468

# S T #

Bericht des

Bundesrates an die Kommissionen des Nationalrates und des Ständerates für die Vorlage betreffend Bewilligung einer Bundessubvention für ein Schmalspurbahnnetz in Graubünden.

(Vom 27. Mai 1898.)

Tit.

L

Zu unserm Entwurfe eines Bundesbeschlusses betreffend Bewilligung einer Bundessubvention für ein Schmalspurbahnnetz in Graubünden, welchen wir der Bundesversammlung mit Botschaft vom 12. April 1898 vorgelegt haben, sind Ihnen mit Zuschrift vom 10. Mai 1898 vom K l e i n e n R a t e des K a n t o n s G r a u b ü n d e n einige Bemerkungen mitgeteilt worden, welche eine Abänderung des von uns vorgeschlagenen Bundesbeschlusses bezwecken. Da diese Eingabe auch an uns gerichtet worden ist, sehen wir uns veranlaßt, Ihnen unsere bezüglichen Gegenbemerkungen zur Kenntnis zu bringen.

Aus den in der Botschaft vom 12. April d. J. entwickelten Gründen halten wir es grundsätzlich für richtiger, für die Subvention die Form von Subventionsaktien zu wählen, statt derjenigen einer Subvention à fonds perdu. Die materielle Unterstützung und Förderung einer Bahnunternehmung wird unseres Brachtens auf dem von uns vorgeschlagenen Wege gerade so gut erreicht. Da die Subventionsaktien im Range nicht nur den Obli-

46&

gationen, sondern auch den Stammaktien, mögen dieselben vom Kanton, von Gemeinden oder Privaten gezeichnet werden, nachstehen, sind die letztern gerade so gut in erster Linie auf den Ertrag der Bahnunternehmung angewiesen, wie wenn die Subvention à fonds perdu hingegeben würde. Erst wenn das Unternehmen einen Gewinn von einer bestimmten Höhe abwirft, soll der Bund mit seiner Subvention participieren ; die andern Beteiligten sind somit sicher, einen bestimmten Ertrag zum voraus zu erhalten, was ihnen die Beteiligung finanziell erleichtert.

Über die Grenze des den Stammaktien zum voraus zugesicherten Gewinnanteiles läßt sich allerdings sprechen. Es erscheint uns aber nicht richtig, zum Vergleiche die den Gotthardbahnaktionären zugesicherte Minimaldiyidende herbeizuziehen. Bei der letztem handelte es sich um die Beteiligung des Privatkapitals an einer großes Risiko bietenden Unternehmung; diese Privatbeteiligung konnte nur durch die Aussicht auf einen großen Aktienertrag angezogen werden, indirekte Vorteile kamen dagegen für diese Aktionäre nicht in Frage. Ganz anders liegt die Sache beim bündnerischen Schmalspurbahnnetz, wo die Aktienbeteiligung im wesentlichen von der Landesgegend übernommen wird, welcher aus dem Betriebe der Bahn die größten volkswirtschaftlichen Gewinne erwachsen, und wobei ein direkter Dividendenertrag nur erforderlich ist, um die aufgewendeten und auf dem Wege von Anleihen beschafften Gelder zu verzinsen und zu amortisieren.

Wir geben nun zu, daß eine Vorzugsdividende von nur B1/z % etwas zu niedrig bemessen sein mag, um neben der Verzinsung auch eine regelmäßige Amortisation in kürzerer Frist zu ermöglichen, und können uns aus diesem Grunde damit einverstanden erklären, daß die Vorzugsdividende für das Aktienkapital auf 4 % statt auf 3l/2°/o festgesetzt wird.

Damit dürfte allen begründeten Erwägungen Rechnung getragen sein, welche in der Eingabe vom 10. Mai d. J. aus der finanziellen Lage des Kantons und der beteiligten Gemeinden Graubündens abgeleitet werden. Der Umstand, daß der Kanton Graubünden Konvenienz findet, das neue Schmalspurbahnnetz mit der bestellenden Rhätischen Bahn zu vereinigen, kann den Bund nicht bestimmen, seine an sich billige Forderung auf eine Beteiligung am Gewinn bei künftiger guter Rendite fallen zu lassen ; es wird vielmehr Sache des Kantons sein,
eine Finanzkonabination zu rinden, welche die von Kantonen und Gemeinden in Subventionen à fonds perdu zugesicherten Beträge den Bedingungen der Bundessubvention in geeigneter Weise anpaßt.

