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Schweizerisches Bundesblatt.

50. Jahrgang. III.

Nr. 23.

25. Mai 1898.

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Bericht des

Bundesrates an die Kommission des Ständerates für das Bundesgesetz über Bau und Betrieb der schweizerischen Nebenbahnen.

(Vom

24. Mai 1898.)

Tit.

Der Ständerat hat am 23. September 1897 beschlossen, den Antrag des Herrn Ständerat Reichlin, betreffend die Aufnahme eines neuen Artikels in das Nebenbahnengesetz über Kreuzung bestehender Bahnlinien durch neue Nebenbahnen, dem Eisenbahndepartemente zur Prüfung und Berichterstattung in technischer und finanzieller Richtung zu überweisen.

In der Sitzung vom 15. Oktober 1897 wurde sodann die Schlußabstimmung über das Nebenbahnengesetz verschoben, bis der Entscheid über das Rückkaufsgesetz gefallen sei, indem die Annahme der Verstaatlichung voraussichtlich gewisse Abänderungen des Nebenbahnengesetzes veranlassen -werde.

Seither sind Ihrer Kommission noeh folgende auf das Nebenbahnengesetz bezügliche Eingaben direkt eingereicht worden : 1. Zuschrift einer Versammlung von Vertretern schweizerischer Stadtverwaltungen vom 27. November 1897; 2. Eingabe des Verbandes schweizerischer Sekundärbahnen und einiger normaler Nebenbahnen vom März 1898.

In Ihrer Sitzung vom 6. April 1898 haben Sie uns diese neuen Eingaben ebenfalls zur Prüfung und Berichterstattung überBundesblatt.

50. Jahrg.

Bd. IH.

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wiesen und uns ferner eingeladen, die Frage zu begutachten, obnicht mit Rücksicht auf die nunmehr beschlossene Verstaatlichung überhaupt und speciell mit Rücksicht auf die erwähnten neuen Postulate das ganze Nebenbahnengesetz einer nochmaligen materiellen Durchsicht zu unterstellen sei.

I.

Ihrer Einladung Folge leistend, beehren wir uns, vorerst die von Ihnen gestellte allgemeine Frage zu beantworten, ob die Annahme des Rückkaufsgesetzes Abänderungen des vorliegenden Gesetzesentwurfes wünschbar erscheinen lasse. Wir gestatten uns, diesfalls darauf hinzuweisen, daß wir bei Entwerfung des Nebenbahnengesetzes alle die Erleichterungen und Begünstigungen für die Nebenbahnen in Aussicht genommen haben, welche uns als mit den Anforderungen der Betriebssicherheit und einer soliden Rechnungsführung einerseits und einer gerechten und billigen Ordnung der Beziehungen zu den andern Transportunternehmungen anderseits vereinbar erschienen. Mit Rücksicht auf die eingehenden Ausführungen unserer Botschaft vom 5. März 1897 glauben wir hier von einer .näheren Begründung dieser unserer Stellungnahme Umgang nehmen zu dürfen. Wir fügen nur bei, daß zur Zeit der Vorlage des Gesetzesentwurfes unsere Untersuchungen über die Verstaatlichung der schweizerischen Bahnen bereits dem Abschlüsse nahe waren und daher unsere Vorlage in Übereinstimmung mit den von uns für die Durchführung der Verstaatlichung als maßgebend erachteten Gesichtspunkten erfolgte. Eine Änderung dieses Standpunktes halten wir namentlich deswegen nicht für angezeigt, weil unser Entwurf eines Rückkaufgesetzes in der Beratung der Bundesversammlung bezüglich der Nebenbahnen keine wesentlichen Modifikationen erfahren hat.

Wir sind somit der Ansicht, daß sich ein Zurückkommen auf die Beratung der Vorlage mit Rücksicht auf die Volksabstimmung vom 20. Februar 1898 nicht empfehlen würde.

II.

Übergehend zu den uns zur Berichterstattung überwiesenen besondern Postulaten, sprechen wir uns in erster Linie über den Antrag des Herrn Ständerat R e i c h lin betreffend die Aufnahme eines neuen Artikels 9bis in das Nebenbahnengesetz aus. Dessen Vorschlag lautet:

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,,Die Nebenbahnen haben das Recht, von den Hauptbahnen oder schon bestehenden Nebenbahnen die zur Ausführung und zum Betriebe ihres Unternehmens notwendigen Übergänge zu verlangen.

yjWo im Interesse der Betriebssicherheit à niveau-Übergängo nicht gestattet werden können, sondern durch Kunstbauten (Unterfahrten oder Hochbauten) vermittelt werden müssen, haben die interessierten Bahnunternehmungen die daherigen Kosten gemeinsam zu tragen."· Sie haben diesen Antrag dem Eisenbahndepartemente überwiesen, damit es die Frage in technischer und in finanzieller Richtung prüfe und darüber Bericht erstatte.

Es ist nun zu konstatieren, daß die Kreuzung bestehender Bahnlinien durch neue Nebenbahnen à niveau stets mit einer Gefahrdung des Betriebes verbunden ist, welche auch durch die vervollkommneten Sicherheitsvorrichtungen nicht ganz ausgeschlossen werden kann.

Anderseits ist es richtig, daß die zur Vermeidung der Niveaukreuzungen zu erstellenden Unter- oder Überführungen teure Bauobjekte sind, welche für die auf möglichste Sparsamkeit angewiesenen Nebenbahnen eine erhebliche finanzielle Belastung bilden.

Die Anregung ist daher aller Beachtung wert, ob nicht ein Ausweg zu gunsten der Nebenbahnen gefunden werden könne.

