiederholt Fälle ermittelt worden sind, wo die Diensteinteiler n a c h deren Mitteilung an die Aufsichtsbehörde zum Nachteile des Personals und in gesetzwidriger Weise abgeändert wurden oder von Anfang an die der Behörde vorgelegte Diensteinteilung der wirklichen Beanspruchung des Personals nicht entsprach. Ebenso ist häufig von Angestellten behauptet worden, daß sie die bei irgend einem Anlasse eingebüßten Ruhetage nachverlangen müssen. Ferner werden durch die Kontrolle noch ab und zu Fälle ermittelt, wo Tagelöhner auf einzelne Ruhetage verzichten, um nicht eine Lohneinbuße zu erleiden. Bis dato ist noch kein Fall
zu unserer Kenntnis gelangt, wo Bahnwärter ihre Stellvertreter aus eigenen Mitteln hätten bezahlen müssen, wohl aber ist ermittelt worden, daß an einigen Orten Bahnwärter verpflichtet waren, bei Bahnübergängen unter '

Bundesblatt. 50. Jahrg. Bd. 1.

58

858

eigener Verantwortung durch ihre Frauen oder andere Personen die Barrieren bedienen zu lassen, gegen die unentgeltliche Überlassung von Wärterwohnungen und eine geringe Geldentschädigung.

Wenn die Potenten glauben, daß die Eisenbahnangestellten gegenüber dem Schweizervolke und im besondern den Fabrikarbeitern durch die Zuscheidung von nur 52 Ruhetagen in ihren Rechten verkürzt worden seien, und aus dem Wortlaut von Art. 4der Bundesverfassung, wonach alle Bürger vor dem Gesetze gleich sein sollen, die Notwendigkeit einer Vermehrung der Ruhetage und einer Verlängerung der Dauer der letztern glauben ableiten zu?

können, so ist denselben entgegenzuhalten, daß kein Gesetz besteht, in, welchem die Arbeitszeiten und die Ruhetage für sämtliche Schweizerbürger normiert wären, und daß somit von einer Rechtsverkürzung in Ansehung von Art. 4 der Bundesverfassung nicht gesprochen werden kann. Es ist sodann hervorzuheben, daß die dem Fabrikgesetze unterstellten Arbeiter vieler Etablissemente mit kontinuierlichem Betriebe jährlich nur 26 Ruhetage haben und daß diese Ruhetage oft nur 24 Stunden umfassen.

Der Staat hat für die Eisenbahnangestellten schützende Bestimmungen hinsichtlich der Arbeits- und der Ruhezeit aufgestellt,, während für weitaus den größten Teil der Bürger in dieser Richtung bisher nichts geschehen ist ; es ist daher nicht zutreffend, wenn behauptet wird, daß erst mit der angestrebten Revision des Arbeits gesetzes der Art. 4 der Bundesverfassung zur Wahrheit werde. Es ist Übrigens einleuchtend, daß beim Bahnbetriebe, der keine Unterbrechung erleiden darf, an das Personal andere Anforderungen alsbeispielweise an den Landarbeiter gestellt werden müssen. Als eine Übertreibung muß die Behauptung der Petenten bezeichnet werden, daß weitaus die meisten Unfälle beim Bahnpersonal als.

eine Folge der Überanstrengung zu betrachten seien. Die Petenten bleiben hierfür den Beweis schuldig, und es hat auch die Untersuchung der Unfälle seitens der Behörden keine Anhaltspunkte zu Tage gefördert, welche diese Behauptung rechtfertigen könnten.

Mit Bezug auf Art. 5 des Gesetzes ist in der Petition gesagt, daß die Beschränkung des Güterverkehrs an den hohen Feiertagen nicht vom freien Willen der Verwaltungen abhängig gemacht werden sollte. Die Petenten übersehen dabei, daß im Transportreglement vom 1. Januar
1894 die Güterbeförderung an den hohen Feiertagen ebenso wie an den Sonntagen allgemein untersagt ist, und daß, dieser Vorschrift längst nachgelebt wird.

Falls sämtlichen Forderungen der Petenten entsprochen würde, so hätte dieses laut den Angaben der Verwaltungen für die schweizerischen Bahngesellschaften eine jährliche Mehrausgabe von rund

859 Fr. 4,370,000 zur Folge. Ob diese Berechnung auf Richtigkeit Anspruch machen könne, entzieht sich unserer Beurteilung und wollen wir daher dieselbe nicht in Zweifel ziehen. Es muß aber darauf aufmerksam gemacht werden, daß zufolge Bewilligung von Ausnahmen, welche ja auch in Zukunft unvermeidlich sein werden, die angegebene Ziffer jedenfalls eine beträchtliche Reduktion erfahren dürfte.

Die seit Beginn der Wirksamkeit des Gesetzes vom 27. Juni 1890 gemachten Erfahrungen haben allerdings die Änderung einzelner Bestimmungen des Gesetzes wünschenswert erscheinen lassen und benützen wir nun den mit der Petition des Centralkomitees des Verbandes des Personals der Transportanstalten gebotenen Anlaß, um Ihnen diesbezügliche Vorschläge zu unterbreiten.

