549

# S T #

Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer elektrischen Eisenbahn (teilweise Straßenbahn) von Aigle nach Sépey und von Sépey nach Leysin und Feydey.

(Vom 24. Oktober 1898.)

Tit.

Unterm 28. Oktober 1897 stellten die Herren A. V e i l l o n , Fabrikant in Basel, A. D u p r a z , Advokat, und E. de Vallière & S o h n , Ingenieure in Lausanne, das Gesuch um Erteilung der K o n z e s s i o n für eine e l e k t r i s c h e S t r a ß e n b a h n von A i g l e nach S é p e y .

Als Zweck der projektierten Bahn bezeichnet der technische Bericht, das Dorf Sépey und indirekt die Ortschaften Ormontdessus, Leysin, L'Etivaz und Château-d'Oex mit Aigle und dem Netze der Jura-Simplon-Bahn zu verbinden.

Die Bahn nehme ihren Anfang auf dem Marktplatz in Aigle, Cote 420, und benütze von hier bis zur Brücke über die GrandeEau die Kantonsstraße Aigle-Sépey. Hierauf gewinne sie auf eigenem Bahnkörper von 2,34 km. Länge die Kehre Afforets, um von hier wieder ununterbrochen bis Sépey der Landstraße zu folgen.

Die Maximalsteigung betrage 69 °/oo auf der Straße und 80 0/00 auf dem eigenen Bahnkörper, der Minimalradius dort 25 und hier 50 m.

Als Betriebskraft werde die Elektrizität zur Verwendung kommen, mit oberirdischer Zuführung und Rückleitung durch die

550

Schienen. Zu diesem Zwecke werde an der Grande-Eau eine Kraftstation gebaut werden.

Die Spurweite betrage l m. Auf der Straße kommen Rillenschienen, auf dem eigenen Bahnkörper Vignolschienen, beidemal auf eisernen Schwellen, zur Verwendung. An Rollmaterial werden acht Automobilwagen mit je einem Motor von 20 bis 25 Pferdekräften vorgesehen, und zwar zwei Personenwagen zu 30 Sitzplätzen, ein Wagen mit 15 Sitzplätzen und Gepäckraum, zwei gedeckte und zwei offene Güterwagen und ein Schneepflug.

Der Kostenvoranschlag weist folgende Posten auf: A. Straßenstrecke, 7,sj km.

1. Unter- und Oberbau Fr. 245,000 2. Elektrische Leitung ,, 55,000 3. Hochbauten ,, 29,000 4. Signale und Telephon ,, 3,500 5. Rollmaterial ,, 90,000 6. Mobiliar und Gerätschaften ,, 6,000 7. Verschiedenes und Unvorhergesehenes . . . ,, 60,000 Total

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

Fr. 488,500

B. Strecke auf eigenem Bahnkörper, 2,34 km.

Unter-und Oberbau, einschließlich Landerwerbes Fr. 241,500 Elektrische Leitung ,, 16,500 Hochbauten ,, 1,000 Signale und Telephon ,, 1,500 Rollmaterial ,, 30,000 Mobiliar und Gerätschaften ,, 1,000 Verschiedenes und Unvorhergesehenes ,, 20,000 Total

Fr. 311,500

Gesamt-Total

Fr. 800,000

Dieses Kapital von Fr. 800,000 soll durch Prioritätsaktien und Obligationen im Betrage von Fr. 650,000 und durch Subventionen in Gestalt von Aktien zweiten Ranges im Betrage von Fr. 150,000 aufgebracht werden.

551

Die Betriebsausgaben werden veranschlagt wie folgt : Allgemeine Verwaltung Fr.

Unterhalt und Bewachung der Bahn . . . . ,, Expeditionsdienst ,, Zugs- und Fahrdienst und Unterhalt des Rollmaterials ,, 5. Verschiedenes ,, 1.

2.

3.

4.