Wir sind nun der Ansicht, daß zwei Fälle auseinandergehalten werden sollten. Wenn eine bestehende Bahn auf ihrem eigenen Bahnkörper gekreuzt werden soll, welchen sie auf dem Expropriationswege erworben und bezahlt hat, der somit auf Konzessionsdauer ihr unbeschränktes Eigentum ist, erscheint es nicht billig, daß eine neu hinzutretende Bahn berechtigt sein soll, ihre Linie nicht nur unter oder über dieselbe zu führen, sondern von der bereits vorhandenen Bahn auch den Ersatz eines Teiles der erforderlichen Kosten zu beanspruchen. Eine Analogie mit der Mitbenützung einer bestehenden Linie liegt nicht vor, da ja diese Mitbenützung nur gegen Entrichtung einer entsprechenden billigen Entschädigung stattfindet, während die Übernahme eines Teiles der Erstellungskosten für die zu gunsten der Nebenbahnen auszuführenden Anlagen durch die vorhandene Bahn im vorliegenden Falle unentgeltlich einzutreten hätte.

Anders liegt die Sache, wenn die bestehende Bahn eine öffentliche Straße kreuzt und daher selbst fremdes Eigentum unentgeltlich benützt. In diesem Falle ist es nicht billig, daß die

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später hinzutretende Bahn, welcher für ihre Zwecke die Benützung der nämlichen Straße eingeräumt wird, darunter leiden soll, daß einer andern Unternehmung bereits eine solche unentgeltliche Benützung gestattet ist. Die aus der Doppelbenützung entstehenden Kosten sind in einem solchen Falle billigerweise zwischen beide Unternehmungen zu verteilen. Als Maßstab einer angemessenen Repartition wird am richtigsten die Intensität der Benützung angenommen, womit der Hauptanteil der einen stärkern Verkehr vermittelnden Hauptbahn zufallen wird; wenn gleichartige Bahnen zusammentreffen, wird eine hälftige Teilung das Angemessene sein.

Das Maß der beidseitigen Benützung wird am zutreffendsten nach dem Verhältnisse des durch die Bahnen vermittelten bezw. für sie zu erwartenden Verkehrs bemessen; dieser Faktor ist einer Repartition nach Zugszahl u. dgl. vorzuziehen. Wenn nämlich lediglich auf die Inanspruchnahme der Straße durch die sie befahrenden Züge abgestellt werden wollte, würde sich für eine Trambahn mit viel Zügen und kleinerem Verkehr eine unbillige Belastung gegenüber einer Hauptbahn ergeben, welche mit ihrer geringern Zugszahl bedeutende Personen- und Warentransporte vermittelt.

Die Kosten zur Vermeidung von Niveaukreuzungen können gerade bei Unter- oder Überführung einer Straßenbahn eine bedeutende Höhe erreichen, wenn die Straße bebaut ist und entweder Gebäude beseitigt oder für solche wegen Inkonvenienzen hohe Entschädigungen ausgerichtet werden müssen. Häufig wird aus diesen Gründen die Unter- oder Überführung nicht in der Richtung der bestehenden Straße selbst bewerkstelligt werden können ; es wird vielmehr notwendig werden, die Straße auf eine gewisse Strecke zu verlassen und den Übergang an geeigneter Stelle außerhalb derselben zu versuchen, was wiederum zu ganz erheblichen Kosten führen kann. Es wird allerdings in vielen Fällen getrachtet werden, in Verbindung mit der Bahn-Unteroder Überführung den bestehenden Niveau-Übergang der Straße zu beseitigen, wobei dann eine Mitwirkung des betreffenden Kantons oder der Gemeinde eintreten kann.

Die Voranschläge über Unter- oder Überführungen von Straßen erreichen nun Beträge von Fr. 130,000 bis Fr. 180,000, in einzelnen Fällen sogar noch höhere Summen, und wenn auch Staat und Gemeinde sich dabei beteiligen, so bleibt immerhin ein ganz ansehnlicher
Betrag für die Bahnen zu decken übrig. Eine ähnliche Ausgabe wird für die Bahnen entstehen, wenn die Unteroder Überführung lediglich für die projektierte Kreuzung der Nebenbahn (Straßenbahn) erstellt wird, indem sich dabei aller-

405 dings die Kosten gegenüber den hiervor angegebenen Beträgen reduzieren können, aber dann auch die Beiträge von Staat und Gemeinde dahinfallen werden.

Es bestätigt sich also, was schon oben angedeutet wurde, daß für die Kreuzung einer Nebenbahn mit einer bestehenden Bahn Kosten entstehen können, welche das Zustandekommen der erstem in Frage stellen würden, wenn nicht unter gewissen Voraussetzungen die vorhandene Bahn zu einer Beitragsleistung herangezogen werden kann.

Aus den entwickelten Gründen b e a n t r a g e n wir daher, folgenden neuen Artikel in das Nebenbahnengesetz aufzunehmen : Art. 9bis.

(Numerierung des Ständerates.)

,,Wenn eine Nebenbahn eine bereits bestehende Haupt- oder Nebenbahn kreuzt und aus Gründen der Betriebssicherheit eine Kreuzung à niveau nicht zulässig erscheint, sind die Erstellungskosten der zur Vermeidung der Niveaukreuzung auszuführenden Unter- oder Überführung zwischen der bereits bestehenden und der neuen Bahnunternehmung im Verhältnisse des durch die betreffenden Bahnlinien zu vermittelnden Verkehrs zu verteilen, falls die Kreuzung auf einer öffentlichen Straße stattfindet oder die im übrigen auf einer öffentlichen Straße angelegte Nebenbahn zur Vermeidung der Niveaukreuzung außerhalb derselben geführt werden muß.

Die Kostenverteilung wird in Ermanglung einer Verständigung unter den Beteiligten vom Bundesgerichte bestimmt."· Wir fügen bei, daß wir diesen Vorschlag sowohl dem die Hauptbahnen umfassenden schweizerischen Eisenbahnverbande als auch dem Arerbande schweizerischer Sekundärbahnen am 22. März 1898 zur Vernehmlassung bis Ende April 1898 mitgeteilt haben.