Bei der Vielseitigkeit des Betriebs der Transportanstalten, wobei die Gestaltung der Fahrpläne und der notwendige Nachtbetrieb eine Hauptrolle spielen, ist die strikte Vollziehung des Gesetzes oft unmöglich, wenn man das Personal seinen Kräften angemessen beschäftigen und gleichzeitig dessen Wohlbefinden im Auge behalten will. Es müssen daher häufig für längere Zeit Ausnahmeverfügungen im Sinne von Art. 6 des Gesetzes getroffen werden. Die Behandlung der periodischen Vorlagen über die Arbeitszeit und die Ruhetage des Eisenbahn- und Dampfschiffpersonals erfordert in der Regel mehrere Wochen, während welcher Zeit viele, mit einer Fahrplanänderung ins Leben gerufene Abweichungen von den Gesetzesvorschriften fortbestehen können. Es kommt auch vor, daß die Verwaltungen der Aufsichtsbehörde die Diensteinteiler erst längere Zeit nach deren Inkrafttreten vorlegen und sich dann nicht einmal die Mühe nehmen, die von den Gesetzesbestimmungen abweichenden Anordnungen zn begründen, oder aber es ist die Darstellung der Dienst- und Ruhezeiten in den vorgelegten Tabellen eine ungenaue. Die Folge hiervon sind zahlreiche Korrespondenzen mit den Verwaltungen und direkte Erhebungen bei den Angestellten, behufs Klarlegung des Thatbestandes und Beseitigung kleinerer Unzukömmlichkeiten, worauf erst das Departement im Sinne von Art. 6 des Gesetzes -seine Anträge dem Bundesrate unterbreiten und dieser Beschluß fassen kann.

Die rasche Erledigung von Anständen wurde wiederholt dadurch verzögert, daß die Bahn- und Dampfschiffverwaltungen einzelne Gesetzesbestimmungen unrichtig interpretierten. Einige Verwaltungen glaubten z. B., daß die im Taglohn beschäftigten H ü l f s a r b e i t e r , auch wenn sie während Monattn regelmäßig im Dienste

860

standen, dem Gesetze nicht unterstellt werden müßten, weil sie beliebig entlassen und wieder angestellt werden können, obschou in Art. l die Unterstellung unter das Gesetz nicht von der Dauer der Anstellung, sondern lediglich von der Voraussetzung abhängig gemacht ist, daß die betreffenden Arbeiter u\ der gewöhnlichen Arbeitszeit verpflichtet sind.

Manche Verwaltungen glaubten sich berechtigt, von den Angestellten täglich eine 12stündige Arbeitszeit zu fordern, während im Gesetze die 12stündige Arbeitszeit nur so weit gestattet ist, als der Betrieb eine m e h r als g e w ö h n l i c h e A r b e i t s z e i t erfordert. Von einer Verwaltung, welche vor Inkrafttreten des Gesetzes vom 27. Juni 1890 jedem Angestellten 12 Tage Urlaub per Jahr gewährte und dabei die Arbeitszeit auf 10 Stunden per Tag normiert hatte, ist seither die Arbeitszeit auf 11 Stunden normal und 12 Stunden bei starkem Verkehr erhöht worden.

An einigen Orten wollte den Lokomotiv- und Zugspersonalen, wenn dieselben in auswärtigen Stationen in einem der Bahngesellschaft angehörigea Lokale übernachten konnten, die Nachtruhe auf 8 Stunden reduziert werden, wie dieses hinsichtlich der Angestellten des Stations- und des Bahnbewachungsdienstes, denen die Gesellschaften Wohnungen in der Nähe der Arbeitsstelle angewiesen haben, gestattet ist.

Gemäß Art. 3 des Gesetzes soll die ununterbrochene Ruhezeit des Maschinen- und des Zugspersonals wenigstens 10 Stunden und für das übrige Personal wenigstens 9 Stunden oder, wenn Wohnung auf dem Bahuhofe oder an der Bahnlinie angewiesen ist, wenigstens 8 Stunden betragen. Hieraus folgt, daß innerhalb 24 Stunden dio Dauer der Dienstbereitschaft, d. h. der Zeit von Beginn bis Schluß des Dienstes, nicht über 14 Stunden beim Maschinen- und beim Zugspersonale und 115 bezw. 16 Stunden beim übrigen Personale hinausgehen soll ; da aber die Dauer der Dienstbereitschaft im Gesetze nicht ausdrücklich normiert ist, so glauben einzelne Verwaltungen, die Dienstbereitschaft, namentlich beim fahrenden Personale, ab und zu auf 17 und mehr Stunden ausdehnen zu dürfen, sofern hernach die im Gesetze geforderte ununterbrochene Ruhepause gewahrt bleibt. Es unterliegt nun aber wohl keinem Zweifel, daß gerade bei einer zu lange dauernden und nicht durch angemessene Pausen unterbrochenen Dienstbereitschaft eine Überanstrengung
des Personals und damit eine Betriebsgefährdung zu befürchten ist.

Die im Art. 4 enthaltene Vorschrift, daß wegen der Dienstbefreiung ein Abzug am Lohn nicht stattfinden darf, wurde von Anfang an und wird auch jetzt noch verschieden gedeutet. Bei Inkrafttreten des Gesetzes haben die meisten Verwaltungen ohne

861 weiteres sämtlichen Angestellten den frühern Lohn auch für die Ruhetage ausbezahlt, demzufolge das Jahreseinkommen vieler Taglöhner, denen bis dahin für die Ruhetage der Lohn in Abzug gebracht worden war, eine Erhöhung erfuhr. An einigen Orten wurde den Arbeitern der Totalbetrag der bis dahin für 348 Arbeitstage eines Jahres bezogenen Taglöhne auf die 365 Tage des Jahres (inklusive 52 Ruhetage) verteilt, wobei dann allerdings der Taglohn gegen früher etwas reduziert wurde,' der Jahreslohn aber sich O O genau gleich blieb und somit zu einem behördlichen Einschreiten kein Anlaß vorhanden war. Den im Taglohn nur an den Werktagen beschäftigten Arbeitern wird an vielen Orten der Taglohn nur für die wirklichen Arbeitstage ausgerichtet und von den Verwaltungen dieses Verfahren damit begründet, daß die Arbeiter nur für die Werktage angestellt seien und somit auch nur für diese gelöhnt werden, wie vor Inkrafttreten des Gesetzes; eine Benachteiligung des Personals habe somit nicht stattgefunden. Sofern ausnahmsweise solche Arbeiter auch an Sonntagen zum Dienste beigezogen werden müssen, so werden sie hierfür gelöhnt und ihnen für die entgangenen Freisountage bezahlte Freiwerktage gewährt.