Total

4,000 18,000 8,000 25,000 3,000

Fr. 58,000

oder Fr. 5888 per Bahnkilometer.

Diesen Ausgaben würden gegenüberstehen an Einnahmen: 1. Aus dem Personenverkehr Fr. 78,500 2. ,, ,, Güterverkehr ,, 20,000 Total

Fr. 98,500

Rechne man eine Einlage von Fr. 8000 in den Erneuerungsfonds ab, so bleibe noch ein Überschuß von Fr. 32,500, welcher genüge, um den Prioritätsaktien eine Dividende von 4 °/o auszurichten und Fr. 6500 auf neue Rechnung vorzutragen.

Der Staatsrat des Kantons Waadt empfahl mit Schreiben vom 7. September die Erteilung der Konzession, indem er gleichzeitig die über die Straßenbenützung getroffenen Vereinbarungen vorlegte.

Unterm 10. Juli 1898 reichten die Herren de V a l l i e r e & Sohn ein wei te r es K o n z e s s i o n s g e s u c h ein, nämlich für eine elektrische Eisenbahn von S é p e y nach L e y s i n , mit einer Abzweigung nach F e y d e y .

Der dem Gesuche beigegebene allgemeine Bericht führt aus, die projektierte Linie, die eine Länge von 5,125 km. erhalten werde, solle den zahlreichen Hotels des Luftkurortes Leysin ein Verkehrsmittel bieten, das sie eben so schnell und billiger mit Aigle verbinden werde, als die mit 23 °/o Steigung geplante direkte Verbindung zwischen Aigle und Leysin es im stände sein werde. Außerdem sei sie geeignet, der Bahn Aigle-Sépey, namentlich im Winter, Verkehr zuzuführen und dadurch deren Bedeutung zu erhöhen.

Die Linie nehme ihren Anfang beim Ausgang des Dorfes Sépey, wo auch die Linie Aigle-Sépey endigen werde. Von hier erreiche sie mit gleichmäßiger Steigung von 8 % Feydey und mit einer Abzweigung von 350 m. Länge die Höhe des Dorfes Leysin.

Die einzige Kunstbaute sei eine Brücke über den Sépeybach. Der

552

Minimalradius betrage 75 m., die Spurweite l m. Der Betrieberfolge durch Elektrizität mit oberirdischer Strom Zuführung und Rückleitung durch die Schienen, und werde durch die Aigle-Sepe}'Bahn ausgeführt werden, deren Park zu diesem Zwecke um einen Personenwagen und zwei Güterwagen zu vermehren sei.

Der Kostenvoranschlag gestalte sich folgendermaßen : 1. Unter- und Oberbau Fr. 302,500 2. Elektrische Einrichtungen ,, 33,500 3. Hochbauten ,, 6,000 4. Signale ,, 4,000 5. Rollmaterial ,, 40,000 6. Mobiliar und Gerätschaften ,, 1^000 7. Verschiedenes und Unvorhergesehenes . . . ,, 33,000' Total

Fr. 420,000'

Dieses Kapital soll aufgebracht werden durch a. Aktienzeichnung der Sanatoriums-Gesellschaft (bereits zugesichert) b. Subventionen des Staates und der Gemeinden c. Obligationen

Fr. 250,000' ,, 100,000 ,, 70,000 Fr. 420,000

Die Betriebsausgaben und- einnahmen belaufen sich, auf gleicher Grundlage wie für Aigle-Sépey berechnet, auf Fr. 28,500 (Ausgaben) und Fr. 33,000 (Einnahmen), so daß ein EinnahmenÜberschuß von Fr. 4500 verbleibe, welcher eine Verzinsung des Obligationenkapitals zu 4 % gestatte. Der Rest werde, in Verbindung mit dem Saldo der Aigle-Sépey-Bahn, dazu dienen, die Abschreibungen vorzunehmen und die Prioritätsaktien mit 3 % Dividende zu dotieren.