Die Präsidialverwaltung des letztern hat sieh mit Schreiben vom 25. März grundsätzlich einverstanden erklärt und nur eine Ergänzung der Redaktion des französischen Textes im Sinne unserer Ausführungen betreffend die Kostenrepartition angeregt. Eine neue Eingabe dieses Verbandes vom 26. April 1898 will grundsätzlich das Recht zur Kreuzung à niveau zugesichert erhalten und nur ausnahmsweise eine andere Lösung zulassen. Wir können uns hiermit aus den oben entwickelten Gründen nicht einverstanden erklären.

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Der schweizerische Eisenbahnverband hat mit Eingabe vom 9. d. M. gegen eine Belastung einer bestehenden Bahn für die Erstellungskosten 'des Tracés einer neuen Bahn grundsätzlich Stellung genommen und eventuell eine Repartition der Kosten nach festen Quoten angeregt, statt nach dem Verkehre. Die vorgebrachten Gründe können uns aber nicht bestimmen, unsere Ansicht zu ändern.

m.

Am 27. November 1897 waren 52 Vertreter s c h w e i z e r i s c h e r S t a d t v e r w a l t u n g e n in Zürich versammelt, welche nach Anhörung eines Referates des Herrn Regierungsrat Dr. Speiser von Basel sich im allgemeinen mit dem Entwurfe eines Bundesgesetzes betreffend den Bau und Betrieb der schweizerischen Nebenbahnen einverstanden erklärten, dagegen besondere Bestimmungen für die s t ä d t i s c h e n S t r a ß e n b a h n e n , welche von Gem ei n den betrieben werden, in Bezug auf folgende Punkte verlangten : 1. Erteilung der Konzession durch den Bundesrat, nicht durch die Bundesversammlung.

2. Ausschließliche Zuständigkeit der Gemeindebehörden in Bezug auf die Aufstellung der Tarife und der Fahrtenpläne innerhalb der Schranken der Konzession.

3. Interpretation des Art. 9c des Rechnungsgesetzes in der Richtung, daß die Beiträge der Straßenbahnen an die Kosten von Bauarbeiten, welche zum Zwecke der Verbesserung oder Erweiterung der mit Straßenbahngeleisen versehenen Straßen von den Gemeinden unternommen werden, auf den Bauconto gebracht werden dürfen.

Die Versammlung sprach im fernem ihre Ansicht dahin aus, daß 4. in Bezug auf die Benützung von Luft und Boden für elektrische Leitungen zwischen der eidgenössischen Telegraphen- und Telophonverwaltung einerseits und den städtischen Straßenbahnverwaltungen anderseits Gleichberechtigung bestehen soll.

Ebenso stellte die Versammlung den Grundsatz der Gleichberechtigung der Straßenbahnen mit den Hauptbahnen in Bezug auf die Erledigung der Frage von Niveaukreuzungen auf.

Bezüglich des letztern Punktes verweisen jwir auf die besondere Berichterstattung zum Postulat des Herrn Ständerat Reichlin in Abschnitt II.

Zu den übrigen Forderungen bemerken wir :

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Ad 1. Die Ko n z essi o n s e r t eil u n g für alle Nebenbahnen, nicht bloß für die von den Gemeinden betriebenen städtischen Straßenbahnen, durch den Bundesrat statt durch die Bundesversammlung, immerhin unter Vorbehalt der Erledigung solcher Konzessionsbegehren, gegen welche von Kantonen oder andern Interessenten Einsprache erhoben wird, durch die Bundesversammlung, haben wir in Art. 3 unseres Entwurfes selbst angeregt, und die Begründung dieses Vorschlages ist auf pag. 7/9 der Botschaft vom 5. März 1897 enthalten. Auch Ihre Kommission hat diesem Antrage mit zwei Erweiterungen beigestimmt, dahingehend, daß der Entscheid durch die Bundesversammlung auch einzutreten habe, wenn die Konzession mit Bezug auf ihren Inhalt beanstandet werden will, und daß die Bekanntmachung der Konzessionsgesuche auch in den Amtsblättern der betreffenden Kantone zu veröffentlichen sei. Der Ständerat hat aber diesen Artikel gestrichen.

Wir haben nichts dagegen einzuwenden, wenn der Ständerat auf seinen Beschluß zurückkommen und den von uns empfohlenen Artikel wieder aufnehmen will, und zwar mit den von der Kommission vorgeschlagenen Ergänzungen. Wir sind aber der An.sicht, daß diese Bestimmung nicht auf die städtischen Straßenbahnen, oder gar nur auf die von den Gemeinden betriebenen, beschränkt werden sollte, sondern auf alle Nebenbahnen Anwendung zu finden habe, da die Gründe einer schnellen Erledigung der betreffenden Konzessionsgesuche und einer Entlastung der Bundesversammlung von bloß formellen Geschäften für alle Nebenbahnen gleichmäßig zutreffen.

Ad 2. Eine Überlassung der endgültigen Feststellung der T a r i f e und der F a h r p l ä n e innerhalb der Schranken der Konzession an die Gemeindebehörden erscheint uns nicht zulässig.

Auch wenn die städtischen Straßenbahnen den Gemeinden gehören und von denselben betrieben werden, ist die Gefahr nicht ausgeschlossen, daß die fiskalischen Interessen diejenigen des Verkehrs bei den Gemeindebehörden überwiegen. Zur Abwägung dieser öfters widersprechenden Interessen ist eine unbeteiligte Instanz erforderlich, und gerade die Anstände, welche sich schon bezüglich der Tarife und Fahrpläne städtischer Straßenbahnen ergeben haben, weisen nach, daß eine Oberaufsicht durch die Bundesbehörde auch auf diesem Gebiete notwendig ist. Daß die letztere begründeten lokalen Wünschen
Rechnung tragen wird, dürfte durch die bisherige Praxis dargethan sein.