Es sind noch einzelne Fälle zu verzeichnen, wo bei einer und derselben Gesellschaft Arbeiter der verschiedenen Kategorien ungleich behandelt werden, indem die Arbeiter beim Stations- und beim Traktionsdienste, welche nur an den Werktagen arbeiten, auch für die Sonntage gelöhnt werden, die ebenfalls nur an den Werktagen beschäftigten Arbeiter beim Bahnunterhaltungsdienste dagegen nicht. Bei einer Gesellschaft bestand bis vor kurzem das Verfahren, daß mao den Linienarbeitern, welche jährlich 52 Ruhetage, worunter 17 Sonntage, erhielten, für die letztern den Taglohn in Abzug brachte, für die Freiwerktage dagegen ungeschmälert ausrichtete.

Die Bestimmung von Art. 4 des Gesetzes, gemäß welcher die Ruhetage angemessen verteilt werden sollen, gab von jeher zu vielen Erörterungen Anlaß. Während viele Verwaltungen sowohl die sonntäglichen als die werktäglichen Ruhetage den Angestellten je für eine Fahrplanperiode zum voraus fixieren und ziemlich gleichmäßig verteilen, stellen andere Verwaltungen den Angestellten per Jahr 4--18 Tage in Reserve, welche dann nach Wunsch der Angestellten und den Bedürfnissen des Dienstes vereinzelt
oder in Gruppen benutzt werden können. Andere Verwaltungen fixieren die Ruhetage zum voraus für eine Fuhrplanperiode oder für ein ganzes Jahr, wobei ab und zu Gruppen bis auf 6 Tage vorkommen.

Eine Dampfschiffgesellschaft fixiert sämtliche Ruhetage zum voraus in ziemlich gleichmäßigen Abständen, es werden aber von den An-

862 gestellten häufig die auf einen Monat entfallenden 4--5 Ruhetage zusammengelegt.

Mehrere Verwaltungen glaubten, die Bestimmung von Art. 7 des Gesetzes, wonach der Verzicht der Angestellten auf die Dienstbefreiung die Strafbarkeit der Widerhandlung nicht ausschließt, dahin auslegen zu sollen, daß sie den Angestellten auch während den gesetzlichen Ruhezeiten beschäftigen dürften, sofern hierfür eine Extravergütung ausgerichtet wtlrde.

Angesichts der vorstehend geschilderten Verhältnisse ist ea einleuchtend, daß der Apparat der Kontrolle über die Vollziehung des Gesetzes sehr schwerfällig funktioniert und daher Ungesetzlichkeiten häufig während längerer Zeit bestehen, bevor sie zur Kenntnis der Behörde gelangen und diese Abhülfe verlangen kann. Um die Behandlung der periodischen Vorlagen der Bahn- und Dampfschiffverwaltungen und damit die Fixierung der Diensteintoiler zu fördern, sowie eine raschere und wirksamere Kontrolle zu ermöglichen, erscheint es daher augezeigt, die bisherigen zahlreichen Korrespondenzen und Schlußaahtnen des Bundesrats thunlichst zu reduzieren. Dieses könnte dadurch erreicht werden, daß diejenigen Ausnahmen, welche sich im Laufe der Jahre wegen den Eigentümlichkeiten des Betriebs der Transportanstalten häufig als notwendig erwiesen haben, im Gesetze selbst vorgesehen und einzelne Bestimmungen des letztern etwas präciser gefaßt würden. Weitere Ausnahmen sollten dann nur noch in dringenden Fällen bewilligt werden. Gleichzeitig sollten die in Kraft bestehenden Bestimmungen im Interesse des Personals durch einige weitere ergänzt werden.

Zur einläßlichem Besprechung der einzelnen Postulate und der einschlägigen Gesetzesartikel übergehend, machen wir vorerst darauf aufmerksam, daß nunmehr, nachdem auch das Personal der Telegraphenverwaltung dem Gesetze unterstellt worden ist, in A r t . l, A b s a t z l und 2, auch die Telegraphenverwaltung erwähnt werden sollte. Demgemäß wäre die Bezeichnung Transportanstalten durch Ver k eh r san s tal t en zu ersetzen. Sodann sollte der französische Text von A r t . l, A b s a t z 2, dem Sinne nach dem deutschen Texte enger angepaßt werden.

Betreffend A r t . 2 ist von den Petenten die Reduktion der täglichen Arbeitszeit auf 10 Stunden verlangt, in der Meinung, daß, soweit der Betrieb eine mehr als gewöhnliche Arbeitszeit erfordere, das Personal für geleistete Überzeitarbeit entsprechend entschädigt werden solle. Es wird somit zur gleichen Zeit eine Kürzung der

