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Schweizerisches Bundesblatt.

X. Jahrgang. I.

Nr. 25.

29. Mai 1858.

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Druk und Erpedition der Stämpflischen Bnchdrnkerei (G. Hünerwadel) in Bern.

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des schweiz. Bundesgerichtes an die h. .Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im .Jahr 1857.

(Vom 1 9. April 1858.)

Tit. l Unserer dritten Amtsperiode letzter Jahrgang, über welchen uns die Pflicht der Rechenschaft obliegt, gewährt uns eben so wenig wie die vorangehenden die Veranlassung zu reichhaltigen und Jnteresse erregenden Be-

merkungeu. Die Sphäre unserer Thätigkeit beschränkt sich wesentlich auf die Ausübung des Richteramtes, und auch hier wird uns selten das Ver-

gnügen zu Theil, mit der Beurtheilung streitiger Rechtsfragen uns befassen zu können.. Expropriationsanstände und Heimathlosenstreitigkeiten bilden das stets wiederkehrende Objekt unserer Entscheidungen, und ste würden im Berichtsjahre das ausschließliche gewesen sein . wären wir nicht in zwei Forderungsstreitigkeiten als prorogierter Gerichtsstand angerufen worden.

Wir hielten während des Jahres 1857 unfern Zufammentritt zu vier verschiedenen Malen, und erledigten in 24 Sitzungen, wovon die zwei letzten theils der Prüfung des Protoeolls des abtretenden, theils der Eonstituirung des ueuen Gerichts gewiedmet waren, 53 Prozeß-Angelegenheiten.

Unter diesen befanden sich .

47 Rekurse über Entscheidungen der schweizerischen Schatzungseommiffioueu in Expropriationen ,

4 Heimathlosen-Fälle,

2 reine Eivil-Streitigkeiteu.

53 Von den beanstandeten erstinstauzlichen Urtheilen über die für die Enteignung von Grundeigenthum Behufs des Essenbahnbaues zu leistende

Entschädigung betrafen ; Bundesblatt. Jahrg. X. Bd. I.

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die Nordofibahn , ... Westbahn, .. Eisenbahn für den industriellen Jura, .. Südostbahn, xesp. die verewigten Schweizerbahnen , .. Lyon-Genfer-Bahn , .. Eentxalbahn.

47 Die Rekurse wurden folgender Maaßen erledigt .

13 durch Abweisung der erhobenen Klage, 11 ..

Zuerkennung erhöhter Entschädigungen, 11 ...

Anordnung eines neuen Untersuchs,

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gütliche Ausgleichung, welche noch im Stadium der Anhängig-

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keit der Prozesse vor unserm Tribunale größtentheils unter Mitwixkung des Jnstxuktions-Riehters erfolgte.

47 Das unterm 18. Juli 1857 neu erlassene Gefetz hat nämlich die Konsequenz , daß - u.it wenigen Ausnahmen -- unsere Behörde der schließlichen Entscheidung in Rekursen enthoben wird, und daß die Partheien in der Regel auf Grundlage des ihnen mitgetheilten neuen Experten-Befunds unter einander sich verständigen. Wir sahen uns daher veranlaßt, zu beschließen und im Wege der Cicular Weisung den sän.mtlichen Mitgliedern des Gerichts insbesondere mitzutheilen , daß nebenan Kosten des Augenscheins und der Expertise auch für diejenigen des Jnstruktions..Verfahrens .oou den Partheien Vorschüsse erhoben , und daß beim allfälligen Abschlusse vou Vergleichen s ä mm t li che Gebühren und Kosten in Anrechnung gebxacht werden sollen , so daß keine fernere Belastung der Bundeseasse statt finde. Insoweit Abstandsexklärungen an unser Präsidium vor den Gerichtssitzungen nicht so rechtzeitig erfolgen, daß die in der Tagesordnung eintretende Lücke nicht wieder ausgefüllt werden kann, wird auch jederzeit den vom Prozesse zurücktretenden Partheien die Bezahlung el..es mäßigen

Gexichtsgeldes auferlegt.

Von den vier Heimathlosen-Streitigkeiten bezweckten drei die Einbiirgerung von Personen. Jn einem Prozesse zwischen den Eantonen Waadt und Wal lis wurde dem ersten Stande die bürgerrechtliche Versorgung von 4 Personen zur alleinigen, in einem solchen zwischen Solothuxn.und Bern die Einbürgerung einer Person beiden Ständen zur gemeinschaftlichen Pflicht gemacht; indem dritten Falle hatten U n t e r w a l d e u o. d. W. 7, Z ii.x i ch 3, S ch w y z einer Person die Aufnahme zu gestalten , und wurde der Canton Glarus von jeder dießfälligen Obliegenheit freigesprochen. Dex vierte Fall war nicht eigentlich ein Streit über Heimathlose, vielmehr ein aus der vom Bundesrath angeordneten provisorischen Duldung solcher Personen hervorgegangener Forderungen stand. Auf die Klageführung des Eantons Basel-Landschaft gegen die Regierung des Eantons L u z e x n mußte.