Ad 3. Die verlangte Auslegung des R e c h n u n g s g e s e t z es ist in dieser allgemeinen Fassung nicht berechtigt. Wenn bei An-

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laß der Erstellung von Straßenbahnen eine Verbesserung oder Erweiterung der bestehenden Straßen stattfindet, dient dieselbe in ·erster Linie dem' Straßenverkehr selbst; der Eintritt der Straßenbahn veranlaßt höchstens eine zeitliche Vorrückung der betreffenden Straßenbauten, und es wäre daher unbillig, diese Kosten der Straßenbahn zu belasten. Entscheidend ist aber, daß der Straßenbahn keinerlei Eigentum an der korrigierten Straße zusteht; die letztere bleibt Eigentum der Stadt und erfüllt ihren öffentlichen Zweck weiter, sogar wenn die Straßenbahn wieder abgebrochen würde. Die bloße Benützung einer verbesserten Straße vermehrt nun keineswegs den Vermögenswert der Straßenbahn, sie bildet kein Vermögensobjekt der letztern, und es wäre daher unrichtig,, einen Posten als Aktivum in deren Bilanz einzustellen, für welchen gar kein Gegenwert in den Bahnanlagen vorhanden ist, da das.

verbesserte Objekt Eigentum eines dritten ist und bleibt.

Ad 4. Wir sind der Ansicht, daß die tief eingreifende Fragedes Verhältnisses der e l e k t r i s c h e n L e i t u n g e n d e r S t r a ß e n b a h n e n zu den eidgenössischen T e l e g r a p h e n - u n d T e l e p h o n l e i t u n g e n nicht nur gelegentlich bei Behandlung des Nebenbahnengesetzes behandelt werden kann. Es handelt sich hier um höchst wichtige Fragen technischer und juristischer Natur,, die zudem von großer finanzieller Bedeutung sind, so daß deren Lösung durch ein Specialgesetz zu erfolgen hat. Wir gestatten uns, darauf aufmerksam zu machen, daß deren einläßliche Untersuchung bereits an die Hand genommen worden ist. So viel ist sicher, daß mit der bloßen Aufstellung des Grundsatzes der Gleichbehandlung nicht viel geholfen wäre, da die Verschiedenartigkeit der thatsächlichen Verhältnisse für dessen Anwendung stets neue Schwierigkeiten schaffen wird, die mit einem bloß theoretischen Prinzip nicht zu beseitigen sind.

IV.

Bezüglich der neuen Eingabe des V e r b a n d e s s c h w e i z e r i s c h e r S e k u n d ä r b a h n e n vom März 1898 glauben wir uns kurz fassen zu dürfen, soweit es sich um Punkte handelt, die in den Beratungen des Ständerates bereits einläßlich diskutiert und entschieden worden sind, indem wir voraussetzen, daß der Ständerat auf diese Beschlüsse nicht werde zurückkommen wollen.

Zu A r t . 1. Aus den in der Botschaft vom 5. März 1897 auf pag. 7 entwickelten Gründen halten wir es für zweckmäßig,, daß der Entscheid, welche Bahnen als Nebenbahnen zu erklären

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seien, dem Bundesrate zustehe, da es sich hier um die Beurteilung technischer Fragen handelt. Jedenfalls könnten wir nicht damit einverstanden sein, daß über das vom Ständerat eingeführte Rekursrecht an die Bundesversammlung hinausgegangen und für neu zu bauende Bahnstrecken eine bezügliche Bestimmung in die Konzession aufzunehmen sei. Einer solchen Vorschrift steht schon der Umstand entgegen, daß die Verkehrs Verhältnisse einer Bahn sich derart ändern können, daß aus einer Nebenbahn eine Hauptbahn wird ; in einem solchen Falle eine Konzessionsänderung vornehmen zu müssen, würde doch zu weit führen. Wo die Finanzierung einer neuen Bahn von deren Nebenbahncharakter abhängt, sind die Verhältnisse so liquid, daß ohne Bedenken der Entscheid des Bundesrates eintreten kann.

Zu Art. 3, A b s a t z 1. Es besteht kein Grund, die Forderung abzuschwächen, daß für ^Wahrung vollständiger Sicherheit des Betriebesa zu sorgen ist. Die Argumente der Eingabe wenden sich übrigens in Wirklichkeit nicht gegen die beanstandete Redaktion, sondern gegen eine befürchtete unrichtige Auslegung der Vorschrift durch die Aufsichtsorgane. Diesen Bedenken gegenüber ist darauf hinzuweisen, daß letztere allen Grund haben, diö Betriebssicherheit in erste Linie zu stellen und sich durch die oft zu weit getriebene Rücksicht der Nebenbahnen auf einen möglichst billigen Betrieb nicht in ihren Vorkehren bestimmen zu lassen.

Zu Art. 3, A b s a t z 2. Der Belassung der Worte ,,die nur während der Sommermonate betrieben werden" nach ^Bergbahnen a , legen wir kein großes Gewicht bei \, es ist aber auch kein Grund zu der Streichung derselben vorhanden, da auch die als Beispiel angerufene Ütlibergbahn nur in den Sommermonaten regelmäßig betrieben wird ; auf ausnahmsweise Einzelfahrten kommt es bei der Begriffsbestimmung nicht an.

Z u Art. 3, A b s a t z 3. Aus der Motivierung der Eingabe ergiebt sich, daß die Sekundärbahnen bezüglich der Tarifbildung eine zu weit gehende Freiheit beanspruchen. Nebenbahnen, die im direkten Verkehr mit den Hauptbahnen stehen, werden sich der Forderung nicht entziehen dürfen, die bei den Hauptbahnen bestehenden Ausnahmetarife ebenfalls anzuwenden ; es geht nicht an, jede Nebenbahn ganz besondere Tarifkombinationen vornehmen zu lassen.