863

Arbeitszeit verlangt und die Bereitwilligkeit zu einer Verlängerung dieser ins Ungemessene kundgegeben, denn daß die Mehrleistungen bei Ausrichtung einer Extravergütung häufig ins Ungemessene gehen würden, hat die Erfahrung zur Genüge bewiesen. Die Kontrolle ihat zahlreiche Fälle zu Tage gefördert, wo die Angestellten, sofern ihnen eine Extravergütung ausgerichtet wurde, sich eine dienstliche Inanspruchnahme gefallen ließen, gegen welche die Behörde Einsprache ·erheben mußte. Um nur ein Beispiel zu citieren, sei hier erwähnt, daß kürzlich das Bisenbahndepartement davon Kenntnis erhielt, ·daß ein Maschinist einer Dampfschiffgesellschaft im Juni 1896 gegen eine Extravergütung an 19 Tagen 13--18 Dienststunden sich gefallen ließ. In solchen Dienstleistungen ist aber eine Gefährdung des Betriebes zu erblicken und haben daher die Behörden die Aufgabe, dieselben hintanzuhalten. Wenn triftige Gründe, wie sie bei den Transportanstalten häufig vorhanden sind, eine über das "Gesetz hinausgehende Leistung nötig machen, so soll diese in vernünftigen Grenzen gehalten und am folgenden Tage durch entsprechend geringere Beanspruchung kompensiert werden. Sofern im Gesetz eine beliebige Ausdehnung der Arbeitszeit gegen Ausrichtung einer Extraverglitung gestattet würde, so hieße dieses dieenigen Zustände wieder herstellen, welche dem Erlaß des Gesetzes -vom 27. Juni 1890 riefen.

Mit der Annahme des Vorschlages der Petenten würde übrigens sofort Unbilligkeiten gerufen, indem ein Stationsarbeiter, der von 6 Uhr morgens bis 7 Uhr abends mit einer Stunde Unterbrechung im Dieoste stünde, für 2 Überstunden bezahlt werden müßte, während «in Angestellter beim Fahrdienste, welcher vielleicht von morgens 6 bis abends 9 Uhr unterwegs wäre, sich auswärts verköstigen müßte und mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde noch eine um '2--3 Stunden gekürzte Nachtruhe, dagegen aber nur 10 Arbeitsstunden hätte, leer ausgehen würde.

Wenn die Petenten die Forderung der 12stündigen Arbeitszeit im allgemeinen als zu weitgehend erachten, so können wir denselben nur beipflichten und zur Bekräftigung dieser Ansicht darauf hinweisen, daß schon vor Erlaß des Gesetzes die Behörde auf Reduktion der Arbeitszeit auf 11 Stunden hingewirkt hat und daß ·der Gesetzgeber die 12stündige Arbeitszeit nur insoweit gestatten wollte, als der Betrieb eine mehr als
gewöhnliche Arbeitszeit erfordern sollte. Da nun manche Verkehrsanstalten glauben, ohne Not von ihren Angestellten 12 Arbeitsstunden verlangen zu sollen, so erscheint es angezeigt, die maximale Arbeitszeit im Gesetze auf 11 Stunden zu fixieren und den Bundesrat zu ermächtigen, da, wo besondere Verhältnisse dieses nötig machen, Ausnahmen zu bewilligen.

864

Wir haben uns gefragt, ob man bei Normierung der Arbeilszeitnicht auf 10 Stunden hinunter gehen sollte, wie dieses seitens der Post- und der Telegraphenverwaltung bereits durchgeführt ist, namentlich mit Rücksicht darauf, daß bei verschiedenen Personalkategorien eine tägliche Arbeitszeit von 10 Stunden durchaus genügend ist und auch bei vielen Bahn- und Dampfschiffgesellsehaften in Ansehung verschiedener Personalkategorien als Norm gilt. Wir sind aber zum Schlüsse gelangt, daß damit gegenüber dem bisherigen Zustande einer ganz bedeutenden Vermehrung der Ausnahmen gerufen würde, so daß an manchen Orten die Abweichungen vom Gesetze geradezu die Regel und die Beachtung des Gesetzes die Ausnahme bilden müßte. Es bestehen zahlreiche Dienststellen, bei denen ein Bruchteil des täglichen Dienstes nicht als eigentliche Arbeit, sondern nur als Dienstbereitschaft betrachtet werden kann, und wo daher die Dauer der Arbeitszeit inklusive Dienstbereitschaft füglich auf 11 Stunden normiert werden darf. Speciell beim fahrenden Personale würde die Reduktion der Arbeitszeit auf 10 Stunden dieErstellung rationeller Diensteinteiler sehr erschweren, weil bei vielen Unternehmungen im Turnus von mehreren Tagen dem Personale täglich ein anderer Dienst zugewiesen werden muß. Bei den sämtlichen fahrenden Personalen der Nordostbahn, der Gotthardbahn und der Vereinigten Schweizerbahnen, sowie bei den Zugspersonalert der Jura-Simplon-Bahn und der Centralbahn bleibt der Durchschnitt der täglichen Arbeitszeit gemäß den Darstellungen dieser Gesellschaften schon jetzt um ein geringes unter 10 Stunden und beiden Lokomotivpersonalen der Jura-Simplon-Bahn und der Centralbahn etwas unter 10]/2 Stunden, wobei indessen Tagesleistungen von 11 und 12 Stunden nicht selten sind. Würde nun im Gesetze die Arbeitszeit auf 10 Stunden normiert, so müßten den genannten Gesellschaften zu den bereits bestehenden noch zahlreiche weitere Ausnahmen bewilligt werden oder aber bei vielen Diensttouren die Arbeitsleistungen zum Nachteile der Personale selbst ganz bedeutend gekürzt werden. Unter diesen Umständen betrachten wir die Reduktion der Arbeitszeit auf 11 Stunden als genügend, wogegen es sich empfiehlt, den Bundesrat zu ermächtigen, da, wo besondere Verhältnisse dieses notwendig erscheinen lassen, wie auf Posten mit großer Verantwortlichkeit, bei
ununterbrochener Beschäftigung, bei Aufenthalt in ungesunden Lokalen, beim Nachtdienst etc.,, eine Kürzung der Arbeitszeit zu veranlassen. An vielen Orten ist zutreffenden Falles die Arbeitszeit bereits auf 10 und 9 Stunden reduziert, während andernorts, wo dieselben Voraussetzungen vorbanden sind, noch eine Arbeitszeit von 11--12 Stunden gefordert wird. Es sei hier insbesondere darauf aufmerksam gemacht, da& den Wärtern im Gotthard-Tunnel eine Arbeitszeit von nur 6 Stunden, vorgeschrieben ist.