599 Dämlich darüber grundsätzlich entschieden werden , wer die Kosten zu tragen habe, welche vou dem Zeitpunkte des Beginns der provisorischen Duldung bis zur bundesgerichtlichen Urtheilsfällung aus dem Grunde der Verpflegung von Heimathlosen erwachsen. Wir giengen nun von der Rechtsanstcht aus, daß unsere Erkenntnisse in Heimathlosen-Fäilen den dadurch betroffenen Eantonen nur Verbindlichkeiten für die Z u k u n f t , nicht aber auch rückwärts gehende Pflichten auferlegen, und wir erblickten eine wefentliche Unterstützung diefes unfers Befundes darin, daß der Bundesrath in seinen .provisorischen .Maaßnahmen an die Beobachtung bestimmter Vorschriften gebuuden ist, was ganz bedeutungslos gewesen wäre, sofern unter allen .Umständen der einbürgerungspflichtige Eanton auch die Kosten der provi..

Dorischen Duldung zu übernehmen gehalten sein sollte; daß ferner, wenn

die Erfüllung einer derartigen Pflicht im Willen des Gesetzgebers gelegen

hätte, er sicherlich, sei es in §. 4 oder in §. 8 des Bundesgesetzes vom ...... Derember 1850, die Veranlassung gefunden hätte, denselben auszusprechen, und daß endlich eine ziemlich entschiedene Praxis mit unserer Auffassung im Einklange stand.

Jn den beiden Rechtssachen , in welchen unsere Behörde als proroVierter Gerichtsstand zu funktioniren berufen ward, handelte es sieh um eine Klage der Einwohner-Gemeinde der Stadt Luzern gegen die dortige Eorporations-Verwaltung , betreffend die Mitverpflichtung der Letztern zum Bau und Unterhalt aller gedeckten und ungedeckten Brücken in der Stadt Luzeru, und sodann um eine Entfchädigungs-Ansprache der Stadt Zürich gegen die Regierung des Eantons gleichen Namens, veranlaßt durch die nach Art. 56 des eidsgenössischen Zollgesetzes vom 30. Juni 1849 dekretierte Aufhebung aller verbindlichen Kauf- und Waaghaus-Gebühren.

Mit Beziehung auf die vou Jhneu an uns gerichtete Einladung, auf beförderliche Erledigung des zwischen den Eantonen Basel-Landschaft und

Bafel-Stadt anhängigen Postentschädigungs-Prozesses ernstlich Bedacht zu nehmen, haben wir an den Jnstruktions-Richter sofort die geeigneten Weisungen ergehen lassen; es gelang demselben, die dem Aktenschluß entgegen

gestandenen Schwierigkeiten, die hauptsächlich in der Auffindung tüchtiger

Experten beruhten, zu überwanden, und es trat dann eine solche Förderung im Vorverfahren ein , daß die gerichtlichen Verhandlungen über den Rechtsstreit schon auf den 4.. und 5. Deeember v. J. angeordnet werdeu konnten , und daß nur ein Dilations-Gefuch der Partheien den jetzt erfolgten Endentscheid verzögerte.

Es ist bei unserer Behörde noch ein Postentschädigungs-Streit zwischen

dem Eanton Uri und dem Bunde seit 25. Juli 1853 anhängig. Die Gründe der verzögerten Beurtheilung desselben beruhen auf zwei ReformGesuchen und zahllosen Dilations-Begehren beider streitenden Partheieu..

Jm Gebiete der Strafjustitz wurde. lediglich das Eassations-Gericht für

kurze Zeit beschäftigt, um übe.. die Zuläßigkeit des Reeuries gegen ein iu Zollsachen durch das Tesfin.sche Obergericht erlassenes Strafexkenutniß zu

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urtheilen. Wegeu Versäumniß der gesetzlich gegebenen Nothsxist durch den Reeurrenten wurde das Eassations-Gesuch als unstatthaft verworfen.

Die übrigen für Handhabung der eidsgenössifchen Strafrechtspfiege aufgestellten Beamteten traten nicht in amtliche Thätigkeit.

Wir schließen hiemit diesen unsern Bericht mit der erneuerten Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Zürich, den 19. April 1858..

Der Präsident des Bundesgerichts ..

Dr. ......... J. Blnmer.

Der

Bundesgerichtsschreibex ^

Labhardt.

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Aus den .Verhandlungen des schweizerischen Bundesrathes.

(Vom 21. Mai 1858.)

Mit Schreiben vom 14. dieß machte Herr Professor Marchand iu Zürich dem Bundesrathe die Anzeige, daß er die ihm unterm 8. d. M.

übertragene Mission in Sachen der Hochgebirgswaldungen (stehe Seite 522 hievor) aus Gesundheitsrükfichteu nicht übernehmen könne.

An seiner Stelle, und auf dessen Vorschlag, wurde dann gewählt

Herr Forstinspektor Alb. D ava l l, in Vivis, Kts. Waadt.

. Der Bundesrath hat sein Post- und Baudepartement ermächtigt, 1) den Nachteilwagenkurs B a s e l - L u z e r n vom 15. Juni nächstkiinftia, au aufzuheben; ....) für die Dauer der Sommermonate zwischen J u t e r l a k e n und Weißenb.uxg über Spiezwyler und Wimmis einen neuen Postkurs zu erstellen.

(Vom 26. Mai 1858.)

Einem Wunsche des königl. belgischen Ministeriums des Juuexu entsprechend, hat der Bundesrath an sämmtliche Kantousregierungen das .nachstehende Kxeisschxeiben erlassen :

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des schweiz. Bundesgerichtes an die h. Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im Jahr 1857. (Vom 19. April 1858.)

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1858

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29.05.1858

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597-600

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10 002 489

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