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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über den Rekurs von C. Maître und Konsorten gegen den Entscheid des Bundesrates vom 6. Januar 1898*) betreffend eine Gemeindeabstimmung in Courtetelle.

(Vom 4. März 1898.)

Tit.

In unserm Rekursentscheide vom 6. Januar 1898, der durch C. Maître und L. Membrez mit Eingabe vom 24. Januar 1898 an Ihre Behörde weitergezogen wird, haben wir eine .Abstimmung der Gemeindeversammlung von Courtetelle vom 4. Juli 1897 betreffend Ausschreibung einer Lehrerinnenstelle, in Übereinstimmung mit der erstinstanzlichen Entscheidung des Regierungsstatthalters von Delsberg, als ungültig erklärt.

Der Regierungsrat des Kantons Bern, an welchen Paul Hennet; und Konsorten gegen diese Entscheidung zuerst rekurriert hatten, trat auf den Rekurs nicht ein wegen mangelnder Legitimation der Beschwerdeführer. Wir haben diesen Entscheidungsgrund als unzutreffend verworfen ; wenn wir trotzdem die Sache nicht zur materiellen Beurteilung an die höhere kantonale Instanz zurückgewiesen haben, sondern nach Erledigung der Frage der Legitimation der Beschwerdeführer auch auf die materielle Seite der Frage eingetreten sind, so geschah es, weil sich die Berner Regierung in ihrer Vernehmlassung auf den Rekurs (nicht, wie die *) Siehe Seite 45 hiervor (Rekurs Hennet und Konsorten).

652 ungenaue Übersetzung unseres Entscheides zu sagen scheint, fn ihrer angefochtenen Entscheidung) auch hierüber ausgelassen und die Beschwerde als unbegründet bezeichnet hatte. Die Zurückweisung der Sache an den Berner Regierungsrat zur materiellen Entscheidung wäre zwecklos gewesen. Die genannte Behörde beantragt auch jetzt wieder, in ihrer Eingabe vom 16. Februar 1898, Abweisung des Rekurses.

In materieller Beziehung stützt sich die angefochtene Entscheidung einerseits auf die unbestrittene Thatsache, daß eine Anzahl nicht stimmberechtigter Personen an der Abstimmung teilgenommen haben und anderseits auf den Umstand, daß die Abstimmung in einer ordnungswidrigen, jede Kontrolle ausschließenden Weise erfolgte, was die Rekurrenten allerdings in Abrede stellen.

Aus dem Entscheide des Regierungsstatthalters von Delsberg vom 4. August 1897 und aus dem Berichte des Gemeindepräsidenten von Courtetelle vom 16. Dezember 1897 ergiebt sich, daß in Courtetelle bei Gemeindeversammlungen den Stimmenzählern die Aufgabe zufallt, darüber zu wachen, daß nicht Unberechtigte an der Abstimmung teilnehmen, bzw. daß ihnen keine Stimmzettel verabfolgt werden. In Abwesenheit des Gemeindeweibels, der gewöhnlich als Stimmenzähler funktioniert, besorgten zwei in dieser Funktion nicht bewanderte Bürger das Austeilen und Einsammeln der Stimmzettel. Der erste Wahlgang mußte kassiert werden, weil mehr Stimmzettel eingingen als ausgeteilt worden waren ; beim zweiten Wahlgang haben acht Personen, die nicht stimmberechtigt waren, gestimmt, und wenn auch diese Thatsache allein das Abstimmungsresultat nicht abzuändern vermocht hat, so ist doch gegen die Kassierungsverfügung nichts einzuwenden, weil auch bei diesem Wahlgang eine genügende Kontrolle gefehlt hat. Nicht nur Unregelmäßigkeiten in Abstimmungsgeschäften, die sich in Lärm und äußerer Unordnung kund thun, bilden einen Kassationsgrund der Verhandlungen.

Die Rekurrenten behaupten, wenn die Abstimmung über Ausschreibung der Lehrstelle kassiert worden sei, hätten auch die bei der gleichen Gemeindeversammlung vorgenommenen Gemeindewahlen ungültig erklärt werden müssen. Der Bundesrat hatte sich über die Gültigkeit dieser Wahlen nicht ausgesprochen, da sie nicht angefochten waren ; aus einem bei den Akten liegenden Bericht des ßegierungsstatthalters von Delsberg vom 3. Februar 1898 scheint sich übrigens zu ergeben, daß der Schluß der Rekurrenteu unrichtig ist.

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Wir beantragen daher, Sie wollen den Rekurs des C. Maître und Konsorten vom 24. Januar 1898 gegen unsern Entscheid vom 6. Januar 1898 als unbegründet abweisen.

B e r n , den 4. März 1.898.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Ruffy.

Der I. Vizekanzler : Schatzmann.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über den Rekurs von C. Maître und Konsorten gegen den Entscheid des Bundesrates vom 6. Januar 1898*) betreffend eine Gemeindeabstimmung in Courtetelle. (Vom 4. März 1898.)

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09.03.1898

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