865 Gemäß dem Beschlüsse der Delegiertenversammlung des Personals der Transportanstalten sollte die Arbeitszeit in eine bestimmte, gesetzlich festgestellte Tageszeit verlegt werden; da aber dieses Postulat in der Petition nicht weiter verfolgt ist, so betrachten wir dasselbe als fallen gelassen. Übrigens könnte es nicht acceptiert werden, man wollte denn auf den Nachtbetrieb bei den Verkehrsanstalten verzichten.

Zu A r t . 3, Abs. 2, ist von den Potenten die Gewährung einer Pause von l--2 Stunden um die Mitte der Arbeitszeit gefordert, wozu zu bemerken ist, daß eine Änderung der bisherigen Vorschrift, wonach mindestens eioe Stunde gewährt werden soll, nicht angezeigt erscheint, indem der jetzige Wortlaut die Gewährung von 2 und mehr Stunden nicht ausschließt. Wenn eine Pause von l--2 Stunden verlangt ist, so werden die Verwaltungen, wie es schon jetzt geschieht, nur da mehr als eine Stunde gewähren, wo eben keine Schwierigkeiten bestehen. Thatsächlich kann aber wegen der Lage der Züge schon jetzt manchenorts eine einstündige Pause gerade um die Mitte der Arbeitszeit nicht gewährt werden.

Im ersten Absatz von Art. 3 sollte die Bezeichnung Maschinenpersonal durch L o k o m o t i v p e r s o n a l ersetzt werden, weil die Gesellschaften Maschinenpersonale beschäftigen, welche keine Züge führen, wie z. B. die Maschinisten in den elektrischen Kraftstationeu r für welche ein Bedürfnis einer verlängerten ununterbrochenen Ruhepause gegenüber andern Angestellten, welche häufig einen anstrengenderen Dienst haben, nicht zu erkennen ist. Auch dürfte am gleichen Orte gesagt werden ,, W o h n u n g i n d e r N ä h e d e r A r b e i t s s t e l l e a statt Wohnung auf dem Bahnhofe oder an der Bahnlinie, denn es giebt sogenannte Amtswohnungen an der Bahn, welche bis l km. von der Arbeitsstelle des Angestellten entfernt sind und somit eine Kürzung der ununterbrochenen Ruhepause um eine Stunde durchaus nicht rechtfertigen.

Wir schlagen sodann vor, beim Lokomotiv- und Zugspersonal eine Kürzung der ununterbrochenen Ruhe um 2 Stunden und beim übrigen Personale ohne Wohnung in der Nähe der Arbeitsstelle um eine Stunde zuzulassen, sofern diese Pause am darauffolgenden Tage um so viel verlängert wird, daß im Durchschnitte von 2 Tagen die 10-, bezw. 9stündige Ruhe gewahrt ist. Die Verwaltuogen gewinnen bei diesem
Zugeständnisse etwas mehr freie Bewegung, welche ihnen gestatten wird, die Diensteinteiler rationeller und für die Angestellten selbst vorteilhafter zu gestalten, und wobei dieGewährung von Ausnahmeverfüguugen in vielen Fällen vermieden werden kann.

Ferner sollte n a c h Art. 3 ein neuer Artikel eingeschaltet werden, in welchem die Dauer der Dienstbereitschaft mit Berück-

«66 ·sichtigung der Barrierenwärterinnen, und zwar wie im Art. 3 ebenfalls mit Gewährung eines gewissen Spielraums, zu normieren wäre.

In einem weitern Artikel sollte die Verwendung von Frauen im eigentlichen Nachtdienste, d. h. zwischen 10 Uhr abends und 4 Uhr morgens, untersagt und daneben vorgeschrieben werden, daß, abgesehen von den eigentlichen Nachtwächtern, innert 14 Tagen kein Angestellter länger als während 10 Tagen im Nachtdienste verwendet werden darf.

Z u A r t. 4 ist verlangt,. daß den Angestellten nebst den 52 jährlichen Ruhetagen noch ein Stägiger Urlaub nach eigener Wahl gewährt werde und daß die Ruhetage 36 Stunden umfassen sollen. Soweit das fahrende Personal in Betracht kommt, so wäre mit Rücksicht auf dessen häufige Abwesenheit vom Wohnorte eine ·etwelche Vermehrung der Ruhetage wünschenswert, während dem Begehren hinsichtlich des übrigen Personals die Berechtigung wohl abgesprochen werden darf, nachdem erst vor 7 Jahren die Zahl der jährlichen Ruhetage von 17 auf 52 erhöht worden ist. Es sind aber beim fahrenden Personale die Dienstverhältnisse wiederum so verschiedenartige, daß die Zuweisung einer besondern Vergünstigung an dasselbe von andern Personalen jedenfalls übel vermerkt würde.

Es dürfte daher die Gewährung eines besoodern Urlaubs oder vermehrter einzelner Ruhetage wohl am besten, wie bisher, dem Ermessen der Verwaltungen anheimgestellt bleiben, wie denn auch ·da und dort dem fahrenden Personale schon jetzt mehr als die im Gesetze geforderten Ruhetage zugeschieden werden.