Die Forderung, die Ausnahmetarife für gewisse Güter nur auf einzelne Strecken zu beschränken, widerspricht dem Grundsatz der

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Gleichbehandlung aller;, es ist nicht zulässig, einen Einbruch in dieses stets festgehaltene Prinzip zu gestatten. Ebenso liegt es in hohem Interesse des Publikums, daß auf möglichste Ausdehnung des direkten Personen- und Güterverkehrs hingewirkt wird ; es kann nicht der Willkür der Nebenbahnen anheimgestellt werden, ob sie einen solchen einführen wollen oder nicht. Die für die Bahnen sich ergebenden finanziellen Nachteile verursachen gerade eine Verbesserung für den Verkehr.

Es ist nämlich nicht außer acht zu lassen, daß der Begriff der Nebenbahnen sich nicht mit demjenigen der Schmalspur- und Specialbahnen deckt, indem die normalspurigen kleinern Bahnunternehmungen, wie Emmenthalbahn, Seethalbahn, Bahn Langenthal-Huttwil-Wolhusen, Südostbahn, Tößthalbahn u. s. w., ebenfalls zu den Nebenbahnen im Sinne dieses Gesetzes gehören. Es handelt sich also zum Teil um Unternehmungen, welche mit den Hauptbahnen in Wettbewerb treten und, soweit es sich um die Verkehrsbedienung handelt, jederzeit Gleichbehandlung mit den Hauptbahnen verlangt haben; auch eine der schmalspurigen Bahnen, die Rhätische Bahn, stellt sich -auf diesen Boden und verlangt gleichwohl anders behandelt zu werden als die von ihr konkurrenzierte Bahn. Soweit aber die Nebenbahnen in den Wettbewerb mit Hauptbahnen treten und denselben durch Tarifmaßnahmen Konkurrenz machen, ist es nicht zulässig, bezüglich der Anwendung der Vorschriften über die Tarifbildung den Nebenbahnen eine andere Behandlung zu teil werden zu lassen als den Hauptbahnen.

Für alle andern Nebenbahnen aber ist bisher schon eine wesentliche Freiheit in der Tarifbildung zugestanden worden. Wir können uns daher bezüglich der letztgenannten Bahnen damit einverstanden erklären, daß gesetzlich möglichste Freiheit zugesichert wird und können daher der Redaktion des Ständerates beistimmen.

Diese Freiheit darf aber nicht Anlaß geben zu Willkürlichkeiten, wie sie von den Bahnen gemäß der Motivierung der Eingabe in Aussicht genommen sind. Der Grundsatz muß z. B. aufrecht erhalten bleiben, daß einseitige Begünstigungen Einzelner unstatthaft sind, daß in der Regel eine gleichmäßige Berechnung der Taxen stattfinden muß, daß näher gelegene Stationen keine höheren Taxen «u bezahlen haben als weiter gelegene, daß Begünstigungen, welche dem internen Verkehr bewilligt werden, auch dem
direkten Verkehr zu gute kommen und umgekehrt. Dagegen kann den letztgenannten Nebenbahnen bei der Wahl des Tarifsystems, bei Festsetzung der Taxen und deren Einreihung in das Tarifsystem freiere

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Bewegung gestattet werden, wie dies jetzt schon der Fall ist.

Für Nebenbahnen, welche mit den Hauptbahnen in direkten Verkehr treten, muß dagegen verlangt werden, daß Tarifsj'stem, Taxschema und Transportvorschriften mit denjenigen der Hauptbahnen in Übereinstimmung stehen.

Bezüglich der Taxbildung für Landquart-Davos im Jahre 1889, welche in der Eingabe als Beispiel angeführt wird, war von der Verwaltung die Annahme des Reformtarifsystems in Aussicht genommen worden, allerdings mit etwas modifizierten Taxen. Der Bahn war erwidert worden, daß über das Begehren erst nach Vorlage eines zahlenmäßigen Entwurfes ein Entscheid abgegeben werden könne, daß ihr aber die Frage zur Prüfung empfohlen werde, ob sie nicht die Taxen des V. S. B.-Tarifschemas unter Anwendung entsprechender Tarifdistanzen annehmen wolle. Die Bahnverwaltung legte sodann einen Tarifentwurf vor, der für die Tarifklassen bis und mit Specialtarif I a dem V. S. B.-Schema entsprach, für die Specialtarifklassen II a und III a dagegen dieselben Taxen wie für den Specialtarif I a vorsah. Da die Konzession vorschreibt, daß für Wagenladungen gegenüber Stückgutsendungen Rabatt bewilligt werden müsse und daß Klassen mit abgestuften Taxen aufzustellen seien, so wurde die Verwaltung eingeladen, die Specialtarife ebenfalls abzustufen, was dann auch geschah. Es ergiebt sich hieraus, daß die Darstellung der Eingabe unzutreffend ist ; der Rabatt, den die Bahn konzessionsmäßig für Wagenladungen gewähren mußte, wurde gegenüber den Stückgutklassen mit einem Maximum von 12,s °/o sehr bescheiden berechnet.

Billigere Taxen für die Thalfahrt als für die Bergfahrt werden bei eigentlichen Bergbahnen, sowie bei Seilbahnen, namentlich solchen mit Wasserübergewicht, schon seit Jahren zugestanden.

Dagegen wurde bisher die Ermächtigung zur Einführung von Taxen nur in einer Richtung im Innern der Schweiz (interne Exporttaxen) nicht bewilligt. Es verstößt eine solche Taxbildung gegen das Prinzip der Gleichbehandlung und der gleichmäßigen Berechnung der Taxen, welches auch in Zukunft festzuhalten sein wird.