Auch dieses Konzessionsgesuch wurde vom Staatsrat des Kantons Waadt, laut Schreiben vom 5. September abbin, zur Berücksichtigung empfohlen.

Unterm 5. Oktober 1898 erhielt das Eisenbahndepartement von den Herren E. de Vallière & Sohn, namens der Konzessionsbewerber für die Straßenbahn A i g l e - S é p e y , die Mitteilung, daß sie ihre Rechte an ein Initiativkomitee, welches sich in Aigle konstituiert habe, abtreten. Gleichzeitig stellte dieses Komitee das Gesuch, es möchte das Konzessionsbegehren in der nächsten Session der Bundesversammlung vorgelegt werden.

553

Die konferenziellen Verhandlungen i'anden am 11. Oktober abbin statt und hatten zunächst zur Folge, daß die Vertreter des Initiativkomitees Aigle-Sépey und der Herren de Vallière & Sohn sich dahin einigten, eine g e m e i n s c h a f t l i c h e Konzession für b e i d e Linien (Aigle-Sépey und Sépey-Leysin-Feydey) auf den Namen des Initiativkomitees zu verlangen. Dabei wurde aber der Vorbehalt gemacht und vom Eisenbahndepartement zugestanden, daß die Bahn in zwei Sektionen zu bauen sei, und daß im Falle der Nichtbeachtung der in Art. 5 und 6 der Konzession festgesetzten Fristen für die eine Sektion die Konzession nur für diese, nicht auch für die andere dahinfalle. Eine bezügliche Bestimmung wurde als Art. 6a in den Beschlußentwurf aufgenommen.

Da sich das Bedürfnis des Viehtransportes auf dieser Touristenbahn nicht geltend machen wird, kann die Gesellschaft in A r t. 12 von der Verpflichtung zur Viehbeförderung befreit werden.

Die in Art. 16 und 18 erlaubten Taxen erscheinen auf den ersten Blick etwas hoch, lassen sich aber durch die starken Steigungen und durch den Charakter der Bahn als im wesentlichen Touristenbahn rechtfertigen. Übrigens ist im Art. 16 vorgeschrieben, daß die Taxen für Personenbeförderung und Gepäcktransport für die einheimische Bevölkerung um mindestens 50 °/o reduziert werden müssen.

Im übrigen giebt uns der Entwurf als solcher zu keinen Bemerkungen Anlaß ; dagegen muß noch darauf hingewiesen werden, daß durch Bundesbeschluß vom 24. Juni 1892 (E. A. S., XII, 83 ff.)

den Herren Ami Chessex in Territet und E. Barraud in Bex die Konzession für den Bau und Betrieb einer elektrischen Bahn (teilweise Straßenbahn) von Aigle nach Leysin erteilt wurde. Dies schließt aber, nach unwidersprochener Auffassung, das Recht der Bundesversammlung nicht aus, die von dem Initiativkomitee AigleSépey begehrte Konzession zu erteilen, und wir beantragen Ihnen, diesem Gesuche durch Annahme des nachstehenden Beschlußentwurfes zu entsprechen, da die projektierte Bahn in erster Linie das von der bereits konzessionierten Unternehmung n i c h t berührte Sépey mit Aigle verbinden und erst von dort aus Leysin und Feydey erreichen will. Sie stellt daher, falls sie nur bis Sépey gebaut wird, keine Konkurrenzbahn, und falls ihre b e i d e n Sektionen zur Ausführung gelangen, ein Unternehmen dar, welches
einem weiteren Interessentenkreise dienen soll als die bereits konzessionierte Linie Aigle-Leysin. Es hat sich auch der Vertreter der kantonalen Regierung bei den konferenziellen Verhandlungen dahin ausgesprochen, daß die Konzession nicht zu verweigern sei;

554

er wünschte lediglich, es möchte verhindert werden, daß auf derjenigen Strecke, welche von beiden Unternehmungen (Aigle-Leysin und Aigle-Sépey) befahren werde, zwei gesonderte Tracés errichtet würden. Vielmehr sollte die zuerst bauende Gesellschaft angehalten werden, so zu bauen, daß auch die später auszuführende Bahn das Tracé mitbenutzen könne. Diesem Wunsche wird der Bundesrat so viel als möglich entsprechen.