Ganz unannehmbar ist das Verlangen der Petition, daß den Angestellten die Urlaube nach eigener Wahl gewährt werden sollen ; das müßte unter Umständen zur Einstellung des Betriebes führen, denn es könnte sich sehr leicht ereignen, daß bei einem festlichen Anlasse die Hälfte des Personals oder noch mehr beurlaubt sein möchte. Es muß den Verwaltungen auch freigestellt bleiben, zur Zeit des starken Verkehrs Urlaube nicht zu gewähren. Würden aber eine Anzahl Begehren abgewiesen, so wären Beschwerden wegen Gesetzesverletzung zu gewärtigen.

Es sind den Kontrollorganen gegenüber nur selten Wünsche auf Vermehrung der Ruhetage, wohl aber häufig Wünsche auf Gruppierung einer Anzahl von Ruhetagen laut geworden. Wenn vorgeschrieben wird, daß auf höchstens 10 Tage ein Ruhetag entfallen soll und die verbleibenden
Tage soweit thunlieh nach den Wünschen des Personals gewährt werden müssen, so dürfte wohl weitaus der größere Teil des letztern befriedigt sein. Eine bezügliche Bestimmung soll in der Vollziehungsverordnung Platz finden.

867

Mit Bezug auf die D a u e r de r R u h e t a g e ist vorerst zu konstatieren, daß schon jetzt viele Angestellte, deren Dienst innert 12 Stunden eines Tages sich abwickelt, einer 36stündigen Ruhepause sich erfreuen, während allerdings beim größern Teile des Personals der Ruhetag je nach der Gestaltung des Fahrplans eine Dauer von nur 24--32 Stunden hat.

Auf den Linien, wo keine Nachtzüge verkehren, haben die Stationsvorstände und da und dort auch die Stationsgehülfen 24·stündige Ruhetage, wobei die gewöhnliehe Nachtruhe von 8 oder 9 Stunden kurz vorausgeht oder nachfolgt. Es ist somit eine 32 -- 33stilndige Ruhezeit -- unterbrochen durch die Übergabe des Dienstes an den Stellvertreter oder umgekehrt -- gewährt. Das übrige Personal dieser Linien hat in der Regel eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 32 Stunden.

Die Dauer der Ruhetage des Lokomotiv- und des Zugspersonals beträgt in der Regel mindestens 30 Stunden. Auf den Linien, auf denen der ganze Nachtdienst eingeführt ist, kommen bei allen Personalkategorien Ruhetage von nur ungefähr 24stündiger Dauer vor.

Die dieserhalb laut gewordenen Beschwerden richten sich hauptsächlich gegen den Übelstand, daß das Personal während eines großen Teils des Tages der Ruhe pflegen muß, worauf ihm nur noch wenig Zeit für die Besorgung von Geschäften, für Ausflüge etc.

verbleibt, wie dieses der Fall ist, wenn ein 24stündiger Ruhetag VLKÌ 6 Uhr morgens beginnt. Andere Angestellte beschweren sich darüber, daß der Dienst nach dem Ruhetag wieder aufgenommen werden muß, ohne daß eine eigentliche Nachtruhe unmittelbar vorausgegangen wäre, wenn z. B. ein Personal um 8 Uhr abends außer Dienst tritt und am darauf folgenden Abend ebenfalls um 8 Uhr den Nachtdienst aufnehmen muß. Solchen Beschwerden kann die Berechtigung nicht abgesprochen werden, denn es wird jeder Angestellte ab und KU einen vollständigen Ruhetag für Besorgung von 'Geschäften und anderes benötigen, und anderseits ist gerade dann eine Betriebsgefährdung zu befürchten, wenn ein Angestellter am Abend eines Ruhetages müde von einer Reise zurückkehrt und alsdann sofort zum Nachtdienste übergehen muß. Der Wiederaufnahme «des Dienstes nach einem Ruhetage sollte daher unbedingt eine Periode des Schlafes vorausgehen.

Es entspricht nur einen Gebote der Billigkeit, wenn den. Angestellten auf Linien mit
vollständigem Nachtdienste Ruhetage von längerer Dauer als bisher gewährt werden, weil der Nachtdienst das Personal am meisten ermüdet und auf Linien mit Nachtdienst die ununterbrochene Ruhepause häufig auf die Tageszeit verlegt werden muß, die Ruhe bei Tageshelle aber der eigentlichen Nacht-

868

ruhe nicht gleichwertig ist. Bei den Personalen auf Linien ohne vollständigen Nachtdienst ist ein allgemeines Bedürfnis verlängerter Ruhetage nicht zu erkennen, und es wäre übrigens hier die Gewährung einer zusammenhängenden Ruhe von 30--36 Stunden mit Schwierigkeiten und Kosten verbunden, welche zu der angestrebten Verbesserung in keinem Verhältnisse stehen würden. Der Stellvertreter eines Stationsvorstandes müßte an 2 Tagen in der betreffenden Station übernachten, um die vielleicht eine Stunde beanspruchende Dienstübergabe zwischen Nachtruhe und Ruhetag des Vorstandes zu vermeiden, während beim gegenwärtigen Verfahren eine einmalige Übernachtung genügt und somit der Stellvertreter nach 24stündigem Aufenthalte in einer Station nach einer andern Station verreisen kann. Um alle Personale annähernd gleichzustellen, dürfte es genügen, wenn vorgeschrieben wird, daß die Ruhetage mindestens 24 Stunden umfassen müssen, mit einem Zuschlage von 6 Stunden^ sofern dem Ruhetage nicht die in Art. 3 des Geselzes geforderte ununterbrochene Ruhepause unmittelbar oder kurz vorher vorausgegangen ist.