Was die Annahme der Ausnahmetarife der Normalbahnen durch die Nebenbahnen betrifft, so sind diejenigen Verwaltungen, welche das Reformtarifsystem angenommen haben, jeweilen eingeladen worden, auch die zu diesem System gehörigen Ausnahmetarife einzuführen,
da diese bestimmt sind, gewisse Härten des Reformsystems zu mildern. Ferner wurde bei den normalspurigen Nebenbahnen darauf gehalten, daß sie allen allgemeinen Ausnahmetariten beitreten, sei es durcli Annahme des betreffenden Schemas,

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sei es durch Aufstellung von entsprechenden Anstoßtaxen. Diese Maßregel ist zur Ausdehnung und richtigen Handhabung des direkten Verkehrs erforderlich. Die Annahme dieser Tarife wurde aber nur empfohlen; niemand ist zur Annahme von Ausnahmetarifen gezwungen worden, welche effektiven Verkehrsbedürfnissen nicht entsprochen hätten. Der Anspruch, Ausnahmetarife nur auf einen Teil der Linien zu beschränken, weil sonst der Ausfall für die Verwaltung zu groß sei, kann, wie schon oben bemerkt, nicht als berechtigt anerkannt werden. Es geht nicht an, beliebig einer Relation Vorteile zuzugestehen und dieselben einer anderen willkürlich zu versagen. Eine derartige Auslegung des Zusatzes des Ständerates muß zum voraus als nicht annehmbar bezeichnet werden.

Daß unter dieser thunlichsten Freiheit der Tarifbildung auch die Entbindung von der Verpflichtung zur Erstellung des direkten Verkehres der Nebenbahnen mit Hauptbahnen und mit anderen Nebenbahnen verstanden sein soll, muß ebenso bestimmt abgelehnt werden. Die Aufrechterhaltung der Verpflichtung zur Einrichtung eines direkten Personen- und Gepäckverkehrs ist für eine große Zahl von Nebenbahnen unerläßlich, um für eine richtige Abfertigung des Reisendenverkehrs die nötigen Garantien zu besitzen.

Aus dieser direkten Abfertigung erwachsen übrigens für die Verwaltungen keinerlei Taxeinbußen (außer etwa auf der Berechnung der Minimaltaxe für Gepäck), da bei der Tarifbildung die vollen internen Taxen zusammengestoßen werden. Dagegen entstehen Unkosten aus der Abrechnung mit den übrigen Bahnen. Aber nicht nur für den Personen- und Gepäckverkehr ist die Notwendigkeit direkter Tarife vorhanden, sondern auch für den Grüterverkehr.

Hier ist wieder an den weit gefaßten Begriff ,,Nebenbahnen "· zu erinnern. Die Aufrechterhaltung der direkten Güterabfertigung ist für sämtliche Normalspurbahnen unerläßlich, und es kann daher nicht in das Belieben dieser Verwaltungen gegeben werden, ob sie sich zu derselben bereit finden lassen wollen oder nicht. Es ist aber auch die direkte Abfertigung von Gütern zwischen Normalspurbahnen und Schmalspurbahnen notwendig und zwar namentlich für Eilgüter und für Stückgüter in gewöhnlicher Fracht. Hierbei fällt weniger in Betracht, ob den Bahnen ein gewisser Ausfall an Taxen erwächst, als daß sich für das Publikum durch diese direkte
Abfertigung Vorteile ergeben. Es wird nämlich eine wesentlich raschere Spedition der Sendung gesichert, wenn die Umkartierung wegfällt, was namentlich bei Eilgütern und Lebensmitteln vou großer Bedeutung ist. Dann tritt auch eine Verbilligung der Frachtsätze ein, indem nicht nur die Nebenbahnen eine halbe Expeditions-

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gebühr fallen lassen müssen, sondern auch die Hauptbahnen. Das I'ublikum ist berechtigt, zu verlangen, daß es nicht für Leistungen, die nicht gemacht zu werden brauchen, zur Taxzahlung an Expeditionsgebühren herangezogen werde, nur um die Einnahmen der Verwaltungen zu verbessern. Es kann daher der Auffassung der Nebenbahnen auch hier nicht zugestimmt werden. Das Gleiche gilt bezüglich des Begehrens, daß, falls sich die Einführung des direkten Verkehrs irgendwo als unerläßlich erweise, die hieraus erwachsenden Kosten durch besondere Taxerhöhungen zu decken seien.

Z u Art. 3, A b s a t z 4. Die Frage der Entschädigung für Anlagen, die im Interesse der Landesverteidigung vom Bunde gefordert werden, ist in Art. 14, Absatz 4 und 5, des Eisenbahngesetzes vom 23. Dezember 1872 bereits in ganz billiger Weise geordnet. Die betreffenden Vorschriften lauten : ,,Sofern in der Folge die Interessen der Landesverteidigung die Anlage eines ^weiten Geleises, die Eröffnung neuer Stationen oder Erweiterung bisheriger und andere derartige Verbesserungen notwendig machen, so wird der Bundesrat nach vorheriger Prüfung durch Sachverständige die Gesellschaft auffordern, das Nötige vorzukehren. Falls die Gesellschaft die gestellte Forderung nicht als begründet erachtet, so steht ihr das Recht zur Beschwerde an die Bundesversammlung zu, welch letztere sodann nach Prüfung aller hierbei in Betracht kommenden Verhältnisse entscheidet.

,,Wenn der Bundesrat im Interesse der Landesverteidigung solche Forderungen als dringlich erachtet, so kann er jedoch die sofortige Vollziehung anordnen. Soweit die Anordnungen des Bundesrates über die gesetzlichen und konzessionsgemäßen Verpflichtungen der Gesellschaften hinausgehen, sind diese durch den Bund zu entschädigen, wobei aber der Vorteil, welchen die Gesellschaften aus solchen Einrichtungen ziehen, in vollem Umfange anzurechnen ist. Im Streitfalle entscheidet über die Entschädigung das Bundesgericht.a Es besteht unseres Erachtens keine Veranlassung, zu gunsten der Nebenbahnen andere Bestimmungen aufzustellen.