Wir benützen auch diesen Anlaß, Sie, Tit., unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 24. Oktober 1898.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Ruflfy.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Ringier.

555

(Entwurf.)

Bundesbeschluß betreffend

Konzession einer elektrischen Eisenbahn (teilweise Straßenbahn) von Aigle nach Sépey und von Sépey nach Leysin und Feydey.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. einer Eingabe der Herren A. Veillon in Basel, E. de Vallière & Sohn, Ingenieure, und A. Dupraz, Advokat, in Lausanne, vom 28. Oktober 1897; 2. einer Eingabe der Herren E. de Vallière & Sohn in Lausanne vom 10. Juli 1898; 3. einer Botschaft des Bundesrates vom 24. Oktober 1898,

beschliesst: Den Herren A. D u b u i s, Advokat in Lausanne, und L. d e V a l l i è r e , Ingenieur in Lausanne, handelnd namens des Initiativkomitees für eine Eisenbahn von Aigle nach Sépey, wird zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft die Konzession für den Bau und Betrieb einer elektrischen Eisenbahn (teilweise Straßenbahn) von A i g l e nach S é p e y und von S é p e y nach L e y s i n und F e y d e y unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen erteilt: Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren, vom Datum des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, erteilt.

Bundesblatt. 50. Jahrg. Bd. IV.

42

556

Art. 3. Der Sitz der Gesellschaft ist in Aigle.

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrates oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgera, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

Art. 5. Binnen einer Frist von 18 Monaten, vom Datum des Konzessionsaktes an gerechnet, sind dem Bundesrate die vorschriftsmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichen.

Innert 6 Monaten nach stattgefundener Plangenelimigung ist der Anfang mit den Brdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu machen.

Art. 6. Binnen 3 Jahren, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die ganze konzessionierte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 6 a. Der Gesellschaft wird der sektionsweise Bau gestattet und demgemäß bestimmt, daß die Nichteinhaltung der in Art. 5 und 6 festgesetzten Fristen für die eine oder andere Sektion nur den Hinfall der Konzession für diese und nicht auch für die andere Sektion zur Folge hat.

Art. 7. Die Ausführung des Bahnbaues, sowie der zum Betriebe der Bahn erforderlichen Einrichtungen darf nur geschehen auf Grund von Ausführungsplänen, welche vorher dem Bundesrate vorgelegt und von diesem genehmigt worden sind.

Der Bundesrat ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8. Die Bahn wird mit Spurweite von l Bieter und eingeleisig erstellt und durch Elektrizität betrieben.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigentum des Kantons Waadt und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den Bundesbeamten, welchen die Überwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Teilen der Bahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nötige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

557 Art. 11. Der Bundesrat kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlaß geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigen Falls entlassen werden.

Art. 12. Die Gesellschaft übernimmt die Beförderung von Personen, Gepäck und Gütern ; zum Viehtransport ist sie nicht verpflichtet.

Art. 13. Die Beförderung von Personen soll täglich mindestens fünfmal im Sommer und mindestens dreimal im Winter nach beiden Richtungen, von einem Endpunkt der Bahn zum ändern und unter Anhalt bei allen Stationen erfolgen.

Die Bestimmung der Fahrgeschwindigkeit der Züge bleibt dem Bundesrate vorbehalten.

Art. 14. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement der schweizerischen Eisenbahnen zu unterziehen. Soweit sie Änderungen nötig findet, können dieselben nur nach vorher eingeholter Genehmigung des Bundesrates eingeführt werden.

Art. 15. Für die Personenbeförderung werden Wagen mit nur einer Klasse eingeführt, deren Typus vom ßundesrate genehmigt werden muß.