Da der zweite Absatz von Art. 4 von jeher verschiedenartig, interpretiert worden ist, erscheint es angezeigt, denselben dahin, zu präoisieren, daß zufolge der durch dieses Gesetz für das Personal eingeführten Erleichterungen der bisherige Lohn oder Uehalt nicht geschmälert werden darf. Damit wird jeder Schädigung des Personals vorgebeugt und gleichzeitig klargelegt, daß die Angestellten, welche bisher nur an den Werktagen arbeiteten und auch nur für diese gelöhnt waren, aus dem Gesetze nicht die Forderung der Löhnung auch für die Sonntage und damit einer Lohnaufbesserung ableiten können.

In der Eingabe zu den Motionen der Herren Nationalräte Comtesse und Curti haben die Verwaltungen des schweizerischen Eisenbahnverbandes die Ansicht zum Ausdrucke gebracht, daß es nicht angehe, auf Grund des Arbeitsgeset/es durch die bezügliche Vollziehungsverordnung den Bahnverwaltungen Wohlfahrtseinriehtungen für das Personal, wie RuheloUale u. s. w., allgemein aufzuerlegen, und es lassen denn auch diese Einrichtungen da und dort noch zu wünschen übrig. Wir sind aber noch heute der Meinung, daß die Angestellten der Transportanstalten mindestens ebensowohl als die Fabrikarbeiter gewisser Wohlfahrtseinrichtungen bedürfen, und beantragen
Ihnen daher die Aufnahme eines bezüglichen Artikels in das Gesetz.

Im Art. 5 des Gesetzes ist die Besorgung des Güterdienstes an den Sonntagen untersagt; nachdem nun aber im TransportReglement dieses Verbot auch auf die vier allgemeinen Feiertage: Neujahr, Karfreitag, Auffahrt und Weihnacht ausgedehnt und der

869

kantonalen Gesetzgebung freigestellt worden ist, vier weitere Feiertage zu bestimmen, an denen die Überaahme und Ablieferung der Güter untersagt sein soll, so erscheint es angezeigt, den citierten Artikel entsprechend zu ergänzen.

Mit Bezug auf die in A r t . 6 vorgesehenen Ausnahmen wünschen ·die Patenten, daß solche jeweilen längstens für die Dauer eines .Monates bewilligt werden sollten. Der Bundesrat kann diesem Ansinnen nicht beipflichten, denn es sind die Gründe, welche eine Ausnahmeverfügung rechtfertigen, in weitaus dea meisten Fällen während einer ganzen Fahrplanperiode und mitunter während mehreren Jahren vorhanden. Wenn man den Petenten entsprechen wollte, so müßte im Eisenbahndepartemente für die Behandlung der Ausuahmegesuche ein besonderes Bureau eingerichtet werden und es hätte sieh der Bundesrat in jeder Sitzung mit einer ganzen Anzahl solcher Gesuche zu befassen. Dabei könnten die Gesuche sich so anhäufen, daß zur Zeit der Bekanntgabe der bundesrätlichen Beschlußnahtne an eine Gesellschaft der Monat, für welchen eine Ausnahme beansprucht wird, bereits verstrichen wäre. Die Erfahrung hat längst gezeigt, daß der Betrieb der Transportanstalten sich nicht so schabloneumäßig wie der Fabrikbetrieb abwickeln läßt und daß, sofern hinsichtlich der Bewilligung von Ausnahmen an der bisherigen Praxis etwas geändert werden wollte, dieses im Interesse einer ordnungsmäßigen Verkehrsabwicklung im Sinne einer Erleichterung zu gunsten der Verkehrsanstalten und nicht einer Erschwerung geschehen muß. Von dieser Erwägung ausgehend haben wir denn auch vorgeschlagen, in den Art. 3 und 4 des Gesetzes den Verwaltungen eine etwas freiere Bewegung bei Erstellung der Diensteinteiler zu gestatten.

Nach obigen Auseinandersetzungen empfehlen wir Ihnen nachfolgenden Gesetzesentwurf zur Annahme.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 11. März 1898.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bun despräsident: Ruffy.

Der I. Vizekanzler: Schatzmann.

870

(Entwurf.)

Bnndesgesetz betreffend

die Arbeitszeit beim Betriebe der Eisenbahnen und anderer Verkehrsanstalten.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, im Hinblick auf Art. 26 der Bundesverfassung; nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 11. März 1898, beschließt: Art. 1. Dem gegenwärtigen Gesetze sind unterstellt: die Eisenbahn- und Dampfschiffahrts-Unternehmungen, diePostverwaltung, die Telegraphenverwaltung, sowie andere vom Bunde konzessionierte oder von ihm selbst betriebene Verkehrsanstalten.

Dasselbe findet Anwendung auf die im Betriebsdienste solcher Verkehrsanstalten mit der Verpflichtung zur gewöhnlichen Arbeitszeit angestellten Personen.

Vorbehalten bleiben die Bestimmungen der Fabrikgesetzgebung.

Art. 2. Die Arbeitszeit der Beamten, Angestellten und Arbeiter, soweit der Betrieb eine mehr als gewöhnliche Arbeitszeit erfordert, soll 11 Stunden täglich nicht Übersteigen.

Wo besondere Verhältnisse es notwendig erscheinen lassen, kann der Bundesrat eine Kürzung der Arbeitszeit verlangen.

871 Art. 3. Die ununterbrochene Ruhezeit ist für da» Lokomotiv- und Zugspersonal wenigstens 10 Stunden und für das übrige Personal wenigstens 9 Stunden oder, wenn Amtswohnung in der Nähe der Arbeitsstelle angewiesen ist,, wenigstens' 8 Stunden.