Zu Ar t. 4, A b s a t z l und 2, sowie A b s a t z 3 und 4 (neuer Vorsehlag der Nebenbahnen). Schon der Ständerat hat den Art. 4 gegenüber unserem Entwürfe derart zu gunsten der Nebenbahnen und zu ungunsten der Postverwaltung erweitert, daß wir uns gegen eine solche Ausdehnung der Belastung des Bundes aussprechen müssen.

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Nach dem Entwurfe des Ständerates wäre den Nebenbahnen,, welche nicht Bestandteile des Netzes einer Hauptbahn bilden, 1. für die Beförderung aller, also auch der regalpflichtigen Fahrpoststücke die volle Eilguttaxe, bezw. die höchste Grütertaxe oder die Gepäcktaxe zu entrichten und 2. für die Beförderung der zu den Posttransporten gehörenden Kondukteure und der zu den Bahnpostwagen gehörenden Beamten und Angestellten eine Entschädigung von 2 Cts.

per Fahrt und Kilometer zu leisten.

In Bezug auf Punkt l müssen wir dringend wünschen, daß eine Entschädigung nur für die nicht regalpflichtigen Stücke vorgesehen werde, daß dagegen die Beförderung der regalpflichtigen Stücke gratis erfolge, wie dies von jeher bei allen Bahnen deiFall war. Wie wir schon in der Botschaft vom 5. März 1897 (pag. 16--17) auseinandergesetzt haben, wäre es nicht nur wegen der Belastung der Rechnung der Postverwaltung, sondern auch der Konsequenzen wegen sehr bedenklich, wenn der Grundsatz der Gratisbeförderung der regalpflichtigen Postsendungen preisgegeben würde.

Was Punkt 2 betrifft, so halten wir dafür, es sei ausreichend, daß eine Entschädigung für die Beförderung des Postpersonals überhaupt zugestanden werde und diese mit l Ct. per Kilometer angesetzt werde; es wäre wünschenswert, daß der Ständerat auf seinen Beschluß, die Entschädigung auf 2 Cts. festzusetzen, zurückkäme.

Daß die von uns vorgeschlagene Entschädigung von^l Ct.

per Kilometer keine zu niedrige ist, ergiebt sich am besten daraus, daß eine Reihe von Nebenbahnen für ihre Abonnementskarten mit zwölfmonatlicher Gültigkeit, welche auf der Annahme von 360 Retourfahrten aufgebaut sind, für die einfache Fahrt nicht viel mehr berechnen, nämlich die Sihlthalbahn und die Tößthalbahn genau l Ct., die Emmenthalbahn l,
Nun stellen aber die Nebenbahnen folgende weitere Begehren : a. Für die Beförderung von Bahnpostwagen sollen die Nebenbahnen eine Vergütung von 2 Cts. per -Achskilometer erhalten.

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&. Bedient sich die Postverwaltung zum Transport der Postgegenstände der Fahrzeuge der Nebenbahnen, so sind diesen die Mehrauslagen für Anschaffung und Unterhalt der speciellen Einrichtung der Fahrzeuge zu verguten.

Hierzu haben wir zu bemerken : Ad a. Dieses Ansinnen geht viel zu weit. Die Postverwaltung hätte nach dem gegenwärtigen Stande des Laufes von Bahnpostwagen auf Bahnen, die zu den Nebenbahnen gehören, jährlich eine Mehrausgabe von Fr. 48,000 zu bestreiten. Die Hauptbahnen müssen die Bahnpostwagen gratis führen, erhalten dagegen für die Kontrolle, das Reinigen und Schmieren der Wagen eine Vergütung von */* Ct. per Achskilometer. Man könnte nun den Nebenbahnen dadurch entgegenkommen, daß denselben für die Kontrolle, das Reinigen und Schmieren der Bahnpostwagen, sowie für die besonderen Betriebserschwerungen, welche diesen Bahnen aus dem Transporte der Bahnpostwagen erwachsen, eine Vergütung von Va Ct. (statt wie den Hauptbahnen von nur x/4 Ct.)

per durchlaufenen Achskilometer geleistet würde. Eine solche Vorschrift gehört aber nicht in das Gesetz, sondern ist Sache einer besondern Vereinbarung zwischen der Postvervvaltung und den Nebenbahnen.

Ad b. Gegen diesen Zusatz wäre materiell nichts einzuwenden, da er nur ein schon bestehendes Verhältnis bestätigt.

Auch hier erscheint aber eine ausdrückliche Aufnahme in das Gesetz nicht erforderlich.

Wir kommen somit zum Schlüsse, Ihnen zu Art. 4, Absatz l und 2 des Ständerates und Absatz 3 und 4 der Nebenbahnen, die Wiederaufnahme des Vorschlages des bundesrätlichen Entwurfes zu b e a n t r a g e n .

Wir bemerken noch, daß wir nicht in der Lage waren, die Berechnungen auf Seite 2 und 3 der Eingabe der Sekxmdärbahnen genau zu kontrollieren. Wir weisen nur darauf hin, daß es nicht angeht, die Kosten des Fahrdienstes per Achskilometer einfach auf die Postwagenachsen zu repartieren, um die Leistungen für die letztern zu ermitteln. Abgesehen von dem in der Eingabe gemachten Abzug für die Untersuchung des Rollmaterials könnte es sich bei dieser Rechnung doch nur um das Plus an Kosten handeln, welches den Nebenbahnen daraus erwächst, daß sich auch noch ein Bahnpostwagen in dem so wie so zu führenden Zuge befindet.

Wir konstatieren nur, daß bei der als Beispiel angeführten Seethalbahn laut Eisenbahnstatistik pro 1896 die Gesamtkosten des

416 Fahrdienstes per Achskilometer 5,is Ct. betragen haben, während die Eingabe trotz des genannten Abzuges auf die 310,368 Achskilometer der Bahnpostwagen Fr. 14,953 herausrechnet oder per Achskilometer 4,si Cts. Bei der ganzen Berechnung übersieht die Eingabe, daß die Nebenbahnen laut Konzession zum Gratistransport verpflichtet sind und daher jede Entschädigung seitens des Bundes eine freiwillige ist.