Der Bundesrat kann die Einführung einer weiteren Wagenklasse gestatten.

Die Gesellschaft hat stets ihr möglichstes zu thun, damit alle auf einen Zug mit Personenbeförderung sich Anmeldenden durch denselben befördert werden können.

Art. 16. Die Gesellschaft wird ermächtigt, für den Transport A'on Personen eine Taxe bis auf den Betrag von 30 Rappen per Kilometer der Bahnlänge zu beziehen.

Für den Fall der Einführung einer zweiten Wagenklasse setzt der Bundesrat die Taxen hierfür fest.

Für Kinder unter drei Jahren, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird, ist nichts, für solche zwischen dem dritten und dem zurückgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe zu zahlen.

5 Kilogramm des Reisendengepäcks sind frei, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

558 Für d,,as übrige Gepäck der Reisenden kann eine Taxe von höchstens 20 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden.

Für Hin- und Rückfahrt sind die Personentaxen mindestens 20 °/o niedriger anzusetzen als für einfache und einmalige Fahrten.

Die Gesellschaft ist verpflichtet, nach mit dem Bundesratc zu vereinbarenden Bestimmungen Abonnementsbillete zu ermäßigter Taxe auszugeben.

Für die einheimische Bevölkerung sollen die Taxen um wenigstens 50 % reduziert werden.

Art. 17. Arme, welche als solche durch Zeugnis zuständiger Behörde sich für die Fahrt legitimieren, sind zur Hälfte der Personentaxe zu befördern. Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Polizeistellen sind auch Arrestanten mit der Bisenbahn zu spedieren. Der Bundesrat wird hierüber die nähern Bestimmungen aufstellen.

Art., 18. Im Tarif für den Transport von Waren sind Klassen aufzustellen, wovon die höchste nicht über 10 Rappen, die niedrigste nicht über 4 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer betragen soll.

Eine ganze Wagenladung (d. h. mindestens 5000 Kilogramm oder 5 Tonnen} hat gegenüber den Stücksendungen Anspruch auf Rabatt.

Die der Landwirtschaft und Industrie hauptsächlich zudienenden Rohstoffe, -wie fossile Kohlen, Holz, Erze, Eisen, Salz, Steine, Düngungsmittel u. s. w., in Wagenladungen sollen möglichst niedrig taxiert werden.

Für den Transport von barem Gelde und von Kostbarkeiten mit deklariertem Werte soll die Taxe so berechnet werden, daß für Fr. 1000 per Kilometer höchstens l Rappen zu bezahlen ist.

Wenn Waren in Eilfracht transportiert werden sollen, so darf die Taxe um 100 °/o des gewöhnlichen Ansatzes erhöht werden.

Traglasten mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen, welche in Begleitung der Träger, wenn auch in besondern Wagen, mit den Personenzügen transportiert und am Bestimmungsort sogleich wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 15 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist die Taxe für Waren in gewöhnlicher Fracht zu bezahlen.

Die Gesellschaft ist berechtigt, für den Transport von Fahrzeugen aller Art und außergewöhnlichen Gegenständen besondere Taxen festzusetzen.

559

Das Minimum der Transporttaxe eines einzelnen Stückes kann auf 40 Rappen festgesetzt werden.

Art. 19. Bei eintretenden Notständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Teuerung der Lebensmittel, ist die Gesellschaft verpflichtet, für den Transport von Getreide, Mehl, Hülsenfrüchten, Kartoffeln u. s. w. zeitweise einen niedrigem Specialtarif einzuführen, dessen Bedingungen vom Bundesrate nach Anhörung der Bahnverwaltung festgesetzt werden.