Die Ruhezeiten von 10 und von 9 Stunden dürfen, soweit besondere Verhältnisse es nötig machen oder wenn dadurch dem Personale längere Ruhepausen am Wohnorte zugewiesen werden können, auf 8 Stunden gekürzt werden, vorausgesetzt, daß im Durchschnitte von 2 Tagen die 10bezw. 9stündige Ruhe gewahrt bleibt.

Nach ungefähr der Hälfte der Arbeitszeit ist Ruhe von wenigstens einer Stunde zu gewähren. Die Ruhepausen sollen wo immer möglich am Wohnorte zugebracht werden können.

Art. 4. Die Dauer der Dienstbereitschaft soll für da* Lokomotiv- und das Zugspersonal 14 Stunden, für die Barrierenwärterinnen 12 Stunden, für das übrige Personal, sofern ihm Amtswohnung in der Nähe der Arbeitsstelle angewiesen ist, 16 Stunden und beim Fehlen einer solchen Wohnung 15 Stunden innert 24 Stunden nicht Übersteigen.

Die Dienstbereitschaften von 14 und von 15 Stunden dürfen, soweit besondere Verhältnisse es nötig machen oder wenn dadurch dem Personale längere Ruhepausen am Wohnorte zugewiesen werden können, auf 16 Stunden ausgedehnt werden, vorausgesetzt, daß die Dienstbereitschaft im Durchschnitt von 2 Tagen nicht über 14 bezw. 15 Stunden hinausgeht.

Art. 5. Die Verwendung von Frauenspersonen im Nachtdienste, nämlich in der Zeit von 10 Uhr abends bis 4 Uhr morgens, ist untersagt.

Abgesehen von den eigentlichen Nachtwächtern darf ein und derselbe Angestellte innert eines Zeitraumes von

S72

14 Tagen höchstens an 10 Tagen zum Nachtdienste verhalten werden.

Art. 6. Den Beamten, Angestellten und Arbeitern sind ina Jahre, angemessen verteilt, 52 Tage freizugeben, wovon jedenfalls 17 auf den Sonntag fallen sollen.

Die Ruhetage sollen volle 24 Stunden umfassen und um mindestens 6 Stunden verlängert werden, sofern ihnen nicht die in Art. 3 geforderte ununterbrochene Ruhepause unmittelbar oder kurz vorher vorausgegangen ist. Sie müssen jeweilen mit einer Nachtruhe endigen und sollen am Wohnorte zugebracht werden können.

Wegen der durch dieses Gesetz dem Personale gewährten Erleichterungen darf eine Schmälerung des bisherigen Lohnes oder Gehaltes nicht stattfinden.

Art. 7. Sofern die im Art. 3 geforderten Ruhepausen laicht am Wohnorte zugebracht werden können, und wenn die Mahlzeiten bei der Arbeitsstelle eingenommen werden müssen, so sind die Verwaltungen verpflichtet, dem Personale heizbare und mit Einrichtungen zum Wärmen der Speisen versehene Unterkunftslokale zur Verfügung zu stellen, soweit nicht besondere Schwierigkeiten entgegenstehen.

Überhaupt sollen die Räume, welche den Beamten, Angestellten und Arbeitern als Wohnungen oder zum Aufenthalte während den Ruhezeiten angewiesen sind, billigen Anforderungen der Gesundheitspflege Rechnung tragen und heizbar sein.

Art. 8. An den Sonntagen, sowie an den allgemeinen Feiertagen Neujahr, Karfreitag, Auffahrt und Weihnacht ist der gesamte Güterdienst untersagt. Vorbehalten bleibt die Beförderung von Gütern und von Vieh in Eilfracht.

Der kantonalen Gesetzgebung steht frei, vier weitere Feiertage per Jahr zu bestimmen, an welchen keine ge-

873

wohnlichen Frachtgüter übernommen oder ausgeliefert werden dürfen.

Art. 9. Wo besondere Verhältnisse es notwendig machen, ist der Bundesrat ermächtigt, gegenüber den Bestimmungen dieses Gesetzes ausnahmsweise Anordnungen zu treffen.

Art. 10. Der Bundesrat wird über die Vollziehung des Gesetzes eine Kontrolle durch entsprechende Organe des Post- und Eisenbahndepartements ausüben lassen.

Art. 11. Übertretungen dieses Gesetzes werden mit Geldbußen bis auf 5UO Franken, im Wiederholungsfalle bis auf 1000 Franken, bestraft.

Der Verzicht auf die gesetzlich zugesicherte Dienstbefreiung schließt die Straf barkeit der Widerhandlung nicht aus.

Art. 12. Durch dieses Gesetz werden das Gesetz vom 27. Juni 1890 betreffend die Arbeitszeit bei den Transportanstalteu (A. S. n. F. XI, 713) und das Nachtragsgesetz zu demselben vom 22. Dezember 1892 betreffend die Telegraphenverwaltung (A. S. n. F. XIII, 362) aufgehoben.

Art. 13. Der Bundesrat wird mit der Vollziehung dieses Gesetzes beauftragt und erläßt die nötigen Verordnungen.

Art. 14. Der Bundesrat ist beauftragt, auf Grundlage der Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874, betreffend die Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse, die Bekanntmachnng dieses Gesetzes zu veranstalten und den Beginn der Wirksamkeit desselben zu bestimmen.


Bundesblatt. 50. Jahrg. Bd. 1.

59

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend die Petition des Verbandes des Personals schweizerischer Transportanstalten über die Revision des Bundesgesetzes vom 27. Juni 1890 betreffend die Arbeitszeit beim Betriebe der Transportan...

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1898

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

12

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

16.03.1898

Date Data Seite

829-873

Page Pagina Ref. No

10 018 228

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.