470

Wenn der- vcm der Regierung des Kantons Graubiinden vorgesehene Fall eintreten sollte, daß die für die Stammaktien /.u erwartende Dividende auf lange Jahre hinaus unter l,is% stehen sollte, wäre ja der Vorbehalt einer Minimaldivideude von 3J/20/o oder 4 °/o für ebensolange überhaupt gegenstandslos. Das Hauptgewicht wird eben immer der indirekte Nutzen der Bahnunternehmung für den Kanton bilden. In dieser Hinsicht scheint es uns nicht begründet, wenn die Eingabe der Regierung diese Vorteile durch den Hinweis auf die hohen Taxen des Schmalspurbahnnetzes abschwächen will. Die in Aussicht gekommenen Personen- und Gütertaxen werden immerhin gegenüber den derzeitigen Transportpreisen eine ganz bedeutende Ersparnis darstellen, wie im Memorial der Regierung vom 25. Juni 1897 in ganz zutreffender Weise ausgeführt worden ist. Die der Eingabe beigelegte Vergleichung der Taxen des Schmalspurbahnnetzes einerseits, und einer auf Grund der Normalkonzession mit Zuschlag der Taxerhöhung wegen größerer Steigungen gemäß Bundesratsbeschluß vom 11. September 1873 aufgebauten Berechnung anderseits, welche eine Ziffer von Fr. 305,000 erreicht, ist übrigens in mehrfacher Beziehung unrichtig und jedenfalls erheblich übertrieben.

Unter keinen Umständen kann es als unbillig bezeichnet werden, wenn der Bund, welcher durch seine Subvention das Zustandekommen der Bündnerbahnen überhaupt erst ermöglicht und während der wenig ertragsreichen Jahre für seine Subvention gar nichts erhält, eine Anwartschaft auf einen gewissen Zinsertrag in spätem Jahren sich vorbehält.

Wir sind somit der Ansicht, daß die Eingabe des Kleinen Rates des Kantons Graubünden vom 10. Mai 1898 nur im Sinne einer Erhöhung der Minimaldividende der Stammaktien von 3l/2°/o auf 4 °/o berücksichtigt werden sollte.

n.

Ferner ist uns zu Händen der Bundesversammlung eine Eingabe der L a n d s c h a f t und G e m e i n d e D a v o s vom 18. Mai 1898 zugegangen, welche unter einläßlicher Begründung das Begehren stellt: ,,es wolle in den Subventionsbeschluß, Ziffer l, eine Bestimmung eingeschaltet werden, wonach die Subvention von 8 Millionen Franken auch der Linie D a v o s - Fili s u r zu gute kommen soll."1 Dieses Begehren befindet sich im Widerspruche mit dem Memorial der Regierung von Graubiinden vom 25. Juni '1897, welches

471 die Subvention für die Stammlinien Thusis-Samaden und Reiohenaullariz verlangt, in Übereinstimmung mit dem Subventionsgesetz des Kantons Graubünden, welches vom Großen Rate am 29. Mai 1897 und vom Volke in der Abstimmung vom 20. Juni 1897 genehmigt worden ist. Gemäß dem den genannten Erlassen als Grundlage dienenden Programm ist der weitere Ausbau des bündnerischen Schmalspurbahnnetzes mit Inbegriff der Linie Davos-Filisur einer weitern Entwicklung vorbehalten.

Es kann nun unseres Erachtens nicht Sache der Bundesbehörden sein, eine andere Lösung der bündnerischen Schmalspurbahnfrage anzuregen, als wie sie von den zuständigen kantonalen Organen angestrebt ist. Differenzen, die sich diesfalls innerhalb des Kantons ergeben, sind dort auch zum Austrag zu bringen.

Jedenfalls könnte auf das Gesuch der Landschaft Davos nicht eingetreten werden, ohne daß der Regierung Gelegenheit geboten worden wäre, sich ebenfalls einläßlich zur Sache auszusprechen.

Dadurch würde aber eine Verzögerung der Angelegenheit bedingt, welche den Interessen des Kantons Graubünden zuwider laufen würde.

Wir beehren uns daher, Ihnen zu beantragen, es sei auf die Eingabe der Landschaft und Gemeinde Davos vom 18. Mai 1898 nicht einzutreten, sondern es sei dieselbe dem Kleinen Rate des Kantons Graubünden zu gutfindender Erledigung zu überweisen.

Genehmigen Sie, Tit., auch bei diesem Anlasse die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 27. Mai 1898.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Ruffy.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Riugier.

-:S=XH

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des Bundesrates an die Kommissionen des Nationalrates und des Ständerates für die Vorlage betreffend Bewilligung einer Bundessubvention für ein Schmalspurbahnnetz in Graubünden. (Vom 27. Mai 1898.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1898

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

24

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

01.06.1898

Date Data Seite

468-471

Page Pagina Ref. No

10 018 337

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.