Art. 20. Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchteile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet. In betreff des Gewichtes gelten Sendungen bis auf 20 Kilogramm für Volle 20 Kilogramm. Das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 Kilogramm berechnet, wobei jeder Bruchteil von 10 Kilogramm für eine ganze Einheit gilt. Bei Geld- und Wertsendungen repräsentieren Bruchteile von Fr. 500 volle Fr. 500. Ist die genaue Ziffer der so berechneten Taxe keine durch 5 ohne Rest teilbare Zahl, so darf eine Abrundung nach oben auf die nächstliegende Zahl, welche diese Eigenschaft besitzt, erfolgen.

Art. 21. Die in den Art. 16 und 18 aufgestellten Taxbestimmungen beschlagen bloß den Transport von Station zu Station. Die Waren sind von den Aufgebern an die Stationsladplätze abzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen. Das Auf- und Abladen der Waren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden. Ausnahmen hiervon sind nur unter Zustimmung des Bundesrates zulässig für einzelne Klassen von Wagenladungsgütern und andere Gegenstände, deren Verladung mit besondern Schwierigkeiten verbunden ist.

Art. 22. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind besondere Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 23. Die sämtlichen Réglemente und Tarife sind mindestens zwei Monate, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrate zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 24. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nacheinander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft,, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der Transporttaxen verhältnismäßig herabzusetzen. Kann diesfalls eine Verständigung zwischen dem Bundesrate und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

560

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrat eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

' Art. 25. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Äuffnung genügender Erneuerungs- und Reservefonds zu sorgen und für das Personal eine Kranken- und Unterstützungskasse einzurichten oder dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Ferner sind die Reisenden und das Personal bezüglich der aus dem Bundesgesetz über die Haftpflicht, vom 1. Juli 1875, hervorgehenden Verpflichtungen bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

Art. 26. In Bezug auf die Benützung der öffentlichen Straßen für die Anlage und den Betrieb der Straßenbahn gelten die Bestimmungen der zwischen dem Departement der öffentlichen Arbeiten des Kantons Waadt und den Konzessionsbewerbern am 7. Februar 1898 abgeschlossenen, durch Beschluß des Großen Rates vom 22. Februar 1898 genehmigten Übereinkunft und des zugehörigen Pflichtenheftes, sowie der Vereinbarungen zwischen den Gemeinden Ormoni-dessous und Aigle und den genannten Bewerbern vom 21. März und 9. Mai 1898, soweit diese Bestimmungen nicht mit der gegenwärtigen Konzession und der Bundesgesetzgebung im Widerspruch stehen.

Art. 27. Für die Geltendmachung des Rückkaufsrechtes des Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, des Kantons Waadt, gelten folgende Bestimmungen : a. Der Rückkauf kann frühestens 30 Jahre nach der Betriebseröfinung und von da an je auf 1. Mai eines Jahres erfolgen.

Vom Entschluß des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntnis zu geben.

b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören.

Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich desPensionsund Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn samt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge gethan werden und sollte auch die Verwendung der Erneuerungs- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnismäßiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

561 e. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Mai 1935 rechtskräftig wird, den 25fachen Wert des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Jahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifiziert wird, unmittelbar vorangehen ; -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1935 und 1. Mai 'I960 erfolgt, den 22Ysfachen Wert; -- wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1950 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Wert des oben beschriebenen Reinertrages ; -- unter Abzug des Erneuerungs- und Reservefonds.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedierte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluß aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefonds einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

Art. 28. Hat der Kanton Waadt den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein daheriges Recht, wie es im Art. 27 definiert worden, jederzeit auszuüben, und der Kanton hat unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionierten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

Art. 29. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieser Konzession, welche mit dem Tage ihrer Promulgation in Kraft tritt, beauftragt.

~-a-<*5ä-

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer elektrischen Eisenbahn (teilweise Straßenbahn) von Aigle nach Sépey und von Sépey nach Leysin und Feydey. (Vom 24. Oktober 1898.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1898

Année Anno Band

4

Volume Volume Heft

45

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

26.10.1898

Date Data Seite

549-561

Page Pagina Ref. No

10 018 503

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.