Zu A r t . 4, A b s a t z 3 (des S t ä n d e r a t e s ) . Die vom Sfcänderat beschlossene Redaktion ist durchaus genügend. Es ist nicht zweckmäßig, im Nebenbahnengesetz für den nämlichen sachlichen Inhalt eine andere Fassung zu wählen als die in Art 19, Absatz 3, des Eisenbahngesetzes von 1872 enthaltene. Daß der Ausdruck ,,ein Reservefonds"1 hier im weitern Sinne gebraucht ist, und die Begriffe Reservefonds im engeren Sinne, Erneuerungsfonds, Unfallfonds u. s. w. umfaßt, ist durch die Anwendung der bestehenden Bestimmung durch den Bundesrat längst festgestellt.

Es empfiehlt sich nicht, für die gleiche Sache in zwei Gesetzen verschiedene Ausdrücke anzuwenden.

Die Forderung, daß die Konzessionsgebühren für die Nebenbahnen auf die Hälfte herabzusetzen seien, entbehrt eines innerri Grundes, da es sich hier nur um solche Bahnen handelt, welche mindestens 4 °/o abwerfen. Für diese ist eine ausnahmsweise Begünstigung sicher nicht erforderlich.

Für den neuen Absatz 7, wonach die Bestimmungen des Eisenbahngesetzes von 1872, Art. 19, Absatz l und 2, über Beförderung der Postsendungen und der Bahnpostwagen auf Tramways, auf Nebenbahnen, welche der Personenbeförderung innerhalb der Ortschaft dienen, und auf Bergbahnen keine Anwendung finden sollen, enthält die Eingabe keine Begründung. In dieser allgemeinen Fassung erscheint er uns nicht annehmbar ; Bergbahnen sollen den Postverkehr in dein beschränkten Maße, in welchem er besteht, ebenfalls vermitteln unter den für die übrigen Nebenbahnen geltenden Vorschriften. Wir könnten eventuell einer Ermächtigung an den Bundesrat beistimmen, dahin lautend: ,,Der Bundesrat ist ermächtigt, Tramways und andere Nebenbahnen, welche nur der Personenbeförderung innerhalb der Ort schaffc dienen, sowie Bergbahnen von den Verpflichtungen des 1.

und 2. Absatzes des Art. 19 des Eisenbahngesetzes vom 23. Dezember 1872 zu befreien, soweit es d e r e n a u s n a h m s w e i s e n V e r h ä l t n i s s e rechtfertigen.1'"

417 Zu A r t . 5 u n d 6. Wir halten die beantragte Streichung der Worte : .,,nur während der Sommermonate im Betrieb stehendena aus den zu Art. 3, Absatz 2, entwickelten Gründen für überflüssig.

Z u A r t . 7. Die beantragte Einschaltung ist nicht notwendig ; die bestehende Redaktion genügt vollständig, um die Nebenbahnen vor der Belastung mit Ausgaben zu schützen, welche anläßlich der Einmündung einer Nebenbahn im Interesse der Hauptbahn gemacht werden.

Die Frage der Niveaukreuzungen ist oben speciell behandelt.

Zu Art. 8. Die Eingabe begrüßt es, daß der Ständerat entgegen unserem Vorschlage ' den Erlaß eines speciellen Transportreglementes für die Nebenbahnen vorgeschrieben hat. Wir halten dagegen diese Änderung nicht für zweckmäßig. Wie wir zu Art. 3, Absatz 3, nachgewiesen haben, befinden sich unter den Nebenbahnen eine größere Zahl solcher, welche mit Hauptbahnen und anderen Nebenbahnen im direkten Verkehr stehen und« wegen ihrer kommerziellen Bedeutung auch stehen müssen. Für diese kann ein besonderes Nebenbahntransportreglement nicht wohl Anwendung finden, sondern sie werden sich dem Haupttransportreglement unterwerfen müssen, da für die ganze Transportstrecke die gleichen Vorschriften zu gelten haben. Der Erlaß eines besonderen Transportreglements könnte daher nur für diejenigen Nebenbahnen vorgesehen werden, welche nicht im direkten Verkehr mit anderen Bahnen (Hauptbahnen) stehen. Dadurch würde aber eine ungleiche Behandlung der verschiedenen Nebenbahnen und eine Komplikation geschaffen, welche bei Annahme unseres Vorschlages vermieden wird. Die den Nebenbahnen zu gewährenden Erleichterungen sind durch Nachträge zum Transportreglement zu gewähren, wie es bisher schon geschehen ist.

Zu Art. 10, Ziffer 2. Wir sind damit] einverstanden, daß die Tilgung allfälliger Deficite des Erneuerungsfonds im Gesetze ausdrücklich erwähnt werde.

Indem wir hiermit unsere Berichterstattung über die uns Uberwiesenen Postulate schließen, gestatten wir uns das Ansuchen, Sie wollen, falls Sie ein Zurückkommen auf einzelne Bestimmungen des G-esetzesentwurfes für zweckmäßig erachten, Ihre Anträge im Sinne dieses Berichtes formulieren.

Bundesblatt. 50. Jahrg. Bd. III.

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418 Genehmigen Sie, Tit., auch bei diesem Anlasse die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 24. Mai 1898.

Im Namen des Schweiz;. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Ruffy.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Ringier.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des Bundesrates an die Kommission des Ständerates für das Bundesgesetz über Bau und Betrieb der schweizerischen Nebenbahnen. (Vom 24. Mai 1898.)

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Bundesblatt

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Jahr

1898

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

23

Cahier Numero Geschäftsnummer

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

25.05.1898

Date Data Seite

401-418

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10 018 330

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